Urteil des LAG Hessen vom 06.09.2007

LAG Frankfurt: arbeiter, ark, hessen, tarifvertrag, evangelische kirche, kommission, akte, form, kontrolle, arbeitsgericht

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
11. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 Sa 2000/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 TVG, § 4 Abs 1 TVG, Art
140 GG, Art 137 Abs 3 GG, §
4 EvKiArbRRG HE
Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel, Auslegung,
BAT/DW, Kirchlich-Diakonische Arbeitsvertragsordnung,
Urlaubsgeld
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main
vom 19. Juni 2006, Az.: 15/14 Ca 747/06, abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 332,24 EUR (in Worten:
Dreihundertzweiunddreißig und 24/100 Euro) brutto, verzinst mit Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. August 2005 zu
zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung von Urlaubsgeld für das Jahr 2005.
Der am ... 19... geborene Kläger ist seit dem 27. Juni 1979 auf der Grundlage des
am 31. Oktober 1979 geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 5 d. A.) als
Hausarbeiter bei der Beklagten, bzw. deren Rechtsvorgängerin dem A, beschäftigt.
Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses erhielt der Kläger jährlich Urlaubsgeld,
welches von der Beklagten zuletzt im Juli 2004 in Höhe von 332,34 Euro ausgezahlt
wurde. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält unter Anderem folgende
Regelungen:
Die Beklagte ist eine kirchlich-diakonische Einrichtung zur Erfüllung sozialer
Aufgaben und Mitglied des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau. Die
zuständige Evangelische Kirche Hessen und Nassau (EKHN) hat in Artikel 71 ihrer
Kirchenordnung Folgendes geregelt:
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Auf der Grundlage dieser Bestimmung hat die EKHN am 29. November 1979 das
Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse im
kirchlichen Dienst (Arbeitsrechts-Regelungsgesetz, kurz: ARRG) beschlossen.
Dessen einschlägige Regelung lautet in § 4 ARRG:
In der Vergangenheit hat die Arbeitsrechtliche Kommission (ARK) des
Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau in der Regel die Tarifabschlüsse des
Öffentlichen Dienstes auf die von ihr beschlossene Arbeitsvertragsordnung
übertragen. So sah die von der ARK beschlossene Arbeitsvertragsordnung für
Arbeiter im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und
Nassau a. F. (ArbVO/DW a. F.) auch in § 1 Abs. 1 grundsätzlich die Anwendung des
BMT-G für die Arbeitsverhältnisse der Arbeiter vor, soweit nicht in den §§ 2 ff der
ArbVO durch die zuständigen Gremien anderes bestimmt wurde. Mangels
abweichender Bestimmungen zahlte die Beklagte, bzw. ihre Rechtsvorgängerin bis
einschließlich 2004 an die bei ihr beschäftigten Arbeiter Urlaubsgeld gemäß dem
Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Arbeiter vom 16. März 1977. Nach §§ 2, 4
dieses Tarifvertrages über ein Urlaubsgeld ist ein Urlaubsgeld in Höhe von 332,34
Euro mit den Bezügen für den Monat Juli auszuzahlen.
Mit Beschluss vom 05. Mai 2004 hat die ARK § 1 der Arbeitsvertragsordnung für
Arbeiter im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und
Nassau (ArbVo/DW) vom 01. Dezember 1982, zuletzt geändert am 16. März 2004
wie folgt neu gefasst:
Am 17. Mai 2005 hat die ARK einzelne neue arbeitsrechtliche Regelungen
beschlossen und unter anderem mit Artikel 3 eine Änderung der
Arbeitervertragsordnung beschlossen und folgenden Paragraphen neu eingeführt:
Diese Regelung ist gemäß Artikel 6 des Beschlusses der ARK vom 17. Mai 2005
am 01. Juni 2005 in Kraft getreten.
Hintergrund der von der ARK getroffenen Beschlüsse zum Wegfall des
Urlaubsgeldes und weiterer, hier nicht streitiger Vergütungsbestandteile, ist, dass
die Beklagte ohne diese Reduzierungen gezwungen wäre, die Tätigkeiten, die die
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die Beklagte ohne diese Reduzierungen gezwungen wäre, die Tätigkeiten, die die
Beschäftigten der Gehaltsgruppen E1 und E2 versehen, "outzusourcen".
Mit Schreiben vom 20. Juni 2005 machte der Kläger gegenüber der Beklagten
einen Anspruch auf Zahlung von 332,34 Euro Urlaubsgeld für das Jahr 2005
geltend. Diesen Anspruch macht der Kläger mit seiner am 31. Januar 2006 beim
Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 08. Februar 2006
zugestellten Klage geltend.
Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, dass es – jedenfalls soweit die
Urlaubsgeldregelung betroffen sei – in seinem Arbeitsvertrag bereits an einer
Bezugnahme auf die Arbeitsvertragsordnung für Arbeiter vom 15. Dezember 1982
in der Fassung vom 24. November 2004 und der Änderung vom 17. Mai 2005
fehle. Die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages dürfe nicht als "große
dynamische Bezugnahmeklausel" verstanden werden, die einen vollständigen
Systemwechsel erlaube, vielmehr erlaube die Bezugnahmeklausel nur
Modifizierungen des BMT-G. Jedenfalls aber halte die Bezugnahmeklausel, auch
wenn sie eine Änderung der Arbeitsvertragsordnung erfasse, einer AGB-Kontrolle,
insbesondere einer Inhaltskontrolle nicht stand. So verstoße die
Bezugnahmeklausel gegen die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB, es
handele sich um eine überraschende Tarifänderung im Sinne des § 305c Abs. 1
BGB und jedenfalls sei die Änderung für den Kläger unverbindlich, da offenbar
unbillig im Sinne des § 319 Abs. 1 BGB.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 332,34 Euro zu zahlen, verzinst mit 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. August 2005.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Rechtsansicht vertreten, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung
von Urlaubsgeld für das Jahr 2005 nicht zustünde. Denn durch den Beschluss der
ARK vom 17. Mai 2005 sei die ArbVO wirksam geändert worden und diese
Änderungen fänden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Im
Arbeitsvertrag sei nicht ausschließlich die Anwendung des BMT-G II, sondern des
BMT-G II nebst "zusätzlichen Regelungen in der Fassung des Diakonischen Werkes
Hessen und Nassau – Dienstvertragsrecht" vereinbart worden. Damit sei zugleich
das ARRG und die Arbeitsvertragsordnung Vertragsbestandteil geworden. Auch
habe der Kläger in der Vergangenheit auf der Basis des Dienstvertragsrechts –
und nicht auf der Basis des Tarifvertrages über ein Urlaubsgeld für Arbeiter vom
16. März 1977 – Urlaubsgeld erhalten, so dass er nunmehr auch Änderungen des
Dienstvertragsrechts akzeptieren müsse. Dies auch deshalb, weil es sich im
Arbeitsvertrag um eine dynamische Bezugnahme handele. Auch sei mit dem
Beschuss der ARK kein Systemwechsel verbunden, da der Beschluss nur beinhalte,
den Tarifvertrag über das Urlaubsgeld nicht mehr anzuwenden. Ferner hat die
Beklagte die Rechtsauffassung vertreten, dass § 2 des Arbeitsvertrages nicht
gegen die §§ 305 ff BGB verstoße. Denn die ArbVO unterfielen im Hinblick auf die
ihnen innewohnende Angemessenheitsvermutung ebenso wie Tarifverträge,
Betriebs- und Dienstvereinbarungen nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht der
Kontrolle nach den §§ 305 ff BGB. Zumindest hielte die vom Kläger beanstandete
Änderung einer Kontrolle nach §§ 305 ff BGB stand.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat durch Urteil vom 19. Juni 2006 die Klage
abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der
Beschluss der ARK vom 17. Mai 2005 aufgrund wirksamer Bezugnahme im
Arbeitsvertrag auf das Dienstvertragsrecht gemäß den Regelungen des
Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau einschlägig sei, so dass dem Kläger
für das Jahr 2005 kein Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld zustehe. Auch halte
die Bezugnahmeklausel einer gerichtlichen Überprüfung nach den §§ 305 ff BGB
stand. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe
S. 5 bis 9 (Bl. 66 bis 70 der Akte) Bezug genommen. Gegen dieses der Klägerseite
am 23. Oktober 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. November 2006
Berufung eingelegt und diese – nach rechtzeitigem Antrag auf Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 29. Januar 2007 – mit beim
Landesarbeitsgericht Frankfurt am 29. Januar 2007 eingegangenem Schriftsatz
begründet.
