Urteil des LAG Hessen vom 10.03.2008

LAG Frankfurt: versetzung, treu und glauben, arbeitsbedingungen, sozialplan, ermessen, verlegung des wohnsitzes, nicht zwingendes recht, form, konkretisierung, echte rückwirkung

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
17. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
17 Sa 1555/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Zur Unwirksamkeit der Versetzung fliegenden Personals
aufgrund einer Einschränkung des Direktionsrechts durch
Betriebsvereinbarung - Änderungskündigung - Darlegungs-
und Beweislast
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Frankfurt am Main vom 14. August 2007, Az.: 12 Ca 9077/06 wird auf
ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug noch über die Wirksamkeit einer
Versetzung und die einer Änderungskündigung.
Die Beklagte ist eine Luftverkehrsgesellschaft, die ca. 2.000 Mitarbeiter des
fliegenden Personals beschäftigt. Ihre zentrale Basis befindet sich in A am Main.
Daneben ist in geringerem Umfang fliegendes Personal auch in B, C, D, E und F
stationiert. Außerdem waren jedenfalls bis 31. März 2007 ca. 100 Mitarbeiter des
fliegenden Personals in G stationiert.
Für die im Flugbetrieb der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer ist durch
Tarifvertrag Personalvertretung I vom 01. September 1992 (in der Folge: TV PV, Bl.
42 f der Akte 17 Sa 1524/07) gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG eine Personalvertretung
errichtet.
Die am 08. September 1963 geborene, getrennt lebende, einem Kind
unterhaltsverpflichtete und in Wildau wohnende Klägerin ist seit dem 03.
November 1990 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als
Flugbegleiterin beschäftigt, zuletzt in Teilzeit mit einer Arbeitszeit von 50 % einer
Vollzeitstelle und einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von 1.200,00 €.
Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft individualvertraglicher Bezugnahme die
jeweils gültigen kollektivrechtlichen Vereinbarungen Anwendung.
Der Arbeitsvertrag vom 18. Oktober 1990 (Bl. 26 d.A.) lautet auszugsweise:
1. Beginn, Art und Ort der Beschäftigung
...
Einsatzort ist grundsätzlich G.
S. kann Frau J auch vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen
Flugzeugmuster, an einem anderen Ort sowie befristet bei einem anderen
Unternehmen einsetzen.
Seit geraumer Zeit, zumindest in den letzten eineinhalb bis zwei Jahren vor der
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Seit geraumer Zeit, zumindest in den letzten eineinhalb bis zwei Jahren vor der
hier im Streit stehenden Maßnahme, wurde die Klägerin nur noch in geringem
Umfang, etwa fünfmal im Jahr, von G-H aus eingesetzt. Für die restlichen
Flugeinsätze wurde sie zum an anderen Flughäfen beginnenden Dienstantritt
befördert (Dead-Head).
Am 22. August 2006 schlossen die Beklagte und die bei ihr gebildete
Personalvertretung des Fliegenden Personals die hiermit in Bezug genommene
Betriebsvereinbarung Interessenausgleich/Sozialplan für die Beendigung der
Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal in G-H (SXF) (in der Folge:
Interessenausgleich/Sozialplan, Bl. 31 f der Akte 17 Sa 1524/07). Dieser lautet
auszugsweise:
Präambel
Um die Wettbewerbsfähigkeit der I abzusichern und darüber hinaus die
notwendige Wachstumsfähigkeit des Unternehmens wieder zu erlangen, ist
beabsichtigt, im Kalenderjahr 2006 den Stationierungsort H für das Fliegende
Personal der I zu beenden. Dies ist im Hinblick auf die dauerhaft geringe Anzahl an
An- und Abflügen von H unumgänglich.
I. Interessenausgleich
...
§ 2 Beschreibung
Es wurde eine Crew Bedarfsplanung für die Station SXF auf der Basis der
langfristigen Netzplanung erstellt, das für diesen Stationierungsort mit Wirkung
zum 31.03.2007 zu einer Betriebsschließung und damit zu einem Wegfall von
insgesamt 100 Stellen führt:
Unabhängig von der Betriebsänderung in H entstehen an anderen
Stationen insgesamt 3 Stellen als Flugkapitän, 5 Stellen als Copilot, 12 Stellen als
Purser sowie 63 Stellen als Flugbegleiter.
§ 3 Zeitplan
Die notwendigen überörtlichen Versetzungen auf anderweitige
Arbeitsplätze werden voraussichtlich bis 30.09.2006 ausgesprochen.
Die betroffenen Mitarbeiter werden über die Einzelheiten ihrer
Weiterbeschäftigung individuell befragt. Mitarbeiter, die sich nicht oder nicht
rechtzeitig erklären, erhalten einen Versetzungsvertrag zum Stationierungsort A
(FRA) zum Schließungstermin.
§ 4 Ziele/Maßnahmen
Die Betriebspartner sind sich einig, dass der Interessenausgleich das Ziel
hat, Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Betriebsbedingte Beendigungskündigungen
sind insoweit aufgrund der Betriebsänderung ausgeschlossen.
Für unmittelbar vom Arbeitsplatzverlust in SXF betroffene Mitarbeiter, die
vor dem 01.04.1952 geboren sind, besteht trotz der grundsätzlichen Beendigung
des Stationierungsortes SXF insoweit Bestandsschutz bis zum Ende ihrer aktiven
fliegerischen Tätigkeit bei CFG.
Der Stationierungsort für diese Mitarbeitergruppe ist G.
Diese Mitarbeiter werden auf den derzeitigen Flugzeugmustern B757 und
B767 für Flugeinsätze ex der Flughäfen G/K (TXL), G H (SXF) oder anderen Ger
Flughäfen eingesetzt werden.
Im übrigen ist der Personalabbau in SXF vorrangig durch folgende
Maßnahmen zu bewirken:
1. Weiterbeschäftigung bei I
Jedem vom Arbeitsplatzverlust in SXF betroffenen Mitarbeiter wird
angeboten, an einem anderen Stationierungsort weiter in seiner bisherigen
Funktion zu arbeiten. Hierzu erfolgt bis spätestens 31.08.2006 eine Information an
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Funktion zu arbeiten. Hierzu erfolgt bis spätestens 31.08.2006 eine Information an
alle unmittelbar betroffenen Mitarbeiter über die verfügbaren neuen Stellen in der
jeweiligen Beschäftigtengruppe an anderen Stationierungsorten. Bis spätestens
22.09.2006 können sich diese Mitarbeiter schriftlich bei FRA HP auf diese Stellen
bewerben und werden vorrangig vor anderen Mitarbeitern berücksichtigt.
