Urteil des LAG Hessen vom 12.01.2011

LAG Frankfurt: ordentliche kündigung, krankheit, unwirksamkeit der kündigung, aufschiebende wirkung, interessenabwägung, gespräch, versetzung, arbeitsunfähigkeit, arbeitsfähigkeit, schweigepflicht

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
2. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Sa 1438/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 1 KSchG
Krankheitsbedingte Kündigung
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 30.
Juli 2010 - 2 Ca 51/10 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer von dem beklagten Land
ausgesprochenen ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung.
Die am xx geborene, verheiratete Klägerin, die Mutter eines über 18 Jahre alten
Sohnes ist, dem sie noch Unterhalt leistet, hat eine über 80 Jahre alt Mutter und
eine behinderte Schwester, mit denen sie in einem gemeinsamen Haus lebt. Sie
arbeitete seit April 2000 aufgrund des Arbeitsvertrages vom 7. März 2000 bei der
B in C als Verwaltungsangestellte. Ihr Gehalt belief sich zuletzt auf € 3.200,00
brutto monatlich. Sie ist schwerbehindert und hatte im Januar 2010 einen Grad der
Behinderung von 40 zuerkannt bekommen. Aufgrund des
Gleichstellungsbescheides vom 3. Juli 2008 war sie befristet bis zum 26. Februar
2010 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden. An der B in C sind
ca. 4.000 Mitarbeiter beschäftigt. Die Klägerin war zunächst knapp 2 Jahr im
Fachbereich Theologie, dann knapp ein Jahr im Fachbereich Physik, sodann ca. ein
halbes Jahr im Fachbereich Germanistik und Kunstwissenschaften und ab Oktober
2003 im Fachbereich Erziehungswissenschaften beschäftigt, hier ab dem 1. April
2004 im Servicecenter Wirtschaftsverwaltung der geisteswissenschaftlichen
Institute. Ihr wurden verschiedene Zwischenzeugnisse erteilt, wegen deren Inhalte
auf die Kopien Bl. 160 f., 162, 163 und 164 f. d.A. Bezug genommen wird. Die
Klägerin fehlte jedenfalls in den Jahren der Zeit vom 1. Januar 2007 bis 29. Januar
2010 an nachfolgenden Tagen aus krankheitsbedingten Gründen:
Wegen der steigenden Arbeitsunfähigkeitszeiten beabsichtigte die B C im April
2007 die Betreuung der Klägerin durch das BEM-Team. Im Rahmen dieses
betrieblichen Eingliederungsmanagements wurde die Klägerin vom BEM-Team mit
Schreiben vom 17. April 2007, vom 26. Juni 2007, vom 31. Oktober 2007 und vom
10. Dezember 2007 aufgefordert, an Maßnahmen im Rahmen des betrieblichen
Eingliederungsmanagements zur Verbesserung ihrer Gesundheitssituation und zur
Arbeitsplatzerhaltung teilzunehmen und eine entsprechende Vereinbarung zu
unterschreiben. Die Klägerin reagierte auf diese Schreiben des BEM-Teams
zunächst nicht. Am 11. Dezember 2007 kam es zu einem Gespräch zwischen dem
Beauftragten des BEM-Teams D und ihr. Bei diesem Gespräch erhob sie massive
Vorwürfe jedenfalls gegen ihre Vorgesetzte E. Aus diesem Grunde schaltete das
beklagte Land den Konfliktberater und Mediator F ein. Mit diesem führte die
Klägerin ein Gespräch und lehnte sodann weitere Gespräche ab. Mit ärztlicher
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Klägerin ein Gespräch und lehnte sodann weitere Gespräche ab. Mit ärztlicher
Bescheinigung vom 8. April 2008 empfahl der die Klägerin behandelnde Arzt Dr. G
dringend eine Arbeitsplatzumsetzung (Bl. 212 d.A.). Im Zeitraum November 2007
bis Mai 2009 bewarb sich die Klägerin viermal erfolglos auf Stellen, die die B C
ausgeschrieben hatte. Mit Schreiben vom 24. Juni 2009 forderte der Präsident der
B C sie auf mitzuteilen, wann sie voraussichtlich ihre Arbeit wieder aufnehmen
könne. Er bat darum, die behandelnden Ärzte sowie den Betriebsarzt von der
Schweigepflicht zu entbinden. Mit Schreiben vom 24. Juni 2009 versetzte die B die
Klägerin in die Abteilung Materialverwaltung der Zentralverwaltung. Nach der
Vorgabe des beklagten Landes in der Beschreibung der Arbeitsplatzvorgänge an
diesem, der Klägerin zugewiesenen Arbeitsplatz, hat die Klägerin folgende
Aufgaben mit dem jeweiligen Zeitanteil auszuführen:
Wegen dieser Versetzung klagt die Klägerin in einem gesonderten Verfahren auf
Feststellung der Unwirksamkeit der Versetzung. Nachdem die Klage erstinstanzlich
abgewiesen worden war, wird das Berufungsverfahren derzeit unter dem AZ: 2 Sa
1445/10 bei dem Hessisches Landesarbeitsgericht geführt. Mit Schreiben vom 17.
