Urteil des LAG Hessen vom 28.08.2008
LAG Frankfurt: kündigung, berechnung der frist, betriebsrat, gespräch, datum, unterrichtung, wichtiger grund, erheblicher grund, arbeitsgericht, anhörung
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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
20. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 TaBV 244/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 103 Abs 2 BetrVG, § 626
Abs 2 BGB
(Antrag auf Zustimmungsersetzung zur außerordentlichen
Kündigung - Unterrichtung des Betriebsrats -
Ausschlussfrist)
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts
Frankfurt am Main vom 26. Juli 2007 – 3 BV 198/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die zu 1) beteiligte Arbeitgeberin, ein Unternehmen der
Gebäudereinigungsbranche, begehrt die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur
beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3). Der Beteiligte
zu 2) ist der bei der Beteiligten zu 1) gebildete dreiköpfige Betriebsrat. In dem
Betrieb der Beteiligten zu 1), der die Reinigung einer Großküche der A durchführt,
sind etwa 35 Arbeitnehmer tätig. Der ganz überwiegende Teil der Mitarbeiter ist
nicht deutscher Nationalität.
Der am 25. Dezember 1962 geborene, verheiratete Beteiligte zu 3) ist seit
Oktober 2000 im Betrieb der Beteiligten zu 1) im Objekt A beschäftigt. Seine
monatliche Bruttovergütung beträgt EURO 1.450,–. Er ist Vorsitzender des
Beteiligten zu 2), dem er seit dem 02. Juni 2004 ununterbrochen angehört.
Bei der Beteiligten zu 1) war von Februar 2006 bis zum 31. Januar 2007 aufgrund
befristeten Vertrags die türkisch-sprachige Mitarbeiterin B als Reinigungskraft
beschäftigt. Am 24. oder 26. März 2007 – insoweit ist der Vortrag der Beteiligten
zu 1) widersprüchlich – ging bei der Beteiligten zu 1) ein Telefaxschreiben der
Zeugin B mit dem Datum des 23. März 2007 ein, in dem diese mitteilt, der
Beteiligte zu 3), der sie eingestellt habe, belästige sie seit dem Beginn ihrer
Beschäftigung bei der Beteiligten zu 1) sexuell. Er fordere eine Gegenleistung für
ihre Einstellung, habe auf der Arbeitsstelle wiederholt versucht, sie anzufassen und
habe ihr mehrfach erklärt, nur wenn sie sich auf sexuelle Kontakte mit ihm
einlasse, schließe er mit ihr einen Festvertrag. Die Belästigungen seien so stark
geworden, dass sie keine andere Möglichkeit mehr gesehen habe, als sich bei der
Beteiligten zu 1) zu melden. Wegen der Einzelheiten des Faxes im Übrigen wird auf
die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 64. d.A.) Bezug genommen.
Die Beteiligte zu 1) führte mit der Zeugin B zwei persönliche Gespräche, in deren
Verlauf diese die Vorwürfe gegen den Beteiligten zu 3) aufrecht erhielt.
Unter dem Datum des 30. März 2007, eines Freitags, gab die Zeugin im Büro des
erstinstanzlichen, auch türkisch-sprachigen Prozessbevollmächtigten der
Beteiligten zu 1) eine eidesstattliche Versicherung ab (Bl. 65 d.A), mit der sie
versicherte, der Beteiligte zu 3) habe wiederholt versucht, sie auf der Arbeitsstelle
anzufassen und ihr gegen Ende der Befristungszeit angeboten, er werde sich für
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anzufassen und ihr gegen Ende der Befristungszeit angeboten, er werde sich für
ihre unbefristete Übernahme einsetzen, sofern sie sich ihm sexuell hingebe. Das
Datum der Abgabe ist auf der eidesstattlichen Versicherung vermerkt.
Mit Schreiben vom 3. April 2007 beantragte die Beteiligte zu 1) bei dem Beteiligten
zu 2) die Zustimmung zur beabsichtigten fristlosen Kündigung des Beteiligten zu
3). In dem Schreiben schildert die Beteiligte zu 1) im Einzelnen die von der Zeugin
B gegen den Beteiligten zu 3) erhobenen Vorwürfe, ohne jedoch deren Namen zu
nennen und teilt dem Beteiligten zu 2) mit, sie habe keinen Anlass, an den
Schilderungen der früheren Mitarbeiterin zu zweifeln. Sie weist dabei darauf hin, die
betroffene Mitarbeiterin, deren Vertrag am 31. Januar 2001 ausgelaufen sei,
wünsche zur Zeit noch anonym zu bleiben, sei aber bereit, vor Gericht
auszusagen. Einen Hinweis auf das Telefaxschreiben, die eidesstattliche
Versicherung und den Zeitpunkt, zu dem sie, die Beteiligte zu 1), von den
Vorwürfen Kenntnis erlangt hat, enthält das Anhörungsschreiben nicht. Wegen der
Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 5, 6 d.A. Bezug genommen. Da dem
Beteiligten zu 2) bekannt war, dass außer dem Arbeitsvertrag der Zeugin B
lediglich der Arbeitsvertrag der Mitarbeiterin C zum 31. Januar 2007 auslief, diese
jedoch im Anschluss hieran weiterbeschäftigt worden ist, konnte er auf die Identität
der betroffenen Mitarbeiterin rückschließen.
