Urteil des LAG Hessen vom 06.11.2006

LAG Frankfurt: sitz im ausland, gemeinsame einrichtung, baustelle, erstreckung, werkvertrag, allgemeinverbindlicherklärung, arbeitsgericht, firma, bekanntmachung, tarifvertrag

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
16. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
16 Sa 727/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 TVG, § 3 Abs 1 TVG, § 4
Abs 2 TVG, § 5 Abs 4 TVG, §
138 Abs 1 ZPO
(Urlaubskassenverfahren - Zur Auslegung der
Einschränkung unter IV der Bekanntmachung der
Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Bautarifverträge
vom 17.01.2000)
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts
Wiesbaden vom 07. Februar 2006 – 8 Ca 3558/03 – abgeändert.
Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 12. April
2005 wird in vollem Umfang aufgehoben und die Klage in Gänze
abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme
der Kosten, die durch die Säumnis des Beklagten am 12. April 2005
entstanden sind und die der Beklagte trägt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug um die Verpflichtung des Beklagten
zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für die von ihm in Deutschland im
Zeitraum von Januar bis September 1999 beschäftigten gewerblichen
Arbeitnehmer.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des
Baugewerbes. Er hat nach den tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes
(Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV/Bau) iVm den Vorschriften
des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren (VTV)) insbesondere die
Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu
sichern. Nach den tarifvertraglichen Vorschriften, die für allgemeinverbindlich
erklärt sind, haben die baugewerblichen Arbeitgeber, die dazu erforderlichen Mittel
durch Beiträge aufzubringen.
Der Beklagte war in den Jahren 1999 und 2000 Inhaber eines Unternehmens mit
Sitz in ... (Polen). In ... unterhielt der Beklagte ein Geschäftslokal. Mit aus Polen
nach Deutschland entsandten polnischen Arbeitnehmern führte er in den Jahren
1999 und 2000 in der Bundesrepublik Deutschland Arbeiten aus. Im Jahre 1999
wurden vom Beklagten aufgrund eines Werkvertrages mit der Firma Paul ... GmbH
& Co KG (künftig: Firma ...) in ... an vier Baustellen, nämlich am Sport- und
Solebad ..., in der ...-...-Straße 2-12 in ..., in der ... straße in ... und in der ...-...-
Straße in ... Tätigkeiten durchgeführt.
Auf der Baustelle in ... wurden vom Beklagten in der Zeit vom 08. Januar bis 31.
Januar und in der Zeit vom 10. Februar bis 28. Februar
Wärmedämmverbundsystemarbeiten (WDVS-Arbeiten), Innenputzarbeiten sowie
Maler- und Lackiererarbeiten mit einem Arbeitszeitaufwand von 6 Mann-Monaten
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Maler- und Lackiererarbeiten mit einem Arbeitszeitaufwand von 6 Mann-Monaten
(MM) erbracht.
Auf der Baustelle in ... fielen in der Zeit von April bis September im Rahmen der
vom Beklagten durchgeführten Arbeiten an Arbeitszeit 36 MM an. Grundlage für
die Arbeiten war ein Werkvertrag des Beklagten mit der Fa. ... vom 21. Januar
1999, hinsichtlich dessen Inhalts auf Bl. 109 bis 117 d. A. Bezug genommen wird.
Vertragsgegenstand war danach die Durchführung von "allgemeinen
Betoninstandsetzungsarbeiten.
Auf der Baustelle in W erbrachte der Beklagte in der Zeit von Juni bis September
1999 Arbeiten mit einem Arbeitszeitaufwand von 5 MM. Zugrunde lag ein
Werkvertrag mit der Fa. ... vom 16. April 1999, hinsichtlich dessen Inhalts auf Bl.
211 bis 219 d. A. Bezug genommen wird und der ebenfalls die Durchführung von
"allgemeinen Betonsanierungsarbeiten" beinhaltet.
Auf der Baustelle in ... fielen in der Zeit von August bis September 1999
Arbeitsleistungen des Beklagten im Umfang von 7 MM an. Grundlage war ein
Werkvertrag mit der Fa. ... vom 28. Mai 1999, hinsichtlich dessen Inhalts auf Bl.
241 bis 249 d. A. Bezug genommen wird und der ebenfalls als Vertragsgegenstand
die Durchführung von "allgemeinen Betonsanierungsarbeiten" enthält.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe in den Jahren 1999 und
2000 einen baugewerblichen Betrieb im Sinne der für allgemeinverbindlich
erklärten Bautarifverträge unterhalten und sei deshalb verpflichtet, für seine in
diesem Zeitraum in die Bundesrepublik Deutschland entsandten Arbeitnehmer
Urlaubskassenbeiträge zu zahlen. Im Jahre 1999 seien in Deutschland
ausschließlich, jedenfalls aber arbeitszeitlich weit überwiegend, Putz- und
Betonsanierungsarbeiten ausgeführt worden. Auf der Baustelle in ... seien Putz-
und Betonsanierungsarbeiten mit einem Arbeitszeitanteil von 16 MM sowie
Fugarbeiten und Anstricharbeiten mit einem Arbeitszeitanteil von 20 MM
durchgeführt worden. Auf der Baustelle in Wasserberg seien ausschließlich
Betonsanierungsarbeiten durchgeführt worden, auf der Baustelle in ... WDVS-
Arbeiten, Dämmarbeiten, Fugarbeiten, Betonsanierungsarbeiten,
Anstrich/Korrosionsschutzarbeiten. Für die Arbeiten in ... folge dies aus dem
entsprechenden Leistungsverzeichnis über die Arbeiten (Bl. 129 bis 150 d. A). und
aus dem Zusicherungsbescheid des Landesarbeitsamtes NRW (Bl. 172 d. A.) über
die Zusicherung von Arbeitserlaubnissen, der als Tätigkeit
"Betoninstandsetzungsarbeiten" enthalte. Hinsichtlich der Baustelle in Wasserberg
ergebe sich dies ebenfalls aus dem Leistungsverzeichnis (Bl. 220 bis 232 d. A.)
