Urteil des LAG Hessen vom 24.08.2006

LAG Frankfurt: passives wahlrecht, geschäftsführer, stadt, unternehmen, juristische person, organisation, betriebsrat, leiter, arbeitsgericht, form

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
9. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 TaBV 215/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 19 Abs 1 BetrVG, § 1 Abs 2
BetrVG, § 122 GemO HE
(Anfechtung einer Betriebsratswahl -
Führungsvereinbarung - gemeinsamer Betrieb)
Leitsatz
Erfolglose Anfechtung einer Betriebsratswahl bei einem Bühnenbetrieb, da der
Wahlvorstand zu Recht von einem gemeinsamen Betrieb zwischen der Stadt und der
Bühnen-GmbH ausgegangen ist und hinsichtlich der Führungsvereinbarung kein
Verstoß gegen § 122 HGO anzunehmen ist.
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts
Frankfurt am Main vom 05. Oktober 2005 - 20 BV 538/05 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird hinsichtlich des Hilfsantrages der Beteiligten zu 1)
zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Gültigkeit der Betriebsratswahl, die vom 21. bis 23.
Febr. 2005 stattgefunden hat.
Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) ist im Zuge der Neustrukturierung der
zuvor von der Stadt A (Beteiligte zu 3)) als Regiebetrieb geführten B (u.a. …)
gegründet worden. Einzige Gesellschafterin ist die Beteiligte zu 3). Die Beteiligte zu
1) verfügt über ein Grundkapital von EUR 25.000. Sie erhält von der Beteiligten zu
3) jährlich EUR 54 Mio. Der Betrieb des Balletts und Theaters C wurde vollkommen
eingestellt. Die Antragstellerin beschäftigt 292 Mitarbeiter. Gemäß
Übertragungsvertrag vom 1. April 2004 (BI. 93 ff. d. A.) zwischen der Beteiligten zu
3) und der Antragstellerin wurde der Betrieb der B auf die Antragstellerin
übertragen. In diesem Vertrag wurden das Immobilienvermögen und die
Beschäftigungsverhältnisse des damaligen Regiebetriebes ausdrücklich
ausgenommen. Hierzu sollte eine gesonderte Regelung getroffen werden. Mit
Personalüberleitungsvertrag vom 1. April 2004 (Bl. 98 ff. d. A.) sollten die
Beschäftigungsverhältnisse des B auf die Beteiligte zu 1) übergeleitet werden.
662 Arbeitnehmer, die dem Betriebsübergang von der Beteiligten zu 3) auf die
Antragstellerin widersprochen hatten, blieben Arbeitnehmer der Beteiligten zu 3).
Die Beteiligte zu 3) war durch die Dienstvereinbarung Nr. 183 (Bl. 377 ff. d. A.)
gehindert, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Zwischen ihr und der
Antragstellerin wurde deshalb unter dem 1. April 2004 ein
Personalgestellungsvertrag (Bl. 105 ff. d. A.) geschlossen, wonach die Beteiligte zu
3) der Antragstellerin die Arbeitsleistung der bei ihr verbliebenen Arbeitnehmer ab
1. September 2004 nach Maßgabe der Regelungen dieses Vertrages zur
Verfügung stellt.
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Mit Wirkung vom 1. September 2004 wurde bei der Beteiligten zu 3) eine
Organisationseinheit D eingerichtet, der die gestellten Mitarbeiter der B angehören
und die die Aufgabe der Grundstücks- und Gebäudeverwaltung sowie der
Personalverwaltung und -betreuung hat. Amtsleiter dieses Amtes ist in
Personalunion der geschäftsführende Intendant der B und Geschäftsführer der
Antragstellerin. Er übt diese Tätigkeit aufgrund zweier separater
Anstellungsverträge mit den Beteiligten zu 1) und 3) aus. Mit dieser Konstruktion
soll laut Organisationsverfügung der Oberbürgermeisterin vom 28. September
2004 (Bl. 91, 92 d. A.) die Ausübung der Arbeitgeberfunktion vor Ort sichergestellt
werden. § 3 Ziff. 2 des Personalgestellungsvertrags vom 1. April 2004 lautet: "Die
Stadt ermächtigt die GmbH zur arbeitsvertraglichen Weisungserteilung hinsichtlich
der Arbeitsausführung innerhalb der für die Beschäftigten der Stadt jeweils
geltenden, unter Beachtung der Beteiligungsrechte des Personalrates
festgelegten, städtischen Arbeitszeitregelungen."
In § 9 Ziff. 1 des Vertrages ist geregelt, dass die gestellten Arbeitnehmer weiterhin
Arbeitnehmer der Beteiligten zu 3) im Sinne des Hessischen
Personalvertretungsgesetzes bleiben und dass der Personalrat der B gemäß § 103
HPVG deren zuständige Interessenvertretung ist. In § 12 Ziff. 1 des Vertrages ist
bestimmt, dass die Beteiligte zu 3) für die Personalgestellung von der
Antragstellerin keine finanziellen Leistungen im Sinne der Vorschriften der
gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung erhält. Im Konsens aller Beteiligten nahm
der Personalrat der Beteiligten zu 3) ein Übergangsmandat für die bei der
Antragstellerin beschäftigten Mitarbeiter bis zur Wahl eines eigenen Betriebsrats
wahr.