Juli 2009 verweigerte die Klägerin eine Untersuchung durch einen Betriebsarzt. Mit
Schreiben vom 10. August 2009 teilte sie mit, dass sie weiterhin auf unabsehbare
Zeit erkrankt sei. Nach einem ärztlichen Befundbericht des Dr. H vom 13. August
2009, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf die Kopie Bl. 218 d.A. Bezug
genommen wird, ist die Erkrankung der Klägerin therapeutisch schwierig zu
behandeln, aber nicht gänzlich aussichtslos und werde sich lange Zeit hinziehen.
Mit Bescheid vom 14. Juni 2010 ist der Klägerin vom Versorgungsamt ein Grad der
Behinderung von 50 zuerkannt worden. Mit ärztlicher Bescheinigung vom 7. Juli
2010 bestätigte der die Klägerin behandelnde Dr. I ihr eine auf Dauer bestehende
Arbeitsunfähigkeit, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz stehe. Wegen der
Einzelheiten des Attestes wird auf die Kopie (Bl. 209 f. d.A.) verwiesen. Nach einer
von der Klägerin im Kammertermin am 15. Dezember 2010 vorgelegten
fachärztlichen Stellungnahme des Dr. H vom 13. Dezember 2010 hält er eine
Wiederaufnahme der Tätigkeit durch die Klägerin mit der Maßgabe, dass vorher
einer Wiedereingliederung zugestimmt werde, in absehbarer Zukunft für möglich
(Bl. 371 d.A.).
Wegen des unstreitigen Sachverhaltes, des Vortrags der Parteien im ersten
Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Marburg vom 30. Juli 201 gemäß § 69
Abs. 2 ArbGG Bezug genommen (Bl. 268-277 d. A.).
Das Arbeitsgericht Marburg hat durch vorgenanntes Urteil die Klage abgewiesen.
Es hat angenommen, die formellen Voraussetzungen für die Kündigung lägen vor,
da das Integrationsamt durch Bescheid vom 6. Januar 2010 der
krankheitsbedingten Kündigung zugestimmt und der von der Klägerin hiergegen
eingelegte Widerspruch keine aufschiebende Wirkung habe. Auch habe das
beklagte Land den Personalrat vor Ausspruch der Kündigung mit Schreiben vom
14. Januar 2010 ordnungsgemäß angehört. Nachdem der Personalrat innerhalb
der Anhörungsfrist keine Äußerung vorgenommen habe, habe seine Zustimmung
zur ausgesprochenen krankheitsbedingten Kündigung gemäß § 69 HPVG als erteilt
gegolten. Weiterhin sei die Schwerbehindertenvertretung und die
Frauenbeauftragte zur Kündigung angehört worden. Die ausgesprochene
krankheitsbedingte Kündigung sei auch im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG sozial
gerechtfertigt. Die Klägerin habe lang anhaltende und damit im Sinne der
Rechtsprechung erhebliche Krankheitszeiten gehabt, weil sie im Jahr 2007 an 112
Arbeitstagen, im Jahr 2008 an 144 Arbeitstagen und durchgehend das ganze Jahr
2009 und bis zum Ausspruch der Kündigung auch im Jahr 2010 arbeitsunfähig
erkrankt gewesen sei. Es liege auch die notwendige negative Zukunftsprognose in
Bezug auf ihren Gesundheitszustand vor. Eine solche negative Prognose sei dann
gegeben, wenn aufgrund des Krankheitszustandes der Mitarbeiterin auch in der
Zukunft erhebliche Krankheitszeiten zu erwarten seien. Dies stehe für die Klägerin
fest, auch wenn sie sich der Durchführung eines betrieblichen
Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX verweigert habe. Aufgrund
der von ihr selbst vorgelegten ärztlichen Atteste folge eindeutig und klar eine für
sie negative Zukunftsprognose. Anhand dieser Unterlagen sei davon auszugehen,
dass zum Kündigungszeitpunkt eine negative Prognose bestanden habe und zum
Kündigungszeitpunkt mit weiteren erheblichen, unabsehbaren Krankheitszeiten zu
rechnen gewesen sei. Die Fehlzeiten der Klägerin hätten auch zu erheblichen
betrieblichen Beeinträchtigungen geführt. Das beklagte Land habe dargelegt, dass
die Mitarbeiterinnen und Kolleginnen der Klägerin durch ihre Fehlzeiten eine
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die Mitarbeiterinnen und Kolleginnen der Klägerin durch ihre Fehlzeiten eine
entsprechende höhere Arbeitsbelastung gehabt hatten und eine weiterdauernde
zusätzliche Belastung den Kollegen nicht mehr zumutbar gewesen sei. Aufgrund
der Unabsehbarkeit der Gesundung der Klägerin sei auch eine Überbrückung mit
Aushilfskräften dem beklagten Land nicht zumutbar. Letztlich führe auch die
gebotene Interessenabwägung nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Auf Seiten
der Klägerin seien zwar deren Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigten.