sowie dem entsprechenden Bescheid des Landearbeitsamtes (Bl. 233 d. A.) und
dem Abnahmeprotokoll vom 3. September 1999 (Bl. 237 d. A.). Hinsichtlich der
Baustelle in ... folge dies ebenfalls aus dem Leistungsverzeichnis (Bl. 250 bis 260
d. A.) und aus dem Zusicherungsbescheid des Landesarbeitsamtes (Bl. 261 d. A.).
WDVS-Arbeiten seien im Kalenderjahr 1999 vom Beklagten nicht arbeitszeitlich
überwiegend durchgeführt worden. Das zeige bereits der Umstand, dass lediglich
das Leistungsverzeichnis für die Baustelle in ... derartige Arbeiten ausweise, die
übrigen Leistungsverzeichnisse dagegen nicht. 1999 habe der Beklagte, auch
unter Einschluss der in Polen durchgeführten Arbeiten arbeitszeitlich überwiegend
Trockenbauarbeiten durchgeführt. Dementsprechend schulde der Beklagte für
1999 Urlaubskassenzahlungen in Höhe von Euro 24.764,59. Mangels Erteilung von
Auskünften durch den Beklagten errechne er diesen Betrag aus den Meldungen
der Beklagten gegenüber den Landesarbeitsämtern bzw. aus den Prüfberichten
der Dienststellen der Zoll- und Arbeitsverwaltung, denen die jeweilige
Entsendedauer der in die Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer
zu entnehmen sei, ferner aus der tarifvertraglichen durchschnittlichen
Wochenarbeitszeit, dem tarifvertraglichen Mindestlohn sowie dem tariflichen
Beitragssatz für Urlaubskassenbeiträge. Des Weiteren verlange er für das Jahr
2000 auf der gleichen Berechnungsgrundlage Urlaubskassenbeiträge in Höhe von
Euro 11.969,39.
Nachdem der Kläger gegen den ordnungsgemäß geladenen aber nicht
erschienenen Beklagten im arbeitsgerichtlichen Termin vom 17. April 2005 ein
klagezusprechendes Versäumnisurteil auf Zahlung von Euro 36.733,98 erwirkt
hatte, hat er, nach fristgerechtem Einspruch des Beklagten gegen dieses
Versäumnisurteil, die Klageforderung für 1999 auf Euro 20.127,58 ermäßigt,
bezüglich der Klageforderung für 2000 die Hauptsache in Höhe von Euro 737,51 für
erledigt erklärt und beantragt,
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das Versäumnisurteil vom 17. April 2005 in Höhe von Euro 31.358,49
aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, er schulde dem Kläger nichts, weil er in den Jahren
1999 und 2000 arbeitszeitlich überwiegend auf Baustellen in Deutschland WDVS-
Arbeiten ausgeführt habe. Solche Tätigkeiten seien auch in Polen arbeitszeitlich
überwiegend durchgeführt worden. 1999 seien an den Baustellen in ... und ...
ausschließlich WDVS-Arbeiten ausgeführt worden, an der Baustelle in W
Betonsanierungsarbeiten und Malerarbeiten an der Fassade. Für ... ergebe sich
dies aus einem Leistungsverzeichnis (Bl. 424 bis 440 d. A.) sowie aus einer
schriftlichen Bestätigung des ehemaligen Bauleiters der Fa. ... (Bl. 566 d. A.) und
einer Bestätigung der Firma ... (Bl. 409 d. A.). Gleiches gelte für die Baustelle in ....
Auch hier weise das Leistungsverzeichnis WDVS-Arbeiten aus (Bl. 446 bis 470 d.
A.). Die beiden Leistungsverzeichnisse seien nach Baubesichtigung erstellt
worden, die vom Kläger zu den Akten gereichten Leistungsverzeichnisse seien ihm
nicht bekannt. Die Anträge gegenüber dem Landesarbeitsamt seien von der Fa. ...
ausgefüllt worden. Insgesamt seien 1999 nach alledem 43 MM auf WDVS-Arbeiten
und 11 MM auf andere bauliche Tätigkeiten entfallen. Im Jahre 2000 seien ebenfalls
arbeitszeitlich überwiegend WDVS-Arbeiten durchgeführt worden.
Das Arbeitsgericht hat mit seinem Urteil vom 07. Februar 2006 sein
Versäumnisurteil in Höhe von 20.157,58 (Beitragsforderung für 1999)
aufrechterhalten und im Übrigen die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der
Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen
Urteils (Bl. 681 bis 698 d. A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die
Berufungsverhandlung am 24. Juli 2006 festgestellten und dort ersichtlichen
Fristen Berufung eingelegt.
Er meint, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er 1999
arbeitszeitlich überwiegend Betonsanierungs- und Putzarbeiten durchgeführt habe.
