Urteil des LAG Hessen vom 18.08.2008

LAG Frankfurt: sitz im ausland, betriebsabteilung, hauptsache, gemeinsame einrichtung, handwerk, meisterprüfung, baugewerbe, verkehrsauffassung, baustelle, installateur

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
16. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
16 Sa 2180/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 TVG, § 1 Abs 3 S 2
AEntG, § 211 Abs 1 S 2 SGB
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(Arbeitnehmerentsendung - Sozialkassenverfahren im
Baugewerbe - Geltungsbereich)
Leitsatz
Mit den in der Ausnahmeklausel des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 12 VTV/Bau bezeichneten
Betrieben des Gas- und Wasserinstallationsgewerbes und des Zentralheizungs- und
Lüftungsbaugewerbes sind nicht die Betriebe unterschiedlicher Gewerbezweige,
sondern die Betriebe gemeint, die nach der Verkehrsauffassung heute zum
Gewerbezweig "Installation und Heizungsbau" gehören. Das ergibt die Auslegung der
tariflichen Bestimmung (Ergänzung zu Kammerurteil v. 14. Mai 2007 - 16 Sa 1155/06)
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom
30. August 2006 – 7 Ca 3632/03 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von
Urlaubskassenbeiträgen für die von ihm in Deutschland im Zeitraum von Januar
1999 bis Dezember 2000 beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des
Baugewerbes. Er hat nach den tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes
(Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau] iVm den Vorschriften
des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren [VTV]) insbesondere die
Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu
sichern. Nach den tarifvertraglichen Vorschriften, die für allgemeinverbindlich
erklärt sind, haben die baugewerblichen Arbeitgeber, die dazu erforderlichen Mittel
durch Beiträge aufzubringen.
Der Beklagte ist seit 1982 Inhaber eines Unternehmens mit Sitz in ... (Polen). Mit
aus Polen nach Deutschland entsandten polnischen Arbeitnehmern führte er in
den Jahren 1999 und 2000 in der Bundesrepublik Deutschland Arbeiten aus. In ...
unterhielt der Beklagte in dieser Zeit ein Büro, das mit einer Teilzeitkraft besetzt
war. Unter der Anschrift in ... korrespondierte der Beklagte mit der deutschen
Arbeitsverwaltung und seinen deutschen Auftraggebern.
Von den seitens des Beklagten nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern
wurden in den Kalenderjahren 1999 und 2000 auf der Grundlage von
Werkverträgen mit deutschen Unternehmen 63.889,50 Arbeitstunden im Jahre
1999 und 40.226,00 Arbeitstunden im Jahre 2000 erbracht. Dabei entfielen auf
Wärmedämm- und Isolierarbeiten an technischen Großanlagen und Gebäuden
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Wärmedämm- und Isolierarbeiten an technischen Großanlagen und Gebäuden
1999 44.602,50 und 2000 27.937,00 Arbeitstunden, auf Maurerarbeiten im Jahre
1999 3.811,00 Arbeitstunden, auf Klempnerarbeiten im Jahre 1999 6.483,00 und
im Jahre 2000 322,00 Arbeitstunden und auf Heizungs- und Sanitärarbeiten
8.545,00 Arbeitstunden in 1999 und 11.987,00 Arbeitstunden im Jahre 2000.
Außerdem wurden 1999 in dem Werk eines Auftraggebers mit 268,00
Arbeitstunden Bleche vorgerichtet. In Polen führte der Beklagte in den Jahren 1999
und 2000 Arbeiten im Bereich der Heizungs- und Sanitärinstallation durch. Der
Umfang der insoweit von den Arbeitnehmern des Beklagten erbrachten
Arbeitstunden ist zwischen den Parteien ebenso im Streit wie die arbeitszeitliche
Verteilung der insoweit angefallenen Arbeitstunden. Im Jahre 2001 wurde der
Beklagte vom Kläger nicht mehr zum Urlaubskassenverfahren herangezogen.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe in den Jahren 1999 und
2000 einen baugewerblichen Betrieb im Sinne der für allgemeinverbindlich
erklärten Bautarifverträge unterhalten und sei deshalb verpflichtet, für seine in
diesem Zeitraum in die Bundesrepublik Deutschland entsandten Arbeitnehmer
Urlaubskassenbeiträge zu zahlen. Arbeitszeitlich überwiegend seien vom Betrieb
des Beklagten in Deutschland bauliche Leistungen im tariflichen Sinne erbracht
worden. Auf die Tätigkeiten in Polen komme es schon deshalb nicht an, weil der
Beklagte in Deutschland eine selbständige Betriebsabteilung unterhalten habe.
Das belege der Umstand, dass von ... aus die gesamte Korrespondenz
abgewickelt worden sei, unter der Anschrift in ... eine Bankverbindung bestanden
und das Büro eigenes Stammpersonal gehabt habe. Demzufolge schulde der
Beklagte die sich aus den eigenen Angaben ihm gegenüber errechnenden
Urlaubskassenbeiträge für beide Jahre des Klagezeitraums und zwar für 1999 €
81.644,87 und für 2000 € 71.357,67. Hinsichtlich der Berechnungen des Klägers
wird insoweit auf dessen Schriftsatz vom 03. August 2006 (dort Bl.121 d.A.) Bezug
genommen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 153.002,54 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, er schulde dem Kläger nichts, da von seinem
gesamten Betrieb in beiden Kalenderjahren des Klagezeitraums arbeitszeitlich
überwiegend Installationsarbeiten durchgeführt worden seien. In Polen und
Deutschland zusammen seien 1999 insgesamt 132.848,5 Arbeitsstunden und
2000 insgesamt 84.134 Arbeitsstunden erbracht worden. In Polen seien
ausschließlich Installationsarbeiten durchgeführt worden, so dass sich für beide
Kalenderjahre ein Überwiegen dieser Tätigkeiten ergebe, Bei der Niederlassung in
... habe es sich auch nicht um eine selbständige Betriebsabteilung, sondern
lediglich um eine unselbständige Niederlassung gehandelt. Sämtliche betrieblichen
Tätigkeiten seien von ihm selbst, und zwar aus Polen, organisiert worden. Auch die
Lohnbuchhaltung sei von Polen aus abgewickelt worden. Für zwei Arbeitnehmer
habe der Kläger zudem zu Unrecht bei der Berechnung der Klageforderung für
November 2000 gezahltes Urlaubsgeld berücksichtigt. Hilfsweise rechne er gegen
etwaige Ansprüche des Klägers mit ihren Arbeitnehmern gezahlten Urlaubsgeldern
in Höhe von € 85.145,44 im Jahr € 1999 und von € 67.705,31 im Jahre 2000 auf.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 30. August 2006 der Klage stattgegeben.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des
angefochtenen Urteils (Bl. 148 bis 160 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die
Berufungsverhandlung am 11. Juni 2007 festgestellten und dort ersichtlichen
Fristen Berufung eingelegt.