Das Schreiben vom 3. April 2007 wurde am gleichen Tag im Rahmen eines
Gesprächs übergeben, zu dem der damalige Objektleiter der Beteiligten zu 1) D
den stellvertretende Vorsitzenden des Beteiligten zu 2) E, das Mitglied des
Beteiligten zu 2) F und das Ersatzmitglied des Beteiligten zu 2) G in sein Büro
gebeten hatte. Die Muttersprache des stellvertretenden Vorsitzenden des
Beteiligten zu 2) E ist türkisch, die des Betriebsratsmitglieds F und des
Ersatzmitglieds G ist griechisch. Ein Dolmetscher war nicht anwesend. Der Zeuge
D teilte dem stellvertretenden Vorsitzenden E, der Zeugin F und dem Zeugen G
mündlich jedenfalls mit, dass gegen den Beteiligten zu 3) von einer ehemaligen
Mitarbeiterin der Vorwurf der sexuellen Belästigung erhoben worden sei. Er
forderte sie auf, Stillschweigen über die Angelegenheit zu bewahren. Die Mitglieder
des Beteiligten zu 2) baten erfolglos um weitere als die ihnen zunächst erteilten
Informationen und Nachweise. Das Telefaxschreiben der Zeugin B und deren
eidesstattliche Versicherung wurden ihnen nicht ausgehändigt. Der Beteiligte zu 2)
verweigerte die Zustimmung zu der beabsichtigten außerordentlichen fristlosen
Kündigung auf dem Anhörungsschreiben. Die Ablehnung der Zustimmung ging der
Beteiligten zu 1) am 4. April 2007 zu. Ende Mai oder Anfang Juni 2007 unternahm
die Beteiligte zu 1) den ersten, am 17. Juni 2007 den zweiten Versuch, dem
stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden E ein Schreiben zu übergeben, dass die
Überschrift "Ergänzung unserer Anhörung zur außerordentlichen Kündigung eines
Betriebsratsmitglieds gem. § 103" trägt. Dieser weigerte sich jedoch, das
Schreiben entgegen zunehmen. Diesem Schreiben (Bl. 94 bis 97 d.A.) lag das
Telefaxschreiben der Zeugin B bei.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Beteiligten zu 3) mit Beschluss vom
15. Mai 2008 aus dem Beteiligten zu 2) ausgeschlossen (3/14 BV 1381/07). Gegen
diesen Beschluss ist Beschwerde eingelegt worden.
Die Beteiligte zu 1) ist der Ansicht gewesen, der Beteiligte zu 2) habe die
Zustimmung zur Kündigung des Beteiligten zu 3) zu Unrecht verweigert. Sie hat
behauptet, der Beteiligte zu 3) habe die Zeugin B seit Beginn ihrer Beschäftigung
unter Druck gesetzt, mit ihm eine sexuelle Beziehung aufzunehmen, sie an den
unübersichtlichen Örtlichkeiten in dem zu reinigenden Objekt immer wieder
körperlich bedrängt und gegen ihren Willen zu küssen versucht. Ende des Jahres
2006 habe er im Hinblick auf den nahenden Befristungsablauf des Arbeitsvertrags
der Zeugin B begonnen, dieser zu drohen, er habe es in der Hand, ob der Vertrag
verlängert werde und dies hänge davon ab, ob sie sich mit ihm einlasse. Sie hat
weiter behauptet, der Beteiligte zu 3) habe sich gegenüber dem Zeugen D dafür
eingesetzt, dass der Vertrag der Zeugin B nicht verlängert werde und dies damit
begründet, die Zeugin arbeite schlecht. Die Beteiligte zu 1) hat die Ansicht
vertreten, das Zustimmungsverfahren bei dem Beteiligten zu 2) sei
ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Mit am 05. April 2007 beim Arbeitsgericht eingegangener Antragsschrift hat die
Beteiligte zu 1) beantragt,
die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zu außerordentlichen Kündigung des
Arbeitsverhältnisses des Beteiligten zu 3) gem. § 103 BetrVG zu ersetzen.
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Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 2) hat die Auffassung vertreten, das Zustimmungsverfahren sei
nicht ordnungsgemäß gewesen. Wegen der unterbliebenen Beteiligung des
Beteiligten zu 3) sei schon der ordnungsgemäße Zugang des Antrags auf
Zustimmung zweifelhaft. Zudem habe sich der Beteiligte zu 2) aus den
anonymisierten und unsubstantiierten Verhaltensvorwürfen kein Bild machen
können. Außerdem sei die Anhörung inhaltlich falsch. Insoweit behauptet der
Beteiligte zu 2), der Beteiligte zu 3) habe sich auch hinsichtlich der Zeugin B um
Verlängerung des Vertrags bemüht.
Der Beteiligte zu 3) hat ebenfalls behauptet, er habe sich um die Verlängerung
des Vertrags der Zeugin B bemüht. Soweit es zwischen ihm und der Zeugin B
außerhalb der Arbeit direkte persönliche Kontakte gegeben habe, hätten diese mit
seiner Funktion als Vorsitzender des Beteiligten zu 2) in Zusammenhang
gestanden.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat Beweis erhoben durch Vernehmung der
Zeugin B. Wegen des Beweisthemas und des Ergebnisses der Beweisaufnahme
wird auf den Beschluss vom 19. Juli 2007 (RS. Bl. 91 d.A) und auf das
Sitzungsprotokoll (Bl. 103 d.A.) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des
erstinstanzlichen Vorbringens, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts
und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens im Übrigen wird auf die Sachdarstellung
des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag durch Beschluss vom 26. Juli
2007 – 3 BV 198/07 – zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt,
bezüglich der behaupteten tätlichen sexuellen Belästigung der Zeugin B sei der
Beteiligte zu 2) nicht ordnungsgemäß informiert worden, so dass insofern die
Zustimmung zur Kündigung nicht zu ersetzen sei. Soweit man das
Zustimmungsverfahren im Hinblick auf den Vorwurf, der Beteiligte zu 3) habe der
Zeugin B die Vertragsverlängerung für die Gegenleistung der sexuellen Hingabe in
Aussicht gestellt, als ordnungsgemäß ansehe, stelle dieser Sachverhalt keinen
ausreichenden Kündigungsgrund dar. Bei Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls sei der Beteiligten zu 1) die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2)
nicht unzumutbar. Der Ausschluss aus dem Beteiligten zu 2) stelle ein milderes
Mittel dar, auf dass sich die Beteiligte zu 1) verweisen lassen müsse. Insofern hat
das Arbeitsgericht zu Gunsten des Beteiligten zu 2) gewertet, dass die Zeugin die
Vertragsverlängerung nicht beabsichtigt habe und die Entscheidungsgewalt über
die Vertragsverlängerung auch für die Zeugin ersichtlich nicht bei dem Beteiligten
zu 3) gelegen habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die
arbeitsgerichtlichen Beschlussgründe verwiesen (Bl. 111 - 113 d.A.).