Insoweit habe das Arbeitsgericht bereits übersehen, dass nicht er, sondern der
Kläger darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen der Erstreckung
der Bautarifverträge auf ihn sei. Die Einschränkung der
Allgemeinverbindlicherklärung der Bautarifverträge nehme aber für Arbeitgeber
mit Sitz im Ausland die Durchführung von Wärmedämmverbundarbeiten
ausdrücklich aus. Zudem seien auch tatsächlich überwiegend WDVS-Arbeiten von
ihm ausgeführt worden, was er hinsichtlich der Baustelle in ... ausdrücklich unter
Zeugenbeweis stelle. In keinem Falle habe er Arbeiten verrichtet, die Eingriffe in
die Statik erforderlich machten, sondern lediglich Arbeiten an der Oberfläche
durchgeführt.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage vollständig abzuweisen.
Der Kläger beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil, wiederholt sein erstinstanzliches
Vorbringen und trägt vor, es könne von dem Beklagten nicht ernsthaft behauptet
werden, die von ihm, dem Kläger, in Bezug genommenen Leistungsverzeichnisse
stammten nicht von ihm. Immerhin enthielten sie den Firmenstempel des
Beklagten und eine Unterschrift. Anhand der vorgelegten Unterlagen könne kein
Zweifel daran bestehen, dass vom Beklagten 1999 arbeitszeitlich überwiegend
Betonsanierungsarbeiten in Deutschland durchgeführt worden seien, wobei es sich
um klassische Betonsanierungsarbeiten gehandelt habe, nämlich um solche zur
Beseitigung statisch bedeutsamer Schäden.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf
den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze, nämlich die
Berufungsbegründung vom 30. Juni 2006 (Bl. 741 bis 756 d. A.), den Schriftsatz
des Beklagten vom 18. September 2006 (Bl. 772/773 d. A.) und 11. Oktober 2006
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des Beklagten vom 18. September 2006 (Bl. 772/773 d. A.) und 11. Oktober 2006
(Bl. 781 bis 783), die Berufungserwiderung vom 05. September 2006 (Bl. 765 bis
771 d. A.) und den Schriftsatz des Klägers vom 26. Oktober 2006 (Bl. 787/788 d.
A.) sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 06. November
2006 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet
hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 ArbGG)
keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig
und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und
damit insgesamt zulässig.
In der Sache hat die Berufung Erfolg. Das arbeitsgerichtliche Versäumnisurteil ist
in vollem Umfang aufzuheben, weil es inhaltlich unrichtig ist (§ 343 S. 2 ZPO) und
die Klage abzuweisen. Für das im Berufungsrechtszug allein angefallene Begehren
des Klägers auf Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für das Kalenderjahr 1999
fehlt eine Rechtsgrundlage.
Als allein mögliche Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen des Klägers
kommt § 1 Abs. 3 Satz 2 AEntG in der für das Kalenderjahr 1999 maßgeblichen
Fassung vom 19. Dezember 1998 in Verbindung mit § 8 Ziffer 15 BRTV/Bau und
den einschlägigen Bestimmungen des VTV in den für den Klagezeitraum gültigen
Fassungen nicht in Betracht.
Nach § 1 Abs. 3 Satz 2 AEntG ist ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland verpflichtet,
einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes wie
dem Kläger, dem nach für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen die
Einziehung von Urlaubskassenbeiträgen übertragen ist, diese Beiträge zu leisten.
Diese gesetzliche Erstreckung von tarifvertraglichen Normen, die aufgrund AVE für
inländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten, auf Arbeitgeber mit Sitz im
Ausland und ihre im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten
Arbeitnehmer erfasst freilich nur solche Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, deren
Betrieb ihrerseits von einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag des
Baugewerbes erfasst wird
. Das ist hier für die Zeit ab 01. April 1999 wegen der Einschränkung der
Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) der Bautarifverträge nicht der Fall. Für die
Zeit vor diesem Datum scheidet eine Erstreckung der tariflichen Normen des
Baugewerbes auf den Beklagten aus, weil die tariflichen Normen nicht von allen
inländischen Arbeitgebern mit identischer Tätigkeit einzuhalten waren.
Im Einzelnen gilt:
Zeitraum ab 01. April 1999:
Die betriebliche Tätigkeit der Beklagten unterfällt nicht dem für
allgemeinverbindlich erklärten Geltungsbereich von BRTV/Bau und VTV, weil es sich
bei den von ihm in Deutschland durchgeführten Tätigkeiten um solche handelte,
auf die sich die AVE der Bautarifverträge nicht erstreckt.
Maßgeblich ist hier die der Bekanntmachung der AVE vom 17. Januar 2000
. Sie enthält unter IV folgende Einschränkung:
Die Allgemeinverbindlicherklärung erstreckt sich nicht auf Arbeitgeber mit Sitz
im Ausland, wenn sie überwiegend in Abschnitt II oder III aufgeführte Tätigkeiten
ausüben.
Unter III enthält die AVE u. a. folgende Regelung:
Die Allgemeinverbindlicherklärung erstreckt sich nicht Betriebe und
selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland,
...
2. die mittelbar oder unmittelbar Mitglied im Hauptverband des Deutschen
Maler- und Lackiererhandwerks sind, soweit sie überwiegend folgende Tätigkeiten
ausüben:
a) Anbringen von Wärmedämmverbundsystemen,
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b) Betonschutz- und Oberflächensanierungsarbeiten, soweit nicht Arbeiten zur
Beseitigung statisch bedeutsamer Betonschäden verrichtet werden.
Diese Einschränkungen kommen bezüglich des Beklagten zum Zuge.
Bezüglich der vorgenannten Einschränkungen gilt:
Diese Einschränkungen finden seit 01. April 1999 Anwendung
. Das ergibt sich daraus, dass diese Einschränkungen für
die AVE des BRTV/Bau ab 01. April 1999 maßgeblich sind (BAnz Nr. 20 v. 29.
