Urteil des LAG Hessen vom 26.10.2009

LAG Frankfurt: tarifvertrag, vergütung, treu und glauben, hessen, arbeitsgericht, betriebsrat, willenserklärung, gewerkschaft, unternehmen, feststellungsklage

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
16. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
16/8 Sa 475/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Kleine dynamische Verweisungsklausel
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 12.
November 2008 – 3 Ca 116/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Klarstellend wird Ziffer 1 des Tenors wie folgt gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass sich die Vergütung für die Altersteilzeit ab dem 01.
Dezember 2008 nach § 9 des Tarifvertrages über die Förderung der Altersteilzeit in
Verbindung mit § 8 Abs. 2 des Rahmentarifvertrages in Verbindung mit § 1 des
Tarifvertrages über die Tabellenvergütung und Ausbildungsvergütungen und die
Übernahme von Ausgebildeten, sämtlich abgeschlossen zwischen der
Arbeitgebervereinigung energiewirtschaftlicher Unternehmen e. V. (AVE) und der
Dienstleistungsgewerkschaft e. V. (ver.di), in der jeweils gültigen Fassung richtet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug nur noch darüber, ob die zwischen
der Arbeitgebervereinigung energiewirtschaftlicher Unternehmen e. V. (AVE) und
der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft e. V. (ver.di) abgeschlossenen
Tarifverträge für das zwischen ihnen bestehende Altersteilzeitarbeitsverhältnis
auch nach dem Verbandsaustritt der Beklagten hinsichtlich der Vergütung
dynamisch fortgelten.
Der am 06. November 1950 geborene, nicht tarifgebundene Kläger trat mit
Wirkung zum 01. Oktober 1975 in ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten, die zu
diesem Zeitpunkt Mitglied der AVE war. In § 2 des Arbeitsvertrages vom 15.
August 1975 (Bl. 24, 25 d. A.) trafen die Parteien folgende Regelung:
"Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem jeweils gültigen
Rahmentarifvertrag für die Versorgungs- und Verkehrsunternehmen, der zwischen
der Arbeitgebervereinigung energiewirtschaftlicher Unternehmen e. V. einerseits
und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Bezirksleitung
Hessen sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, Landesverband Hessen,
andererseits, abgeschlossen wurde."
Unter dem 24. November 2006 (Anlage zur Klageschrift/Bl. 22, 23 d. A.) schlossen
die Parteien einen "Vertrag über Altersteilzeit". Danach sollte das zwischen ihnen
bestehende Arbeitsverhältnis unter Abänderung und Ergänzung nach Maßgabe
der Vorschriften des geschlossenen Vertrages vom 01. Dezember 2008 bis zum
30. November 2013 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im sog. Blockmodell
fortgeführt werden. Der Vertrag lautet einleitend wie folgt:
"... wird auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung über die Fortführung des
Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit, abgeschlossen am 21. Juli 2004
zwischen der A einerseits und dem Betriebsrat der A andererseits folgende
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zwischen der A einerseits und dem Betriebsrat der A andererseits folgende
Vereinbarung geschlossen: ..."
Beigefügt war dem Vertag gem. § 4 die Betriebsvereinbarung vom 21. Juli 2004
sowie der unter dem 01. Juli 2002 zwischen AVE und ver.di Hessen geschlossene
Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit (TV-ATZ), der u. a. folgende
Regelungen beinhaltet:
"§ 9
Vergütung
1. Der Arbeitnehmer erhält für die Dauer des
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses das Teilzeitarbeitsentgelt gem. § 9 Abs. 2 RTV
(laufende Arbeitsbezüge) für die Altersteilzeit sowie die Aufstockungszahlung nach
§ 10 dieses Tarifvertrages.
2. Bei der Verteilung der Arbeitszeit gem. § 7 Nr. 2 wirken sich tarifliche
Vergütungsänderungen und Stufensteigerungen auch während der
Freistellungsphase auf das Arbeitsentgelt aus.
...
§ 18
Schlussbestimmungen
...
2. Dieser Tarifvertrag tritt am 31.07.2004 außer Kraft. Für Arbeitnehmer,
die bis zu diesem Zeitpunkt in Altersteilzeit eingetreten sind, gelten die tariflichen
Bestimmungen weiter. Im Übrigen wird die Nachwirkung gem. § 4 Abs. 5 TVG
ausgeschlossen.
Durch Betriebsvereinbarung kann vor Ablauf des 31.07.2004 vereinbart
werden, die Regelungen dieses Tarifvertrages auch über den 31.07.2004 bis max.
zum 31.12.2009 fortzuführen. In diesem Fall gilt dieser Tarifvertrag in der jeweils
für die Gruppe Hessen der AVE geltenden Fassung über den 31.07.2004 hinaus als
firmenbezogener Verbandstarifvertrag weiter. Zu dem in der Betriebsvereinbarung
vereinbarten Zeitpunkt tritt dieser firmenbezogene Verbandstarifvertrag außer
Kraft. Für Arbeitnehmer, die bis zu diesem Zeitpunkt in Altersteilzeitarbeit
eingetreten sind, gelten die Bestimmungen des firmenbezogenen
Verbandstarifvertrages weiter. Im Übrigen wird die Nachwirkung gem. § 4 Abs. 5
TVG ausgeschlossen.
..."
Durch die Betriebsvereinbarung vom 21. Juli 2004 verständigten sich die Beklagte
und der bei ihr gewählte Betriebsrat auf der Grundlage des § 18 Abs. 2 TV-ATZ
über die Fortführung des TV-ATZ bis zum 31. Dezember 2009 in der jeweils für die
Gruppe Hessen der AVE geltenden Fassung, unter Beachtung der jeweils gültigen
gesetzlichen Regelungen unter Ausschluss der Nachwirkung.
§ 9 Abs. 2 des für denselben Geltungsbereich wie der TV-ATZ zwischen den
vorgenannten Tarifvertragsparteien ebenfalls unter dem 01. Juli 2002
geschlossenen Rahmentarifvertrages (RTV-AVE) lautet:
"Die laufenden Arbeitsbezüge bestehen aus der nach dem
Vergütungstarifvertrag für die regelmäßige Arbeitszeit zu zahlenden
Tabellenvergütung sowie aus etwaigen, ständig wiederkehrenden Arbeitszulagen
und -zuschlägen ..."
Am 31. März 2006 wurde zwischen den vorgenannten Tarifvertragsparteien ein
neuer Rahmentarifvertrag mit Wirkung zum 01. Mai 2006, erstmals kündbar zum
31. Dezember 2011 geschlossen, in dem § 9 inhaltsgleich in einen § 8 überführt
wurde.
Der bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages geltende Tarifvertrag über die
Tabellen- und Ausbildungsvergütungen und zur Übernahme von Auszubildenden
(VergütungsTV-AVE) wurde zum 30. September 2007 gekündigt und mit Wirkung
zum 01. November 2007 durch einen neuen, unter dem 02. November 2007
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zum 01. November 2007 durch einen neuen, unter dem 02. November 2007
geschlossenen VergütungsTV-AVE abgelöst, in dessen Anlage 1 höhere
Tabellenentgelte festgelegt wurden.
