Urteil des LAG Hessen vom 29.04.2010

LAG Frankfurt: betriebsrat, sicherstellung, manager, einreihung, stellenbeschreibung, kommunikation, englisch, niederlassung, unterrichtung, arbeitsgericht

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
5. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 TaBV 166/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Eingruppierung - Erweiterung des Mitbestimmungsrechts -
Auslegung des Vergütungstarifvertrags Federal Express
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des
Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. Mai 2009 – 4 BV 560/08 – abgeändert.
Die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung
der Arbeitnehmer:
und der Arbeitnehmer:
des Vergütungstarifvertrags für die Arbeitnehmer der V vom 28. Februar
2008 wird ersetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über die zutreffende Eingruppierung von 21 Arbeitnehmern
in den Vergütungstarifvertrag für die Arbeitnehmer der V (Deutsche
Niederlassung) in der ab 01. Oktober 2007 geltenden Fassung.
Die Beschwerdeführerin (Arbeitgeberin) ist die deutsche Niederlassung eines in
den W ansässigen und weltweit tätigen Logistikunternehmens. Die Vergütung der
bei ihr beschäftigten Mitarbeiter erfolgt nach den Regelungen des
Vergütungstarifvertrages für die Arbeitnehmer der V (Deutsche Niederlassung).
Der Beteiligte zu 2. ist der für den Betrieb in X gewählte Betriebsrat.
Der ab 01. Oktober 2007 geltende Vergütungstarifvertrag (VTV 2007) löste den
Vorgängertarifvertrag (VTV 2005) ab und glich das "Grading" den "Grading
Strukturen" des Unternehmens im EMEA-Raum an. Durch jeweils wortgleiche
Schreiben vom 05. März 2008 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über
die aus der "Umsetzung des neuen Tarifvertrages" "resultierende Eingruppierung"
der Arbeitnehmer A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S von der
Tarifgruppe 1 – Station Handler, GSP-Handling, Y – des Vergütungstarifvertrages
2005 in die Tarifgruppe 2 – GSP Processor/Sorter – des Vergütungstarifvertrages
2007. Wegen des weiteren Inhalts der Schreiben vom 05.03.2008 wird auf die
Kopien Bl. 55 – 126 d. A. Bezug genommen. Der Betriebsrat widersprach der
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Kopien Bl. 55 – 126 d. A. Bezug genommen. Der Betriebsrat widersprach der
"Umgruppierung" mit folgender Begründung:
"... Der Betriebsrat hat die ausgeübten Tätigkeiten von ... überprüft und
festgestellt, dass die von ... tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten überwiegend
hochwertiger sind als die Tätigkeiten, die in der von der Arbeitgeberin für die
Position "GSP Processor/Sorter" (TG 2) vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung
genannt sind. Diese tatsächlichen Tätigkeiten sind z. B.:
...
Aus der Sicht des Betriebsrats ist die richtige Eingruppierung in der TG 3."
Lediglich bei den Arbeitnehmern C und K hat der keine konkrete höhere
Tarifgruppe genannt. Wegen des vollständigen Inhalts der Schreiben wird auf die
Kopien Bl. 133 – 155 d. A. verwiesen. Von den vorgenannten Arbeitnehmern/innen
werden überwiegend folgende Tätigkeiten verrichtet:
1. Entladung der Fracht aus den Fahrzeugen der anliefernden GSP-Agenten.
2. Erfassung der Fracht durch entsprechende Scans.
3. Prüfung der vom Versender beigefügten Dokumente auf Vollständigkeit und
Richtigkeit.
4. Sicherstellung, dass die Fracht zeitgerecht bearbeitet wird und die Papiere
zu den weiter bearbeitenden Abteilungen, wie Export und Manifest, gelangen.
5. Verladung der Fracht durch Bearbeitung entweder in Shuttlefahrzeuge oder
Flugzeugcontainer (AMJ, AKE).
Durch weitere Schreiben vom 02. April 2008 unterrichtete die Arbeitgeberin den
Betriebsrat über die aus der "Umsetzung des neuen Tarifvertrages" "resultierende
Eingruppierung" der Arbeitnehmer T und U von der Tarifgruppe 3 – Hub Operations
Agent Advanced, GSP-Handling – des Vergütungstarifvertrages 2005 in die
Tarifgruppe 4 – GSP Processor/Sorter Advanced – des Tarifvertrages 2007. Der
Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 08. April 2008 der "Umgruppierung"
mit folgender Begründung:
"...
Der Betriebsrat hat die ausgeübten Tätigkeiten von ... überprüft und
festgestellt, dass die von ... tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten überwiegend
hochwertiger sind als die Tätigkeiten, die in der von der Arbeitgeberin für die
Position "GSP Processor/Sorter Advanced" (TG 4) vorgelegten
Arbeitsplatzbeschreibungen benannt sind. Diese tatsächlichen Tätigkeiten sind z.
B.:
...
Aus der Sicht des Betriebsrats ist die richtige Eingruppierung in der TG 9
wiedergegeben."
Wegen des genauen Wortlauts der Schreiben wird auf die Kopien Bl. 156 – 159 d.
A. verwiesen. Die vorgenannten Arbeitnehmer haben überwiegend folgende
Arbeiten ausgeführt:
1. Entladung der Fracht aus den Fahrzeugen der anliefernden GSP Agenten.
2. Erfassung der Fracht durch entsprechende Scans.
3. Prüfung der vom Versender beigefügten Dokumente auf Vollständigkeit und
Richtigkeit.
4. Sicherstellung, dass die Fracht zeitgerecht bearbeitet wird und die Papiere
zu den weiter bearbeitenden Abteilungen, wie Export und Manifest, gelangen.
5. Verladung der Fracht durch Bearbeitung entweder in Shuttlefahrzeuge oder
Flugzeugcontainer (AMJ, AKE).
6. Vorbereitung der Containeroperation inklusive Erstellung der Closeout-
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6. Vorbereitung der Containeroperation inklusive Erstellung der Closeout-
Karten.