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Der Kläger verfolgt sein Klagebegehren unter Wiederholung und Ergänzung seines
erstinstanzlichen Vorbringens weiter und macht hierzu eingehende
Rechtsausführungen. So führt er aus, dass zwischen den Parteien die Anwendung
des Tarifvertrages über ein Urlaubsgeld für Arbeiter vom 16. März 1977 vertraglich
vereinbart worden sei und dass in Ermangelung einer großen dynamischen
Bezugnahmeklausel ein Tarifwechsel zu der kirchlichen Sonderregelung des § 11c
der Arbeitsvertragsordnung für Arbeiter im kirchlichdiakonischen Dienst, dem
Wegfall des Urlaubsgeldes, nicht möglich sei. Wegen der Einzelheiten der
Ausführungen wird auf den Schriftsatz vom 29. Januar 2007 (Bl. 94 bis 98 der Akte)
Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das am 19. Juni 2006 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main,
Az: 15/14 Ca 747/06 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
an ihn 332,34 Euro zu zahlen, verzinst mit 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz
seit dem 01. August 2005.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung
ihres erstinstanzlichen Vorbringens, ergänzt durch eingehende
Rechtsausführungen. Dabei vertritt die Beklagte unter anderem die Auffassung,
dass es bei der Anwendung der vom Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 19. März
2003 (Az: 4 AZR 11/02) aufgestellten Grundsätze nicht darauf ankomme, ob im
dortigen Fall lediglich der Anspruch auf Urlaubsgeld Gegenstand der Klage war,
denn das BAG habe grundsätzlich darüber zu befinden gehabt, ob das kirchliche
Dienstvertragsrecht oder der im Arbeitsvertrag mit benannte BMT-G allein
Anwendung finde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 07. März
2007 (Bl. 103 bis 109 der Akte) und insbesondere den Schriftsatz vom 29. August
2007 (Bl. 110 bis 116 der Akte) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A)
Das Rechtsmittel der Berufung ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2a ArbGG
statthaft, da die Berufung im Urteil des Arbeitsgericht ausdrücklich zugelassen
wurde. Sie ist auch vom Kläger gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§
519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig und
ordnungsgemäß begründet worden.
B)
In der Sache hat die Berufung Erfolg. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist
abzuändern, denn die zulässige Klage ist begründet.
Dem Kläger steht auf der Basis der durch § 2 des Arbeitsvertrages erfolgten
einzelvertraglichen Bezugnahme auf den BMT G II nebst Änderungen und
zusätzlichen Regelungen in der Fassung des Diakonischen Werkes in Hessen und
Nassau ein Anspruch auf Urlaubsgeld in Höhe von 332,34 Euro für das Jahr 2005
gemäß dem Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Arbeiter (§§ 1, 2 TV-Urlaubsgeld)
zu, wobei die rechnerische Höhe des Urlaubsgeldanspruchs zwischen den Parteien
nicht im Streit steht. Die Arbeitsvertragsordnung für Arbeiter im kirchlich-
diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes Hessen und Nassau vom 25.
September 1980 findet in der vor dem 17. Mai 2005 zuletzt geltenden Fassung,
nämlich in der Fassung vom 16. März 2004 (im Folgenden ArbVO/DW a. F.
genannt) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Denn die Beschlüsse
der ARK vom 17. Mai 2005 wurden nicht in das Arbeitsverhältnis der Parteien
transformiert.
I)
Die mit Artikel 3 von der ARK am 17. Mai 2005 beschlossene Änderung der
Arbeitervertragsordnung und Regelung, dass der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld
für Arbeiter vom 16. März 1977 keine Anwendung mehr findet und kein
Urlaubsgeld mehr gezahlt wird, ist nicht Gegenstand des Arbeitsverhältnisses der
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Urlaubsgeld mehr gezahlt wird, ist nicht Gegenstand des Arbeitsverhältnisses der
Parteien geworden.
1)
Eine normative Wirkung der (geänderten) Arbeitervertragsordnung auf das
Arbeitsverhältnis scheidet aus.
a)
Insbesondere ergibt sich eine normative Wirkung der ArbVO/DW nicht aus § 4 Abs.