Bewerben sich mehr unmittelbar betroffene Mitarbeiter auf eine Stelle, so erfolgt
die Besetzung nach den Grundsätzen des Kündigungsschutzgesetzes. Es erfolgt
auf dieser Basis eine Versetzung bzw. hilfsweise Änderungskündigung an den
neuen Stationierungsort.
2. Unbezahlter Urlaub/Verlängerung Erziehungsurlaub/Elternzeit
...
3. Freiwilliges Ausscheiden
Mitarbeiter, die von der Betriebsänderung unmittelbar, d.h. durch Wegfall
ihres Arbeitsplatzes in SXF, betroffen sind und keinen Bestandsschutz haben,
erhalten umgehend nach Wirksamwerden dieser Betriebsvereinbarung ein
schriftliches Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Die Höhe der
Abfindung beträgt 1,5 Brutto-Monatsvergütungen (Grundvergütung, eventuelle
Zulagen und Schichtzulage sowie für Kabinenmitarbeiter 1/12 einer halben
Monatsvergütung Weihnachtsgeld) pro vollendetes Beschäftigungsjahr. Dieses
Angebot kann bis zum 22.09.2006 angenommen werden. ...
§ 5 Personelle Maßnahmen
1. Versetzung/Änderungskündigung
a) Versetzungen können in Form der arbeitsvertraglichen Vereinbarung
als auch bei Änderungskündigungen schriftlich und unter
Berücksichtigung nach § 2 Nachweisgesetz erfolgen.
b) Im Falle der Versetzung an einen neuen Stationierungsort bietet CFG
im Hinblick auf Altersstruktur und Dienstzeiten der betroffenen
Mitarbeiter als Wahlrecht die Möglichkeit an, sich innerhalb von zwei
Wochen nach Erhalt des Versetzungsschreibens anstelle einer
Versetzung an den neuen Arbeitsplatz schriftlich für einen
Aufhebungsvertrag bzw. eine Kündigung mit einer Abfindung nach
dieser Vereinbarung zu entscheiden. Mitarbeiter, die danach mit ihrer
Zustimmung versetzt werden, erhalten die Möglichkeit, sich innerhalb
der ersten sechs Monate nach Wirksamkeit der Versetzung zu
entscheiden, ob sie weiter am neuen Arbeitsplatz arbeiten wollen oder
stattdessen die Versetzung ablehnen und sich für eine Beendigung
des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung zu
entscheiden.
2. Aufhebungsverträge
...
II. Sozialplanregelungen
...
§ 5 Leistungen zur Abmilderung der Versetzungsfolgen
Die Mitarbeiter können zur Abmilderung der Versetzungsfolgen zwischen
folgenden Alternativen wählen. Mit nachstehenden Regeln sind alle Ansprüche
hierzu aus der Betriebsänderung abgegolten:
1. Shutteln
a) Mitarbeiter, die im Zusammenhang mit ihrer Versetzung bzw.
Änderungskündigung nicht umziehen und eine längere Anfahrt
zum neuen Arbeitsort zurückzulegen haben, (Shuttler), erhalten
auf Antrag bis maximal 31.03.2010 eine pauschale Erstattung der
Reisekosten in Höhe von monatlich 250,– Euro. ...
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Alternativ erhält dieser Mitarbeiter bis maximal 31.03.2010 pro
Umlauf ein Hin-/Rückticket S7; ...
b) Es wird eine einmalige Erschwerniszulage in Höhe von 8.000,– Euro
gezahlt. ...
c) Alternativ zu einem Parkplatz am neuen Stationierungsort wird den
Mitarbeitern ein Parkplatz an einem Flughafen in G angeboten.
2. Umzug
Ist mit der Versetzung bzw. Änderungskündigung ein Umzug verbunden,
kann innerhalb von zwei Jahren nach Versetzung anstelle einer
Fahrtkostenerstattung/Ticketregelung eine Umzugskostenerstattung erfolgen. ...
§ 6 Abfindung bei Kündigung
Die Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes infolge einer
Änderungskündigung, die zu einer Beendigungskündigung wird, beträgt 1,3
Bruttomonatsvergütung (Grundvergütung, eventuelle Zulagen und Schichtzulage
sowie für Kabinenmitarbeiter 1/12 einer halben Monatsgrundvergütung
Weihnachtsgeld) pro vollendetes Beschäftigungsjahr des Mitarbeiters. ...
Mit Schreiben vom 09. November 2006 (Bl. 44 d.A.) unterrichtete die Beklagte den
Gruppenausschuss Kabine der Personalvertretung über eine beabsichtigte
Versetzung der Klägerin vom bisherigen Stationierungsort an den neuen
Stationierungsort A am Main sowie über eine beabsichtigte vorsorgliche
Änderungskündigung und bat um Zustimmung. Mit Schreiben vom 13. November
2006 (Bl. 45 f d.A.) erklärte die Personalvertretung die Zustimmung zur
Versetzung und Änderungskündigung u.a. der Klägerin.
Mit Schreiben vom 29. November 2006 (Bl. 28 d.A.) teilte die Beklagte der Klägerin
mit:
... in dem mit Ihnen geschlossenen Arbeitsvertrag ist das Recht
vorbehalten, Sie an einem anderen Ort in Deutschland zu beschäftigen. Mit
Wirkung vom 01.04.2007 werden sie daher unter Beibehaltung Ihrer bisherigen
Funktion von H nach A versetzt.
...
Rein vorsorglich für den Fall der Nichtannahme dieser Vertragsänderung
sind wir gezwungen, Ihr Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen
Termin, dies ist nach unserer Rechnung zum 30.06.2007, zu kündigen. Gleichzeitig
bieten wir Ihnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 01.07.2007 zu
den oben genannten geänderten Bedingungen an. Die Kündigung ist notwendig
geworden, weil für Sie nach Schließung des Stationierungsortes H dort kein
Arbeitsplatz mehr vorhanden ist.
Sofern sie zur Versetzung ihre Zustimmung nicht erteilen, endet Ihr
Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist mit Ablauf des 30.06.2007.
Bitte bestätigen Sie uns Ihr Einverständnis mit der Versetzung durch
Unterzeichnung und Rückgabe der Kopie dieses Schreibens bis spätestens
22.12.2006.
Die Klägerin erklärte kein Einverständnis mit der Versetzung, sondern widersprach
dieser mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18. Dezember 2006 (Bl.
29 d.A.). Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 08. Dezember 2006
(Bl. 30 d.A.) nahm sie das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu
geänderten Bedingungen unter Vorbehalt an. Mit Schreiben vom 22. Dezember
2006 erläuterte die Beklagte, bei dem Schreiben vom 29. November 2006 habe es
sich um eine unbedingte und nicht von der Zustimmung der Klägerin abhängige
Versetzung gehandelt. Mit Schreiben vom 06. März 2007 (Bl. 47 d.A.) sprach sie
gegenüber der Klägerin erneut die Versetzung nach A am Main aus.