Seit dem 01. Januar 2007 ist die Beklagte Mitglied des Kommunalen
Arbeitgeberverbandes Hessen e. V. (KAV) und mit Wirkung zum 30. September
2007 aus der AVE ausgeschieden. Am 31. Oktober 2007 schlossen die Beklagte
und der KAV einerseits und ver.di andererseits einen landesbezirklichen
Tarifvertrag zum Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) – Zusatztarifvertrag Nr.
32 zum TV-V (Landesbezirks-TV Nr. 6/2007), der mit Wirkung zum 01. Oktober
2007 in Kraft getreten ist. Dieser bestimmt in § 1:
"Geltungsbereich
(1) Dieser Tarifvertrag gilt für Arbeitnehmer und Auszubildende der A.
(2) Dieser Tarifvertrag findet mit Ausnahme der Regelung des folgenden
Satzes 2 keine Anwendung auf Arbeitnehmer, die sich am 31. Dezember 2007 in
der Arbeits- bzw. Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach
dem Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit befinden. Für diese
Arbeitnehmer verbleibt es bei der Anwendung der am 30. September 2007
maßgeblichen tariflichen Regelungen in der zu diesem Zeitpunkt geltenden
Fassung.
(3) Für Arbeitnehmer, mit denen bis zum 31. Dezember 2006 ein
Altersteilzeitarbeitsvertrag abgeschlossen wurde, die sich jedoch am 31.
Dezember 2007 noch nicht in der Arbeits- bzw. Freistellungsphase befinden, finden
bis zum Beginn der Arbeitsphase die Regelungen des TV-V mit den Maßgaben
dieses Tarifvertrages Anwendung. Ab dem Beginn der Arbeitsphase gelten für die
Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses die am 30. September 2007
maßgeblichen tariflichen Regelungen in der zu diesem Zeitpunkt geltenden
Fassung. ..."
Die Beklagte weigerte sich u. a., die Altersteilzeitvergütung an die Änderungen des
zum November 2007 hin in Kraft getretenen VergütungsTV-AVE vom 02.
November 2007 anzupassen.
Mit im Mai 2008 erhobener Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die
Beklagte sei verpflichtet, den RTV-AVE, den TV-ATZ und den VergütungsTV-AVE in
der jeweils gültigen Fassung auch nach dem 30. September 2007 auf das
Arbeitsverhältnis und auch auf das zum 1. Dezember 2008 beginnende
Altersteilzeitverhältnis anzuwenden, da aus seiner Sicht die Anwendbarkeit dieser
Tarifverträge vertraglich vereinbart worden sei. Er hat vor dem Arbeitsgericht
zuletzt beantragt,
festzustellen, dass auf das zwischen ihm und der Beklagten
bestehende Arbeitsverhältnis rückwirkend ab dem 1. Januar 2008 sowie für die
Zukunft die tarifvertraglichen Regelungen des Rahmentarifvertrages, des
Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit, des Tarifvertrages
vermögenswirksame Leistungen, des Vergütungstarifvertrages sowie des
Tarifvertrages über die Tabellenvergütung und Ausbildungsvergütung, die zwischen
dem Arbeitgebervereinigung energiewirtschaftlicher Unternehmen e. V. und der
Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft e. V. (ver.di) abgeschlossen sind, in der
jeweils gültigen Fassung anzuwenden sind.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass aufgrund der arbeitsvertraglich
erfolgten Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen nach dem
Verbandswechsel für alle Arbeitnehmer ab dem 01. Oktober 2007 der für sie
bindende Landesbezirks-TV Nr. 6/2007 gelte. Für die Geltung tarifvertraglicher
Bestimmungen sei allein die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vom 15.
August 1975 maßgeblich, die als Gleichstellungsabrede zu qualifizieren sei und
dynamisch auf die jeweils für sie geltenden Tarifverträge verweise. Dies gelte auch
für das Altersteilzeitverhältnis. Jedenfalls könne der Kläger aber die mit Wirkung ab
dem 01. November 2007 erhöhte Vergütung nach dem VergütungsTV-AVE vom
02. November 2007 im Rahmen des Altersteilzeitverhältnisses nicht
beanspruchen, da sich der in Nachwirkung befindliche TV-ATZ hierauf nicht
erstrecke.
Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts, des weiteren Vortrags der Parteien
im ersten Rechtszug und der weiter gestellten Anträge wird im Übrigen ergänzend
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im ersten Rechtszug und der weiter gestellten Anträge wird im Übrigen ergänzend
auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 85 – 92 d. A.) gem. § 69 Abs. 2
ArbGG Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Fulda hat mit Urteil vom 12. November 2008 – 3 Ca 116/08 –
die Klageanträge dahin ausgelegt, dass sie auf die Feststellung der für die
Vergütung maßgeblichen tariflichen Bestimmungen gerichtet sind und sie mangels
Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig abgewiesen, soweit die Geltung des
Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit sowie des Tarifvertrages
vermögenswirksame Leistungen festgestellt werden sollte, da die Geltung selbst
unstreitig sei. Weiter hat es die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit mit ihr
die Anwendbarkeit der übrigen Tarifverträge auch für die Zeit bis zum Beginn des
Altersteilzeitverhältnisses festgestellt werden sollte, ihr jedoch für die Zeit ab dem
Beginn des Altersteilzeitverhältnisses stattgegeben. Zur Begründung hat das
Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass sich das Arbeitsverhältnis
aufgrund der im Arbeitsvertrag vereinbarten, als Gleichstellungsabrede
auszulegenden Bezugnahmeklausel bis zum Beginn des Altersteilzeitverhältnisses
nach dem Landesbezirks-TV Nr. 6/2007 richte. Ab Beginn des
Altersteilzeitverhältnisses richte sich der Vertrag jedoch nach den zwischen AVE
und ver.di vereinbarten Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Die
Auslegung des Altersteilzeitvertrages ergebe, dass der TV-ATZ Bestandteil des
Altersteilzeitvertrages geworden sei. Über die in § 9 TV-ATZ zulässigerweise
erfolgte dynamische Blankettverweisung auf § 9 Abs. 2 RTV-AVE bzw. nunmehr auf
§ 8 Abs. 2 RTV-AVE seien diese Bestimmungen und über diese der VergütungsTV-
AVE in der jeweils geltenden Fassung in Bezug genommen worden, sodass der
Verbandswechsel ohne Bedeutung sei. Wegen der vollständigen
Entscheidungsgründe wird im Übrigen auf die S. 9 – 23 des angefochtenen Urteils
(Bl. 92 – 105 d. A.) ergänzend Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).
Gegen dieses Urteil, das der Beklagten am 16. Februar 2009 zugestellt worden ist,
hat die Beklagte am 11. März 2009 Berufung eingelegt und diese mit am 14. April
2009 eingegangenem Schriftsatz begründet. Sie hält unter Wiederholung und
Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens an der Auffassung fest, dass der
Altersteilzeitvertrag keine konstitutive Bezugnahme auf den TV-ATZ beinhalte.
Dieser komme aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auch auf das
Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung. Die
Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag verweise als Gleichstellungsabrede
dynamisch auf die jeweils für sie geltenden Tarifverträge und damit für die Zeit ab
Oktober 2007 auf den für sie verbindlichen Landesbezirks-TV Nr. 6/2007. Zudem
wirke aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 21. Juli 2004 der TV-ATZ ab dem 01.
