Urteil des LAG Hessen vom 05.12.2008

LAG Frankfurt: konkludentes verhalten, treu und glauben, innere medizin, oberarzt, juristische person, chefarzt, klinik, berechtigung, facharzt, tarifvertrag

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
3. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 Sa 1270/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
(Eingruppierung als Oberarzt - medizinische Verantwortung
- ausdrückliche Übertragung - Vertretungsverbot des
Arbeitgebers - TV-Ärzte/VKA - Funktionszulage)
Leitsatz
Die Protokollerklärung zu § 16 c TV-Ärzte/VKA (Entgeltgruppe III Oberärztin/Oberarzt),
wonach die medizinische Verantwortung dem Arzt "vom Arbeitgeber ausdrücklich
übertragen worden" sein muss, enthält ein "Vertretungsverbot" des Arbeitgebers und
schließt konkludentes Verhalten des Arbeitgebers aus.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main
vom 11. Juni 2008 – 7/9 Ca 9216/07 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen einer Zahlungsklage über die zutreffende
Eingruppierung nach dem Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen
Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen
Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA).
Der Kläger war – nachdem er sich auf eine Stellenausschreibung der Beklagten
beworben hatte, in der sie eine(n) Oberarzt/Oberärztin für den Bereich
Elektrophysiologie suchte - auf der Grundlage des am 01.Oktober 2001
geschlossenen Arbeitsvertrag bis 30.09.2007 als „Oberarzt“ in der Klinik für Innere
Medizin I (Kardiologie, Angiologie und Pneumologie) beschäftigt. Auf das
Arbeitsverhältnis der Parteien fand zunächst der BAT Anwendung. Während dieser
Zeit war der Kläger in die Vergütungsgruppe I a BAT eingruppiert. Seit dem
01.08.2006 richten sich die Arbeitsbedingungen nach dem TV-Ärzte/VKA
Anwendung.
Der Kläger ist im Bereich Elektrophysiologie tätig. Er ist u.a. mit der Durchführung
von elektrophysiologischen Herzkatheteruntersuchungen und Ablationstherapien
befasst. Seine Weisungsbefugnisse erstrecken sich auf das nichtärztliche Personal
sowie Assistenzärzte und Fachärzte, soweit sie dem Kläger unterstellt wurden.
Chefarzt und medizinischer Leiter der Klinik für Innere Medizin ist Herr Prof. Dr. A.
Bei ihren Chefarztverträgen verwendet die Beklagte die jeweiligen Musterverträge
der Deutschen Krankenhausgesellschaft, die in § 6 Abs 1 folgende Regelung
enthalten:
„Im Rahmen der Besorgung seiner Dienstaufgaben überträgt der Arzt, soweit nicht
die Art oder die Schwere der Krankheit oder die Voraussetzungen der
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die Art oder die Schwere der Krankheit oder die Voraussetzungen der
Ermächtigung oder Zulassung sein persönliches Tätigwerden erfordern, den
ärztlichen Mitarbeitern - entsprechend ihrem beruflichen Bildungsstand, ihren
Fähigkeiten und Erfahrungen - bestimmte Tätigkeitsbereiche oder Einzelaufgaben
zur selbständigen Erledigung. Die Gesamtverantwortung des Arztes wird hierdurch
nicht eingeschränkt“.
Nach § 7 Abs. 2 des Dienstvertrages für Chefärzte hat der leitende Arzt in
ärztlichen Angelegenheiten das Weisungsrecht gegenüber den Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen. Ferner hat er nach dieser Vorschrift bei der Zuweisung von
Aufgaben und Tätigkeiten an nichtärztliche und ärztliche
Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern deren beruflichen Bildungsstand sowie die Arbeits-,
Ausbildungs- und Weiterbildungsverträge zu beachten.
Sein Tätigkeitsbereich wurde dem Kläger vom Chefarzt ausdrücklich übertragen.
