Urteil des LAG Hessen vom 12.07.2005

LAG Frankfurt: bäckerei, brot, hessen, tarifvertrag, arbeitsgericht, belastung, gewerkschaft, arbeitsorganisation, nahrung, arbeitsbedingungen

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
4. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 Sa 138/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 TVG, § 4 Abs 1 TVG, § 4
Abs 5 TVG
(Eingruppierung - Anwendbarkeit eines Tarifvertrags -
Inbezugnahme - Gleichstellungsabrede - Tarifkonkurrenz -
Nachwirkung)
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2004 – 1/7/1 Ca 10886/03 – wird
auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers seit dem 01.
April 2003.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 14. Juni 1993 als gewerblicher
Arbeitnehmer beschäftigt. Grundlage ist der schriftliche Arbeitsvertrag der
Parteien vom 14. Juni 1993 (Ablichtung Bl. 88/88R d. A.). Ziffer 1 Abs. 2 des
Arbeitsvertrages lautet:
"Dem Arbeitsverhältnis liegen die jeweils gültigen Tarifverträge der Brot- und
Backwarenindustrie zugrunde."
In Ziffer 13 Abs. 1 des Arbeitsvertrages ist bestimmt:
"Soweit in diesem Vertrag keine besonderen Vereinbarungen getroffen werden,
gelten gesetzliche und die jeweils gültigen tarifvertraglichen Vorschriften sowie die
betrieblichen Vereinbarungen und Anweisungen."
Der Kläger ist seit Beginn des Arbeitsverhältnisses in der Shop-Bäckerei eingesetzt
und wird nach Lohngruppe 6 des jeweils gültigen Lohn- und Gehaltstarifvertrages
der hessischen Brot- und Backwarenindustrie vergütet.
§ 3 der einschlägigen Lohn- und Gehaltstarifverträge für die Brot- und
Backwarenindustrie Hessen, abgeschlossen jeweils zwischen dem Verband
deutscher Großbäckereien e. V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-
Gaststätten, Landesbezirk Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar, sahen und sehen
Tariflöhne gestaffelt nach sechs Lohngruppen wie folgt vor:
"Lohngruppe
"
§ 5 Ziff. 2 Abs. 3 des Manteltarifvertrages für die hessische Brotindustrie vom 04.
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§ 5 Ziff. 2 Abs. 3 des Manteltarifvertrages für die hessische Brotindustrie vom 04.
Dezember 1996 lautet:
"Übt ein Arbeitnehmer mehrere Tätigkeiten aus, so wird er in die Tarifgruppe
eingestuft, die seiner überwiegenden Tätigkeit entspricht."
Mit Datum vom 14. Juli 2000 trafen die Beklagte und die Gewerkschaft Nahrung-
Genuss-Gaststätten, Landesbezirk Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar, eine
"Ergänzungsvereinbarung zu § 3 (Lohngruppe 6) des Lohn-/Gehaltstarifvertrages
Brotindustrie – Hessen – in der jeweils gültigen Fassung", wonach sie
"nachstehende Protokollnotiz" zum genannten Lohn- und Gehaltstarifvertrag
abschlossen. Wegen des vollständigen Wortlauts dieser Ergänzungsvereinbarung
nebst Anlagen wird auf die Ablichtung (Bl. 43 – 48 d. A.) Bezug genommen. Sie
lautet auszugsweise:
"§ 1 Geltungsbereich
a) räumlich: für die Betriebsstätte X, Y-Str.
b) fachlich und persönlich: für alle Arbeitnehmer des o. g. Betriebes (die
Mitglied der Gewerkschaft NGG im DGB sind)x.
1. Die Vertragsparteien sind übereinstimmend der Auffassung, dass aufgrund
der Arbeitsorganisation in der Produktion eine differenziertere Beschreibung der
Tätigkeiten aller gewerblicher Arbeitnehmer sinnvoll ist. Insbesondere ist eine
differenzierte Beschreibung der Tätigkeiten, die der Lohngruppe 6 zuzuordnen
sind, notwendig.
2. Die beschriebenen Tätigkeiten werden nach den Kriterien Belastungen,
Fähigkeiten/Fertigkeiten und Verantwortung gewichtet.
...
Sind die Kriterien ... erfüllt, wird ein jeweils 2 %iger Zuschlag, ausgehend von
der Tariflohngruppe 6, gewährt. Für die Kriterien ... kann ein 1 %iger Zuschlag,
ausgehend von der Tariflohngruppe 6, gewährt werden.
3. Tätigkeitsbeschreibungen und Gewichtungen entsprechend der aufgeführten
Kriterien ergeben sich aus den Anlagen 1 – 4 dieser Vereinbarung. Die Anlagen 1 –
4 sind Vertragsbestandteil.