7. Übernahme von Arbeitsvorbereitungen.
8. Weiterleitung spezifischer Arbeitsanweisungen an das Team.
9. Unterstützung des Managers bei der Schichtplanung.
10. Erteilung von praktischem Arbeitstraining an einzelne Mitarbeiter.
11. Durchführung von Qualitätsprüfungen der bearbeitenden Unterlagen und
korrekte Zusammenfassung der Ergebnisse.
Für die Job-Familie des "GSP Processor/Sorter" hat die Arbeitgeberin
Stellenbeschreibungen gefertigt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopien der
aktualisierten Fassung vom 21.07.2004 – Bl. 48 ff. d. A. – Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Beteiligten
im ersten Rechtszug sowie der dort gestellten Anträge wird auf den
tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses – Bl. 217 – 219 d. A. –
verwiesen.
Durch Beschluss vom 26. Mai 2009 hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main die
Zustimmungsersetzungsanträge der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Seine
Entscheidung hat es damit begründet, dass das
Zustimmungsersetzungsverfahren durch § 2 Nr. 2 Satz 3 VTV ausgeschlossen
werde. Der Tarifwortlaut sei eindeutig und könne nicht als bloßer Hinweis auf die
gesetzlich bestehenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats verstanden
werden. "Einvernehmen mit dem Betriebsrat" sei nicht die Konstellation des § 99
BetrVG, sondern die des § 87 BetrVG. Wegen der weiteren Begründung im
Einzelnen wird auf S. 5 – 7 – Bl. 220 – 222 d. A. – verwiesen. Gegen den am 15. Juli
2009 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 12. August 2009
Beschwerde eingelegt und diese mit dem beim Hessischen Landesarbeitsgericht
am 14. September 2009 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Arbeitgeberin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie
meint, dass die Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens nicht durch
§ 2 Nr. 2 Satz 3 VTV ausgeschlossen sei. Der Hinweis im Tarifvertrag auf das
erforderliche Einvernehmen gebe nur den Mechanismus nach § 99 BetrVG wieder.
Ferner seien die beabsichtigten Einstufungen der Arbeitnehmer in die
tarifvertragliche Vergütungsordnung zutreffend. Die Tarifmitarbeiter hätten in der
Abteilung GSP bislang die Job-Titel Station Handler und Operations Agent geführt.
Nach dem VTV 2007 nebst Anlagen seien sie in diesem Bereich nunmehr unter
dem Job-Titel GSP Processor/Sorter tätig. Die im Zusammenhang mit der
Tarifgruppe 2 angesprochenen Arbeitnehmer übten einfache Tätigkeiten aus, die –
mit aufgabenbezogenen Fachkenntnissen – nach kurzer Anlern- und
Einarbeitungszeit ausgeführt werden könnten. Außerdem werde die Position nach
den Anlagen zum Vergütungstarifvertrag von den Tarifpartnern explizit der
Tarifgruppe 2 zugeordnet. Von den im Zusammenhang mit der Vergütungsgruppe
4 angesprochenen Arbeitnehmern werde das Anforderungsprofil der Stelle GSP
Processor/Sorter Advanced erfüllt, die in der Anlage zum VTV der Tarifgruppe 4
zugeordnet sei. Der Betriebsrat gehe zu Unrecht davon aus, dass die
Arbeitnehmer höherwertige Arbeiten ausführten und deshalb in eine höhere
Vergütungsgruppe, insbesondere in die Tarifgruppen 3 bzw. 9 einzugruppieren
seien.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. Mai 2009 – 4
BV 560/08 – abzuändern und die Zustimmung des Betriebsrats zur
Umgruppierung der Arbeitnehmer aus dem Bereich GSP Handling zu ersetzen, wie
folgt:
Eingruppierung in Tarifgruppe 2:
- A
- B
- C
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- D
- E
- F
- G
- H
- I
- J
- K
- L
- M
- N
- O
- P
- Q
- R
- S
Eingruppierung in Tarifgruppe 4:
- T
- U
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26.05.2009 – 4 BV 560/08 –
zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung des Arbeitsgerichts unter
Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Der
Betriebsrat meint, die Tarifvertragsparteien hätten das gerichtliche
Zustimmungsersetzungsverfahren tarifvertraglich ausgeschlossen und – soweit es
nicht zu einer einvernehmlichen Eingruppierungsentscheidung der Betriebspartner
komme – im Ergebnis durch ein Verfahren vor der Einigungsstelle ersetzt. Im
Übrigen seien bis auf die Arbeitnehmer C und K, die in die Tarifgruppe 5
einzustufen seien, und die Arbeitnehmer T und U, die in die Tarifgruppe 9
gehörten, sämtliche von der Arbeitgeberin angesprochene Arbeitnehmer in die
Tarifgruppe 3 einzureihen. Für die von Letzteren verrichteten Arbeiten seien
spezielle Trainingseinheiten notwendig. Erforderlich seien Erfahrungen, die sie erst
nach 12 Monaten Betriebszugehörigkeit erreichen würden. Zu den von ihnen
täglich zu erledigenden Arbeiten gehörten insbesondere:
– Sicherstellung bzw. Überprüfung, dass alle benötigten Materialien zur Verfügung
stehen und korrekt funktionieren ( Supertracker , Printer, Scanner).
– Lösung aller auftretenden Probleme, entweder selbst oder durch Weiterleitung an
die zuständige Abteilung.
– Überprüfung von Dokumenten sowie Verifizierung von Ladungen.
– Sicherstellung, dass arbeitstäglich ausreichend Verbrauchsmaterialien
vorhanden sind und während der gesamten Schicht zur Verfügung stehen.
– Erkennung von Routineproblemen und Ausnahmefällen, die sich auf fehlendes
oder verspätetes Frachtgut und/oder auf grundlegende Zollangelegenheiten
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oder verspätetes Frachtgut und/oder auf grundlegende Zollangelegenheiten
beziehen, gegebenenfalls Weiterleitung ungelöster Angelegenheiten an den
zuständigen Bereich.