Mit ihrer am 18. Dezember 2006 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main
eingegangenen und der Beklagten am 30. Januar 2007 zugestellten Klage, die
später u.a. wegen der Versetzungsanordnung vom 06. März 2007 erweitert wurde,
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später u.a. wegen der Versetzungsanordnung vom 06. März 2007 erweitert wurde,
hat sich die Klägerin gegen die Versetzung und die Änderungskündigung gewandt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der
Parteien im ersten Rechtszug und der dort zuletzt gestellten Anträge wird auf den
Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 97 bis 106 d.A.).
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat durch am 14. August 2007 verkündetes
Urteil, 12 Ca 9077/06, unter Klageabweisung im Übrigen die Unwirksamkeit der mit
Schreiben vom 29. November 2006 und 06. März 2007 ausgesprochenen
Versetzungen und der Änderung der Arbeitsbedingungen durch die
Änderungskündigung vom 29. November 2006 festgestellt. Zur Begründung hat
es im Wesentlichen und soweit für das Berufungsverfahren noch von Belang
ausgeführt, die Versetzungen seien unwirksam, da sich die vertraglich
vereinbarten Arbeitsbedingungen auf den Stationierungsort G-H konkretisiert
hätten und eine einseitige Zuweisung eines anderen Stationierungsorts durch
Ausübung des Direktionsrechts damit nicht mehr möglich sei. Die Änderung der
Arbeitsbedingungen durch Änderungskündigung vom 29. November 2006 sei
sozial ungerechtfertigt, da die Beklagte einen betriebsbedingten Grund nicht
dargelegt, eine Betriebsstilllegung nur pauschal und schlagwortartig behauptet
und nicht nachvollziehbar vorgetragen habe. Auch wenn man dem Vortrag der
Beklagten eine unternehmerische Entscheidung zum Personalabbau in G-H
entnehmen wolle, hätte es weiteren Vortrags dazu bedurft, wie sich die
Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten auswirke und in welchem
Umfang dadurch ein Änderungsbedarf entstehe. Wegen der Einzelheiten wird auf
die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 106 bis 117 d.A.)
verwiesen.
Gegen dieses ihr am 12. September 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am
11. Oktober 2007 Berufung eingelegt und diese nach aufgrund Antrags vom 08.
November 2007 erfolgter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 12.
Dezember 2007 am 11. Dezember 2007 begründet.
Sie vertieft ihren Vortrag und hält an ihrer Auffassung fest, der Klägerin durch
Ausübung ihres Direktionsrechts einen neuen Stationierungsort in A am Main
zuweisen zu können. Sie wendet sich gegen die Auffassung des Arbeitsgerichts,
die Arbeitsbedingungen hätten sich auf einen Stationierungsort in G konkretisiert,
und vertritt die Auffassung, die arbeitsvertragliche Versetzungsklausel halte einer
Inhaltskontrolle stand und verstoße nicht gegen das Transparenzgebot. Sie
verweist darauf, für die Zulässigkeit einer Versetzung von G nach A am Main
komme es nicht entscheidend darauf an, ob der Stationierungsort G-H
geschlossen werde oder nicht, hält aber, dies auch im Hinblick auf die
Änderungskündigung, daran fest, eine unternehmerische Entscheidung zu einer
Maßnahme getroffen zu haben, die sich rechtlich als Betriebsstilllegung darstelle.
Sie behauptet, ihre Geschäftsleitung habe im Frühjahr 2006 beschlossen, die
Station G-H für das fliegende Personal vollständig zu schließen und den Betrieb
stillzulegen. Sie behauptet, die Station G-H zum 31. März 2007 geschlossen zu
haben. In G-H befänden sich nur noch der frühere Betriebsleiter für den
Stationsbetrieb und der früher für die Crewbetreuung zuständige Mitarbeiter. Diese
beiden Mitarbeiter seien nunmehr mit anderen Aufgaben betraut und jedenfalls
nicht mehr für die Betreuung des fliegenden Personals zuständig.
Die in G-H stationierten Mitarbeiter seien bis zum 31. März 2007 von der
Stationsleitung G-H geführt worden und hätten von dort ihre Einsatzanweisung
erhalten. Seit dem 31. März 2007 gebe es in G-H keine Einsatzleitung, keine
Räumlichkeiten für die Stationsmitarbeiter, keine Postfächer und keine sonstigen
Anlaufstellen mehr.
Leitung und Einsatz erfolgten nunmehr von A am Main aus.
Die Beklagte spricht hierbei von einer Stilllegung bzw. einer Schließung
– des Betriebs der Station G-H
– des Betriebs der Station G-H für das fliegende Personal
– des Betriebsstandorts
– des Stationierungsorts G-H.
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Sie behauptet, sie habe die unternehmerische Entscheidung getroffen
– die Stationierung des fliegenden Personals in G-H zu beenden
– künftig kein fliegendes Personal mehr in G-H zu stationieren.
Es sei zu trennen zwischen Bodenstation und dem fliegenden Personal. Tatsächlich
sei entschieden worden, zum 31. März 2007 sowohl die Station des
Bodenpersonals als auch den Stationierungsort für das fliegende Personal zu
schließen, wobei diese Gleichzeitigkeit rein zufällig sei.
Nicht an jedem Ort, an dem das fliegende Personal seinen Dienstort oder
Stationierungsort habe, betreibe die Beklagte auch eine Station.
Die Beklagte habe im Zuge ihrer Sanierungsbemühungen alle Bodenstationen mit
Ausnahme der in A am Main geschlossen, unterhalte daneben aber nach wie vor
Stationierungsstandorte.
Die Entscheidung, an bestimmten Orten kein fliegendes Personal mehr zu
beschäftigen, stelle eine Schließung dar, auf die die Grundsätze einer
Betriebsstilllegung anwendbar seien.
Auch die vor dem 01. April 1952 geborenen Arbeitnehmer würden nicht in G-H
oder von G-H aus beschäftigt, sondern würden nun von der Station A am Main aus
eingesetzt. Sie seien nicht mehr in G-H stationiert, sondern der Station A am Main
zugeordnet. Die vor dem 01. April 1952 geborenen Arbeitnehmer genössen trotz
der Schließung des Stationierungsorts G-H Bestandsschutz. Diese erhielten
entsprechend dem Sozialplan soziale Vergünstigungen in Form von Dead-Head-
Flügen.
Die Betriebsorganisation am Standort sei beendet und aufgelöst, so dass sich die
Stilllegung des gesamten Betriebsstandorts auch nicht in dem Ausspruch von
Kündigungen erschöpfe.