Er meint, das Arbeitsgericht habe bereits übersehen, dass durch die Einbeziehung
von Arbeitgebern mit Sitz in Polen durch das AEntG ab 01. Januar 1999 nicht in
bestehende Werkverträge habe eingegriffen werden können und dürfen. Sämtliche
Werkverträge, die von ihm 1999 und 2000 abgewickelt worden seien, seien bereits
zuvor geschlossen worden, mit einer Pflicht zur Abführung von
Urlaubskassenbeiträgen habe er bei Vertragsabschluss daher nicht rechnen
können. Jedenfalls hätte es einer Übergangsregelung bedurft, weil er sonst
übergangslos und ohne Reaktionsmöglichkeit der Pflicht zur Zahlung von
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übergangslos und ohne Reaktionsmöglichkeit der Pflicht zur Zahlung von
Urlaubsgeld an seine Arbeitnehmer nach polnischem Recht und zur Zahlung von
Urlaubskassenbeiträgen ausgesetzt sei. Darüber hinaus sei das Arbeitsgericht zu
Unrecht davon ausgegangen, dass er in Deutschland eine selbständige
Betriebsabteilung unterhalten habe. Lediglich als vertrauensbildende Maßnahme
und als Service für seine Vertragspartner habe er eine deutsche Anschrift und ein
deutsches Bankkonto eingerichtet. In ... eingehende Post sei an die Zentrale in
Polen weitergeleitet, von dort aus bearbeitet und anschließend wieder nach ... zum
Versand geleitet worden. Die gesamte Verwaltung sei von ihm von Polen aus
vorgenommen worden, es habe auch keine eigenen Bauleiter oder sonstiges
Leitungspersonal in Deutschland gegeben. Vielmehr habe er selbst von ... aus alle
Entscheidungen getroffen. Demzufolge komme es zur Beurteilung, ob er einen
baugewerblichen Betrieb unterhalten habe, auf die Gesamttätigkeit in Polen und
Deutschland an. In beiden Kalenderjahren des Klagezeitraum seien arbeitszeitlich
überwiegend Installationsarbeiten durchgeführt worden und damit Tätigkeiten, die
nach der Ausnahmeregelung des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 12 VTV nicht vom
betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge erfasst würden. Entsprechend
habe ihn der Kläger auch für 2001 von der Beitragspflicht befreit. Arbeiten, die
unter die vorgenannte Ausnahmebestimmung fielen, seien 1999 in Deutschland
mit 14.927,00 und in Polen mit 69.227,00 Arbeitstunden, 2000 in Deutschland mit
12.289,00 und in Polen mit 43.908,00 Arbeitstunden angefallen. Das seien in
jedem der Jahre deutlich mehr als 50% der Gesamtarbeitszeit. Hinsichtlich des
Vortrags des Beklagten über die in Polen in den beiden Kalenderjahren des
Klagezeitraums im einzelnen geleisteten Arbeiten und Arbeitstunden wird auf
dessen Aufstellungen in der Anlage zum Schriftsatz vom 18. September 2007 (Bl.
338 bis 357 d.A.) Bezug genommen. Der teilweisen Erledigung der Hauptsache
widerspreche er.
Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage
abzuweisen.
Der Kläger beantragt die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass
festgestellt wird, dass die Hauptsache in Höhe vom € 32.056,15 erledigt ist.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil, wiederholt sein erstinstanzliches
Vorbringen, bestreitet mit Nichtwissen, dass die von dem Beklagten in Polen als
durchgeführt behaupteten Tätigkeiten, insbesondere mit den behaupteten
Arbeitstunden, durchgeführt worden seien, meint, aus der Aufstellung des
Beklagten ergebe sich nicht, dass Tätigkeiten eines der in § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.
12 VTV genannten Gewerbezweige arbeitszeitlich überwiegend angefallen seien
und trägt vor, aufgrund von vier Bürgenzahlungen, die Beitragsforderungen für das
Jahr 2000 betroffen hätten, habe sich die Hauptsache in dieser Höhe erledigt, so
dass für 2000 nur noch Urlaubskassenbeiträge von € 39.301,52 verblieben.
Hinsichtlich der Aufteilung der insoweit noch geltend gemachten Beitragsforderung
auf die Monate des Kalenderjahres 2000 wird auf den Schriftsatz des Klägers vom
02. November 2007 (dort Bl. 380 d.A.) Bezug genommen.
Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Volkswirts ... als
Zeugen im Wege der Auslandsvernehmung. Auf das Ergebnis der
Beweisaufnahme (Übersetzung Bl. 484 bis 489 d.A.) wird Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf
den vorgetragenen Inhalt sämtlicher gewechselter Schriftsätze nebst Anlagen
sowie auf die Niederschriften über die Berufungsverhandlung vom 11. Juni 2007,
26. November 2007 und 18. August 2008 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gem. §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet
hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 ArbGG)
keinerlei Bedenken. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie rechtzeitig
und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519,520 ZPO) und
damit insgesamt zulässig.
Soweit der Kläger zweitinstanzlich die Hauptsache teilweise für erledigt erklärt hat,
bedurfte es nicht der Einlegung einer Anschlussberufung. Zwar hat der Beklagte
sich dieser nicht angeschlossen, sondern ihr ausdrücklich widersprochen, so dass
in der danach einseitig gebliebenen Erledigungserklärung des Klägers eine nach §
264 Nr. 2 ZPO zulässige Änderung des Klageantrags in einen Antrag auf (teilweise)
Feststellung der Erledigung der Hauptsache liegt (vgl. OLG Düsseldorf 16. Juni
1997, NJW-RR 1997, 1566; Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 91 a Rz 29). Einer
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1997, NJW-RR 1997, 1566; Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 91 a Rz 29). Einer
Anschlussberufung bedurfte es gleichwohl nicht, weil eine solche nur geboten ist,
wenn der Berufungsbeklagte die im ersten Rechtszug gestellten Anträge erweitern
oder neue Ansprüche geltend machen will (vgl. BGH 24. November 1977, MDR
1978, 398). Dagegen ist eine Anschlussberufung unnötig, wenn der
Berufungsbeklagte mit seinem geänderten Klageantrag nicht mehr als die
Zurückweisung der Berufung erreichen will oder den Klageantrag nach § 264 Nr. 2
ZPO beschränkt. Denn dann geht das Begehren des in erster Instanz obsiegenden
Klägers nicht über den Antrag, die Berufung zurückzuweisen, hinaus (vgl. BGH 12.
Januar 2006, NJW-RR 2006, 669). Das ist bei (teilweiser) einseitiger Erledigung der
Hauptsache der Fall, weil die einseitige Erledigungserklärung nicht die
Rechtshängigkeit des für erledigt erklärten Anspruchs verändert, sondern dieser
verfahrensmäßig die Hauptsache bleibt (vgl. Kammerurteile vom 14. Februar 2000
- 16 Sa 992/99 und vom 14. Mai 2007 – 16 Sa 1155/06; Bergerfurth, NJW 1992,
1655, 1658; Musielak/Wolst, a.a.O.).
In der Sache hat die Berufung Erfolg. Die Klage ist nicht begründet, weil der Kläger
weder den geforderten Zahlungsbetrag noch die begehrte Feststellung verlangen
kann. Für beides fehlt eine Rechtsgrundlage.
Als allein mögliche Anspruchsgrundlage für das Zahlungsverlangen des Klägers
kommt § 1 Abs. 3 Satz 2 AEntG in der für die Kalenderjahre 1999 und 2000
maßgeblichen Fassung vom 19. Dezember 1998 (AEntG 1999) in Verbindung mit §
8 Ziffer 15 BRTV/Bau und den einschlägigen Bestimmungen des VTV in den für den
Klagezeitraum gültigen Fassungen nicht in Betracht.
Nach § 1 Abs. 3 Satz 2 AEntG ist ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, verpflichtet,
einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes wie
dem Kläger, dem nach für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen die
Einziehung von Urlaubskassenbeiträgen übertragen ist, diese Beiträge zu leisten,
wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne von § 211 Abs.1 SGB III
erbringt. Diese gesetzliche Erstreckung von tarifvertraglichen Normen auf
Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, die in Deutschland Arbeitnehmer beschäftigen,
erfasst freilich nur Normen, die aufgrund Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) für
vergleichbare inländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten. Das ist hier nicht
der Fall. Denn vom Beklagten wurde im Klagezeitraum kein Betrieb unterhalten,
der vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge erfasst wird. Damit
können sich die Normen dieser Tarifverträge auch nicht auf den Beklagten
erstrecken.
