Urteil des LAG Hessen vom 17.11.2010

LAG Frankfurt: befristung, vertretung, treu und glauben, vertreter, urkunde, kündigung, unterzeichnung, arbeitsgericht, beendigung, feststellungsklage

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
2. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Sa 1035/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 14 TzBfG, § 17 TzBfG
Entfristung, Schriftform Annexvertrag, Unterzeichnung i. A.,
Vertretung
Orientierungssatz
Einzelfall Entfristungsklage und unbegründete Kündigungsschutzklage mangels eines
zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestehenden Arbeitsverhältnisses
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 09.
April 2010 – 4 Ca 251/09 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres
Arbeitsverhältnisses und um die Wirksamkeit einer außerordentlichen hilfsweise
ordentlichen Kündigung sowie einen Weiterbeschäftigungsanspruch.
Die 19XX geborene Klägerin arbeitete aufgrund des befristeten Arbeitsvertrags
vom 9. Juli 2008 für den Zeitraum 30. Juli 2008 bis 10. Juli 2009 bei dem beklagten
Land in der A-Schule in B als Lehrerin. Die Klägerin hat die Fächerkombination
Biologie und Kunst. Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrags wird auf
die Kopie Bl. 5-7 d.A. Bezug genommen. Die Lehrkräfte C und D, für deren
Vertretung die Klägerin eingestellt worden war, unterrichteten die Fächer Deutsch
und Geschichte bzw. Geschichte und Philosophie. Die Vertretung durch die
Klägerin erfolgte mittelbar im Ringtausch mit anderen Lehrkräften. Unter dem 2.
April 2009/23. April 2009 unterzeichneten die Parteien einen Änderungsvertrag,
dessen Inhalt sich aus der Kopie Bl. 133 d.A. ergibt. Mit Schreiben vom 24. August
2009 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis hilfsweise fristlos höchst
hilfsweise außerordentlich mit Auslauffrist bzw. ordentlich zum 31. Dezember 2009
(Bl 36 40 d.A.). Die Klägerin erhielt zuletzt eine Vergütung in Höhe von € 2.321,95
brutto.
Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhaltes, des Vortrags der Parteien im
ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Hanau vom 9. April 2010 gemäß § 69
Abs. 2 ArbGG Bezug genommen (Bl. 107 d. A.).
Das Arbeitsgericht Hanau hat die Klage mit vorgenanntem Urteil abgewiesen. Es
hat angenommen, die Klage sei unbegründet, denn es habe eine rechtlich
zulässige Zeit- und Zweckbefristung vorgelegen. Die Befristung in dem
Arbeitsvertrag vom 9. Juli 2008 in Verbindung mit dem Änderungsvertrag aus dem
April 2009 sei auch mit Sachgrund erfolgt. Mit dem Fall der Vertretung habe ein
sachlicher Grund für die Befristung vorgelegen. Es komme nicht darauf an, ob
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sachlicher Grund für die Befristung vorgelegen. Es komme nicht darauf an, ob
nach Zeitablauf der Befristung noch weiterhin Vertretungsbedarf bestanden habe.
Nachdem das Arbeitsverhältnis bereits aufgrund Fristablaufs geendet habe, sei die
Kündigungsschutzklage unbegründet und die Klägerin könne auch nicht ihre
Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verlangen.
Wegen des weiteren Inhalts der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 107 f. d.A. Bezug
genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin innerhalb der zur Niederschrift über die
Berufungsverhandlung am 17. November 2010 festgestellten und dort
ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Sie verfolgt ihr Klagebegehren unter Wiederholung und Ergänzung des
erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Sie vertritt weiterhin die Ansicht, die
Befristung sei bereits aufgrund Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis
unwirksam, da der Änderungsvertrag vom 2. April 2009/23. April 2009 nicht wie der
Arbeitsvertrag vom 9./25 Juli 2008 von dem Regierungsdirektor E, sondern der
Angestellten F unterzeichnet worden ist, die – so die Behauptung der Klägerin –
hierzu nicht berechtigt war. Außerdem vertritt die Klägerin weiterhin die
Auffassung, es liege eine unzulässige Kombination einer Zeit- und
Zweckbefristung vor, zumal im Änderungsvertrag kein Sachgrund angegeben
worden sei. Damit sei nicht ersichtlich, wann der Änderungsvertrag enden sollte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 9. April 2010 – 4 Ca 251/09 –
abzuändern und festzustellen, das das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 23.