Die Stilllegung des Betriebs der Station G-H sei durch Ausspruch der
Versetzungen bzw. Änderungskündigungen sowie die Sozialplanregelung der
Dead-Head-Transporte für die älteren Mitarbeiter praktisch umgesetzt worden.
Flüge von G-H aus würden zwar noch unter der I-Flugnummer stattfinden, jedoch
nicht mehr von der Beklagten selbst durchgeführt, sondern von der I G GmbH,
einer Tochtergesellschaft der Beklagten.
Laut Flugplan für Herbst 2007 habe die Beklagte G-H nur noch sechsmal
angeflogen und werde G- H im Winter 2007/2008 planmäßig überhaupt nicht mehr
anfliegen.
Die Beklagte trägt vor, im Rahmen der Versetzungsentscheidung ihr
wirtschaftliches Interesse gegen das Interesse der Mitarbeiter abgewogen zu
haben und hierbei neben dem Umstand, dass eine Versetzung für vor dem 01.
April 1952 geborene Arbeitnehmer nicht mehr zumutbar sei, auch berücksichtigt
zu haben, dass einige der Mitarbeiter, die nach A am Main versetzt werden sollten,
im Umkreis von G wohnen und dort ihre Familie haben. Dass deren Interessen
berücksichtigt worden seien, spiegele sich in den im Sozialplan vorgesehenen
sozialen Abfederungen wider. Die Entscheidung, die vor dem 01. April 1952
geborenen Arbeitnehmer künftig die Arbeitszeit in G-K beginnen zu lassen und alle
übrigen Mitarbeiter nach A am Main zu versetzen, entspreche billigem Ermessen.
Dessen Grenzen seien nicht verletzt, wenn sie die Entscheidung treffen, ältere
Mitarbeiter, die ohnehin in absehbarer Zeit aus dem Unternehmen ausscheiden,
stärker zu schützen, während sie jüngeren Mitarbeitern, die unter Umständen
langfristig Unterhaltspflichten zu erfüllen hätten, einen Dienstort in A am Main
zumute.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. August 2007
abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung
ihres Vortrages.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen sowie die im Verhandlungstermin
vom 10. März 2008 protokollierten Erklärungen (Bl. 228 f d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am
Main vom 14. August 2007, Az. 12 Ca 9077/06, ist gemäß §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 64
Abs. 2 lit. b und c ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere
form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6
ArbGG, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO.
Sie ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Unwirksamkeit der
ausgesprochenen Versetzungen und der Änderung der Arbeitsbedingungen durch
die Änderungskündigung vom 29. November 2006 festgestellt.
I. Die Versetzungen sind durch das Direktionsrecht der Beklagten nicht gedeckt,
wobei offen bleiben kann, ob die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 29. November
2006 zunächst überhaupt eine einseitige Weisung vorgenommen oder nicht der
Klägerin ein Angebot zur Vertragsänderung unterbreitet hat. Bedenken bestehen
durchaus, denn in ihrem Schreiben vom 29. November 2006 spricht die Beklagte
davon, die Änderungskündigung erfolge vorsorglich "für den Fall der Nichtannahme
dieser Vertragsänderung", das Arbeitsverhältnis ende, sofern die Klägerin zur
Versetzung die "Zustimmung" nicht erteile und die Klägerin möge als Bestätigung
des "Einverständnisses mit der Versetzung" eine Kopie des Schreibens
unterzeichnen und zurückgeben. Unabhängig von der mit Schreiben vom 22.
Dezember 2006 später erfolgten Erläuterung weicht das Schreiben vom 29.
November 2006 damit zunächst deutlich von der typischen Formulierung einer
einseitigen Versetzungsanordnung und dem Ausspruch einer vorsorglich für den
Fall der Unwirksamkeit der Versetzung erklärten Änderungskündigung ab.
Die Versetzung ist allerdings nicht bereits deshalb unwirksam, weil der
Arbeitsvertrag der Parteien die Zuweisung eines anderen Stationierungsortes
grundsätzlich nicht gestatte. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält vielmehr
einen zulässigen und wirksamen Versetzungsvorbehalt. Die Arbeitsbedingungen
haben sich auch nicht auf einen Stationierungsort in G oder G-H konkretisiert. Die
Versetzung ist jedoch durch eine Betriebsvereinbarung ausgeschlossen.
Unabhängig davon verstößt die Versetzung gegen § 106 GewO, da die Beklagte
nicht dargelegt hat, dass sie billigem Ermessen entspricht.
Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der
Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen, soweit diese
Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer
Betriebsvereinbarung oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Das
Direktionsrecht ermöglicht dem Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag nur
rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht im Einzelnen nach Zeit, Art und Ort
zu bestimmen
. Das in § 106 GewO für jedes Arbeitsverhältnis geregelte
Weisungsrecht des Arbeitgebers dient damit der Konkretisierung der vereinbarten
Arbeitspflichten. Die Konkretisierung ist jedoch nur soweit möglich, wie das
Direktionsrecht des Arbeitgebers sachlich reicht. Das Direktionsrecht erlaubt es
dem Arbeitgeber nur, die Einzelheiten der vom Arbeitnehmer zu erbringenden
Arbeitsleistung einseitig zu bestimmen, soweit diese nicht anderweitig geregelt
sind. Sein Umfang wird insbesondere auch durch die Vereinbarungen der Parteien
im Arbeitsvertrag begrenzt und bestimmt sich nach dem Inhalt des
Arbeitsvertrages, wobei es einzelvertraglich oder durch tarifliche Regelung
innerhalb bestimmter Grenzen auch erweitert werden kann, soweit nicht
zwingendes Recht entgegensteht
.
1. Die Versetzung ist inhaltlich von der Versetzungsklausel in Ziffer 1 des
Arbeitsvertrages der Parteien erfasst, wonach die Beklagte die Klägerin u.a. an
einem anderen Ort beschäftigen kann. Mit der "Beschäftigung an einem anderen
Ort" ist die Zuweisung eines anderen Stationierungsorts gemeint. Einen anderen
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Ort" ist die Zuweisung eines anderen Stationierungsorts gemeint. Einen anderen
gewöhnlichen Beschäftigungsort hat die Klägerin als Mitarbeiterin des international
eingesetzten fliegenden Personals der Beklagten überhaupt nicht. Insbesondere
war sie in der Vergangenheit auch nicht in G oder in G-H beschäftigt. In G-H
begann und endete auch in der Vergangenheit lediglich der jeweilige
Arbeitseinsatz der Klägerin oder der Transport zum Dienstantritt, wobei sie ihre
Arbeitsleistungen jedoch im Wesentlichen während des Fluges zu erbringen hat
und abgesehen von Tätigkeiten im Zusammenhang mit Startvorbereitungen und
Tätigkeiten nach der Landung gerade nicht auf dem Boden, gleichgültig, ob sie zu
Flügen ab G-H oder ab anderen Flughäfen eingesetzt war
. Diese Überlegungen greifen
nicht nur bei der Frage, ob ein gewöhnlicher Arbeitsort i.S.d. Art. 30 Abs. 2 Nr. 1
EGBGB besteht, sondern allgemein bei der Frage, ob ein Mitarbeiter des
fliegenden Personals seine Tätigkeit an einem bestimmten Arbeitsort verrichtet.
