Urteil des LAG Hessen vom 19.12.2007

LAG Frankfurt: tarifvertrag, eintritt des versicherungsfalles, zusage, satzung, versorgung, altersgrenze, rentner, aktiven, zusatzrente, ausschluss

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
8. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 Sa 266/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Betriebliche Altersversorgung - kein Verstoß gegen den
Gleichheitssatz durch § 2 Abs 1 des Tarifvertrags zur
Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung für
das Cockpitpersonal
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am
Main vom 05.12.2006 – 3/6 Ca 2905/06 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger nach dem "Tarifvertrag zur
Vereinheitlichung der Betrieblichen Altersversorgung für das Cockpitpersonal vom
04. Dezember 2004" (TV Vereinheitlichung) Anspruch auf Leistungen nach dem
Tarifvertrag "A. Betriebsrente" vom 04. Dezember 2004 hat oder ihm weiter
lediglich die Versorgungsrente nach früheren Versorgungstarifverträgen zu zahlen
ist.
Der am 14. April 1938 geborene Kläger war vom 01. April 1961 bis zum 30. April
1998 bei der Beklagten als Flugzeugführer angestellt. Jedenfalls aufgrund
arbeitsvertraglicher Vereinbarung finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die
Tarifverträge für das Bord- bzw. Cockpitpersonal der Beklagten Anwendungen.
Vom 01. Mai 1998 bis zum 30. April 2003 erhielt der Kläger Zusatzrente nach dem
Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal. Seit dem 01. Mai 2003
erhält der Kläger von der Beklagten eine Versorgungsrente nach dem
Versorgungstarifvertrag Nr. 3 vom 19. Dezember 1979 in der Fassung des
Ergänzungstarifvertrags Nr. 3 vom 10. Mai 1994. Nach diesen Tarifverträgen wird
eine Gesamtversorgung entsprechend der Satzung der Versorgungsanstalt des
Bundes und der Länder (VBL) geleistet (VBL-Versorgung).
Den Versorgungstarifvertrag Nr. 3 in seiner letzten Fassung hatten die dafür
zuständigen Gewerkschaften mit Wirkung zum 31. Dezember 2001 gekündigt.
Hintergrund war die bevorstehende Neuordnung der Zusatzversorgung im
öffentlichen Dienst und die dafür erforderliche grundlegende Änderung der VBL-
Satzung. Tatsächlich wurde im öffentlichen Dienst das bisherige
Gesamtversorgungssystem geschlossen und ab 01. Januar 2002 ein neues
Versorgungspunktesystem eingeführt.
Am 04. Dezember 2004 schlossen die Tarifvertragsparteien Arbeitsrechtliche
Vereinigung Hamburg e. V., der die Beklagte angehört sowie die Gewerkschaft
Vereinigung Cockpit e.V. den "Tarifvertrag zur Vereinheitlichung der betrieblichen
Altersversorgung für das Cockpitpersonal bei A., A. Cargo B. und B. Berlin" (TV-
Vereinheitlichung) sowie am gleichen Tag den Tarifvertrag "A. Betriebsrente für das
Cockpitpersonal bei A., A. Cargo B. und B. Berlin" (TV A. – Betriebsrente) beide mit
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Cockpitpersonal bei A., A. Cargo B. und B. Berlin" (TV A. – Betriebsrente) beide mit
Gültigkeit ab 01. Januar 2002.
Im TV-Vereinheitlichung heißt es:
"Präambel
Mit Beendigung ihrer Beteiligung an der Versorgungsanstalt des Bundes
und der Länder (VBL) am 31.12.1994 haben sich die C. und die B. Flugdienst
GmbH nach Maßgabe des Ergänzungstarifvertrages zum Versorgungstarifvertrag
Nr. 3 vom 10.05.1994 verpflichtet, alle am 31.12.1994 bei der VBL versicherten
Mitarbeiter so zu stellen, als würde ihre spätere Zusatzversorgung von der VBL
nach deren jeweils geltender Satzung fortgeführt (VBL-gleiche Zusatzversorgung).