Gegen den ihr am 14. August 2007 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 1)
am 10. September 2007 Beschwerde eingelegt und diese nach rechtzeitig
beantragter Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 15. November
2007 an diesem Tag per Telefax begründet.
Die Beteiligte zu 1) rügt, entgegen der Würdigung des Arbeitsgerichts habe der
Beteiligte zu 3) durch sein Verhalten einen wichtigen Grund zur außerordentlichen
Kündigung gesetzt. Sie vertritt die Ansicht, er habe den Straftatbestand der
versuchten Nötigung erfüllt. Die Zeugin B sei glaubwürdig. Sie behauptet zudem,
der Zeugin B sei gerade nicht erkennbar gewesen, dass die Entscheidungsgewalt
über die Vertragsverlängerung nicht bei dem Beteiligten zu 3) gelegen habe.
Außerdem ist sie der Meinung, der Beteiligte zu 2) sei von ihr vor Einleitung des
Zustimmungsersetzungsverfahrens bei Beachtung des Grundsatzes der
subjektiven Determination ordnungsgemäß beteiligt worden und zwar auch, soweit
es den Vorwurf der tätlichen sexuellen Belästigung betreffe. Insoweit behauptet
sie, der Zeuge D habe dem Beteiligten zu 2) den Inhalt des Telefaxschreibens und
der eidesstattlichen Versicherung mündlich mitgeteilt und vertritt die Ansicht, zur
Überlassung des Telefaxschreibens an den Beteiligten zu 2) sei sie nicht
verpflichtet gewesen.
Die Beteiligte zu 1) beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juli 2007 – 3 BV
198/07 – abzuändern und die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur
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198/07 – abzuändern und die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur
außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3) zu ersetzen.
Der Beteiligte zu 2) und der Beteiligte zu 3) beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 2) vertritt weiterhin die Auffassung, er sei nicht ordnungsgemäß
über die beabsichtigte Kündigung informiert worden, so dass die Ersetzung der
Zustimmung schon deshalb ausscheide. Soweit die Zeugin B bei ihrer
Vernehmung ausgesagt habe, der Beteiligte zu 3) habe gesagt "5 Minuten mach
die Augen zu, dann wird der Vertrag unbefristet" reiche dieser Satz jedenfalls nicht
aus, eine außerordentliche Kündigung zu begründen, nachdem die Zeugin kein
Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gehabt habe.
Der Beteiligte zu 3) behauptet weiterhin, allein die Beteiligte zu 1) habe die
unterlassene Verlängerung des Arbeitsvertrags der Zeugin B zu verantworten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die
Beschwerdeschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 24. April
2008 und vom 28. August 2008 und deren Anlagen verwiesen.
Das Beschwerdegericht hat mit Beschluss vom 15. April 2008 (Bl. 228 d.A.) darauf
hingewiesen, dass die ausreichende Unterrichtung des Beteiligten zu 2) auch im
Hinblick auf die Frage der Erkennbarkeit der noch möglichen Einhaltung der Frist
des § 626 Abs. 2 BGB für den Beteiligten zu 2) zu erörtern sein wird. Das
Beschwerdegericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D und G,
der Zeugin F und durch Vernehmung des stellvertretenden Vorsitzenden des
Beteiligten zu 2) nach den Grundsätzen der Parteivernehmung. Wegen des Inhalts
des Beweisbeschlusses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24. April 2008 (Bl.
258 d.A.) und wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf den Inhalt der
Sitzungsniederschrift vom 28. August 2008 (Bl. 270 (RS) - 278 d.A.) Bezug
genommen.
II.
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und
zulässig, weil sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87
Abs. 2, 89, 66 Abs. 1 ArbGG).
2. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das Beschwerdegericht folgt dem Arbeitsgericht im Ergebnis, nicht jedoch in der
Begründung.
Der Antrag auf Zustimmungsersetzung nach § 103 BetrVG ist bereits unzulässig,
weil die Beteiligte zu 1) ihre Unterrichtungspflichten gem. § 103 BetrVG nicht
vollständig erfüllt hat. Sie hat den Beteiligten zu 2) nicht in einer Weise
unterrichtet, die diesem ermöglicht hätte, ohne eigene Nachforschungen die
Möglichkeit der Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu überprüfen.