Auf den offiziellen Briefbögen wird der Kläger als Oberarzt bezeichnet. Seit
Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA wird der Kläger nach Entgeltgruppe II, Stufe 3
vergütet. Dagegen wendet sich der Kläger im Rahmen seiner Zahlungsklage, mit
der er die Vergütungsdifferenz zwischen der begehrten Entgeltgruppe III Stufe 2
und der gewährten Entgeltgruppe II Stufe 3 sowie die dementsprechende Differenz
der Bereitschaftsdienstvergütung für die Zeit von 01.09.2006 bis zur Beendigung
des Arbeitsverhältnisses am 01.07.2007 in der zwischen den Parteien rechnerisch
unstreitigen Höhe von insgesamt 12949, 98 Euro brutto verlangt. Er hat die
Rechtsansicht vertreten, dass er die Tätigkeit eines Oberarztes im Sinne von § 16
c TV-Ärzte/VKA ausübe, so dass er in der Entgeltgruppe III (Oberarzt) Stufe 2 TV-
Ärzte/VKA eingruppiert sei. Seine Ernennung zum Oberarzt ergebe sich bereits aus
dem Arbeitsvertrag. Ein förmlicher Bestellungsakt sei nicht erforderlich. Vielmehr -
so der Kläger weiter - reiche die Übertragung der entsprechenden Aufgaben durch
den Chefarzt aus. Dessen Verhalten müsse sich die Beklagte zurechnen lassen.
Insoweit seien die Grundsätze der Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht einschlägig.
Im Übrigen verhalte sich die Beklagte rechtsmissbräuchlich, da sie trotz der
gelebten Praxis und ihrer internen und externen Kommunikation eine
ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung an ihn in Abrede
stelle. Zugleich sei in einem derartigen Verhalten die Vereitelung eines
Bedingungseintritts zu sehen.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Euro 9394, 42 brutto nebst
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils Euro
671, 03.- brutto seit dem 1. eines Monats für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis
zum 01.10.2007 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere Euro 3555, 56 brutto nebst
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem
Betrag von 153,56 Euro brutto seit dem 01.11.2006, 261,93 Euro brutto seit dem
01.12.2006, 246,75 Euro brutto seit dem 01.01.2007, 230, 73 Euro brutto seit dem
01.02.2007, 254,12 Euro brutto seit dem 01.03.2007, 287, 83 Euro brutto seit dem
01.04.2007, 281, 37 Euro brutto seit dem 01.05.2007, 210,62 Euro brutto seit dem
01.06.2007, 361,16 Euro brutto seit dem 01.07.2007, 258,49 Euro brutto seit dem
01.08.2007, 329,40 Euro brutto seit dem 01.09.2007, 274, 32 Euro brutto seit dem
01.10.2007, 199,96 Euro brutto seit dem 01.11.2007 sowie 204,95 Euro brutto seit
dem 01.12.2007 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Rechtsansicht vertreten, dass der Kläger keine Tätigkeit ausübe, die
eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA rechtfertige. Seit
dem Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA sei zwischen Tarifoberärzten und
Titularoberärzten zu unterscheiden. Die vom Tarifvertrag geforderte ausdrückliche
Übertragung der medizinischen Verantwortung durch den Arbeitgeber sei nicht
erfolgt. Zuständig sei die Betriebsleitung und nicht der Chefarzt, da ihm keine
Vertretungsmacht eingeräumt worden sei. Wegen des weiteren unstreitigen
Sachverhalts sowie des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug wird gemäß §
69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils - Bl. 224 - Bl. 229
d. A. ergänzend Bezug genommen.
Mit dem am 11. Juni 2008 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht Frankfurt am
Main die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt,
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Main die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt,
die Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe III Stufe 2 des TV-Ärzte/VKA
scheitere daran, dass dem Kläger die von ihm wahrgenommene medizinische
Verantwortung nicht „ausdrücklich vom Arbeitgeber übertragen“ worden sei.
Medizinische Verantwortung im Sinne der Entgeltgruppe III sei eine gesteigerte
Verantwortlichkeit, die über diejenige medizinische Verantwortung hinausgehe, die
jeder Arzt, Facharzt oder Oberarzt zu tragen habe. Für die vom Kläger verfolgte
Eingruppierung sei erforderlich, dass ihm nach Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA eine
besondere medizinische Verantwortung durch den Arbeitgeber ausdrücklich
zugewiesen worden sei. Dies habe der Kläger nicht dargelegt. Insbesondere folge
dies nicht aus mündlichen und/oder schriftlichen Erklärungen oder Handlungen des
Chefarztes der Klinik für Innere Medizin, da er nicht Arbeitgeber des Klägers und
mangels diesbezüglicher Vollmacht auch nicht berechtigt sei, die medizinische
Verantwortung im tariflichen Sinne zu übertragen. Eine Duldungs- oder
Anscheinsvollmacht des Chefarztes könne ebenfalls nicht angenommen werden
und eine treuwidrige Vereitelung des Eintritts einer Bedingung gemäß § 162 BGB
liege auch nicht vor. Wegen der vollständigen Entscheidungsgründe wird auf Bl.