Die typischerweise fehlende Ortsgebundenheit des fliegenden Personals ist
vielmehr gerade auch einer der Gründe, sie aus dem persönlichen
Geltungsbereich des BetrVG herauszunehmen
.
2. Die Versetzungsklausel, wonach die Beklagte berechtigt ist, die Klägerin auch an
einem anderen Ort zu beschäftigen, ist wirksam. Sie hält einer Kontrolle nach §§
305 ff BGB stand.
Dass der Anwendungsbereich der §§ 305 ff BGB eröffnet ist, da es sich bei der
Versetzungsklausel um eine von der Beklagten gestellte und für eine Vielzahl von
Verträgen formulierte Vertragsbedingungen handelt, steht außer Streit.
Die Klausel hält der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Sie benachteiligt die
Klägerin nicht unangemessen und verstößt nicht gegen das Transparenzgebot.
a) Eine unangemessene Benachteiligung folgt zunächst nicht daraus, dass die
Klausel nicht klar und verständlich sei. Sie verstößt nicht gegen das
Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, auch wenn keine konkreten
Zuweisungsgründe für die Änderung des Stationierungsorts vereinbart sind.
Zu der aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB abzuleitenden Pflicht des Verwenders, Rechte
und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar
darzustellen, gehört zwar auch, die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen
insoweit erkennen zu lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden
kann. Auch einseitige Bestimmungsvorbehalte sind nur hinzunehmen, soweit sie
bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung
notwendig sind und den Anlass, aus dem das Bestimmungsrecht entsteht, sowie
die Richtlinien und Grenzen seiner Ausübung möglichst konkret angeben. Nach
diesen Grundsätzen ist es allerdings nicht erforderlich, die Gründe für eine
Änderung des Stationierungsorts bereits in die Vertragsklausel aufzunehmen.
Denn eine Konkretisierungsverpflichtung würde dem Bedürfnis des Arbeitgebers
nicht gerecht, auf im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gerade nicht vorhersehbare
Veränderungen reagieren zu können. Die Aufzählung aller in einer möglicherweise
fernen Zukunft einmal in Betracht kommenden Gründe stößt auf Schwierigkeiten
und die Zusammenfassung unter einen Oberbegriff wie beispielsweise "sachlicher
Grund" führt zu Leerformeln, die auch nicht mehr Klarheit verschaffen würden.
Auch bei einer konkreteren Fassung erfährt der Arbeitnehmer nicht mehr, als er
ohnehin weiß, nämlich dass die tatsächlichen Umstände aus der Sphäre des
Arbeitgebers (wirtschaftliche oder betriebliche Gründe) oder aus seiner eigenen
Sphäre (in der Person oder dem Verhalten liegende Gründe) resultieren können.
Offen bliebe immer noch, welche konkreten wirtschaftlichen, betrieblichen und
persönlichen Gründe zu einer Änderung führen sollen
. §
106 Satz 1 GewO trägt der Gegebenheit Rechnung, dass Arbeitsverträge nur eine
rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht festlegen können. Die Zulässigkeit
einer aufgrund wirksam vereinbarten Versetzungsvorbehalts angeordneten
konkreten Versetzung unterliegt dann der Ausübungskontrolle, d.h. es ist zu
überprüfen, ob sie gemäß § 106 Satz 1 GewO billigem Ermessen entspricht
.
b) Es liegt auch kein sonstiger Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Nr. 1 BGB vor. Nach §
307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben
unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist
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unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist
unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung
missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners
durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend
zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Zur
Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall
losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und
Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu
berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art
des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der
beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des
Vertragspartners ergibt
.
aa) Unter Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (§ 310
Abs. 4 Satz 2 BGB) wird die Klägerin durch den Versetzungsvorbehalt nicht
unangemessen benachteiligt. Das vereinbarte Recht der Zuweisung eines anderen
Stationierungsorts wird den Interessen beider Vertragsparteien gerecht. Im
Rahmen der Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind nicht nur
rechtliche, sondern auch tatsächliche Besonderheiten des Arbeitslebens zu
berücksichtigen. Gefordert ist die Beachtung aller dem Arbeitsverhältnis
innewohnenden Besonderheiten
.
Die Klausel entspricht insoweit materiell der Regelung des § 106 Abs. 1 GewO, als
auch hiernach der Arbeitgeber den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen
bestimmen kann, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch Arbeitsvertrag,
Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages
oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Die Klausel trägt dem im
Arbeitsrecht bestehenden spezifischen Anpassungs- und Flexibilisierungsbedürfnis
Rechnung. Der Arbeitsvertrag bedarf als Dauerschuldverhältnis einer ständigen,
bei Vertragsschluss gedanklich nicht vorwegnehmbaren Anpassung. Die
Einflussfaktoren sind im Arbeitsrecht so zahlreich und vielgestaltig, dass
gesicherte Prognosen kaum möglich sind. Zudem erhält der Arbeitnehmer für die
von ihm abverlangte Flexibilität eine entsprechende stärkere Sicherung seines
Arbeitsverhältnisses im Fall betriebsbedingter Kündigungen. Durch eine weite
Versetzungsklausel erweitert sich der Kreis der Sozialauswahl, da die
Arbeitnehmer auf allen in Frage kommenden Arbeitsplätzen einzubeziehen sind,
und hat der Arbeitgeber im Umfang der Versetzungsmöglichkeiten zu prüfen, ob
freie Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Diese Kompensation beruht auf den
Besonderheiten des Kündigungsschutzrechts und ist daher eine Besonderheit des
Arbeitsrechts, die einer weitergehenden AGB-Kontrolle entgegensteht
.
bb) Es wird nicht verkannt, dass die Ausübung des Direktionsrechts nach § 106
Satz 1 GewO auch hinsichtlich der Ortsbestimmung nach billigem Ermessen zu
erfolgen hat, eine derartige Einschränkung in Ziffer 1 des Arbeitsvertrages
dagegen nicht ausdrücklich enthalten ist. Dies führt nicht zur Unwirksamkeit der
Klausel wegen unangemessener Benachteiligung. Richtig ist, dass die Klausel
selbst damit nicht ausdrücklich eine Interessenabwägung im Einzelfall vorsieht.