Vor dem Hintergrund, dass sich die Tarifvertragsparteien des Öffentlichen
Dienstes mit dem Altersvorsorgeplan 2001 vom 13.11.2001 auf eine grundlegende
Reform der VBL-Zusatzversorgung unter Ablösung des bisherigen
Gesamtversorgungssystems geeinigt haben und insoweit auch nach dem
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.03.2000 (1 BvR 1136/96)
Rechnung getragen haben, wird die im A.-Konzern seit 01.01.1995 bestehende
Zusage auf eine VBL-gleiche Zusatzversorgung nach Maßgabe dieses
Tarifvertrages abgelöst und durch eine neue Zusage auf betriebliche Alters-,
Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung ersetzt. Die Tarifvertragsparteien
kommen damit auch ihrer entsprechenden Verhandlungsverpflichtung vom
16.05.2000 nach.
Das bisherige VBL-gleiche Gesamtversorgungssystem im A.-Konzern wird
mit Ablauf des 31.12.2001 abgelöst. Ab 01.01.2002 werden alle Anwartschaften
und bestehenden Ansprüche auf Versorgungsleistungen auf bzw. aus VBL-gleicher
Zusatzversorgung in das im A.-Konzern seit 01.01.1995 geltende System der
Neuen Betrieblichen Altersversorgung, künftig A.-Betriebsrente, überführt.
...
Teil II: Mitarbeiter mit Anwartschaft auf VBL-gleiche Gesamtversorgung
Abschnitt I: Rückwirkende Zusage der A.-Betriebsrente
§ 2 Rückwirkende Zusage der A.-Betriebsrente
(1) Alle am 01.01.2002 VBL-gleich pflichtversicherten Mitarbeiter werden
unter den Voraussetzungen und nach näherer Maßgabe der folgenden
Bestimmungen so gestellt, als hätten sie ab Beginn der VBL- oder VBL-
gleichen Versicherungspflicht aufgrund ihres Arbeitsverhältnisses mit A.
eine Zusage auf Leistungen nach dem Tarifvertrag A.-Betriebsrente
erhalten (rückwirkende Einführung der "A.-Betriebsrente").
Satz 1 gilt entsprechend für ehemalige, bis zu ihrem Ausscheiden aus dem
Arbeitsverhältnis VBL-gleich versicherte Mitarbeiter, die nach den Vorschriften der
VBL-Satzung der 40. Satzungsänderung (VBL-S40) bei Eintritt des
Versicherungsfalles als pflichtversichert gelten.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, sofern bereits vor dem 02.01.2002 die
Leistung einer VBL-gleichen Rente begonnen hat. Sie gelten ferner nicht, wenn der
ehemalige Mitarbeiter vor dem 02.01.2002 das 63. Lebensjahr vollendet hat.
...
§ 18 In-Kraft-Treten
(1) Dieser Tarifvertrag tritt mit Wirkung vom 01.01.2002 in Kraft. Davon
abweichend tritt § 13 Absatz 3 a mit Wirkung vom 01.01.2005 in Kraft."
...
Weiter ist in dem TV-Vereinheitlichung die Garantie bisher erworbener VBL-gleicher
Anwartschaften geregelt, sowie unter "Teil III: ehemalige Mitarbeiter und
Hinterbliebene" die Festsetzung, Weiterzahlung und Anpassung VBL-gleicher
Versorgungsrenten mit Rentenbeginn vor dem 02. Januar 2002 sowie VBL-gleicher
Versicherungsrenten mit Rentenbeginn vor dem 02. Januar 2002.
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Der TV-A. Betriebsrente fasste den Tarifvertrag "Betriebliche Altersversorgung"
vom 01. September 1995 neu, der bereits für alle Arbeitnehmer galt, die nach
dem 31. Dezember 1994, dem Ausscheiden der Beklagten aus der VBL bei Ihr
eingetreten waren. Danach setzt sich die Rente aus der Summe der bis zum
Versorgungsfall jährlich erworbene Rentenbausteine zusammen, die sich
entsprechend einer Tabelle nach Vergütung und jeweiligem Alter richten.
Er hat die Auffassung vertreten, er habe Anspruch auf die rückwirkende Einführung
der A. Betriebsrente.