In der Vorlage des Magistrats an die Stadtverordnetenversammlung vom 20. Febr.
2004 heißt es zu Ziff. 7 („D…“): „…Um den hierdurch entstehenden
Verwaltungsaufwand so gering wie möglich zu halten, ist es geboten, die im
Zusammenhang mit der Personalbetreuung der gestellten Mitarbeiter sowie der
Grundstücks- und Gebäudeverwaltung anfallenden Aufgaben im Rahmen der
Geschäftsbesorgung der B GmbH zu übertragen. Damit ist gewährleistet, dass die
in einem Theaterbetrieb unabdingbar notwendigen kurzen Entscheidungswege
fortbestehen….Damit ist die Ausübung der Arbeitgeberfunktion der Stadt A
gegenüber den personalgestellten Beschäftigten für die Zukunft vor Ort
sichergestellt.“
Am 13. Dezember 2004 wurde ein Wahlvorstand gewählt. Dieser setzte sich aus
drei Personen zusammen, von denen zwei, darunter der Vorsitzende, auf Grund
des Personalgestellungsvertrages für die Antragstellerin tätig sind. Am 7. Januar
2005 erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben (BI. 136 ff. d. A.). Dieses ging
von einem passiven Wahlrecht der gestellten Mitarbeiter im Sinne des § 8 Abs. 1
BetrVG sowie von deren Berücksichtigung bei der Berechnung der Zahl der zu
wählenden Betriebsratsmitglieder gemäß § 9 BetrVG und der Minderheitenquote
gemäß § 15 Abs. 2 BetrVG aus. Einigkeit bestand zwischen den Beteiligten
dahingehend, dass den gestellten Arbeitnehmern das aktive Wahlrecht zustand.
Mit Schreiben vom 19. Januar 2005 (BI. 116, 117 d. A.) teilte der Geschäftsführer
der Antragstellerin dem Wahlvorstand mit, die Einbindung der gestellten
Mitarbeiter in die Betriebsratswahl (passives Wahlrecht sowie Berücksichtigung bei
der Berechnung der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder bzw. der
Minderheitenquote) verstoße gegen die Regelungen des
Betriebsverfassungsgesetzes, und forderte den Wahlvorstand auf, das
Wahlausschreiben vom 19. Januar 2005 zurückzuziehen und ein neues,
rechtskonformes Wahlausschreiben zu erlassen. Der Wahlvorstand widersprach
dem. Ein von der Beteiligten zu 1) eingeleitetes Eilbeschlussverfahren, das auf die
Korrektur bzw. den Abbruch der Wahl gerichtet war, blieb erfolglos (Beschl. des
Hess. Landesarbeitsgerichts vom 17. Febr. 2005 – 9 TaBVGa 28/05 - EzAÜG § 14
AÜG Betriebsverfassung Nr. 61; Bl. 161 ff. d. A.).
Die Betriebsratswahl fand am 21., 22. und 23. Februar 2005 statt. Auf das
„vorläufige Wahlergebnis“ vom 23. Febr. 2005 (Bl. 150 d. A.) wird verwiesen. Der
Vorsitzende des Wahlvorstandes übersandte dem Geschäftsführer der Beteiligten
zu 1) mit Schreiben vom 24. Febr. 2005 (Bl. 145 d. A.) die Wahlniederschrift vom
23. Febr. 2005 (Bl. 146 ff. d. A.). Mit E-Mail des Personalrats der Beteiligten zu 3) -
dessen stellvertretender Vorsitzender ist der Wahlvorstandsvorsitzende - vom 1.
März 2005 (Bl. 142 d. A.) an die bei der Beteiligten zu 1) Beschäftigten wurde
mitgeteilt, das der Wahlvorstand soeben die Namen der gewählten
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mitgeteilt, das der Wahlvorstand soeben die Namen der gewählten
Betriebsratsmitglieder durch Aushang (Bl. 143 d. A.) bekannt gegeben habe.
Die Antragstellerin hat die Wahl, eingehend beim Arbeitsgericht am 8. März 2005,
angefochten. Sie hat die Wahl wegen grober Verkennung des Betriebsbegriffs für
nichtig, jedenfalls aber für ungültig gehalten. Diese habe gegen zwingende
Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes, insbesondere gegen §§ 8, 9 und 15
Abs. 2 BetrVG, verstoßen, da den gestellten Mitarbeitern kein passives Wahlrecht
zustehe und sie nicht bei der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und
bei der Zusammensetzung des zu bildenden Betriebsrats nach Geschlechtern zu
berücksichtigen seien. Diese Auffassung hat die Antragstellerin auf den Beschluss
des Bundesarbeitsgerichts vom 10. März 2004 (7 ABR 49/03) gestützt.
