Urteil des LAG Hessen vom 15.12.2010

LAG Frankfurt: treu und glauben, gesellschaft mit beschränkter haftung, muttergesellschaft, arbeitsgericht, geschäftsführer, verbundenes unternehmen, geldwerter vorteil, fachzeitschrift

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
6. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 Sa 702/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 23 Abs 1 KSchG
Orientierungssatz
Ein drittbezogener Arbeitseinsatz für ein Tochterunternehmen der gemeinsamen
Muttergesellschaft begründet keinen gemeinsamen Betrieb.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main
vom 24. März 2010 – 6 Ca 7390/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen
Kündigung der Beklagten vom 07. August 2009 mit dem 30. September 2009
geendet hat.
Die Beklagte ist eine in A ansässige Werbe- und Verlagsgesellschaft in der
Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Alleinige Gesellschafterin
der Beklagten ist die B Verlag GmbH & Co. KG mit Sitz in C, mit der auch ein
Gewinnabführungsvertrag besteht (vgl. Bl. 12 – 15 u. Bl. 128, 129 d. A.). Die B
Verlag GmbH & Co. KG unterhält Zweigniederlassungen in C, in D, in E in F und in
G (vgl. Handelsregisterauszüge Bl. 122 – 127 d. A.). Der Geschäftsführer der
Beklagten ist zusammen mit zwei weiteren Geschäftsführern auch Geschäftsführer
der B Verlag GmbH. Die Beklagte beschäftigt weniger als 10 Arbeitnehmer.
Der Kläger war seit 01. Januar 2008 als Anzeigenleiter für die Fachzeitschrift „H“
und als stellvertretender Anzeigenleiter für die Fachzeitschrift „I“ beschäftigt. Als
stellvertretender Anzeigenleiter für die Fachzeitschrift „I“ unterhielt er auch eine E-
Mail-Adresse unter dem I-Verlag. Das Gehalt des Klägers betrug zuletzt
durchschnittlich 7.190,80 € brutto monatlich. Die Beklagte stellt dem Kläger einen
Firmenwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Der Kläger ist verheiratet
und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Der Vorgesetzte des Klägers, der
Verlagsleiter J ist ebenfalls bei der Beklagten angestellt.
Die Beklagte gibt die Fachzeitschrift „H“ heraus. Die Fachzeitschrift „I“ wird von
dem I-Verlag rausgegeben. Der I-Verlag ist eine Zweigniederlassung der B Verlag
GmbH & Co. KG mit Sitz in F. Sowohl die B Verlag GmbH & Co. KG als auch der I-
Verlag beschäftigen mehr als 10 Arbeitnehmer.
Die B Verlag GmbH & Co. KG betreute mit ihrer Personalabteilung auch die
Arbeitnehmer der Beklagten und wickelte die administrative Seite des
Arbeitsverhältnisses ab (Gehaltsabrechnung, Berechnung geldwerter Vorteil es der
Privatnutzung des Firmenwagens). So versandte die Personalabteilung auch zum
Beispiel eine E-Mail mit Anhang betreffend Urlaubsregelung. Im Anhang wird
darauf verwiesen, dass Urlaub grundsätzlich bis Jahresende (31.Dezember) zu
nehmen ist und nur aus zwingenden betrieblichen Gründen bis 31.März übertragen
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nehmen ist und nur aus zwingenden betrieblichen Gründen bis 31.März übertragen
werden kann. Der Anhang ist unter der Überschrift „B Verlag Fachzeitschriften“
gerichtet an „Liebe Kolleginnen und Kollegen“ und unterzeichnet von K K als
Geschäftsführung der B Verlag GmbH & Co. KG (Bl. 41, 42 d. A.).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei mangels sozialer
Rechtsfertigung im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes rechtsunwirksam. Das