229 - Bl. 236 d. A. ergänzend Bezug genommen. Gegen dieses am 11.07.2008
zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.08.2008 Berufung eingelegt und diese -
nach rechtzeitiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 13.10.2008 -
mit dem beim Hess. Landesarbeitsgericht am 13.10.2008 eingegangenen
Schriftsatz begründet.
Der Kläger verfolgt sein Zahlungsbegehren unter Wiederholung und Ergänzung
seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Dazu vertritt er die Rechtsansicht,
dass entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts die medizinische
Verantwortung im tariflichen Sinne auch vor dem Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA
ausdrücklich übertragen worden sein könne. Eine ausdrückliche Übertragung liege
vor, wenn eine vom Arbeitgeber dazu ermächtigte oder als ermächtigte
anzusehende Person die Übertragung vornehme. Dies treffe auf den Chefarzt Prof.
Dr. A zu. Die von ihm vorgenommene Übertragung der medizinischen
Verantwortung müsse sich die Beklagte zurechnen lassen. Ein formaler
Bestellungsakt sei dazu nicht erforderlich, er sei auch im Rahmen des BAT nicht
vorgesehen gewesen. Dass eine Übertragung zwingend durch die Betriebsleitung
erfolgen müsse, lasse sich dem Tarifvertrag an keiner Stelle entnehmen. In jedem
Fall sei das Verhalten der Beklagten nach Abschluss TV- Ärzte/VKA als treuwidrig
einzustufen. Die Beklagte lasse ihn - so der Kläger weiter - die medizinische
Verantwortung über den übertragenen Bereich ausüben, ziehe sich aber dann auf
den Standpunkt zurück, dass die Übertragung nicht ausdrücklich erfolgt sei. Es sei
Sache der Beklagten gewesen, bei Einleitung des Eingruppierungsverfahrens
deutlich zu machen, dass ihm die medizinische Verantwortung für den
übertragenen Aufgabenbereich nicht zukomme.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11. Juni 2008 – 7/9 Ca
9216/07 - abzuändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Euro 9394, 42 brutto nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils Euro 671, 03.-
brutto seit dem 1. eines Monats für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis zum
01.10.2007 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere Euro 3555, 56 brutto nebst
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem
Betrag von 153,56 Euro brutto seit dem 01.11.2006, 261,93 Euro brutto seit dem
01.12.2006, 246,75 Euro brutto seit dem 01.01.2007, 230, 73 Euro brutto seit dem
01.02.2007, 254,12 Euro brutto seit dem 01.03.2007, 287, 83 Euro brutto seit dem
01.04.2007, 281, 37 Euro brutto seit dem 01.05.2007, 210,62 Euro brutto seit dem
01.06.2007, 361,16 Euro brutto seit dem 01.07.2007, 258,49 Euro brutto seit dem
01.08.2007, 329,40 Euro brutto seit dem 01.09.2007, 274, 32 Euro brutto seit dem
01.10.2007, 199,96 Euro brutto seit dem 01.11.2007 sowie 204,95 Euro brutto seit
dem 01.12.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen
Vorbringens die Entscheidung des Arbeitsgerichts und meint, die Tarifmerkmale
der Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA seien insgesamt nicht erfüllt. Insbesondere
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der Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA seien insgesamt nicht erfüllt. Insbesondere
liege eine ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung nicht vor.
Der Wortlaut des Tarifvertrages könne nur dahingehend verstanden werden, dass
es der Arbeitgeber in der Hand haben solle, wie viele Tarifoberärzte von ihm
beschäftigt würden und in welchen Bereichen eine entsprechende Verantwortung
für einen Teil- oder Funktionsbereich auf einen Oberarzt übertragen werden solle.
Die bloße Ausübung der Funktion genüge gerade nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird
auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die
Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung am 05. Dezember 2008
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A
Die Berufung ist zulässig. Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2
ArbGG statthaft und vom Kläger in gesetzlicher Form und Frist gemäß § 64 Abs. 6
Satz 1 ArbGG i. V. m. § 519 ZPO, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG eingelegt und innerhalb
der durch § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG bestimmten Frist ordnungsgemäß nach §§ 64
Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. 520 Abs. 3 ZPO begründet worden.
B
In der Sache hat die Berufung allerdings keinen Erfolg. Das Urteil des
Arbeitsgerichts ist nicht abzuändern, da die Klage unbegründet ist.
I.