August 2004 als firmenbezogener Tarifvertrag (Haustarifvertrag) nach. Dieser in
der Nachwirkung befindliche Haustarifvertrag sei durch den Landesbezirks-TV Nr.
6/2007 zulässigerweise abgelöst geworden. Selbst wenn man in den Regelungen
des Altersteilzeitvertrages eine erneut zu bewertende Bezugnahme auf den TV-
ATZ erkennen wolle, könne der Kläger Vergütung nach dem VergütungsTV-AVE
vom 02. November 2007 nicht beanspruchen, da sich der TV-ATZ in Nachwirkung
befunden und die Verweisung auf den RTV-AVE und den VergütungsTV-AVE nur
statisch fortgegolten habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 12. November 2008 – 3 Ca 116/08 –
abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil, soweit von der Beklagten angegriffen.
Wegen des vollständigen Vortrags der Parteien im Berufungsrechtszug wird im
Übrigen auf die Berufungsbegründung insgesamt (Bl. 117 – 126 d. A.), auf den
klägerischen Schriftsatz vom 15. Juni 2009 (Bl. 155 – 156 d. A.) sowie auf die
Berufungsbeantwortung (Bl. 141- 145 d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A)
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 12.
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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 12.
November 2008 – 3 Ca 116/08 – ist zulässig. Sie ist gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 b
ArbGG nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als € 600,00
statthaft und im Sinne der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1, Abs. 3
und Abs. 5 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und
ordnungsgemäß begründet worden. Der Sache nach ist das Rechtsmittel auf eine
nur teilweise Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts beschränkt und damit
auch die erforderliche Beschwer gegeben.
B)
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Durch die im Tenor des Berufungsurteils erfolgte Klarstellung wurde lediglich die
vom Arbeitsgericht ausweislich der Ausführungen in den Entscheidungsgründen
bei der Abfassung des Tenors übersehene Änderung der Paragrafenfolge in der
zuletzt maßgeblichen Fassung des RTV-AVE vom 31. März 2006 im Tenor textlich
nachvollzogen, ohne die Entscheidung in der Sache abzuändern.
Mit zutreffenden Gründen hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Beklagte
verpflichtet ist, dem Kläger mit Beginn des Altersteilzeitverhältnisses am 1.
Dezember 2008 Vergütung nach § 9 des TV-ATZ i. V. m. § 8 Abs. 2 RTV-AVE i. V.
m. dem EntgeltTV-AVE in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen, weil die
genannten tariflichen Bestimmungen in den jeweils geltenden Fassungen auf das
Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden. Daran hat der Verbandswechsel
der Beklagten nichts geändert.
I.
Die Klage ist zulässig.
Das Arbeitsgericht hat den Klageantrag, jedenfalls soweit er noch Gegenstand des
Berufungsverfahrens ist, d. h. soweit er sich auf die Feststellung der Anwendbarkeit
der genannten Tarifverträge auf das Altersteilzeitverhältnis bezieht, unter
Berücksichtigung des durch die Klagebegründung zum Ausdruck gebrachten
Rechtsschutzziels zutreffend dahingehend ausgelegt, dass mit ihm geklärt werden
soll, ob sich die Vergütung im Altersteilzeitverhältnis auch nach dem
Verbandsaustritt der Beklagten zum 30. September 2007 und dem Abschluss des
Landesbezirks-TV Nr. 6/2007 noch nach den im Tenor genannten Tarifverträgen in
ihrer jeweils gültigen Fassung richtet. So verstanden ist der Antrag letztlich
hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. Nr. 2 ZPO und auch das für einen
Feststellungsantrag gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere
Feststellungsinteresse gegeben. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne
Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche
oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken –
sog. Elementenfeststellungsklage
. Auch
die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein
Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein, obwohl es sich
dabei nicht um das Rechtsverhältnis der Parteien insgesamt, sondern nur um
einen Teil dieses Rechtsverhältnisses handelt
.
Der Zulässigkeit steht auch die grundsätzliche Subsidiarität einer
Feststellungsklage gegenüber möglichen Leistungsklagen nicht entgegen. Dieser
Grundsatz gilt nicht gegenüber Klagen auf zukünftige Leistungen
. Zudem gilt der
Vorrang der Leistungsklage auch nicht uneingeschränkt. Eine Feststellungsklage
ist trotz möglicher Leistungsklage auch dann zulässig, wenn mit ihr eine
sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist
und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage
sprechen .
Das der Vollstreckung nicht zugängliche Feststellungsurteil ist im Streitfall
geeignet, den Streit der Parteien über die Vergütungshöhe im
Altersteilzeitverhältnis, der sich aus der Bezugnahmeklausel ergibt, endgültig
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Altersteilzeitverhältnis, der sich aus der Bezugnahmeklausel ergibt, endgültig
beizulegen und weitere Prozesse zu vermeiden sowie Leistungsklagen entbehrlich
zu machen. Zwischen den Parteien besteht lediglich Streit darüber, ob die
Tarifverträge in den genannten Fassungen nach dem Verbandswechsel der
Beklagten fortgelten. Kein Streit besteht über die Höhe der sich daraus
ergebenden Leistungspflichten.
II.
Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist kraft vertraglicher Vereinbarung
verpflichtet, dem Kläger eine Altersteilzeitvergütung gemäß den zwischen dem
AVE und ver.di geschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung zu
zahlen. Dies ergibt sich aus dem Altersteilzeitvertrag vom 24. November 2006.
Aus diesem folgt eine konstitutive Bezugnahme auf die in den Anträgen
genannten tariflichen Bestimmungen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Der
Verbandsaustritt der Beklagten und ihr Verbandswechsel ist daher für die
arbeitsvertragliche Verpflichtung, Altersteilzeitvergütung gemäß den jeweils
geltenden Tarifverträgen der AVE zu gewähren, ohne Bedeutung. Diese
Verpflichtung wird auch vom abgeschlossenen Landesbezirks-TV nicht berührt.
1.
Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu
und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen müssen. Dabei
ist vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien
sind aber auch außerhalb der Vereinbarung liegende Umstände einzubeziehen,
soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen
. Dies gilt auch für dynamische
Verweisungsklauseln
.
Im Altersteilzeitvertrag haben die Parteien vereinbart, dass der Vertrag auf der
Grundlage der zwischen der Beklagten und dem bei ihr gewählten Betriebsrat
unter dem 21. Juli 2004 geschlossenen Betriebsvereinbarung über die Fortführung
des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit geschlossen werden soll. Diese
Betriebsvereinbarung bestimmt, dass die Regelungen des von der AVE und ver.di
für die Arbeitnehmer der zur Gruppe Hessen des AVE gehörenden
Mitgliedsunternehmen vereinbarten Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit
vom 1. Juli 2002 gemäß § 18 Abs. 2 TV-ATZ über den 31. Juli 2004 bis zum 31.