– Sicherstellung von Systemaktualisierungen (Paket-Status durch geeignete
Scans).
– Prüfung der Begleitpapiere (Rechnungen, Zolldokumentationen, andere
notwendige Deklarationen) der Sendung auf deren Richtigkeit und Vollständigkeit,
damit die notwendigen Dokumente eine schnelle und unkomplizierte Verzollung im
jeweiligen Zielland ermöglichen.
– Bedienung von Gabelstaplern und anderen Fahrzeugen.
– Inspizierung der Luftfrachtcontainer (ULD auf deren Lufttüchtigkeit und Fehlen
von Beschädigungen).
– Ausfüllen der Luftfrachtcontainer-Begleitpapiere.
– Kenntnis der Handhabung von Gefahrengütern und Erkennen von versteckten
Gefahrengütern.
Für die von den Arbeitnehmern C und K verrichteten Arbeiten seien detaillierte
Fachkenntnisse nötig, die sie u. a. dazu befähigten, Prozesse zu koordinieren und
die fachbezogene Kommunikation in einer Mitarbeiterarbeitergruppe in
Alltagssituationen sicherzustellen. Detaillierte Kenntnisse aller Prozesse der
Fachabteilungen befähigten dazu außergewöhnliche, komplexere Fragestellungen
zu lösen. Darüber hinaus seien gute Englisch- und Deutschkenntnisse erforderlich,
um im Kontakt mit internen und externen Kunden Problemlösungen zu
ermöglichen. Neben den Tätigkeiten wie sie von den in die Tarifgruppe 3
einzustufenden Mitarbeiter erledigt würden, seien ergänzend noch folgende
Aufgaben wahrzunehmen:
– Operationelle Managervertretung während des Urlaubs oder Krankheit.
– Kommunikation zwischen Manager und Team, etwa durch die Weitergabe von
Anliegen der Mitarbeiter an den Manager.
– Eigenständige Lösung von Problemen in der Teamarbeit.
– Leistungsfeedback der Mitarbeiter an den Manager.
– Einarbeitung und Training neuer Mitarbeiter.
– Problemlösung und Schnittstellenabgleich.
Die Arbeitnehmer T und U seien in die Tarifgruppe 9 einzugruppieren, da sie
komplexere Aufgaben ausführten, für deren Lösung detaillierte Fach- und
übergreifende Branchenkenntnisse erforderlich seien. Es gehe um die Anwendung
von Methoden und Normen bei der Umsetzung von regionalen
Managerentscheidungen und/oder die Unterstützung des Managements auf
Gruppenleiterebene. Erforderlich seien darüber hinaus Kommunikationsfähigkeiten
in Englisch und Deutsch unter Berücksichtigung kultureller Unterschiede. Zu den
von diesen Arbeitnehmern zu erledigenden Aufgaben gehörten insbesondere:
– Schichtplanerstellung.
– Unterstützende Schichtplanung, Aktualisierung der Schichtpläne, tägliche
Sicherstellung einer ausreichenden Zahl von Mitarbeitern für den vorstehenden
Operationsablauf.
– Bearbeitung von Tausch- und Urlaubsanträgen.
– Operationelle Managerverwaltung während des Urlaubs und bei Krankheit.
– Unterstützung von der Planung von Trainingsmaßnahmen für das Team sowie
Durchführung von Trainingsmaßnahmen.
– Überprüfung der Termineinhaltung des erforderlichen, jährlichen Testtrainings.
– Erstellung sog. Jobaids, d. h. spezifischer Benutzer- bzw. Anwenderhandbücher.
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– Unterstützung bei der sog. Isoperformance der Abteilung.
– Kontrolle und Sicherstellung der Qualitätsperformance der Abteilung.
– Unterstützung zur Einhaltung und Umsetzung von " Bestpractice " der gesamten
Abteilung.
– Durchführung von Teammeetings
– Kommunikation zwischen Manager und Team, etwa durch Weitergabe von
Anliegen der Mitarbeiter an den Manager und umgekehrt.
– Eigenständige Lösung von Problemen in der Teamarbeit sowie des Teams.
– Führung kürzerer Mitarbeitergespräche.
– Zusammenführung von Interviews des Managers bei Neueinstellungen.
– Mitwirkung bei der Entscheidung über die Auswahl neuer Mitarbeiter.
– Leistungsfeedback der Mitarbeiter an den Manager.
– Training und Einarbeitung neuer Mitarbeiter.
– Kommunikation mit anderen Abteilungen zur abteilungsübergreifenden
Problemlösung/Schnittstellenabgleich.
Wegen des weiteren Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird auf den
vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze der Arbeitgeberin vom
14.09.2009 – Bl. 255 ff. d. A. –, 09.03.2010 – Bl. 289 ff. d. A. – und des Betriebsrats
vom 19.10.2009 – Bl. 266 ff. d. A. – Bezug genommen.
B.
I.
Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig. Insbesondere ist sie statthaft (§ 87
Abs. 1 ArbGG) und form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87
Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
Die Beschwerde ist auch begründet. Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist
abzuändern, da die Anträge der Arbeitgeberin zulässig und begründet sind. Der
Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens steht § 2 Nr. 2 Satz 3 VTV
nicht entgegen und die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur
Umgruppierung der Mitarbeiter in den einschlägigen Vergütungstarifvertrag ist
mangels eines Zustimmungsverweigerungsgrundes antragsgemäß zu ersetzen.
1.
Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die Arbeitgeberin beteiligtenfähig
und das für einen Zustimmungsersetzungsantrag erforderliche
Rechtsschutzbedürfnis ist ebenfalls anzuerkennen.
Entgegen der Auffassung des Betriebsrats enthält die Regelung des § 2 Nr. 2
Satz 3 VTV, wonach die Eingruppierung der Arbeitnehmer nur im Einvernehmen
mit dem Betriebsrat erfolgen kann, keine Erweiterung des gesetzlichen
Mitbestimmungsrechts bei Umgruppierungen, sondern sie stellt lediglich eine
deklaratorische Verweisung auf § 99 Abs. 4 BetrVG dar.
aa) Dies ergibt sich aus einer – gesetzeskonformen – Auslegung des
Tarifvertrages.