August 2009 hinaus fortbesteht sowie festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der
Parteien durch die Kündigung des beklagten Landes vom 24. August weder
außerordentlich fristlos noch ordentlich zum 31. Dezember 2009 aufgelöst worden
ist und das beklagte Land zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss
des Verfahrens zu im Übrigen unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es verteidigt die angefochtene Entscheidung ebenfalls unter Wiederholung und
Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens. Es ist der Ansicht, das
Schriftformerfordernis sei gewahrt, da der Änderungsvertrag von der Klägerin und
der Mitarbeiterin F unterzeichnet worden sei. Das beklagte Land behauptet,
letztere sei von dem Regierungsdirektor E im Zusammenhang mit der generellen
Vorgabe, Verträge, die zunächst auf den dem Beginn der Sommerferien befristet
gewesen seien, auf das Ende der Schulferien zu verlängern, beauftragt worden, die
Änderungsverträge zu unterzeichnen. Aufgrund der Geschäftsordnung der
Schulämter sei im Rahmen der Delegation von Aufgaben, Verantwortung und
Entscheidungskompetenzen auch die Erteilung von Zeichnungsbefugnis zulässig.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 17. November 2010 (Bl. 161 d.A.)
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. April 2010 verkündete Urteil des
Arbeitsgerichts Hanau ist zulässig. Das Rechtsmittel ist als in einem Rechtsstreit
über den Bestand eines Arbeitsverhältnis eingelegt ohne Rücksicht auf den Wert
des Beschwerdegegenstandes und im Übrigen nach dem Wert des
Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 2, 8 Abs. 2 ArbGG). Die Klägerin
hat es auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 519, 520 ZPO, 66
Abs. 1 ArbGG).
Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis
zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 23.
August 2010 geendet hat. Die zu diesem Zeitpunkt vereinbarte Befristung im
Arbeitsvertrag der Parteien vom 9. Juli 2008 in Verbindung mit dem
Änderungsvertrag vom dem 2. April 2009/23. April 2009 ist wirksam, weil ein die
Befristung rechtfertigender Sachgrund in Gestalt eines Vertretungsfalls gegeben
ist und die Parteien das Schriftformerfordernis des § TzBfG gewahrt haben.
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Die Überprüfung der sachlichen Rechtfertigung der Befristung im Arbeitsvertrag
vom 2. April 2009/23. April 2009 i.V.m. dem befristeten Vertrag vom 9. Juli 2008
scheitert auch nicht an § 17 S. 1 TzBfG. Will der Arbeitnehmer geltend machen,
dass die Befristung eines Arbeitsvertrages unwirksam ist, muss er innerhalb von
drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage
beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund
dieser Befristung nicht beendet ist (§ 17 TzBfG).
Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage entspricht zwar nicht dem in §
17 Satz 1 TzBfG vorgeschriebenen Wortlaut. Die Klägerin hat die Feststellung
begehrt, dass das Arbeitsverhältnis über den 23. August 2009 hinaus fortbesteht
verbunden mit einer Klage auf Weiterbeschäftigung und damit eine allgemeine
Feststellungsklage im Sinne des § 256 ZPO erhoben. Denn mit dieser Klage hat sie
den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien bis zum Zeitpunkt der
letzten mündlichen Verhandlung als Streitgegenstand bestimmt. Demgegenüber
besteht der Streitgegenstand bei einer Klage nach § 17 Satz 1 TzBfG in der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine bestimmte
Befristungsvereinbarung zu dem in dieser Vereinbarung vorgesehenen Termin
(vgl. BAG vom 16. April 2003 - 7 AZR 119/02, NZA 2004, 283; BAG vom 22. März
2000 - 7 AZR 581/98, BAGE 94, 118). Die Erhebung einer Klage ist als
Prozesshandlung jedoch ebenso auslegungsfähig wie eine private Willenserklärung
(vgl. BAG vom 21. Mai 981 - 2 AZR 133/79, AP Nr. 7 zu § 4 KSchG 1969). Denn
gegenüber dem Wortlaut des Klageantrages ist der geäußerte Parteiwille
maßgeblich, wie er aus dem Antrag, der Begründung und sonstigen Umständen
bei Erhebung der Klage erkennbar wird (BAG v. 16. April 2003 a.a.O.).
Vorliegend wollte die Klägerin eine Entfristungsklage gemäß § 17 Satz 1 TzBfG
erheben, da der Klagebegründung zweifelsfrei ausdrücklich zu entnehmen ist, dass
die Klägerin die Auffassung der Rechtsunwirksamkeit der Befristungsabrede vertritt
und die sich hieraus ergebenden gesetzlichen Folgen geltend machen will.
Allerdings ist die Klage unbegründet, da für die vereinbarte Befristung ein
sachlicher Grund besteht und auch das Schriftformerfordernis gewahrt worden ist.
Der Vertretungsfall aufgrund Krankheit, Elternzeit, Sonderurlaub oder sonstiger
Gründe, die die Stammkraft an der Ausübung der vertraglich geschuldeten
Tätigkeit hindern, stellt einen sachlichen Grund für eine Befristung dar (§ 14 Abs. 1
S. 2 Nr. 3 TzBfG).
Der sachliche Rechtfertigungsgrund für die Befristungsabrede liegt in
Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend
wegen Krankheit, Urlaubs oder aus sonstigen Gründen ausfallenden Mitarbeiter in
einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet.
Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter
obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein
zeitlich begrenztes Bedürfnis (vgl. BAG vom 2. Juli 2003 - 7 AZR 529/02, AP Nr. 254
zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG vom 5. Juni 2002 - 7 AZR 201/01, AP
Nr. 235 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Teil des Sachgrunds ist daher
eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des
Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters. Davon
kann grundsätzlich ausgegangen werden, weil in der Regel damit zu rechnen ist,
dass der Vertretene nach Beendigung des Urlaubs oder seiner Erkrankung bzw.
sonstigen Verhinderung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird
(BAG vom 2. Juli 2003 a.a.O.; BAG vom 11. Dezember 1991 - 7 AZR 431/90, AP Nr.
141 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Auch eine wiederholte Befristung
wegen der mehrfachen Verhinderung der zu vertretenden Stammkraft steht der
Prognose des künftigen Wegfalls des Vertretungsbedarfs nicht entgegen. Der
Arbeitgeber kann auch bei mehrfacher Vertretung davon ausgehen, dass die zu
vertretende Stammkraft an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird. Nur wenn der
Arbeitgeber im Ausnahmefall auf Grund seiner vorliegenden Informationen
erhebliche Zweifel daran haben muss, dass die zu vertretende Stammkraft
überhaupt wieder zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der
Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung
unwirksam sein (vgl. BAG vom 2. Juli 2003 a.a.O.; BAG vom 21. Februar 2001 - 7
AZR 200/00, AP Nr. 226 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG vom 27. Juni
2001 - 7 AZR 326/00, EzA § 620 BGB Nr. 178).
Unter Beachtung dieser Grundsätze - von denen abzuweichen das
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Unter Beachtung dieser Grundsätze - von denen abzuweichen das
Berufungsgericht keine Veranlassung hat - ist die Befristung zum 23. August 2009
sachlich gerechtfertigt. Die Beschäftigung der Klägerin erfolgte zur Vertretung der
verhinderten Lehrkräfte C und D im Wege einer zulässigen mittelbaren Vertretung.