Bei nicht ausreichender Unterrichtung ist das Zustimmungsverfahren nicht
wirksam eingeleitet (ebenso KR- , § 103 Rz. 102), was jedoch Voraussetzung
einer gerichtlichen Zustimmungsersetzung im Verfahren nach § 103 Abs. 2
BetrVG ist ( v. 8.2. 2008 – 10 Ta BV 109/07 – juris; v. 8.6. 2007 – 10 Ta
BV 29/07 – juris; v. 12.7. 2007 – 11 Ta BV 21/07-juris; KR-
, § 103 Rz. 117; D/K/K- 11.Aufl., § 102 Rz. 49). Ebenso wie ein vor
Abschluss des Zustimmungsverfahrens eingereichter Antrag auf gerichtliche
Zustimmungsersetzung ( v. 24.10.1996 – 2 AZR 3/96 – EzA § 102 BetrVG
1972, Nr. 37; v. 7.5.1986 – 2 ABR 27/85 – EzA § 103 BetrVG 1972 Nr. 1; KR- ,
§ 103 BetrVG, 8. Aufl., Rz. 83, 111 a) ist auch ein vor ordnungsgemäßem
Abschluss des Verfahrens nach § 103 BetrVG gestellter
Zustimmungsersetzungsantrag bereits unzulässig (ebenso .
v. 12.7. 2007 – 11 Ta BV 21/07 – juris; GK- , § 103 Rz. 61, 62; für die
Unbegründetheit in diesem Fall wohl: v. 8.2. 2008 – 10 Ta BV 109/07 –
juris; v. 8.6. 2007 – 10 Ta BV 29/07 – juris). Dies folgt aus der Subsidiarität des
Zustimmungsersetzungsverfahrens gegenüber dem Zustimmungsverfahren (vgl.
KR- , § 103 BetrVG Rz. 212).
Da es sich bei dem Zustimmungsverfahren nach § 103 BetrVG um eine
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Da es sich bei dem Zustimmungsverfahren nach § 103 BetrVG um eine
gegenüber dem Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG weitergehende Form des
Beteiligungsrechts handelt ( v. 17. 2. 1994 – 2 AZR 673/93 – juris, 29.11. 1984
– 2 AZR 581/83 – juris; v. 12.7. 2007 – 11 Ta BV 21/07 – juris;
APS- 3. Aufl., § 103 Rz. 14; KR- , § 103 BetrVG, Rz. 66), hat der
Arbeitgeber dem Betriebsrat im Rahmen des Zustimmungsverfahrens die
Kündigungsabsicht und die maßgeblichen Tatsachen mitzuteilen, welche den
wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung darstellen. Insofern ist dem
Betriebsrat der für die Kündigung maßgebliche Sachverhalt so genau und
umfassend mitzuteilen, dass dieser ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in
die Lage versetzt wird, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich
über eine Stellungnahme schlüssig zu werden (für § 103 BetrVG: v. 17. 2.
1994 – 2 AZR 673/93 – juris; v. 12.7. 2007 – 11 Ta BV 21/07 –
juris; für § 102 BetrVG: v. 26.1. 95 – 2 AZR 974/94 – EzA § 102 BetrVG 1972
Nr. 89, v. 22.9.1994 – 2 AZR 31/94 – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 68). Im Rahmen
des § 102 BetrVG setzt eine ausreichende Anhörung des Betriebsrats zu einer
außerordentlichen Kündigung deshalb voraus, dass dem Betriebsrat mitgeteilt
wird, wann der Arbeitgeber Kenntnis von den Kündigungstatsachen erhalten hat,
um dem Betriebsrat eine Stellungnahme zur Einhaltung der
Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB zu ermöglichen (APS- , §
102 Rz. 129; D/K/K- , § 102 Rz. 99). Dies bedeutet übertragen auf
den von § 103 BetrVG geregelten Sachverhalt, dass der Betriebsrat im Rahmen
des Zustimmungsverfahrens aufgrund der ihm erteilten Informationen in die Lage
versetzt werden muss, zu beurteilen, ob der Arbeitgeber die
Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB noch einhalten kann. Ist dies
nämlich nicht der Fall, ist der Betriebsrat berechtigt, die Zustimmung zur
Kündigung zu verweigern (ebenso v. 25.3.1976 – 2 AZR 163/75 – AP BetrVG
1972 § 103 Nr. 6; Erfk- § 103 BetrVG Rz. 11). Dies ergibt sich daraus, dass
der Betriebsrat nur dann verpflichtet ist, die Zustimmung zur außerordentlichen
Kündigung zu erteilen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der den
Kündigungsausspruch rechtfertigt. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB stellt jedoch eine
materiell – rechtliche Ausschlussfrist dar, nach deren Ablauf unwiderlegbar
gesetzlich vermutet wird, dass ein möglicherweise erheblicher Grund nicht mehr
geeignet ist, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar zu machen (
v. 8.6. 1972 – 2 AZR 336/71 – AP KSchG 1969 § 13 Nr. 1; APS- 3. Aufl.,
§ 626 BGB Rz. 122; KR- , § 626 BGB, Rz. 313).
Den dargestellten Anforderungen genügt das von der Beteiligten zu 1)
durchgeführte Zustimmungsverfahren nicht. Dem insoweit empfangsberechtigten
stellvertretenden Vorsitzenden des Beteiligten zu 2) E – der Beteiligte zu 3) gilt im
Rahmen des Zustimmungsverfahrens wegen der beabsichtigten ihn betreffenden
Kündigung als zeitweilig verhindert i.S.d. § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG (allg. Meinung,
vgl. nur KR- , § 103 BetrVG Rz. 74) – ist weder im Rahmen des Schreibens mit
der Bitte um Zustimmungserteilung vom 3. April 2007 (a) noch im Rahmen einer
mündlichen Unterrichtung (b) mitgeteilt worden, wann die Beteiligte zu 1) in einer
den Lauf der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB bewirkenden Weise Kenntnis
von den Vorwürfen der Zeugin B erlangt hat. Der Versuch, den Beteiligten zu 2)
durch eine erneute Unterrichtung Ende Mai/ Anfang Juni 2007 und nochmals am
17. Juni 2008 umfassend zu informieren, führt nicht zu einer Heilung des
Zustimmungsverfahrens, mit der Folge, dass der Zustimmungsersetzungsantrag
nachträglich zulässig geworden wäre (c).