Im Einzelnen gilt:
Allerdings hat der Beklagte in den Kalenderjahren 1999 und 2000 bauliche
Leistungen sowohl im Sinne von § 1 Abs.1 AEntG 1999 wie nach den bautariflichen
Bestimmungen erbracht, gleichgültig ob man nur auf die Tätigkeiten des
Beklagten in Deutschland oder auf diese und die in Polen durchgeführten abstellt.
Bauliche Leistungen sind nach der Legaldefinition in § 211 Abs. 1 Satz 2 SGB III alle
Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Änderung oder Beseitigung von
Bauwerken dienen. Sie werden überwiegend durchgeführt, wenn die baulichen
Tätigkeiten die überwiegende Arbeitszeit der Arbeitnehmer im jeweiligen
Kalenderjahr beanspruchen. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz oder
Verdienst, auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien kommt es dabei nicht an
(BSG 15. Februar 2000 - SozR 3 - 4100 § 75 Nr. 3). In gleicher Weise erfolgt die
Abgrenzung, wenn streitig ist, ob der Betrieb dem betrieblichen Geltungsbereich
der Bautarifverträge unterliegt (ständige Rechtsprechung vgl. BAG 26. September
2001 AP Nr.244 zu TVG § 1 Tarifverträge: Bau)
Mit den im Klagezeitraum in Deutschland ausgeführten Arbeiten erbrachte der
Beklagte bauliche Leistungen im Sinne von § 211 Abs.1 SGB III und gleichzeitig
Leistungen, die grundsätzlich vom betrieblichen Geltungsbereich der für
allgemeinverbindlich erklärten Bautarifverträge erfasst werden. Von letzterem
werden nämlich Betrieb erfasst, die entweder Leistungen im Sinne der allgemeine
Bestimmungen des § 1 Abs.2 Abschn. I bis III oder aber solche im Sinne des
Beispielskatalogs des § 1 Abs.2 Abschn. IV oder V VTV erbringen. Allerdings ist
Bedacht darauf zu nehmen, ob der Betrieb unter den Ausnahmekatalog des
Abschn. VII des § 1 Abs.2 VTV fällt.
Wärmedämm- und Isolierarbeiten sind in § 1 Abs.2 Abschn. V Nr 9 VTV
ausdrücklich genannt, soweit solche Arbeiten an technischen Anlagen erbracht
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ausdrücklich genannt, soweit solche Arbeiten an technischen Anlagen erbracht
wurden, ist § 1 Abs.2 Abschn. IV Nr.3 VTV einschlägig. Maurerarbeiten sind in § 1
Abs.2 Abschn. V Nr. 23 VTV aufgeführt.
Klempnerarbeiten sowie Heizungs- und Sanitärarbeiten an und in Gebäuden fallen
unter die allgemeine Bestimmung des § 1 Abs.2 Abschn. II VTV.
Zu den in dieser Bestimmung genannten „baulichen Leistungen“ gehören
sämtliche Bauleistungen, die, wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen
Gebiet, der Erstellung von Bauten dienen (vgl. BAG 05. September 1990 und 07.
Juli 1990, AP Nr. 135 und 221 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Hierzu rechnen die
Installationen von Wasserrohrleitungen und Wasseranlagen (Sanitärarbeiten) sowie
Heizungsanlagen in Gebäuden ebenso wie die Vornahme von Klempnerarbeiten.
Nach der Verkehrsauffassung und der Lebenserfahrung ist nämlich ein Bauwerk
nicht schon mit der Erstellung des Rohbaus baulich vollendet, sondern erst dann,
wenn es bestimmungsgemäß genutzt werden kann. Die Installation von
Wasserrohrleitungen und Wasseranlagen sowie von Heizungsanlagen dient
regelmäßig der ordnungsgemäßen und verkehrsüblichen Fertigstellung von
Gebäuden im räumlichen Geltungsbereich des VTV, weil erst nach Vornahme
derartiger Arbeiten die Benutzung der Räumlichkeit in der vom Bauherrn
gewünschten Weise sichergestellt ist (vgl. BAG 05. September 1990, a.a.O.).
Bei der Durchführung solcher Arbeiten handelt es sich auch um „bauliche“
Leistungen. Die insoweit erforderliche bauliche Prägung ergibt sich nämlich daraus,
dass Betriebe, die derartige Arbeiten verrichten, dem sog. Ausbaugewerbe
angehören und die Tarifvertragsparteien mit ihrer weit reichenden Formulierung
(„Betriebe des Baugewerbes“) nicht nur das sog. Bauhaupt- sondern auch das
Ausbaugewerbe erfasst sehen wollen. Zum sog. Ausbaugewerbe zählen nach der
Fachsprache des Arbeits- und Wirtschaftslebens gerade auch Betriebe, die
Heizungs-, Sanitär- und Klempnerarbeiten durchführen. Das zeigt ein Blick in die
vom Statistischen Bundesamt herausgegebene Klassifikation der
Wirtschaftszweige mit Erläuterungen (WZ 1933 und WZ 2003). Dort sind die die
Gas-, Wasser-, Heizungs- und Lüftungsinstallation (Nr.45.33.1 und 45.33.2 WZ
1993, Nr.4533.0 WZ 2003) ebenso dem Baugewerbe zugerechnet, wie die
Klempnerei (WZ 45.33.1 WZ 1993 und 4533.0 WZ 2003). Da es sich bei dieser
Klassifizierung um eine Dokumentation handelt, bei deren Erstellung die
Vorstellungen der Wirtschaft in hohem Maße berücksichtigt worden sind, kann und
darf dann davon ausgegangen werden, dass die Klassifizierung bei der
Bestimmung der Reichweite eines Gewerbezweiges die Verkehrsauffassung
wiedergibt (vgl. BFH 16. März 2000, BStBl. II, 2000, 444; Kammerurteil v. 14. Mai
2007 – 16 Sa 1155/06).
Bestätigt wird dieses Verständnis durch die Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2
Abschnitt VII VTV. Dort ist eine Reihe von Betrieben des Ausbaugewerbes vom
betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgenommen. Diese
Ausnahmeregelung wäre überflüssig, wenn diese Betriebe ohne die
Ausnahmeregelung in Abschnitt VII ohnehin nicht unter den betrieblichen
Geltungsbereich des VTV fielen (vgl. BAG 05. September 1990, a.a.O.; BAG 13. Mai
2004 AP Nr.265 zu § 1 TVG Tarifverträge. Bau; Kammerurteil vom 02. November
1992 - 16 Sa 1840/91).
Gleichwohl wurde der Betrieb des Beklagten nicht dem betrieblichen
Geltungsbereich des VTV erfasst. Denn der Beklagte unterhielt im Klagezeitraum
einen Betrieb, der nach der Ausnahmevorschrift des § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.12
VTV ausdrücklich vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen ist.
Nach § 1 Abs.2 Abschn. VII VTV werden vom betrieblichen Geltungsbereich nicht
die nachfolgend genannten Betriebe erfasst, u.a.
12. des Klempnerhandwerks, des Gas- und Wasserinstallationsgewerbes, des
Elektroinstallationsgewerbes, des Zentralheizungsbauer- und
Lüftungsbauergewerbes sowie des Klimaanlagenbaus, soweit nicht Arbeiten der in
Abschnitt IV oder V aufgeführten Art ausgeführt werden. Diese
Ausnahmebestimmung greift zugunsten des Beklagten ein.