Die Antragstellerin ist auch der Annahme des Wahlvorstandes entgegengetreten,
es gebe einen gemeinsamen Betrieb B, der von der Stadt A und der
Antragstellerin gemeinsam geführt werde und dessen Betriebsangehörige
sämtlich Mitarbeiter der Beteiligten zu 1) und 3) seien. Hierfür fehle es an einer
betrieblichen Organisation und einer konkludenten oder ausdrücklichen
Führungsvereinbarung. Vielmehr sei in dem Personalgestellungsvertrag
ausdrücklich geregelt, dass auch für die Zukunft eine gemeinsame betriebliche
Organisation nicht gewollt sei. Eine einheitliche Leitung könne sich nicht in der
Person des Geschäftsführers der Antragstellerin und zugleich des Leiters des D
verkörpern, da dieser bezüglich der gestellten Mitarbeiter nicht die erforderlichen
Kompetenzen habe. Er sei als Leiter des D nicht allein in der Lage, über die für die
betriebliche Mitbestimmung relevanten Fragen von Entlassungen, Versetzungen,
Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitszeitfragen selbständig zu entscheiden, wie sich
auch aus Ziff. 2.3 der Organisationsverfügung ergebe. In entscheidenden Fragen
sei der Kulturdezernent bzw. der Personalamtsleiter Ansprechpartner für den
Personalrat. Es gebe zudem eine Vielzahl von Zustimmungserfordernissen des
D.leiters durch das Personal- und Organisationsamt der Beteiligten zu 3). Die
eingeschränkten Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse des Herrn E als
Geschäftsführer der Beteiligten zu 1) gegenüber den gestellten Mitarbeitern
ergäben sich aus §§ 2, 3, 9 und 12 des Personalgestellungsvertrages. Die
Organisationsverfügung als nach Innen gerichtete Verfügung meine mit
„Ausübung der Arbeitgeberfunktion vor Ort“ allein die Weisungskompetenz der vor
Ort im Betrieb konkret auszuführenden Tätigkeiten. Durch die Schaffung des D
habe einer Vermischung der Zuständigkeiten aufgrund der Personalgestellung
gerade entgegengewirkt werden sollen. Es gäbe insbesondere keine einheitliche
Personalabteilung.
Schließlich wäre ein gemeinsamer Betrieb zwischen der Beteiligten zu 3) als
Körperschaft des öffentlichen Rechts und der Antragstellerin als
privatwirtschaftlicher juristischer Person wegen der zwingend erforderlichen
Führungsvereinbarung, die sich nach der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts in Form einer BGB-Gesellschaft vollziehen müsse,
rechtswidrig. Eine Beteiligung der Stadt an einer BGB-Gesellschaft verstoße gegen
§ 122 Abs. 1 Nr. 2 Hessische Gemeindeordnung, da eine Beteiligung einer
Gemeinde an einer privatrechtlichen Gesellschaft nur dann zulässig sei, wenn die
Haftung und die Einzahlungsverpflichtung auf einen ihrer Leistungsfähigkeit
angemessenen Betrag begrenzt sei, die Gemeinde bei einer Beteiligung an einer
BGB-Gesellschaft jedoch für die Verbindlichkeit der Gesellschaft unbegrenzt zu
haften hätte. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über die
Gründung oder die Beteiligung an einer Gesellschaft in die ausschließliche
Zuständigkeit der Gemeindevertretung falle. Die Antragstellerin trägt weiterhin
vor, durch „Information des Übergangsbetriebsrats“ vom 25. Febr. 2005 sei
mitgeteilt worden, das Wahlergebnis sei „gestern“ durch Aushang bekannt
gemacht worden.
Die Antragstellerin hat beantragt,
festzustellen, dass die Betriebsratswahl im Betrieb der B vom 21. bis 23. Febr.
2005 unwirksam ist.
Der Beteiligte zu 2) hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 3) hat keinen Antrag gestellt.
Der Beteiligte zu 2) ist der Auffassung gewesen, es bestünde ein gemeinsamer
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Der Beteiligte zu 2) ist der Auffassung gewesen, es bestünde ein gemeinsamer
Betrieb B, der gemeinsam von der Stadt A und der Antragstellerin geführt werde
mit der Folge, dass alle in diesem Betrieb tätigen Mitarbeiter, seien es gestellte
oder direkt bei der Antragstellerin angestellte Mitarbeiter, betriebsangehörige
Arbeitnehmer im Sinne der §§ 8, 9 BetrVG und damit passiv wählbar und bei der
Berechnung der Größe des zu wählenden Betriebsrats zu berücksichtigen seien.
Der Beteiligte zu 2) hat sowohl die für die Annahme eines gemeinsamen Betriebes
erforderliche einheitliche betriebliche Organisation als auch das Vorhandensein
eines einheitlichen Leitungsapparates in sozialen und personellen
Angelegenheiten, dieser verkörpert durch den Geschäftsführer der Antragstellerin,
der in Personalunion auch Leiter des D ist, für gegeben gehalten. Die
Entscheidungen in sozialen und personellen Angelegenheiten lägen auf
Arbeitgeberseite in einer Hand. Die innerbetriebliche Entscheidungsfindung läge
unabhängig von der formalen Ausübung der Arbeitgeberbefugnisse beim
Geschäftsführer und D…leiter . Die innere Organisation der B hätte sich nicht
geändert. Sowohl gestellte als auch nicht gestellte Mitarbeiter übten
Vorgesetztenfunktionen aus. Der Beteiligte zu 2) hat vorgetragen, er hätte das
endgültige Wahlergebnis bekannt gemacht, sobald die Gewählten die Wahl
angenommen oder nicht innerhalb der Frist des § 17 Abs. 1 Satz 2 WO von drei
Werktagen die Wahl abgelehnt gehabt hätten. Dies sei am 1. März 2005 gegeben
gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten,
des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen
Verfahrens wird auf die Sachdarstellung des angefochtenen Beschlusses
verwiesen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag durch Beschluss vom 5. Okt.