Allerdings habe die Universität vor Ausspruch der Kündigung mehrere Jahre mit
erheblichen Krankheitszeiten zugewartet und umfangreiche Fehlzeiten
mitgetragen. Ein noch längeres Zuwarten mit der Kündigung ohne Aussicht auf
einen Arbeitseinsatz sei dem beklagten Land auch unter Berücksichtigung der 10-
jährigen Beschäftigungsdauer nicht zumutbar. Die Kündigung sei im Übrigen auch
entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung nicht wegen massiven
Verschuldens der Universität und massiver Fürsorgepflichtverletzung
rechtsunwirksam. Es sei trotz der heftigen Vorwürfe der Klägerin nicht zu
erkennen, dass die B und das beklagte Land ein erhebliches Verschulden an der
psychischen und physischen Erkrankung der Klägerin treffe. Das beklagte Land
habe die von der Klägerin geschilderte Mobbingsituation stets bestritten und
vielmehr seinerseits behauptet, dass die Arbeitskolleginnen der Klägerin und ihre
Vorgesetzte die Klägerin des Mobbings beschuldigten. Die Ausführungen der
Klägerin zu diesem Punkt seien insgesamt zu pauschal und zu vage, zu ungenau
und zu unsubstantiiert, um die Mobbingvorwürfe nachvollziehen zu können. Zwar
hätten die behandelnden Ärzte in ihren Attesten stets die Richtigkeit der
Behauptungen der Klägerin über die Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz zugrunde
gelegt. Dies reiche zur substantiierten Darlegung derartiger Handlungen jedoch
nicht aus. Auch soweit die Klägerin behaupte, dass die B ein Verschulden an den
Mobbinghandlungen treffe, habe sie nie behauptet, dass von Seiten der
Universitätsverwaltung, der Personalverwaltung, des Kanzlers oder des
Präsidenten ihr gegenüber Mobbinghandlungen durchgeführt worden seien. Im
Gegenteil zeige vielmehr die Tatsachen, dass die Arbeitgeberin im Gegensatz zu
den Vorwürfen der Klägerin lange Zeit und mit viel Geduld versucht hat, Unbill von
ihr abzuwenden und ihr entgegen zu kommen, um ihre psychischen und
physischen Probleme zu mindern. Zum einen habe die B die Klägerin mehrfach an
andere Arbeitsplätze versetzt, nachdem Schikanevorwürfe oder Mobbingvorwürfe
aufgetaucht seien. Obwohl die Klägerin gegenüber sich massiv über ihre
Vorgesetzten E im Servicecenter Wirtschaftsverwaltungen beschwert habe, habe
sie sich gegen die vom beklagten Land veranlasste Versetzung in die
Zentralverwaltung gewehrt. Weiterhin seien von Arbeitgeberseite aus weitere
erhebliche Anstrengungen unternommen worden, nachdem die Krankheitszeiten
der Klägerin massiv anstiegen seien. Das BEM-Team sei eingeschaltet worden, um
der Klägerin zu helfen, einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu finden. Die Klägerin
habe jedoch eine Zusammenarbeit mehr oder weniger abgelehnt und die
entsprechenden Angebote nicht angenommen. Der auf Kosten der B
eingeschaltete Mediator und Konfliktberater Dr. F sei auch nicht in der Lage
gewesen, die Situation zu entschärfen. Wegen der weiteren Einzelheiten der
Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe verwiesen (Bl.
277-287 d.A.).