...
5. Die Einstellung der Arbeitnehmer, soweit sie nicht nach Art und Zuordnung
den Bewertungsgruppen 1 – 5 einzustellen sind, erfolgt in die Lohngruppe 6.
...
8. Aus Anlaß des Inkrafttretens dieser Protokollnotiz dürfen bessere Lohn- und
Arbeitsbedingungen nicht verschlechtert werden.
9. Diese Protokollnotiz tritt zum 01.08.2000 in Kraft. Sie kann mit einer
Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsschluß gekündigt werden, erstmals
zum 31.12.2001.
Sie endet ohne Nachwirkung zu dem Zeitpunkt, wenn durch Tarifregelung die
Differenz zwischen der Lohngruppe 5 und 6 des oben genannten Tarifvertrages
verändert wird. Beide Parteien verpflichten sich für diesen Fall unverzüglich eine
neue Ergänzungsvereinbarung zu vereinbaren."
In der Anlage "Shop-Bäckerei" zu der Ergänzungsvereinbarung sind die sich aus
der Ablichtung (Bl. 45 d. A.) ergebenden Tätigkeiten aufgeführt und unter dem
Kriterium "Belastung" mit Gewichtungsfaktoren von 2 oder 3 versehen. Im
streitgegenständlichen Zeitraum seit dem 01. April 2003 hat der Kläger
ausschließlich Tätigkeiten ausgeführt, welche in dieser Anlage aufgeführt sind.
Die Beklagte war und ist während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses
Mitglied des tarifvertragschließenden Verbandes deutscher Großbäckereien e. V.
gewesen. Der Kläger war und ist nicht tarifgebunden.
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Er hat für die Zeit ab 01. April 2003 seine Eingruppierung in die Lohngruppe 5
begehrt und die Ansicht vertreten, er übe überwiegend "schwere Arbeit" im Sinne
der Tätigkeitsbeschreibung dieser Lohngruppe aus. Der Kläger hat behauptet, er
arbeite seit April 2003 zu etwa 25 % als Abschütter, zu etwa 20 % an der R-anlage
als Absetzer und Abnehmer, zu etwa 15 % in der F-halle , zu etwa 10 % an der
Anlage 1 als Abnehmer, zu etwa 10 % an der Anlage 2 als Abnehmer und zu etwa
20 % als Springer in allen Bereichen der Shop-Bäckerei. Wegen des konkreten
Vortrages des Klägers zum Inhalt dieser von ihm ausgeübten Tätigkeiten,
insbesondere Anzahl und Größe der dabei von ihm zu bewegenden Gewichte, von
ihm einzunehmender Körperhaltungen und weiterer Belastungsfaktoren, wie
beispielsweise Temperaturunterschieden, wird auf die Klageschrift, dort unter 1.12,
1.2 und 1.21 (Bl. 5 d. A.), unter 1.23 (Bl. 6/7 d. A.), unter 1.24 (Bl. 7 d. A.), unter
2.5 und 2.6 (Bl. 8 d. A.) und unter 3.5 und 3.6 (Bl. 9 d. A.), die Anlage K 1, dort
unter 2. (Bl. 22/23 d. A.), unter 3. (Bl. 23/24 d. A.), unter 6. (Bl. 25/26 d. A.), unter
11. (Bl. 28 – 30 d. A.) und unter 14. (Bl. 31 – 33 d. A.) sowie die Ergänzungen im
Schriftsatz vom 16. Juni 2004, dort Seite 2 – 4 (Bl. 121 – 123 d. A.) und in der
Anlage K1 A (Bl. 127 – 138 d. A.) verwiesen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass er ab April 2003 in die Lohngruppe 5 des Lohn- und
Gehaltstarifvertrages der hessischen Brotindustrie vom 30. Juli 2002
einzugruppieren sei.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, alle in der Shop-Bäckerei ausgeübten Tätigkeiten nach
Lohngruppe 6 seien in dem Ergänzungstarifvertrag vom 14. Juli 2000 aufgeführt.
Da der Kläger ausschließlich solche Arbeiten verrichte, komme seine
Eingruppierung in Lohngruppe 5 nicht in Betracht. Der Kläger werde wie alle
anderen nach Lohngruppe 6 vergüteten Mitarbeiter flexibel mit allen in der Shop-
Bäckerei anfallenden einfachen Tätigkeiten für ungelernte Hilfskräfte eingesetzt.
