Urteil des LAG Hessen vom 06.06.2007

LAG Frankfurt: beihilfe, aktiven, fahrkarte, rentner, arbeitsgericht, anschlussberufung, wirtschaftliche identität, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, betriebsrat, verfügung

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
18. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
18 Sa 1930/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Unwirksame Abänderung des Beihilfeanspruchs der
Betriebsrentner. Jeweiligkeitsklausel deckt nicht erstmalige
Verschlechterung des Beihilfeanspruchs der
Betriebsrentner im Verhältnis zu den noch aktiven
Arbeitnehmern, deren Ansprüche bis zur Änderung mit
denen der Rentner identisch waren. -
Freifahrtberechtigung für Betriebsrentner ist Leistung der
betrieblichen Altersversorgung. 5 Jahre nach Ausgliederung
des Betriebsteils "Verkehr" aus dem Unternehmen kann
nicht Beteiligung an Kosten einer Jahresfahrkarte in Höhe
von 30% von Betriebsrentnern - nicht von den aktiven
Arbeitnehmern - verlangt werden, wenn diese nach
Ausgliederung zunächst 2 Jahre lang kostenlos befördert
wurden und danach kostenfrei eine beschränkte
Jahresfahrkarte erhielten.
Tenor
Die Berufung der Beklagten wird als unzulässig verworfen.
Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der
Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussberufung im
Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 25. Juli 2006 – 8
Ca 25/06 – teilweise abgeändert und klarstellend insgesamt wie folgt
neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 465,50 EUR Zug um Zug
gegen Vorlage einer auf ihn lautenden Quittung über den Erwerb einer
"9-Uhr-Jahresfahrkarte" für das Tarifgebiet 65 A zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger
und seiner Ehefrau Beihilfe nach den Bestimmungen der
Betriebsvereinbarung "Beihilfe" vom 24. Mai 2000 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 6 %, die Beklagte 94
% zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Gewährung von Beihilfe und einer
Freifahrtberechtigung an ehemalige Beschäftigte.
Die Beklagte ist ein Energieversorgungsunternehmen in der Rechtsform einer
Aktiengesellschaft. Sie ist in ihrer heutigen Struktur aus der Stadtwerke B AG
hervorgegangen. Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet.
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Aus der Beklagten wurden rückwirkend im Jahr 2000 die Verkehrsbetriebe
ausgegliedert und in die C Verkehrsgesellschaft mbH eingebracht. Wegen der
Ausgliederungsvereinbarung wird auf den notariellen Ausgliederungs- und
Übernahmevertrag vom 29. August 2000 verwiesen (Anlage zum Schriftsatz der
Beklagten vom 04.06.2007, Bl. 281 - 286 in der Leitakte 18 Sa 1929/06).
In Zusammenhang mit der Ausgliederung wurde am 10. Juni 2002 die
Betriebsvereinbarung "Umstrukturierungsprozesse" geschlossen (vgl. Kopie als
Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 28.03.2006, Bl. 32 - 37 d.A.). Unter § 6
Abs. 6 der Betriebsvereinbarung ist bestimmt:
"6. Es besteht Einvernehmen, dass die in Jahrzehnten gewachsenen
betrieblichen Sozialleistungen erhalten bleiben."
Die Stadtwerke B AG, die jetzige Beklagte, firmierte nach der Ausgliederung in C
Versorgungs AG um.
Die Aktien der Beklagten werden zu 50,64% von der B Versorgungs- und
Verkehrsholding GmbH gehalten. Deren Geschäftsanteile befinden sich zu 100%
im Besitz der Landeshauptstadt B. Der restliche Aktienanteil der Beklagten wird
von der D AG gehalten.
Auch bei der C Verkehrsgesellschaft mbH ist die Stadt B über die Ber
Versorgungs- und Verkehrsholding GmbH Mehrheitsgesellschafterin.
Der am 25. Dezember 1936 geborene, verheiratete Kläger war in der Zeit vom 10.
Juli 1961 bis zum 31. Dezember 1994 Beschäftigter der Stadtwerke B AG. Er war
zuletzt als Bademeister tätig.
Der Kläger schloss unter dem 12. April 1994 mit der Stadtwerke B AG eine
Vereinbarung, nach der das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1994 gegen
Zahlung einer Abfindung beendet wurde. § 3 der Regelung lautet wie folgt:
"Herr E erwirbt ab dem 01.01.95 den Anspruch auf alle Vergünstigungen,
die ihm durch den Eintritt in den Ruhestand mit Vollendung des 60. Lebensjahres
zustehen würden (Beihilfen, Fahrausweise, Tankberechtigung,
Betriebsgemeinschaft)."
Im Übrigen wird zur Wiedergabe des Inhalts dieser Vereinbarung auf die Anlage K 1
zur Klageschrift (Bl. 6 d.A.) Bezug genommen.
Die Stadtwerke B AG gewährte ihren aktiven und ehemaligen Mitarbeitern sowie
unter bestimmten Voraussetzungen deren Familienangehörigen Beihilfeleistungen
im Krankheits-, Geburts- und Todesfall. Hierüber wurden seit 06. Februar 1964
einander ablösende Betriebsvereinbarungen geschlossen. Der Kläger beantragte
und erhielt zuletzt Beihilfe nach den Voraussetzungen der Betriebsvereinbarung
Beihilfe vom 24. Mai 2000 (folgend: BV Beihilfe 2000).
Nach dem Inhalt der BV Beihilfe 2000 hatten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
sowie Pensionärinnen und Pensionäre der Stadtwerke B AG Anspruch auf Beihilfen
nach der Hessischen Beihilfenverordnung (HBeihVO) in der jeweils geltenden
Fassung, soweit durch die Betriebsvereinbarung selbst nicht anders geregelt. In
den Kreis der beihilfeberechtigten Personen waren nach § 2 Nr. 1 d) BV Beihilfe
2000 einbezogen:
"Witwen, Witwer und Vollwaisen, die Versorgungsbezüge von C oder
Versorgungs- bzw. Versichertenrenten der Zusatzversorgungskasse erhalten (...)"
Wegen des weiteren Inhalts der Betriebsvereinbarung wird auf die Anlage zum
Schriftsatz der Beklagten vom 14. Juli 2006 (Bl. 86 - 91 d.A.) verwiesen.
Die BV Beihilfe 2000 wurde durch die am 16. Dezember 2005 abgeschlossene
neue Betriebsvereinbarung zur Beihilfe mit Wirkung ab 01. Januar 2006 abgelöst
(folgend: BV Beihilfe 2005). Die BV Beihilfe 2005 verweist nicht auf die HBeihVO,
sondern regelt die Beihilfeansprüche selbst abschließend. Außerdem werden bei
den Leistungen Unterschiede zwischen Gruppen von Berechtigten gemacht:
Ehemalige Beschäftige erhalten in Krankheitsfällen eine Beihilfe nach Maßgabe der
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Ehemalige Beschäftige erhalten in Krankheitsfällen eine Beihilfe nach Maßgabe der
Anlage 3. Diese sieht gegenüber der für gesetzlich versicherte aktive Beschäftigte
bestimmten Anlage 1 geringere Beihilfesätze und geringere
Leistungshöchstbeträge pro Jahr vor. In § 4 der BV Beihilfe 2005 ist zusätzlich
bestimmt, dass Ehe- und Lebenspartner ehemaliger Beschäftigter sowie
Witwen/Witwer nicht beihilfeberechtigt sind. Zur ergänzenden Darlegung der
Bestimmungen der Betriebsvereinbarung wird Bezug genommen auf die mit
Schriftsatz der Beklagten vom 14. Juli 2006 überreichte Kopie (Bl. 92 - 98 d.A.).
Der Kläger war während seiner Tätigkeit für die B Stadtwerke AG und ist auch jetzt
als Rentner gesetzlich krankenversichert. Der Kläger hat bisher für sich und seine
Ehefrau Beihilfeleistungen bei Krankenhausaufenthalten, für Sehhilfen, Kuren und
in solchen Fällen in Anspruch genommen, für die Leistungen von der gesetzlichen
Krankenversicherung nicht erstattet werden.
Die Stadtwerke B AG gestattete ihren aktiven Mitarbeitern sowie solchen
Pensionären, die als Versorgungsempfänger ausgeschieden waren, bis nach der
Ausgliederung der C Verkehrsgesellschaft mbH die kostenlose Nutzung der Busse
des von ihr betriebenen öffentlichen Personennahverkehrs. Die betraf die Busse
des B und F Stadtverkehrs (Tarifgebiet A 65). Als Berechtigungsnachweis der
Freifahrtberechtigung diente bei den aktiven Arbeitnehmern der Dienstausweis.