2005 - 20 BV 538/05 - zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach
den Umständen des Einsatzes der bei der Arbeitgeberin direkt angestellten und
der gestellten Arbeitnehmer sei zumindest konkludent von einer
Führungsvereinbarung auszugehen. Der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft
werde, wie sich aus der Organisationsverfügung vom 28. Sept. 2004 ergebe, von
einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert.
Gegen diesen ihr am 15. Dez. 2005 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 1)
am 22. Dez. 2005 per Telefax Beschwerde eingelegt und diese am 8. Febr. 2006
ebenfalls per Telefax begründet.
Die Beteiligte zu 1) ist weiterhin der Auffassung, die mit Wahlausschreiben vom 7.
Jan. 2005 eingeleitete Betriebsratswahl leide an offensichtlichen Rechtsmängeln.
Das Arbeitsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Beteiligten
zu 1) und 3) einen gemeinsamen Betrieb „B“ führten. Hierfür fehle es an einem
einheitlichen Leitungsapparat und der Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen
mit mitbestimmungsrechtlicher Relevanz. Das Arbeitsgericht habe das
übereinstimmende Verständnis der Organisationsverfügung, wie es in Form des
handschriftlichen Vermerks vom 28. Sept. 2004 festgehalten worden sei,
unberücksichtigt gelassen. Herr E sei nicht Dienststellenleiter des D und könne
deshalb nicht Verhandlungspartner des Personalrats sein. Die unverändert bei
dem Personalamt der Beteiligten zu 3) verbliebenen Rechte seien diejenigen, die
typischerweise der betrieblichen Mitbestimmung unterlägen. Entgegen der
Auffassung des Arbeitsgerichts sei die vom Bundesarbeitsgericht durch Beschluss
vom 11. April 1978 entschiedene Fallkonstellation mit dem vorliegenden Fall
vergleichbar. Für die gestellten Arbeitnehmer bestehe bereits ein wirksam
gewählter Personalrat. Durch die Wahl gäbe es für die gestellten Arbeitnehmer
eine zweite Interessenvertretung in Form des bei der Antragstellerin gewählten
Betriebsrats. Für einen Arbeitnehmer könne aber grundsätzlich wie für einen
Betrieb nur eine Interessenvertretung zuständig sein. In beiden Fällen bleibe für
den Arbeitgeber unklar, welche Interessenvertretung er in welchen Fragen
beteiligen solle. Schließlich komme es für die Anwendung des § 122 HGO entgegen
der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht darauf an, ob das Haftungsrisiko
zwingend sei.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 5. Okt. 2005 – 20
BV 538/05 - abzuändern und festzustellen, dass die Betriebsratswahl im Betrieb B
GmbH vom 21. bis 23. Febr. 2005 nichtig ist,
hilfsweise,
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die Betriebsratswahl im Betrieb B GmbH vom 21. bis 23. Febr. 2005 für
ungültig zu erklären.
Der Beteiligte zu 2) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 3) stellt keinen Antrag.
Der Betriebsrat verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt ergänzend vor,
die Frage der Mitbestimmungsrelevanz beantworte sich aus der
Organisationsverfügung der Oberbürgermeisterin und dem
Personalgestellungsvertrag. Die wesentlichen drei Personen, die die Leitung des D
wahrnähmen, bildeten nach dem Organigramm der Beteiligten zu 1) (Bl. 411 ff. d.
A.) auch deren Geschäftsleitung. Es sei nicht erforderlich, dass diese jeweils auch
die arbeitsvertraglichen Kompetenzen wahrnähmen. Die Organisation der B habe
sich nicht geändert. Leiter der Verwaltung, der auch die Personalabteilung
unterstünde, sei nach wie vor Herr F, ein von der Beteiligten zu 3) beurlaubter
Beamter im Beschäftigungsverhältnis zur Antragstellerin. In der Personalabteilung
würden alle Aufgaben der Personalbetreuung und -verwaltung für die im
Arbeitsverhältnis zur Antragstellerin und Beteiligten zu 3) stehenden
Arbeitnehmer/innen erledigt. Zwischen gestellten und GmbH-Mitarbeitern würde
nicht unterschieden. Dienstpläne, Theaterferien und Urlaubspläne würden dort
einheitlich für alle Beschäftigten festgelegt. Der Betriebsrat ist schließlich der
Auffassung, bei der Führung eines gemeinsamen Betriebes handele es sich nicht
um eine Beteiligung an einem wirtschaftlichen Unternehmen im Sinne des § 122
HGO. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den
vorgetragenen Inhalt der Beschwerdeschriftsätze und die Sitzungsniederschrift
vom 24. Aug. 2006 verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG, und zulässig, da sie form- und
fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1
Satz 1, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen
Erfolg, weil Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet sind.