Eine Springertätigkeit sei dies nicht. Nach Lohngruppe 5 seien Mitarbeiter zu
bezahlen, die aufgrund ihrer langjährigen Mitarbeit eigentlich die gleiche
Qualifikation wie ein ausgelernter Bäcker mitbrächten. Die körperliche Belastung
spiele bei dieser Lohngruppe keine Rolle. Im Übrigen berücksichtige die
Ergänzungsvereinbarung die körperliche Belastung.
Die Beklagte hat behauptet, nach zutreffender Terminologie handele es sich bei
dem von dem Kläger als sog. "Absetzen" an der R-anlage bezeichneten Tätigkeit
um die Tätigkeit des sog. "Belegens" und "Abnehmens". Wegen des Vortrages der
Beklagten im Einzelnen zu dem Inhalt der von dem Kläger ausgeübten Tätigkeiten
wird auf den Schriftsatz vom 31. März 2004 (Bl. 60 – 87 d. A.) nebst Anlage B1 (Bl.
90 – 112 d. A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung im
Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch, nach der Lohngruppe
5 vergütet zu werden. Es könne dahinstehen, ob die von ihm seit dem 01. April
2003 ausgeübten Tätigkeiten wegen der damit verbundenen körperlichen
Belastung den Merkmalen dieser Lohngruppe entsprächen. Seine in der Shop-
Bäckerei verrichteten Tätigkeiten entsprächen jedenfalls den spezielleren
Tarifmerkmalen der Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000, die deshalb über
die einzelvertragliche Inbezugnahme vorrangig auf das Arbeitsverhältnis der
Parteien einwirkten. Mit den in der Ergänzungsvereinbarung aufgestellten
Tätigkeiten hätten die Parteien dieser Ergänzungsvereinbarung diese Tätigkeiten
für den Betrieb der Beklagten der Lohngruppe 6 zugeordnet und den im Lohn- und
Gehaltstarifvertrag erwähnten Tätigkeiten gleichgestellt. Die weiteren
Differenzierungen in der Ergänzungsvereinbarung u. a. nach dem Kriterium der
Belastung führten lediglich zu einer Zuschlagspflichtigkeit innerhalb der
Lohngruppe 6 und erlaubten keine Eingruppierung in die Lohngruppe 5. Dabei
handele es sich auch nicht um eine Umgehung der Lohngruppe 5, sondern den
Tarifvertragsparteien stehe es frei, über ergänzende Haustarifverträge den
Bedürfnissen der an dem Haustarifabschluss Beteiligten besser gerecht werdende
Vereinbarungen abzuschließen. Die Ergänzungsvereinbarung wolle auch nicht
lediglich solche Tätigkeiten, die ohnehin der Lohngruppe 6 zuzuordnen seien,
lediglich mit Zuschlägen versehen, diese aber nicht ihrerseits der Lohngruppe 6
zuordnen. Den Tarifvertragsparteien sei es erklärtermaßen darauf angekommen,
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zuordnen. Den Tarifvertragsparteien sei es erklärtermaßen darauf angekommen,
die im Betrieb der Beklagten vielfältiger auftretenden Arbeitsvorgänge auch
eingruppierungsmäßig zu erfassen.
Gegen dieses ihm am 27. Dezember 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am
25. Januar 2005 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenem
Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 22. Februar 2005 bei dem
Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Kläger wendet sich gegen die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, wonach
die Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 ihm den Zugang zu Lohngruppe 5
des Lohntarifvertrages der Brotindustrie Hessen versperre. Er trägt vor, es sei
nicht Sinn und Zweck der Ergänzungsvereinbarung gewesen, den
Anwendungsbereich der Lohngruppe 6 zu Lasten der Lohngruppe 5 zu erweitern.