Dass dennoch keine im freien Belieben oder der Willkür der Beklagten liegende
Ausübung des Direktionsrechts bei Zuweisung eines anderen Stationierungsorts
möglich ist, folgt indes bereits aus § 106 Satz 1 GewO. Dem steht nicht entgegen,
dass das Bundesarbeitsgericht in den genannten Entscheidungen die Wirksamkeit
der zu beurteilenden Klauseln u.a. auch damit begründete, diese sähen die
Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers
vor bzw. die Zuweisung entsprechend den Leistungen und Fähigkeiten des
Arbeitnehmers . In dem der
Entscheidung vom 11. April 2006 zugrundeliegenden Sachverhalt stand die
Zuweisung eines anderen Aufgabengebietes im Streit. Hierauf bezog sich die
Einschränkung, dass die Interessen des Arbeitnehmers zu wahren seien. Im der
Entscheidung vom 13. März 2007 zugrundeliegenden Sachverhalt stand die
Zuweisung eines anderen Arbeitsorts bei ansonsten gleichbleibender Tätigkeit im
Streit, wobei die bisher und in Zukunft ausgeübte Tätigkeit ohnehin den Leistungen
und Fähigkeiten des Arbeitnehmers entsprach und die Ortsänderung keinen Bezug
zu den beruflichen Leistungen und Fähigkeiten des Arbeitnehmers aufweist.
cc) Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgen wollte, ist jedenfalls zu
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cc) Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgen wollte, ist jedenfalls zu
berücksichtigen, dass der Arbeitsvertrag der Parteien vor dem 01. Januar 2002
geschlossen wurde. Auch wenn man bei einer Versetzungsklausel, die sich auf den
gemäß § 106 Satz 1 GewO ohnehin dem Direktionsrecht des Arbeitgebers
unterliegenden Einsatzort bezieht, im Hinblick auf § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB die
Klarstellung fordert, bei Ausübung des Weisungsrechts seien die Interessen des
Arbeitnehmers zu berücksichtigen bzw. billiges Ermessen zu wahren, ist damit zu
berücksichtigen, dass die Beklagte als Verwender bei Abschluss des Vertrages die
§§ 307 ff BGB noch nicht berücksichtigen konnte und die Klausel dann nur deshalb
unwirksam wäre, weil sie den seit 01. Januar 2003 für Arbeitsverhältnisse geltenden
Anforderungen in formeller Hinsicht nicht genügt. In dieser Situation ist die
nachträglich entstandene Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu
schließen, wobei zu fragen ist, welche Vereinbarung die Parteien getroffen hätten,
wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Klausel seinerzeit
bereits bekannt gewesen wäre
. Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung liegen
dann vor, da aus § 307 Abs. 1 BGB abgeleitete förmliche Anforderungen an die
Vertragsformulierung auch auf Altverträge auf eine echte Rückwirkung
hinauslaufen . In diesen Fällen der
Rückwirkung kommt ergänzende Vertragsauslegung in Betracht
. An die
unwirksame Klausel tritt dann nach den Grundsätzen der ergänzenden
Vertragsauslegung die Regelung, die die Parteien bei einer angemessenen
Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche
Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der
Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre
. Nachdem auch vor
Inkrafttreten des § 106 GewO die Ausübung des Direktionsrechts nach gefestigter
Rechtsprechung billigem Ermessen zu entsprechen hatte
, hätten die Parteien im Hinblick auf die beabsichtigte
zulässige Ausübung des Direktionsrechts dann vereinbart, dass auch bei der
Zuweisung eines neuen Stationierungsorts die Interessen des Arbeitnehmers zu
berücksichtigen seien. Eine entsprechende Regelung würde nicht nur auf die
Interessen der Beklagten an flexibler Reaktionsmöglichkeit auf veränderte
Verhältnisse abstellen. Sie würde vielmehr auch insoweit den Interessen der
Klägerin entgegenkommen, als wie dargelegt die Versetzungsmöglichkeit
gleichzeitig zur Erweiterung des im Rahmen der Sozialauswahl bei einer
betriebsbedingten Kündigung zu berücksichtigenden vergleichbaren
Personenkreises führt, damit zur Stärkung des Bestandsschutzes.
dd) Aber auch wenn man dem ebenfalls nicht folgen und von einer Unwirksamkeit
der Klausel ausgehen wollte, beruht das Recht zur Versetzung der Klägerin dann
immer noch auf § 106 Satz 1 GewO. Hiernach ist die Beklagte berechtigt, der
Klägerin einen anderen Stationierungsort zuzuweisen. Bei Unwirksamkeit der
Vertragsklausel wäre jedenfalls das dispositive Recht maßgebend. Ausgeschlossen
wäre dies nur, wenn arbeitsvertraglich ein fester Stationierungsort zugewiesen und
dieser als Vertragsinhalt vereinbart worden wäre. Dies ist gerade nicht der Fall.
Selbst wenn die Versetzungsklausel unwirksam sein sollte, kann sie bei der
Auslegung, ob im Arbeitsvertrag ein ausschließlicher Arbeitsort von den Parteien
festgelegt worden ist, herangezogen werden
. Auch bei Unwirksamkeit der Klausel
gibt sie jedenfalls im Rahmen der Auslegung Aufschluss darüber, dass die Parteien
mit Abschluss des Arbeitsvertrages und Nennung eines Stationierungsorts das
aus § 106 Satz 1 GewO folgende Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten
insoweit nicht arbeitsvertraglich einschränken wollten.
3. Dieses der Beklagten damit zustehende Direktionsrecht im Hinblick auf den
zuzuweisenden Stationierungsort ist auch nicht nachträglich infolge
Konkretisierung der Arbeitsbedingungen auf einen bestimmten Stationierungsort
in G oder auch G-H entfallen. Die Kammer teilt insoweit nicht die Auffassung der
angefochtenen Entscheidung.
Die vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen der Klägerin haben sich nicht auf
einen Stationierungsort G oder auch G-H konkretisiert. Der Umstand allein, dass
sie langjährig dort stationiert war und von dort aus ihren Dienst antrat oder von
dort aus zum Dienstantritt transportiert wurde, reicht für eine Konkretisierung der
Arbeitsbedingungen auf den bisherigen Stationierungsort nicht aus. Weitere
Umstände, die die Annahme einer Konkretisierung rechtfertigen, liegen nicht vor.