Die angefochtene Betriebsratswahl ist nicht nichtig. Eine Betriebsratswahl ist nur
nichtig bei groben und offensichtlichen Verstößen gegen wesentliche Grundsätze
des gesetzlichen Wahlrechts, die so schwerwiegend sind, dass auch der Anschein
einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht (st. Rspr., BAG 7.
Senat Beschluss vom 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - EzA § 19 BetrVG 2001
Nr. 1 mit weiteren Nachw.). Wegen der schwerwiegenden Folgen einer von Anfang
an unwirksamen Betriebsratswahl kann deren jederzeit feststellbare Nichtigkeit nur
bei besonders krassen Wahlverstößen angenommen werden (BAG a.a.O.).
Voraussetzung dafür ist, dass der Mangel offenkundig ist und deshalb ein
Vertrauensschutz in die Gültigkeit der Wahl zu versagen ist. Die Betriebsratswahl
muss "den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen" (BAG a.a.O.). Dies ist bei
einer Betriebsratswahl, die unter Verkennung des Betriebsbegriffs durchgeführt
wurde, grundsätzlich nicht der Fall. Die Verkennung des Betriebsbegriffs hat in der
Regel nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit der darauf beruhenden
Betriebsratswahl zur Folge (BAG a.a.O.). Bei der Bestimmung des Betriebsbegriffs
und seiner Anwendung auf die konkrete betriebliche Organisation ist eine Vielzahl
von Gesichtspunkten zu beachten, die eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene
Entscheidung erfordern. Unterlaufen dabei Fehler, sind diese in der Regel nicht so
grob und offensichtlich, dass der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl
nicht besteht (BAG a.a.O.).
Der Hilfsantrag ist ebenfalls nicht begründet. Die angefochtene Wahl ist wirksam.
Der Betriebsbegriff wurde nicht verkannt. Die Beteiligten zu 1) und 3) führen
hinsichtlich der B einen gemeinsamen Betrieb. Dies ergibt sich zwar nicht aus der
Vermutungswirkung des § 1 Abs. 2 BetrVG. Auch aufgrund des Vorbringens im
Anfechtungsverfahren besteht keine hinreichende Grundlage für die Annahme des
Vermutungstatbestandes wegen des gemeinsamen Einsatzes von Betriebsmitteln
und Arbeitnehmern, § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Die gestellten Mitarbeiter, für die die
Antragstellerin der Beteiligten zu 3) die Kosten erstattet, werden bei der
Beteiligten zu 3) zwar generell nicht eingesetzt. Ein gemeinsamer Personaleinsatz
findet jedoch insoweit statt, als nach dem handschriftlichen Vermerk vom 28.
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findet jedoch insoweit statt, als nach dem handschriftlichen Vermerk vom 28.
Sept. 2004 nach telefonischer Rücksprache mit dem POA bezüglich der Leitung
des D neben dem Geschäftsführer Herrn E Frau Dr. G und Herr H für ihre jeweiligen
Sparten die Leitungsmacht ausüben sollen, ohne dass ersichtlich wäre, dass diese
beiden Mitarbeiter einen Anstellungsvertrag auch mit der Beteiligten zu 3) hätten.
Die unentgeltliche Überlassung der Grundstücke der Beteiligten zu 3) an die
Antragstellerin stellt jedoch keinen gemeinsamen Einsatz von Betriebsmitteln dar.
Vielmehr ist die Beteiligte zu 1) entsprechend den steuerrechtlichen Vorgaben
langfristig und unentgeltlich zur alleinigen Nutzung der Grundstücke befugt.
Greifen die Vermutungstatbestände des § 1 Abs. 2 BetrVG nicht ein, besteht
gleichwohl ein gemeinsamer Betrieb, wenn festgestellt werden kann, dass sich die
Unternehmen - ausdrücklich oder konkludent - zur Führung eines gemeinsamen
Betriebs rechtlich verbunden haben. Die von der Rechtsprechung zum
Gemeinschaftsbetrieb entwickelten Grundsätze gelten insofern weiter. Dabei kann
auf die Existenz einer Führungsvereinbarung aus den tatsächlichen Umständen
des Einzelfalles geschlossen werden (BAG Beschluss vom 11. Februar 2004 - 7
ABR 27/03 – EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 2; BAG 24. Januar 1996 - 7 ABR 10/95 - EzA
BetrVG 1972 § 1 Nr. 10, zu B 3 b bb der Gründe).
Die Beteiligten zu 1) und 3) haben den Personaleinsatz im Rahmen eines
gemeinsamen Betriebes organisiert. Der Betriebsbegriff knüpft an die
organisatorische Einheit an. Betrieb im Sinne des BetrVG ist die organisatorische
Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den beschäftigten
Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgen. Die
einen Betrieb konstituierende Leitungsmacht wird dadurch bestimmt, dass der
Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten von
derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbständig ausgeübt wird
(BAG Beschluss vom 17. Aug. 2005 – 7 ABR 62/04 – Juris; BAG Beschluss vom 25.