Der Kläger kann die begehrten Zahlungen nicht aus § 611 BGB verlangen, weil er
nicht gemäß §§15, 16 des TV-Ärzte/VKA in die Entgeltgruppe III eingereiht ist.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand im eingruppierungsrelevanten
Zeitraum unstreitig der TV-Ärzte/VKA Anwendung.
2. Die einschlägigen Regelungen zur Eingruppierung lauten:
„§ 15 TV-Ärzte/VKA Allgemeine Eingruppierungsregelungen (1) Die Eingruppierung
der Ärztinnen und Ärzte richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des § 16. Die
Ärztin/Der Arzt erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der sie/er eingruppiert ist.
(2) Die Ärztin/der Arzt ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren
Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend
auszuübende Tätigkeit entspricht. …
§ 16 TV-Ärzte/VKA Eingruppierung Ärztinnen und Ärzte sind wie folgt eingruppiert:
a) Entgeltgruppe I: Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit.
b) Entgeltgruppe II: Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit
Protokollerklärung zu Buchstabe b: Fachärztin/Facharzt ist diejenige
Ärztin/derjenige Arzt, die/der aufgrund abgeschlossener Facharztweiterbildung in
ihrem/seinem Fachgebiet tätig ist.
c) Entgeltgruppe III: Oberärztin/Oberarzt Protokollerklärung zu Buchstabe c:
Oberärztin/Oberarzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, der/dem die medizinische
Verantwortung für selbständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw.
Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist. …“
Im Rahmen der Eingruppierung von übergeleiteten Ärzten sind zudem die
Bestimmungen des Tarifvertrages zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an
kommunalen Krankenhäusern in den TV-Ärzte/VKA und zur Regelung des
Übergangsrechts vom 17.08.2006 (TVÜ-Ärzte/VKA) zu beachten. Nach § 4 i.V.m §
6 Abs. 2 S. 1 TVÜ – Ärzte/VKA erfolgt zunächst eine Zuordnung zu den
Entgeltgruppen I und II des TV – Ärzte/VKA, sodann schließt sich eine
Höhergruppierung nach den Regelungen des TV – Ärzte/VKA an, soweit die
Anforderungen der Entgeltgruppe III erfüllt sind. Die Niederschriftserklärung zu § 6
Abs. 2 TVÜ-Ärzte/VKA wiederum lautet:
„Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass Ärzte, die am 31. Juli 2006 die
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„Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass Ärzte, die am 31. Juli 2006 die
Bezeichnung „Oberärztin/Oberarzt“ führen, ohne die Voraussetzungen für eine
Eingruppierung als Oberärztin/Oberarzt nach § 16 TV-Ärzte/VKA zu erfüllen, die
Berechtigung zur Führung ihrer bisherigen Bezeichnung nicht verlieren. Eine
Eingruppierung in die Entgeltgruppe III ist hiermit nicht verbunden.“
3. Nach diesen tariflichen Bestimmungen sind die Voraussetzungen für die
Einreihung in die Entgeltgruppe III gemäß § 16 a TV-Ärzte/VKA schon deshalb nicht
erfüllt, weil dem Kläger die medizinische Verantwortung nicht von der Beklagten
ausdrücklich übertragen worden ist. Die Tarifnorm setzt zweierlei voraus: Der
Arbeitgeber, also der Träger der Klinik handelnd durch das jeweils zuständige
Organ muss die Entscheidung getroffen haben, die medizinische Verantwortung zu
übertragen und in Ausführung dieser Entscheidung muss die Übertragung von
dem Krankenhausträger ausdrücklich vorgenommen worden sein (vgl. Hess. LAG
08.10.2008 - 2 Sa 529/08 - S. 16, 17; LAG Düsseldorf 19.06.2008 - 11 Sa 275/08 -
Rn. 90 zitiert nach Juris). Da tariflich Ausdrücklichkeit gefordert wird, ist ein lediglich
konkludentes Verhalten des Arbeitgebers bzw. die faktische Herstellung
entsprechender Organisationsformen in der Verwaltung nicht ausreichend (vgl.
BAG 11.11.1987 - 4 AZR 336/87 - Rn. 23 zitiert nach Juris). Vielmehr muss der
Rechtserfolg aus der Erklärung des Arbeitgebers mit hinreichender Deutlichkeit
hervorgehen. Dies ergibt eine Auslegung des Tarifvertrages.
a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die
Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut
auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am
Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche
Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen
Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen
Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der
Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm
zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse
nicht zu, können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die
Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung
ergänzend hinzugezogen werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die
zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch
brauchbaren Lösung führt (vgl. BAG 24.09.2008 - 10 AZR 669/07 - Rn. 17 zitiert
nach Juris m. w. N.). Auszugehen ist zunächst vom allgemeinen Sprachgebrauch.