Er unterfalle nicht dem Ausschluss von der rückwirkenden Zusage der A.
Betriebsrente, da er vor dem 02.01.2002 keine VBL-gleiche Rente bezog. Er
unterfalle auch nicht dem Ausschluss ehemaliger Mitarbeiter, die vor dem
02.01.2002 das 63. Lebensjahr vollendet haben. Er sei kein ehemaliger Mitarbeiter
gewesen, da er zu diesem Zeitpunkt noch Übergangsversorgung bezog. Auch
während der Übergangsversorgung sei er weiter Mitarbeiter der Beklagten
gewesen. Was unter ehemaligen Mitarbeitern zu verstehen sei, ergebe sich aus
Teil 3 TV Übergangsversorgung und den Protokollnotizen u.a. Protokollnotiz 7.
Nirgends dort seien Mitarbeiter in Übergangsversorgung genannt.
Jedenfalls sei die Anknüpfung an das Alter von 63 Jahren diskriminierend und
gleichheitswidrig.
Es sei gleichheitswidrig und durch nichts gerechtfertigt, Arbeitnehmer, die vor dem
2. Januar 2002 die Leistung einer VBL-gleichen Rente erhielten, von der
rückwirkenden Zusage der A.-Betriebsrente auszuschließen. Der Ausschluss dieser
Mitarbeiter benachteilige sie gegenüber anderen Mitarbeitern mit gleichen
Eintrittsdatum bei der Beklagten, die wie der Kläger zum Zeitpunkt des
Abschlusses des TV-Vereinheitlichung bereits Rentner waren. Insbesondere auch
gegenüber Kollegen, die später als der Kläger eintraten und ihre aktive
Beschäftigung früher beendeten. Dies alles verstoße auch gegen das
Senioritätsprinzip. Der Stichtag sei willkürlich gewählt und begünstige diejenigen,
die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrages Renten bezogen, ohne
sachlichen Grund gegenüber denjenigen, bei denen der Rentenbezug vor dem 02.
Januar 2002 begann.
Bei Anwendungen des TV-A. Betriebsrente ergäbe sich für den Kläger ab
Rentenbeginn eine weit höhere Rente, die der Kläger im Einzelnen dargelegt und
berechnet hat. Mit seiner Klage hat er die Differenzen zur gezahlten Rente seit
Eintritt des Versorgungsfalles bis zum 31. März 2006 verlangt.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Stichtag habe an die Kündigung des
Versorgungstarifvertrags Nr. 3 und die Neuregelung der VBL-Satzung angeknüpft.
Für die Arbeitnehmer, deren VBL-gleicher Rente bereits festgesetzt gewesen sei
und die diese bereits gezahlt erhielten, hätte kein Grund bestanden, sie in die
Neuregelung einzubeziehen. Den Rentnern seien die über 63-Jährigen
gleichzustellen gewesen, da diese lediglich deshalb noch keine Rente, sondernd
die höhere Übergangsversorgung bezogen, weil sie aufgrund befreiender
Lebensversicherung oder weil die erforderlichen Versicherungsjahre nicht erreicht
waren, mit 63 Jahren noch keine gesetzliche Rente bzw. VBL-Versorgung beziehen
konnten. Diese konnten nach dem damals geltenden TV Übergangsversorgung bis
zum 65. Lebensjahr Übergangsversorgung beziehen. Die Beklagte habe die
Neuregelung auf die vor 1994 eingetretenen Mitarbeiter beschränken dürfen, die
noch aktiv waren oder deren Rente als Anwärter noch nicht feststand.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen mit Urteil vom 05. Dezember 2006,
auf das Bezug genommen wird.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Wegen der für die
Zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten wird auf das Sitzungsprotokoll vom
28. November 2007 verwiesen.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er ist weiter
der Auffassung, dass der Tarifvertrag den allgemeinen Gleichheitssatz und die
Diskriminierungsverbote verletze. Es gebe keinen sachlichen Grund dafür,
diejenigen, die am Stichtag Rente bezogen bzw. das 63. Lebensjahr vollendet
hatten, von der Verbesserung der Altersversorgung auszunehmen. Auch die vor
1939 geborenen seien zwingend in die Neuregelung der betrieblichen
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1939 geborenen seien zwingend in die Neuregelung der betrieblichen
Altersversorgung einzubeziehen gewesen, da ansonsten für sie gar keine Regelung
bestünde. Auch gehe der TV Vereinheitlichung in seiner Präambel selbst davon
aus, dass alle Anwartschaften und bestehenden Ansprüche auf
Versorgungsleistungen auf VBL-gleiche Zusatzversorgung in das seit 01. Januar
1995 geltende System der A. Betriebsrente überführt würden. Es liege auch eine
verbotene Diskriminierung wegen des Alters vor. Das Vorgehen der
Tarifvertragsparteien verstoße auch gegen das geltende Senioritätsprinzip.