Januar 2000). Die materielle Grundlage für die Verpflichtung zur Zahlung von
Urlaubskassenbeiträgen findet sich nämlich in § 8 Ziff. 15 BRTV/Bau. Etwas
anderes gilt nicht deshalb, weil die Einschränkungen der AVE den VTV erst ab 01.
Juni 1999 erfassen. Denn der VTV regelt lediglich das Verfahren für die in § 8
BRTV/Bau vorgesehene gemeinsame Einrichtung
Die Einschränkungen lassen sich nach ihrem unmissverständlichen Wortlaut nur so
verstehen, dass Arbeitgeber mit Sitz im Ausland u. a. dann nicht von der AVE
erfasst werden, wenn sie die in Abschnitt III 2 genannten Arbeiten durchführen.
Darauf, ob diese Betriebe Verbandsmitglied geworden sind, kommt es nicht an,
weil Abschnitt IV der Einschränkung der AVE nur auf die in Abschnitt II genannten
Tätigkeiten abstellt. Erkennbarer Sachgrund dieser Regelung ist, dass Arbeitgeber
mit Sitz im Ausland nicht oder nur unter Schwierigkeiten Mitglied in einem Verband
iSv II 2 der Einschränkung werden können.
Hinreichendes Merkmal für die Erfüllung der Voraussetzungen der
Einschränkungsklausel ist, dass der Arbeitgeber mit Sitz im Ausland in
Deutschland arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausführt, die unter die
Einschränkungsklausel fallen. Das folgt zwar nicht unmittelbar aus ihrem Wortlaut,
wohl aber aus einem an der gesetzlichen Regelung des § 1 AEntG und den
gesetzlich normierten Wirkungen einer AVE orientierten Verständnis der
Einschränkungsklausel.
Eine AVE bewirkt, dass die Rechtsnormen des entsprechenden Tarifvertrages in
seinem Geltungsbereich auch die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer und
Arbeitgeber erfassen (§ 5 Abs. 4 TVG). Den Geltungsbereich eines Tarifvertrages
erweitern kann die AVE dagegen nicht. Da sowohl der BRTV/Bau wie der VTV
räumlich für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelten und betrieblich für
Betriebe – einschließlich selbständiger Betriebsabteilungen – des Baugewerbes,
werden von den Tarifverträgen nur Arbeitgeber erfasst, die in Deutschland einen
Betrieb unterhalten und nur Arbeitnehmer, die einem in Deutschland gelegenen
Betrieb zuzuordnen sind
. Die AVE erweitert den Kreis der
Adressaten des Tarifvertrages lediglich dadurch, dass sie die Rechtsnormen der
Tarifverträge auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber erstreckt,
aber gleichzeitig die Erstreckung insoweit beschränkt, als sie bestimmte von der
AVE sonst (also ohne Einschränkung) erfasste Arbeitgeber und Arbeitnehmer von
der Erstreckungswirkung wiederum ausnimmt. Für Arbeitgeber, die in Deutschland
keinen Betrieb unterhalten, vermag damit allein die AVE der Bautarifverträge die
Geltung der Bautarifverträge für entsendende Arbeitgeber und entsandte
Arbeitnehmer nicht zu begründen, weil derartige Arbeitgeber nicht vom räumlichen
Geltungsbereich der Tarifverträge erfasst werden. Rechtsgrund für die Geltung der
für allgemeinverbindlich erklärten Bautarifverträge ist für Arbeitgeber mit Sitz im
Ausland und die von diesen entsandten Arbeitnehmer vielmehr allein die
gesetzliche Bestimmung des § 1 AEntG und die mit ihr vorgenommene
Erstreckung der Geltung der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifnormen auf
solche Arbeitsvertragsparteien.
Dieser rechtliche Hintergrund ebnet den Weg für ein Verständnis des Inhalts von
Einschränkungen der AVE im Hinblick auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und die
von diesen beschäftigten, nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer. Denn
sowenig wie § 1 AEntG die Rechtsverhältnisse von Arbeitgebern mit Sitz im
Ausland und ihre im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer regeln kann und will, so
wenig kann und darf angenommen werden, dass derartiges durch die AVE der
bautariflichen Bestimmungen geschehen soll. Denn derartige Regelungen wären
sinn- und inhaltsleer. Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der dort beispielsweise
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sinn- und inhaltsleer. Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der dort beispielsweise
überwiegend Wärmedämmverbundarbeiten durch seine Arbeitnehmer durchführt,
wird nämlich nicht wegen der Einschränkung der AVE der deutschen
Bautarifverträge von diesen nicht erfasst. Vielmehr gelten diese Tarifverträge,
auch wenn sie für allgemeinverbindlich erklärt worden sind, deshalb nicht für ihn in
Bezug auf die Tätigkeit im Ausland, weil die Geltung der Tarifverträge sich auf das
Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt und es gesetzliche
Regelungen einer Erstreckung dieser Normen in das Ausland hinein nicht gibt.
Regelungsgegenstand der AVE-Einschränkung für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland
kann daher nur der Bereich der Tätigkeit dieser Arbeitgeber sein, der von der
Erstreckungswirkung des § 1 AEntG erfasst wird. Das ist allein die Erbringung
baulicher Leistungen durch Arbeitgeber mit Sitz im Ausland durch entsandte
Arbeitnehmer in Deutschland.