Dabei ist auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrages abzustellen. Der
allgemeine Sprachgebrauch wird lediglich dann verdrängt, wenn die
Tarifvertragsparteien den verwandten Rechtsbegriffen eine eigenständige
Definition geben oder aber einen feststehenden Rechtsbegriff verwenden (vgl. BAG
18.11.2004 - 8 AZR 540/03 - Rn. 21 zitiert nach Juris). Protokollerklärungen können
Tarifbestandteile sein und haben dann die gleiche Bindungswirkung wie alle
anderen Tarifnormen (vgl. BAG 18.05.1994 – 4 AZR 412/93 – Rn. 50 zitiert nach
Juris; BAG 02.02.2007 - 1 AZR 815/06 – Rn. 15 zitiert nach Juris). Aus diesem Grund
gelten für ihre Auslegung auch die für Tarifverträge heranzuziehenden Grundsätze
(vgl. BAG 18.05.1994 – 4 AZR 412/93 – Rn. 50 zitiert nach Juris).
b) Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass der Begriff
des Arbeitgebers in seinem allgemeinen arbeitsrechtlichen Sinn verwendet wird,
der sich auch im allgemeinen Sprachgebrauch wiederfindet. Arbeitgeber ist
danach derjenige, der die Leistung von Arbeit von einem Arbeitnehmer kraft
Arbeitsvertrag verlangen kann und zugleich Schuldner des Vergütungsanspruchs
ist (vgl. ErfK – Preis § 611 Rn 209 m.w.N.; Wahrig, Deutsches Wörterbuch). Der
Träger eines Krankenhauses als juristische Person ist mithin Arbeitgeber, der
durch seine vertretungsberechtigten Organe handelt. Er allein ist für die
Übertragung der medizinischen Verantwortung zuständig. Eine rechtsgeschäftliche
Vertretung im Sinne der §§ 164 ff BGB scheidet entgegen der Auffassung des
Klägers aus. Zwar stellt die Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit eine
Arbeitsvertragsänderung dar, die grundsätzlich durch rechtsgeschäftliche
Stellvertreter erfolgen kann. Nach dem Wortlaut der Tarifnorm des TV – Ärzte/VKA
muss sie aber „vom“ Arbeitgeber vorgenommen worden sein, d. h. er allein hat
den rechtsgeschäftlichen Willen zu bilden (auch Hess. LAG 08.10.2008 - 2 Sa
529/08 - S. 17; LAG Düsseldorf 19.06.2008 - 11 Sa 275/08 - Rn. 88 zitiert nach
Juris). Da nach dem geltenden Repräsentationsprinzip der Wille vom
rechtsgeschäftlichen Vertreter stellvertretend für den Vertretenen gebildet wird,
während nur die Rechtsfolgen in der Person des Vertretenen eintreten, lässt sich
die Rechtsansicht des Klägers mit dem Tarifwortlaut nicht in Einklang bringen. Die
Tarifvertragsparteien haben nach dem Wortlaut der Tarifnorm ein unter dem
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Tarifvertragsparteien haben nach dem Wortlaut der Tarifnorm ein unter dem
Gesichtspunkt der Tarifautonomie unbedenklich zulässiges rechtsgeschäftliches
Vertretungsverbot des Krankenhausträgers vereinbart (dazu
Prütting/Wegen/Weinreich-Frensch, BGB - Kommentar, § 164 Rn. 26).