Betriebsrentnern wurde zur kostenlosen Nutzung der Busse ein sog. "Tank- und
Fahrausweis" ausgestellt. Dieser schloss das Recht ein, auch als Rentner die
kostenpflichtige Betriebstankstelle zu nutzen.
Nach übereinstimmendem Vortrag der Parteien existierte über
Freifahrtberechtigung bis nach der Ausgliederung des Betriebsteils
"Verkehrsbetriebe" keine schriftliche Regelung. Das Recht zur kostenfreien
Nutzung der Busse durch die aktiven Beschäftigten und die Rentner sei durch die
Stadtwerke B AG und die Berechtigten vorausgesetzt worden. Diese Praxis habe
man durch die Akzeptanz des Dienstausweises oder des Tank- und Fahrausweises
an Stelle eines Fahrscheins ständig bestätigt.
Mit Rundschreiben vom 22. September 2002, gerichtet an alle Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter sowie ehemalige Beschäftigte, teilte die Beklagte mit, dass diese
Personen ab 01. Oktober 2002 nicht mehr berechtigt seien, die Busse der B und F
Linien kostenlos zu nutzen. Begründet wurde das mit der erfolgten Ausgliederung
der Verkehrsbetriebe in die C Verkehrsgesellschaft mbH.
Am 18. Dezember 2002 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat erstmalig eine
Betriebsvereinbarung zur Freifahrtberechtigung ihrer Arbeitnehmer und der
Pensionäre mit Wirkung ab 1. Januar 2003. Darin wurde geregelt, dass den aktiven
Arbeitnehmern die Möglichkeit der Nutzung der Busse durch Bereitstellung einer
kostenlosen Jahresfahrkarte weiter ermöglicht werden sollte. Für Beschäftigte im
Ruhestand wurde eine 9-Uhr-Jahresfahrkarte angeboten. Eine solche Fahrkarte ist
von montags bis freitags erst ab 9.00 Uhr nutzbar, ansonsten gilt sie zeitlich
unbeschränkt. Wegen des genauen Inhalts dieser Betriebsvereinbarung vom 18.
Dezember 2002 (folgend: BV Fahrkarte) wird auf die mit der Klageschrift als Anlage
K 2 überreichte Kopie Bezug genommen (Bl. 7 - 9 d.A.).
Sowohl die zeitlich uneingeschränkte Jahresfahrkarte als auch die 9-Uhr-
Jahresfahrkarte wurden als Sonderfahrscheine nur an von der
Betriebsvereinbarung erfasste Personen ausgegeben. Die Beklagte erhielt diese
Fahrscheine von der C Verkehrsgesellschaft mbH zu einem Sonderpreis, der unter
dem Preis der frei verkäuflichen Jahresfahrkarten für das Tarifgebiet lag.
Am 16. Dezember 2005 schloss die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten
Betriebsrat eine neue Betriebsvereinbarung zur Regelung von Freifahrten für
Mitarbeiter und ehemalige Beschäftigte sowie Familienangehörige (folgend: BV
Fahrtkostenzuschuss). Regelungsanlass der BV Fahrtkostenzuschuss war der
Umstand, dass die C Verkehrsgesellschaft mbH der Beklagten keine
Sonderfahrscheine mehr zur Verfügung stellte, nachdem dies vom
Regierungspräsidium G beanstandet worden war.
Nach dieser Betriebvereinbarung erhalten aktive Beschäftigte der Beklagten, die
vor dem 31. Dezember 2005 eingetreten sind, ein Fahrtkostenzuschuss in Höhe
des vollen Preises für eine Jahresfahrkarte des Verkehrsverbundes F-B, Tarifgebiet
65 A. Der Preis einer solchen Fahrkarte betrug für das Jahr 2006 € 577,70.
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Für ehemalige Beschäftigte ist in § 2 BV Fahrtkostenzuschuss vorgesehen, dass
die bis zum 31. Dezember 2005 in Ruhestand gegangen Rentner einen Zuschuss
von € 337,50 erhalten. Hierfür müssen sie eine Quittung vorlegen, aus der
hervorgeht, dass sie für sich selbst eine 9-Uhr-Jahreskarte für das Tarifgebiet 65 A
kauften. Ein solches zeitlich begrenztes Jahresticket kostete im Jahr 2006 € 465,50.
Wegen des genauen Inhalts dieser Betriebsvereinbarung wird vollständig auf die
Anlage zur Klageerwiderung vom 08. Februar 2006 verwiesen (Bl. 22 - 24 d.A.).
Die BV Fahrkostenzuschuss ist am 01. Januar 2006 in Kraft getreten. Sie ersetzt
nach der Bestimmung in § 5 die BV Freifahrt.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte müsse ihm weiterhin die
Leistungen gewähren, welche ihm vor den Neuregelungen durch die BV Beihilfe
2005 und die BV Fahrkostenzuschuss bis Dezember 2005 zustanden. Durch die
aktuellen Betriebsvereinbarungen könne nicht wirksam in seine Rechte eingegriffen
werden. Die Betriebspartner hätte keine Legitimation, Ansprüche ausgeschiedener
Arbeitnehmer abzuändern.
Der Kläger hat vertreten, die Zusage auf Gewährung von Beihilfe sei im Übrigen
als Leistung der betrieblichen Altersversorgung zu werten, so dass
Verschlechterungen ohnehin grundsätzlich ausgeschlossen seien. Weiter hat er
geltend gemacht, er sei darüber hinaus auch berechtigt, Ansprüche von und für
seine Ehefrau aus der BV Beihilfe 2000 geltend zu machen.
Hinsichtlich der Freifahrtberechtigung hat der Kläger behauptet, dass er die
Gewährung eines 9-Uhr-Tickets im Jahr 2002 nur hingenommen habe, da sie zum
vorangegangenen Zustand keine Nachteile brachte. Damit habe er jedoch nicht
den Inhalt der BV Fahrkarte als verbindlich für seinen Anspruch akzeptiert. Nach
Ansicht des Klägers könne die Beklagte sich nicht auf einen Wegfall der
Geschäftsgrundlage wegen der Ausgliederung der Verkehrsbetriebe berufen, da
sie diese Veränderung mit verantwortet habe. Schließlich handele es sich auch bei
seiner Freifahrtberechtigung um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Jahr 2006 kostenlos eine "9-
Uhr-Jahresfahrkarte" des A nach den Bestimmungen der
Betriebsvereinbarung "Freifahrt für Beschäftigte und Rentner" vom 18.
Dezember 2002 zur Verfügung zu stellen;
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 577,70 Zug um Zug
gegen Vorlage einer auf ihn lautenden Quittung über den Erwerb einer "9-Uhr-
Jahresfahrkarte" für das Tarifgebiet 65 A zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm und seiner Ehefrau
Beihilfe nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarung "Beihilfe"
vom 24. Mai 2000 zu gewähren;
hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm und
seiner Ehefrau Beihilfe nach Anlage 1 der Betriebsvereinbarung "Beihilfe" vom 16.
Dezember 2005 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Betriebspartner seien befugt,
Ansprüche ausgeschiedener Arbeitnehmer durch Betriebsvereinbarung
abzuändern. Die Gewährung von Beihilfen und Fahrkarten bildeten keine
Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.
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In Bezug auf die Änderung der Beihilfen könne eine ältere Betriebsvereinbarung
durch eine neuere ersetzt werden.
Wegen der Trennung der Verkehrsbetriebe von der Beklagten sei der damaligen
Regelung der Freifahrtberechtigung die Geschäftsgrundlage genommen worden.
Dies sei die Kostenneutralität gewesen. Da der Kläger die Regelung durch die
Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 2002 (BV Fahrkarte) akzeptiert habe,
müsse er auch hinnehmen, dass die dort getroffenen Regelungen durch eine
spätere Vereinbarung abgelöst werden dürften.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat der Klage durch Urteil vom 25. Juli 2006
überwiegend stattgegeben.
Wegen der vom Kläger beantragten Feststellung zur Beihilfeberechtigung hat das
Arbeitsgericht ausgeführt, der Kläger sei berechtigt, den Umfang der
Beihilfeansprüche für sich und seine Ehefrau als berücksichtigungsfähige
Angehörige feststellen zu lassen. Die Betriebsvereinbarung "Beihilfe" vom 24. Mai
2000 (BV Beihilfe 2000) habe für die Rechtsbeziehung des Klägers zur Beklagten
aber keine Geltung mehr. Zwar sei die BV Beihilfe 2000 nicht mit Wirkung für den
Kläger als Betriebsrentner durch die BV Beihilfe 2005 abgelöst worden. Der
schuldrechtliche Individualanspruch des Klägers gegen die Beklagte, welchen
dieser bei Wechsel in den Ruhestand erwarb, habe jedoch unter dem Vorbehalt
gestanden, dass eine Veränderung der Ansprüche der aktiven Arbeitnehmer sich
auch zu Lasten des Klägers auswirken dürfe.