Kündigungsschutzgesetz finde auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Zwar
beschäftige die Beklagte selbst nicht mehr als 10 Arbeitnehmer, sie bilde jedoch
zusammen mit dem I-Verlag einen gemeinsamen Betrieb mit dem einheitlichen
arbeitstechnischen Zweck des Anzeigenvertriebs und mit einem einheitlichen
Leitungsapparat in Form der Geschäftsführung durch K K. Diese einheitliche
Leitung soll sich nach Auffassung des Klägers auf die wesentlichen Funktionen des
Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten erstrecken. Der Kläger
hat auch gemeint, ungeachtet der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes
sei die Kündigung jedenfalls treuwidrig. Sein Arbeitsplatz sei nicht entfallen,
sondern allenfalls nach L und F verlagert worden. Nach dem ultima-ratio-Prinzip
müsse die Beklagte ihm vor Ausspruch einer Beendigungskündigung die
Verlegung seines Arbeitsortes nach L oder F anbieten.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten bestehende
Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 07. August 2009 nicht
aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die ausgesprochene Kündigung habe das
Arbeitsverhältnis zum 30. September 2009 beendet. Die Beklagte hat gemeint,
dass kein gemeinsamer Betrieb mit dem I-Verlag geführt werde. Es erfolge
lediglich eine unternehmerische Zusammenarbeit. Der Gewinnabführungsvertrag
enthalte keinerlei Bestimmungs- oder sonstige Mitsprache- oder Weisungsrechte
der B Verlag GmbH & Co. KG gegenüber der Beklagten, sondern beschränke sich
allein darauf, dass die Beklagte ihren Gewinn an die B Verlag GmbH & Co. KG
abzuführen hat. Eine Beherrschung der Beklagten durch die KG sei weder
vereinbart noch existiere diese. Den Kern der Arbeitgeberfunktion in sozialen und
personellen Angelegenheiten übe die Beklagte über ihren Geschäftsführer Klein
aus. Die personellen Angelegenheiten seien bei der Muttergesellschaft nur
insoweit zusammen gefasst und würden von dort abgewickelt, als die Lohn- und
Gehaltsabrechnung zentral für alle Tochtergesellschaften der KG durch die
Muttergesellschaft erledigt würden.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24. März 2010 die Klage abgewiesen. Das
Arbeitsgericht hat angenommen, von einem gemeinsamen Betrieb mehrere
Unternehmen, der ausnahmsweise einen arbeitgeberübergreifenden
Kündigungsschutz begründet, sei nicht auszugehen. Das Bestehen eines
Gemeinschaftsbetriebes sei nicht feststellbar. Eine einheitliche Leitung, die die
Arbeitgeberfunktionen in sozialen und personellen Angelegenheiten institutionell
einheitlich für die Beklagte und die B Verlags GmbH & Co. KG bzw. für die Beklagte
und den I-Verlag umfassen, sei nicht feststellbar. Die einheitliche Leitung lasse
sich weder daraus herleiten, dass die B Verlag GmbH & Co. KG
Alleingesellschafterin der Beklagten ist, noch aus dem zwischen der Beklagten und
der B Verlag GmbH & Co. KG geschlossenen Gewinnabführungsvertrag. Die
Begründung einer Gesellschafterstellung mache ebenso wenig wie der Abschluss
eines Gewinnabführungsvertrages weder eine unternehmerische
Zusammenarbeit, noch gar die Führung eines gemeinsamen Betriebes
erforderlich. Die Annahme eines gemeinsamen Betriebes rechtfertige sich auch
nicht aus der Personenidentität in der Unternehmensleitung. Der Umstand, dass
eine Person mehrere Unternehmen leitet, bedeute noch nicht automatisch und
zwingend, dass er diese Aufgaben für alle Unternehmen einheitlich wahrnimmt.