Mai 2005 – 7 ABR 38/04 – EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 3; BAG Beschluss vom 11.
Februar 2004 - 7 ABR 27/03 – EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 2; BAG Beschluss vom 21.
Juli 2004 – 7 ABR 56/03 – Juris; BAG Urteil vom 3. Juni 2004 – 2 AZR 386/02 – EzA §
23 KSchG Nr. 27). Ein Betrieb kann auch von mehreren Arbeitgebern als
gemeinsamer Betrieb geführt werden. Von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer
Unternehmen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG
Beschluss vom 17. Aug. 2005 – 7 ABR 62/04 – Juris; BAG Beschluss vom 11.
Februar 2004 - 7 ABR 27/03 – EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 2; BAG Beschluss vom 21.
Februar 2001 - 7 ABR 9/00 - EzA BetrVG 1972 § 1 Nr. 11; BAG Beschluss 31. Mai
2000 - 7 ABR 78/98 - EzA § 19 BetrVG 1972 Nr. 39, zu B III 1 der Gründe; BAG
Beschluss vom 9. Februar 2000 - 7 ABR 21/98 – Juris = DB 2000, 384, zu B I der
Gründe) auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen
und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck
zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der
menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird.
Die beteiligten Unternehmen müssen sich zumindest stillschweigend zu einer
gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben. Die einheitliche Leitung muss
sich auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen
Angelegenheiten erstrecken. Die Funktionen des Arbeitgebers müssen
institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden.
Es besteht eine unternehmensübergreifende einheitliche Leitung in Bezug auf die
wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten
für die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1) und 3). Für eine gemeinsame Ausübung
der Arbeitgeberbefugnisse und eine Führungsvereinbarung liegen hinreichende
Indizien vor. Vor allem besteht nicht eine mehr oder weniger zufällige
Personenidentität in der Leitung der Antragstellerin und des D (vgl. BAG Beschluss
vom 25. Mai 2005 – 7 ABR 38/04 – EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 3; BAG Beschluss vom
11. Februar 2004 - 7 ABR 27/03 – EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 2), sondern eine
gezielte institutionelle Leitung. Nach der Organisationsverfügung der
Oberbürgermeisterin vom 28. Sept. 2004 (Bl. 91, 92 d. A.), die die Übertragung
der B auf die Beteiligte zu 1) betrifft, sollten dem D Grundstücks- und
Gebäudeverwaltung sowie die Personalverwaltung und –betreuung hinsichtlich der
gestellten Arbeitnehmer obliegen. Die Leitung des D wird danach vom
Geschäftsführenden Intendanten der B und Geschäftsführer der Antragstellerin
wahrgenommen. Damit sollte die Ausübung der Arbeitgeberfunktion vor Ort
sichergestellt werden. Mit Arbeitgeberfunktion kann nur die der Beteiligten zu 3)
gemeint sein, mit „vor Ort“ der Betrieb der B. Die A regelte mithin durch diese
Organisationsverfügung, dass ihre Arbeitgeberbefugnisse hinsichtlich der
gestellten Arbeitnehmer bei den B durch den Geschäftsführer der Antragstellerin,
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gestellten Arbeitnehmer bei den B durch den Geschäftsführer der Antragstellerin,
der auch einen Arbeitsvertrag mit der Stadt hat, sichergestellt, also auch
wahrgenommen werden. Es spricht nichts dafür, dass der Geschäftsführer E die
GmbH und das D organisatorisch voneinander getrennt leitet, sondern im
Gegenteil übt der Geschäftsführer die Fachaufsicht über die gestellten Mitarbeiter
aus. Die Beteiligten zu 1) und 3) wirken hinsichtlich der Nutzung der Grundstücke
und des Einsatzes des Personals arbeitsteilig zusammen. Dies wird bestärkt durch
den handschriftlichen Vermerk des POA vom 28. Sept. 2004, wonach die beim D
anfallenden Arbeiten im Rahmen der Geschäftsbesorgung durch Mitarbeiter/innen
der B erledigt werden. Grundlage für diese Auslegung bildeten die Beschlüsse der
Stadtverordnetenversammlung und des Magistrats vom 20. Febr. und 25. März
2004, worin festgehalten sei, dass die B die Aufgaben des D im Rahmen der
Geschäftsbesorgung wahrnähmen. Da dies unentgeltlich geschehe, sei keine
vertragliche Vereinbarung notwendig. Dies macht deutlich, dass die Beteiligten zu
1) und 3) die Leitung des Betriebs der B zusammengelegt haben und sie durch die
Geschäftsführung der Beteiligten zu 1) ausüben lassen. Diese Konstruktion kann
nicht als Serviceleistung der Beteiligten zu 1) im Rahmen eines Dienstvertrages
bewertet werden, da wie festgestellt ein Geschäftsbesorgungsvertrag hierüber
nicht ausdrücklich geschlossen worden ist. Die Abrede kann vielmehr nur als
Führungsvereinbarung qualifiziert werden.