(1) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für Gesetze
geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der
maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften.
Bei nicht eindeutigem Tarifwordlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien
zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag
gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang,
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gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang,
weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert
und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm ermittelt werden können (vgl.
). Führt eine von mehreren
Auslegungen zu einer Gesetzeswidrigkeit eines Tarifvertrages, so ist die
gesetzeskonforme Auslegung zu wählen (
Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu,
dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge
weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die
praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer
Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen
Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten,
zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (
(2) Der Wortlaut lässt nicht nur die vom Arbeitsgericht gewählte, sondern auch die
vom Betriebsrat befürwortete Auslegung zu. Sie würde aber die Tarifnorm in einen
Konflikt zum Gesetzesrecht bringen. Ein derartiges Verständnis des Tarifvertrages
wäre nämlich von der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien nicht mehr
gedeckt, da er keinen Konfliktbewältigungsmechanismus vorsieht. Grundsätzlich
können die Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen
durch Tarifvertrag erweitert und verstärkt werden. Bei den Regelungen des
Betriebsverfassungsgesetzes über die Mitwirkung des Betriebsrats handelt es sich
um Arbeitnehmerschutzbestimmungen, die in aller Regel nur einseitig zwingender
Natur sind (
und aus § 1 Abs. 1 TVG folgt die Befugnis der Tarifvertragsparteien,
betriebsverfassungsrechtliche Fragen zu regeln (
Aus dem Betriebsverfassungsrecht ergibt sich aber auch,
dass eine Erweiterung der Beteiligungsrechte als äußerste Grenze die
Gleichberechtigung der Betriebsparteien wahren muss (
). Die Parität wäre bei der Annahme eines unkontrollierten Veto-
Rechts des Betriebsrats nicht mehr gegeben. Wenn der Betriebsrat der vom
Arbeitgeber beabsichtigten Eingruppierung nicht zugestimmt, müsste der
Arbeitgeber ihn um seine Zustimmung zu einer anderen Eingruppierung bitten,
und zwar so lange, bis sie den Vorstellungen des Betriebsrats entsprechen würde.
Die Pflicht zur Fortführung des Eingruppierungsverfahrens ergibt sich aus der
Tatsache, dass der Arbeitgeber im Gegensatz etwa zur Einstellung eines
Arbeitnehmers, von einer Eingruppierung nicht absehen kann. Um seiner
Entgeltzahlungspflicht nachkommen zu können, hat der Arbeitgeber immer eine
zumindest faktische Zuordnung zu einer Vergütungsgruppe vorzunehmen (
Der Betriebsrat kann zudem die Fortsetzung
des Beteiligungsverfahrens dadurch erzwingen, dass er dem Arbeitgeber nach §
101 BetrVG aufgeben lässt, nunmehr eine andere als die ursprünglich
beabsichtigte Eingruppierung vorzunehmen und hierzu seine Zustimmung
einzuholen ( Für
eine gleichberechtigte Teilhabe der Betriebsparteien an der Beurteilung einer
Eingruppierung wären mithin Verfahrensregelungen für den Fall notwendig, dass
zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat keine Einigung erzielt werden kann. Da sie
fehlen ist mithin eine Auslegung vorzugswürdig, die dem Zustimmungserfordernis
lediglich die Bedeutung eines deklaratorischen Verweises auf § 99 BetrVG
beimisst.
bb) Eine einschränkende – ergänzende Auslegung, die – wie der Betriebsrat
vorschlägt – für die Lösung von Konflikten die Zuständigkeit der Einigungsstelle
vorsieht, kommt nicht in Betracht. Der Tarifvertrag enthält keine Anhaltspunkte,
dass die Tarifvertragsparteien eine Einigungsstelle im Sinne von § 76 Abs. 5
BetrVG zur Beilegung von Streitigkeiten vorsehen wollten (
Eine dahingehende Auslegung
wäre auch nur dann möglich, wenn sich das Gericht damit kein tarifliches
Regelungsermessen anmaßen würde. Die Gerichte für Arbeitssachen sind nicht
befugt, in die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien korrigierend und
ergänzend einzugreifen und eine Aufgabe zu übernehmen, die das Grundgesetz
(Art. 9 Abs. 3) allein den Tarifvertragsparteien zugewiesen hat (
Diese Grenze wäre durch die
gerichtliche Festlegung eines bestimmten Konfliktlösungsmechanismus
überschritten. Die Tarifvertragsparteien müssen regeln, ob eine Einigungsstelle,
eine tarifliche Schlichtungsstelle oder ob der direkte Zugang zum Arbeitsgericht
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eine tarifliche Schlichtungsstelle oder ob der direkte Zugang zum Arbeitsgericht
einen Konflikt bewältigen soll. Die Auswahl des Konfliktmechanismus fällt in die
Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien (
cc) Im Übrigen hat die 4. Kammer des Hessischen Landesarbeitsgerichts (
) zur Auslegung der
Tarifnorm folgendes ausgeführt: "Weiter belegen die Entstehungsgeschichte und
die bisherige Tarifübung, dass es sich bei der Regelung von § 2 Nr. 2 Satz 3 VTV
lediglich um eine deklaratorische Verweisung auf § 99 BetrVG handeln sollte.
Entsprechende Regelungen galten aufgrund der Vorgängertarifverträge
mindestens seit dem Jahr 1997. Es ist der erkennenden Beschwerdekammer
gerichtsbekannt und zwischen den Beteiligten unstreitig, dass seit dieser Zeit in Z
und insbesondere auch zwischen den Beteiligten zahlreiche Ein- und
Umgruppierungen betreffende Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs.