Der Kläger habe allerdings einen Anspruch darauf, bei Anwendung der Vorschriften
der BV Beihilfe 2005 entsprechend der Anlage 1, also wie ein aktiver
Arbeitnehmer, behandelt zu werden. Dies folge daraus, dass die
Betriebsvereinbarung erstmalig zwischen aktiven und ausgeschiedenen
Arbeitnehmern unterscheide. Die Schlechterstellung gegenüber den aktiven
Arbeitnehmern müsse der Kläger nicht hinnehmen.
In Bezug auf die vom Kläger geforderte Freifahrtberechtigung hat das
Arbeitsgericht Wiesbaden eine Kompetenz der Betriebspartner verneint, die dem
Kläger ursprünglich gegebene Zusage auf kostenlose Beförderung abzuändern.
Die gegenüber den Betriebsrentnern unwirksame BV Fahrkarte lasse sich jedoch in
eine Gesamtzusage des Arbeitgebers an die im Ruhestand befindlichen
Arbeitnehmer umdeuten. Dieses Angebot habe der Kläger angenommen. Insoweit
sei nicht erheblich, ob die Beklagte sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage
berufen dürfe.
Eine Kürzung seines Anspruchs durch die BV Fahrtkostenzuschuss müsse der
Kläger nicht hinnehmen, da das Angebot des Arbeitgebers vom Dezember 2002
nicht unter dem Vorbehalt einer weiteren Änderung gestanden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidung wird auf deren Tatbestand und
Entscheidungsgründe Bezug genommen (Bl. 106 - 124 d.A.).
Gegen das ihm am 17. Oktober 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 15.
November 2006 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenem
Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag hin bis zum 18. Januar 2007
mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 19. Oktober 2006 zugestellte Urteil ebenfalls
Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift der Beklagten ist am 15. November 2006
bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen. Diese Berufung hat die
Beklagte mit einem erst am Mittwoch, dem 20. Dezember 2006, bei dem
Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Nach Hinweis auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist durch Beschluss
vom 26. Februar 2007 hat die Beklagte unter Wiederholung ihres Antrags mit am
05. März 2007 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen
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05. März 2007 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen
Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Gleichzeitig hat die
Beklagte vorsorglich beantragt, ihre Berufungserwiderung, welche am 23. Februar
2007 beim Berufungsgericht eingegangen war, als Anschlussberufung zu
behandeln. Die Berufungsbegründung des Klägers war der Beklagten am 24.
Januar 2007 zugestellt worden.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein Vorbringen in der Berufung. Er hält an der
Auffassung fest, dass die ihm seit seinem Ausscheiden zustehenden Ansprüche
nicht durch Betriebsvereinbarungen verschlechtert werden konnten.
Der Kläger meint, die Beihilfezusage der Beklagten habe Versorgungscharakter. Er
müsse deshalb gleich einem Versorgungsempfänger vor Änderungen geschützt
werden. Es sei zu berücksichtigen, dass es für ältere Arbeitnehmer in der Regel
nicht möglich sei, Krankheitsrisiken noch nachträglich zu versichern oder für eine
Zusatz-Versicherung Geld aufzubringen.
Wegen der von der Beklagten gegen die Verurteilung zur Leistung eines 9-Uhr-
Tickets eingelegten Berufung ist der Kläger der Ansicht, dass aus seiner
Bereitschaft, ab 2003 ein solches Ticket zu akzeptieren, nicht auf ein
Einverständnis mit tatsächlichen Verschlechterungen geschlossen werden könne.
Der Kläger beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Wiesbaden
vom 25. Juli 2006 – 8 Ca 25/06 – festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,
ihm und seiner Ehefrau Beihilfe nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarung
"Beihilfe" vom 24. Mai 2000 zu gewähren,
sowie das Wiedereinsetzungsgesuch und die Berufung sowie die
Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 25. Juli
2006 – 8 Ca 25/06 – die Klage insgesamt abzuweisen und ihr wegen der
Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand zu gewähren,
sowie weiter vorsorglich für den Fall der Zurückweisung des Antrags auf
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Wege der Anschlussberufung unter
Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 25. Juli 2006 – 8 Ca
25/06 – die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
das Wiedereinsetzungsgesuch und die Berufung der Beklagten, sowie
vorsorglich auch deren Anschlussberufung, zurückzuweisen.
Mit der Berufung und der vorsorglichen Anschlussberufung bekräftigt die Beklagte
ihre Rechtsauffassung, entgegen der bisherigen Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts könne in Ansprüche ausgeschiedener Rentner auch durch
Betriebsvereinbarung eingegriffen werden.
Sowohl bei dem Anspruch auf Beihilfen wie bei dem Anspruch auf kostenlose
Beförderung handele es sich nicht um Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung. Deshalb seinen keine besonderen Änderungsvoraussetzungen
zu prüfen seien.
In Bezug auf den Beihilfeanspruch des Klägers meint die Beklagte, dass die BV
Beihilfe 2000 nach der Zeitkollisionsregel wirksam durch die BV Beihilfe 2005
abgelöst worden sei. Ergänzend behauptet sie, dass die Betriebsrentner durch die
verminderten Beihilfesätze entsprechend der Anlage 3 der BV Beihilfe 2005 nicht
schlechter gestellt würden. Die unterschiedliche steuerliche und sozialrechtliche
Behandlung der Einkommen aktiver Arbeitnehmer und Rentner führe dazu, dass
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Behandlung der Einkommen aktiver Arbeitnehmer und Rentner führe dazu, dass
die Rentner bei einer Nettobetrachtung der Zahlungen gemäß Anlage 3
mindestens Leistungen in einer Höhe erhalten würden, wie sie sich für die aktiven
Arbeitnehmer durch die Bruttozahlungen gemäß Anlage 1 netto ergäben. Die
Beklagte habe bei einer zulässig pauschalierten Betrachtungsweise deshalb keine
tatsächliche Leistungsminderung zu Lasten ihrer Betriebsrentner vereinbart.
Die Beklagte rügt, dass das Arbeitsgericht bei der Verurteilung zur Gewährung
einer 9-Uhr-Jahresfahrkarte die Voraussetzungen des Wegfalls der
Geschäftsgrundlage nicht geprüft habe. Außerdem seien die Voraussetzungen für
eine Umdeutung in eine Gesamtzusage nicht erfüllt, wie vom Arbeitsgericht für die
BV Freifahrt in Bezug auf die Gruppe der Betriebsrentner vorgenommen. Insoweit
hält die Beklagte an ihrer Rechtsauffassung fest, dass eine Veränderung der
Anspruchsvoraussetzungen durch Betriebsvereinbarung rechtlich zulässig und
wirksam war.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der von
den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift vom
06. Juni 2007 (Bl. 222 - 224 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die eingelegten Rechtsmittel sind nur teilweise zulässig.
1.
Die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung durch das Arbeitsgericht
Wiesbaden auf Bereitstellung einer 9-Uhr-Fahrkarte und Gewährung von Beihilfe
nach Anlage 1 der BV Beihilfe 2000 ist nicht zulässig. Sie war daher zu verwerfen,
§§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG.
Die Beklagte hat die Frist zur Begründung ihrer Berufung nicht eingehalten. Das
Urteil des Arbeitsgerichts ist der Beklagten am 19. Oktober 2006 zugestellt worden
(Empfangsbekenntnis Bl. 127 d.A.). Die Frist zur Begründung der Berufung gem. §
66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG endete mit Ablauf des 19. Dezember 2006, einem
Dienstag. Die Berufungsbegründung ging erst am 20. Dezember 2006 bei dem
Hessischen Landesarbeitsgericht ein.
Die von der Beklagten mit am 05. März 2007 eingegangenem Schriftsatz
beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 233 ZPO konnte nicht
gewährt werden.
Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat die vom 19. Dezember 2006
datierende Berufungsbegründung nicht fristgerecht an diesem Tag bei dem
Hessischen Landesarbeitsgericht eingereicht. Dies beruhte nach dem Inhalt des
Antrags auf Wiedereinsetzung darauf, dass der Prozessbevollmächtigte sich nach
der von einer Angestellten seines Büros fehlerhaft mit "20. Dezember 2006"
berechneten Frist richtete.
Der Prozessbevollmächtigte hätte diese Frist bei Fertigung der
Berufungsbegründung kontrollieren müssen. Ein mit der Prozessführung
beauftragter Rechtsanwalt ist zur eigenverantwortlichen Überprüfung der
Berufungsbegründungsfrist verpflichtet. Es handelt sich um die Prüfung einer
Zulässigkeitsvoraussetzung der beabsichtigten Prozesshandlung, welche in den
eigenen Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts fällt
. Ein Anlass zur Fristenkontrolle
ergibt sich schon dann, wenn die Sache dem Anwalt zur Vorbereitung der
Rechtsmittelbegründung vorgelegt wird
.