Dagegen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, es bestünde bei der Beteiligten
zu 3) ein Personalamt, das formal die arbeitsvertraglichen Befugnisse hinsichtlich
der gestellten Arbeitnehmer ausübt. Der Annahme eines gemeinsamen Betriebes
steht nicht entgegen, dass die formale Ausübung der Arbeitgeberbefugnisse
hinsichtlich der gestellten Arbeitnehmer bei der Beteiligten zu 3) verbleibt. Ob eine
einheitliche Leitung hinsichtlich wesentlicher Arbeitgeberfunktionen vorliegt,
beurteilt sich nach der innerbetrieblichen Entscheidungsfindung und deren
Umsetzung (ebenso BAG Beschluss vom 24. Jan. 1996 – 7 ABR 10/95 – EzA § 1
BetrVG 1972 Nr. 10). Ein einheitlicher Betrieb verlangt nicht, dass alle
Arbeitgeberentscheidungen in einer Hand liegen. Eine interne Kostenverrechnung
steht einer einheitlichen Leitung ebenfalls nicht entgegen (BAG Beschluss vom 24.
Jan. 1996 – 7 ABR 10/95 – EzA §1 BetrVG 1972 Nr. 10).
Sämtliche innerbetrieblichen mitbestimmungspflichtigen Entscheidungen im
Bereich der §§ 87 und 99 BetrVG trifft die Führung der Beteiligten zu 1). Es gibt
einheitliche Dienstpläne für das gesamte Personal, die gestellten oder
angestellten Mitarbeiter sind Vorgesetzte der GmbH-Mitarbeiter und des
gestellten Personals, und es gibt gemeinsame Urlaubspläne. Einstellungen für das
D kommen ohnehin nicht mehr vor, da die Beteiligte zu 3) bestrebt ist, das
gestellte Personal bei Ausscheiden von Mitarbeitern nicht zu ersetzen.
Ersatzeinstellungen für den Bühnenbetrieb werden vielmehr durch die Beteiligte zu
1) vorgenommen. Leiter der Verwaltung, der die Personalabteilung untersteht, ist
auch nach der Privatisierung Herr F, ein von der Beteiligten zu 3) beurlaubter
Beamter im Beschäftigungsverhältnis zur Antragstellerin.
Weiteres Indiz, wenn auch generell kein entscheidendes (vgl. BAG Beschluss vom
25. Mai 2005 – 7 ABR 38/04 – EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 3) ist die gemeinsame
räumliche Unterbringung der Mitarbeiter. Hier ist jedoch von der gemeinsamen
räumlichen Unterbringung, an der sich durch die Privatisierung nichts geändert
hat, auf eine organisatorische Verflechtung hinsichtlich der Betriebsabläufe und
betrieblichen Tätigkeiten zu schließen, da die von der Beteiligten zu 3) gestellten
Mitarbeiter vollständig in den Bühnenbetrieb integriert sind.
Ein Verstoß gegen § 122 Abs. 2 in Verbindung mit § 122 Abs. 1 Nr. 2 ff. der
Hessischen Gemeindeordnung (HGO) liegt nicht vor. Nach § 122 Abs. 1 Nr. 1 HGO
darf eine Gemeinde sich an einer Gesellschaft, die auf den Betrieb eines
wirtschaftlichen Unternehmens gerichtet ist, nur beteiligen, wenn ihre Haftung auf
einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt ist. Als
wirtschaftliches Unternehmen in diesem Sinne gelten nach § 121 Abs. 1 HGO zwar
nicht Einrichtungen der Kultur. § 122 Abs. 1 HGO gilt aber nach § 122 Abs. 2 HGO
auch für die Beteiligung an Gesellschaften, die nicht auf den Betrieb eines
wirtschaftlichen Unternehmens gerichtet sind. Die Beteiligung an einer derartigen
Gesellschaft ist zudem nur zulässig, wenn daran ein wichtiges Interesse der
Gemeinde vorliegt.
Bei der Frage der Führungsvereinbarung zur gemeinsamen Ausübung der
Arbeitgeberbefugnisse im gemeinsamen Betrieb geht es indessen nicht um die
Gründung eines Rechtsträgers auf Unternehmensebene oder die Beteiligung
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Gründung eines Rechtsträgers auf Unternehmensebene oder die Beteiligung
daran, sondern eine Vereinbarung zur Betriebsführung im personellen Bereich
(BVerwG Beschluss vom 13. Juni 2001 – 6 P 8/00 – NZA 2002, 115; BAG Beschluss
vom 24. Jan. 1996 – 7 ABR 10/95 – EzA §1 BetrVG 1972 Nr. 10). Die
Betriebsführungsgesellschaft wird zwar mangels anderer Anhaltspunkte in der
Regel als BGB-Gesellschaft qualifiziert, dies ist jedoch keineswegs zwingend. Es
genügt jede Vereinbarung, die auf die gemeinsame Führung des Betriebes
gerichtet ist (BAG Beschluss vom 14. Sept. 1988 - 7 ABR 10/87 - EzA § 1 BetrVG
1972 Nr. 7; Löwisch, FS Zeuner, 689,690). Willenserklärungen, die in Richtung der
Gründung einer BGB-Gesellschaft gehen, lassen sich in der Praxis ohnehin in aller
Regel nicht finden. Dass hier eine entsprechende Absprache bestand, ergibt sich
aus der Organisationsverfügung mitsamt dem handschriftlichen Vermerk, die dies
festhält. § 51 Nr. 11 HGO, wonach die Gemeindevertretung für Entscheidungen
über die Beteiligung an einem wirtschaftlichen Unternehmen ausschließlich
zuständig ist, greift hier nicht, weil in der Führungsvereinbarung zwischen den
Beteiligten zu 1) und 3) kein wirtschaftliches Unternehmen gesehen werden kann,
sondern wie ausgeführt eine Absprache über die gemeinsame Betriebsführung.