Dezember 2009 in der jeweils geltenden Fassung fortgeführt werden. Durch den
Verweis auf die genannte Betriebsvereinbarung haben die Parteien zum Ausdruck
gebracht, dass der Altersteilzeitvertrag auf der Grundlage des TV-ATZ in der
jeweils gültigen Fassung geschlossen werden soll. Da der Altersteilzeitvertrag im
Übrigen nur Regelungen zu Beginn und Ende der Altersteilzeit sowie über die
Durchführung im Blockmodell beinhaltet und bis auf die Frage der
Ergebnisbeteiligung insbesondere keine Regelungen zur Vergütung trifft, ist
ausgehend vom Wortlaut unter Berücksichtigung der Gesamtumstände davon
auszugehen, dass sich die Ausgestaltung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses
nach dem Willen der Parteien im Übrigen nach den Bestimmungen des gem. § 4 in
der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung beigefügten TV-ATZ
richtet und der genannte Tarifvertrag zum Inhalt des Altersteilzeitvertrages
gemacht werden sollte. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände haben die
Parteien entgegen der Auffassung der Beklagten durch die Bezugnahme auf den
TV-ATZ nicht lediglich deklaratorisch auf die bereits auf anderer Grundlage
geltenden tariflichen Bestimmungen zur Unterrichtung des Klägers hingewiesen.
Es handelt sich vielmehr um eine konstitutive Bezugnahme auf den TV-ATZ in der
jeweils gültigen Fassung, die nicht von der Tarifgebundenheit der Beklagten
abhängig ist.
Arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf Tarifverträge haben regelmäßig konstitutive
und nicht nur deklaratorische Bedeutung, da durch sie die Anwendung tariflicher
Vorschriften auf das Arbeitsverhältnis sichergestellt werden soll
. Zu diesem Zweck bedarf es insbesondere bei
tarifungebundenen Arbeitnehmern, wie dem Kläger, einer rechtsbegründenden
Vereinbarung zur Geltung der Tarifverträge.
Im Streitfall ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht wegen der
bereits im Arbeitsvertrag vereinbarten Verweisungsklausel von einer lediglich
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bereits im Arbeitsvertrag vereinbarten Verweisungsklausel von einer lediglich
deklaratorischen Bezugnahme im Altersteilzeitvertrag auszugehen. Nach dem
Wortlaut des § 2 des Arbeitsvertrages ist lediglich der jeweils gültige RTV-AVE in
Bezug genommen. Über § 9 RTV-AVE i. V. m. § 4 des Arbeitsvertrages ist mittelbar
auch der EntgeltTV-AVE in Bezug genommen. Dass auf das Arbeitsverhältnis der
Parteien auch der TV-ATZ zur Anwendung kommen sollte, ist arbeitsvertraglich
weder ausdrücklich vereinbart noch dem Vertrag nach den Gesamtumständen mit
hinreichender Eindeutigkeit im Wege der Auslegung zu entnehmen. Aus der nach
seinem Wortlaut lediglich beschränkten Bezugnahme auf den RTV-AVE und dem
Regelungsgegenstand des TV-ATZ kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen
werden, dass die Beklagte die besonderen Leistungen nach dem TV-ATZ auch
nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern gewähren wollte. Ohne dass sich die
Parteien aber bereits zuvor eindeutig auf die Anwendbarkeit des TV-ATZ auf ihr
Arbeitsverhältnis verständigt haben, kann das von der Beklagten durch Vorlage
des Vertragsformulars unterbreitete Angebot auf Abschluss des
Altersteilzeitvertrages aus der insoweit maßgeblichen Sicht eines objektiven
Erklärungsempfängers nur dahingehend verstanden werden, dass damit die
tarifliche Regelung konstitutiv zum Inhalt des Altersteilzeitvertrages gemacht und
auf sie nicht lediglich deklaratorisch hingewiesen werden sollte. Dieses
Auslegungsergebnis entspricht auch den Interessen der Parteien. So wird durch
den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages ein Arbeitsverhältnis grundlegend
umgestaltet. Dabei werden auch die Hauptleistungspflichten geändert. Dies
begründet das Interesse der Parteien, sich konkret bei Abschluss der
Änderungsvereinbarung eindeutig über die nunmehr geltenden
Hauptleistungspflichten zu verständigen. Dies spräche aus Sicht der Kammer
selbst dann für den Willen zu einer konstitutiven Verweisung, wenn durch den
ursprünglichen Arbeitsvertrag bereits auf die Geltung des RTV-AVE und die diesen
ergänzenden Tarifverträge, abgeschlossen zwischen AVE und ÖTV/DAG bzw. ihren
Rechtsnachfolgern, verwiesen worden bzw. von einer solchen Verweisung aufgrund
gebotener Auslegung auszugehen wäre, wie die Beklagte meint. Gerade die
Bedeutung der Änderung insbesondere für den Arbeitnehmer würde trotz der in §
1 des Altersteilzeitvertrages zum Ausdruck gebrachten Fortgeltung des
Arbeitsvertrages im Übrigen das Interesse der Parteien begründen, bei
Umwandlung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitverhältnis viele Jahre
nach Abschluss des Arbeitsvertrages die für das Altersteilzeitverhältnis
maßgeblichen Bedingungen, insbesondere die Höhe der Vergütung erneuernd,
verbindlich neu festzuschreiben.
Die Parteien haben im Altersteilzeitvertrag eine sog. kleine dynamische
Verweisung vereinbart, durch die der konkret benannte Tarifvertrag in seiner
jeweils geltenden Fassung unabhängig von der Tarifgebundenheit der Beklagten
und nicht die jeweils für die Arbeitgeberin geltenden tariflichen Bestimmungen zur
Altersteilzeit in Bezug genommen worden sind.
Eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Bezugnahme auf einen bestimmten
Tarifvertrag, die durch den Verweis auf die Betriebsvereinbarung vom 21. Juli 2004
erfolgt ist, ist jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an
den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer
erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden
ist, eine konstitutive Verweisungsklausel, die durch einen Verbandsaustritt des
Arbeitgebers oder einen sonstigen Wegfall seiner Tarifgebundenheit nicht berührt
wird . Zwar waren nach
der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei Tarifbindung des
Arbeitgebers, anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern,
Verweisungsklauseln wie diejenige aus dem Altersteilzeitvertrag der Parteien in
aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Dies beruhte auf der
Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber
gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Tarifgebundenheit
des Arbeitnehmers ersetzt werden solle, um jedenfalls zu einer vertraglichen
Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages zu kommen und damit zu dessen
Geltung für alle Beschäftigten. Nach dem so verstandenen Sinn und Zweck der
Klausel sollte das Arbeitsverhältnis an den dynamischen Entwicklungen des in
Bezug genommenen Tarifvertrages nur so lange teilnehmen, wie der Arbeitgeber
selbst tarifgebunden war. Trat er aus dem tarifschließenden Verband aus, wirkten
die zum Zeitpunkt des Endes der Tarifgebundenheit gültigen Normen des
Tarifvertrages im Verhältnis zu den tarifgebundenen Arbeitnehmern statisch
weiter. Der Gleichstellungszweck der Klausel konnte gegenüber den nicht
tarifgebundenen Arbeitnehmern nur dann erfüllt werden, wenn auch für diese die
Normen des im Vertrag in Bezug genommenen Tarifvertrages nur statisch weiter
Normen des im Vertrag in Bezug genommenen Tarifvertrages nur statisch weiter
galten
. Nach
zwischenzeitlich erfolgter Rechtsprechungsänderung
, die bereits im Urteil des Bundesarbeitsgerichts
vom 14. Dezember 2005
angekündigt worden war und der die Kammer sich anschließt, ist die
Auslegung von vom Arbeitgeber gestellten Verweisungsklauseln in
Arbeitsverträgen, wie im Streitfall, die nach dem In-Kraft-Treten der
Schuldrechtsreform vom 01. Januar 2002 abgeschlossen worden sind, aber in
erster Linie am Wortlaut der Verweisungsklausel zu orientieren. Soweit ein
Vertragspartner vom Wortlaut abweichende Regelungsziele verfolgt, können diese
danach nur in die Auslegung eingehen, wenn sie für den anderen Vertragspartner
mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommen. Eine individualvertragliche
Klausel, die ihrem Wortlaut nach ohne Einschränkung auf einen bestimmten
Tarifvertrag in seiner jeweils geltenden Fassung verweist, ist daher im Regelfall
dahingehend auszulegen, dass dieser Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung
gelten soll und dass diese Geltung nicht von Faktoren abhängt, die nicht im
Vertrag genannt oder sonst für beide Parteien ersichtlich zur Voraussetzung
gemacht worden sind. Die Bezugnahmeklausel kann bei einer etwaigen
Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an dem im Arbeitsvertrag genannten
Tarifvertrag grundsätzlich keine andere Wirkung haben als bei einem nicht
tarifgebundenen Arbeitgeber. In beiden Fällen unterliegt die in der
Bezugnahmeklausel liegende Dynamik keiner auflösenden Bedingung. Dies ergibt
sich daraus, dass rechtsgeschäftliche Willenserklärungen grundsätzlich nach
einem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen sind. Dabei haben die Motive
des Erklärenden, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger,
für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbarer Weise ihren Niederschlag
finden, außer Betracht zu bleiben. Es besteht keine Verpflichtung des
Erklärungsempfängers, den Inhalt oder den Hintergrund des ihm regelmäßig
formularmäßig gemachten Angebots durch Nachfragen aufzuklären. Kommt der
Wille des Erklärenden nicht oder nicht vollständig zum Ausdruck, gehört dies zu
dessen Risikobereich. Die Regelung eines Vertrages über eine entgeltliche
Leistung beschränkt sich im Allgemeinen auf die Bestimmung von Leistung und
Gegenleistung. Die Motive, aus denen jeder der Partner den Vertrag schließt, sind
für die Rechtsfolgen des Vertrages grundsätzlich unbeachtlich, weil sie nicht Teil
der vertraglichen Vereinbarung selbst, nämlich der Bestimmung von Leistung und
Gegenleistung sind. Für die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel bedeutet dies,
dass ihr Bedeutungsinhalt in erster Linie anhand des Wortlauts zu ermitteln ist. Bei
der arbeitsvertraglichen dynamischen Inbezugnahme eines bestimmten
Tarifvertrages in seiner jeweiligen Form ist der Wortlaut zunächst eindeutig und es
bedarf im Grundsatz keiner weiteren Heranziehung von Auslegungsfaktoren.
Lediglich wenn von den Parteien weitere Tatsachen vorgetragen werden oder sonst
ersichtlich sind, die Zweifel an der wortgetreuen Auslegung der Vertragsklausel
begründen können, weil sie für beide Seiten erkennbar den Inhalt der jeweils
abgegebenen Willenserklärung in einer sich im Wortlaut nicht niederschlagenden
Weise beeinflusst hat, besteht Anlass, die Wortauslegung in Frage zu stellen
. Die möglichen Motive der
Vertragsparteien können daher für sich genommen keinen entscheidenden
Einfluss auf die Auslegung der Verweisungsklausel haben, zumal sie in der Regel
heterogen sind. Ist der Arbeitgeberin tarifgebunden, liegt es zwar nahe, in der
beabsichtigten Gleichstellung tarifgebundener mit nicht tarifgebundenen
Arbeitnehmern ein ggf. auch vorrangiges Motiv für das Stellen einer
Verweisungsklausel zu sehen. Die mögliche Tarifgebundenheit des Arbeitgebers ist
jedoch kein Umstand, der für die Auslegung einer dem Wortlaut nach eindeutigen
Verweisungsklausel maßgeblich sein kann, wenn der Arbeitgeber sie nicht
ausdrücklich oder in einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbaren
Weise zur Voraussetzung oder zum Inhaltselement seiner Willenserklärung
gemacht hat. Dies gilt umso mehr, als dem Arbeitgeber eine entsprechende
Vertragsgestaltung ohne Schwierigkeit möglich wäre. Er ist es, der die
Verweisungsklausel formuliert. Deshalb ist eine unterschiedliche Auslegung
desselben Wortlauts je nachdem, ob der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der
Vereinbarung tarifgebunden war oder nicht, ohne Hinzutreten weiterer
Anhaltspunkte nicht zu rechtfertigen. Es besteht deshalb auch keine Obliegenheit
des Arbeitnehmers, die Reichweite seiner eigenen Willenserklärung durch eine
Nachfrage beim Arbeitgeber hinsichtlich dessen Tarifgebundenheit zu ermitteln
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Nachfrage beim Arbeitgeber hinsichtlich dessen Tarifgebundenheit zu ermitteln
.
Diesen Kriterien folgend ist die Verweisungsklausel im Altersteilzeitvertrag der
Parteien vom 24. November 2006 als eine eigenständige konstitutive
Bezugnahme auf den TV-ATZ in seiner jeweiligen Fassung auszulegen, die nicht
von der Tarifgebundenheit der Beklagten abhängt.
Der Wortlaut der Vereinbarung ist eindeutig. Danach wird der Altersteilzeitvertrag
auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung über die Fortführung des TV-ATZ vom
21. Juli 2004 geschlossen, die die Fortgeltung des TV-ATZ über den 31. Juli 2004 bis
zum 31. Dezember 2009 in der jeweils geltenden Fassung vorsieht. Dass der TV-
ATZ nur so lange gelten soll, wie die Beklagte selbst an diesen Tarifvertrag
gebunden ist und dass dies daraus folgt, dass sie zu diesem Zeitpunkt
tarifgebunden war, ist dem Wortlaut der Klausel nicht zu entnehmen.
Es sind auch keine sonstigen Umstände erkennbar, die Zweifel an einer
wortgetreuen Auslegung der Vertragsklausel begründen könnten, weil sie für beide
Seiten erkennbar den Inhalt der jeweils abgegebenen Willenserklärung in einer sich
im Wortlaut nicht niedergeschlagenen Weise beeinflusst haben. Insbesondere sind
keine Umstände erkennbar, aus denen eine Einschränkung des Wortlauts der
Vereinbarung als Vertragsinhalt für den Kläger so deutlich geworden ist, dass seine
zustimmende Willenserklärung zu der Klausel als Zustimmung zu solchen
Einschränkungen auszulegen ist.