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin innerhalb der zur Niederschrift über die
Berufungsverhandlung am 15. Dezember 2010 festgestellten und dort
ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Sie wendet sich weiterhin gegen die Wirksamkeit der Kündigung unter
Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie behauptet,
bereit zu sein, auf jede Stelle in einer anderen Fakultät der B als
Wirtschaftsverwalterin wechseln zu wollen. Sie habe, was aus ihren Zeugnissen
ablesbar sei, kompetent und zuverlässig ihre Arbeit in den vier Fachbereichen
ausgeführt. Der Ursachenzusammenhang zwischen ihren Erkrankungen und den
erlittenen Schikanen am Arbeitsplatz im Servicecenter sei aufgrund der
vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen nachgewiesen. Die Klägerin vertritt die
Ansicht, das beklagte Land sei seiner Verpflichtung aus § 84 Abs. 2 SGB IX nicht
nachgekommen. Sie selbst habe jedoch, wie ihre Bewerbungen auf andere Stellen
als Wirtschaftsverwalterin zeigten, den Weg aufgezeigt, um den für sie untragbaren
Zustand im Bereich Servicecenter zu beenden. Die Versetzung in den Bereich
Materialwirtschaft sei rein schikanös. Sie meint hingegen, dass es
erfolgversprechender und das beklagte Land verpflichtet gewesen sei, sie – ihren
Wünschen entsprechend – an einer anderen Arbeitsstelle als Wirtschaftsverwalterin
zu beschäftigten. Aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Wirtschaftsverwalterin
habe sie diesbezüglichen Bestandsschutz. Auch habe sie – wie sie behauptet –
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habe sie diesbezüglichen Bestandsschutz. Auch habe sie – wie sie behauptet –
alles unternommen, um wieder in das Arbeitsleben eingliedert zu werden. Die
Klägerin vertritt weiterhin die Ansicht, dass die vorzunehmende
Interessenabwägung zur Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung führe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 30. Juli 2010 – 2 Ca 51/10 – teilweise
abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die
ordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 29. Januar 2010 nicht beendet
worden ist.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es verteidigt die angefochtene Entscheidung ebenfalls unter Wiederholung des
erstinstanzlichen Vorbringens. Es ist weiterhin der Auffassung, durch die
Einschaltung des BEM-Teams und den Konfliktberater Dr. F verschiedene
Maßnahmen ergriffen zu haben, um den Anforderungen des Gesetzes zur
Eingliederung genügt zu haben. Das diese Bemühungen fehlgeschlagen seien,
habe allein an der ablehnenden Haltung der Klägerin gelegen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der von
den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die Sitzungsniederschrift vom 15.
Dezember 2010 (Bl. 360 f. d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin gegen das am 30. Juli 2010 verkündete Urteil des
Arbeitsgerichts Marburg ist als in einem Rechtsstreit über die Kündigung eines
Arbeitsverhältnis eingelegte ohne Rücksicht auf den Wert des
Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 2 lit. c, 8 Abs. 2 ArbGG). Die
Klägerin hat sie im Übrigen auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet
(§§ 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG).
In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu
Recht die Klage abgewiesen, da das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die
ordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 29. Januar 2010 mit dem 31.
Mai 2010 geendet hat. Die Kündigung ist nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sozial
gerechtfertigt, denn sie ist durch Gründe, die in der Person der Klägerin liegen,
bedingt. Das Berufungsgericht folgt den Entscheidungsgründe des angefochtenen
Urteils und nimmt zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf sie gemäß § 69
Abs. 2 ArbGG Bezug. Im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin im zweiten
Rechtszug ist noch Folgendes auszuführen.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet sowohl nach der Größe der
Verwaltung als auch nach der Dauer Beschäftigung der Klägerin das
Kündigungsschutzgesetz Anwendung (§§ 1, 23 KSchG). Die Klage ist binnen der
Frist der § 4 KSchG erhoben worden.
Nach der ständigen Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts kann auch die
Krankheit eines Arbeitnehmers an sich geeignet sein, die Kündigung eines
Arbeitsverhältnisses als personenbedingt zu rechtfertigen. Die Überprüfung der
Wirksamkeit einer solchen Kündigung hat anhand eines dreistufigen
Prüfungsaufbaus zu erfolgen. Danach ist zunächst eine negative Prognose
hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustands erforderlich. Die bisherigen
und nach der Prognose zu erwartenden Auswirkungen des Gesundheitszustandes
des Arbeitnehmers müssen weiter zu einer erheblichen Beeinträchtigung der
betrieblichen Interessen führen. Diese können durch Störungen im Betriebsablauf
oder wirtschaftliche Belastungen hervorgerufen werden. In der dritten Stufe, bei
der Interessenabwägung, ist dann zu prüfen, ob die erheblichen betrieblichen
Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung
des Arbeitgebers führen (vgl. BAG vom 30. September 2010 – 2 AZR 88/09,
dokumentiert in juris; BAG vom 7. November 2002 - 2 AZR 599/01, AP Nr. 40 zu §
1 KSchG 1969 Krankheit; BAG vom 5. Juli 1990 - 2 AZR 154/90, AP Nr. 26 zu § 1
KSchG 1969 Krankheit).