105 Richtig ist zwar, dass sich nur rahmenmäßig umschriebene Arbeitsbedingungen im
Lauf der Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren können. Ist dies
der Fall, kann der Arbeitgeber diese Arbeitsbedingungen nicht mehr einseitig durch
Ausübung seines Weisungsrechts ändern, die Änderung bedarf dann vielmehr
einer vertraglichen Vereinbarung oder einer Änderungskündigung. Für die
Annahme einer derartigen Konkretisierung der Arbeitsbedingungen beispielsweise
auf den Arbeitsort genügt aber der bloße Zeitablauf noch nicht. Vielmehr müssen
zu diesem weitere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass der
Arbeitnehmer nicht mehr in einer anderen Weise eingesetzt werden soll
. Über den bloßen Zeitablauf und die
während dieser Zeit gegebenenfalls langjährig praktizierte Handhabung hinaus
müssen konkrete Anhaltspunkte bestehen, aufgrund derer sich ein besonderer
Vertrauenstatbestand auf Aufrechterhaltung des bisherigen Zustands entwickeln
kann . Jedenfalls wenn
die bisher praktizierte Handhabung nicht vom Vertragsinhalt abwich, müssen
zusätzliche weitere Umstände hinzukommen, die ein schutzwürdiges Vertrauen
des Arbeitnehmers auf Beibehaltung des bisherigen Leistungsinhalts auch für die
Zukunft begründen . Solche
Umstände mögen liegen in der Ausbildung, Beförderung, Gewöhnung an einen
Rechtszustand, Übertragung von Führungsaufgaben oder einer Zusage des
Arbeitgebers . Entscheidend ist,
dass ein Verhalten des Arbeitgebers vorliegt, das nach dem Empfängerhorizont
des Arbeitnehmers auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen lässt, sein
Direktionsrecht künftig nicht mehr in einer bestimmten Weise auszuüben
. Allein aus
der Beibehaltung einer bestimmten betrieblichen Regelung hinsichtlich Ort oder
Zeit der Arbeitsleistung über einen längeren Zeitraum hinweg kann ein
Arbeitnehmer nach Treu und Glauben noch nicht auf den Willen des Arbeitgebers
schließen, diese Regelung auch künftig unverändert beizubehalten
. Allein der Umstand, dass die Beklagte in
der Vergangenheit ihr Direktionsrecht gegenüber der Klägerin nicht ausgeübt und
nicht schon früher Versetzungen angeordnet hat, lässt damit nicht darauf
schließen, die Beklagte habe auf die Ausübung ihres Direktionsrechts auch für die
Zukunft verzichten wollen. Allein hierin liegt gerade kein besonderer Umstand, der
ein entsprechendes Vertrauen der Klägerin begründen könnte, sondern schlichter
Zeitablauf, der für eine Konkretisierung der Arbeitsbedingungen gerade nicht
ausreicht. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin auch nach ihrem
eigenen Vortrag in der letzten Zeit, jedenfalls seit eineinhalb bis zwei Jahren, nur
noch in geringem Umfang für Flugeinsätze ab G eingesetzt wurde. Unabhängig
von der Frage, ob die Zahl der An- und Abflüge ab bzw. nach G oder auch G-H in
der letzten Zeit konstant blieb oder noch weiter zurückging, kann ein
Vertrauenstatbestand nicht daraus abgeleitet werden, dass die Beklagte nicht
schon früher von ihrem Weisungsrecht Gebrauch gemacht hat. Die Beklagte weist
zutreffend darauf hin, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, bei sich
ändernden wirtschaftlichen Situationen unverzüglich arbeitsrechtliche Maßnahmen
einzuleiten. Er hat vielmehr die Möglichkeit, zunächst die weitere Entwicklung
abzuwarten. Er hat aber auch die Möglichkeit, vor dem Hintergrund unveränderter
äußerer Verhältnisse neue Organisationsentscheidungen zu treffen. Ein
Vertrauenstatbestand hinsichtlich der Vertragsinhalte kann hieraus nicht
entstehen. Im Übrigen war auch der Klägerin erkennbar, dass Effektivität und
Wirtschaftlichkeit der Einsatzplanung des fliegenden Personals beeinträchtigt
werden, wenn überwiegend der Flugdienst nicht am Stationierungsort, sondern an
anderen Flughäfen angetreten wird und hierdurch einerseits ggf. erhöhte Kosten
durch Dead-Head-Transporte und Übernachtungen entstehen und damit
andererseits Einschränkungen der Einsatzmöglichkeiten insbesondere auch durch
Anrechnung der Dead-Head-Zeiten auf die Arbeitszeit, Einschränkungen der
unmittelbaren Dead-Head-Anreise vor Flugeinsätzen mit einer längeren
Flugdienstzeit, Maximalsumme von Dead-Head-, Warte- und Flugdienstzeiten und
am Stationierungsort als dienstlichem Wohnsitz zu gewährleistenden
Mindestruhezeiten und freien Tagen einhergehen. Die Klägerin musste vielmehr in
Erwägung ziehen, dass die Beklagte diesen Zustand ggf. nicht dauerhaft
aufrechterhalten will. Insbesondere aber ist dieser Aspekt für die Annahme einer
Konkretisierung der Arbeitsbedingungen ungeeignet. Es geht nicht darum, ob der
Arbeitnehmer darauf vertrauen konnte, der Arbeitgeber werde einen bestimmten
veränderten oder auch unveränderten Zustand nicht zum Anlass für eine
Versetzung nehmen, sondern darum, ob der Arbeitnehmer darauf vertrauen
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Versetzung nehmen, sondern darum, ob der Arbeitnehmer darauf vertrauen
konnte, der Arbeitgeber werde nicht mehr versetzen, gleichgültig welcher Anlass
hierfür bestehen könnte. Die Konkretisierung betrifft die Frage, ob eine
Veränderung überhaupt und unabhängig vom Anlass noch einseitig durch
Ausübung des Direktionsrechts möglich ist, nicht, aufgrund welcher Anlässe der
Arbeitgeber sein Direktionsrecht ausübt und ob damit zu rechnen war, bestimmte
Umstände würden zum Anlass genommen werden.
4. Die Versetzungsanordnungen vom 29. November 2006 und 06. März 2007 sind
dennoch unwirksam, denn das Direktionsrecht der Beklagten ist i.S.d. § 106 Satz 1
GewO durch eine Betriebsvereinbarung eingeschränkt, nämlich durch den
Interessenausgleich/Sozialplan vom 22. August 2006. Hiernach kann anlässlich der
dem Interessenausgleich/Sozialplan zugrundeliegenden Maßnahme eine
Versetzung von G an einen neuen Stationierungsort nicht durch einseitige
Ausübung des Weisungsrechts erfolgen, sondern nur einvernehmlich durch
Änderungsvereinbarung oder aber durch den Ausspruch einer
Änderungskündigung. Dies folgt aus Teil I § 5 Abs. 1a des
Interessenausgleichs/Sozialplans.