Die Bezugnahmeklausel im Altersteilzeitvertrag lässt sich nach den
Gesamtumständen insbesondere nicht als sog. Tarifwechselklausel auslegen,
durch die der nach dem Verbandsaustritt geschlossene, für die Beklagte geltende
Landesbezirks-TV Nr. 6/2007 zur Anwendung käme, der die Höhe der
Altersteilzeitvergütung auf den Stand vom 30. September 2007 einfriert. Die
Bezugnahme auf das Tarifwerk einer bestimmten Branche kann über ihren
Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung, d. h. als Bezugnahme
auf den jeweils für den Betrieb fachlich bzw. betrieblich geltenden Tarifvertrag
ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt
. Der Gleichstellungszweck, den die Bezugnahme im Arbeitsvertrag
verfolgt, rechtfertigt keine solche Auslegung
.
Ein solches Auslegungsergebnis lässt sich im Streitfall auch nicht aus der
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04. September 1996
ableiten. In dieser
Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht zwar festgestellt, dass eine
arbeitsvertragliche Verweisungsklausel, die einen konkret benannten Tarifvertrag
in der jeweils geltenden Fassung in Bezug nimmt, bei Verbandswechsel des
Arbeitgebers in der Regel jedenfalls dann dahin korrigierend ausgelegt werden
müsse, dass die Verweisung auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag
erfolge, wenn die Tarifverträge von derselben Gewerkschaft abgeschlossen
werden. Anders als in diesem Fall gehört der Kläger vorliegend jedoch nicht der
Gewerkschaft an, die die Tarifverträge geschlossen hat. Darüber hinaus beruht die
in der genannten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vorgenommene
korrigierende Auslegung entscheidend darauf, dass es sich bei der Klausel nach
ihrer Zwecksetzung um eine sog. Gleichstellungsabrede handelt. Hiervon kann
aber im Streitfall, wie dargelegt, nicht ausgegangen werden, weil es sich um eine
nach dem 01. Januar 2002 gestellte Arbeitsvertragsbedingung handelt, in der die
Tarifgebundenheit der Beklagten nicht in einer für den Kläger erkennbaren Weise
zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist.
Auch sonstige Umstände, die für eine Tarifwechselklausel sprechen würden, sind
nicht erkennbar. Insbesondere lässt sich auch nicht aus den tariflichen
Bezugnahmeklauseln die Geltung anderer Tarifverträge insbesondere zur
Bestimmung der Höhe der Vergütung als den zwischen AVE und ver.di
geschlossenen ableiten.
Der Altersteilzeitvertrag regelt ebenso wenig wie der über die
Betriebsvereinbarung vom 21. Juli 2004 in Bezug genommene TV-ATZ die absolute
Höhe der Altersteilzeitvergütung. Der Altersteilzeitvertrag beinhaltet außer einer
Regelung zur Ergebnisbeteiligung keinerlei Bestimmungen zur Höhe der
Vergütung. Die Höhe der Vergütung ergibt sich auch nicht aus der
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Vergütung. Die Höhe der Vergütung ergibt sich auch nicht aus der
Betriebsvereinbarung vom 21. Juli 2004. § 9 TV-ATZ bestimmt in Ziffer 1., dass der
Arbeitnehmer für die Dauer des Altersteilzeitverhältnisses das
Teilzeitarbeitsentgelt gem. § 9 Abs. 2 RTV (laufende Arbeitsbezüge) für die
Altersteilzeit sowie die Aufstockungszahlung nach § 10 des TV-ATZ erhält und sieht
in Ziffer 2. vor, dass sich bei der Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell tarifliche
Vergütungsänderungen und Stufensteigerungen auch während der
Freistellungsphase auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Aus dem
Gesamtzusammenhang ergibt sich, dass durch den im TV-ATZ erfolgten Verweis
auf § 9 Abs. 2 RTV der ebenfalls von den Tarifvertragsparteien des TV-ATZ
geschlossene RTV-AVE in Bezug genommen und der ergänzungsbedürftige TV-
ATZ hierdurch ausgefüllt werden sollte. Auch § 9 Abs. 2 RTV-AVE ist jedoch
ergänzungsbedürftig, da sich auch aus ihm die absolute Höhe der
Altersteilzeitvergütung nicht entnehmen lässt. § 9 Abs. 2 RTV-AVE bestimmt, dass
die laufenden Bezüge aus der nach dem Vergütungstarifvertrag für die
regelmäßige Arbeitszeit zu zahlende Tabellenvergütung sowie etwaigen, ständig
wiederkehrenden Arbeitszulagen und -zuschlägen bestehen. Auch mit dieser
Formulierung haben die Tarifvertragsparteien eindeutig den zwischen ihnen für
denselben Geltungsbereich abgeschlossenen VergütungsTV in Bezug genommen.
Vom Willen zur Inbezugnahme anderer Tarifverträge könnte allenfalls dann
ausgegangen werden, wenn die Tarifvertragsparteien des TV-ATZ selber keinen
RTV und VergütungsTV geschlossen hätten oder wenn sie die Bezugnahme
anderer Tarifverträge konkret ausgewiesen hätten. Beides ist vorliegend nicht der
Fall. Weder der RTV-AVE noch der VergütungsTV-AVE sind in ihrer Geltung
befristet. Auch ist ihre Nachwirkung nicht ausgeschlossen. Demzufolge ist davon
auszugehen, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge auf das
Altersteilzeitverhältnis in ihrer jeweils geltenden Fassung zur Anwendung kommen
sollen. Die Übernahme normativer Regelungen eines anderen Tarifvertrages ist
zulässig. Die ausfüllungsbedürftigen Regelungen entsprechen als Inhaltsnormen
im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG den Grundsätzen der tariflichen Normsetzung
. Sie wurden auch von denselben Tarifvertragsparteien geschlossen.
Die Rechtsetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien umfasst grundsätzlich auch
das Recht, auf jeweils andere tarifliche Vorschriften zu verweisen, sofern deren
Geltungsbereich mit dem Geltungsbereich der verweisenden Tarifnorm wie im
Streitfall in einem engen sachlichen Zusammenhang steht
. Nach dem Wortlaut ergibt sich eindeutig,
dass nur die genannten eigenen Verbandstarifverträge in Bezug genommen
werden sollten. Für die Geltung anderer Tarifverträge zur Bestimmung der Höhe
der Altersteilzeitvergütung, d. h. für die Annahme einer Tarifwechselklausel ist
danach kein Raum.