Für die Feststellung erheblicher Fehlzeiten in der Vergangenheit ist auf einen
längeren Beurteilungszeitraum abzustellen (vgl. BAG vom 19. August 1976, AP Nr.
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längeren Beurteilungszeitraum abzustellen (vgl. BAG vom 19. August 1976, AP Nr.
2 zu § 1 KSchG Krankheit). Die Betrachtung muss sich daher grundsätzlich auf die
letzten drei Jahre des Arbeitsverhältnisses erstrecken. Nur so kann sichergestellt
werden, dass das zufällige Zusammentreffen mehrerer Erkrankungen in einem
kürzen Zeitraum zu keiner Verfälschung der Fehlzeitquote führt. Ihrem Umfang
nach erhebliche Fehlzeiten liegen in der Regel vor, wenn ein Arbeitnehmer
durchschnittlich im Beurteilungszeitraum nicht nur geringfügig über der in § 3 Abs.
1 EFZG vom Gesetzgeber festgelegten Zeitspanne gefehlt hat.
Maßgebender Zeitpunkt der rechtlichen Beurteilung ist der Zeitpunkt des Zugangs
der Kündigung. Dies ergibt sich aus der Rechtsnatur der Kündigung als einseitiger,
empfangsbedürftiger Willenserklärung. Bei einer Kündigung wegen häufiger
Kurzerkrankungen kommt es darauf an, ob zum Zeitpunkt der Kündigung objektive
Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen rechtfertigen (vgl.
BAG 20. Oktober 1983 - 2 AZR 222/82, juris). Häufige Kurzerkrankungen in der
Vergangenheit können für ein entsprechendes Erscheinungsbild in der Zukunft
sprechen (vgl. BAG vom 7. November 2002 a.a.O.; BAG vom 23. Juni 1983- 2 AZR
15/82, AP Nr. 10 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; BAG vom 10. März 1977 - 2 AZR
79/76, BAGE 29, 49). Allerdings sind in die Prognosebewertung nur Fehlzeiten
einzubeziehen, bei denen Wiederholungsgefahr besteht, so dass Arbeitsunfälle, bei
denen es sich infolge unterschiedlicher Entstehungsgründe um einmalige
Ereignisse handelt, in der Regel nicht prognoserelevant sind (vgl. BAG vom 7.
Dezember 1989, 2 AZR 225/89, EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 30; Hess. LAG vom
20. Februar 1995 - 10 Sa 957/94 n.v.).
Dementsprechend darf der Arbeitgeber sich zunächst darauf beschränken, die
Indizwirkung entfaltenden Fehlzeiten in der Vergangenheit darzulegen. Daraufhin
muss der Arbeitnehmer gemäß § 138 Abs. 2 ZPO dartun, weshalb mit einer
baldigen Genesung zu rechnen sei. An die prozessuale Mitwirkungspflicht dürfen
aber ebenso wie an die des Arbeitgebers keine zu strengen Anforderungen gestellt
werden, denn auch dem Arbeitnehmer ist oft nicht bekannt, an welcher Krankheit
er leidet und wann mit der Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit aufgrund der
vom Arzt angewandten Therapie zu rechnen ist. Zwar darf der Arbeitnehmer sich
nicht damit begnügen, ohne konkrete Tatsachenangaben die negative Prognose in
Frage zu stellen und die ihm behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu
entbinden. Für ein ausreichendes Bestreiten der negativen
Gesundheitsentwicklung im Sinne des § 138 ZPO ist vielmehr erforderlich, dass er
- wenn er selbst keine nähren Tatsachen mitteilen kann - zum Ausdruck bringt, die
von der Schweigepflicht entbundenen Ärzte hätten ihm gegenüber den künftige
gesundheitlichen Verlauf bereits tatsächlich positiv beurteilt (vgl. BAG vom 17. Juni
1999 - 2 AZR 574/98, juris; BAG vom 6. September 1989 - 2 AZR 19/89, AP Nr. 21
zu § 1 KSchG 1969 Krankheit).