Hätte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Fristberechnung am 19.
Dezember 2006 nachgeprüft, wäre es ihm möglich gewesen, die
Berufungsbegründungsschrift noch an diesem Tag einzureichen. Dies folgt aus
seinen Angaben in dem Wiedereinsetzungsantrag.
Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten ist der Beklagten gem. § 85 Abs. 2
ZPO zuzurechnen und schließt eine Wiedereinsetzung aus.
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ZPO zuzurechnen und schließt eine Wiedereinsetzung aus.
2.
Die Berufung des Klägers gegen die Teilabweisung seiner Ansprüche durch das
Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden ist zulässig.
Das Rechtsmittel ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§
64 Abs. 2 b, 8 Abs. 2 ArbGG).
Der Kläger ist durch die Abweisung mit dem Hauptantrag seines Klageantrags zu
2. formell und materiell beschwert.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat den Hauptantrag des Klageantrags zu 2. zu mit
€ 4.000,00 bewertet. Für den Hilfsantrag des Klageantrags zu 2. hat es wegen
wirtschaftlicher Identität keinen eigenen Wert angesetzt.
Ein im erstinstanzlichen Urteil festgesetzter Streitwert ist verbindlich. Eine
Abweichung von einer unrichtigen Streitwertfestsetzung ist zumindest dann
möglich, wenn die Parteien im ersten Rechtszug nicht voll obsiegt haben und
deshalb Streitwert und Beschwerdewert voneinander abweichen (
.
Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts Wiesbaden besteht keine wirtschaftliche
Identität zwischen Haupt- und Hilfsantrag. Ein Beihilfeanspruch nach der BV
Beihilfe 2000 geht weiter als ein Anspruch nach Anlage 1 der BV Beihilfe 2005. Die
Beschwer der Abweisung des Hauptantrags ist – ausgehend von dem durch das
Arbeitsgericht Wiesbaden angenommenen Gesamtwert – mit € 3.000,00 zu
bewerten, auf den Hilfsantrag entfallen € 1.000,00.
Die Berufung des Klägers ist im Übrigen form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden (§§ 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG).
3.
Die Beklagte hat sich der Berufung des Klägers wirksam angeschlossen (§§ 524
ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG). Ihre Verurteilung zur Gewährung einer Fahrkarte und von
Beihilfe nach Anlage 1 der BV 2005 kann trotz der Verwerfung der am 15.
September 2006 eingelegten Berufung daher im Rechtsmittelverfahren überprüft
werden.
Die Anschlussberufung ist mit der Erwiderung auf die Berufung des Klägers durch
am 23. Februar 2007 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen
Schriftsatz mit Datum vom 22. Februar 2007 erfolgt. Sie ist statthaft gem. § 524
Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 ZPO i.Vm. § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, da form- und
fristgerecht eingegangen. Die Berufungsbegründung des Klägers ist der Beklagten
am 24. Januar 2007 zugestellt worden (Empfangsbekenntnis Bl. 165 d.A.).
Die Berufungserwiderung ist auch zugleich als Berufungsschrift zu verstehen. Die
Beklagte hat in ihrem Eingangssatz ausdrücklich auf die Berufungsbegründung
durch den verspätet eingereichten Schriftsatz zur Berufungsbegründung vom 19.
Dezember 2006 Bezug genommen. Der Umfang der Berufung stand damit fest (§
519 Abs. 2 ZPO). Die Begründung der Anschlussberufung gem. § 524 Abs. 3 ZPO
war bereits vorab erfolg. Die Beklagte hat darüber hinaus durch die weitere
ausdrückliche Bezugnahme auf den Inhalt des Berufungsbegründungsschriftsatzes
mit Datum vom 19. Dezember 2007 im Schriftsatz vom 22. Februar 2007 die
Berufungsbegründung durch Bezugnahme wiederholt. Dies genügt.
II.
Die Berufung des Klägers hat Erfolg.
Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger und seiner Ehefrau Beihilfe entsprechend
der Betriebsvereinbarung "Beihilfe" vom 24. Mai 2000 (BV Beihilfe 2000) zu
gewähren. Deren Regelungen sind durch die am 01. Januar 2006 in Kraft getretene
Betriebsvereinbarung "Beihilfe" vom 16. Dezember 2005 (BV Beihilfe 2005) nicht
aufgehoben worden.
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Der Feststellungsantrag des Klägers ist zulässig gem. § 256 Abs. 1 ZPO.
a)
Der Antrag ist auslegungsbedürftig. Wegen der vom Kläger beantragten
Feststellung, die Beklagte sei auch gegenüber seiner Ehefrau zur
Beihilfegewährung verpflichtet, ist zu differenzieren.
Soweit der Kläger vor dem 01. Januar 2006 Beihilfe beantragte, betraf dies auch
Kosten für Leistungen zu Gunsten seiner Ehefrau. Maßgeblich für den
Beihilfeanspruch des Klägers und seiner Ehefrau bis zumindest diesem Zeitpunkt
war die BV Beihilfe 2000. Danach war Beihilfe entsprechend der Hessischen
Beihilfeverordnung (HBeihVO) in der jeweils geltenden Fassung zu gewähren,
soweit durch die Betriebsvereinbarung selbst keine Abweichung geregelt.
Die Ehefrau des Klägers ist nach der Konzeption der Hessischen
Beihilfeverordnung vom 05. Mai 1988 (GVBl. I S. 193) in der Fassung vom 05.
Dezember 2001 (GVBl. I S. 482, 491) keine beihilfeberechtigte Person (§ 2
HBeihVO), jedoch berücksichtigungsfähige Angehörige (§ 3 HBeihVO). In Bezug auf
die Ehefrau besteht also keine Beihilfeberechtigung, sondern eine
Berücksichtigungsfähigkeit als Angehörige. Die BV Beihilfe 2000 trifft hierzu keine
abweichende Bestimmung.
Sollte der Kläger vor seiner Ehefrau versterben, wird dieser – bei Geltung der BV
Beihilfe 2000 – nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 HBeihVO eine eigene Beihilfeberechtigung
erwachsen. § 2 Ziffer 1 a) BV Beihilfe 2000 bestätigt diese Beihilfeberechtigung,
regelt jedoch deren Voraussetzungen eigenständig.
Wie der Kläger in der Verhandlung vom 06. Juni 2007 erklärt hat, sei der Antrag auf
Gewährung von Beihilfe an ihn und seine Ehefrau umfassend zu verstehen. Mit
dem Feststellungsantrag solle auch die eigenständige Beihilfeberechtigung der
Ehefrau für den Fall seines Vorversterbens (§ 2 Nr. 1 d) BV Beihilfe 2000) geklärt
werden. Nur hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit eines solchen Antrags sei die
begehrte Feststellung auf die Berücksichtigungsfähigkeit der Ehefrau (§ 3
HBeihVO). zu beschränken.
b)
Für den umfassend zu verstehenden Antrag besteht ein hinreichendes
Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO.
Die Frage, welche Bestimmungen für den Beihilfeanspruch des Klägers maßgeblich
sind, ist einem Feststellungsantrag zugänglich.
Grundsätzlich ist zulässiger Gegenstand eines Feststellungsantrags das Bestehen
oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses. Dazu zählen nicht Vorfragen oder
Elemente eines solchen Verhältnisses. Stehen jedoch allein bestimmte Ansprüche
oder Verpflichtungen oder der Umfang einer Leistungspflicht im Streit, kann auch
darüber eine Feststellung beantragt werden. Voraussetzung ist, dass die erhobene
Feststellungsklage geeignet sein muss, den Konflikt der Parteien endgültig zu
lösen. Es muss gewährleistet sein, dass weitere Prozesse durch einfache
Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte verhindert werden
.
Die Parteien streiten nicht darüber, dass der Kläger beihilfeberechtigt ist. Es geht
darum, nach welchen Bestimmungen Beihilfe zu gewähren ist, insbesondere ob die
bisherigen Vorschriften wirksam durch die BV Beihilfe 2005 verändert werden
konnten. Zur Klärung dieser Frage ist der Antrag geeignet.
Hierfür besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche
Feststellungsinteresse. Der Kläger ist jetzt beihilfeberechtigt. Mit der weiteren
Inanspruchnahme von Beihilfeleistungen wegen Krankenhausaufenthalten,
Zahnbehandlungen, für Sehhilfen usw. ist zu rechnen.