Eine andere Auslegung rechtfertigt sich auch nicht aus
Vertrauensschutzgesichtspunkten. Zwar waren Bezugnahmeklauseln nach der
zum Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung vom 21. Juli 2004 noch
geltenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wie dargelegt, in der Regel
als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen, mit der Folge, dass Arbeitsverhältnisse
nach Verbandsaustritten nicht mehr an der dynamischen Entwicklung des in Bezug
genommenen Tarifvertrages teilgenommen hätten sondern die zum Zeitpunkt des
Endes der Tarifgebundenheit gültige Normen wie bei den tarifgebundenen
Arbeitnehmern nur noch statisch weiter gegolten hätten. Die mit dem EntgeltTV-
AVE vom 02. November 2007 vereinbarte Vergütungserhöhung hätte danach nicht
weitergegeben werden müssen. Die Vergütungshöhe wäre vielmehr, wie auch im
Landesbezirks-TV vereinbart, auf den Stand 30. September 2007 eingefroren
worden. Unter Abwägung der beiderseitigen berechtigten Interessen der Parteien
rechtfertigt sich ein Vertrauensschutz in die Fortgeltung der früheren
Auslegungsregel, die in jahrelanger Rechtsprechung entwickelt und von der
beratenden und forensischen Praxis verbreitet als gefestigt angesehen worden ist
aber nur für Altverträge, die vor dem In-Kraft-Treten der Schuldrechtsreform am
01. Januar 2002 abgeschlossen worden sind. Seit dem 01. Januar 2002 ist die AGB-
Kontrolle für Arbeitsverträge und damit auch für arbeitsvertragliche
Verweisungsklauseln ausdrücklich gesetzlich angeordnet, sodass seitdem von
Arbeitgebern verlangt werden kann, in von ihnen gestellten Bezugnahmeklauseln
das von ihnen Gewollte hinreichend deutlich zum Ausdruck zu bringen
. Mit dem In-Kraft-Treten der
Schuldrechtsreform zum 01. Januar 2002 ist ein Einschnitt vorgenommen worden,
der zu einer Änderung der Risikoverteilung hinsichtlich der Folgen zur
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der zu einer Änderung der Risikoverteilung hinsichtlich der Folgen zur
Rechtsprechungsänderung führen muss. Es ist insoweit nicht nur die materielle
Rechtslage hinsichtlich der Inhaltskontrolle von vorformulierten Arbeitsverträgen
erstmals gesetzlich kodifiziert worden sondern es hat dadurch auch ein
erkennbarer Paradigmenwechsel stattgefunden. Die Auslegung von allgemeinen
(Arbeits-)Vertragsbedingungen ist auf ein neues Fundament gestellt worden, auch
wenn einzelne Grundsätze der nunmehr gesetzlich geregelten Inhaltskontrolle
bereits vorher in der höchstrichterlichen Rechtsprechung angewandt worden
waren. Dabei ist nicht nur die Position der Verwender von arbeitsvertraglichen
Formularen deutlich geschwächt, sondern im Gegenzug die Leitlinie einer auf den
Empfänger- bzw. Verbraucherhorizont abgestellten Sichtweise wesentlich gestärkt
worden, sodass die Argumente gegen die Überzeugungskraft der bisherigen
Rechtsprechung an Bedeutung gewonnen haben. Die damit verbundene
Festlegung des Zeitpunktes eines relevanten Wertewandels ist zwar nicht für die
nun vollzogene Rechtsprechungsänderung als solche entscheidend. Sie markiert
aber die Zeitgrenze, die auch und gerade im Arbeitsrecht bei der Festlegung von
Vertrauensschutz zu einer neuen Gewichtung der beiderseitigen berechtigten
Interessen führen muss. Der Gesetzgeber hat mit der Schuldrechtsnovelle u. a.
eine erneute nachhaltige Aufforderung an die Verwender von Formularverträgen
erhoben, das von ihnen Gewollte auch der entsprechenden verständlichen (§ 307
Abs. 1 Satz 2 BGB) Form eindeutig zum Ausdruck zu bringen. Unter
Berücksichtigung der gegenläufigen und nunmehr ab dem 01. Januar 2002 weiter
gestärkten berechtigten Interessen der Arbeitnehmer ist es für die Arbeitgeber ab
In-Kraft-Treten der Schuldrechtsreform nicht mehr als unzumutbare Härte
anzusehen, wenn sie die Rechtsfolgen der von ihnen selbst nach diesem Zeitpunkt
hervorgebrachten Differenz zwischen dem Erklärten und Gewollten auch selbst zu
tragen haben .
2.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der TV-ATZ auch nicht durch den
Landesbezirks-TV Nr. 6/2007 abgelöst worden und als derzeit gültige Fassung des
durch den Altersteilzeitvertrag über die Betriebsvereinbarung vom 21. Juli 2004 in
Bezug genommenen TV-ATZ anzusehen. Dies wäre nur bei einer Tarifsukzession
denkbar, d. h., wenn die Parteien des zunächst in Bezug genommenen
Tarifvertrages ihren Tarifnormsetzungswillen erneut betätigt und einen Tarifvertrag
abgeschlossen hätten, der nach ihrem Willen an die Stelle des bisherigen treten
soll .
Der durch den Altersteilzeitvertrag über die Betriebsvereinbarung vom 21. Juli
2004 in Bezug genommene TV-ATZ wurde abgeschlossen zwischen dem AVE und
ver.di. Tarifvertragsparteien des Landesbezirks-TV sind ver.di, der KAV und die
Beklagte, nicht jedoch der AVE. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat sich
der TV-ATZ auch nicht nach dem 31. Juli 2004 in einen gar faktischen
Firmentarifvertrag umgewandelt, der durch den Landesbezirks-TV hätte ersetzt
werden können. Zwar sollte der als Verbandstarifvertrag geschlossene TV-ATZ
gem. § 18 Ziffer 2 Satz 1 TV-ATZ am 31. Juli 2004 außer Kraft treten. Nach dem im
Wortlaut des § 18 Ziffer 2 Satz 4 – 8 TV-ATZ zum Ausdruck gebrachten Willen der
Tarifvertragsparteien sollte der TV-ATZ jedoch über den 31. Juli 2004 als
firmenbezogener Verbandstarifvertrag bis längstens zum 31. Dezember 2009
fortgelten, wenn dies, wie im Streitfall, durch Betriebsvereinbarung bis zum 31. Juli
2004 zwischen dem jeweiligen Arbeitgeber und dem jeweils zuständigen
Betriebsrat vereinbart wird. Selbst wenn man, wie die Beklagte, davon ausgeht,
dass die Tarifvertragsparteien sich durch diese Regelung ihrer Tarifautonomie in
unzulässiger Weise begeben hätten und für die Zeit nach dem 31. Juli 2004 nicht
von einem wirksamen TV-ATZ Verbandstarifvertrag ausgegangen werden könnte,
würde der TV-ATZ nicht als Firmentarifvertrag sondern kraft Betriebsvereinbarung
fortgelten, die wegen der Zulassung im TV-ATZ auch nicht gegen die
Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßen würde. Eine für das
Zustandekommen eines Firmentarifvertrages erforderliche Vereinbarung zwischen
der Beklagten und ver.di über die Geltung des TV-ATZ als Firmentarifvertrag ist zu
keiner Zeit geschlossen worden.
3.
Die Höhe der Altersteilzeitvergütung ist auch nicht aus anderen Gründen auf die
am 30. September 2007 maßgebliche Höhe eingefroren worden. Die Beklagte
wäre selbst dann verpflichtet, eine Altersteilzeitvergütung nach dem jeweils
geltenden VergütungsTV-AVE zu zahlen, wenn der TV-ATZ auf Arbeitsverhältnisse
tarifgebundener Arbeitnehmer, die bis zum 31. Juli 2004 auf der Grundlage des
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tarifgebundener Arbeitnehmer, die bis zum 31. Juli 2004 auf der Grundlage des
Tarifvertrages in Altersteilzeit eingetreten wären, gem. § 18 Ziffer 2 Satz 2 TV-ATZ
lediglich kraft Nachwirkung gelten würde.
