Urteil des LAG Hessen vom 26.03.2008

LAG Frankfurt: arbeitsgericht, vertretung, arbeitsentgelt, quelle, zivilprozessrecht, verwaltungsrecht, immaterialgüterrecht, vergütung, zustellung, dokumentation

1
2
3
4
5
Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
13. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
13 Ta 51/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 121 Abs 2 ZPO
(Beiordnung eines Rechtsanwalts - Prozesskostenhilfe)
Leitsatz
Dem Antragsteller ist es bei einer selbst erhobenen Klage wegen abgerechneter
Lohnansprüche, die vorgerichtlich nicht bestritten wurden, zuzumuten, bis zum
Gütetermin abzuwarten, bevor er die Beiordnung eins Rechtsanwalts beantragt. Vorher
erscheint diese nicht erforderlich.
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts
Kassel vom 17. Dezember 2007 - 3 Ca 422/07 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Am 17. Oktober 2007 erhob die Klägerin selbst auf einem Klagevordruck des
Arbeitsgerichts gegen die Beklagte Klage auf Zahlung von 4200 € brutto nebst
Zinsen. Dies sollte das fällige Arbeitsentgelt für die Monate August, September,
Oktober 2007 in Höhe von jeweils 1400 € brutto sein. Der Klage waren die
Gehaltsabrechnung der Beklagten beigefügt sowie eine Erklärung der Beklagten,
nach der diese aus betriebsbedingten Gründen nicht im Stande sei, die verlangte
Vergütung zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 13. November 2007 meldete sich für die Klägerin deren
Prozessbevollmächtigter mit dem Antrag, der Klägerin Prozesskostenhilfe zu
bewilligen und ihn beizuordnen.
Im Gütetermin vom 27. November 2007 erschien für die Klägerin deren
Prozessbevollmächtigter sowie für die Beklagte niemand. Es erging auf Antrag des
Klägervertreters ein Versäumnisurteil, das rechtskräftig wurde.
Durch Beschluss vom 17. Dezember 2007 gewährte das Arbeitsgericht der
Klägerin rückwirkend Prozesskostenhilfe, wies aber den Antrag auf Beiordnung
ihres Prozessbevollmächtigten zurück mit der Begründung, wegen des einfach
gelagerten Falles sei die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich
gewesen. Der Beschluss ist der Klägerin am 19. Dezember 2007, ihrem
Rechtsanwalt am 27. Dezember 2007 zugestellt worden. Unter dem 16. Januar
2008 hat die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, hiergegen
sofortige Beschwerde erhoben, der das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 25.
Januar 2008 nicht abgeholfen hat. Es hat die Sache vielmehr dem Hessischen
Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen des weiteren Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt
im Übrigen verwiesen.
II.
6
7
8
9
10
11
12
13
Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist statthaft (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO). Sie ist
fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung erhoben (§ 127 Abs. 2 S. 3
ZPO) und auch im Übrigen bei dem offenbaren Streitwert von 4200 € zulässig (§
127 Abs. 2 S. 2 ZPO in Verbindung mit § 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG).
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (§ 572 Abs. 1
ZPO).
In der Sache hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg. Zu Recht hat das
Arbeitsgericht den Antrag der Klägerin auf Beiordnung ihres
Prozessbevollmächtigten zurückgewiesen und nur Prozesskostenhilfe bewilligt.
Die Klägerin hat gemäß § 121 Abs. 2 ZPO keinen Anspruch auf Beiordnung ihres
Prozessbevollmächtigten. Nach dieser Vorschrift wird einer Partei auf ihren Antrag
ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die
Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch
einen Rechtsanwalt vertreten ist.
Im vorliegenden Fall war die Beklagte nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten.
Darüber hinaus war die Vertretung der Klägerin durch einen Rechtsanwalt auch
nicht erforderlich. Dem Rechtsstreit lag ein einfacher Sachverhalt zu Grunde, auf
dessen Grundlage ein rechtlicher Laie ohne weiteres seine Rechte beim
Arbeitsgericht verfolgen konnte. Die Klägerin hat ihre Klage auch selbst erhoben.
Grund und Höhe der Forderung standen fest und waren nach den von der Klägerin
selbst beigefügten Unterlagen der Beklagten unbezweifelt. Die Beklagte war allein
wegen ihres finanziellen Unvermögens an einer Zahlung gehindert.
Dementsprechend erschien sie auch im Gütetermin nicht und ließ ein
Versäumnisurteil gegen sich ergehen, das rechtskräftig wurde.
In solchen Fällen ist es einem Arbeitnehmer grundsätzlich zuzumuten,
gegebenenfalls die Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts in Anspruch zu nehmen
und den Gütetermin abzuwarten. Für sachdienliche Anträge im Gütetermin bedarf
es aufgrund der besonderen Fürsorgepflicht des Gerichts gegenüber einer
rechtsunkundigen und nicht vertretenen Partei keiner anwaltlichen Hilfe. Erst wenn
kein Versäumnisurteil ergeht oder die Güteverhandlung scheitert, kann - wenn die
sonstigen Voraussetzungen vorliegen - eine Beiordnung erfolgen (ebenso LAG
Rheinland-Pfalz vom 29. August 2007 - 8 Ta 199/07 -, zitiert nach Juris; LAG
Schleswig-Holstein vom 16. Februar 2006 - 1 Ta 248/05 -, zitiert nach juris; LAG
Schleswig-Holstein vom 30. November 2005 - 1 Ta 192/05 -, zitiert nach juris).
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht (§ 127 Abs. 4 ZPO). Dies gilt
unbeschadet der Regeln über die Kostenhaftung gemäß § 22 GKG, KV 1812 GKG
Rechtsmittelbelehrung: Ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78
S. 2 in Verbindung mit § 72 Abs. 2 ArbGG) ist nicht ersichtlich. Damit ist dieser
Beschluss unanfechtbar (§ 78 S. 1 ArbGG in Verbindung mit § 574 Abs. 1 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.