Dies gilt nicht nur für gegenwärtige Aufwendungen der Ehefrau als
berücksichtigungsfähige Angehörige (§ 4 BV Beihilfe 2000 i.V.m. § 3 Abs. 1
HBeihVO), sondern auch für eine etwaige vom Rechtsverhältnis des Klägers
abhängige eigene Beihilfeberechtigung als Witwe gem. § 2 Nr. 1 d) BV Beihilfe
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abhängige eigene Beihilfeberechtigung als Witwe gem. § 2 Nr. 1 d) BV Beihilfe
2000.
Der denkbare "Witwenanspruch" der Ehefrau des Klägers leitet sich von der
Beihilfeberechtigung ihres Ehemanns ab. Ein Bedürfnis für eine alsbaldige Klärung
des Beihilfeanspruchs besteht. Der Kläger und seine Ehefrau wollen wissen, ob
mögliche Krankheitskosten der Ehefrau nach einem Vorversterben des Ehemanns
vollständig gedeckt sind oder nicht. Nur jetzt besteht noch die Chance, eine
ergänzende Versicherung abzuschließen oder für dieses Risiko zu sparen. Insoweit
besteht eine Ähnlichkeit des Beihilfeanspruchs mit Ansprüchen auf
Versorgungsleistungen
, zu denen Beihilfeansprüche jedoch nicht zählen (vgl. unten II. 2 b).
Dem Kläger fehlt es auch nicht an der Befugnis, eine Feststellung zu einem
möglichen Hinterbliebenenanspruch seiner Ehefrau zu verlangen. Es handelt sich
nicht um einen eigenständigen, originären Anspruch der Ehefrau, sondern gem.
der BV Beihilfe 2000 um einen aus dem beendeten Arbeitsverhältnis des Klägers
abgeleiteten Anspruch, welcher an den Bezug von Versorgungsansprüchen
anknüpft. Solche erhält der Kläger, wie in der Verhandlung vom 06. Juni 2007
bestätigt wurde.
Der Antrag ist deshalb nicht unzulässig, weil die Ehefrau selbst klagen könnte. Die
potentielle Leistungspflicht der Beklagten hängt von der Frage ab, ob sich im
Rechtsverhältnis des Klägers zu der Beklagten der Beihilfeanspruch nach der BV
Beihilfe 2000 oder der BV Beihilfe 2005 richtet. Materiell-rechtlich bestimmt sich
diese Frage nach der Befugnis der Beklagten, gegenüber dem Kläger eine
Leistungszusage abzuändern.
c)
Es kann offen bleiben, ob die unter a) vorgenommene Antragsauslegung die Klage
gegenüber dem Antrag der ersten Instanz erweitert. Eine mögliche
Klageerweiterung im Berufungsverfahren ist zulässig gem. §§ 533 ZPO, 64 Abs. 6
ArbGG, da sachdienlich und auf die Tatsachen zu stützen, die ohnehin zugrunde zu
legen sind.
2.
Die Beihilfeansprüche des Klägers und seiner Ehefrau richten sich derzeit nach der
BV Beihilfe 2000 und sind gegenüber der Beklagten geltend zu machen.
a)
Die Beklagte ist aus der Beihilfezusage verpflichtet. Zum Zeitpunkt des
Ausscheidens des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis am 31. Dezember 1994
firmierte die Beklagte noch als B Stadtwerke AG. Die rückwirkend zum Jahr 2000
erfolgte Abspaltung des Betriebsteils "Verkehr" erfolgte durch Ausgliederung gem.
§ 123 Abs. 3 UmwG. Verpflichtungen aus zum Zeitpunkt der Ausgliederung bereits
beendeten Arbeitsverhältnissen sind ausweislich des vorgelegten notariellen
Ausgliederungs- und Übernahmevertrag vom 29. August 2000 (Anlage zum
Schriftsatz der Beklagten vom 04. Juni 2007, Bl. 281 - 285 der Leitakte 18 Sa
1929/06) nicht ausdrücklich geregelt und insbesondere nicht auf die C Versorgung
GmbH übertragen worden.
Bei einer Ausgliederung bleibt der übertragende Rechtsträger Hauptschuldner all
jener Verbindlichkeiten, die nicht dem übernehmenden Rechtsträger mit Vertrag
oder Plan zugewiesen wurden
.
Übertragender Rechtsträger war die Beklagte. Sie ist daher Verpflichtete aus der
Beihilfezusage.
b)
Die Beklagte war zumindest bis 31. Dezember 2005 (nur) verpflichtet, dem Kläger
Beihilfe nach der BV Beihilfe 2000 zu gewähren. Es spielt keine Rolle, dass das
Arbeitsverhältnis des Klägers bereits vor Inkrafttreten der BV Beihilfe 2000 am 24.
Mai 2000 gem. § 5 der Betriebsvereinbarung beendet gewesen war.
Die im Streit stehende Beihilfe in Krankheitsfällen für einen Betriebsrentner und
Familienangehörige zählt nicht zu den Leistungen der betrieblichen
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Familienangehörige zählt nicht zu den Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Es handelt sich um
keine Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung. Anknüpfend an das
gesetzliche Rentenversicherungsrecht setzt die betriebliche Altersvorsorge die
Übernahme bestimmter biometrischer Risken voraus. Die Altersversorgung deckt
das "Langlebigkeitsrisiko", die Hinterbliebenenversorgung ein Todesfallrisiko, die
Invaliditätsversorgung einen Teil der Invaliditätsrisiken. Die Übernahme anderer
Risiken wie etwa der Arbeitslosigkeit zählt nicht zur betrieblichen Altersversorgung.
Auch das Krankheitsrisiko ist von den Versorgungsrisiken des Betriebsrentenrechts
zu unterscheiden. Sozialversicherungsrechtlich handelt es sich um einen
eigenständigen Versicherungszweig
. Die für das Betriebsrentenrecht entwickelten Anforderungen an die
Änderung von Versorgungsregelungen gelten daher nicht für Beihilfeansprüche.
Der Kläger hat für sich und seine Ehefrau seit dem 24. Mai 2000 Beihilfeleistungen
auf der Grundlage der BV Beihilfe 2000 gefordert und erhalten. Es ist für diesen
Rechtsstreit nicht erheblich, dass auch die BV Beihilfe 2000 erst zu einen
Zeitpunkt vereinbart wurde und eine frühere Betriebsvereinbarung ablöste, als der
Kläger bereits aus dem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten ausgeschieden war.
Ungeachtet der zwischen den Parteien umstrittenen Kompetenz eines
Betriebsrats, Rechte und Pflichten solcher Mitarbeiter zu modifizieren, die bereits
aus dem aktiven Arbeitsverhältnis ausgeschieden und in den Ruhestand getreten
sind, ist zwischen den Parteien jedenfalls in Bezug auf die Beihilfeleistungen bis 31.
Dezember 2005 eine wirksame Vereinbarung darüber zustande gekommen, dass
sich der Beihilfeanspruch des Klägers und seiner Angehörigen nach der BV Beihilfe
2000 regelt. Der Kläger hatte durch das Beantragen und Entgegennehmen von
Beihilfen seit Mai 2000 stillschweigend erklärt, dass er die in der BV Beihilfe 2000
geregelten Leistungsvoraussetzungen als verbindlich akzeptiert.
3.
Die Aufhebung der bisherigen Beihilferegelungen der BV Beihilfe 2000 durch die BV
Beihilfe 2005 mit Wirkung ab 01. Januar 2006 ist im Verhältnis zu dem Kläger als
ehemaligem Beschäftigten nicht wirksam. Sie wirkt nicht – auch nicht
eingeschränkt – zu dessen Lasten.
a)
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können die
Betriebspartner durch Betriebsvereinbarungen nicht Rechte und Pflichten
derjenigen Mitarbeiter begründen oder modifizieren, welche bereits aus dem
aktiven Arbeitsverhältnis ausgeschieden und in den Ruhestand eingetreten sind
. Ob an dieser
im Schrifttum kritisierten Auffassung festzuhalten ist, kann wie in den
Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Juli 1998 und 12. Dezember
2006
offen bleiben.
aa)
Geht man mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, dass die
Betriebspartner keine Regelungskompetenz für Ansprüche der Betriebsrentner
mehr haben, ändert sich mit deren Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis die
Rechtsgrundlage der zugesagten Leistung. Der Ruheständler erwirbt einen
schuldrechtlichen Anspruch, welcher der kollektivrechtlichen Zusage entspricht, die
zum Zeitpunkt seines Ausscheidens galt
.