4 BetrVG geführt wurden, ohne dass der Betriebsrat sich auch nur in einem
einzigen dieser Fälle auf einen gegenüber § 99 BetrVG erweitertes
Beteiligungsrecht berufen hat. Ebenso haben die angerufenen Arbeitsgerichte aller
drei Instanzen in diesen Verfahren ohne jegliche Problematisierung § 99 BetrVG
angewendet, so beispielsweise in dem von den Beteiligten geführten Verfahren
Arbeitsgericht Frankfurt am Main 08.03.2007 – 19 BV 725/06 – = Hess. LAG
18.09.2007 – 4 TaBV 83/07 – = BAG – 10.03.2009 – 1 ABR 93/07 –. Lediglich die 4.
Kammer des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main ist im Jahr 2009 als bisher einziger
gerichtlicher Spruchkörper in Z der Auslegung des Betriebsrats gefolgt. Hätten die
Tarifvertragsparteien nach dieser weitestgehend einheitlichen Tarifauslegung und -
Praxis mit dem VTV eine von diesen abweichende Regelung schaffen wollen,
hätten sie einen derartigen Willen klar zum Ausdruck bringen müssen. Dazu
genügt die unveränderte Übernahme der Regelung aus den
Vorgängertarifverträgen nicht, da dadurch kein Wille zum Ausdruck kommt, eine
neue, von der bisherigen Tarifauslegung abweichende Regelung schaffen zu
wollen." Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich die erkennende
Kammer an und macht sie sich zu Eigen.
Ein zustimmungsbedürftiger Tatbestand im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG ist
gegeben. Bei dem eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahren handelt es
sich um eine Umgruppierung. Während die Eingruppierung die erstmalige
Einreihung des Arbeitnehmers in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung
zum Gegenstand hat, handelt es sich bei einer Umgruppierung im Sinne von §§ 95
Abs. 1, 99 Abs. 1 BetrVG um die Neueinreihung in eine solche. Erfasst wird jede
Änderung der Einreihung in die im Betrieb geltende Vergütungsordnung
also auch die im
Streitfall vorgenommene Einstufung der betroffenen Arbeitnehmer in eine andere
– höhere – Tarifgruppe. Dementsprechend ist der Antrag der Arbeitgeberin auf die
Ersetzung der Zustimmung zu einer Umgruppierung gerichtet.
Die Arbeitgeberin hat das Zustimmungsersetzungsverfahren ordnungsgemäß
eingeleitet und die Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG in Gang gesetzt. Der Betriebsrat
wurde entgegen der von ihm geäußerten Rechtsansicht gem. § 99 Abs. 1 Satz 1
BetrVG ausreichend unterrichtet.
Die Unterrichtung muss sich auf diejenigen tatsächlichen Umstände
erstrecken, die der Betriebsrat benötigt, um sein Recht zur Stellungnahme nach §
99 Abs. 2 BetrVG sachgerecht ausüben zu können. Hierfür muss er so informiert
werden, dass er aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird zu
prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten
Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt
Bei Umgruppierungen sind dem Betriebsrat mithin diejenigen
Umstände mitzuteilen, die für eine Richtigkeitskontrolle der Umgruppierung
anhand des einschlägigen Tarifvertrages erforderlich sind
Das Mitbestimmungsrecht in Ein –
und Umgruppierungsangelegenheiten ist als Mitbeurteilungsrecht und nicht als
Mitgestaltungsrecht zu verstehen. Die korrekte Einreihung des Arbeitnehmers in
eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung ist keine ins Ermessen des
Arbeitgebers gestellte Maßnahme, sondern Rechtsanwendung
Da die nicht nur
vorübergehend übertragene Tätigkeit Bestimmungsfaktor für die Einreihung in ein
Vergütungssystem ist, ist für den Betriebsrat die Kenntnis der auszuübenden
Tätigkeit erforderlich. Ferner kann die Aufgabe einer Mitbeurteilung im Sinne einer
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Tätigkeit erforderlich. Ferner kann die Aufgabe einer Mitbeurteilung im Sinne einer
Richtigkeitskontrolle nur erfüllt werden, wenn bei Umgruppierungen die bisherige
und die vorgesehene Vergütungsgruppe sowie die Erläuterung der Gründe
mitgeteilt werden, weshalb der Arbeitnehmers anders als bisher einzureihen ist
Der Arbeitgeber,
der nach seiner Prüfung eine andere als die angenommene Eingruppierung für
unzutreffend hält, muss keine weitergehenden Informationen erteilen. Erscheint
dem Betriebsrat gleichwohl eine andere Eingruppierung als richtig, kann er insoweit
ergänzende Auskünfte verlangen. Schließlich hat die Unterrichtung des
Betriebsrats in der Regel mindestens eine Woche vor der geplanten personellen
Maßnahme zu erfolgen.
Diesen Anforderungen genügt die Unterrichtung des Betriebsrats durch die
Arbeitgeberin. Sie hat in den Schreiben vom 05.03.2008 bzw. 02.04.2008
hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es um die Zustimmung zu
Umgruppierungen geht. Die bisherige und die vorgesehene Vergütungsgruppe im
neuen Vergütungstarifvertrag werden mitgeteilt. Ferner hat die Arbeitgeberin eine
knappe Aufgabenbeschreibung vorgenommen und ergänzend auf die als Anlage
beigefügte Tätigkeitsbeschreibung/ Jobdiscription verwiesen. Die Gründe für die
Umgruppierung hat sie dem Betriebsrat ebenfalls mitgeteilt. Sie hat insbesondere
erläutert, dass die Position des GSP Processor/Sorter der Tarifgruppe 2 und die
Stelle des SSP Processor/Sorter Advanced der Tarifgruppe 4 zugeordnet sind.
Damit hat sie sich auf die tarifvertraglich verbindliche Einordnung der Stelle
berufen.