Auch die formale Trennung zwischen Betriebsverfassungs- und
Personalvertretungsrecht in § 130 BetrVG schließt die Annahme eines
gemeinsamen Betriebes nicht aus. Sind an einem gemeinsamen Betrieb sowohl
eine juristische Person des Privatrechts als auch eine Körperschaft des öffentlichen
Rechts – hier über das D – beteiligt, findet Betriebsverfassungsrecht Anwendung,
wenn sich die Betriebsführung auf der Grundlage einer privatrechtlichen
Vereinbarung vollzieht (BAG Beschluss vom 24. Jan. 1996 – 7 ABR 10/95 – EzA §1
BetrVG 1972 Nr. 10). Da Zweck des Übertragungsvertrages vom 1. April 2004 die
Privatisierung des Bühnenbetriebs und Überführung der B unter das Dach einer
juristischen Person des Privatrechts war, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür,
dass die Führungsvereinbarung als öffentlichrechtlich zu qualifizieren ist. Das wäre
ein Systembruch. Werden die B als gemeinsamer Betrieb unter dem Dach einer
juristischen Person des Privatrechts geführt, ist Betriebsverfassungsrecht
anzuwenden, nicht Personalvertretungsrecht. Personalvertretungsrecht kommt bei
der Antragstellerin mit der Wahl eines Betriebsrates nicht mehr zum Zuge
(BVerwG Beschluss vom 13. Juni 2001 – 6 P 8/00 – NZA 2002, 115; GK-
BetrVG/Fabricius/Weber, 7. Aufl., § 130 Rz. 3; Richardi/Annuß, BetrVG, 9. Aufl., §
130 Rz. 3). Die Regelung in § 9 Ziff. 1 des Gestellungsvertrages, wonach der
Personalrat der B die zuständige Interessenvertretung der gestellten
Arbeitnehmer sei, konnte bei der Antragstellerin keine Geltung beanspruchen,
nachdem ein Betriebsrat für einen gemeinsamen Betrieb gewählt worden ist.
Die Wahl ist nicht deshalb nichtig oder anfechtbar, weil für denselben Betrieb ohne
begründeten Anlass ein weiterer Betriebsrat gewählt worden wäre. Dies führte zwar
zur Nichtigkeit der Wahl, weil in einem Betrieb nur ein Betriebsrat bestehen kann
(BAG Beschluss vom 21. Juli 2004 – 7 ABR 56/03 – Juris). Im Betrieb der
Antragstellerin bestand zum Zeitpunkt der Wahl indessen noch kein Betriebsrat.
Ein vom Personalrat der Beteiligten zu 3) wahrgenommenes Übergangsmandat
lief am 1. März 2005 mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses aus. In § 9 Ziff. 1 des
Personalgestellungsvertrags vom 1. April 2004 ist zwar geregelt, dass die
gestellten Arbeitnehmer weiterhin Arbeitnehmer der Beteiligten zu 3) im Sinne des
Hessischen Personalvertretungsgesetzes bleiben und dass der Personalrat der B
gemäß § 103 HPVG deren zuständige Interessenvertretung ist. Diese
Selbstverpflichtung der Beteiligten zu 3) führt aber nicht dazu, dass im Betrieb der
Beteiligten zu 3) Personalvertretungsgesetz gilt. Der Personalrat hat dort keine
Zuständigkeit. Da der Personalrat infolge ausschließlicher Geltung des BetrVG bei
der Antragstellerin keine Beteiligungsrechte mehr hat, läuft die Selbstverpflichtung
der Beteiligten zu 1) in § 9 Ziff. 2) und 3) des Gestellungsvertrages ins Leere.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 2 Abs. 2 GKG.
Schließlich war der Beteiligte zu 2) nicht gehalten, im Jahre 2006 Neuwahlen
einzuleiten, da seine Amtszeit am 1. März 2006 noch nicht ein Jahr betragen hat, §
13 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Das endgültige Wahlergebnis (§ 18 BetrVG) hat der
Wahlvorstand am 1.März 2005 bekannt gemacht.
Die Rechtsbeschwerde ist hinsichtlich des Hilfsantrages der Beteiligten zu 1)
gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, da die Problematik der
gemeinderechtlichen Beschränkungen einer Führungsvereinbarung grundsätzliche
Bedeutung hat.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.