Der Inhalt dieses schuldrechtlichen Anspruchs ist auslegungsbedürftig. Ein
Beihilfeanspruch, dessen Voraussetzungen in einer Betriebsvereinbarung gleich
lautend für aktive wie für ausgeschiedene Arbeitnehmer geregelt wurde, steht
unter dem Vorbehalt einer späteren Änderung, wenn diese Änderung auch den
noch im Berufsleben stehenden Arbeitnehmern zugemutet werden kann. Es
handelt sich nicht um Ruhegeldansprüche, sondern um eine Leistung, welche in
gleicher Weise auch aktiven Arbeitnehmern zusteht. Die begünstigten
Arbeitnehmer können auch nach ihrem Ausscheiden nicht damit rechnen, besser
als die aktive Belegschaft behandelt zu werden.
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Es gilt eine sog. Jeweiligkeitsklausel, die nicht ausdrücklich erklärt werden muss.
Der Besitzstand eines Betriebsrentners in Bezug auf seinen Beihilfeanspruch ist
unsicherer als der in Bezug auf einen Versorgungsanspruch
.
Ein schuldrechtlicher Anspruch eines Betriebsrentners auf Gewährung von Beihilfe
ist aber nur mit dem Vorbehalt belastet, dass der Arbeitgeber die Zustimmung zu
einer Änderung der Beihilfebedingungen in einem Umfang erwarten darf, wie die
Änderungen auch aktiven Arbeitnehmern zugemutet werden. Hierauf hat das
Arbeitsgericht Wiesbaden bereits hingewiesen.
Die BV Beihilfe 2005 schafft erstmalig unterschiedliche Beihilfebedingungen für
aktive und ausgeschiedene Arbeitnehmer:
Die Beihilfeberechtigung aktiver Arbeitnehmer bestimmt sich den Anlagen 1 und 2.
Betriebsrentner sollen ausweislich § 4 nur Beihilfen nach Anlage 3 erhalten.
Diese Beihilfesätze sind zumindest prozentual geringer als die den aktiv
Beschäftigten gewährten Beihilfesätze.
Gemäß §§ 2, 3 BV Beihilfe 2005 erhalten nicht nur aktive Beschäftigte, sondern
auch deren Angehörige bei Nichtüberschreiten bestimmter Einkommensgrenzen
Beihilfe. Dies entspricht der früheren Berücksichtigungsfähigkeit entsprechend § 3
HBeihVO. Ob Witwen oder Witwer solcher Arbeitnehmer beihilfeberechtigt sind,
welche als Beschäftigte versterben, ist unklar. Leistungen an Angehörige
ehemaliger Beschäftigter werden nach § 4 Abs. 2 BV Beihilfe 2005 nicht mehr
erbracht, d.h. diese Personen sind – anders als nach dem Regelungskonzept der
auf der Hessischen Beihilfeverordnung fußenden BV Beihilfe 2000 – nicht mehr
berücksichtigungsfähig. Eigene Beihilfeansprüche von Witwen und Witwern
ehemaliger Beschäftigter werden völlig ausgeschlossen.
Der Kläger hat das in der Bekanntmachung der neuen Beihilferegelung durch die
BV Beihilfe 2005 liegende Angebot der Beklagten auf inhaltliche Änderung der ihm
zugesagten Beihilfe nicht angenommen. Er war nach dem vorstehend
Ausgeführten auch nicht aufgrund der Jeweiligkeitsklausel verpflichtet, eine solche
Änderung zu akzeptieren. Erwartet werden durfte nur ein Einverständnis mit
solchen Änderungen, die auch für aktive Beschäftigte gelten.
bb)
Nimmt man entgegen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an, dass
eine Betriebsvereinbarung auch wirksame Regelungen für bereits ausgeschiedene
Arbeitnehmer treffen kann, so gilt die Zeitkollisionsregel: Eine neue
Betriebsvereinbarung löst eine ältere auch dann ab, wenn die neue Regelung für
die Arbeitnehmer ungünstiger ist
. Das Ablösungsprinzip ermöglicht jedoch nicht jeden Eingriff.
Höherrangiges Recht darf nicht verletzt werden. Bei Eingriffen in Besitzstände sind
die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zu beachten
.
Auch nach diesem Maßstab begegnet die BV Beihilfe 2005 rechtlichen Bedenken.
Nach dem die Pensionäre betreffenden Inhalt der BV Beihilfe 2005 entfällt
erstmalig und übergangslos die Berücksichtigungsfähigkeit von Angehörigen.
Darüber hinaus ist auch die eigene Beihilfeberechtigung von Hinterbliebenen
gestrichen worden. Bei unterstellter Notwendigkeit, die Beihilfeleistungen an die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beklagten anzupassen, würden schon bei
einheitlichen Änderungen für aktive und ausgeschiedene Arbeitnehmer die
Betriebsrentner stärker belastet. Beihilfeleistungen bilden einen nicht
unbedeutenden wirtschaftlichen Wert und beeinflussen auch die Entscheidung
eines Arbeitnehmers, ob und ggf. in welchem Umfang er eine private
Krankenzusatzversicherung abschließt. Für Betriebsrentner ist es schwieriger als
für aktive Arbeitnehmer, Lücken im Krankenversicherungsschutz zu schließen.
Durch die BV Beihilfe 2005 wird die aus Altersgründen ohnehin schon stärkere
Belastung von Betriebsrentnern gegenüber den aktiven Arbeitnehmern nochmals
verstärkt.
Offen bleiben kann, ob die Berechnung der Beklagten zutreffend ist, dass die
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Offen bleiben kann, ob die Berechnung der Beklagten zutreffend ist, dass die
Kürzung der Beihilfesätze die Rentner wegen ihres verhältnismäßig höheren
Nettoeinkommens nicht belastet.
Bereits der Wegfall der Berücksichtigungsfähigkeit von Angehörigen, für welche
bisher Beihilfe geleistet wurde, stellt einen erheblichen Einschnitt dar. Schließlich
mussten die Betriebsrentner der Beklagten nach dem Inhalt der bisherigen
Betriebsvereinbarungen auch nicht damit rechnen, dass ihre Beihilfeansprüche
unter das Niveau der aktiven Beschäftigten sinken würden. Anders als in dem vom
Bundesarbeitsgericht am 12. Dezember 2006
entschiedenen Fall enthielten die vorhergehenden
Betriebsvereinbarungen "Beihilfe" keinen Freiwilligkeitsvorbehalt. Die Grundsätze
des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit sind bei der hier
vorgenommenen hypothetischen Prüfung verletzt.
b)
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Wiesbaden war auf die Berufung des Klägers
insoweit aufzuheben, als dieses davon ausgegangen ist, der Kläger könne einen
Anspruch nicht mehr auf die BV Beihilfe 2000 stützen. Da zu Lasten des Klägers
weder bei Annahme eines umgewandelten Individualanspruchs noch bei
hypothetischer kollektivrechtlicher Regelungsbefugnis eine Änderung der
Beihilfezusage durch die BV Beihilfe 2005 erfolgen konnte, hat diese für ihn keine
Geltung erworben. Danach gilt die bisher nicht abgeänderte Regelung fort, dies ist
die BV Beihilfe 2000.
Eine Änderung dieses Beihilfeanspruchs durch eine modifizierte
Betriebsvereinbarung, beschränkt auf die Anlagen 1 und 2 der BV Beihilfe 2005,
war nicht möglich.
Geht man mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, dass der
schuldrechtliche Anspruch des Arbeitnehmers mit dem Vorbehalt einer späteren
Änderung entsprechend den kollektivrechtlichen Regelungen für die aktive
Belegschaft belastet ist, so kann daraus nicht geschlossen werden, dass der
Vorbehalt sich bei einem nicht zumutbaren Änderungsangebot gewissermaßen
automatisch auf die Änderungen beschränkt, die auch für die aktiven
Arbeitnehmer gelten sollen. Eine derartige Auslegung der Willenserklärung würde
voraussetzen, dass die Beklagte, wenn sie die Beihilfeberechtigung ihrer
Pensionäre nicht wie durch die Anlage 3 der BV Beihilfe 2005 vorgesehen regeln
konnte, zumindest nach den Bestimmungen für aktive Arbeitnehmer ändern
wollte. Dies kann nicht unterstellt werden.
Die Beklagte hat in der Verhandlung am 06. Juni 2007 betont, dass die Summe
sämtlicher Beihilfeaufwendungen begrenzt werden müsse und die mit der BV
Beihilfe 2005 vorgenommene Unterscheidung zwischen aktiven und bereits
ausgeschiedenen Arbeitnehmern als verhältnismäßig angesehen werde. Es kann
deshalb nicht angenommen werden, dass die Beklagte an der mit dem Betriebsrat
ausgehandelten Lösung insgesamt auch unter Einschluss der Betriebsrentner
festhalten will, wenn diese und ihre Angehörigen die selben Leistungen erhalten
müssen wie die aktiven Beschäftigten. Die BV Beihilfe 2005 ist nicht als
Änderungsangebot an die Betriebsrentner auslegbar, dass diese Leistungen nach
den Anlagen 1 und 2 erhalten sollen.