Der Kläger beantragt,
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts
Frankfurt am Main vom 05. Dezember 2006, Aktenzeichen 3/6 Ca
2905/06, abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger, beginnend ab dem Monat
April 2006 über die unstreitige monatliche Betriebsrente von €
1.650,72 eine weitere monatliche Betriebsrente in Höhe von €
2.261,99, ab dem Monat Juli 2006 € 2.284,61 brutto, fällig jeweils zum
Monatsersten nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz, jeweils
beginnend ab dem Monatsersten zu bezahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Betriebsrente
für den Zeitraum 01.05.2003 bis 31.03.2006 in Höhe von € 80.517,26
brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagerhebung zu
bezahlen.
Hilfsweise
1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über die in der Zeit
vom 01.05.2003 bis 31.03.2006 zu beanspruchende betriebliche
Altersversorgung nach Maßgabe des Tarifvertrages zur
Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung für das
Cockpitpersonal vom 01.01.2002 zu erteilen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die sich aus der Auskunft ergebenden
Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung an den Kläger zu zahlen.
Höchsthilfsweise
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger
betrieblicher Altersversorgung nach Maßgabe des Tarifvertrages zur
Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung für das Cockpitpersonal vom
01.01.2002 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Es sei völlig unüblich auch Rentner in eine
Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung einzubeziehen. Es hätte einen
unzumutbaren Arbeitsaufwand bedeutet, die bereits festgesetzten Renten neu zu
berechnen. Das alte System der VBL-gleichen Versorgung habe nicht mehr
weitergeführt werden können. Das gesamte Versorgungssystem bei der Beklagten
einschließlich des Kabinen- und Bodenpersonals sei neu geregelt worden. Für die
Rentner habe keine Neuregelung erfolgen müssen, da diese hinsichtlich ihrer
Renten einen Bestandsschutz genossen. Für die Anwärter in Übergangsversorgung
war eine Einbeziehung in die Neuregelung der A. Betriebsrente erforderlich
gewesen. Für diese hätte ansonsten die – verschlechternde – VBL Neuregelung
gegolten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die in der Berufungsinstanz
gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht
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Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht
abgewiesen.
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Betriebsrente nach dem TV A.
Betriebsrente. Dieser Tarifvertrag gilt nicht für den Kläger, da er nicht die
Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 TV A. Betriebsrente erfüllt. Danach regelt dieser
Versorgungstarifvertrag die betriebliche Altersversorgung für das Cockpitpersonal
der Beklagten, soweit das Arbeitsverhältnis mit ihr nach dem 31.12.1994
aufgenommen worden ist oder für diejenigen, die vom Tarifvertrag zur
Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung für das Cockpitpersonal
erfasst werden unter den Voraussetzungen und Maßgabe der danach geltenden
Vorschriften. Der Kläger trat vor dem 31.12.1994 in die Dienste der Beklagten.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf nach § 2 Satz 1 und 24 TV-
Vereinheitlichung so gestellt zu werden, als hätte er ab Beginn der VBL oder VBL-
gleichen Versicherungspflicht eine Zusage auf Leistung nach dem Tarifvertrag A.
Betriebsrente erhalten.
Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 TV Vereinheitlichung über die rückwirkende
Einführung der A. Betriebsrente gilt nach § 2 Abs. 1 Satz 4 TV-Vereinheitlichung
nämlich nicht, wenn der ehemalige Mitarbeiter vor dem 02. Januar 2002 das 63.