a) Dem Schreiben vom 3. April 2007 ist weder zu entnehmen, dass die gegen den
Beteiligten zu 3) erhobenen Vorwürfe Gegenstand eines Telefaxschreibens waren,
das bei der Beteiligten zu 1) eingegangen ist noch, dass die fragliche Mitarbeiterin
eine eidesstattliche Versicherung betreffend die von ihr erhobenen Vorwürfe
abgegeben hat. Auch im Übrigen enthält die Sachverhaltsdarstellung keinen
Hinweis darauf, wann die Beteiligte zu 1) Kenntnis von den Vorwürfen erhalten hat.
Die Beteiligte zu 1) stellt in dem Schreiben dar, die betroffene Mitarbeiterin habe
sich zur Mitteilung an sie entschlossen, als die Belästigungen durch den Beteiligten
zu 3) nach der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses nicht aufgehört hätten. Das
Arbeitsverhältnis der Mitarbeiterin endete aber, was dem Schreiben ebenfalls zu
entnehmen ist, am 31. Januar 2007 und damit mehr als zwei Monate vor der
Einleitung des Zustimmungsverfahrens bei dem Beteiligten zu 2).
b) Der stellvertretende Vorsitzende des Beteiligten zu 2) wurde auch nicht im
Rahmen einer mündlichen Unterrichtung darüber informiert, wann die Beteiligte zu
1) i.S.d. § 626 Abs. 2 BGB Kenntnis von den Vorwürfen gegen den Beteiligten zu 3)
erlangt hat. Insoweit wäre ausreichend gewesen, dass der stellvertretende
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erlangt hat. Insoweit wäre ausreichend gewesen, dass der stellvertretende
Vorsitzende des Beteiligten zu 2) entweder über das Datum des Telefaxschreibens
der Zeugin B oder über das Eingangsdatum dieses Schreibens bei der Beteiligten
zu 1) oder über das Datum der abgegeben eidesstattlichen Versicherung der
Zeugin B in Kenntnis gesetzt worden wäre. Hiervon kann die Kammer aber nicht
ausgehen. Zwar behauptet die Beteiligte zu 1), der Zeugin F, dem Zeugen G und
dem stellvertretenden Vorsitzenden des Beteiligten zu 2) E seien von dem Zeugen
D am 3. April 2007 der Inhalt des Telefaxschreibens und der eidesstattlichen
Versicherung mitgeteilt worden. Da die Mitteilung des Inhalts grundsätzlich auch
die jeweils auf den Schriftstücken angegebenen Daten ihrer Erstellung umfasst,
hat die Kammer nach entsprechendem Hinweisbeschluss bezüglich der Bedeutung
der Information des Beteiligten zu 2) zur möglichen Einhaltung der Frist gem. §
626 Abs. 2 BGB nach § 83 Abs. 2 ArbGG zur Aufklärung des Sachverhalts den
damaligen Objektleiter der Beteiligten zu 1), das Mitglied des Beteiligten zu 2) F
und das Ersatzmitglied G als Zeugen und den stellvertretenden Vorsitzenden des
Beteiligten zu 2) nach den Grundsätzen der Parteivernehmung vernommen. Die
Beweisaufnahme hat jedoch bei einer § 286 ZPO entsprechenden Würdigung nicht
ergeben, dass dem stellvertretenden Vorsitzenden des Beteiligten zu 2) der Inhalt
des Telefaxschreibens oder der Inhalt der von der Zeugin B abgegebenen
eidesstattlichen Versicherung im Zusammenhang mit dem schriftlichen
Zustimmungsersuchen vom 3. April 2007 dergestalt mitgeteilt worden wäre, dass
der Beteiligte zu 2) in die Lage versetzt worden wäre, zu überprüfen, ob die Frist
des § 626 Abs. 2 BGB noch eingehalten werden konnte. Auch unabhängig von den
Daten dieser Schriftstücke sind dem stellvertretenden Vorsitzenden des
Beteiligten zu 2) keine Tatsachen mitgeteilt worden, die ihm Aufschluss darüber
gegeben hätten, wann die Beteiligte zu 1) Kenntnis von den maßgeblichen
Kündigungstatsachen erlangt hat.
Keiner der Zeugen hat bestätigt, dass der Zeuge D im Rahmen des Gesprächs am
3. April 2007 die Daten des Telefaxschreibens oder der eidesstattlichen
Versicherung mitgeteilt hat. Der Zeuge D hat zwar ausgesagt, er habe die
Mitglieder des Beteiligten zu 2) unterrichtet, dass bei der Beteiligten zu 1) ein
Telefaxschreiben eingegangen sei und was in diesem gestanden habe. Er hat auf
konkrete Nachfrage aber ausdrücklich erklärt, dem Beteiligten nichts mitgeteilt zu
haben, woraus dieser hätte schließen können, dass das Telefaxschreiben in der
Woche vor Einleitung des Zustimmungsverfahrens eingegangen war. Er hat
ausgesagt, über den Eingang des Faxes sei nicht detailliert gesprochen worden.