Der Anwendung von § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 12 VTV steht nicht von vornherein
entgegen, dass diese Ausnahmebestimmung dann nicht eingreifen kann, wenn
allein auf die Tätigkeiten des Beklagten in Deutschland abzustellen wäre. Ein
Betrieb eines der im Abschn. VII des § 1 Abs.2 VTV genannten Gewerbezweige liegt
nämlich nur dann vor, wenn in diesem arbeitszeitlich zu mehr als der Hälfte
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nämlich nur dann vor, wenn in diesem arbeitszeitlich zu mehr als der Hälfte
Arbeiten verrichtet werden, die als solche dem entsprechenden Gewerbezweig
zuzuordnen sind (vgl. BAG 18. Mai 1994 AP Nr. 180 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
In Deutschland wurden vom Beklagten arbeitszeitlich weit überwiegend
Wärmedämm- und Isolierarbeiten sowie Maurerarbeiten durchgeführt. Derartige
Arbeiten unterfallen keinem der in Nr. 12 des § 1 Abs. 2 Abschn. VII VTV
genannten Gewerbezweige.
Das ist im vorliegenden Fall jedoch unerheblich. Abzustellen ist im vorliegenden
Fall nämlich nicht nur auf die Tätigkeiten des Beklagten in Deutschland, sondern
auf die Tätigkeiten, die vom Beklagten in Deutschland und in Polen durchgeführt
worden sind. Denn der Beklagte unterhielt im Klagezeitraum einen einheitlichen
Betrieb, von dem in Deutschland und Polen Tätigkeiten ausgeführt wurden. Die
Tätigkeiten des Beklagten in Deutschland sind auch nicht einer von diesem
unterhaltenen selbständigen Betriebsabteilung zuzuordnen.
Daran ändert § 1 Abs.4 AEntG 1999, wonach für die Zuordnung zum betrieblichen
Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach § 1 Abs.3 AEntG 1999 die vom
Arbeitgeber mit Sitz im Ausland im Inland eingesetzten Arbeitnehmer in ihrer
Gesamtheit als Betrieb gelten, nichts.
Der Europäische Gerichtshof (25. Oktober 2001- EuGHE I 2001, 7884 Finalarte ua )
hat diese Regelung als gemeinschaftsrechtlich unzulässige Beeinträchtigung der
Dienstleistungsfreiheit (Art. 59, 60 EG-Vertrag, jetzt Art. 49, 50 EG) beanstandet.
Der Gesetzgeber hat deshalb § 1 Abs. 4 AEntG aufgehoben und in § 1 Abs. 1 Satz
1 AEntG vor dem Wort “überwiegend” die Wörter “oder die selbständige
Betriebsabteilung im Sinne des fachlichen Geltungsbereichs des Tarifvertrages”
eingefügt (Art. 92 Nr. 1 Buchst. b und Nr. 1 Buchst. a des Dritten Gesetzes für
moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 - BGBl. I S.
2848). Mit dieser Änderung des AEntG hat der Gesetzgeber nicht nur auf einen
eigenständigen Betriebsbegriff in Bezug auf Arbeitgeber mit Sitz in einem
Mitgliedsland der EG verzichtet (vgl BT-Drucks. 15/1515 S. 131). Er hat damit auch
von einer Sonderregelung für Arbeitgeber mit Sitz außerhalb der EG abgesehen.
Die Anwendung des aufgehobenen § 1 Abs. 4 AEntG durch Organe - auch Gerichte
- der EG-Mitgliedstaaten ist nach dem In-Kraft-Treten der gesetzlichen
Neuregelung nach der Rspr. des BAG unzulässig. Dies gilt auch, wenn es sich - wie
hier - um Zeiträume vor In-Kraft-Treten der Änderung handelt und der Arbeitgeber
seinen Sitz nicht in einem EG-Mitgliedstaat hatte (vgl. BAG 25. Januar 2005 AP Nr.
22 zu § 1 AEntG, BAG 25. Januar 2005 - 9 AZR 154/04 – BAG 20. Juli 2004 AP Nr.18
zu § 1 AEntG; BAG 28. September 2005 NZA 2006,379). Maßgeblich ist daher
allein der Betriebsbegriff, der § 211 Abs. 1 SGB III zugrunde liegt.
Betrieb im Sinne von § 211 Abs.1 SGB III ist einmal entsprechend dem
allgemeinen arbeits- und sozialrechtlichen Sprachgebrauch eine organisatorische
Einheit, innerhalb der der Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen
Arbeitnehmern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mittel bestimmte
arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Darüber hinaus ist Betrieb iSv § 211
Abs.1 SGB nach S. 4 dieser Bestimmung auch eine Betriebsabteilung (vgl. BAG
25. Januar 2005 AP Nr. 22 zu § 1 AEntG; BAG 28. September 2005 NZA 2006,379).
Nichts anderes gilt für die bautariflichen Regelungen. Betriebe iSv § 1 Abs.2 VTV
sind auch selbständige Betriebsabteilungen (§ 1 Abs.2 Abschn. VI Abs.1 S.2 VTV).
Weil § 1 Abs.2 Abschn. VI Abs.1 S.2 VTV selbständige Betriebsabteilungen
Betrieben gleichstellt und damit § 1 Abs.2 Abschn. VII auf Betriebe - und damit
auch auf selbständige Betriebsabteilungen - Bezug nimmt, kann es mithin nur
dann allein auf die Tätigkeiten des Beklagten in Deutschland ankommen, wenn
dieser in Deutschland entweder einen Betrieb oder eine selbständige bauliche
Betriebsabteilung unterhalten hätte.
Das war nicht der Fall. Der Beklagte unterhielt in Deutschland im Klagezeitraum
bereits keine selbstständige Betriebsabteilung und damit erst recht keinen
Betrieb.
Eine Betriebsabteilung ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein räumlich,
personell und organisatorisch vom Gesamtbetrieb abgegrenzter Betriebsteil, der
mit eigenen technischen Betriebsmitteln einen eigenen Betriebszweck verfolgt, der
auch nur ein Hilfszweck sein kann (vgl. BAG 25. Januar 2005 AP Nr. 21 zu § 1
AEntG; BAG 21. November 2007 AP Nr. 297 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 26.
September 2007 NZA 2007, 1442; BAG 28. September 2005 EzA AEntG § 1 Nr.
9;). Das zusätzliche tarifliche Merkmal der Selbständigkeit in § 1 Abs. 2 Abschnitt
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9;). Das zusätzliche tarifliche Merkmal der Selbständigkeit in § 1 Abs. 2 Abschnitt
VI VTV (in der im Klagezeitraum maßgeblichen Fassung) erfordert eine auch für
Außenstehende wahrnehmbare räumliche und organisatorische Abgrenzung sowie
einen besonders ausgeprägten spezifischen arbeitstechnischen Zweck (vgl BAG
25. Januar 2005 aaO.; BAG 25. Januar 2005 - AP Nr. 22 zu § 1 AEntG; BAG 24.
November 2004 AP Nr.12 zu § 61 ArbGG 1979). Eine bloße betriebsinterne
Spezialisierung der Art, dass getrennte Arbeitsgruppen jeweils bestimmte
Aufgaben versehen, genügt für die Annahme einer selbständigen
Betriebsabteilung dabei nicht (vgl. BAG 28. Juli 2004 AP Nr 268 zu § 1 TVG
Tarifverträge: Bau; BAG 13. Mai 2004 AP Nr.265 zu §1 TVG Tarifverträge: Bau).
Die Merkmale einer selbständigen Betriebsabteilung sind im Hinblick auf die von
dem Beklagten in Deutschland im Klagezeitraum durchgeführten baulichen
Tätigkeiten nicht erfüllt.