Lebensjahr vollendet hat. Der Kläger hatte das 63. Lebensjahr vor dem 02. Januar
2002 vollendet, nämlich bereits im Jahr 2001. Der Kläger ist auch zu diesem
Zeitpunkt "ehemaliger" Mitarbeiter der Beklagten gewesen. Unter einem
ehemaligen Mitarbeiter ist ein solcher zu verstehen, dessen Arbeitsverhältnis
beendet ist. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete nach Erreichen der
Altersgrenze des Manteltarifvertrages für das Cockpitpersonal zum Beginn der
Übergangsversorgung. Die Zusatzrente nach dem TV Übergangsversorgung setzt
für die Zahlung der Zusatzrente voraus, dass der Mitarbeiter wegen Erreichens der
tarifvertraglichen Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Für die
Vorstellung des Klägers, sein Arbeitsverhältnis habe auch während des Bezugs von
Übergangsversorgung fortbestanden, gibt es keine Grundlage. Nach dem damals
gültigen Manteltarifvertrag für das Cockpitpersonal der bei der Beklagten galt,
endete das Arbeitsverhältnis in jedem Fall mit Ablauf des Monats, in dem der
Mitarbeiter das 60. Lebensjahr vollendet (§ 19 des Manteltarifvertrages Nr. 5 a für
das Cockpitpersonal).
Dem TV Vereinheitlichung ist auch kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass
Mitarbeiter, die Zusatzrente nach dem TV Übergangsversorgung bezogen, nicht
als ehemalige Mitarbeiter anzusehen wären. Das ergibt sich insbesondere nicht
aus Teil III des TV Vereinheitlichung. Wenn dort unter der Überschrift "Ehemalige
Mitarbeiter und Hinterbliebene" in § 13 "VBL-gleiche Versorgungsrenten mit
Rentenbeginn vor dem 02. Januar 2002" aufgeführt werden, ist daraus keine
Definition des Begriffs "ehemalige Mitarbeiter" oder eine Eingrenzung dieses
Begriffs zu ersehen. Genauso wenig geht dies aus der Protokollnotiz VII hervor die
ehemalige Mitarbeiter, die wegen dauernder Fluguntauglichkeit ausschieden,
behandelt. Es handelt sich hier lediglich um bestimmte Berechnungsregelungen
für die dort genannten Renten bzw. Sonderregelungen für einen Teil der
ehemaligen Mitarbeiter, nämlich diejenigen, die wegen Fluguntauglichkeit
ausschieden.
Allerdings ist in der Tat die Berechnung der Rente derjenigen ehemaligen
Mitarbeiter, die zum Stichtag 02. Januar 2002 zwar das 63. Lebensjahr vollendet
hatten, aber noch keine VBL-gleiche Versorgung bezogen, nicht ausdrücklich
geregelt. Wegen ihres Ausschlusses von der rückwirkenden Zusage einer A.
Betriebsrente sind sie entsprechend den ebenfalls von der rückwirkenden Zusage
ausgeschlossenen Rentnern zu behandeln. Das ergibt sich schon daraus ergibt,
dass zum Rentenbeginn der Tarifvertrag über die VBL-gleiche Versorgung noch
fortwirkt.
II.
1)
Der Kläger kann die rückwirkende Einführung einer A. Betriebsrente nicht nach
dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verlangen. Dieser ist nicht
anzuwenden.
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Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitsgeber,
seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer
Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung nicht ohne
sachlichen Grund ungleich zu behandeln (ständige Rechtsprechung vgl. BAG vom
29.09.2004 – 5 AZR 43/04 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 192). Vollzieht
der Arbeitsgeber hingegen lediglich die Norm eines Gesetzes oder eines
Tarifvertrages greift der Prüfmaßstab des arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht ein, sondern es ist allein die Wirksamkeit der
Norm und deren Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu überprüfen (vgl. BAG
vom 16.08.2005 – 9 AZR 378/04 – AP Nr. 8 zu § 1 TVG Gleichbehandlung).