Auf wiederholte Nachfrage des Vertreters der Beteiligten zu 1) hat der Zeuge D
nochmals ausdrücklich bestätigt, kein Datum oder Ähnliches im Hinblick auf den
Eingang des Faxes genannt zu haben. Zwar hat der Zeuge D bei dieser
wiederholten Nachfrage ausgesagt, es sei klar gewesen, dass der Eingang
"irgendwie kurzfristig" gewesen sei. Soweit er dies jedoch damit begründete, er
habe dem Beteiligten zu 2) mitgeteilt, dass er mit der Zeugin B am Freitag vor
dem Gespräch mit dem Beteiligten zu 2) beim Anwalt gewesen sei und dass davor
das Telefaxschreiben eingegangen sei, ist die Aussage schon nicht ergiebig. Die
Information, dass das Telefaxschreiben "vor" dem Anwaltsbesuch bei der
Beteiligten zu 1) am Freitag, dem 30. März 2007, eingegangen war, versetzte den
Beteiligten zu 2) nicht in Lage, prüfen zu können, ob mit einer Einleitung des
Zustimmungsverfahrens am 3. April 2007, die Kündigungserklärungsfrist des § 626
Abs. 2 BGB noch eingehalten werden konnte. Die Aussage des Zeugen D hat auch
nicht ergeben, dass er dem stellvertretenden Vorsitzenden des Beteiligten zu 2)
mitgeteilt hat, bei einem Anwaltsbesuch am 30. März 2008 sei von der Zeugin B
eine eidesstattliche Versicherung abgegeben worden, in der diese die Richtigkeit
der Vorwürfe der sexuellen Tätlichkeiten und der Nötigung versichert. Insofern
kann offen bleiben, ob als bewiesen anzusehen ist, dass der Zeuge D den
Beteiligten zu 2) überhaupt darüber informiert hat, dass die Zeugin bei einem
Anwalt die Richtigkeit ihrer Vorwürfe eidesstattlich versichert hat. Soweit der Zeuge
am Ende seiner Vernehmung ausgesagt hat, er sei sich sicher, dem Beteiligten zu
2) mitgeteilt zu haben, dass er mit der Zeugin B am Freitag vor dem Gespräch
beim Anwalt war, ist seine Aussage nämlich nicht glaubhaft. Dies folgt aus seinen
zuvor im Laufe der Vernehmung getroffenen Aussagen. Der Zeuge D hat zu
Beginn seiner Vernehmung, obgleich er ausdrücklich über das Gespräch mit dem
Beteiligten zu 2) befragt wurde, dargestellt, wie die Beteiligte zu 1) und er selbst
nach Eingang des Telefaxschreibens tatsächlich vorgegangen sind. Auf
wiederholten gerichtlichen Hinweis, er möge seine Aussage darauf lenken, was er
dem Beteiligten zu 2) mitgeteilt habe, hat der Zeuge ausdrücklich erklärt, er habe
diesem gegenüber nicht erwähnt, wann er mit der Zeugin B beim Anwalt gewesen
sei. Auf die Nachfrage des Gerichts, was mit dem Beteiligten zu 2) hinsichtlich des
Eingangs des Telefaxschreibens besprochen worden ist, hat der Zeuge wiederum
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Eingangs des Telefaxschreibens besprochen worden ist, hat der Zeuge wiederum
mitgeteilt, wann er tatsächlich den Anwalt aufgesucht hat. Es hätte nahe gelegen,
bereits hier die zuvor getätigte Aussage zu korrigieren, wenn der Zeuge sich doch
sicher war, den Termin des Anwaltsbesuchs bei dem Gespräch mitgeteilt zu
haben. Der Zeuge hat jedoch im Gegenteil weiter auf konkrete gerichtliche
Nachfrage ausgesagt, der Beteiligte zu 2) habe nicht erkennen können, dass das
Telefaxschreiben in der Woche vor dem Gespräch eingegangen war. Schließlich hat
der Zeuge auf Vorhalt der Widersprüchlichkeit seiner Aussagen zunächst erklärt,
er habe den Beteiligten zu 2) "jedenfalls" unterrichtet, dass die Zeugin beim
Anwalt eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. Auch die Formulierung
"jedenfalls" steht im Widerspruch dazu, dass der Zeuge auf erneutes Insistieren
ausgesagt hat, er sei sich sicher, den Tag des Anwaltsbesuchs genannt zu haben.
Soweit der Zeuge auf den Vorhalt seiner sich widersprechenden Aussagen
mitgeteilt hat, er habe nicht am Anfang seiner Vernehmung ausgesagt, den
Termin des Anwaltsbesuchs nicht genannt zu haben, sondern er sei vom Gericht
gefragt worden, vermag dies den Widerspruch nicht zu erklären oder zu
entschärfen. Schließlich ist die zuletzt getroffene Aussage des Zeugen, er sei sich
sicher, den Termin des Anwaltsbesuchs genannt zu haben, auch deshalb
unglaubhaft, weil der Zeuge sich an andere, zwischen den Beteiligten unstreitige
oder von allen anderen Zeugen bestätigte Begebenheiten des Gesprächs nicht
erinnerte. Vor dem Hintergrund dieser Unsicherheiten und Erinnerungslücken
spricht es gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen, wenn er sich gerade in Bezug
auf das Detail, das Datum des Anwaltsbesuchs genannt zu haben, sicher sein will.