Allerdings sind die nach dieser Prüfung prognostizierten Fehlzeiten nur dann
geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen, wenn sie zu
einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Diese
Beeinträchtigung ist Teil des Kündigungsgrundes. Neben wesentlichen
Betriebsablaufstörungen (vgl. BAG vom 16. Februar 1989 - 2 AZR 299/88, EzA § 1
KSchG Krankheit Nr. 25)können in diesem Zusammenhang auch erhebliche
wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers Bedeutung erlangen. Liegt allerdings
eine krankheitsbedingte dauernde Leistungsunfähigkeit vor oder ist die
Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit völlig ungewiss, so kann in der Regel ohne
Weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen
ausgegangen werden (vgl. BAG vom 19. April 2007 – 2 AZR 239/06, AP Nr. 45 zu §
1 KSchG 1969 Krankheit; BAG 29. April 1999 – 2 AZR 431/98, AP Nr. 36 zu § 1
KSchG 1969 Krankheit; BAG vom 28. Februar 1990 - 2 AZR 401/89, AP Nr. 25 zu §
1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 25).
Unter Beachtung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für eine
krankheitsbedingte Kündigung der Klägerin vor.
Die Klägerin hat in den letzten drei Jahren vor Ausspruch der Kündigung vom 29.
Januar 2010 an mehr als 440 von möglichen 675 Arbeitstagen (unter
Berücksichtigung von Wochenenden und Feiertagen) krankheitsbedingt gefehlt, die
letzten 1,5 Jahr vor Ausspruch der Kündigung durchgehend. Damit lag ihre
Fehlzeitquote in dem Gesamtzeitraum bei rund 66%.
Für die Klägerin ist auch bezogen auf den maßgeblichen Bewertungszeitpunkt von
einer negativen Gesundheitsprognose auszugehen. Ihrem eigenen Vorbringen und
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einer negativen Gesundheitsprognose auszugehen. Ihrem eigenen Vorbringen und
den von ihr selbst vorgelegten Attesten, insbesondere der Bescheinigung des Dr.
H vom 13. August 2009 und des Dr. F vom 7. Juli 2010 ist zu entnehmen, dass sie
aufgrund ihrer Erkrankungen, die sich in unterschiedlichen Krankheitsbildern
zeigen, längerfristig bzw. auf Dauer arbeitsunfähig erkrankt sein wird. Damit steht
fest, dass aus der Sicht von Ende Januar 2010 eine Genesung der Klägerin auf
unabsehbare Zeit nicht zu erwarten war.
Auch die weiteren Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung sind im
Streitfall gegeben.
Hierbei kann es dahingestellt bleiben, ob die Fehlzeiten der Klägerin wie von dem
beklagten Land unter Bezugnahme auf den Vermerk des Dezernenten für
Organisation vom 29. Oktober 2009 behauptet, zu erheblichen Beeinträchtigung
der betrieblichen Interessen geführt haben. Hiernach ist die Arbeitsabwicklung in
der Abteilung Materialwirtschaft/Zentrale Beschaffung durch das Fehlen der
Klägerin in erheblicher Weise tangiert worden, zumal die dort zu verrichtenden
Aufgaben Fachkenntnisse erfordern, so dass eine Überbrückung mit Ersatzkräften
schwierig ist und die übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch das Fehlen der
Klägerin im Umfang einer vollen Stelle erheblich belastet sind. Diese
Behauptungen zum Vorliegen von betrieblichen Ablaufstörungen durch das
krankheitsbedingte Fehlen der Klägerin sind zwar allgemein gehalten, da sie in der
Regel auf das Fehlen eines jeden Arbeitnehmers in einem Betrieb zutreffen.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich der Ausfall jedes Arbeitnehmers
nachteilig auf die Betriebsplanungen und den Betriebsablauf auswirkt. Daher ist es
im Rahmen der Begründung einer krankheitsbedingten Kündigung erforderlich,
dass durch konkreten Tatsachenvortrag belegt wird, welche Auswirkungen im
Einzelfall bei den Fehlzeiten aufgetreten sind und welche konkreten
schwerwiegenden Störung des Arbeitsprozesses verursacht haben. Hieran fehlt es
beim Vortrag des beklagten Landes.