Eine Bestätigung der wortlautgetreuen Auslegung ergibt sich, wenn man auf den
tariflichen Gesamtzusammenhang abstellt. Hätten die Tarifvertragsparteien kein
rechtsgeschäftliches Vertretungsverbot normieren wollen, hätte es der zitierten
Regelung in der Protokollerklärung zu § 16 c des TV-Ärzte/VKA nicht bedurft. Die im
öffentlichen Dienst üblichen Eingruppierungsvoraussetzungen enthält bereits §15
Abs. 2 TV-Ärzte/VKA. Danach richtet sich die Eingruppierung nicht nach der
tatsächlich ausgeübten, sondern nach der vom Arbeitnehmer - nicht nur
vorübergehend - auszuübenden Tätigkeit. Schon nach dieser Vorschrift kann der
Arbeitnehmer seine Gesamttätigkeit als für seine Eingruppierung maßgebliche
Bewertungsgrundlage nicht einseitig ändern, indem er Tätigkeiten ausführt, die der
Arbeitgeber ihm weder im Arbeitsvertrag noch in den vertraglich gezogenen
Grenzen kraft seines Direktionsrechts übertragen hat (dazu BAG 08.03.2006 - 10
AZR 129/05 - Rn. 18 zitiert nach Juris). Eine bestimmte Form für die Zuweisung der
nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit ist in §15 TV-Ärzte/VKA nicht
vorgeschrieben und einer Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuches über die Vertretung und Bevollmächtigung von Personen zur
Ausübung von Arbeitgeberfunktionen gemäß §§ 164 ff BGB steht die Tarifnorm
ebenfalls nicht entgegen. Die Protokollerklärung zu § 16 c des TV-Ärzte/VKA
erweist sich danach als eine einschränkende Regelung, die von den
Tarifvertragsparteien ganz bewusst getroffen wurde. Dies zeigt sich daran, dass in
anderen tariflichen Bestimmungen von einer „Übertragung“ ohne jeden Zusatz
die Rede ist. So ist z.B. bei der Regelung über die vorübergehende Übertragung
einer höherwertigen Tätigkeit in § 17 TV-Ärzte/VKA weder die Übertragung durch
den Arbeitgeber noch eine bestimmte Form vorgesehen. Auch in § 32 TV-
Ärzte/VKA, der die Führung auf Probe und in § 33 TV-Ärzte/VKA, der die Führung
auf Zeit betrifft, ist in den jeweiligen Absätzen 3 einschränkungslos nur von der
„Übertragung einer Führungsposition“ die Rede.
Die Auslegung führt auch zu einer zweckorientierten und praktisch brauchbaren
Lösung. Das Merkmal dient der Schaffung klarer Verhältnisse bei der Übertragung
der höher zu bewertenden Tätigkeit des Oberarztes. Grundsätzlich muss sich der
Arbeitnehmer darauf verlassen können, dass die Tätigkeit, die ihm vom
Vorgesetzten zugewiesen wird, die auszuübende Tätigkeit im tariflichen Sinne ist
und tarifgerecht vergütet werden muss. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die
Unzuständigkeit für die Zuweisung der Tätigkeit dem Arbeitnehmer bekannt oder
doch offensichtlich ist. Letzteres wird durch das Merkmal „vom Arbeitgeber
übertragen“ bewerkstelligt. Der Arbeitnehmer hat nicht mehr die Möglichkeit sich
unter Hinweis auf Treu und Glauben darauf zu berufen, die Oberarzttätigkeit sei
ihm rechtswirksam von einem direkten Vorgesetzten übertragen worden. Wurde
entgegen der Klarstellung gleichwohl von einem Unbefugten eine höherwertige
Tätigkeit zugewiesen, so ist der Angestellte nicht entsprechend eingruppiert, da es
für die Eingruppierung auf die auszuübende und nicht auf die ausgeübte Tätigkeit
ankommt (vgl. BAG 26.03.1997 – 4 AZR 489/95 - Rn.35 zitiert nach Juris).
Vor diesem Hintergrund ist auch die tariflich geforderte Ausdrücklichkeit zu sehen.
Da sie wird das Ziel, klare Verhältnisse bei der Übertragung der Oberarzttätigkeit
zu schaffen, unterstrichen. Ein lediglich konkludentes Verhalten des Arbeitgebers
bzw. die faktische Herstellung entsprechender Organisationsformen in der
Verwaltung sind nicht ausreichend (vgl. BAG 11.11.1987 - 4 AZR 336/87 Rn. 23
zitiert nach Juris). Vielmehr muss der Rechtserfolg aus der Erklärung des
Arbeitgebers mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehen. Dies kann durch eine
entsprechende schriftliche oder mündliche Erklärung aber auch in
Dienstanweisungen, Verwaltungsverfügungen und Geschäftsverteilungsplänen
geschehen, die dem Angestellten allerdings nach § 130 BGB zugehen müssen
(vgl. BAG 11.11.1987 - 4 AZR 336/87 - Rn. 23, 24 zitiert nach Juris).