So hat der Zeuge etwa ausgesagt, dem Beteiligten zu 2) sei bei dem Gespräch
kein schriftlicher Zustimmungsantrag übergeben worden, obwohl die Übergabe
zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) unstreitig ist und diese auch letztendlich von
den anderen Zeugen großteils bestätigt wurde. Der Zeuge D hat auch nicht
ausgesagt, den Mitgliedern des Beteiligten zu 2) aus einem Schreiben vorgelesen
zu haben, obwohl dies nach Aussage der anderen Zeugen und des
stellvertretenden Vorsitzenden des Beteiligten zu 2) der Fall war. Er hat sich nicht
daran erinnert, dass seitens des Beteiligten zu 2) die Übergabe des Faxes verlangt
worden war, obwohl auch dies zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Auch ob es
Nachfragen des Beteiligten zu 2) hinsichtlich der von ihm seiner Aussage nach
erwähnten eidesstattlichen Versicherung gegeben hat, war dem Zeugen nicht
erinnerlich. Der Zeuge hat weiterhin zunächst ausgesagt, er sei "wohl" freitags
beim Anwalt gewesen, behauptet dann aber, sich sicher zu sein, dass er dem
Beteiligten zu 2) diesen Tag als den Tag des Anwaltsbesuchs genannt hat.
Schließlich hat der Zeuge während seiner gesamten Darstellung der mündlichen
Unterrichtung den Namen der Zeugin B genannt, obgleich dieser unstreitig nicht
gefallen ist und der Zeuge dies auch am Ende seiner Aussage so bestätigt hat.
Seine Begründung, es sei eben aus heutiger Sicht klar, um wenn es sich handelte,
zeigt abermals, dass der Zeuge sich bei seiner Aussage mehr von den ihm
bekannten Tatsachen leiten ließ, als von seiner tatsächlichen Erinnerung an das
Unterrichtungsgespräch.
Durch die Aussagen der Zeugin F, des Zeugen G und des stellvertretenden
Vorsitzenden des Beteiligten zu 2) wurde ebenfalls nicht bewiesen, dass der
Eingangszeitpunkt des Telefaxschreibens oder des Datums der eidesstattlichen
Versicherung dem stellvertretenden Vorsitzenden des Beteiligten zu 2) mitgeteilt
wurde. Die Aussagen waren weitgehend unergiebig.
Die Zeugin F hat ausgesagt, der Zeuge D habe bei dem Gespräch aus einem
Papier vorgelesen und hat vermutet, das Papier sei komplett vorgelesen worden.
Selbst wenn man davon ausgeht – wofür viel spricht – dass es sich bei diesem
Papier um das Telefaxschreiben der Zeugin B handelte, kann nicht angenommen
werden, dass das Datum des Schreibens mit verlesen wurde. Insofern war die
Aussage der Zeugin F nicht ergiebig. Sie hat ausgesagt, dass sie sich nicht
erinnern könne, ob erkennbar war, wann oder in welchem Zeitraum das Schreiben
entstanden ist, was ihr vorgelesen wurde und dass sie selbst das Papier nicht
gelesen habe. Sie hat weiter ausgesagt, dass sie wenig von dem verstanden habe,
was der Zeuge D vorgelesen hat und dass es sich insoweit auch um den Antrag
auf Erteilung der Zustimmung gehandelt haben könne. Auch die Nennung des
Anwaltstermins oder des Datums der eidesstattlichen Versicherung hat die Zeugin
F nicht bestätigt. Sie hat ausgesagt, weder etwas von einem Anwaltsbesuch noch
von einer eidesstattlichen Versicherung gehört zu haben. Auch wenn man
annimmt, die Zeugin verstehe nicht ausreichend gut deutsch, um hieraus
schließen zu können, dass die Daten der eidesstattlichen Versicherung und des
Anwaltstermins von dem Zeugen D nicht genannt wurden, führte dies im Rahmen
der an § 286 ZPO orientierten Beweiswürdigung nicht zu der Wertung, dass das
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der an § 286 ZPO orientierten Beweiswürdigung nicht zu der Wertung, dass das
Gegenteil zutrifft. Die Aussage der Zeugin müsste vielmehr auch insofern als
unergiebig gewertet werden.
Nichts anders gilt für die Aussage des Zeugen G. Der Zeuge hat zwar bestätigt,
dass der Zeuge D bei dem Gespräch ein Papier verlesen hat, hat aber ebenfalls
ausgesagt, er habe nicht verstanden, was in dem Papier stand und von den
anderen Mitgliedern des Beteiligten zu 2) sei ihm nur erklärt worden, dass der
Beteiligte zu 3) jemanden belästigt haben solle und man ihn deshalb entlassen
wolle. Hinsichtlich des Datums der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hat
der Zeuge ausgesagt, er erinnere sich nicht, dass dieser Begriff gefallen sei. Die
allgemeine Frage des Gerichts, ob erwähnt worden sei, wann die Beteiligte zu 1)
von den Vorwürfen erfahren hat, hat der Zeuge klar verneint. Ob diese Aussage
angesichts der Sprachschwierigkeiten glaubhaft ist, kann dahinstehen, da auch die
Verneinung nur dazu führen könnte, die Aussage des Zeugen als unergiebig zu
werten.
Schließlich kann bei einer an den Grundsätzen des § 286 ZPO orientierten
Würdigung der Aussage des stellvertretenden Vorsitzenden des Beteiligten zu 2)
selbst nicht entnommen werden, dass der Zeuge D ihm den Eingangszeitpunkts
des Telefaxschreibens und des Datums der eidesstattlichen Versicherung
mitgeteilt hat oder der Zeitpunkt der Kenntniserlangung aufgrund sonstiger
Informationen für den Beteiligten zu 2) erkennbar war. Der stellvertretenden
Vorsitzende des Beteiligten zu 2) hat ausgesagt, der Zeuge D habe bei dem
Gespräch versucht, das Kündigungsschreiben vorzulesen, dass dem Beteiligten zu
3) übersendet werden sollte und er habe gar nicht verstanden, worum es
gegangen sei. Hinsichtlich des Anwaltsbesuchs hat der Zeuge ausgesagt, der
Zeuge D habe gar nicht von einem Rechtsanwalt gesprochen.