Jedes andere Ergebnis wäre zudem widersinnig. Würde man Abschnitt IV der
Einschränkungsklausel so verstehen, dass es auf die Gesamttätigkeit des
Betriebes (also einschließlich von Arbeiten im Ausland) ankäme, würde ein
Arbeitgeber mit Sitz im Ausland nämlich dann von der Allgemeinverbindlichkeit der
Bautarifverträge erfasst, wenn er z. B. in Deutschland nur
Wärmedämmverbundarbeiten ausführte, unter Einrechnung der Tätigkeiten im
Ausland jedoch überwiegend andere, von der AVE-Einschränkung nicht betroffene
bauliche Tätigkeiten erbrächte. Damit wäre für die über § 1 AEntG vermittelte
Geltung der Bautarifverträge eine Tätigkeit, nämlich die im Ausland, maßgeblich,
die ihrerseits von den deutschen Bautarifverträgen gar nicht betroffen ist, während
die Tätigkeit, die in Deutschland ausgeführt wird, würde sie von einem Inländer
durchgeführt, von der AVE der Bautarifverträge nicht erfasst wäre. Dafür, dass ein
solches Ergebnis, das jedenfalls europarechtswidrig wäre, gewollt ist, spricht nichts
.
Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus:
Der eigene Vortrag des Klägers hinsichtlich der vom Beklagten 1999 in
Deutschland durchgeführten Arbeiten lässt bereits nicht den Schluss zu, dass die
vom Beklagten 1999 in Deutschland arbeitszeitlich überwiegend durchgeführten
Tätigkeiten solche waren, die sich nach der vorbezeichneten AVE der
Bautarifverträge auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland erstreckten.
Unentschieden kann daher bleiben, ob der Beklagte in Deutschland eine
selbständige Betriebsabteilung unterhalten hat und deshalb die Art der Tätigkeiten
des Beklagten in Polen von vornherein außer Betracht zu bleiben hat. Ebenfalls
unentschieden kann bleiben, ob Betriebe von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland,
die arbeitszeitlich überwiegend im Ausland Tätigkeiten iSd Einschränkungsklausel
ausführen – so der Vortrag des Beklagten, wonach in Polen WDVS-Arbeiten
durchgeführt worden sind –, in Deutschland jedoch Tätigkeiten erbringen, die von
der AVE erfasst werden ohne dass diese Tätigkeiten insgesamt arbeitszeitlich
überwiegen, unter die Einschränkungsklausel der AVE fallen. Damit erübrigt sich
auch die Frage, welche Tätigkeiten vom Beklagten in Polen im Jahre 1999
durchgeführt worden sind und ob diese Tätigkeiten, bei Fehlen einer selbständigen
Betriebsabteilung in Deutschland, arbeitszeitlich überwogen.
Nach dem klägerischen Vorbringen sollen arbeitszeitlich überwiegend im
Kalenderjahr 1999 von den Arbeitnehmern des Beklagten in Deutschland
Betonsanierungs- und Putzarbeiten durchgeführt worden sein, wobei der Vortrag
des Klägers zumindest nicht ausschließt, dass Betonsanierungsarbeiten
arbeitszeitlich überwiegend angefallen sind. Gerade letzteres hat der Kläger denn
auch in der Berufungserwiderung ausdrücklich vorgetragen. Dieser Vortrag erlaubt
nicht die Annahme, dass die Tätigkeiten des Beklagten 1999 von den für
allgemeinverbindlich erklärten Vorschriften des BRTV/Bau und des VTV erfasst
wurden.
Betonsanierungsarbeiten gehören zwar zu den Betonarbeiten iSv § 1 Abs. 2
Abschn. V Nr. 5 VTV. Bei derartigen Arbeiten handelt es sich aber auch um
Betonschutzarbeiten iSv II 2b der AVE-Einschränkung.
Betonschutzarbeiten sind Teiltätigkeiten des Bautenschutzes, weil insoweit die
Oberfläche von Beton, gegen äußere Einflüsse geschützt werden soll
. Betonschutz kann sowohl darin bestehen, Schäden am Beton von
vornherein zu vermeiden wie auch eingetretene Schäden zu beseitigen und den
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vornherein zu vermeiden wie auch eingetretene Schäden zu beseitigen und den
Beton für die Zukunft zu schützen.
Vorbeugender Betonschutz soll verhindern, dass die Betonoberfläche durch
äußere Einwirkungen (Witterungseinflüsse, Temperaturschwankungen, Wasser,
Salze, in der Luft vorhandenes Kohlendioxyd oder Schwefeldioxyd) angegriffen wird
und dadurch Schäden erleidet. Er erfolgt in der Regel durch die Vornahme von
Beschichtungen.
Betonsanierungsarbeiten sind nichts anderes als Arbeiten zu Instandsetzung von
Beton. Auch das sind Betonschutzarbeiten iSv II 2b der AVE-Einschränkung. Sind
bereits Betonschäden vorhanden, deren Hauptursache regelmäßig die Korrosion
des Betonstahls ist, weil Rost zur Volumenvergrößerung und damit zur
Absprengung der Betonüberdeckung führt, besteht der Betonschutz in der
Betoninstandsetzung durch Entfernung der losen Teile, die Freilegung der
rostenden Stahlteile, deren Entrostung, der Vornahme einer
Korrosionsschutzbeschichtung, dem Auffüllen der Ausbruchstellen und der
anschließenden Aufbringung einer Schlussbeschichtung
. Dass auch dies Betonschutzarbeiten im Sinne
der Einschränkungsklausel der AVE sind, belegt der mit "soweit" eingeleitete
Nebensatz von II 2 b) der Bestimmung Denn dieser gewinnt nur dann einen
greifbaren Sinn, wenn er so verstanden wird, dass zu den Betonschutzarbeiten alle
Instandsetzungsarbeiten an Beton zu rechnen sind, jedoch bestimmte
Instandsetzungsarbeiten, nämlich die zur Beseitigung statisch bedeutsamer
Schäden, ausgenommen sein sollen.