Allein der Umstand, dass die von dem Beklagten in Deutschland ausgeführten
Tätigkeiten räumlich von denjenigen in Polen deutlich abgegrenzt waren, dass
diese Tätigkeiten von einer eigenen Personaleinheit, nämlich eigenem, speziell der
Tätigkeit in Deutschland zuzuordnendem Personal durchgeführt wurden und dass
eigene technische Arbeitsmittel Verwendung fanden, reicht zur Annahme einer
Betriebsabteilung nicht aus. Hierfür ist vielmehr weiter erforderlich, dass insoweit
ein organisatorisch abgegrenzter Betriebsteil vorhanden ist. Da "Organisation"
nichts anderes ist als ein "Teil eines gegliederten Ganzen" (vgl. Wahrig, Deutsches
Wörterbuch, Jubiläumsausgabe 1990 S. 134), bzw., betriebswirtschaftlich, eine
"ordnende Gestaltung" (vgl. Schneck, Lexikon der Betriebswirtschaft 6. Aufl. 2003
S.768), ist zur Annahme einer Betriebsabteilung daher ein abgrenzbarer
(personeller) Apparat notwendig, der gerade die in der Teileinheit anstehenden
arbeitstechnisch erforderlichen Maßnahmen plant, d.h. gedanklich vorwegnimmt,
und damit den arbeitstechnischen Ablauf im Hinblick auf das gewünschte Ergebnis
festlegt und steuert (vgl. Kammerurteil v. 16. August 2004 AR-Bl. ES 370.3 Nr.15))
Für eine derartige Annahme ergibt sich aus dem Vortrag der Parteien nichts. Über
die bloße Tätigkeit von Arbeitnehmern an bestimmten Orten mit bestimmten
Arbeitsleistungen hinausgehenden Anhaltspunkte für eine relativ verselbständigte
bauliche Organisationseinheit des Beklagten in Deutschland im Klagezeitraum
fehlen.
Zutreffend ist, dass die Berufungskammer in der Vergangenheit in zahlreichen
Fällen angenommen hat, dass bereits eine tatsächliche Vermutung dafür spricht,
dass ein, Arbeitnehmer aus dem Ausland nach Deutschland entsendender
Arbeitgeber insoweit einen, vom übrigen Betrieb in seinem Heimatland
abgegrenzten verselbständigten arbeitstechnischen Leitungsapparat unterhält (vgl
z.B. Kammerurteil v. 02. Februar 2004 - 16 Sa 47/03). Es kann dahinstehen, ob
hieran festzuhalten ist. Erforderlich für eine solche Annahme ist jedenfalls, dass -
wie es in sämtlichen eine Betriebsabteilung bejahenden Entscheidungen der
Berufungskammer in der Vergangenheit der Fall war - über die bloße Tätigkeit von
Arbeitnehmern hinaus, Anhaltspunkte für einen organisatorisch verfassten und
nach außen auch erkennbaren Leitungsapparat vorhanden sind (vgl. Kammerurteil
v. 29. März 2004 - 16 Sa 1503/03). Wollte man nämlich hierauf verzichten, führte
dies letztlich dazu, in einem Betrieb, der verschiedene arbeitstechnische Zwecke
verfolgt, allein die für die Verfolgung eines dieser Zwecke eingesetzte Menge von
Arbeitnehmern an einer Baustelle oder an mehreren Baustellen als
Betriebsabteilung zu qualifizieren. Eine solche Sichtweise überdehnte den Begriff
der „Betriebsabteilung". Auch die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes, deren
Sprachregelung insoweit für das Baugewerbe prägend ist, gehen davon aus, dass
dies zur Annahme einer Betriebsabteilung nicht hinreichend ist. Sie bezeichnen
eine Baustelle ausdrücklich lediglich als Arbeitsstelle (§ 7.1 BRTV/Bau) und
fingieren erst ab der am 01. September 2002 in Kraft getretenen Änderung des
Tarifvertrages unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Gesamtheit von
Arbeitnehmern, die außerhalb der stationären Betriebsstätte bauliche Tätigkeiten
ausführen, als selbständige Betriebsabteilung (§ 1 Abs. 2 Abschn. VI S. 3
BRTV/Bau).
Für die Annahme, dass ein danach erforderlicher eigener Leitungsapparat des
Beklagten im Hinblick auf die in Deutschland durchgeführten Tätigkeiten
bestanden hat, bestanden hat, fehlt es an hinreichendem Tatsachenvortrag.
Daran ändert nichts, dass ein Büro des Beklagten in ... vorhanden war, der
Beklagte unter dieser Anschrift mit Vertragspartnern und öffentlichen stellen
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Beklagte unter dieser Anschrift mit Vertragspartnern und öffentlichen stellen
kommunizierte, dort eine Teilzeitkraft arbeitete und der Beklagte in Deutschland
ein Bankverbindung unterhalten hat. Allein aus der Existenz eines Büros mit
Postanschrift und einer Deutschen Bankverbindung lässt sich der Schluss auf
einen eigenständigen Leitungsapparat für die in Deutschland durchgeführten
Arbeiten nämlich nicht ziehen. Zudem hat der Beklagte insoweit, vom Kläger nicht
bestritten, vorgetragen, dass die in ... eingehende Post von dort aus schlicht nach
Polen weitergeleitet, dort bearbeitet und dann vom deutschen Büro aus versandt
worden ist. Ein bloßes Büro, das mit einer, nach dem Vorgesagten nicht einmal zu
Arbeitsanweisungen befugten, Teilzeitkraft für Verwaltungsarbeiten besetzt ist,
erfüllt nicht das Merkmal einer Verkörperung eines Steuerungsapparats und ist
auch kein Indiz dafür, dass ein solcher Apparat vorhanden ist. Zudem musste der
Beklagte eine Stelle in Deutschland unterhalten, an dem die nach § 2 Abs.3 AEntG
1999 erforderlichen Unterlagen bereitgehalten wurden (§ 3 Abs.1 Nr.4 AEntG
1999). Ein Indiz oder gar ein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass von diesem
Ort aus auch die baulichen Tätigkeiten in Deutschland geleitet worden und in
Deutschland eine eigenständige Organisation vorhanden war, die über diejenige
einer Baustelle hinaus geht, ist das nicht.
Weil der Beklagte danach in Deutschland nicht einmal eine selbständige
Betriebsabteilung unterhalten hat, scheidet die Annahme, dass eine als Betrieb zu
qualifizierende Organisationseinheit des Beklagten in Deutschland existierte, erst
recht aus.
Der danach einheitliche Betrieb des Beklagten war im Klagezeitraum ein solcher
im Sinne von § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 12 VTV. Denn es wurden in Polen in den
Jahren des Klagezeitraums ausschließlich Heizungs- und
Sanitärinstallationsarbeiten durchgeführt. Diese Arbeiten machten mehr als die
Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Betrieb des Beklagten in jedem der beiden
Kalenderjahre des Klagezeitraums aus. Diese Tätigkeiten sind solche, die zu einem
der in Nr. 12 genannten Gewerbezweige zu rechnen sind, nämlich dem des Gas-
und Wasserinstallationsgewerbes und/oder des Zentralheizungs- und
Lüftungsbauergewerbes. Auf eine genaue Zuordnung zu einem dieser beiden
Gewerbezweige kommt es nicht an. Soweit dem Urteil der Berufungskammer vom
14. Mai 2007 (16 Sa 1155/06), in dem es auf diese Frage ohnehin nicht ankam,
anderes zu entnehmen ist, hält die Berufungskammer daran nicht fest.
Insoweit gilt:
Wenn die Tarifvertragsparteien in § 1 Abs.2 Abschn. VII VTV einzelne
Gewerbezweige ausnehmen, verlangen sie damit, dass überwiegend Tätigkeiten
ausgeführt werden, die einem der genannten Gewerbezweige zuzurechnen sind.
Wortlaut und Systematik des § 1 Abs.2 Abschn. VII VTV zwingen dabei zu der
Annahme, dass eine der Ausnahmeregelungen nicht schon dann zum Zuge
kommen kann, wenn vom Betrieb Tätigkeiten ausgeführt werden, die
verschiedenen der in Abschn. VII genannten Gewerbezweige zuzuordnen sind,
ohne dass die einem Gewerbezweig zuzuordnenden Tätigkeiten überwiegen.