c) Nach diesen Maßstäben sind die tariflichen Voraussetzungen für eine
Höhergruppierung nicht erfüllt. Der Kläger ist der ihm im Rahmen einer
Zahlungsklage obliegenden Darlegungslast nicht nachgekommen. Seinem
Sachvortrag zufolge hat der Krankenhausträger weder selbst entschieden, ihm die
medizinische Verantwortung für den Bereich Elektrophysiologie zu übertragen,
noch wurde in Ausführung dieser Entscheidung eine solche Übertragung
„ausdrücklich“ durchgeführt. Dabei sind nicht nur - wie das Arbeitsgericht
anzunehmen scheint - die Verhältnisse nach Abschluss des TV-Ärzte/VKA für die
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anzunehmen scheint - die Verhältnisse nach Abschluss des TV-Ärzte/VKA für die
Eingruppierung relevant, insbesondere muss die ausdrückliche Übertragung vom
Arbeitgeber nicht nach dem 31.07.2006 erfolgt sein. Vielmehr zeigt der
Regelungsgehalt der Niederschriftserklärung zu § 6 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/VKA, dass
eine Übertragung der medizinischen Verantwortung im Sinne des Tarifvertrages
bereits im davorliegenden Zeitraum vorgenommen worden sein kann und dann
bei der Eingruppierung auch berücksichtigt werden muss. Anderenfalls wäre die
Differenzierung zwischen Titularoberärzten und Tarifoberärzten gegenstandslos.
aa) Durch den Arbeitsvertrag werden die tarifvertraglichen Anforderungen
entgegen der Auffassung des Klägers nicht erfüllt. Zwar wird er seitdem als
„Oberarzt“ beschäftigt. Aus der Niederschriftserklärung der Tarifvertragsparteien
zu § 6 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/VKA, in der die Tarifvertragsparteien ausdrücklich
festgehalten haben, dass mit der Berechtigung, den Titel „Oberärztin/Oberarzt“ zu
führen, eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III nicht verbunden ist, ergibt sich
jedoch, dass die Führung des Titels nicht genügt. Die Tarifvertragsparteien sind bei
Abschluss des TV-Ärzte/VKA und des TVÜ-Ärzte/VKA davon ausgegangen, dass es
in der Vergangenheit Ärzte gegeben hat, die sich als Oberärztin/Oberarzt
bezeichnen durften, die aber mit dem Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA und des
TVÜ-Ärzte/VKA nicht automatisch in die Entgeltgruppe III einzugruppieren sind.
Auch enthält der Änderungsvertrag keine Vereinbarung über die Zuweisung von
konkret bezeichneten Aufgaben oder Verantwortlichkeiten, die man nunmehr der
Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA zuordnen könnte. Weder das Tätigkeitsfeld des
Klägers noch die von ihm wahrgenommene Verantwortung wird näher
umschrieben.
Ferner kam dem Begriff Oberarzt seinerzeit auch keine eingruppierungsrechtlich
anerkannte Bedeutung zu. Im Wortlaut tariflicher Vorschriften tauchte er vor dem
Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA nicht auf. Vielmehr wurden zunächst alle
Angehörigen des ärztlichen Dienstes als „Ärzte“ (Vergütungsgruppe II/ 1b
Fallgruppe 1 BAT) bzw. als „Fachärzte“ (Vergütungsgruppe 1b/1a Fallgruppe 1
BAT) eingruppiert. Höhergruppierungen wurden vom Vorliegen zusätzlicher
Merkmale, etwa einer gewissen Anzahl an Unterstellungen (vgl. z.B.
Vergütungsgruppe 1a Fallgruppe 5 BAT), abhängig gemacht. Für die bloße
Übertragung des Titels „Oberarzt“ spricht außerdem, dass die
Weiterbeschäftigung als „Oberarzt“ mit keinerlei Veränderung der bisher
geregelten Vergütung verbunden war.
bb) Die Verantwortungsübertragung durch den seinerzeitigen Chefarzt genügt
ebenfalls nicht. Unabhängig davon, ob er vor Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA durch
Ausübung seiner Organisations- und Weisungsbefugnisse auch für die Beklagte
bindende Tatbestände hätte schaffen können, sind diese jedenfalls mit dem
Inkrafttreten des neuen Tarifvertrages ab dem 01.08.2006
eingruppierungsrechtlich irrelevant, da hierfür eine diesbezügliche ausdrückliche
arbeitgeberseitige personelle Entscheidung erforderlich ist. Auf den Gesichtspunkt
der Anscheins – oder Duldungsvollmacht kann sich der Kläger schon deshalb nicht
berufen, weil die Protokollerklärung zu § 16 c TV-Ärzte/VKA ein
rechtsgeschäftliches Vertretungsverbot enthält. Damit mangelt es bereits an
einem objektiven Rechtsscheintatbestand, d.h., es fehlt die Berechtigung auf das
Bestehen einer Vollmacht zu schließen. Soweit der Kläger nach Abschluss des
Tarifvertrages auf den offiziellen Briefbögen der Beklagten weiterhin als Oberarzt
bezeichnet wird, ist dies für die Eingruppierung rechtlich ebenfalls ohne Belang, da
nach der Niederschriftserklärung zu § 6 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/VKA die Berechtigung zur
Führung des Titels in jeden Fall erhalten bleibt. Entgegen der Auffassung des
Klägers lässt sich auch aus der Stellenausschreibung nichts zu seinen Gunsten
herleiten. Das Inserat ist weder ein Vertragsangebot noch die Zuweisung einer
medizinischen Verantwortung, sondern nur die Aufforderung, sich um den
Abschluss eines Arbeitsvertrages zu bewerben.