Angesichts dieses rechtlichen Befundes rechtfertigt der eigene Vortrag des
Klägers nicht die Annahme, dass die vom Beklagten 1999 in Deutschland
durchgeführten Arbeiten vom für allgemeinverbindlich erklärten Geltungsbereich
der Bautarifverträge erfasst wurden.
Weil Betonsanierungsarbeiten Betonschutzarbeiten sind, wird ein Arbeitgeber mit
Sitz im Ausland, der arbeitszeitlich überwiegend in einem Kalenderjahr solche
Tätigkeiten durchgeführt, nur dann von der AVE erfasst, wenn diese Arbeiten der
Beseitigung statisch bedeutsamer Schäden dienen. Wie dies zu verstehen ist,
ergibt sich mangels näherer Begriffserläuterung in der AVE-Einschränkung aus
dem insoweit erkennbar zugrunde gelegten Sprachgebrauch der Bautechnik.
Statisch bedeutsam sind danach Schäden, wenn diese die Stabilität des gesamten
Bauwerkes im Hinblick auf Standsicherheit und Verformungsfestigkeit oder die
Tragfestigkeit von Bauwerksteilen aus Beton in Frage stellen. Denn "statisch"
bedeutet, die Statik betreffen , Statik
meint in Bezug auf technische Bauwerke die Lehre von den Kräften, die auf ein
Bauwerk einwirken und dessen Stabilität gefährden können bzw. deren
Gleichgewicht dem Bauwerk Stabilität geben .
Dass in diesen Sinne Betonsanierungsarbeiten vom Beklagten durchgeführt
worden sind, hat der Kläger bereits nicht dargelegt. Dazu war er gehalten. Insoweit
kann dahinstehen, ob der Kläger oder der von diesem in Anspruch genommene
Beklagte hinsichtlich der Erfüllung der Merkmale der Einschränkung der AVE nach II
2 b) darlegungs- und im Streitfall beweispflichtig ist. Jedenfalls bezüglich der
"Einschränkung der Einschränkung" in II 2 b) ist dies der Kläger, weil insofern ein
(Rück-) Ausnahmetatbestand gegeben ist. Für die Erfüllung der Merkmale einer
Ausnahmeregelung ist nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen der
darlegungs- und beweispflichtig, der sich darauf beruft.
Der diesbezügliche nach einem entsprechenden ausdrücklichen Hinweis der
Berufungskammer im Berufungsrechtszug des Klägers gehaltene Vortrag ist
unzureichend. Soweit der Kläger von "klassischen" Betonsanierungsarbeiten
spricht, besagt das schon deshalb nichts, weil auch Sanierungsarbeiten an Beton,
die nicht der Beseitigung statisch bedeutsamer Schäden dienen,
herkömmlicherweise und damit "klassisch" den Betonsanierungsarbeiten
zugerechnet zu werden pflegen. Der Verweis des Klägers auf das
Leistungsverzeichnis für die Baustelle ... mit den Positionen "Betonflächen instand
setzen" und "Betonflächen spachteln" ist unergiebig, weil sich daraus auch nicht
ansatzweise erhellt, dass Arbeiten durchgeführt wurden, die die Standfestigkeit
des Gebäudes oder die Tragfähigkeit einzelner Betonteile betrafen.
Weil danach der eigene Sachvortrag des Klägers nicht den Schluss darauf zulässt,
dass die vom Beklagten im Jahre 1999 ab April 1999 in Deutschland
durchgeführten Arbeiten solche waren, die von dem für allgemeinverbindlich
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durchgeführten Arbeiten solche waren, die von dem für allgemeinverbindlich
erklärten betrieblichen Geltungsbereich für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland erfasst
wurden, schuldet der Beklagte insoweit auch keine Zahlung von
Urlaubskassenbeiträgen.
Selbst wenn man dies anders sehen und davon ausgehen will, dass der
klägerische Vortrag schlüssig ist, weil die behaupteten Betonsanierungsarbeiten
nicht zu den Betonschutzarbeiten iSv II 2 b) der AVE-Einschränkung zu rechnen
sind, gilt im Ergebnis nichts anderes. Denn angesichts der Behauptung des
Beklagten, es seien im Kalenderjahr 1999 arbeitszeitlich überwiegend WDVS-
Arbeiten ausgeführt worden, oblag es dem Kläger seinen davon abweichenden
Vortrag zu beweisen. Das ist ihm nicht gelungen.
Der Kläger ist für seine von dem Beklagten hinreichend bestrittene Behauptung,
1999 hätten andere bauliche Tätigkeiten als die Ausführung von
Wärmedämmverbundarbeiten in Deutschland arbeitszeitlich überwogen,
darlegungs- und im Streitfall beweispflichtig. Das folgt aus den allgemeinen
Grundsätzen über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Zivil- und
Arbeitsgerichtsprozess.
Nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozesses, die auch für das
arbeitsgerichtliche Verfahren gelten, hat derjenige, der ein Recht geltend macht,
die anspruchsbegründenden Tatsachen dazulegen und im Streitfall zu beweisen.
Anspruchsbegründende Voraussetzung für den vom Kläger geltend gemachten
Zahlungsanspruch ist, dass im Kalenderjahr 1999 die für allgemeinverbindlich
erklärten Normen des BRTV/Bau und des VTV für die Beklagte galten. Denn nur
soweit für allgemeinverbindlich erklärte Bautarifverträge einer Gemeinsamen
Einrichtung der Tarifvertragsparteien, wie dem Kläger, Ansprüche auf
Beitragszahlung einräumen, ist ein entsendender ausländischer Arbeitgeber zur
Beitragszahlung nach § 1 Abs. 3 S. 2 AEntG verpflichtet.