Die Vertragsparteien seien sich bei Abschluss der Vereinbarung einig gewesen,
dass die Ergänzungsvereinbarung so zu lesen sei, dass zunächst an Hand der
allgemeinen Merkmale der Lohngruppen 5 und 6 und der Tätigkeitsbeispiele in der
Lohngruppe 6 zu prüfen sei, ob eine Tätigkeit in die Lohngruppe 5 oder die
Lohngruppe 6 gehöre. Erst wenn diese Überprüfung eine Zuordnung als einfach,
leicht im Sinne der Lohngruppe 6 ergäbe, sei die Ergänzungsvereinbarung
anzuwenden. Die Überschrift als "Ergänzungsvereinbarung" zeige bereits, dass
man nicht die bisherige tarifliche Einteilung der Lohngruppen ändern, sondern
lediglich habe ergänzen wollen. In Ziffer 1 der Ergänzungsvereinbarung stehe
nochmals, dass die Ergänzungsvereinbarung eine differenzierte Beschreibung der
Tätigkeiten enthalte, die der Lohngruppe 6 zuzuordnen seien. Ziffer 5 der
Vereinbarung lege nochmals fest, dass nur Arbeitnehmer, bei denen sich nach Art
und Zuordnung der Lohngruppen 1 bis 5 keine Eingruppierung ergebe, in die
Lohngruppe 6 eingruppiert würden. Nach der Besitzstandswahrungsklausel in Ziffer
8 müsse hier die Lohngruppe 5 des Lohn- und Gehaltstarifvertrages als bessere
Lohnbedingung angesehen werden, welche immer noch in Kraft sei. Die
Ergänzungsvereinbarung führe zudem nur die Einzeltätigkeiten als kleinste
Einheiten, nicht jedoch die Kombination von verschiedenen Einzeltätigkeiten auf,
was das Arbeitsgericht nicht beachtet habe. Die Ergänzungsvereinbarung sei
dahingehend auszulegen, dass es keine Sperre zur Lohngruppe 5 für diejenigen
Arbeitnehmer gebe, die verschiedene Kombinationen der Tätigkeiten laut
Ergänzungsvereinbarung ausübten. Es handele sich um eine summarische und
nicht um eine analytische Arbeitsbewertung. Deshalb sei es auch durchaus
möglich, gleich lautende Tätigkeiten in verschiedene Lohngruppen einzuordnen.
Bei der Beklagten würden weit über die Hälfte der Mitarbeiter in der Shop-Bäckerei
nach Lohngruppe 6 bezahlt werden, bei den anderen Großbäckereien seien dies
stets unter 10 %.
Zudem habe die Beklagte, was zwischen den Parteien unstreitig ist, die
Ergänzungsvereinbarung zum 30. September 2003 gekündigt. Der Kläger trägt
hierzu vor, die Beklagte habe mit diesem Zeitpunkt die Ergänzungsvereinbarung
aus der Dynamisierung herausgenommen und die linearen Erhöhungen gemäß
den neuen Lohntarifverträgen vom 22. September 2003 und 11. Oktober 2004
nicht für die Zuschläge laut Ergänzungsvereinbarung berücksichtigt. Der Kläger ist
der Ansicht, dass damit unter Berücksichtigung von Ziffer 9 der
Ergänzungsvereinbarung eine Nachwirkung der Ergänzungsvereinbarung in Bezug
auf die Höhergruppierung von Lohngruppe 6 auf 5 mit Wirkung vom 01. Oktober
2003 entfalle, sodass seine Eingruppierung zumindest seit dieser Zeit in die
Lohngruppe 5 möglich sei, auch wenn man im Übrigen die Auffassung des
Arbeitsgerichts teilen sollte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2004 –
AZ.: 1/7/1 Ca 10886/03 abzuändern und festzustellen, dass er seit dem 01. April
2003 in die Lohngruppe 5 des Lohn- und Gehaltstarifvertrages der hessischen
Brotindustrie vom 30. Juli 2002 sowie der Folgelohn- und Gehaltstarifverträge der
hessischen Brotindustrie einzugruppieren sei.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zu Recht das Begehren des Klägers auf
Eingruppierung in die Lohngruppe 5 abgewiesen. Die Beklagte verteidigt das
angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen
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angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen
Vortrags. Selbst wenn der Kläger einen Anspruch auf Höhergruppierung haben
sollte, habe er diesen angesichts des Umstandes, dass er bei einer annähernd
zwölfjährigen unveränderten Beschäftigung immer die gleichen Tätigkeiten
ausgeübt habe und seine Eingruppierung in die Lohngruppe 6 akzeptiert habe,
jedenfalls verwirkt.
Sie hat im Termin zur mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz
angegeben, ihrer Einschätzung nach seien noch etwa 260 Arbeitnehmer in ihrem
Betrieb beschäftigt, welche ebenfalls Tätigkeiten ausübten, die in den Anlagen 1 –
4 zu der Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 aufgeführt seien und nach
Lohngruppe 6 vergütet würden. Mit diesen habe sie hinsichtlich der
Bezugnahmeklauseln gleich lautende Arbeitsverträge abgeschlossen.
Wegen des vollständigen Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf
die Schriftsätze vom 16. Februar 2005 (Bl. 184 – 187 d. A.) und vom 04. April 2005
(Bl. 194 – 200 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 12. Juli 2005 (Bl. 201/201R
d. A.) ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die nach dem Beschwerdewert gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 Buchstabe b) ArbGG
an sich statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 66
Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO) Berufung hat in der Sache keinen
Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Die Klage ist zwar nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts, welcher die Berufungskammer folgt, als sog.