Im vorliegenden Fall ist die Darlegung erheblicher Betriebsablaufstörungen jedoch
entbehrlich, da die Klägerin ausweislich der vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen
ihre vertraglich geschuldete Arbeitsleistung auf unabsehbare Zeit überhaupt nicht
mehr würde erbringen könne. Ausweislich des Attestes des Dr. H vom 13. August
2009 hat sich die Erkrankung der Klägerin, die bereits viele Jahre angedauert hat,
chronifiziert und ist therapeutisch schwierig zu behandeln, wenn auch nicht
aussichtslos. Sie werde sich – nach Aussage des Arztes – so lange Zeit hinziehen,
dass er sogar eine Zeitverrentung als sinnvoll erachtet hat. Jedenfalls sah der die
Klägerin behandelnde Arzt im Augenblick eine schwere Fixierung, die kaum Raum
für positive Ansätze biete. Diese Bewertung steht im Einklang mit der Beurteilung
des Dr. F vom 7. Juli 2010. Hiernach hat sich der Gesundheitszustand der Klägerin
verschlechtert und es bestehe aufgrund der psychischen und physischen
chronischen Erkrankungen auf Dauer eine Arbeitsunfähigkeit. Damit ist die
Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin ausgehend vom maßgeblichen
Beurteilungszeitpunkt Ende Januar 2010 völlig ungewiss.
Die Kündigung ist auch nicht wegen Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
rechtsunwirksam, da das beklagte Land ein ordnungsgemäßes betriebliches
Eingliederungsmanagementverfahren (BEM) durchgeführt hat.
Eine Kündigung ist entsprechend dem das ganze Kündigungsrecht
beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unverhältnismäßig und damit
rechtsunwirksam, wenn sie durch mildere Mittel vermieden werden kann, dh., wenn
die Kündigung nicht zur Beseitigung der betrieblichen Beeinträchtigungen bzw. der
eingetretenen Vertragsstörung geeignet oder nicht erforderlich ist. § 84 Abs. 2
SGB IX stellt eine Konkretisierung dieses Grundsatzes dar. Dabei ist das BEM an
sich zwar kein milderes Mittel. Durch das BEM können aber mildere Mittel, zB die
Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder eine Weiterbeschäftigung zu geänderten
Arbeitsbedingungen auf einem anderen - ggf. durch Umsetzungen
„freizumachenden“ - Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden. Für die
Darlegungslast im Kündigungsschutzprozess gilt, dass der Arbeitgeber, wenn er
kein BEM durchgeführt hat, sich durch seine dem Gesetz widersprechende
Untätigkeit keine darlegungs- und beweisrechtlichen Vorteile verschaffen darf, er
also in einem solchen Fall sich nicht darauf beschränken darf, pauschal
vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrankten
Arbeitnehmer und es gebe keine „freien Arbeitsplätze“, die der erkrankte
Arbeitnehmer trotz seiner Erkrankung noch ausfüllen könne.
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Nach § 84 Abs. 2 SGB IX entspricht jedes Eingliederungsmanagement den
gesetzlichen Erfordernissen, das die zu beteiligenden Personen und Stellen
unterrichtet, das sie - ggf. abhängig von ihrer Zustimmung - einbezieht, das kein
vernünftigerweise in Betracht zu ziehendes Ergebnis ausschließt und in dem die
von diesen Personen und Stellen eingebrachten Vorschläge erörtert werden (vgl.
BAG vom 10. Dezember 2009 - 2 AZR 198/09, AP Nr. 3 zu § 84 SGB IX). Die
Gesetzvorschrift sieht weder konkrete inhaltliche Anforderungen noch bestimmte
Verfahrensschritte für das BEM vor. Es benennt lediglich die zu beteiligenden
Personen und Stellen und fordert vom Arbeitgeber, mit diesen die Möglichkeiten
zu „klären“, „wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit
welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der
Arbeitsplatz erhalten werden kann“. Damit legt es dem Arbeitgeber die Initiative
für das BEM auf. Des Weiteren beschreibt es den Klärungsprozess danach nicht als
formalisiertes Verfahren, sondern lässt den Beteiligten jeden denkbaren
Spielraum. Offenbar soll so erreicht werden, dass keine der vernünftigerweise in
Betracht kommenden zielführenden Möglichkeiten ausgeschlossen wird. Das
Gesetz schreibt weder bestimmte Mittel vor, die auf jeden - oder auf gar keinen -
Fall in Erwägung zu ziehen sind, noch beschreibt es bestimmte Ergebnisse, die das
Eingliederungsmanagement haben muss oder nicht haben darf. Es vertraut
darauf, dass die Einbeziehung von Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Betriebsrat und
externen Stellen sowie die abstrakte Beschreibung des Ziels ausreichen, um die
Vorstellungen der Betroffenen sowie internen und externen Sachverstand in ein
faires und sachorientiertes Gespräch einzubringen, dessen Verlauf im Einzelnen
und dessen Ergebnis sich nach den - einer allgemeinen Beschreibung nicht
zugänglichen - Erfordernissen des jeweiligen Einzelfalls zu richten haben. Das
Gesetz benennt auch keine Personen oder Stellen, denen die Leitung des BEM
anvertraut wäre. Demnach geht es um die Etablierung eines unverstellten,
verlaufs- und ergebnisoffenen Suchprozesses (vgl. BAG vom 10. Dezember 2009
a.a.O.M; KR/Griebeling 9. Aufl. § 1 KSchG Rn. 324a ff.).