2)
Die Ausschlussregelung des § 2 Abs. 1 Unterabs. 3 TV-Gleichbehandlung verstößt
nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Die Tarifvertragsparteien haben den allgemeinen Gleichheitssatz der Verfassung
zu beachten – sei es aufgrund unmittelbarer oder nur mittelbarer Geltung des Art.
3 Abs. 1 GG (BAG vom 16.08.2005 a.a.O.; vom 12.10.2004 – § AZR 571/03 – EZA
Art. 3 GG Nr. 102).
Der Gleichheitssatz verbietet es, wesentlich gleich liegende Sachverhalte ohne
sachlichen Grund unterschiedlich zu behandeln. Eine verbotene
Ungleichbehandlung liegt vor, wenn sich für die vorgenommene Differenzierung
kein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie
einleuchtender Grund finden lässt, also die Regelung als willkürlich anzusehen ist.
Der Gleichheitssatz wird durch eine Tarifnorm verletzt, wenn die
Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächlich Gleichheiten oder
Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so
bedeutsam sind, dass sie bei einer am allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken
orientierten Betrachtung hätten beachtet werden müssen (ständige
Rechtsprechung BAG vom 16.08.2005 a.a.O.). Bei personenbezogenen
Ungleichbehandlungen wie bei einer Differenzierung zwischen bestimmten
Gruppen von Arbeitnehmern müssen Unterschiede von solcher Art und solchem
Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BAG vom
12.10.2004 a.a.O. zu B. II. 2. der Gründe). Allerdings wird die gerichtliche Kontrolle
durch die Tarifautonomie begrenzt, die Artikel 9 Abs. 3 GG den
Tarifvertragsparteien gewährleistet. Den Tarifvertragsparteien steht eine
Einschätzungsprärogative zu hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und der
betroffenen Interessen. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die
Tarifvertragsparteien die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung
für das Regelungsproblem gefunden haben. Vielmehr genügt es regelmäßig, wenn
für eine vereinbarte Regelung ein sachlich vertretbarer Grund besteht (ständige
Rechtsprechung vgl. BAG a.a.O.).
Die Ausschlusstatbestände des § 2 TV Vereinheitlichung halten diesen rechtlichen
Anforderungen stand.
a)
Ausgeschlossen von der Neuregelung sind diejenigen, die zum Stichtag Rente
bezogen. Die Gruppe dieser Rentner wird mithin anders behandelt als diejenigen
die zum Stichtag noch keine Rente bezogen.
aa)
Grundsätzlich wird es als gerechtfertigt angesehen, wenn Versorgungsberechtigte
bei Veränderungen von Versorgungsordnungen nicht genauso behandelt werden,
wie noch aktive Arbeitnehmer. Soweit es um Verschlechterungen der
Versorgungsansprüche geht, wird dabei Rentnern ein besonderer Bestandschutz
zugebilligt (vgl. BAG vom 27.02.2007 – 3 AZR 734/05 – EZA Art. 9 GG Nr. 90
vorletzter Abs.). Umgekehrt wird es nicht als Verstoß gegen den Gleichheitssatz
angesehen, wenn die Verbesserung für aktive Arbeitnehmer nicht auf Rentner
erstreckt wird (vgl. BAG vom 28.07.2005 AP Nr. 47 zu § 1 BetrAVG Ablösung; DB
1981 S. 943; BAG vom 14.06.1983 – 3 AZR 565/81 – AP Nr. 58 zu § 242 BGB
Gleichbehandlung zu III. 3. a) vom 12.05.1966 – 5 AZR 528/65 – BAG 18, 308;
BAGE 44, 61 zu III 3 a der Gründe vom 11.09.1980 – 3 AZR 606/79). Das
Bundesarbeitsgericht hat weiterhin ausgeführt, dass der Eintritt des
Versorgungsfalles eine entscheidende Zäsur und ein sachgerechter
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Versorgungsfalles eine entscheidende Zäsur und ein sachgerechter
Anknüpfungspunkt für versorgungsrechtliche Vorschriften ist. Mit Eintritt in den
Ruhestand erstarkt die Versorgungsanwartschaft zum Versorgungsanspruch. Die
veränderte Rechtsstellung rechtfertigt die Unterscheidung (BAG vom 22.02.2000 –
3 AZR 39/99 – Ap Nr. 13 zu § 1 BetrAVG Beamtenversorgung zu B IV 1. d) sowie
vom 27.06.2006 – 3 AZR 212/05 – vom 25.05.2004 – 3 AZR 123/03 – AP BetrAVG §
1 Überversorgung Nr. 11 zu B II 1 d) der Gründe BAG vom 27.06.2006 – 3 AZR
212/05 zu B I 5. b) bb der Gründe in DB 2007 2491). Dem schließt sich die
Kammer an.