Weitere Angaben musste die Arbeitgeberin nicht machen, weil sie annehmen
durfte, sie habe den Betriebsrat vollständig unterrichtet und ihrer Pflicht aus § 99
Abs. 1 Satz 1 BetrVG jedenfalls "auf den ersten Blick" Genüge getan
Vielmehr wäre
es nach dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit Sache des
Betriebsrats gewesen, innerhalb einer Woche um Vervollständigung der erteilten
Auskünfte zu bitten, wenn er sie für unzureichend erachtet und für eine
abschließende Erklärung weitere Informationen benötigt hätte
Aufgrund der erteilten
Auskünfte musste dem Betriebsrat deutlich werden, dass die Arbeitgeberin ihrer
Pflicht aus § 99 Abs. 1 BetrVG nachkommen wollte und die Unterrichtung subjektiv
als ausreichend und ordnungsgemäß angesehen hat.
Die begehrte Zustimmung des Betriebsrats gilt nicht etwa gem. § 99 Abs. 3
Satz 2 BetrVG als erteilt. Der Betriebsrat hat die form- und fristgerechte
Zustimmungsverweigerung hinreichend begründet. Er hat sich darauf gestützt,
dass nach dem Vergütungstarifvertrag die Einreihung in eine höhere Tarifgruppe –
nämlich die Tarifgruppe 3 bzw. 9 – geboten sei. Dies folgt aus den Schreiben des
Betriebsrats vom 05.03.2008 bzw. 02.04.2008. Damit lässt es die
Zustimmungsverweigerung als möglich erscheinen, dass einer der in § 99 Abs. 2
BetrVG aufgezählten Gründe geltend gemacht wird
Der Umstand, dass bei den Arbeitnehmern C
und K keine konkrete Tarifgruppe genannt wird, ist unschädlich. Nur eine
Begründung, die offensichtlich auf keinen der Verweigerungsgründe Bezug nimmt,
ist unbeachtlich
Für die Annahme einer Zustimmungsverweigerung gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1
BetrVG ist es ausreichend, wenn der Betriebsrat der beabsichtigten
Eingruppierung mit der Begründung widerspricht, dass sie gegen den bei der
Arbeitgeberin geltenden Tarifvertrag verstoße, weil sie zu niedrig sei
Weitergehende Angaben
bedarf es schon deshalb nicht, weil im Zustimmungsersetzungsverfahren lediglich
die Richtigkeit der vom Arbeitgeber angestrebten Eingruppierung geprüft wird (
Diese auch für
Umgruppierungen ausreichende Anforderung ist in allen Fällen eingehalten
worden.
2.
Die Zustimmungsersetzungsanträge sind begründet, weil die von der
Arbeitgeberin beabsichtigte Umgruppierung nicht gegen den
Vergütungstarifvertrag vom 28. Februar 2008, gültig ab 01. Oktober 2007, für die
Arbeitnehmer der V (Deutsche Niederlassung) verstößt (§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG).
Die vom Betriebsrat vorgetragenen Verweigerungsgründe gegen die
Umgruppierungen der Arbeitnehmer in die Vergütungsgruppen 3, 5 bzw. 9 liegen
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Umgruppierungen der Arbeitnehmer in die Vergütungsgruppen 3, 5 bzw. 9 liegen
nicht vor, da die Arbeitnehmer nicht in die vom Betriebsrat angeführten höheren
Vergütungsgruppen eingereiht sind.
Die für die Eingruppierung maßgeblichen Vorschriften haben – soweit sie für den
Rechtsstreit von Bedeutung sind – folgenden Wortlaut:
"§ 2 Eingruppierungsgrundsätze
1. Für die Eingruppierung sind allein die übertragenen und ausgeführten
Arbeiten und nicht etwaige Berufsbezeichnungen maßgebend.
2. Für die Eingruppierung in eine der nachgenannten Vergütungsgruppen
ist die überwiegend ausgeübte Tätigkeit entscheidend. Hierbei wird ein
Bewertungszeitraum von mindestens vier Wochen zugrunde gelegt. Die
Eingruppierung der Arbeitnehmer kann nur im Einvernehmen mit dem Betriebsrat
erfolgen.
§ 3 Vergütungsgruppen
Es werden folgende Vergütungsgruppen gebildet.
...
Tarifgruppe 2:
Einfache Tätigkeiten, die mit aufgabenbezogenen Fachkenntnissen nach
kurzer Anlern- und Einarbeitungszeit ausgeführt werden können.
Tarifgruppe 3:
Tätigkeiten, für deren Ausübung Fachkenntnisse benötigt werden, welche
die sachgemäße Erledigung von Routineabläufen, sowie immer wiederkehrenden
Problemen durch Auswahl der geeigneten Verfahrensweisen ermöglichen.
Grundlegende Sprachkenntnisse in Englisch und gute Deutschkenntnisse sind
erforderlich.
...
Tarifgruppe 5:
Tätigkeiten, für deren Ausübung detaillierte Fachkenntnisse benötigt
werden, die u. a. dazu befähigen, Prozesse zu koordinieren und die fachbezogene
Kommunikation in einer Mitarbeitergruppe in Alltagssituationen sicherzustellen.
Detaillierte Kenntnisse aller Prozesse der Fachabteilung ermöglichen das Lösen
von außergewöhnlichen, komplexeren Problemstellungen. Gute Englisch- und
Deutschkenntnisse, die im Kontakt mit internen und externen Kunden
Problemlösungen ermöglichen.
...
Tarifgruppe 9:
Komplexe Tätigkeiten, für deren Ausübung detaillierte Fach- und
übergreifende Branchenkenntnisse notwendig sind.
Anwendung von Methoden und Normen in der Umsetzung von in der Regel
regionalen Managemententscheidungen und/oder Unterstützung des
Managements auf Teamleader-Ebene.
Gute Kommunikationsfähigkeiten in Englisch und Deutsch unter
Berücksichtigung kultureller Unterschiede.
...
Die Tätigkeiten, die in Z ausgeübt werden, werden gemäß Anlage 2 bzw. 3
eingruppiert.
...
Anlage 2 bzw. 3 zum Vergütungstarifvertrag, gültig vom 01.10.2007 bis
30.09.2008 bzw. gültig ab 01.10.2008.
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Tabelle der Tätigkeiten, die in Z ausgeübt werden
...
Tarifgruppe 2
GSP Processor/Sorter
...