Voraussetzung dafür, dass für allgemeinverbindlich erklärte Normen für einen
nichttarifgebundenen Arbeitgeber gelten, ist u. a., dass dieser vom
Geltungsbereich der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifnormen erfasst wird.
Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, die in Deutschland arbeitszeitlich überwiegend
pro Kalenderjahr Wärmedämmverbundarbeiten ausführen, werden, wie die
Einschränkung der AVE unter IV iVm II 2 a) zeigt, nicht von der AVE erfasst. Damit
fehlt es bei derartigen Arbeitgebern an einer anspruchsbegründenden
Voraussetzung für eine über § 1 AEntG vermittelte Geltung des Tarifvertrages,
nämlich an einer von einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag des
Baugewerbes erfassten Tätigkeit des Arbeitgebers mit Sitz im Ausland.
Bei dieser AVE-Einschränkung handelt es sich auch nicht um eine
Ausnahmebestimmung, für deren Vorliegen derjenige darlegungs- und im Streitfall
beweispflichtig ist, der sich darauf beruft. Die diese Ansicht vertretenden
Rechtsprechung des 9. Senats des BAG
überzeugt nicht.
Bereits begrifflich nimmt die AVE-Einschränkung durch die Einschränkungsklausel
nicht Arbeitgeber von ihrem Geltungsbefehl aus. Vielmehr beschränkt die Klausel
den Kreis der Adressaten des Geltungsbefehls. Dieser Sicht entspricht die Wirkung
einer AVE. Diese erstreckt die Normwirkung auf Nichttarifgebundene (§ 5 Abs. 4
TVG). Einschränkungen der AVE hinsichtlich des Geltungsbereichs des
Tarifvertrages bewirken damit der Sache nach nichts anderes als dass die in der
Einschränkungsklausel bezeichneten Arbeitgeber von der Normwirkung von
vornherein nicht erfasst werden sollen. Dann kann auch keine Rede davon sein,
nach dem Willen des Normgebers der AVE sei die Erstreckung des Tarifvertrages
auf alle von dessen Geltungsbereich erfassten die Regel, die Einschränkung die
Ausnahme. Ein weiteres kommt hinzu. Für allgemeinverbindlich erklärte
Tarifnormen sind gegenüber den Außenseitern durch die staatliche Mitwirkung im
Rahmen der Allgemeinverbindlicherklärung noch ausreichend demokratisch
legitimiert . Beschränkt die AVE
die Erstreckung der Tarifnormen auf Außenseiter durch Einschränkungen des
Geltungsbereichs, ist nur im Umfang der Normerstreckung eine demokratische
Legitimation der Erstreckungswirkung vorhanden. Das muss sich auf die Frage
auswirken, wer in einem Rechtsstreit den Nachteil zu tragen hat, wenn sich nicht
feststellen lässt, ob der Tarifvertrag kraft AVE gilt. Gelten kann er nämlich nur in
dem Umfang für Außenseiter, in dem die Außenseiterwirkung hinreichend
demokratisch legitimiert ist. Das darzulegen und im Streitfall zu beweisen ist
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demokratisch legitimiert ist. Das darzulegen und im Streitfall zu beweisen ist
Sache desjenigen, der sich auf die Außenseitererstreckung beruft. Das ist hier der
Kläger.
Genau dies entspricht im Übrigen nicht nur der ständigen Rechtsprechung der
Berufungskammer zu der (früheren) Einschränkungsklausel der AVE für
Abbrucharbeiten , sondern
auch der Rechtsprechung. des 4. und 10. Senats des BAG
.
Entgegen dem Arbeitsgericht ist der Vortrag des Beklagten, es seien auf den
Baustelle in ... und ... WDVS-Arbeiten durchgeführt worden, erheblich. Denn mit
diesem Vortrag bestreitet der Beklagte nicht nur in allgemeiner Form die
Richtigkeit des klägerischen Vorbringens zu den durchgeführten Tätigkeiten.
Vielmehr stellt er damit abweichende Behauptungen auf und trägt einen
Sachverhalt vor, der geeignet ist, den Klageanspruch zu Fall zu bringen, weil die
arbeitszeitliche Durchführung von WDVS-Arbeiten dazu führte, dass sich die
Bautarifverträge nicht auf den Beklagten im Kalenderjahr 1999 erstreckten.
Den danach erforderlichen, ihm obliegenden Beweis dafür, dass 1999
arbeitszeitlich überwiegend vom Beklagten bauliche, von der AVE erfasste
Tätigkeiten in Deutschland durchgeführt worden sind, hat der Kläger nicht geführt.
Denn unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen ist die
Berufungskammer nicht davon überzeugt, dass der Beklagte 1999 arbeitszeitlich
überwiegend in Deutschland Tätigkeiten ausgeführt hat, die von der AVE der
Bautarifverträge erfasst werden.