Im vorliegenden Fall ergibt sich der Grund für die Differenzierung weiterhin aus
dem Zweck der tariflichen Regelung über die Einbeziehung VBL-gleich versicherter
Mitarbeiter in die Regelungen des TV A. Betriebsrente. Mit dem TV
Vereinheitlichung sollten die bisher nebeneinander bestehenden
Versorgungssysteme zusammengeführt werden. Eine solche auf die zukünftige
Entwicklung gerichtete Regelung bedurfte es für diejenigen, die bereits Rente
bezogen, nicht. Deren Rentenanspruchs stand fest, in diesen konnte und sollte
verschlechternd nicht eingegriffen werden, für sie bedurfte es auch keines Ersatzes
des Gesamtversorgungssystems der abgelösten VBL-Satzung. Nach den
Grundsätzen des Vertrauensschutzes musste die für sie festgesetzte Rente
fortbestehen. Für diejenigen, die noch keine VBL-gleiche Rente bezogen hingegen,
stand der endgültige Betrag ihrer Rente nicht fest und konnte sich noch verändern.
Auch eine Verschlechterung gegenüber dem bisherigen
Gesamtversorgungssystem war nicht auszuschließen. Genau deswegen sieht der
TV Vereinheitlichung eine Garantie bisher erworbener VBL-gleicher Anwartschaften
für diejenigen vor, die noch keine Rente bezogen.
bb)
Allerdings ist zu beachten, dass der TV Vereinheitlichung die Verbesserungen
durch den TV A. Betriebsrente nicht allein auf die noch in einem Arbeitsverhältnis
zu ihr stehenden, aktiven Mitarbeiter beschränkt und alle übrigen Arbeitnehmer
ausschließt (vgl. zur Rechtfertigung der Differenzierung zwischen aktiven und
ausgeschiedenen Arbeitnehmern Urteil der Kammer vom 21.08.2002 – Hess. LAG
8 Sa 1588/01 – bestätigt durch BAG vom 18.05.2004 – 9 AZR 250/03 – EZA § 4
TVG Luftfahrt Nr. 9). Einbezogen in die Geltung des TV A. Betriebsrente sind
nämlich auch bereits bei der Beklagten aufgrund der tarifvertraglichen
Altersgrenze ausgeschiedenen Arbeitnehmer die Übergangsversorgung erhalten.
Das ergibt sich aus § 2 Abs. 1 2. Hs. TV-Vereinheitlichung. Auch für diese gilt
allerdings, dass ihre VBL-gleiche Versorgung noch nicht feststeht und auch
insoweit ein Bedarf zur Vereinheitlichung besteht.
Weiterhin war ihre versorgungsrechtliche Stellung nach § 37 Abs. 4 der bis zum
31.12.2000 geltenden VBL-Satzung der von aktiven Arbeitnehmern angenähert, in
dem sie während der Zeit der Übergangsversorgung weiter als pflichtversichert
galten. Diese Anwärter konnten auch insoweit nicht mit ausgeschiedenen
Arbeitnehmern gleichgesetzt werden, als sie nicht aufgrund einer freien
Entscheidung aus dem Arbeitsverhältnis ausschieden, sondern aufgrund einer
tariflichen Altersgrenze. Wenn die Beklagte konzernweit bei ihrer Vereinheitlichung
zwischen Rentnern und aktiven Arbeitnehmern unterschied, so musste die
spezielle Gruppe der aufgrund tarifvertraglicher Altersgrenze ausgeschiedenen
Mitarbeitern mit Übergangsversorgung den aktiven Mitarbeitern gleichgestellt
werden.