Tarifgruppe 4
GSP Processor/Sorter Advanced"
Nach diesen Vorschriften haben die Tarifvertragsparteien die in Z vorhandenen
Positionen eines GSP Processor/Sorter verbindlich der Tarifgruppe 2 und die Stelle
eines GSP Processor/Sorter Advanced verbindlich der Tarifgruppe 4 des VTV
zugeordnet. Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale kommt es bei der
Umgruppierung nicht an
Die tarifliche Bewertung der Tätigkeiten eines Arbeitnehmers anhand der
allgemeinen Tätigkeitsmerkmale ist dann nicht erforderlich, wenn die
Tarifvertragsparteien als Urheber der maßgeblichen Vergütungsordnung selbst die
betreffende Stelle mit bindender Wirkung in ihr abstraktes
Entgeltgruppenverzeichnis eingeordnet haben. In diesem Fall ist die vorgegebene
Einreihung selbst dann maßgebend, wenn die Anwendung der abstrakten
Tätigkeitsmerkmale zu einem anderen Ergebnis führen würde
Die damit verbundene Einschränkung des
Mitbeurteilungsrechts der Betriebspartner ist rechtlich nicht zu beanstanden
Eine solche verbindliche
tarifliche Regelung stellt der Vergütungstarifvertrag für die Arbeitnehmer der V
(Deutsche Niederlassung) nebst Anlagen dar. Die Anlagen 2 bzw. 3 enthalten eine
Auflistung sämtlicher bestehender Stellen bei der Arbeitgeberin in Z. Dies haben
die Tarifvertragsparteien durch den Hinweis zum Ausdruck gebracht, demzufolge
Anlage 2 bzw. 3 eine Tabelle derjenigen Tätigkeiten ist, "die in Z ausgeübt werden".
Der Vergütungstarifvertrag und die zu ihm ergangenen Anlagen ordnen mithin
bestimmte Stellen für alle potentiellen Stelleninhaber bestimmten Entgeltgruppen
des VTV zu. Die Tarifvertragsparteien haben ferner verdeutlicht, dass es sich nicht
nur um eine unverbindliche Interpretation, sondern um eine eigene
tarifvertragliche Regelung handelt. In der Bezugnahmeklausel wird ausdrücklich
bestimmt, dass die Tätigkeiten gemäß den Anlagen "eingruppiert werden".
Beurteilungsspielräume werden den Betriebsparteien nicht eingeräumt. Die
Schriftformerfordernisse des § 1 Abs. 2 TVG, der für eine Vielzahl von Fällen
vereinbarten Regelungen, sind ebenfalls gewahrt. Für deren Einhaltung reicht es
aus, wenn – wie im Streitfall – die sachliche Zusammengehörigkeit von
unterzeichneter Haupturkunde und Anlage zweifelsfrei feststeht
Die Zuordnung der Stelle des GSP Processor/Sorter zur Entgeltgruppe 2 und
des GSP Processor/Sorter Advanced zur Tarifgruppe 4 ist der Beurteilung der
Betriebsparteien entzogen. Vielmehr haben sie von ihr bei der Umgruppierung der
Mitarbeiter auszugehen
Mit der Zuordnung gehen Bewertungen der Stelle einher, wie sie sich aus
den Stellenbeschreibungen ergeben. Die Tarifvertragsparteien haben sie sich zu
Eigen gemacht, da sie in Kenntnis der Stellenbeschreibungen und der
Anforderungsprofile die Positionen den einzelnen Tarifgruppen zugeordnet haben
So ist der GSP Processor/Sorter Associate in
Vergütungsgruppe 1, der GSP Processor/Sorter in Vergütungsgruppe 2 und der
GSP Processor/Sorter Advanced in Vergütungsgruppe 4 aufgeführt. Für jeden
dieser Job-Titel gibt es Stellenbeschreibungen, die jeweils eine – sich teilweise
überschneidende – Auflistung der auszuübenden Tätigkeiten und sonstigen
Anforderungen enthalten. Durch die Tarifregelung wird aber noch nicht die für die
Eingruppierung maßgebende Frage beantwortet, welche Tätigkeiten die
Arbeitnehmer/innen haben und ob diese der Stellenbeschreibung entsprechen.
Der Betriebsrat hat im Rahmen der Ein- bzw. Umgruppierung ein
Mitbeurteilungsrecht, welches auf die rechtsanwendende Beurteilung beschränkt
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Mitbeurteilungsrecht, welches auf die rechtsanwendende Beurteilung beschränkt
ist, ob die Arbeitnehmer/innen tatsächlich Tätigkeiten ausüben, die den Aufgaben
der Stellenbeschreibung entsprechen
Dieses
Verständnis wird durch § 2 Nr. 1 des Tarifvertrages gestützt, wonach für die
Eingruppierung allein die übertragenen und ausgeführten Arbeiten und nicht
etwaige Berufsbezeichnungen maßgebend sind.
Nach § 2 Nr. 2 VTV ist die zeitlich mit mehr als der Hälfte der Arbeitszeit
übertragenen und ausgeführten Tätigkeiten maßgebend. Da es auf die
"überwiegende" Tätigkeit ankommt, gehen die Tarifvertragsparteien grundsätzlich
davon aus, dass sich die zu verrichtende Tätigkeit eines Arbeitnehmers aus
verschiedenen Teiltätigkeiten unterschiedlicher Vergütungsgruppen
zusammensetzen kann. Dies bedeutet indessen nicht, dass es ausreicht, wenn die
in den Stellenbeschreibungen aufgelisteten Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegend
ausgeführt werden. Vielmehr müssen sie in ihrer Gesamtheit zumindest mehr als
die Hälfte der Arbeitszeit in Anspruch nehmen. Es ist lediglich unschädlich, wenn
daneben noch andere in einer anderen Stellenbeschreibung aufgeführten Arbeiten
erledigt werden. Anderenfalls wäre nicht gewährleistet, dass den zugewiesenen
Arbeiten auch die jeweils erforderliche tarifliche Wertigkeit zukommt. Da bei den
einzelnen Tätigkeiten keine Arbeitszeitanteile und/oder sonstige Gewichtungen
angegeben werden, haben die Tarifvertragsparteien nicht die einzelnen Aufgaben
beurteilt, sondern eine summarische Arbeitsbewertung vorgenommen. Durch sie
wird festgelegt, dass die aufgeführten Tätigkeiten nur in ihrer Gesamtheit der mit
den Job-Titeln bezeichneten Position und damit der tariflich vorgesehenen
Vergütungsgruppe entsprechen. In dieser Hinsicht besteht eine gewisse
Ähnlichkeit zur Handhabung von Richt-, Regel- oder Tätigkeitsbeispielen. Nur wenn
sie die Tätigkeiten des Arbeitnehmers voll erfassen, können die tariflichen
Anforderungen als erfüllt angesehen werden
Damit ist zugleich die jeweilige Bewertungseinheit
vorgegeben. Indem die Tarifvertragsparteien die Job-Titel zum Tarifmerkmal
erhoben haben, bringen sie zum Ausdruck, dass alle damit verbundenen
Tätigkeiten zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen sind.