Die Klägerin hat nicht unmittelbar den Unterricht der fehlenden Lehrkräfte
abgedeckt, sondern mittelbar, den sich aus einem Ringtausch ergebenden
Unterrichtsbedarf in den Fächern Biologie und Kunst.
Die Wirksamkeit der Befristungsvereinbarung scheitert auch nicht daran, dass es
sich um eine sogenannte Doppelbefristung gehandelt hat.
Grundsätzlich ist es zulässig, eine Zweckbefristung mit einer Zeitbefristung zu
kombinieren (vgl. Laux/Schlachter, TzBfG, § 14 Rn 47; Arnold/Gräfl, TzBfG, 2. Aufl.,
§ 3 Rn 5; ErfK-Müller-Glöge, 11. Aufl., § 3 TzBfG Rn 13).
Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung bestand aufgrund der
Vertragssituation im Arbeitsverhältnis auch kein Zweifel, dass die Parteien eine
sogenannte Doppelbefristung vereinbart haben und hier durch den
Änderungsvertrag vom 2. April 2009/23. April 2009 aufgrund dessen eindeutigen
Inhalts keine abweichenden Vereinbarungen getroffen worden sind. Der
Regelungsinhalt des vorgenannten Änderungsvertrags bezieht sich ausdrücklich
nur auf die im Vertrag vom 9. Juli 2008 genannte Zeitbefristung und ändert diese
vom 10. Juli 2009 auf den 23. August 2009 ab. Im Übrigen – so führt der
Änderungsvertrag explizit aus – bleiben die Vertragsbestimmungen unberührt, dh.
es galt weiter die sogenannte Doppelbefristung. Das Ende des befristeten Vertrags
ergab sich unmittelbar unter Anwendung von § 15 TzBfG entweder mit
Zweckerreichung oder spätestens mit Fristablauf am 23. August 2009.
Für den Sachgrund der Vertretung als Befristungsgrund kommt es auch nicht
darauf an, ob der Vertretungsbedarf bei Fristablauf am 23. August 2009
fortbestanden hat. Wie bereits oben dargestellt worden ist, ist Teil des
Sachgrundes der Vertretung eine Prognose des Arbeitgebers über den
voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs. Diese Prognose hat sich aber
nur darauf zu beziehen, ob zu erwarten ist, dass der vertretene Mitarbeiter seinen
Dienst wieder antreten wird. Dagegen braucht bei der Prognoseentscheidung
grundsätzlich keine Rücksicht darauf genommen zu werden, zu welchem Zeitpunkt
mit der Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters zu rechnen ist (BAG vom 6.
Dezember 2000 - 7 AZR 262/99, AP Nr. 22 zu § 2 BAT SR 2y). Die vertraglich
vereinbarte Befristungsdauer bedarf keiner eigenen sachlichen Rechtfertigung.
Dem Arbeitgeber steht es frei, den Arbeitsausfall überhaupt zu überbrücken.
Deshalb verbleibt ihm auch die Entscheidung unbenommen, die Vertretung nur für
eine kürzere Zeit zu regeln. Dementsprechend hat der Gesetzgeber auch für die in
§ 21 Abs. 1 BErzGG geregelten Vertretungsfälle ausdrücklich normiert, dass die
Befristung auch „für Teile“ der Vertretungszeit erfolgen kann. Demnach ist es
unschädlich, ob zum Zeitpunkt der Vereinbarung der hier im Streit stehenden
Befristung damit zu rechnen war, dass der Vertretungsbedarf über den 23. August
2009 fortbestehen würde.
Der Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Fristablaufs steht letztlich auch -
anders als die Klägerin meint - kein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis
entgegen. Die in dem Änderungsvertrag vom 2. April 2009/23. April 2009
vereinbarte Änderung der Vertragslaufzeit genügt dem Schriftformgebot § 14 Abs.