Eingruppierungsfeststellungsklage auch in der Privatwirtschaft zulässig
. Zumindest für die Zukunft, auf die sich die Klage auch
erstreckt, kann der Kläger seine Ansprüche nicht beziffern und ist damit an der
Erhebung einer Leistungsklage gehindert
.
2. Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die
Beklagte auf Eingruppierung in Lohngruppe 5 der jeweils gültigen Lohn- und
Gehaltstarifverträge der hessischen Brot- und Backwarenindustrie ab 01. April
2003. Wie zwischen den Parteien unstreitig geworden ist, übt der Kläger auch seit
diesem Zeitpunkt ausschließlich Tätigkeiten aus, welche in der Anlage "Shop-
Bäckerei" der Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 aufgeführt sind. Diese
Ergänzungsvereinbarung findet auf das Arbeitsverhältnis des Klägers kraft
einzelvertraglicher Inbezugnahme Anwendung. Dies gilt auch, soweit die
Ergänzungsvereinbarung mit Wirkung ab 01. Oktober 2003 nur noch nachwirkt. Die
Ergänzungsvereinbarung nebst Anlagen ist, wie auch das Arbeitsgericht zutreffend
ausgeführt hat, dahingehend auszulegen, dass die Parteien der
Ergänzungsvereinbarung die in den Anlagen aufgeführten Tätigkeiten für den
Betrieb der Beklagten der Lohngruppe 6 der jeweils gültigen Lohn- und
Gehaltstarifverträge für die hessische Brot- und Backwarenindustrie zugeordnet
haben. Da diese – ergänzenden – Richtbeispiele nur dieser und nicht mehreren
Lohngruppen zugeordnet wurden, kommt eine Eingruppierung des Klägers allein
nach Lohngruppe 6, nicht nach Lohngruppe 5 in Betracht. Keiner Entscheidung
bedarf daher, ob der Kläger ohne entsprechende Zuordnung seiner Tätigkeiten zu
der Lohngruppe 6 nach den allgemeinen Lohngruppenmerkmalen "schwere
Tätigkeiten" im Sinne der Lohngruppe 5 ausüben würde.
a) Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers finden kraft einzelvertraglicher
Inbezugnahme nicht nur die Branchentarifverträge der hessischen Brot- und
Backwarenindustrie, sondern, soweit diese abweichende Regelungen enthält, auch
die Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 Anwendung. Die
Bezugnahmeklausel in Ziffer 1 des Arbeitsvertrages ist dahin auszulegen, dass mit
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Bezugnahmeklausel in Ziffer 1 des Arbeitsvertrages ist dahin auszulegen, dass mit
den jeweils gültigen Tarifverträgen der Brot- und Backwarenindustrie nicht nur
entsprechende Branchentarifverträge, sondern auch mögliche Haustarifverträge
Anwendung finden sollen. Eine Beschränkung lediglich auf eine Geltung der
Branchentarifverträge lässt sich aus der Formulierung "Tarifverträge der Brot- und
Backwarenindustrie" nicht entnehmen. Denn auch ein Haustarifvertrag ist in
seinem Geltungsbereich für die "Brot- und Backwarenindustrie" gültig. In Ziffer 13
des Arbeitsvertrages haben die Parteien dementsprechend auf die Geltung "der
jeweils gültigen tarifvertraglichen Vorschriften" abgestellt. Damit sind von den
Parteien auch mögliche Haustarifverträge in Bezug genommen. Der Umstand,
dass die Beklagte auch bei Abschluss des Arbeitsvertrages bereits tarifgebunden
war, stützt diese Auslegung. Ist der Arbeitgeber tarifgebunden, hat eine
arbeitsvertragliche Inbezugnahme eines bestimmten Tarifwerkes als sog.
Gleichstellungsabrede regelmäßig den Zweck, die Gleichstellung der nicht oder
anders organisierten Arbeitnehmer mit denjenigen Arbeitnehmern herbeizuführen,
für die die in Bezug genommenen Tarifbestimmungen kraft beiderseitiger
Tarifgebundenheit gelten
. Im Falle
beiderseitiger Tarifgebundenheit findet, soweit Tarifkonkurrenz zwischen einem
Branchentarifvertrag und einem Haustarifvertrag besteht, der speziellere
Haustarifvertrag selbst dann Anwendung, wenn er für die Arbeitnehmer
ungünstigere Regelungen enthält. Für die Anwendbarkeit des Günstigkeitsprinzips
nach § 4 Abs. 3 TVG ist insoweit kein Raum. Dieses stellt eine Kollisionsregelung für
das Verhältnis von schwächeren zu stärkeren Rechtsnormen dar. Es ist nicht
anzuwenden, wenn mehrere tarifvertragliche und damit gleichrangige Regelungen
zusammentreffen. Nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz stellen
Firmentarifverträge gegenüber Verbandstarifverträgen stets die speziellere
Regelung dar
.