1 TVG. Vielmehr ist § 4 Abs. 1 TVG auf die ArbVO/DW nicht anwendbar, weil es sich
bei den kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen wie der ArbVO/DW gerade nicht um
Tarifverträge handelt, die unter Beteiligung von Gewerkschaften – vgl. § 2 Abs. 1
TVG – zustande gekommen sind (so bereits BAG 20. März 2002, Az: 101/01, AP
Nr. 53 zu Art. 140 GG, III 2 b, aa der Gründe; BAG 08. Juni 2005, Az: 4 AZR 412/04,
NZA 2006, 611ff, II 2 a, bb der Gründe, jeweils mit weiteren Nachweisen).
b)
Darüber hinaus lässt sich eine normative Wirkung der kirchlichen
Arbeitsrechtsregelungen, nebst Änderungen durch Beschlüsse der ARK, für alle mit
einem kirchlichen Arbeitgeber abgeschlossenen Arbeitsverhältnisse auch weder
aus dem säkularen Recht, noch aus dem Selbstbestimmungsrecht der
Religionsgemeinschaften (Artikel 140 GG, 137 Absatz 3 Weimarer Verfassung)
herleiten. Allerdings resultiert aus Artikel 137 Abs. 3 Weimarer Verfassung die
Rechtssetzungsbefugnis in eigenen Angelegenheiten, soweit diese betroffen sind.
Dies betrifft in der Regel, die inhaltliche Ausgestaltung der kirchlichen
Arbeitsverhältnisse durch auf dem dritten Weg zustande gekommene
Arbeitsrechtsregelungen. Auch das säkulare Recht enthält dagegen keine
Bestimmung, welche die normative Wirkung der so entstandenen
Arbeitsrechtsreglungen anordnet (in diesem Sinne bereits überzeugend BAG 08.
Juni 2005, a.a.O.).
Auch aus § 4 Abs. 1 ARRG lässt sich außerhalb der kirchlichen Organisation keine
normative Wirkung der Arbeitsrechtsregelungen für die Arbeitsverhältnisse der
Arbeitnehmer in kirchlichen Einrichtungen herleiten. § 4 Abs. 1 ARRG legt die
Verbindlichkeit beschlossener Arbeitsrechtsregelungen für alle Arbeitsverhältnisse
fest. Gleichwohl wird dadurch eine normative Wirkung der Arbeitsrechtsregelungen
außerhalb der kirchlichen Organisation nicht begründet. Denn "die Anordnung
einer normativen Geltung kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen gegenüber
Arbeitnehmern, die nur auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags mit der Kirche
oder einer ihrer Einrichtungen verbunden sind, ist auch mittels Kirchenrechts nicht
möglich" (so wörtlich BAG 08. Juni 2005, a.a.O., mit weiteren Nachweisen).
2)
Auch durch die Verweisungsnorm in § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien ist die
mit Artikel 3 von der ARK am 17. Mai 2005 beschlossene Änderung der
Arbeitervertragsordnung, dass der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Arbeiter
vom 16. März 1977 keine Anwendung mehr findet und Urlaubsgeld nicht gezahlt
wird, nicht Vertragsbestandteil geworden.
a)
§ 1 Arbeitervertragsordnung vom 15 Dezember 1982 zuletzt geändert am 05 Mai
2004 lässt kirchenrechtlich an sich die Streichung des Urlaubsgeldes zu. Denn in §
1 Abs. 1 ArbVO/DW werden grundsätzlich die Bestimmungen des BMT-G II sowie
die für Arbeiter zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge in der für das Land
Hessen am 30. Juni 2004 abgeschlossenen Fassung für anwendbar erklärt.
Dadurch wird auch der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Arbeiter vom 16. März
1977 erfasst. Allerdings gilt dies nach § 1 Abs. 1 ArbVO/DW nur, soweit im
Folgenden nichts anderes bestimmt ist. Mit dieser Regelung in § 1 ArbVO/DW ist
klargestellt, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge subsidiär gelten, soweit
die Arbeitervertragsordnung selbst keine anderweitigen Regelungen enthält. Eine
solche Abweichung vom Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Arbeiter stellt Artikel
3 der Beschlüsse der ARK vom 17. Mai 2005 dar, denn danach soll der Tarifvertrag
über ein Urlaubsgeld keine Anwendung mehr finden.
b)
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Artikel 3 der Beschlüsse der ARK vom 17. Mai 2005 entfaltet keine
arbeitsvertragliche Wirkung, weil er durch die arbeitsvertragliche
Bezugnahmeklausel nicht erfasst wird.
Zu einer gleichlautenden Bezugnahmeklausel hat die Kammer 3 des
Landesarbeitsgericht Frankfurt in einer Entscheidung vom 13. Juli 2007, Az: 3/12
Sa 311/07 bereits ausgeführt:
"a.
Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel verweist nicht unmittelbar auf
tarifvertragliche Arbeitsbedingungen. Der BMT-G nebst Änderungen und
zusätzlichen Regelungen in der Fassung des Diakonischen Werks ist eine aufgrund
kirchlichen Rechts (Art. 71 d. Kirchenordnung, § 4 ARRG) geschaffene
Arbeitsvertragsordnung, die lediglich auf den Bestimmungen und der Systematik
des BMT-G und der ihn ergänzenden Tarifverträge aufbaut. Auf das
Arbeitsverhältnis finden mithin kirchenrechtliche Regelungen, nicht aber der BMT-G
und die ihn ergänzenden Tarifverträge Anwendung (vgl. BAG 06. Nov. 1996 – 10
AZR 287/96 – NZA 1996,659(660)). Hierdurch entsteht keine unmittelbare
Bindung an das Kirchenrecht, sondern die Regelungen der
Arbeitsvertragsordnungen werden Inhalt des Arbeitsvertrages. Entgegen der
Auffassung der Beklagten wird nicht jede von der arbeitsrechtlichen Kommission
beschlossene Arbeitsvertragsordnung von der arbeitsvertraglichen
Bezugnahmeklausel uneingeschränkt in das Arbeitsverhältnis transformiert.
Vielmehr muss es sich um eine Arbeitsvertragsordnung handeln, die auf dem
BMT-G und den ihn ergänzenden Tarifverträgen aufbaut und sich als eine
inhaltliche Änderung begreifen lässt. (...)
b.
Der Inhalt von Willenserklärungen ist nach §§ 133, 157 BGB objektiv unter
Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles aus der Sicht des Empfängers zu
bestimmen. Ausgehend vom Wortlaut der Klausel ist der objektive
Bedeutungsgehalt der Erklärung zu ermitteln, wobei der allgemeine
Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen
Regelungszusammenhangs maßgebend ist. In die Auslegung einzubeziehen sind
auch die den Parteien erkennbaren Begleitumstände der Erklärung, soweit sie
einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Die tatsächliche
Handhabung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht ebenfalls Rückschlüsse auf
dessen Inhalt. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind schließlich auch
die Entstehungsgeschichte, der von den Vertragsparteien verfolgte
Regelungszweck sowie die Interessenlage der Beteiligten (vgl. BAG 24. September
2003 – 10 AZR 34/03 – Rn. 38, zitiert nach juris; BAG 20. April 2005 – 4 AZR 292/04
– Rn. 18, zitiert nach juris). Motive des Erklärenden, soweit sie nicht in dem
Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich
erkennbarer Weise ihren Niederschlag finden, haben außer Betracht zu bleiben.
Kommt der Wille des Erklärenden nicht oder nicht vollständig zum Ausdruck,
gehört dies zu dessen Risikobereich (BAG 18. April 2007 – AZR 652/05 – Rn. 30
zitiert nach juris). Dies bedeutet für die Auslegung von Bezugnahmeklauseln, dass
ihr Bedeutungsgehalt in erster Linie anhand des Wortlauts zu ermitteln ist (BAG
18. April 2007 – 4 AZR 652/05 – Rn 31 zitiert nach juris). Nach diesen Maßstäben
vermag sich die Kammer nicht der Auslegung des Arbeitsgerichts anzuschließen,
weil sie mit Wortlaut und Regelungszweck der Bezugnahmeklausel nicht in Einklang
zu bringen ist.
c.
Die Vereinbarung in § 2 des Arbeitsvertrages über die Anwendung des BMT-G mit
den ihn ändernden Regelungen in der Fassung des Diakonischen Werkes ist
dynamisch (vgl. zu vergleichbaren Formulierungen: BAG 18. September 1991 – 4
AZR 620/90 – NZA 1992, 282(282); BAG 25. September 2002 – 4 AZR 294/01 –
Rn. 23 zitiert nach juris). Sie erfasst aufgrund der angesprochenen "Änderungen"
den BMT-G in der jeweiligen Fassung, die er durch die Gestaltung der
Tarifvertragsparteien sowie des zuständigen Gremiums des Diakonischen Werks –
die arbeitsrechtliche Kommission – erhalten hat. Die fehlende ausdrückliche
"Jeweiligkeitsformel" bezüglich der Fassung des Diakonischen Werks ist
unschädlich. Es wird nicht auf eine bestimmte Fassung statisch Bezug genommen
(vgl. dazu BAG 17. Januar 2006 – 9 AZR 417/05 – Rn. 30 zitiert nach juris; BAG 05.