Unterstellt man eine Regelungsbefugnis der Betriebspartner in Bezug auf
Beihilfeansprüche ausgeschiedener Arbeitnehmer, wäre von einer teilunwirksamen
Betriebsvereinbarung auszugehen. Die Teilunwirksamkeit einer
Betriebsvereinbarung hat die Unwirksamkeit aller Regelungen zur Folge, wenn der
verbleibende Teil ohne die unwirksamen Bestimmungen keine sinnvolle und in sich
geschlossene Regelung enthält
. Ob dies für die Regelungen der Betriebsvereinbarung, welche
die aktiven Arbeitnehmer betreffend zutrifft, kann dahinstehen. Eine ergänzende
Auslegung der Betriebsvereinbarung mit Wirkung für die Betriebsrentner scheidet
jedoch aus. Eine solche Regelung ist unter der Prämisse, dass den
Betriebspartnern insoweit Regelungskompetenz zusteht, diesen zu überlassen.
III.
Die Anschlussberufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Gewährung einer
9-Uhr-Fahrkarte ist nur teilweise erfolgreich.
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Die Entscheidung des Arbeitsgerichts war insoweit abzuändern, als die Beklagte
auf den Hauptantrag verurteilt worden ist, eine Fahrkarte nach den Bestimmungen
der Betriebsvereinbarung "Freifahrt für Beschäftigte und Rentner" vom 18.
Dezember 2002 (BV Freifahrt) zur Verfügung zu stellen.
Eine solche Fahrkarte kann nicht mehr ausgegeben werden. Die Beklagte hat
unbestritten vorgetragen, dass sie die von der BV Freifahrt vorgesehenen
Fahrkarten nach der Intervention des Regierungspräsidiums G von der C
Verkehrsgesellschaft mbH nicht mehr erhält.
Die Beklagte ist jedoch verpflichtet, dem Kläger die Kosten eines für jedermann
erhältlichen 9-Uhr-Tickets – entsprechend dem Klageantrag bezogen auf das Jahr
2006 – zu erstatten. Dem Hilfsantrag war in Höhe der tatsächlichen Kosten einer
solchen Fahrkarte stattzugeben.
Der Anspruch des Klägers auf Fahrtkostenerstattung beruht auf einer
Versorgungszusage, welche als Gesamtzusage erteilt wurde und die nach
Ausgliederung der C Verkehrsgesellschaft mbH wegen Wegfalls der
Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB anzupassen war.
1.
Dem Kläger stand bei seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zu den
Stadtwerken B AG zum 31. Dezember 1994 ein Anspruch auf kostenlose Nutzung
aller Busse in dem von seiner Arbeitgeberin betriebenen öffentlichen Nahverkehr
zu. Dies ist durch die Ausscheidensvereinbarung vom 12. April 1994 unter § 3
ausdrücklich geregelt worden (vgl. Anlage K 1 zur Klageschrift, Bl. 6 d.A.).
a)
Bei der Freifahrtberechtigung handelt es sich um eine Leistung der betrieblichen
Altersversorgung gem. § 1 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BetrAVG in Form einer
Nutzungsleistung.
Leistungen der betrieblichen Altersversorgung können auch in Sach- und
Nutzungsleistungen bestehen. Es spielt keine Rolle, ob sie – in gleichem oder
abweichendem Umfang – schon während der Aktivitätszeit erbracht und während
dieser Zeit Lohnbestandteil sind
.
Die trotz Übergangs in die Rente zustehende Freifahrtberechtigung ist zum
Zwecke der Versorgung versprochen worden. Arbeitnehmer, die aus dem Dienst
der B Stadtwerke AG in den Ruhestand wechselten, erhielten statt des bisherigen
Dienstausweises eine sog. "Tank- und Fahrkarte" als Zeichen ihrer Berechtigung
der kostenlosen Nutzung der Busse. Diese Leistung erfolgte auch aus Anlass des
Arbeitsverhältnisses. Der Anspruch wurde durch den Beginn der Rente ausgelöst.
Die Einordnung einer solchen Leistung als betriebliche Altersversorgung hängt
nicht davon ab, dass der Arbeitgeber die Zusage nur für den Fall abgeben will,
dass der Arbeitnehmer unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis in die Rente
wechselt und nicht als sog. Versorgungsempfänger ausscheidet. Dient die
Leistung Versorgungszwecken, ist die Frage der etwaigen Unverfallbarkeit bei
vorzeitigem Ausscheiden Rechtsfolge und nicht Tatbestandsvoraussetzung
.
b)
Die Versorgungszusage beruht nach dem übereinstimmenden Vortrag der
Parteien auf einer mündlichen Gesamtzusage. Die B Stadtwerke AG hat ihren
Arbeitnehmern durch inhaltlich gleich lautende Zusagen erklärt, dass diese im Fall
ihres Wechsels aus dem aktiven Berufsleben in die Altersrente weiterhin zur
kostenlosen Benutzung der vom Arbeitgeber betriebenen Busse berechtigt seien.
Als Zeichen dieser Befugnis wurden den Betriebsrentnern der Tank- und
Fahrausweis ausgestellt.
c)
Versorgungsverpflichtete ist die Beklagte.
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Die Versorgungsverbindlichkeit ist anlässlich der Ausgliederung der
Verkehrsbetriebe als C Verkehrsgesellschaft mbH durch den notariellen
Ausgliederungs- und Übernahmevertrag vom 29. August 2000 (Anlage zum
Schriftsatz der Beklagten vom 04.06.2007, Bl. 281 - 285 der Leitakte 18 Sa
1929/06) nicht auf diese übertragen worden. Nach dem oben unter II. 2. a)
Ausgeführten ist Hauptschuldner die Beklagte.
2.
Die Freifahrtberechtigung war trotz ihrer Qualifizierung als Leistung der
betrieblichen Altersvorsorge und ihrer Rechtsgrundlage in einer Gesamtzusage als
vertraglichem Anspruch grundsätzlich abänderbar. Die mit der
Betriebsvereinbarung vom 16. Dezember 2005 über einen Fahrtkostenzuschuss
(BV Fahrkostenzuschuss) getroffenen Bestimmungen haben den Anspruch des
Klägers jedoch nicht wirksam neu geregelt. Vielmehr kann der Kläger verlangen
wirtschaftlich so gestellt zu werden, als sei die BV Freifahrt vom 18. Dezember
2002 noch für ihn maßgeblich.
a)
Von einem Arbeitgeber gewährte Nutzungsberechtigungen stehen grundsätzlich
unter dem Vorbehalt ihrer Beschränkung oder Aufgabe.
Überlässt ein Arbeitgeber aktiven Beschäftigten wie Betriebsrentnern selbst
hergestellte Produkte oder eigene Dienstleistungen kostenfrei oder gegen
Vorzugspreise, ist dies meist mit der Vorstellung verbunden, dass die Leistung nur
so lange erbracht wird, wie der Arbeitgeber sie ohne oder nur mit geringem
Kostenaufwand anbieten kann. Dies führt zu dem in der Regel nicht ausdrücklich
formulierten Vorbehalt, dass die Leistung eingestellt werden kann, wenn sie zu
marktüblichen Preisen bei Dritten eingekauft werden müsste
.
Ob dabei Betriebsrentner weitergehend als aktive Arbeitnehmer vor einer
Leistungseinstellung geschützt werden müssen, braucht in diesem Rechtsstreit
nicht entschieden zu werden.
b)
Die Beklagte hat nämlich Ende 2002 die Ausgliederung der C Verkehrsgesellschaft
mbh mehr als ein Jahr nach der rückwirkend im Jahr 2000 erfolgten Abspaltung im
Verhältnis zu den Betriebsrentnern nur genutzt, um die durch die Fahr- und
Tankkarte dokumentierte Freifahrtberechtigung durch eine kostenfrei zur
Verfügung gestellte Fahrkarte zu ersetzen.
An diese durch die BV Freifahrt vom 18. Dezember 2002 geregelte Zusage ist sie
gegenüber dem Kläger gebunden.
aa)
Es kann ausdrücklich offen bleiben, ob die Beklagte bei Voraussehbarkeit des
Wegfalls der Möglichkeit zur kostenlosen Busbeförderung, wegen der nicht
erfolgten Regelung der Freifahrtberechtigung der Pensionäre im Ausgliederungs-
und Übernahmevertrag vom 29. August 2000 und angesichts der durch § 6 Abs. 6
der Betriebsvereinbarung Umstrukturierungsprozesse vom 28. Juli 2001
getroffenen Regelung, dass Sozialleistungen erhalten bleiben (vgl. Kopie als
Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 28.03.2006, Bl. 36 d.A.), berechtigt
gewesen wäre, die Freifahrtberechtigung mit Wirksamwerden der Ausgliederung
sofort und ersatzlos aufzuheben.
bb)
Der Anspruch des Klägers auf kostenlose Beförderung innerhalb des Tarifgebiets
65 A hat sich mit Wirkung ab 01. Januar 2003 verändert. Er konnte nur noch die
Beförderung beanspruchen, die nach den Bedingungen eines 9-Uhr-Tickets
zulässig ist.