Die Arbeitnehmer A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S haben die
Stelle eines GSP Processor/Sorter tatsächlich inne und sie üben die Tätigkeiten
aus, wie sie in der Stellenbeschreibung in der Fassung vom 21.07.2004
beschrieben werden. Der vom Betriebsrat angeführte Widerspruchsgrund greift
nicht durch, da die Vergütungsgruppe 3 bzw. 5 nicht einschlägig ist.
Die Tätigkeit der vorgenannten Arbeitnehmer entspricht jedenfalls der
Vergütungsgruppe 2 und ist nicht niedriger einzustufen. Da dies zwischen den
Betriebsparteien außer Streit steht, ist lediglich eine pauschale gerichtliche
Überprüfung geboten
An der Richtigkeit der Einschätzung der Betriebsparteien bestehen
keine Zweifel.
Die vom Betriebsrat für die Mitarbeiter C und K geforderte Tarifgruppe 5 und
die für die übrigen Arbeitnehmer verlangte Tarifgruppe 3 sind nicht einschlägig. Die
vom Betriebsrat geäußerte Rechtsansicht, dass die Arbeitnehmer höherwertigere
Arbeiten im Sinne dieser Tarifgruppen ausübten, ist unerheblich. Die Position des
GSP Processor/Sorter ist in den Anlagen zur Vergütungsgruppe 3 und 5 nicht
aufgeführt und ein Rückgriff auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale scheidet
wegen der bindenden tariflichen Zuordnung der Job-Familie zu den
Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung aus.
Bezüglich der Arbeitnehmer C und K sind die Anforderungen der Tarifgruppe 4
ebenfalls nicht erfüllt. Die in der Stellenbeschreibung des GSP Processor/Sorter –
Advanced aufgelisteten Tätigkeiten werden von ihnen in ihrer Gesamtheit auch
nach dem Vorbringen des Betriebsrats nicht ausgeübt. Insbesondere fehlt es an
der Übertragung folgender Aufgaben:
– Unterstützt das Erreichen kurzfristiger operativer Ziele bzw. Fristen, indem er
spezifische Arbeitsanweisungen des Managers bzw. Teamleiters an ein kleines
Team weiterleitet und überprüft, dass die Anforderungen von den einzelnen
Teammitgliedern verstanden wurden. Erteilt einzelnen Mitarbeitern praktisches
Arbeitstraining (verfahrensbezogen und technisch) und informiert das Team bei
Bedarf über kleinere Änderungen bei operativen Verfahren oder Anforderungen.
Weist den Manager bzw. Teamleiter auf aufgetretene Probleme hin.
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– Unterstützt das Erreichen definierter, kurzfristiger operativer Fristen und
Zielvorgaben, indem er den betroffenen Parteien relevante Informationen gibt und
sowohl innerhalb des Teams als auch über verschiedene Teams (GOC, Ramt , Sort,
etc.) hinweg die erforderlichen Maßnahmen einleitet. Unterstützt längerfristige
Initiativen im Bereich kontinuierlicher Verbesserung, indem er sein technisches
und verfahrensbezogenes Fachwissen in der Praxis zur Verfügung stellt und so zur
Erarbeitung und Umsetzung wirksamer Lösungskonzepte beiträgt.
– Aktualisiert die relevanten Systeme rechtzeitig und genau und leitet
Informationen an die Absender- bzw. Empfängerstationen, etc. weiter.
– Agiert als Verbindungsglied zwischen der Beladungscrew und den
Flugzeugabfertigungs- bzw. Lkw-Crews und verifiziert Gewicht und Close-Out-Slips.
– Koordiniert die Verteilung der ULDs auf die entsprechenden Bestimmungsorte.
Im Übrigen ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, mit welchem Job-Titel die
vom Betriebsrat angeführten Arbeiten verbunden sein sollen.
Die Arbeitnehmer T und U haben die Stelle eines GSP Processor/Sorter –
Advanced tatsächlich inne und sie üben die Tätigkeiten aus, wie sie in der
Stellenbeschreibung beschrieben werden. Damit sind sie jedenfalls nicht niedriger
als in die Tarifgruppe 4 einzustufen. An der Richtigkeit der Einschätzung der
Betriebsparteien bestehen bei einer pauschalen Überprüfung keine Zweifel. Soweit
sich der Betriebsrat auf die Tarifgruppe 9 beruft, ist sein Vorbringen wiederum
unerheblich. Die Position eines GSP Processor/Sorter ist in den Anlagen zur
Vergütungsgruppe 9 nicht aufgeführt und es ist auch weder vorgetragen noch
sonst ersichtlich, zu welchem Job-Titel der Aufgabenkreis stattdessen gehören soll.
Ein Rückgriff auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale scheidet aus.
C.
Gegen diese gem. § 2 Abs. 2 GKG kostenfrei ergehende Entscheidung ist gem. §
92 Abs. 1 i. V. m. § 72 Abs. 2 ArbGG die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.