Zwar hat die Kammer ganz erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen,
nachdem dieser sich in deutliche Widersprüche verwickelt hat, zunächst sogar
bestritten hat, dass ihm eine schriftliches Anhörung übergeben worden ist, obwohl
er diese unterschrieben hat, und er vermieden hat, Fragen des Gerichts und des
Vertreters der Beteiligten zu 2) direkt und stringent zu beantworten. Die Aussage
war auch nicht glaubhaft, etwa soweit der Zeuge erklärt hat, niemand habe nach
dem Grund für die beabsichtigte Kündigung gefragt, weil dem Betriebsrat
untersagt worden sei, über die Sache zu reden. Auch wenn man deshalb davon
ausgeht, dass der stellvertretende Vorsitzende des Beteiligten zu 2) den Ablauf
des Gesprächs nicht zutreffend wieder gegeben hat, kann hieraus nicht im
Umkehrschuss geschlossen werden, dass dem Beteiligten zu 2) bei dieser
Unterredung mitgeteilt worden wäre, wann die Beteiligte zu 1) Kenntnis von dem
Kündigungssachverhalt erlangt hat. Insoweit ist in die Würdigung die Aussage der
anderen Zeugen, insbesondere des Zeugen D einzubeziehen. Hat kein Zeuge das
Beweisthema glaubhaft bestätigt, kann daraus, dass ein Zeuge insgesamt
unglaubhaft aussagt, nicht auf das Vorliegen der zu beweisenden Tatsache
geschlossen werden.
c) Der Antrag nach § 103 BetrVG auf Zustimmungsersetzung ist auch nicht
deshalb nachträglich zulässig geworden, weil die Beteiligte zu 1) im Mai/Juni 2007
den Versuch unternommen hat, den Beteiligten zu 2) nunmehr ordnungsgemäß
zu informieren. Zwar muss sich der Beteiligte zu 2) aus dem Gesichtspunkt der
Zugangsvereitelung so behandeln lassen, als wäre seinem stellvertretenden
Vorsitzenden das Schreiben der Beteiligten zu 1) zur "Ergänzung unserer
Anhörung zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds gem. §
103" zugegangen, da sich dieser unstreitig geweigert hat, das Schreiben entgegen
zu nehmen. Die nachträglich ordnungsgemäß vorgenommene Unterrichtung des
Betriebsrats führt jedoch nicht zu einer rückwirkenden Heilung des fehlerhaft
durchgeführten Zustimmungsverfahrens. Aus Gründen der Rechtssicherheit muss
bereits bei Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens feststehen, ob die
gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung des Verfahrens vorliegen oder
nicht (ebenso für das vor Zustimmungsverweigerung eingeleitete
Zustimmungsersetzungsverfahren: , 24.10.1996 – 2 AZR 3/96 – EzA § 103
BetrVG 1972 Nr. 37; 7.5.1986 – 2 ABR 27/85 – EzA BetrVG 1972 Nr. 31; KR- ,
§ 103 BetrVG Rz. 111a; D/K/K- , § 103 Rz. 40). Nichts anderes
ergibt sich, wenn man das Nachschieben der zur Berechnung der Frist des § 626
Abs. 2 BGB erforderlichen Informationen im Rahmen des gerichtlichen
Zustimmungsersetzungsverfahrens unter den gleichen Voraussetzungen zulassen
wollte wie das Nachschieben von Kündigungsgründen, obwohl in letztgenanntem
Fall von Anfang an ein zulässiger – wenn auch u.U. kein begründeter –
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Fall von Anfang an ein zulässiger – wenn auch u.U. kein begründeter –
Zustimmungsersetzungsantrag vorlag. Selbst hier muss der Arbeitgeber jedenfalls
noch bevor er die für den Betriebsrat neue Information in das gerichtliche
Zustimmungsersetzungsverfahren einführt bei diesem einen erneuten Antrag auf
Zustimmungserteilung gestellt haben ( in AR, Blattei Betriebsverfassung IX
Rz. 43; D/K/K- , § 103 Rz. 41) oder diesem jedenfalls Gelegenheit
zur Stellungnahme eingeräumt haben (KR- , § 103 BetrVG Rz. 118). Dies folgt
aus dem Zweck des gerichtlichen Verfahrens nach § 103 BetrVG: Nur wenn der
Betriebsrat im Rahmen eines ordnungsgemäßen Zustimmungsverfahrens die
Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung nicht erteilt hat, soll das Gericht mit
der Ersetzung der Zustimmung befasst werden (ebenso KR- , § 103 BetrVG
Rz. 121; v. 27.5.1975 – 2 ABR 125/74 – EzA § 103 BetrVG 1972 Nr. 9). Der
Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit, § 2 Abs. 1 BetrVG, erfordert,
dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat zunächst Gelegenheit gegeben hat,
aufgrund des für ihn neuen Sachverhaltes erneut einen Beschluss zu fassen, bevor
sich das Gericht damit befasst. Die Beteiligte zu 1) hat jedoch bereits in der
Antragsschrift und damit mindestens 2 Monate vor ihrem Schreiben zur
"Ergänzung unserer Anhörung zur außerordentlichen Kündigung eines
Betriebsratsmitglieds gem. § 103" das Datum des Eingangs des Telefaxschreibens
mitgeteilt und damit die Grundlage zur Prüfung der Einhaltung der Ausschlussfrist
geschaffen.
II.
Die Entscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG gebührenfrei.
III.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht durch einen der gesetzlich
bestimmten Gründe gemäß §§ 92, 72 Abs. 2 ArbGG veranlasst.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.