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Die BV Freifahrt hat für die Betriebsrentner allerdings keine unmittelbare Wirkung
gem. § 77 Abs. 3 BetrVG erlangt. Zum einen fehlt es nach herrschender Meinung
an einer Regelungskompetenz der Betriebspartner für bereits ausgeschiedene
Arbeitnehmer (vgl. oben unter II. 3. a). Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass
die vertraglichen Ansprüche der Rentner erstmals überhaupt durch eine
Betriebsvereinbarung mit Wirkung ab dem 01. Januar 2003 geregelt werden
sollten. Die von der Beklagten angeführten Gründe zur Wirksamkeit einer
ablösenden Betriebsvereinbarung bei kollektivem Günstigkeitsvergleich
treffen die Problematik nicht.
Entscheidend ist, dass der Kläger die in der BV Freifahrt niedergelegten
Bedingungen zur kostenlosen Nutzung der Busse akzeptiert hat.
Bis 31. Oktober 2002 musste die Beklagte – bis auf den Verwaltungsaufwand – die
Kosten der Freifahrtberechtigung ihrer Arbeitnehmer und Pensionäre nicht tragen.
Die BV Freifahrt regelte zum ersten Mal die Anspruchsvoraussetzungen, nachdem
die Beklagte die Beförderungsleistung, wenn auch zu Vorzugsbedingungen, selbst
erwerben musste. Sie wurde notwendig, weil die C Verkehrsgesellschaft mbh nicht
mehr bereit war, die ihr bei der Ausgliederung nicht zugewiesenen Betriebsrentner
und die Beschäftigten der Beklagten kostenlos zu befördern.
Die Beklagte hat, nachdem sie die Freifahrtberechtigung ihrer aktiven und
ausgeschiedenen Arbeitnehmer finanzieren musste, in Bezug auf die Pensionäre
eine kostengünstige und vernünftige Lösung gewählt, indem sie dieser
Personengruppe ein sog. 9-Uhr-Ticket angeboten hat. Ein 9-Uhr-Ticket ist
gegenüber einer unbeschränkten Fahrtberechtigung kostengünstiger. Die
Einsparung, die dadurch erzielt werden konnte, dass den Rentnern nur ein zeitlich
beschränkter Fahrausweis zur Verfügung gestellt wurde, war erheblich und liegt,
gemessen an den Preisen für 2006, bei etwa 20%. Bei pauschalierter
Betrachtungsweise durfte man davon ausgehen, dass für eine nicht mehr
berufstätige Person selten die zwingende Notwendigkeit besteht, vor 9.00 Uhr
öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Diese im Einzelfall bestehende Beschränkung
wurde durch die mit der eingeschränkten Fahrkarte erzielte Einsparung
gerechtfertigt.
Der Kläger hat das ihm gemachte Angebot zur kostenfreien Nutzung der Busse
auch ab dem 01. Januar 2003 akzeptiert. Dieses Angebot wurde ihm durch die
Mitteilung der durch die BV Fahrkarte für Rentner getroffenen Regelung gemacht.
Die Annahme lag in der Entgegennahme der Fahrkarte. Die Parteien haben eine
an § 313 Abs. 1 BGB orientierte Lösung der Weitergewährung der
Nutzungsmöglichkeit gefunden.
c)
Entgegen der Ansicht der Beklagten muss der Kläger jedoch keine weitere
Änderung seiner Nutzungsberechtigung durch Zahlung eines Eigenanteils
hinnehmen, wie durch die BV Fahrtkostenzuschuss mit Wirkung ab 1. Januar 2006
vorgesehen.
Wie ausgeführt, fehlt es den Betriebsparteien nach herrschender Meinung an der
Befugnis, durch eine Betriebsvereinbarung Rechte und Pflichten solcher Personen
zu begründen oder zu modifizieren, die bereits aus dem aktiven Arbeitsverhältnis
ausgeschieden sind (siehe oben unter II. 3. a)).
Selbst wenn man dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat eine solche
Regelungskompetenz einräumt
müsste als Weiteres geprüft werden, ob und ggf. in
welchem Umfang Leistungskürzungen vorgesehen werden dürften. Auch danach
wäre die BV Fahrtkostenzuschuss hinsichtlich der Regelung für Betriebsrentner
unwirksam. Dem Kläger ist eine Eigenbeteiligung nicht zuzumuten, da sie seine
Versorgungszusage verschlechtert und er gegenüber den aktiven Arbeitnehmern
schlechter gestellt würde.
Der Kläger hatte sich, nachdem der Beklagten die Beförderungsmöglichkeit von
der C Verkehrsgesellschaft mbh nicht mehr völlig kostenfrei zur Verfügung gestellt
wurde, auf eine Lösung eingelassen, durch die ihm eine Sonderfahrkarte kostenlos
als Ersatz angeboten wurde. Hierbei hat er eine geringfügige Einschränkung
hinsichtlich der Nutzungszeiten akzeptiert.
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Nachdem mit Beginn des 01. Januar 2006 die C Verkehrsgesellschaft mbh der
Beklagten keine Fahrkarten zum Sonderpreis mehr verkaufte, ergab sich die
Notwendigkeit einer neuen Regelung. Entsprechend § 313 Abs. 1 BGB hatten der
Kläger und die Beklagte (bei schuldrechtlicher Betrachtungsweise) bzw. die
Beklagte und der bei ihr gebildete Betriebsrat (bei kollektivrechtlicher Betrachtung)
eine Neuregelung zu finden.
Diese wäre für den Kläger und andere Ruheständler kostenneutral, wenn ihm statt
der 9-Uhr-Sonderfahrkarte die Kosten für einen derartigen Fahrschein des
Tarifgebiets ersetzt würden. Eine Beteiligung an den Kosten einer solchen
Fahrkarte in Höhe von ca. 30% entspricht dagegen nicht mehr der
Versorgungszusage auf eine kostenlose Beförderungsmöglichkeit. Die
Verschlechterung ist deshalb unzumutbar, weil sie nur den Betriebsrentnern
zugemutet wird, nicht aber den bis zum 31.12.2005 beschäftigten Arbeitnehmern
der Beklagten. Diese erhalten den vollen Preis einer zeitlich unbeschränkt
geltenden Fahrkarte ersetzt, obwohl die Beklagte seit dem Jahr 2000 den
Busverkehr im Verkehrsverbund F-B nicht mehr selbst betreibt.
Der Kläger muss sich mit einer derartigen Verschlechterung seiner
Versorgungszusage nicht einverstanden erklären. Geht man also entgegen der
bisherigen Rechtsprechung davon aus, dass eine Abänderung der
Versorgungszusage durch Betriebsvereinbarung möglich wäre, so wäre der Eingriff
wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unwirksam.
3.
Die Beklagte ist auf den Hilfsantrag zur Erstattung von € 465,60 zu verurteilen,
Zug um Zug (§ 274 Abs. 1 BGB) gegen Vorlage einer auf den Kläger lautenden
Quittung über den Erwerb einer 9-Uhr-Jahresfahrkarte für das Tarifgebiet 65 A. Die
Parteien haben in der Verhandlung vom 06. Juni 2007 unstreitig gestellt, dass der
Preis eines 9-Uhr-Jahrestickets im Jahr 2006 € 465,50 betrug und nicht € 577,70,
wie vom Kläger im Hilfsantrag angegeben. € 577,70 war der Preis eines zeitlich
uneingeschränkt nutzbaren Jahresfahrscheins. In dem Umfang, in dem der Kläger
irrtümlich mit dem Hilfsantrag einen über € 465,60 hinausgehenden Betrag
gefordert hat, war die Klage abzuweisen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und entspricht dem Verhältnis
von Verlieren und Obsiegen der Parteien, wobei der Klageantrag zu 1., dem
Arbeitsgericht Wiesbaden folgend, mit dem Wert einer Jahresfahrkarte angesetzt
wurde, wobei auf Haupt- und Hilfsantrag je die Hälfte entfallen.
Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Die Fragen der
Abänderbarkeit von Beihilfezusagen an Betriebsrentner sowie von
Versorgungszusage auf Nutzungsberechtigung haben grundsätzliche Bedeutung.
Weitere Verfahren ehemaliger Arbeitnehmer der Beklagten sind beim
Arbeitsgericht Wiesbaden ausgesetzt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.