4. Der Beklagten ist es auch nicht kraft Treu und Glauben (§ 242) verwehrt, sich
auf die fehlende ausdrückliche Übertragung zu berufen. Da der TV-Ärzte/VKA klare
Verhältnisse geschaffen hat, nach denen sich die Beteiligten richten konnten,
genügt die Entgegennahme der Arbeitsleistung trotz Kenntnis der Umstände nicht
(so ausdrücklich BAG 25.10.1995 - 4 AZR 479/94 - Rn. 40 zitiert nach Juris). Etwas
anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte den Chefarzt nicht
angewiesen hat, die Zuweisung der Aufgaben zurückzunehmen (vgl. BAG a. a. O.).
Aus § 162 BGB oder dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens lässt sich ebenfalls
nichts zu Gunsten des Klägers herleiten. Vor Abschluss des TV-Ärzte/VKA kam den
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nichts zu Gunsten des Klägers herleiten. Vor Abschluss des TV-Ärzte/VKA kam den
Aufgaben, die dem Kläger übertragen wurden, keine vergütungsrechtliche
Bedeutung zu. Deshalb konnte und durfte bei ihm auch nicht der Eindruck
entstehen, die Beklagte habe dem Handeln des Chefarztes eine
vergütungsmäßige Bedeutung beigemessen (vgl. so schon Hess. LAG 08.10.2008
- 2 Sa 529/08 – S. 18).
Durch die Übertragung des im Streit stehenden Aufgabenbereichs durch den
Chefarzt hat der Kläger auch keine Rechtsposition erlangt, die ihm einseitig von
der Beklagten nicht mehr entzogen werden könnte. Im öffentlichen Dienst wird der
Arbeitnehmer regelmäßig nicht für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit
eingestellt, sondern für einen allgemein umschriebenen Arbeitsbereich, der durch
die Nennung der Vergütungsgruppe konkretisiert wird. Das Direktionsrecht des
öffentlichen Arbeitgebers erstreckt sich deshalb auf alle Tätigkeiten, die die
Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, für die der Arbeitnehmer eingestellt
worden ist. Danach können dem Arbeitnehmer grundsätzlich auch andere
Tätigkeiten zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen der Vergütungsgruppe
entsprechen (vgl. z. B. BAG 23.06.1993 - 5 AZR 337/92 - Rn. 21 zitiert nach Juris;
BAG 21.11.2002 - 6 AZR 82/01 - Rn. 19 zitiert nach Juris). Einen eingeschränkten
Umfang hat das Direktionsrecht des öffentlichen Arbeitgebers nur dann, wenn die
Parteien von den im öffentliche Dienst üblichen Musterverträgen abweichen und
eindeutige Absprachen treffen (BAG 21.01.2004 - 6 AZR 583/02 - Rn. 24 zitiert
nach Juris). Dies ist im Streitfall nicht geschehen, insbesondere wurde der
Arbeitsbereich als solcher mit dem Kläger im Arbeitsvertragvertrag nicht
vereinbart. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die übrigen Merkmale der
Vergütungsgruppe III des TV-Ärzte/VKA erfüllt sind.
II.
Da der Kläger nach den vorstehenden Ausführungen keinen Anspruch auf
Vergütung nach der Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA hat, kann er auch nicht
gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB Verzugszinsen auf die Vergütungsdifferenz
zwischen der Entgeltgruppe II und der Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA
verlangen.
C
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, da die Berufung des Klägers
ohne Erfolg geblieben ist.
D
Die Revision für den Kläger ist wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 72 Abs. 2
Nr. 1 ArbGG zuzulassen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.