Eine einheitliche Unternehmensleitung durch den Geschäftsführer der Beklagten,
die sich insbesondere auch auf die wesentlichen Funktionen in personellen und
sozialen Angelegenheiten erstreckt, sei nicht feststellbar, selbst wenn aus dem
Impressum des I-Verlages abzuleiten sei, dass K K auch den I-Verlag führt und
damit für dessen Unternehmenserfolg ebenso verantwortlich ist wie für den der
Beklagten, sei dennoch nicht erkennbar, dass er die Unternehmensleitung für den
I-Verlag und die Beklagte in personellen und sozialen Angelegenheiten einheitlich
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I-Verlag und die Beklagte in personellen und sozialen Angelegenheiten einheitlich
wahrnehme. Das Arbeitsgericht hat weiter angenommen, dass auch der Umstand,
dass der Verlagsleiter J und der Kläger Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem
Anzeigenverkauf für den I-Verlag ausführen ebenfalls kein ausreichender
Anhaltspunkt dafür sei, dass dies in Form eines gemeinsamen Betriebes mit dem
I-Verlag über einen vom Geschäftsführer K gesteuerten gemeinsamen
Personaleinsatz geschehe. Das Arbeitsgericht hat weiter ausgeführt, es bestünden
auch sonst keine Anhaltspunkte für einen gemeinsamen Betrieb. Es erfolge keine
gemeinsame Nutzung wesentlicher Betriebsmittel oder ein gemeinsamer Einsatz
von Arbeitnehmern. Es bestehe keine gemeinsame räumliche Unterbringung und
auch eine technische Verknüpfung der Arbeitsabläufe sei nicht feststellbar, dafür
reichten unternehmensübergreifende Absprachen von Mitarbeitern, die in Erfüllung
einer gemeinsamen unternehmerischen Aufgabe eingesetzt werden, nicht aus. Es
bestünden auch keine gemeinsamen Sozialeinrichtungen. Es sei auch kein
Personalaustausch feststellbar. Dass die Lohn- und Gehaltsabrechnungen zentral
für alle Tochtergesellschaften von der Muttergesellschaft erledigt würden, genüge
ebenfalls für die Annahme eines gemeinsamen Betriebes nicht. Das in E-Mails als
E-Mail-Adresse des Geschäftsführers der Beklagten dessen E-Mail-Adresse bei der
Muttergesellschaft aufgeführt sei, sei auch kein ausreichendes Indiz, dass die
Korrespondenz seitens des Geschäftsführers nicht als Geschäftsführer der
Beklagten, sondern als unternehmensweit zuständiger Personalleiter geführt
werde. Mangels Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes hat das
Arbeitsgericht daher eine Überprüfung der Kündigung auf deren soziale
Rechtfertigung im Sinne des § 1 KSchG abgelehnt. Das Arbeitsgericht hat ferner
angenommen, dass die Kündigung auch nicht gegen Treu und Glauben verstößt.
Hierzu hat das Arbeitsgericht ausgeführt, eine Kündigung verstoße in der Regel nur
dann gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletze, die von
§ 1 KSchG nicht erfasst sind. Es gehe vor allem darum, Arbeitnehmer vor
willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen.