Zutreffenderweise weist die Beklagte zwar darauf hin, dass dann, wenn ein
Tarifvertrag der dynamisch auf einen anderen Tarifvertrag verweist, in das Stadium
der Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG eintritt, die Dynamik endet und aus der
dynamischen Verweisung eine statische Verweisung auf den anderen Tarifvertrag
in der Fassung wird, die der in Bezug genommene Tarifvertrag bei Ablauf des
verweisenden Tarifvertrages hatte
. Bei der dynamischen Verweisung in einem
Tarifvertrag auf eine andere tarifliche Regelung ist der verweisende Tarifvertrag
selbst unvollständig. Er wird erst durch die in Bezug genommenen Regelungen
vervollständigt. Diese sind der Sache nach Teil der Normen des verweisenden
Tarifvertrages. Die Nachwirkung gem. § 4 Abs. 5 TVG ist darauf beschränkt, bis
zum Schluss einer anderen Abmachung den bisherigen materiell-rechtlichen
Zustand für das Arbeitsverhältnis beizubehalten
. Daher
führt die Nachwirkung dazu, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag ebenso
wie der bezugnehmende lediglich so weiter gilt, wie dieser bei seinem Ablauf galt
. Davon ist
jedenfalls dann grundsätzlich auszugehen, wenn der in Bezug genommene
Tarifvertrag, wie im Streitfall, zum Zeitpunkt des Ablaufs keine künftigen
Änderungen vorsah und erst später, im Nachwirkungszeitraum abgeschlossene
Tarifverträge zu einer Änderung führen. Die Bezugnahme wirkt i. d. R. wie eine
wörtliche Übernahme der Regelung aus dem in Bezug genommenen Tarifvertrag in
den verweisenden Tarifvertrag. Mit Eintritt der Nachwirkung bleibt sie dort
unabhängig von der weiteren Entwicklung des in Bezug genommenen
Tarifvertrages "stehen". Bei einer Aufhebung des in Bezug genommenen
Tarifvertrages besteht keine ausfüllungsbedürftige Lücke
.
Im Streitfall kann letztlich offen bleiben, ob sich der arbeitsvertraglich in Bezug
genommene TV-ATZ im Streitfall ab dem 31. Juli 2004 in Nachwirkung befunden
hat. Aus § 18 Ziffer 2 Satz 1 TV-ATZ ergibt sich zwar, dass der Tarifvertrag am 31.
Juli 2004 außer Kraft treten sollte, wenn nicht durch Betriebsvereinbarung vor
diesem Zeitpunkt die Fortführung vereinbart wird. Selbst wenn man mit der
Beklagten davon ausgeht, dass die Tarifvertragsparteien sich durch die Regelung
zur Verlängerung des Tarifvertrages ihrer Tarifautonomie in unzulässiger Weise
begeben hätten und trotz der Betriebsvereinbarung über die Fortführung des TV-
ATZ vom 21. Juli 2004 nicht von einer tarifrechtlich wirksamen Verlängerung dieses
Tarifvertrages über den 31. Juli 2004 hinaus ausgegangen werden könnte, sollte
der TV-ATZ für die tarifgebundenen Arbeitnehmer, die bis zum 31. Juli 2004 auf der
Grundlage des Tarifvertrages in Altersteilzeit eingetreten sind, gem. § 18 Ziffer 2
Satz 2 TV-ATZ nach dem Willen der Tarifvertragsparteien jedoch weiter gelten.
Zwar heißt es in § 18 Ziffer 2 Satz 3 TV-ATZ, dass "im Übrigen" die Nachwirkung
ausgeschlossen wird, was darauf schließen lassen könnte, dass die Weitergeltung
kraft Nachwirkung erfolgen sollte. Andererseits haben die Tarifvertragsparteien
durch § 9 Ziffer 2 TV-ATZ jedoch festgelegt, dass sich Vergütungsänderungen und
Stufensteigerungen bei einer Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell für diese
Vertragsverhältnisse sogar in der Freistellungsphase auswirken sollen und damit
zum Ausdruck gebracht, dass bis zum 31. Juli 2004 in Altersteilzeit eingetretene
Arbeitnehmer an künftigen tariflichen Vergütungsänderungen teilhaben sollen.
Selbst wenn man daraus nicht den Willen der Tarifvertragsparteien ableitet, dass
der Tarifvertrag für diese Arbeitnehmer unmittelbar und zwingend und nicht
lediglich kraft Nachwirkung fortgilt, wäre dem TV-ATZ als verweisendem
Tarifvertrag jedoch der Wille zu entnehmen, dass die dynamische Verweisung auf
den RTV-AVE und über diesen auf den VergütungsTV-AVE auch dann als
dynamische Verweisung zu verstehen sein soll, wenn der Tarifvertrag abgelaufen
ist. Auch wenn der Geltungswille der Tarifvertragsparteien regelmäßig mit Ablauf
des Tarifvertrages endet, ergäbe sich im Streitfall aus den dargelegten
Regelungen ein davon abweichender Wille, so dass ausnahmsweise von einer
dynamischen Verweisung auch für den Nachwirkungszeitraum auszugehen wäre.
Dies wäre aus Sicht der Kammer von der Rechtssetzungsbefugnis der
Tarifvertragsparteien gedeckt. Eine solche Möglichkeit hat das
Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 29. Januar 2008
ausdrücklich offen gelassen. Durch die Betriebsvereinbarung vom 21. Juli
2004 sollte der TV-ATZ über den 31. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2009 in der
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2004 sollte der TV-ATZ über den 31. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2009 in der
jeweils geltenden Fassung fortgelten. Nach dem 31. Juli 2004 bis zum längstens
zum 31. Dezember 2009 in Altersteilzeit eintretende Arbeitnehmer sollten nach
dem in § 18 Ziffer 2 Absatz 2 TV-ATZ zum Ausdruck gebrachten Willen der
Tarifvertragsparteien zu den Konditionen ein Altersteilzeitverhältnis vereinbaren
können, wie diejenigen Mitarbeiter, die bis zum 31. Juli 2004 in ein
Altersteilzeitverhältnis eingetreten sind. Diesen Willen haben sich die Beklagte und
der bei ihr gewählte Betriebsrat durch Abschluss der Betriebsvereinbarung vom
21. Juli 2004 zu eigen gemacht, so dass auch für die nach dem 31. Juli 2004 in
Altersteilzeit eingetretenen Mitarbeiter, wie der Kläger, auch im Falle der bloßen
Nachwirkung des TV-ATZ von einer dynamischen Verweisung auch für die Zeit
nach Ablauf des TV-ATZ auszugehen ist.
Da die Verweisungsklausel im Altersteilzeitvertrag, wie dargelegt, nicht als
Gleichstellungsabrede ausgelegt werden kann, folgt auch hieraus keine
Beschränkung der Geltung auf den Stand vom 30. September 2007.
C)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Danach fallen die Kosten
eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels der Partei zur Last, die es eingelegt
hat.
D)
Die Revision war gem. § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zuzulassen, da die
klärungsbedürftige Rechtsfrage der Reichweite der Bezugnahmeklausel für eine
größere Zahl weiterer Arbeitsverhältnisse mit ähnlichen Klauseln rechtliche
Bedeutung hat.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.