April 2006 – 4 AZR 390/05 – Rn. 43 zitiert nach juris). Ob sich Änderungen der
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April 2006 – 4 AZR 390/05 – Rn. 43 zitiert nach juris). Ob sich Änderungen der
Tarifvertragsparteien automatisch auf die Arbeitsvertragsordnung auswirken und
inwieweit Änderungen der arbeitsrechtlichen Kommission Vorrang vor Änderungen
der Tarifvertragsparteien genießen, ist nicht entscheidungserheblich und kann
damit offen bleiben.
Grundsätzlich schlagen die jeweiligen Änderungen auf das Arbeitsverhältnis durch,
so dass die vom Arbeitnehmer und vom Arbeitgeber zu erbringenden
arbeitsvertraglichen Leistungen nicht von den beiden Vertragspartnern bestimmt
werden. Die Wirkung einer dynamischen Verweisungsklausel läuft mithin auf die
Einräumung eines einseitigen Bestimmungsrechts zugunsten desjenigen hinaus,
der die Rechtsmacht innehat, das Verweisungsobjekt zu ändern (vgl. Oetker, JZ
2002, 337 (341)). Inwieweit damit der arbeitsrechtlichen Kommission ein
Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von §§ 317 ff BGB eingeräumt wird, bedarf
keiner Entscheidung. Jedenfalls ist es den Arbeitsvertragsparteien aufgrund der
Vertragsfreiheit vorbehalten, die Reichweite der Dynamisierung festzulegen.
Im Streitfall wird die Dynamik durch den Wortlaut der Regelung dahingehend
begrenzt, dass das Arbeitsverhältnis dem BMT-G – wenn auch in modifizierter
Form – zeitdynamisch unterstellt wird (vgl. dazu BAG 30. August 2000 – 4 AZR
581/99 – Rn. 21 zitiert nach juris). Es soll die übliche Tarifentwicklung mit vollzogen
werden. Anstelle der Regelungen dieses Tarifvertrages können die Bedingungen
anderer Regelwerke keine Anwendung finden; ein Tarifwechsel ist ausgeschlossen.
Gestützt wird das Klauselverständnis durch den Regelungszweck. Durch den
Verweis auf den BMT-G sollen den Arbeitnehmern vergleichbare materielle
Arbeitsbedingungen gewährleistet werden wie sie der öffentliche Dienst bietet (i.E.
wohl auch Richardi, Arbeitsrecht, S. 167 "weitgehende Orientierung am öffentlichen
Dienst"). Den Parteien kam es offenbar auf die ihnen als besonders geeignet
erscheinenden Regelungen des öffentlichen Dienstes an, da sie ansonsten nicht
auf einen fachfremden Tarifvertrag verwiesen hätten. Der BMT-G enthält keine
kirchenspezifischen Vorschriften für kirchlich-diakonische Einrichtungen, vielmehr
werden sie vom Geltungsbereich des Tarifvertrages nicht einmal erfasst (vgl. § 1
BMT-G). Kirchliche Arbeitgeber sind regelmäßig nicht tarifgebunden, da die Kirchen
durch die Wahl des "Dritten Weges" eine Übernahme des staatlichen
Tarifvertragssystems ablehnen.
Eine weitergehende Tragweite der Verweisungsklausel lässt sich nicht – so aber die
Beklagtenseite – mit dem Hinweis auf den Klammerzusatz "Dienstvertragsrecht"
begründen, da einer solchen isolierten Betrachtungsweise der
Regelungszusammenhang der Vertragsbestimmung entgegensteht. Ein
Klammerzusatz stellt – wie im allgemeinen und juristischen Sprachgebrauch üblich
– lediglich eine zusammenfassenden, synonyme Bezeichnung des vor die
Klammer gezogenen dar und besagt im Streitfall nur, was die
Arbeitsvertragsparteien unter dem Begriff des Dienstvertragsrechts verstanden
wissen wollten. Für eine weitergehende eigenständige Bedeutung fehlt es an
greifbaren Anhaltspunkten. Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung wäre
nur dann möglich, wenn von den Parteien weitere Tatsachen vorgetragen werden
oder sonst ersichtlich sind, die Zweifel an der wortgetreuen Auslegung der
Vertragsklausel begründen können, weil sie für beide Seiten erkennbar den Inhalt
der jeweils abgegebenen Willenserklärungen in einer sich im Wortlaut nicht
niederschlagenden Weise beeinflusst haben (vgl. BAG 18. April 2007 – 4 AZR
652/05 – Rn. 31 zitiert nach juris; BAG 30. August 2000 – 4 AZR 581/99 – LS 1
zitiert nach juris; BAG 25. September – 4 AZR 294/01 – Rn. 19 zitiert nach juris).