Solche Umstände habe der Kläger nicht vorgetragen. Eine Verpflichtung der
Beklagten, dem Kläger andere Beschäftigungsmöglichkeiten bei der
Muttergesellschaft oder anderen Tochtergesellschaften zu eröffnen, sei nicht
feststellbar. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens
der Parteien und der Erwägungen des Arbeitsgerichtes wird auf die angegriffene
Entscheidung Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger innerhalb der zur Sitzungsniederschrift
der Sitzung des Berufungsgerichtes vom 15. Dezember 2010 festgestellten und
dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Der Kläger verweist auf die Rechtssprechung zum gemeinsamen Betrieb und führt
aus, dass dieser angenommen werde, wenn die in einer Betriebsstätte
vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen
arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet, gezielt eingesetzt werden
und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen
Leitungsapparat gesteuert werde. Der Annahme einer konkludenten
Leitungsvereinbarung zur Führung eines gemeinschaftlichen Betriebes mehrerer
Unternehmen stehe die formale Ausübung von Arbeitgeberbefugnissen durch den
jeweiligen Vertragsarbeitgeber nicht entgegen. Vielmehr beurteile sich die Frage,
ob eine einheitliche Leitung hinsichtlich wesentlicher Arbeitgeberfunktionen
vorliege, nach der tatsächlichen innerbetrieblichen Entscheidungsfindung und
deren Umsetzung. Der Kläger meint, eine einheitliche Leitung hinsichtlich
wesentlicher Arbeitgeberfunktionen bestehe vorliegend, weil jede Entscheidung,
egal ob sie eine wirtschaftliche oder eine Personalangelegenheit betrifft, durch die
Machtstrukturen und Abreden im Endeffekt durch die B Verlag GmbH & Co. KG
getroffen werde. Zudem sei die Beklagte im Rahmen ihrer wirtschaftlichen
Tätigkeit mit der B Verlag GmbH & Co. KG verbunden, sowie mit deren weiteren
Tochtergesellschaften. Bereits im Arbeitsvertrag des Klägers stehe, dass er auch
für den Anzeigenverkauf der in einer Zweigniederlassung der B Verlag GmbH &
Co. KG erscheinenden Zeitschrift „I“ verantwortlich sei. Dies sei ein Indiz für einen
gemeinsamen Betrieb, weil damit auch Arbeitsaufträge und Arbeitskräfte zwischen
Muttergesellschaft und Tochtergesellschaft je nach Bedarf verteilt würden. Auch
die Versetzungsklausel in seinem Arbeitsvertrag, die lautet: „Die Versetzung
innerhalb der Verlagsgruppe sollte nur im Einvernehmen mit dem Mitarbeiter
erfolgen“, sei ein Indiz für einen gemeinsamen Betrieb. Der Kläger meint weiter,
die Ortsverschiedenheit zwischen Beklagter und der B Verlag GmbH & Co. KG und
ihren weiteren Tochtergesellschaften sei in Anbetracht der Tatsache, dass es sich
um eine bundesweit agierende Verlagsgruppe handle, unbeachtlich. Der Kläger
meint letztlich, die Kündigung halte einer Überprüfung auf ihre soziale
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meint letztlich, die Kündigung halte einer Überprüfung auf ihre soziale
Rechtfertigung nicht stand. Sein Arbeitsplatz sei nicht weggefallen. Die Tätigkeit
der Anzeigenleitung für die Zeitschrift „H“ sei nach L und die Tätigkeit der
Anzeigenleitung und des Anzeigenverkaufs für die Zeitschrift „I“ sei nach F
verlagert worden. Selbst wenn man die Versetzungsklausel in seinem
Arbeitsvertrag so auslegen wolle, dass eine Versetzung nur mit seinem
Einverständnis erfolgen könne, so hätte die Beklagte doch nach dem ultima-ratio-
Prinzip vor Ausspruch einer Beendigungskündigung eine Änderungskündigung
aussprechen müssen.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 24. März 2010 – 6 Ca
7390/09 – abzuändern
2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis
durch die Kündigung der Beklagten vom 07. August 2009 zum 30. September
2009 nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte meint, entgegen der Ansicht des Klägers würden die
Personalangelegenheiten nicht bei der Muttergesellschaft geregelt, sondern allein
bei der Beklagten. Sämtliche Fragen, die im Zusammenhang mit der Entlohnung
stehen, würden ausschließlich bei der Beklagten entschieden. Dies betreffe sowohl
die private Nutzung des Dienstwagens, als auch den Umgang mit
Resturlaubsansprüchen. Der Muttergesellschaft würden dann die getroffenen
Vereinbarungen oder die Entscheidungen übermittelt, damit diese im Rahmen der
Lohn- und Gehaltsabrechnung Berücksichtigung finden. Der Kläger begründe die
Berufung nach wie vor nicht mit Fakten, sondern mit haltlosen Mutmaßungen über
die Organisation innerhalb einer Mutter/Tochtergesellschaftkonstellation. Hierbei
übersehe er jedoch, dass es bei arbeitsrechtlichen Fragestellungen nicht um
unternehmerische Zusammenarbeit oder wirtschaftlichen Verflechtungen gehe,
sondern allein um die Frage, wer den Kern der Arbeitgeberfunktion im sozialen und
personellen Bereich tatsächlich ausübt. Geschehe dies – wie in diesem Fall – nicht
von derselben institutionellen Leitung, so liege arbeitsrechtlich kein gemeinsamer
Betrieb vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf
den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den
übrigen Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht
abgewiesen. Das Berufungsgericht folgt den zutreffenden Entscheidungsgründen
des Arbeitsgerichts. Das Arbeitsgericht hat den Tatsachenvortrag der Parteien
umfassende gewürdigt und ist auf sämtliche ernsthaft in Betracht kommenden
rechtlichen Gesichtspunkte eingegangen.