§ 1 Abs. 2 Abschnitt VII nennt in verschiedenen Ziffern aufzählend verschiedene
Gewerbezweige. Ein Betrieb eines der genannten Gewerbezweige liegt, wie bereits
ausgeführt, nur dann vor, wenn in diesem arbeitszeitlich zu mehr als der Hälfte
Arbeiten verrichtet werden, die als solche dem entsprechenden Gewerbezweig
zuzuordnen sind (vgl. BAG 18. Mai 1994 AP Nr. 180 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
Daraus folgt gleichzeitig, dass eine Zusammenrechnung verschiedener,
unterschiedlichen Ziffern zugeordneter Gewerbezweige des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII
VTV nicht erfolgen darf, um einen Ausnahmetatbestand zu begründen (vgl. BAG
18.05.1994 aaO.; BAG 22. November 1995 - 10 AZR 500/95). Weil es sich um
verschiedene Gewerbezweige handelt, in denen weitgehend unterschiedliche
arbeitstechnische Zielrichtungen verfolgt werden, ist bei arbeitszeitlich
überwiegender Durchführung von Tätigkeiten eines der genannten Gewerbezweige
in der Regel nämlich bereits aus tatsächlichen Gründen die Erfüllung der Merkmale
eines anderen Gewerbezweiges ausgeschlossen. Zudem gehen die
Tarifvertragsparteien hiervon nach Wortlaut und Systematik der
Ausnahmebestimmung aus. Denn die Ausnahmeregelungen des Abschn. VII
nehmen jeweils Bezug auf einen Betrieb eines der genannten Gewerbezweige. Der
Sinn und Zweck der Ausnahmebestimmungen bestätigt dies. Die
Ausnahmebestimmungen des Abschn. VII sollen Tarifkonkurrenzen und
Tarifpluralitäten verhindern. In den ausgenommenen Gewerbezweigen bestehen in
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Tarifpluralitäten verhindern. In den ausgenommenen Gewerbezweigen bestehen in
der Regel gesonderte Tarifverträge, die ihrerseits freilich nur zum Tragen kommen
können, wenn die Arbeitnehmer arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten des
Gewerbezweiges verrichten, den dieser Tarifvertrag betrieblich erfasst.
Für § 1 Abs.2 Abschn. VII Nr.12 VTV kann grundsätzlich nichts anderes gelten. Die
Tarifvertragsparteien haben lediglich die insoweit aufgeführten Gewerbezweige
nicht unterschiedlichen Ziffern zugeordnet, sondern in einer Ziffer genannt und
durch das Wort „und“ sprachlich aufzählend verbunden...
Für die in Nr. 12 genannten Gewerbezweige des Gas- und
Wasserinstallationsgewerbes und des Zentralheizungs- und
Lüftungsbauergewerbes muss allerdings davon ausgegangen werden, dass die
Tarifvertragsparteien damit nicht unterschiedliche Gewerbezweige, sondern
lediglich Tätigkeitsfelder beschrieben haben, die einem einheitlichen Gewerbezweig
zuzurechnen sind. Das folgt aus der Auslegung dieser Bestimmung.
Die Tarifvertragsparteien haben auf eine nähere Erläuterung dessen, was sie unter
den Begriffen des Gas- und Wasserinstallationsgewerbes und des Zentralheizungs-
und Lüftungsbauergewerbes verstanden wissen wollen, verzichtet. Damit haben
sie auf die Verkehrsanschauung abgestellt. Gleichzeitig haben die
Tarifvertragsparteien des Baugewerbes damit auch in Kauf genommen, dass sich
die verwendeten Begriffe bei Änderung der Verkehrsanschauung inhaltlich ändern
(vgl. BAG 27. April 1988 AP Nr. 63 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie). .Ein
solches Verständnis ist auch sinnvoll, weil Tarifvertragsparteien im Zweifel
vernünftige, gerechte, zweckorientierte und praktisch brauchbaren Regelung
beabsichtigen.
Nach der Verkehrsanschauung werden die Gewerbezweige der Gas- und
Wasserinstallation und des Zentralheizungs- und Lüftungsbaus nicht (mehr) als
unterschiedliche Gewerbezweige mit unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern
angesehen. Das belegen die die Verkehrsauffassung prägenden berufsrechtlichen
und handwerksrechtlichen Vorschriften sowie das berufskundliche Schrifttum.
Für die Gewerbezweige des Gas- und Wasserinstallationsgewerbes und des
Zentralheizungs- und Lüftungsbauergewerbes war seit jeher charakteristisch, dass
sich die Tätigkeitsgebiete beider Gewerbezweige erheblich überschnitten. Das
zeigen berufsrechtliche Bestimmungen.
So zählten nach den in den Kalenderjahren des Klagezeitraums gültigen
berufsrechtlichen Bestimmungen die Planung und der Bau von Heizungsanlagen
sowohl zum Zentralheizungs- und Lüftungsbauerhandwerk wie zum Gas- und
Wasserinstallationshandwerk. § 1 Abs.1 Nr. 5 der VO für die Meisterprüfung im
Gas- und Wasserinstallateure – Handwerk vom 28. August 1974 (BGBl I S. 2136 ff)
rechnete diesem Handwerkszweig u.a. die Planung und den Bau von zentralen
Heizölversorgungsanlagen zu, § 1 Nr.1 der VO über die Meisterprüfung im
Zentralheizungs- und Lüftungsbauer-Handwerk vom 28. August 1974 (BGBl I S.
2139 ff) ordnete diesem Handwerkszweig die Planung und den Bau von Anlagen
der zentralen Beheizung und Warmwasserbereitung zu. Kenntnisse und
Fertigkeiten über Korrosions-, Wärme- und Schallschutz wurden in beiden
Meisterprüfungsverordnungen (jeweils § 1 Abs.2 Nr.3) beiden Handwerkszweigen
ebenso zugerechnet wie Kenntnisse und Fertigkeiten in der Berechnung von
Rohrsystemen (jeweils § 1 Abs.2 Nr.4). Nichts anderes gilt für die Verlegung von
Rohren (§ 1 Abs.2 Nr.14 für den Gas- und Wasserinstallateur, § 1 Abs. 2 Nr. 13 für
den Zentralheizungs- und Lüftungsbauer), für das Herstellen und Einbauen von
Anlageteilen für Abgas-, Be- und Entlüftungsanlagen (§ 1 Abs.2 Nr. 15 für den Gas-
und Wasserinstallateur) bzw. Anschließen und Aufstellen der Anlagenteile für
Beheizung, Warmwasserbereitung, Klimatisierung, Feuerungen und
Brennstoffversorgung (§ 1 Abs.2 Nr.14 für den Zentralheizungs- und
Lüftungsbauer).
Ganz in diesem Sinne wurde denn auch berufsrechtlich das Bauen zentraler
Heizölversorgungsanlagen und das Bauen von Abgas-, Be- und
Entlüftungsanlagen dem Berufsbild des Gas- und Wasserinstallateurs (mit)
zugerechnet (vgl. Blätter für Berufskunde 3. Aufl. 1975 1-IIa 501 S. 2), das Bauen
zentraler Heizungsanlagen und der Bau von Be- und Entlüftungsanlagen aber auch
zum Aufgabengebiet des Zentralheizungs- und Lüftungsbauers gezählt (vgl.
Blätter für Berufskunde 3. Aufl. 1990 1-II 503 S. 4).