Solche weiteren Umstände müssen schon deshalb vorliegen, weil die
Arbeitsvertragsparteien eben diese Rechtsfolge vereinbaren können, indem sie
beispielsweise auf die Arbeitsvertragsordnungen des Diakonischen Werks/HN in
der jeweils gültigen Fassung verweisen.
(...)
d.aa.
Soweit sich die Beklagtenseite unter Hinweis auf die Entscheidung des 4. Senats
des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Februar 2003 – 4 AZR 117/2 – darauf beruft,
die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag beinhalte zwingend eine Verweisung auf
das Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der
Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechtsregelungsgesetz-ARRG), gibt dies
im Streitfall keine Handhabe dafür, den Wortlaut der arbeitsvertraglichen
Verweisungsklausel zu überspielen. Der Hinweis des 4. Senats auf
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Verweisungsklausel zu überspielen. Der Hinweis des 4. Senats auf
kirchenrechtliche Vorschriften hat nach Auffassung der Kammer nicht den Sinn,
die inhaltliche Tragweite der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel zu
bestimmen. Vielmehr soll durch die Einbeziehung der Verfahrensregelungen des
ARRG (§ 6 ff) sichergestellt werden, dass eine Änderung der
Arbeitsvertragsordnung nur durch die paritätisch besetzte, an Weisungen nicht
gebundene arbeitsrechtliche Kommission erfolgen kann. Mit anderen Worten: eine
Änderung auf andere Weise – z.B. durch ein weisungsgebundenes und nicht
paritätisch besetztes Gremium – wäre durch die arbeitsvertragliche
Bezugnahmeklausel nicht gedeckt, das heißt, eine solche Änderung würde nicht
Vertragsbestandteil (vgl. BAG 17. April 1996 – 10 AZR 558/95 – NZA 1997, 55
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bb.
Für eine abweichende, den Wortlaut übersteigende Auslegung dahingehend, dass
die Parteien übereinstimmend etwas anderes meinten (falsa demonstratio non
nocet), finden sich ebenfalls keine Anhaltspunkte. Sie lassen sich auch nicht (...)
aus dem Umstand herleiten, dass die Klägerseite in der Vergangenheit einer
Anwendung der Arbeitsvertragsordnung in der jeweils gültigen Fassung nicht
widersprochen hat. Hinsichtlich des tatsächlichen Verständnisses
empfangsbedürftiger Willenserklärungen ist auf den Zeitpunkt ihres Zugangs
abzustellen. Willenserklärungen haben mit dem Augenblick des Wirksamwerdens
grundsätzlich einen unveränderlichen Erklärungswert (vgl. BGH 28. März 1962 – VIII
ZR 250/61 – Rn. 15, zitiert nach juris). Bei der Auslegung eines Rechtsgeschäfts
kann das nachträgliche Verhalten der Parteien nur in der Weise berücksichtigt
werden, als es Rückschlüsse auf ihren tatsächlichen Willen und ihr tatsächliches
Verständnis im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung zulässt (vgl. BGH 07.
Dezember 2006 – VII ZR 166/05 – Rn. 18, zitiert nach juris)." Diesen Ausführungen
der Kammer 3 des Hessischen Landesarbeitsgerichts schließt sich die erkennende
Kammer vollumfänglich und ausdrücklich an.
Trotz der vorliegenden dynamischen Bezugnahmeklausel in § 2 des
Arbeitsvertrages der Parteien wird Artikel 3 zur Änderung der
Arbeitervertragsordnung der Beschlüsse der ARK vom 17. Mai 2005 davon nicht
erfasst. Denn auch von einer dynamischen Bezugnahmeklausel werden – wie
bereits dargestellt – nur solche Entwicklungen der Arbeitsvertragsordnungen
erfasst, die eine Änderung der Regelungen des Tarifvertrages – hier des TV-
Urlaubsgeldes – darstellen.
Dazu gehört Artikel 3, Änderung der Arbeitervertragsordnung, der Beschlüsse der
ARK vom 17. Mai 2005 allerdings nicht. Denn dessen Regelungsgehalt erschöpft
sich darin, die Anwendung des Tarifvertrages über ein Urlaubsgeld für Arbeiter vom
16. März 1977 zu beenden. Dagegen sieht der Wortlaut der Bezugnahmeklausel in
§ 2 des Arbeitsvertrages gerade nicht vor, dass die von ihr erfassten und in das
Arbeitsverhältnis einbezogenen Tarifverträge außer Kraft gesetzt werden –
jedenfalls soweit dies nicht auf eine Regelung der Tarifvertragsparteien zurückgeht.