Es ist nicht feststellbar, dass die Beklagte und die B Verlag GmbH & Co. KG mit
Sitz in C bzw. die Beklagte und die Niederlassung der B Verlag GmbH & Co. KG I-
Verlag in F einen gemeinsamen Betrieb bilden. Es fehlt schon an einer
gemeinsamen Betriebsstätte. Alleine eine unternehmerische Zusammenarbeit
und eine wirtschaftliche Verflechtung begründen aber keinen gemeinsamen
Betrieb. Unerheblich ist daher auch, ob der Geschäftsführer der Beklagten alleine
die grundsätzlichen Entscheidungen wirtschaftlicher und personeller Art bezüglich
der Beklagten trifft, oder ob die Geschäftsführer der B Verlag GmbH als
gesetzliches Vertretungsorgan der Alleingesellschafterin der Beklagten dies tun.
Die Rechtssprechung fordert eine einheitliche Leitung zur Führung eines
gemeinsamen Betriebs in Bezug auf den gemeinsamen Einsatz materieller und
immaterieller Betriebsmittel und eine einheitliche Leitung in Bezug auf
wesentlicher Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich. Damit ist
die Ausübung der Arbeitgeberfunktion im Hinblick auf den gemeinsamen
Personaleinsatz gemeint. Vorliegend ergibt sich ein solcher gemeinsamer
Personaleinsatz nicht daraus, dass der Kläger mit dem Anzeigenverkauf für den I-
Verlag betraut ist. Es findet insoweit gerade kein Einsatz des Klägers oder anderer
Arbeitnehmer je nach Arbeitsauftrag und Arbeitskräftebedarf bei der
Muttergesellschaft oder ihren Tochtergesellschaften statt. Vielmehr erbringt der
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Muttergesellschaft oder ihren Tochtergesellschaften statt. Vielmehr erbringt der
Kläger im Auftrag seines Arbeitgebers diese Dienstleistung für ein verbundenes
Unternehmen. Der Kläger erbringt in seinem Arbeitsverhältnis zur Beklagten damit
sowohl eine Dienstleistung für die Beklagte, als auch eine Dienstleistung für einen
Dritten (hier ein Tochterunternehmen der gemeinsamen Muttergesellschaft).
Derartige drittbezogene Arbeitsverpflichtungen des Arbeitnehmers begründen
jedoch keinen gemeinsamen Betrieb. Auch aus der Versetzungsklausel im
Arbeitsvertrag des Klägers folgt nicht die Annahme eines gemeinsamen Betriebes.
Eine Versetzung kann grundsätzlich auch in einen selbstständigen Betrieb des
Unternehmens erfolgen.
Ausreichend zur Annahme eines gemeinsamen Betriebes ist auch nicht, wenn die
Muttergesellschaft ihrer Tochtergesellschaft die Vereinbarung einheitlicher Regeln
z. B. im Umgang mit Resturlaubsansprüchen vorschreibt. Es existieren schon
aufgrund der Geltung von Tarifverträgen in Unternehmen und Konzernen meist
einheitliche Arbeitsbedingungen, ohne dass daraus folgt, dass alle
Konzerngesellschaften einen einheitlichen Betrieb bilden.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sie erfolglos blieb.
Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.