Handwerksrechtlich hat das bereits 1998 zu Konsequenzen geführt. Denn die bis
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Handwerksrechtlich hat das bereits 1998 zu Konsequenzen geführt. Denn die bis
dato zulassungspflichtigen Handwerke des Gas- und Wasserinstallateurs und des
Zentralheizungs- und Lüftungsbauers sind mit Wirkung vom 01. April 1998 zum
zulassungspflichtigen Handwerk des Installateurs- und Heizungsbauers
zusammengefasst worden
Dieser Umstand hat auch berufsrechtlich mittlerweile Folgen gezeitigt. Denn die
früheren eigenständigen Berufe des Gas- und Wasserinstallateurs und des
Zentralheizungs- und Lüftungsbauers sind berufsrechtlich zusammengeführt
worden. Mit Wirkung ab 01. August 2003, nämlich mit dem Inkrafttreten der VO
über die Berufsausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und
Klimatechnik/zur Anlagemechanikerin für Sanitär- Heizungs- und Klimatechnik vom
24. Juni 2003 (BGBl I 2003 S. 1012ff), sind die Ausbildungsverordnungen für den
Gas- und Wasserinstallateur und den Zentralheizungsbauer, jeweils vom 09. März
1989 (BGBl I 1989 S. 389ff und S. 405ff) außer Kraft getreten. Gleiches gilt für die
berufsrechtlichen Bestimmungen über die Meisterprüfung. Mit dem Inkrafttreten
der Verordnung über das Meisterprüfungsberufsbild und über die
Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung im Installateur-
und Heizungsbauer-Handwerk vom 17. Juli 2002 (BGBl I 2002 S. 2693ff) am 01.
Januar 2003 traten die Verordnungen für die Meisterprüfung im Gas- und
Wasserinstallateure – Handwerk vom 28. August 1974 (BGBl I S. 2136 ff) und im
Zentralheizungs- und Lüftungsbauer-Handwerk vom 28. August 1974 (BGBl I S.
2139 ff) außer kraft.
Ganz in diesem Sinne wird denn auch berufskundlich das verantwortliche Planen,
das Installieren, das Anschließen, das in Betrieb nehmen und instand setzen von
heizungstechnischen und sanitären Einrichtungen (z.B. Zentralheizungen,
Feuerungsanlagen für alle Brennstoffarten sowie Anlagen zur
Warmwasserbereitung, Sanitäranlagen, Bäder, Lüftungs- und Klimaanlagen) mit
allen zugehörigen Sicherheits-, Mess- und Regeleinrichtungen, Tankanlagen,
Wasseraufbereitungs- und Druckerhöhungsanlagen einheitlich dem (neuen) Beruf
des Installateur- und Heizungsmeister zugeordnet Das belegen die im Internet
veröffentlichten Berufsinformationen der Bundesagentur für Arbeit (vgl.
http://berufe¬net. arbeitsamt.de/berufe/berufId.do?
_pgnt_pn=0&_pgnt_act=goToAnyPage&_pgnt_id=result
Short&status=T01#oben).
Hält man sich das vor Augen, so sind nach der Verkehrsanschauung heute Gas-
und Wasserinstallation einerseits und Zentralheizungs- und Lüftungsbau
andererseits nicht mehr unterschiedliche, sich nach den arbeitstechnischen
Zielrichtungen unterscheidende, Gewerbezweige. Vielmehr handelt es sich bei
Betrieben, die Tätigkeiten ausüben, die früher beiden Gewerbezweige zuzurechnen
waren, nicht mehr um Mischbetriebe, also um solche, die Tätigkeiten
verschiedener Gewerbezweige durchführen, sondern um einen Betrieb, der einem
einzigen Gewerbezweig zugehört, nämlich dem, der nunmehr als Installateur- und
Heizungsbauergewerbe bezeichnet wird.
Es muss auch davon ausgegangen werden, dass die bereits im Klagezeitraum so
war. Die Änderung der Handwerksordnung stammt bereits aus dem Jahre 1998.
Dass berufsrechtliche Vorschriften erst später geändert wurden, ist unerheblich.
Derartige Bestimmungen vollziehen in der Regel rechtlich das nach, was sich in der
Praxis des Arbeits- und Wirtschaftslebens, entsprechend den Bedürfnissen und
Anforderungen der Wirtschaft, als neu regelungsbedürftig erweist.
Die Tarifhistorie widerspricht diesem Verständnis nicht.
§ 1 Abs.2 Abschn. VII Nr. 12 VTV ist durch den Änderungstarifvertrag vom 10.
September 1992 in den Tarifvertrag eingeführt worden und seitdem unverändert
geblieben. Diese Bestimmung gibt, bis auf die Rückausnahmeregelung, das
wieder, was in der ab 1991 geltenden Einschränkung der AVE vom 20. März 1991
(BAnz Nr. 59 v. 26. März 1991) zu C, die ihrerseits mit Aufnahme von Nr. 12 in
Abschn. VII wieder gestrichen wurde, bestimmt war. Diese Einschränkung der AVE
wiederum war zeitlich unmittelbare Folge der bereits erwähnten Entscheidung des
BAG vom 5. September 1990 (AP Nr. 135 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Dort
hatte das BAG erstmals unmissverständlich klargestellt, dass sämtliche nicht
ausdrücklich ausgenommen Betriebe des Ausbaugewerbes, darunter auch
Betriebe der Gas-, Wasser- oder Elektroinstallation sowie des Heizungsbaus als
Betriebe im Sinne des § 1 Abs.2 Abschn. II VTV anzusehen seien, wobei es das
Ausbaugewerbe nach der damaligen lexikographischen Terminologie beschrieb.
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Ausbaugewerbe nach der damaligen lexikographischen Terminologie beschrieb.
Die Ansicht des BAG war in ihrer Allgemeinheit nicht unproblematisch, weil Zweifel
an der Tarifzuständigkeit der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes für diese
Gewerbezweige bestehen (vgl. Koch, Die Zusatzversorgungskasse des
Baugewerbes, 1994 Rz 164). Wenn dann, zunächst durch Einschränkung der AVE,
sodann durch Selbstkorrektur der Tarifvertragsparteien in Form der Aufnahme von
Nr. 12 in § 1 Abs.2 Abschn. VII VTV, die Ansicht der Rechtsprechung partiell
berichtigt wurde, deutet das darauf hin, dass damit die Tarifvertragsparteien
schlicht die Terminologie des BAG übernommen haben, um sicherzustellen, dass
Betriebe der vom BAG angeführten als Ausbaugewerbe bezeichneten
Gewerbezweige nicht erfasst werden sollten. .Für Änderungen der
Verkehrsaufassung dahingehend, dass bislang getrennte Gewerbezweige nunmehr
zu einem einheitlichen Gewerbezweig zusammengefasst sind, lässt das Raum.
Sämtlich von dem Beklagten aufgeführten, in Polen in den Jahren 1999 und 2000
verrichteten Tätigkeiten sind danach dem Ausnahmetatbestand zuzuordnen. Denn
es handelt sich durchweg um die Vornahme von Heizungs- und
Sanitärinstallationen.
Diese Arbeiten überwogen in beiden Jahren des Klagezeitraums arbeitszeitlich.
Denn in Polen wurden vom Beklagten in beiden Kalenderjahren des
Klagezeitraums ausschließlich Installationsarbeiten an Heizungen und
Sanitäranlagen durchgeführt.
Der Beklagte hat im Einzelnen vorgetragen, welche Arbeiten in Polen an einzelnen
bestimmten Baustellen durchgeführt worden sind. Die insoweit angeführten
Arbeiten gehören sämtlich zum Bereich der Heizungs- und Sanitärinstallation.
Denn es wurden durchweg Heizungen samt Anschlussleitungen, Heizkörper und
Apparaturen sowie Warm- und Kaltwasserstränge, Abwasserleitungen und
Sanitäreinrichtungen (Badewannen etc.) moniert. Alles das sind Tätigkeiten, die
nach Berufsrecht und Berufskunde den früheren Gewerbezweigen des Gas- und
Wasserinstallateurs und des Zentralheizungs- und Lüftungsbauers und heute nach
der Verkehrsauffassung dem Gewerbezweig des Installateur- und Heizungsbauers
zuzuordnen sind.