Dementsprechend erfasst die Inbezugnahme des einschlägigen Tarifwerkes im
schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien ebenfalls die von der Beklagten für ihren
Betrieb mit der tarifvertragschließenden Gewerkschaft geschlossene
Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 und zwar selbst insoweit, als sie die
Regelungen des Verbands-Lohn-und-Tarifvertrages möglicherweise zu Lasten der
Arbeitnehmer verdrängt.
b) Die Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 findet auf das Arbeitsverhältnis
des Klägers auch für die Zeit ab 01. Oktober 2003 Anwendung. Zwar hat die
Beklagte sie zum 30. September 2003 gekündigt. Auch bloß nachwirkende
Tarifverträge "gelten" aber grundsätzlich im Sinne arbeitsvertraglicher
Inbezugnahmeklauseln. Die Bezugnahme läuft im Nachwirkungszeitraum weiter
.
aa) Dies gilt auch, soweit die Ergänzungsvereinbarung von den nicht nur
nachwirkenden, sondern zwischen den beiderseits Tarifgebundenen unmittelbar
und zwingend weitergeltenden Branchenlohn- und Gehaltstarifverträgen abweicht.
Allerdings befürworten
und
im Falle einer Tarifkonkurrenz zwischen einem lediglich
nachwirkenden und einem "nach § 4 Abs. 1 TVG voll wirksamen" Tarifvertrag eine
Lösung der Tarifkonkurrenz dahingehend, dass hier die Qualität der Tarifnormen
entscheiden müsse. Der nachwirkende Tarifvertrag entfalte nur eine beschränkte
Schutzwirkung und müsse deshalb gegenüber einem voll durchgreifenden
Tarifvertrag zurücktreten, selbst dann, wenn er im Einzelnen eine sachlich
günstigere Regelung für die Arbeitnehmer enthalte. Nach dieser Auffassung würde
für die beiderseits Tarifgebundenen im Betrieb der Beklagten mit Wirkung ab dem
01. Oktober 2003 die Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 keine Anwendung
mehr finden, soweit sie von dem Branchenlohn- und Gehaltstarifvertrag
abweichende Regelungen enthält. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass
die arbeitsvertragliche Inbezugnahme der jeweils gültigen Tarifverträge für das
Arbeitsverhältnis des Klägers als Gleichstellungsabrede anzusehen ist, müsste
dies dann entsprechend für den Kläger gelten.
Die Berufungskammer folgt dieser Ansicht jedoch nicht. Eine Kollisionsregel bei
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Die Berufungskammer folgt dieser Ansicht jedoch nicht. Eine Kollisionsregel bei
bestehender Tarifkonkurrenz nach der "Qualität der Tarifnormen" ist abzulehnen.
Sie findet weder eine Grundlage im Gesetz, noch erscheint sie sachgerecht. Soweit
sich auf die Entscheidung des vom 04. Dezember
1974 beruft, ist das dort
zu einer Geltung des nicht nur nachwirkenden Tarifvertrages gerade nicht anhand
der "Qualität der Tarifnormen" gekommen, sondern aufgrund der
Zeitkollisionsregel. begründet seine Auffassung mit dem Argument,
der voll wirksame Tarifvertrag biete den Arbeitnehmern insgesamt und auf Dauer
den besseren Schutz. Dies ist, insbesondere wenn wie vorliegend die speziellere
Tarifvereinbarung für den Betrieb der Beklagten nur einzelne vom Branchentarif
abweichende Regelungen enthält, jedoch nicht zwingend. Gegen die Auffassung
von und spricht zudem, dass mit der Zeitkollisions- und der
Spezialitätsregel sachgerechte und hinreichende Entscheidungskriterien für die
Lösung einer Tarifkonkurrenz zur Verfügung stehen. Die Gründe, die im Falle einer
entsprechenden Tarifkonkurrenz dem jeweils spezielleren Tarifvertrag den Vorrang
einräumen, sprechen ebenso für seinen Vorrang, wenn er "nur" nachwirkt. Das
Tarifvertragsgesetz differenziert nicht hinsichtlich der Qualität eines unmittelbar
und zwingend nach § 4 Abs. 1 TVG geltenden Tarifvertrages und eines nach § 4
Abs. 5 TVG nachwirkenden. § 4 Abs. 5 TVG enthält allein eine Einschränkung der
Geltung eines nachwirkenden Tarifvertrages, als dessen Rechtsnormen nur so
lange weiter gelten, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. So
lange wie eine andere Abmachung nicht getroffen ist, gelten seine Rechtsnormen
ebenso wie nach § 4 Abs. 1 TVG.