4 TzBfG, was für den ursprünglichen befristeten Arbeitsvertrag im Einklang mit der
übereinstimmenden Ansicht der Parteien ebenfalls anzunehmen ist.
Nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags zu ihrer
Wirksamkeit der Schriftform. Gleiches gilt für den Abschluss eines sogenannten
Annexvertrages, der lediglich die Vereinbarung eines anderen Beendigungstermins
beinhaltet (vgl. BAG vom 16. März 2005 – 7 AZR 289/04, AP Nr. 16 zu § 14 TzBfG;
LAG Rheinland-Pfalz vom 15. Januar 2010 – 9 Sa 543/09, dokumentiert in juris).
Zur Wahrung der Schriftform genügt es, wenn beide Parteien den die Befristung
regelnden Arbeitsvertrag unterzeichnen. Handelt ein Vertreter für eine
Arbeitsvertragspartei, ist er Aussteller der Urkunde. Die Schriftform wird gewahrt,
wenn der Vertreter die Vertretung zu erkennen gibt (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB,
68 Aufl., § 125 Rn 9 und § 126 Rn 9). § 14 Abs. 4 TzBfG ist nicht auf die Vollmacht
zu erstrecken (§ 167 Abs. 2 BGB) (vgl. ErfK-Müller-Glöge a.a.O., § 14 TzBfG Rn
121). Ergibt sich aus den Gesamtumständen, dass der Unterzeichner eines
Arbeitsvertrags die Vertragserklärung ersichtlich im Namen eines anderen
abgegeben hat, ist von einem Handeln als Vertreter im Sinne des § 164 Abs. 1
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abgegeben hat, ist von einem Handeln als Vertreter im Sinne des § 164 Abs. 1
BGB auszugehen (vgl. BAG vom 25. März 2009 – 7 AZR 59/08, AP Nr. 58 zu § 14
TzBfG).
Die nach § 14 Abs. 4 TzBfG für die Befristung von Arbeitsverträgen
vorgeschriebene Schriftform erfordert nach § 126 Abs. 1 BGB die eigenhändige
Unterzeichnung der Urkunde seitens des Ausstellers durch Namensunterschrift
oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens. Bei einem Vertrag - worum es
sich bei einer Befristungsabrede handelt - muss nach § 126 Abs. 2 S. 1 BGB die
Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den
Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, genügt es, wenn jede
Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet (§ 126 Abs. 2 S.
2 BGB). Wird ein Vertrag für eine Vertragspartei von einem Vertreter
unterzeichnet, muss das Vertretungsverhältnis in der Vertragsurkunde deutlich
zum Ausdruck kommen. Dies kann insbesondere durch einen entsprechenden
Zusatz bei der Unterschrift erfolgen. Für die Frage, ob jemand eine Erklärung im
fremden Namen abgibt, kommt es auf deren objektiven Erklärungswert an. Hierbei
ist unter Beachtung von §§ 133, 157 BGB maßgeblich, wie der
Erklärungsempfänger die Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung
der Verkehrssitte verstehen darf. Es sind außer dem Erklärungswortlaut alle
Umstände zu berücksichtigen, die unter Beachtung der Verkehrssitte Schlüsse auf
den Sinn der Erklärung zulassen. Von Bedeutung sind insbesondere die dem
Rechtsverhältnis zugrunde liegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der
Geschäftsbereich, dem der Erklärungsgegenstand angehört und verkehrstypische
Verhaltensweisen (vgl. BAG vom 25. März 2009 a.a.O. m.w.H.; LAG Düsseldorf
vom 15. März 2010 – 16 Sa 882/09, LAGE § 14 TzBfG Nr. 54). Die gesetzliche
Schriftform ist allerdings nur dann gewahrt, wenn der so ermittelte
rechtsgeschäftliche Vertretungswille in der Urkunde jedenfalls andeutungsweise
Ausdruck gefunden hat (vgl. BAG vom 25. März 2009 a.a.O.; BAG vom 13.