Die von dem Kläger zu den Akten gereichten Leistungsverzeichnisse belegen nicht
mit der erforderlichen Sicherheit, dass der klägerische Vortrag zu den Tätigkeiten
der Beklagten (arbeitszeitlich überwiegende Durchführung anderer baulicher
Arbeiten als Wärmedämmverbundarbeiten) zutrifft. Insoweit mag zwar zugunsten
des Klägers davon ausgegangen werden, dass der Inhalt der
Leistungsverzeichnisse, ein Indiz dafür ist, dass solche Arbeiten auch ausgeführt
worden sind. Der Indizwert ist jedoch, soweit man allein auf die
Leistungsverzeichnisse abhebt, schwach. Denn Leistungsverzeichnisse werden vor
Durchführung der Arbeiten erstellt, dienen kalkulatorischen Zwecken und geben
über die tatsächlich durchgeführten Arbeiten, jedenfalls unmittelbar, keinen
Aufschluss. Zudem hat der Beklagte für das Bauvorhaben in ... ein abweichendes
Leistungsverzeichnis vorgelegt, das WDVS-Arbeiten ausweist. Die Bescheide des
LAA NRW sind allein wenig ergiebig. Denn diese sind vor Durchführung der Arbeiten
erstellt worden. Dass die Werkverträge des Beklagten mit der Fa. ... nicht
ausdrücklich WDVS-Arbeiten nennen, sondern dort von "allgemeinen
Betoninstandsetzungsarbeiten" die Rede ist, ist zwar ebenfalls ein Indiz dafür, dass
die im Werkvertrag genannten Tätigkeiten durchgeführt worden sind. Dies reicht
jedoch weder allein noch in Verbindung mit den übrigen vom Kläger vorgetragenen
Umständen hin, um die Berufungskammer von der Richtigkeit des klägerischen
Vortrages zu überzeugen. Bezüglich der Werkverträge ist zu berücksichtigen, dass
auf der Baustelle in ... nach dem eigenen Vorbringen des Klägers auch WDVS-
Arbeiten durchgeführt wurden, die als Vertragsgegenstand im Werkvertrag nicht
genannt sind. Das relativiert die Bedeutung des Inhalts sämtlicher Werkverträge.
Berücksichtigt werden muss auch, dass der Beklagte eine schriftliche
Bescheinigung des ehemaligen Bauleiters der Fa. ... vorgelegt hat, wonach vom
Betrieb des Beklagten 1999 in ... WDVS-Arbeiten durchgeführt worden sind, sowie
eine Bescheinigung des Architekten (Bl. 660 d. A.), die gleiches besagt. Jedenfalls
indiziellen Wert haben diese Bescheinigungen. Bei der gebotenen
Gesamtwürdigung des Sachvortrags der Parteien bleibt es daher nach Auffassung
der Berufungskammer jedenfalls möglich, dass nicht der Sachvortrag des Klägers,
sondern der des Beklagten zutrifft. Damit konnte die Berufungskammer auch nicht
den erforderlichen, Zweifel. zwar nicht ausschließenden, solche aber zum
Schweigen bringenden Grad von Gewissheit dahingehend erlangen, dass die
klägerischen Behauptungen über die überwiegende Tätigkeit des Beklagten in
Deutschland im Jahre 1999 zutreffend sind. Das muss zu Lasten des
beweispflichtigen Klägers gehen, der weitere Beweismittel, etwa Zeugen, nicht
benannt hat.
Zeit vom 01. Januar 1998 bis 31. März 1999:
Für die Zeit vom 01. Januar bis 31. März 1999 scheidet eine Verpflichtung des
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Für die Zeit vom 01. Januar bis 31. März 1999 scheidet eine Verpflichtung des
Beklagten zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen an den Kläger deshalb aus,
weil die Erstreckungswirkung der für allgemeinverbindliche erklärten
Bautarifverträge nach S. 1 des § 1 Abs. 1 AEntG u. a. nur dann eintritt, wenn "auch
inländische Arbeitgeber ihren im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages
beschäftigten Arbeitnehmern mindestens die am Arbeitsort geltenden
tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen gewähren müssen".
Mit dieser Bestimmung soll erkennbar sichergestellt werden, dass eine
unterschiedliche Behandlung von Arbeitgebern mit Sitz im In- und Ausland im
Hinblick auf die Geltung der durch § 1 Abs. 1 AEntG erstreckten Tarifnormen von
vornherein ausscheidet. Arbeitgeber mit Sitz im Ausland sollen nur solchen
Rechtsnormen unterworfen sein, die auch für Arbeitgeber mit Sitz im Inland gelten.
An diesem vom Gesetz vorausgesetzten Gleichlauf fehlte es für Arbeitgeber, die
WDVS-Arbeiten oder Betonschutzarbeiten im vorgenannten Zeitraum
durchführten.
In der Zeit vom 01. Januar bis 31. März 1999 waren nämlich nicht alle inländischen
Arbeitgeber, die solche Arbeiten, ausführten, zur Zahlung von
Urlaubskassenbeiträgen an den Kläger verpflichtet. Vielmehr war die AVE insoweit
für inländische Arbeitgeber in gleicher Weise eingeschränkt wie nach der
Einschränkung vom 17. Januar 2000 (BAnz Nr. 36 v. 21. Februar 1996). Danach
waren inländische Arbeitgeber, die WDVS-Arbeiten oder Betonschutzarbeiten
durchführten, im Zeitraum von Januar bis März 1999 nicht in gleichem Maße wie
Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, die in Deutschland derartige Arbeiten
durchführten, zu Gewährung der tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen und damit
auch zur Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen an den Kläger verpflichtet.
Vielmehr war die Zahlungsverpflichtung inländischer Arbeitgebet davon abhängig,
ob sie Mitglied eines der genannten Verbände waren. Diese Voraussetzungen der
Einschränkung der AVE konnte ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland praktisch nicht
erfüllen. Damit fehlte es an den die Erstreckungswirkung der tariflichen Normen
auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland voraussetzenden gleichartigen
Geltungsvoraussetzungen dieser Tarifnormen für inländische Arbeitgeber
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 344 ZPO.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.