b)
Auch der Ausschluss derjenigen, die zum Stichtag keine Rente bezogen, aber das
63. Lebensjahr vollendet hatten, ist sachlich gerechtfertigt. Es bestand kein Grund,
diese anders zu behandeln, als diejenigen, die zu diesem Zeitpunkt bereits Rente
bezogen. Der TV Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal vom 01.10.1989
der bis zum 01.07.2000 galt sah nämlich vor, dass zwar grundsätzlich die Zahlung
der Zusatzrente im Zeitpunkt der frühest möglichen Anspruchnahme der
Altersrente aus der Angestelltenversicherung bzw. der Versorgungsanstalt des
Bundes und der Länder endete, d.h. mit Vollendung des 63. Lebensjahres.
Allerdings war eine Ausnahme vorgesehen für diejenigen, die eine befreiende
Lebensversicherung hatten, aus der Ansprüche erst ab Alter 65 bestehen.
Diejenigen, die Versorgungsleistungen erst mit dem 65. Lebensjahr beanspruchen,
waren danach bevorzugt gegenüber denjenigen, die bereits ab der Vollendung des
63. Lebensjahres Rente beanspruchen konnten, in dem sie – höhere –
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63. Lebensjahres Rente beanspruchen konnten, in dem sie – höhere –
Übergangsversorgung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres beanspruchen
konnten und dadurch gegebenenfalls sogar eine vergleichsweise höhere
Altersversorgung (vgl. dazu BAG vom 14.10.2003 – 9 AZR 678/02 – AP Nr. 1 Nr. 31
zu § 1 TVG Tarifverträge: A.). Es entspricht einer angemessenen Würdigung des
Lebenssachverhaltes und der Interessen der Beteiligten, wenn die
Tarifvertragsparteien diese Gruppe genauso behandelt, wie diejenigen, die bereits
ab dem 63. Lebensjahr Rente beanspruchen mussten.
c)
Mit dem gewählten Stichtag 02.01.2002 haben die Tarifvertragsparteien nochmals
differenziert, in dem sie diejenigen, die nach diesem Stichtag Rente bezogen oder
das 63. Lebensjahr vollendeten besser stellten, als diejenigen, bei denen diese
Voraussetzungen nach dem Stichtag aber bis zum Abschluss des Tarifvertrages
eintraten. Der gewählte Stichtag ist aber nicht willkürlich. Bei Stichtagsregelungen
kommt es darauf an, ob die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden
Faktoren hinreichend gewürdigt wurden und sich die gefundene Lösung im Hinblick
auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch
sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (ständige
Rechtsprechung vgl. nur Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 26.06.2007 – 1
BVR 2204/00). Dem hält der von den Tarifvertragsparteien gewählte Stichtag ohne
weiteres stand. Die Kläger rügen nicht, dass sie durch einen weit in die
Vergangenheit reichenden Stichtag benachteiligt worden wären – wenn die
Tarifvertragsparteien für die Ausschlussklausel auf den Zeitpunkt des Abschlusses
des Tarifvertrages abgestellt hätten, wäre der Kläger nämlich auch nicht besser
gestellt. Die Wahl dieses Stichtages und damit die Bevorzugung derjenigen, die die
Ausschlussvoraussetzungen erst danach erfüllten lag nahe, weil der frühere
Versorgungstarifvertrag zu 31.12.2001 gekündigt war und die bisherige VBL-
Satzung auf die er sich bezog zu diesem Zeitpunkt auslief. Für die Zeit ab dem
01.01.2002 war deshalb eine Regelung notwendig. Ab diesem Zeitpunkt konnten
Mitarbeiter auch das Inkrafttreten einer Neuregelung erwarten. Sie zu
benachteiligen, weil die Tarifvertragsparteien bis zum Jahr 2005 brauchten um die
Neuregelung abzuschließen, wäre höchst bedenklich gewesen.
3.
Es liegt auch keine verbotene Diskriminierung wegen Alters vor. Die oben
ausgeführten Gründe rechtfertigen auch die Jahrgänge vor 1939 von der
Neuregelung auszuschließen.
Dies gilt auch für die übrigen gerügten Normverstöße.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sie erfolglos blieb.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.