Dezember 2007 – 6 AZR 145/07, AP Nr. 83 zu § 1 KSchG 1969).
Ist eine Erklärung mit dem Zusatz „i.A.“ unterschrieben, kann dies im Einzelfall
dafür sprechen, dass der Unterzeichner nicht selbst handelnd wie ein Vertreter die
Verantwortung für den Inhalt der von ihm unterzeichneten Erklärung übernehmen
will. Demgegenüber deutet der Zusatz „i.V.“ darauf hin, dass der Erklärende selbst
für den Vertretenen handelt (vgl. BAG vom 25. März 2009 a.a.O.; BAG vom 20.
September 2006 – 6 AZR 82/06, Bei der gebotenen
Auslegung der Erklärung ist jedoch zu berücksichtigen, dass im allgemeinen, nicht
juristischen Sprachgebrauch nicht immer hinreichend zwischen „Auftrag“ und
„Vertretung“ unterschieden wird. Die Zusätze „i.V.“ und „i.A.“ werden häufig nur
verwendet, um unterschiedliche Hierarchieebenen auszudrücken. Deshalb folgt
nicht allein aus dem Zusatz „i.A.“, dass der Erklärende lediglich als Bote und nicht
als Vertreter gehandelt hat. Maßgeblich sind vielmehr die Gesamtumstände.
Ergibt sich hieraus, dass der Unterzeichner die Erklärung ersichtlich im Namen
eines anderen abgegeben hat, ist von einem Handeln als Vertreter auszugehen.
Für die Wahrung der Schriftform ist unerheblich, ob der Unterzeichner tatsächlich
bevollmächtigt war (vgl. BAG vom 25. März 2009 a.a.O.; BAG vom 13. Dezember
2007 a.a.O.).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die Schriftform für die Befristung in dem
Arbeitsvertrag vom 2. April 2009/23. April 2009 gewahrt. Der Vertrag ist von der
Klägerin und für das beklagte Land von der Angestellten F unterzeichnet. Letztere
hat den Vertrag erkennbar in Vertretung des beklagten Landes unterschrieben
und nicht lediglich als Erklärungsbotin gehandelt. Der Wille, im Namen des
beklagten Landes zu handeln, ergibt sich bereits aus dem äußeren
Erscheinungsbild des Vertrags und dem Umstand, dass sie den Vertrag an der
typischer Weise für den Arbeitgeber vorgesehenen Stelle unterzeichnet hat.
Außerdem befindet sich neben der Unterschrift der Angestellten F das Dienstsiegel
des staatlichen Schulamtes, welches die Anstellungsbehörde ist. Die Unterschrift
ist daher erkennbar für den Arbeitgeber und damit in Vertretung des beklagten
Landes geleistet. Ob Frau F, wie vom beklagten Land behauptet, zum Zeitpunkt
des Vertragsabschlusses hierzu ausdrücklich bevollmächtigt worden war, ist – wie
oben ausgeführt wurde – für die Beachtung der Schriftform unerheblich.
Damit hat das Arbeitsverhältnis infolge Fristablaufs mit dem 23. August 2009
geendet und die weitergehende Kündigungsschutzklage ist mangels eines zum
Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nach dem 23. August 2009 notwendiger
Weise bestehenden Arbeitsverhältnisses unbegründet (vgl. KR-Friedrich, 9. Aufl., §
4 KSchG Rn 252). Ebenso kann der Weiterbeschäftigungsanspruch keinen Erfolg
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haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten
der Berufung zu tragen, weil ihr Rechtsmittel keinen Erfolg gehabt hat.
Für die Zulassung der Revision besteht keine gesetzlich begründete Veranlassung
(§ 72 Abs. 2 ArbGG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.