Weil der Kläger, der insoweit über nähere Kenntnisse nicht verfügt, diesen Vortrag
des Beklagten zulässig mit Nichtwissen bestritten hat (§ 138 Abs.4 ZPO) war es
Sache des Beklagen, seine Behauptungen zu beweisen. Denn die
Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestandes nach § 1 Abs.2 Abschn. VII VTV
darzulegen – und im Streitfall zu beweisen – hat derjenige, der sich darauf beruft,
(vgl. vgl. BAG 13. Mai 2004 AP Nr. 265 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
Dieser Beweis ist dem Beklagten gelungen. Denn die Berufungskammer ist
aufgrund des gesamten Inhalts der Verhandlungen und der durchgeführten
Beweisaufnahme von der Richtigkeit des Beklagtenvortrages überzeugt.
Die Berufungskammer hat zunächst keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die
von dem Beklagten im Einzelnen vorgetragenen Arbeiten in Polen in den beiden
Jahren des Klagezeitraums tatsächlich an den bezeichneten Objekten durchgeführt
worden sind.
Der Beklagte hat vorgetragen, dass die Stundenangaben zu den in Polen
durchgeführten Arbeiten auf entsprechenden Aufzeichnungen beruhen. Das hat
die durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt.
Der Zeuge ... hat bekundet, dass von den Arbeitnehmern durchweg, insbesondere
im Zusammenhang mit Heizungen, Installationsarbeiten Arbeiten durchgeführt
worden seien. Das ist glaubhaft, weil bei dem Zeugen davon ausgegangen werden
kann und muss, dass er als Personalchef einen Überblick über die in Polen
durchgeführten Arbeiten besitzt. Soweit der Zeuge in diesem Zusammenhang
auch bekundet hat, es seien, bei kleineren Objekten, auch damit im
Zusammenhang stehende Wärmedämmarbeiten an Rohren durchgeführt worden,
ist das schon deshalb ohne Belang, weil derartige Arbeiten kraft
Sachzusammenhangs den Installationsarbeiten im Heizungs- und Sanitärbereich
zuzurechnen sind.
Die Berufungskammer ist auch davon überzeugt, dass die von dem Beklagten
insoweit angeführten Arbeitstunden geleistet worden sind. Der Beklagte hat
insoweit vorgetragen, dass die Stundenangaben zu den in Polen durchgeführten
Arbeiten auf entsprechenden Aufzeichnungen beruhen. Das hat die durchgeführte
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Arbeiten auf entsprechenden Aufzeichnungen beruhen. Das hat die durchgeführte
Beweisaufnahme bestätigt
Der Zeuge hat ausgesagt, er habe ein Verzeichnis über die von jedem
Arbeitnehmer geleisteten Stunden, bezogen auf die einzelnen Baustellen geführt,
am Ende jeden Monats seien die auf der jeweiligen Baustelle angefallenen Arbeiten
addiert worden. Das ist glaubhaft, zumal das polnische Arbeitsrecht, auch in der
im Klagezeitraum geltenden Fassung, dem Arbeitgeber die Führung von
Arbeitszeitnachweisen für die Arbeitnehmer zur ordnungsgemäßen Ermittlung des
Entgelts nach Art. 12911 Abs. 1 ArbGB Polen vorschreibt. Richtig ist zwar, dass
sich der Zeuge exakt an die Baustellen und die dort jeweils ausgeführten Arbeiten
und Arbeitsstunden nicht im Einzelnen erinnern konnte. Das ist allein aufgrund der
seither verstrichenen Zeit mehr als verständlich, schadet aber auch nicht. Da
seitens des Klägers nicht in Abrede gestellt worden ist, dass die Angaben des
Beklagten auf Stundennachweisen beruhen, kann nämlich zur Überzeugung der
Berufungskammer aus den Angaben des Zeugen mit hinreichender Sicherheit
davon ausgegangen werden, dass es sich insoweit um eine rechnerische
Wiedergabe des Ergebnisses der Stundenaufzeichnungen zu den einzelnen
Baustellen und bei diesen um diejenigen handelte, an denen die behaupteten
Installationsarbeiten durchgeführt worden sind.
Ist danach davon auszugehen, dass in Polen in der Tat im Jahre 1999 insgesamt
68.227 (die Angabe der Beklagten mit 69.227 Arbeitsstunden beruht auf einem
rRechen- oder Schreibfehler) und im Jahre 2000 43.908 Arbeitstunden geleistet
worden sind, die den Gewerbezweigen des Gas- und Wasserinstallateurs und des
Zentralheizungs- und Lüftungsbauers zuzurechnen sind, entfielen schon deshalb
mehr als die Hälfte der in beiden Kalenderjahren insgesamt vom Betrieb des
Beklagten geleisteten Arbeitstunden auf Tätigkeiten, die einem oder beiden dieser
Gewerbezweige zuzurechnen sind. Denn in Polen wurden in beiden Kalenderjahren
des Klagezeitraums mehr Arbeitstunden als in Deutschland geleistet. Nimmt man
noch hinzu, dass konsequenterweise auch die in Deutschland insoweit erbrachten,
auf die Bereiche Heizung- und Sanitärarbeiten entfallenen 8.545,00 Arbeitstunden
(1999) und 11.987,00 Arbeitstunden (2000) hinzuzuzählen sind, ergibt sich, dass
deutlich arbeitszeitlich überwiegend von dem Beklagten in beiden Jahren des
Klagezeitraums Arbeiten durchgeführt worden sind, die dem Gewerbezweig des
Gas- und Wasserinstallateurs und/oder des Zentralheizungs- und Lüftungsbauers
zuzurechnen sind. Damit unterhielt der Beklagte einen Betrieb im Sinne der
Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 Abschn. VII Nr. 12 VTV.
Tatsachen, aus denen sich herleiten ließe, dass die Rückausnahmeregelung dieser
Bestimmung vorliegt, für deren Eingreifen der Kläger darlegungs- und weispflichtig
ist, hat der Kläger nicht vorgetragen.
Weil der Beklagte danach im Klagezeitraum keinen baulichen Betrieb im tariflichen
Sinne unterhalten hat, schuldet er nicht die begehrten Urlaubskassenbeiträge.
Auch die begehrte Feststellung der teilweisen Erledigung der Hauptsache kann der
Kläger nicht verlangen.
Bei einseitiger Erledigung der Hauptsache ist Streitgegenstand des Verfahrens die
Frage, ob die Hauptsache tatsächlich erledigt ist. Das bedeutet, dass auf
einseitige, auch teilweise, Erledigungserklärung des Klägers hin die gänzliche oder
teilweise Erledigung der Hauptsache dann auszusprechen ist, wenn die
Hauptsache tatsächlich erledigt ist. Das wiederum ist sie dann, wenn nach
Rechtshängigkeit der Klage ein Ereignis eingetreten ist, das einer bislang
zulässigen und begründeten Klage die Zulässigkeit oder Begründetheit (teilweise)
genommen hat (vgl. BAG 05. September 1995, AP Nr. 67 zu § 74 HGB; BAG 01.
August 1995, AP Nr. 13 zu § 74 a HGB; BAG 22. Januar 1975, AP Nr. 23 zu § 1 TVG
Tarifverträge: Bau).
Weil der Kläger für 2000 keine Urlaubskassenbeiträge vom Beklagten verlangen
kann, war die Klage auch in Höhe des Betrages, hinsichtlich dessen die
Feststellung der Erledigung der Hauptsache begehrt wird, nie begründet.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil er unterlegen ist (§
91ZPO).
Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht
ersichtlich.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.