Urteil des LAG Hessen vom 03.11.2010

LAG Frankfurt: arbeitsgericht, firma, nichterfüllung, zwangsgeld, futter, quelle, unternehmen, anschrift, ausgabe, auskunftserteilung

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
8. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 Sa 888/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 242 BGB
Auskunftsanspruch
Orientierungssatz
Einen Auskunftsanspruch gegen seinen Arbeitgeber kann ein Arbeitnehmer nicht
daraus herleiten, dass er zur Erteilung dieser Auskunft verurteilt wurde und ihm
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen drohen. Voraussetzung für den Auskunftsanspruch
ist, dass die Auskunft zur Wahrung eigener Rechte des Arbeitnehmers erforderlich ist.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts in Wiesbaden
vom 11. März 2010 – 4 Ca 3184/08 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin Auskünfte erteilen
muss, die an ein Unternehmen zu geben die Klägerin rechtskräftig verurteilt ist.
Die Klägerin war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in deren
Tierpension seit dem 01. September 2004 angestellt und mit untergeordneten
Tätigkeiten, wie beispielsweise Futter reichen und Reinigungsarbeiten beschäftigt.
Zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen wegen Verstößen gegen ein
Wettbewerbsverbot nahm die Firma A die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der
Beklagten auf Erteilung von Auskünften in Anspruch. Die Klägerin wurde dazu
rechtskräftig verurteilt. Wegen Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtungen wurde
gegen sie Zwangsgeld, ersatzweise Zwanghaft festgesetzt. Die Klägerin verlangt
nunmehr diese Auskünfte, die sich auf den Betrieb der Beklagten beziehen, von
dieser.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu
legen, in welchem Umfang Geschäfte, insbesondere mit welchen Kunden, die
namentlich mit Anschrift aufzuschlüsseln sind, in welcher Höhe für die
Hundepension „B“ ab dem 01.12.2004 getätigt wurden, unter Vorlage einer
geordneten, die Einnahme und Ausgabe aus diesen Geschäften enthaltenen
Aufstellung und Vorlage der entsprechenden Belege in Form von Eigen- und
Fremdrechnungen unter Vorlage des Tierbestandsbuches und Angabe der jeweils
geschlossenen Hundeunterbringungsverträge mit den einzelnen Hunden mit der
Angabe der jeweiligen Unterbringungsdauer (datumsmäßig aufgeschlüsselt „von
…bis…“).
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Verfahren sei wegen der inzwischen
eingetretenen Insolvenz der Klägerin unterbrochen. Sie sei nicht verpflichtet, der
Klägerin Auskunft zu erteilen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, mit Urteil vom 11.
März 2010, auf das insbesondere hinsichtlich der Darstellung des Sachverhalts
Bezug genommen wird.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Beklagte beantragt,
soweit es zu einer Verurteilung der Beklagten gekommen ist, das Urteil des
Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 11.03.2010 (Az. 4 Ca 3184/08 aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten
Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage ist unbegründet.
Das Verfahren ist nicht gemäß § 240 ZPO unterbrochen und die Klage ist zulässig.
Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts verwiesen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die verlangten Auskünfte. Zutreffend hat das
Arbeitsgericht ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung anerkannt ist,
dass im Arbeitsverhältnis ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB bestehen kann,
soweit der Anspruchsberechtigter in entschuldbarer Weise über den Umfang
seines Rechts im Ungewissen ist, während der Verpflichtete unschwer Auskunft
erteilen kann (BAG 18.01.1996 – 6 AZR 314/95 – AP Nr. 25 zu § 242 BGB
Auskunftspflicht). Es fehlt aber an einem Recht der Klägerin, über das sie im
Ungewissen wäre. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht daraus, dass sie zu
einer Auskunftserteilung verurteilt wurde. Es kommt allein auf das Verhältnis der
Klägerin als Arbeitnehmerin zur Beklagten als Arbeitgeberin an. In diesem
Verhältnis besteht kein Auskunftsanspruch der Klägerin. Es sind keine Rechte oder
Ansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten ersichtlich, zu deren
Durchsetzung sie der verlangten Ansprüche bedürfte. Ein Auskunftsanspruch
ergibt sich auch nicht aus einer Führsorgepflicht. Auch unter diesem Gesichtspunkt
ist die Beklagte nicht verpflichtet, der Klägerin Auskünfte zu geben, damit diese
ihren Gläubiger befriedigen kann. Der Gläubiger hat einen Auskunftsanspruch nur
gegenüber der Klägerin. Er kann seinen Titel, den er gegen die Klägerin hat, nicht
auf diesem Umweg gegen die Beklagte durchsetzen. Im vorliegenden Fall ist er im
Übrigen damit gescheitert, sein Auskunftsbegehren gegen die Rechtsvorgängerin
der Beklagten durchzusetzen.
Die Klägerin hat als unterlegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.