bb) Die für den hier streitigen Zeitraum maßgeblichen, nach der
Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 geschlossenen Branchenlohn- und
Gehaltstarifverträge vom 30. Juli 2002, 22. September 2003 und 11. Oktober 2004
stellen keine andere Abmachung im Sinne von § 4 Abs. 5 TVG dar. Die die
Ergänzungsvereinbarung schließenden Parteien haben diese vielmehr ausdrücklich
"zu § 3 (Lohngruppe 6) des Lohn-/Gehaltstarifvertrages Brotindustrie – Hessen – in
der jeweils gültigen Fassung" vereinbart. Die Ergänzungsvereinbarung als
speziellere tarifvertragliche Vereinbarung geht daher auch den nachfolgenden
Lohn- und Gehaltstarifverträgen vor, soweit sie abweichende Regelungen enthält.
Auch die nachfolgend abgeschlossenen Lohn- und Gehaltstarifverträge für die
hessische Brotindustrie sind insoweit keine andere Abmachung im Sinne von § 4
Abs. 5 TVG. Die Ergänzungsvereinbarung endet vielmehr nach einer Kündigung
gemäß § 1 Ziffer 9 Abs. 2 erst dann ohne Nachwirkung, wenn durch Tarifregelung
die Differenz zwischen der Lohngruppe 5 und der Lohngruppe 6 verändert wird.
Dies ist auch durch die Lohn- und Gehaltstarifverträge vom 30. Juli 2002, 22.
September 2003 und 11. Oktober 2004 nicht der Fall gewesen. Auch danach
beträgt der Tariflohn für Lohngruppe 6 weiterhin 82 vom Hundert, der Tariflohn für
Lohngruppe 5 weiterhin 90 vom Hundert des Ecklohns von 100 vom Hundert der
Lohngruppe 4.
c) Die Berufungskammer schließt sich der Auslegung der Ergänzungsvereinbarung
vom 14. Juli 2000 durch das Arbeitsgericht an, wonach die sie abschließenden
Parteien die in den Anlagen, insbesondere auch der Anlage "Shop-Bäckerei",
aufgeführten Tätigkeiten der Lohngruppe 6 zugeordnet haben. Dies ergibt bereits
der in § 1 Ziffer 1 der Ergänzungsvereinbarung festgehaltene Zweck, wonach
aufgrund der Arbeitsorganisation in der Produktion eine differenziertere
Beschreibung der Tätigkeiten aller gewerblichen Arbeitnehmer für sinnvoll gehalten
wird, insbesondere eine differenzierte Beschreibung der Tätigkeiten, die der
Lohngruppe 6 zuzuordnen seien. Die die Vereinbarung schließenden Parteien
haben lediglich gemäß § 1 Ziffer 2 die Zahlung bestimmter Zuschläge, ausgehend
von der Lohngruppe 6, vorgesehen, wobei sich die relevanten
Tätigkeitsbeschreibungen und Gewichtungen nach § 1 Ziffer 3 der Vereinbarung
aus den Anlagen, die Vertragsbestandteil seien, ergeben. In welcher Höhe diese
Zulagen weiterhin auch an den Kläger zu zahlen sind, auch seitdem die
Ergänzungsvereinbarung nur nachwirkt, ist hingegen nicht Gegenstand dieses
Rechtsstreits.
Die in den Anlagen zu der Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 aufgeführten
Tätigkeiten wirken damit wie Richtbeispiele für die Lohngruppe 6, wenn auch unter
Begründung einer Zuschlagspflichtigkeit. Die Erfordernisse einer Lohngruppe sind
nach ständiger Rechtsprechung des
, welcher die Berufungskammer folgt, dann als erfüllt
anzusehen, wenn ein Arbeitnehmer eine einem dieser Lohngruppe zugeordneten
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anzusehen, wenn ein Arbeitnehmer eine einem dieser Lohngruppe zugeordneten
Richtbeispiel entsprechende Tätigkeit überwiegend auszuüben hat. Bestimmen die
Tarifvertragsparteien Tätigkeitsbeispiele für bestimmte Vergütungsgruppen,
bringen sie damit zum Ausdruck, dass sie die abstrakten Tätigkeitsmerkmale einer
Vergütungsgruppe als erfüllt ansehen, wenn diese Tätigkeit in dieser
Vergütungsgruppe als Richtbeispiel aufgeführt ist; die Tarifvertragsparteien bringen
mit den Tätigkeitsbeispielen in Vergütungsgruppen erkennbar zum Ausdruck, die
dort angeführten Tätigkeiten erfüllten etwa vorangestellte allgemeine
Tätigkeitsmerkmale
.