Diesen Anforderungen ist das von dem beklagten Land eingeleitete BEM gerecht
geworden. Das BEM-Team hat vielfältig versucht, mit der Klägerin in Kontakt zu
treten und mittels der von ihr zu erlangenden Informationen Lösungswege zu
ermitteln. Die Klägerin hat sich diesen Anliegen verweigert und die am BEM-
Verfahren Beteiligten, ebenso wie zum Schluss auch die Personalratsvorsitzende
als parteiisch zu Gunsten des beklagten Landes angesehen. Dass es im Rahmen
des BEM zu keiner Verständigung oder gar Lösung kam, ist demnach nicht dem
beklagten Land, sondern dem Verhalten der Klägerin anzulasten.
Letztlich führt auch die anzustellende Interessenabwägung nicht dazu, dass dem
beklagten Land die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch zuzumuten ist.
Zwar ist zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass sie bereits gut 10 Jahr
beschäftigt ist, sich ihr Krankheitsbild im Verlauf des Beschäftigungsverhältnisses
offensichtlich verschlechtert hat, sie im Rahmen der familiären Verbundenheit
sowohl ihre über 80-jährige Mutter und ihre behinderte Schwester unterstützt und
möglicher Weise aufgrund ihrer eigenen Behinderung Schwierigkeiten haben wird,
einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Allerdings hat das beklagte Land – anders als
die Klägerin meint – über einen langen Zeitraum zugewartet, bis es die Kündigung
ausgesprochen hat und zuvor die üblichen und sinnvollen Maßnahmen ergriffen,
mittels derer eine Verbesserung der gesundheitlichen Lage der Klägerin hätte
erwartet werden können. Dass das beklagte Land der Klägerin nicht die von ihr
gewünschten freien Stellen überlassen hat, führt nicht dazu, dass die
Interessenabwägung zu seinen Ungunsten ausgeht. Im Bereich des öffentlichen
Dienstes sind Stellen unter Beachtung von Art 33 Abs. 2 GG zu besetzen. Damit
ist das beklagte Land verpflichtet, den bestgeeigneten Stellenbewerber im
Auswahlverfahren zu berücksichtigen. Im Übrigen hat es sich auch um eine
Deeskalation der angespannten Lage zwischen den Beschäftigten im
Servicecenter bemüht, in dem es der Klägerin einen Arbeitsplatz in der Abteilung
Materialwirtschaft/Zentralverwaltung zugewiesen hat, der nur zu einem geringen
Zeitanteil Arbeiten der allgemeinen Organisation beinhaltet hat. Gerade weil sich
der Arbeitsplatzkonflikt aus Sicht des Arbeitgebers nicht allein – wie die Klägerin
meint – zwischen ihr und der Vorgesetzten E abgespielt hat, sondern auch die
anderen Beschäftigten des Servicecenters die Zusammenarbeit mit der Klägerin
aufgrund des von ihr gezeigten Verhaltens als belastend empfunden haben,
bestand an sich nur in einer Umsetzung der Klägerin die Möglichkeit der
Konfliktlösung. Einen Bestandsschutz an einem Arbeitsplatz als
Wirtschaftsverwalterin hat die Klägerin ausweislich der vertraglichen
Vereinbarungen und der Durchführung des Arbeitsverhältnisses in der
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Vereinbarungen und der Durchführung des Arbeitsverhältnisses in der
Vergangenheit nicht erlangt. Unter Berücksichtigung alle dieser Umstände
überwiegen daher die Interessen des beklagten Landes an der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses gegenüber den Interessen der Klägerin an seiner Fortsetzung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten
der Berufung zu tragen, weil ihr Rechtsmittel keinen Erfolg gehabt hat.
Für die Zulassung der Revision besteht keine gesetzlich begründete Veranlassung
(§ 72 Abs. 2 ArbGG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.