Die Parteien haben der ARK mit § 2 des Arbeitsvertrages keinen Widerruf der
Urlaubsgeldregelung ermöglicht, sondern lediglich deren Änderung. Allerdings
setzt die "Änderung" einer bestehenden Regelung bereits begrifflich voraus, dass
die Regelung weiterhin Anwendung findet, zwar in modifizierter Form aber doch so,
dass von der ursprünglichen Regelung zumindest ein Teil noch weiterhin
Anwendung findet. Dies bedeutet bezogen auf das Urlaubsgeld, dass nach
Auffassung der Kammer nach der arbeitsvertraglichen Bezugnahme zwar eine
Kürzung des Urlaubsgeldes aber nicht dessen ersatzlose Streichung möglich ist.
Damit bleibt es bezüglich des Urlaubsgeldes bei der Anwendung des Tarifvertrages
über ein Urlaubsgeld für Arbeiter vom 16. März 1977 auf der Basis der ArbVO/DW
a.F., weil die Folgeregelung von der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag nicht
erfasst ist. Insoweit ist unschädlich, dass es sich bei der dann geltenden
Arbeitsvertragsordnung nicht um eine "geltende" Fassung handelt. Darauf stellt
bereits der Arbeitsvertrag nicht ab. Darüber hinaus ist es den
Arbeitsvertragsparteien auch unbenommen auf Regelungen Bezug zu nehmen,
die bereits außer Kraft getreten sind.
Es kann dahinstehen, dass die Urlaubsgeldregelung nunmehr ihre
arbeitsvertraglich an sich vorgesehene Dynamik verliert und bis zur Neuregelung
der Arbeitsbedingungen statisch fortwirkt. Dies ist im "Zusammenhang mit
Bezugnahmeklauseln keine der Rechtsordnung unbekannte Rechtsfolge. So ist für
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Bezugnahmeklauseln keine der Rechtsordnung unbekannte Rechtsfolge. So ist für
Gleichstellungsabreden anerkannt, dass die Einbindung der
Arbeitsvertragsparteien in die Tarifentwicklung endet, wenn die Tarifbindung der
Arbeitgeberseite entfällt (vgl. z.B. BAG 26. September 2001 – 4 AZR 544/00 – NZA
2002, 634 (635)); BAG 14. Februar 2005 – 4 AZR 536/04 – Rn. 13, zitiert nach
juris). Nichts anderes kann gelten, wenn ein ursprünglich geltendes Regelwerk
durch ein anderes, ausdrücklich nicht gewolltes Regelwerk abgelöst wird" (so
wörtlich Hessisches Landesarbeitsgericht, 13. Juli 2007, Az: 3/12 Sa 311/07). Auch
diesen Ausführungen schließt sich die erkennende Kammer vollumfänglich an.
III.
Damit steht dem Kläger gegen die Beklagte auf der Basis der ArbVO/DW a.F. und
dem damit weiterhin anwendbaren Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Arbeiter
vom 16. März 1977 nach dessen §§ 1, 2 das Urlaubsgeld in unstreitiger Höhe zu.
Dabei war der Klageantrag wie geschehen dahin auszulegen, dass es sich um
einen Bruttozahlungsanspruch handelt, weil es sich bei dem Urlaubsgeld um einen
Vergütungsbestandteil handelt.
IV.
Der Zahlungsanspruch ist mit dem gesetzlichen Zinssatz ab Fälligkeit zu
verzinsen, da die Beklagte mit der Zahlung ab 01. August 2005 in Verzug geraten
ist. Der Zinsanspruch ergibt sich im austenorierten Umfang aus §§ 288, 286 Abs.
1, 2 Nr. 1, 4 BGB i.V.m. § 4 TV-Urlaubsgeld.
Wie geschehen, war die Antragsformulierung "verzinst mit 5% Zinsen über dem
Basissatz" dahin auszulegen, dass damit der gesetzliche Zinssatz, mithin 5
Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1, S. 2 BGB), gemeint sind (in
diesem Sinne bereits OLG Hamm 05. April 2005, Az: 21 U 149/04, NJW 2005,
2238).
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Als unterlegener Partei waren der
Beklagten die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen.
D.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision
zuzulassen. Denn es handelt sich um die Auslegung eines
Formulararbeitsvertrages mit einer typischen Bezugnahmeklausel, die in einer
großen Anzahl von Arbeitsverhältnissen Anwendung findet.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.