Dementsprechend haben auch die Parteien der Ergänzungsvereinbarung vom 14.
Juli 2000 für den Betrieb der Beklagten die in ihren Anlagen aufgeführten
Tätigkeiten durch Zuordnung zur Lohngruppe 6 tariflich bewertet.
Die von dem Kläger vertretene Auslegung der Ergänzungsvereinbarung findet
demgegenüber in ihren Regelungen keine Stütze. Tarifverträge sind in ihrem
normativen Teil wie Gesetze auszulegen. Ein möglicherweise von den
Tarifvertragsparteien beabsichtigter Zweck ist bei der Auslegung daher nur
insoweit zu berücksichtigen, als er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag
gefunden hat; hierzu ist auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen;
für die bei Zweifeln darüber hinaus mögliche Heranziehung weiterer
Auslegungskriterien (Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und
Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages) gibt es keinen Zwang zu einer
bestimmten Reihenfolge
. Nach dem
Gesamtzusammenhang der Ergänzungsvereinbarung, nämlich ausweislich § 1
Ziffern 1 bis 3, sind die diese abschließenden Parteien jedoch gerade davon
ausgegangen, dass die von ihnen in den Anlagen aufgeführten Tätigkeiten der
Lohngruppe 6 zuzuordnen sind. Dass diese in den Anlagen aufgeführten
Tätigkeiten hingegen auch der Lohngruppe 5 zugeordnet werden könnten, ist
danach ausgeschlossen. Nach der Ergänzungsvereinbarung sollte vielmehr für den
Betrieb der Beklagten klargestellt werden, dass diese Tätigkeiten einerseits der
Lohngruppe 6 zuzuordnen seien, andererseits für sie je nach Gewichtung aber ein
Zuschlag zu zahlen sei. Damit ist für den Betrieb der Beklagten quasi eine
Zwischenlohngruppe installiert worden. Dass auch dann, wenn ein Arbeitnehmer
ausschließlich Tätigkeiten ausübt, welche in den Anlagen der
Ergänzungsvereinbarung aufgeführt sind, diese zunächst erst anhand der
allgemeinen Lohngruppenmerkmale der Lohngruppe 5 ("schwere oder schwierige
Arbeit") oder der Lohngruppe 6 ("einfache Arbeit") zugeordnet werden müssten,
widerspräche dem gesamten Sinn und Zweck der Ergänzungsvereinbarung. § 1
Ziffer 5 der Vereinbarung ergibt insoweit nichts Anderes, sondern betrifft lediglich
die Zuordnung neu eingestellter Arbeitnehmer. § 1 Ziffer 8 sieht zwar vor, dass
bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen nicht verschlechtert werden dürfen. Der
Kläger wurde aber auch schon vor Abschluss der Ergänzungsvereinbarung nach
Lohngruppe 6 vergütet. Die Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 hat
demgegenüber eine Besserstellung für ihn erbracht, als danach die von ihm
verrichteten Tätigkeiten einen Anspruch auf Zahlung eines Zuschlages
begründeten.
Auch das Argument des Klägers, jedenfalls die Kombination von verschiedenen
Einzeltätigkeiten, auch wenn sie in der Anlage "Shop-Bäckerei" zur
Ergänzungsvereinbarung vom 14. Juli 2000 aufgeführt seien, sperre nicht eine
Vergütung nach Lohngruppe 5, findet weder in der Ergänzungsvereinbarung noch
in dem Branchentarifwerk eine Grundlage. Der Manteltarifvertrag sieht vielmehr
ausdrücklich vor, dass ein Arbeitnehmer, der mehrere Tätigkeiten ausübt, in die
Tarifgruppe einzustufen sei, die seiner überwiegenden Tätigkeit entspricht. Die
Ergänzungsvereinbarung enthält insoweit keine abweichende Regelung. Der Kläger
übt ausschließlich Tätigkeiten aus, die nach der Anlage "Shop-Bäckerei" in
Verbindung mit § 1 Ziffern 1 bis 3 der Ergänzungsvereinbarung der Lohngruppe 6
zuzuordnen sind. Ein Anspruch auf Höhergruppierung, wenn mehrere verschiedene
Tätigkeiten einer Lohngruppe ausgeübt werden, ist hingegen nicht vorgesehen.
d) Da der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch schon nicht besteht, bedarf
keiner Entscheidung, ob vorliegend, wie die Beklagte meint, eine Verwirkung des
Rechts auf zutreffende Eingruppierung in Betracht kommt.
II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, nachdem die Berufung des
Klägers erfolglos geblieben ist.
Die Zulassung der Revision findet ihre Grundlage in § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.