Nach Teil I § 5 Abs. 1a des Interessenausgleichs/Sozialplans "können"
Versetzungen "in Form der arbeitsvertraglichen Vereinbarung als auch bei
Änderungskündigungen schriftlich und unter Berücksichtigung nach § 2
Nachweisgesetz erfolgen". Abgesehen von der in dieser Norm der
Betriebsvereinbarung vorgesehenen Schriftform und der Berücksichtigung des § 2
NachwG ist sie auch schon von der Fassung des Wortlauts her auslegungsbedürftig
und auslegungsfähig. Die Auslegung führt dazu, dass die in Teil I § 5 Abs. 1a
geregelten Versetzungen nicht etwa unter anderem auch durch arbeitsvertragliche
Vereinbarung und Änderungskündigung herbeigeführt werden können, sondern nur
durch Vertragsänderung und Änderungskündigung.
a) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihrer normativen Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz
1 BetrVG, § 45 Abs. 4 Satz 1 TV PV) wie Tarifverträge auszulegen. Auszugehen ist
vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei
unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von
ihnen beabsichtigte Zweck der Regelungen zu berücksichtigen, soweit sie im
Regelungswerk ihren Niederschlag gefunden haben. Darüber hinaus kommt es auf
den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Bleiben im
Einzelfall Zweifel, können die Gerichte ohne Bindung an eine bestimmte
Reihenfolge auf weitere Kriterien zurückgreifen, etwa auf die
Entstehungsgeschichte und die bisherige Anwendung der Regelung in der Praxis.
Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im
Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen,
sachgerechten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt
.
b) Die Regelung ist zwar im Teil I Interessenausgleich der Betriebsvereinbarung
vom 22. August 2006 enthalten. Auch stellt ein vereinbarter Interessenausgleich
über die beabsichtigte Betriebsänderung als solcher keine Betriebsvereinbarung
und keine Rechtsnorm dar
. Dies betrifft aber nur den Interessenausgleich im rechtstechnischen
Sinne, also die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bzw. hier
Personalvertretung über das Ob und das Wie der geplanten Betriebsänderung.
Vereinbarungen über einen Interessenausgleich können aber auch nicht nur
Regelungen über die Durchführung der Betriebsänderung selbst, sondern auch
Folgeregelungen enthalten, die Geltung für die Arbeitsverhältnisse beanspruchen
und den Arbeitnehmern Rechte oder Ansprüche einräumen sollen. Wenn ein
Interessenausgleich derartige Bestimmungen enthält, handelt es sich um einen
"qualifizierten" Interessenausgleich, der im Hinblick auf die betreffenden
Bestimmungen für die Einzelarbeitsverhältnisse eine – ggf. freiwillige –
Betriebsvereinbarung i.S.d. § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG darstellt
und
dem dann auch normative Wirkung zukommt
.
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Teil I Interessenausgleich des Interessenausgleichs/Sozialplans vom 22. August
2006 beschränkt sich nicht auf Regelungen über das Ob und Wie der geplanten
Betriebsänderung, sondern begründet auch Rechte und Ansprüche der
Arbeitnehmer. So regelt § 4 einen Bestandsschutz für ältere Arbeitnehmer,
Anspruch auf unbezahlten Urlaub (Absatz 2) und regelt § 7 einen Anspruch auf
Erteilung eines Zwischenzeugnisses. Auch regeln § 4 Abs. 3 und § 5 Abs. 2
Abfindungsansprüche und weisen damit Sozialplancharakter auf. Ebenso geht § 5
Abs. 1 über eine Regelung mit reinem Interessenausgleichscharakter hinaus. Dies
zeigt schon Abs. 1b, der jedenfalls ein ggf. einen Abfindungsanspruch auslösendes
Wahlrecht des Arbeitnehmers regelt. Dieses wiederum steht im unmittelbaren
Zusammenhang mit der in § 5 Abs. 1a geregelten Versetzung. Auch diese
Regelung geht über die reine Vereinbarung des Ob und des Wie der beabsichtigten
Betriebsänderung hinaus, weist damit den Charakter einer freiwilligen
Betriebsvereinbarung aus und besitzt damit normativen Charakter.
c) Der Wortlaut der Regelung in Teil I § 5 Abs. 1a des
Interessenausgleichs/Sozialplans ist nicht eindeutig. Einerseits ist nicht
ausdrücklich geregelt, dass Versetzungen "nur" oder "ausschließlich" in Form im
Sinne von "durch" der arbeitsvertraglichen Vereinbarung oder der
Änderungskündigung erfolgen können. Andererseits ist auch nicht ausdrücklich
geregelt, dass Versetzungen auch in anderer Form, insbesondere durch Ausübung
des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts erfolgen können.
aa) Dass Versetzungen auch durch Vertragsänderungen, also Vereinbarungen der
Arbeitsvertragsparteien, und durch Änderungskündigungen herbeigeführt werden
können, steht ohnehin fest. Hierfür hätte es keiner Regelung in einer
Betriebsvereinbarung bedurft. Würde der Inhalt von Teil I § 5 Abs. 1a des
Interessenausgleichs/Sozialplans sich hierauf beschränken, käme ihm nur
deklaratorischer Charakter zu.
Dass das Wort "können" in Teil I § 5 Abs. 1a nicht nur fakultativen Charakter
aufweisen soll, zeigt aber auch der Bezug auf die Schriftform. Vertragsänderungen
wie auch Änderungskündigungen können nicht nur, sondern müssen die
Schriftform aufweisen, können also "nur" schriftlich erfolgen. Für die
Änderungskündigung folgt dies aus § 623 BGB, für die Vertragsänderung aus § 2
Abs. 2 MTV Nr. 6 für das Bordpersonal der Beklagten, wonach Änderungen und
Ergänzungen des Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen.
Aber auch eine Regelung, wonach Vertragsänderungen und
Änderungskündigungen nur schriftlich erfolgen können, hätte lediglich
deklaratorischen Charakter. Im Zweifel ist aber davon auszugehen, dass die
Betriebspartner mit ihrer Vereinbarung auch tatsächlich eine Regelung treffen
wollten.
Nach der Überschrift über Teil I § 5 soll dieser die personellen Maßnahmen
anlässlich der beabsichtigten Betriebsänderung regeln. Hierbei wird differenziert
zwischen "Versetzungen/Änderungskündigungen" (Absatz 1) und
"Aufhebungsverträgen" (Absatz 2). Absatz 1a regelt hierbei die Form der
Versetzung, Abs. 1b regelt Verfahrensweisen nach oder anstelle einer Versetzung.
Wenn die Betriebspartner die Formen der Versetzung mit "arbeitsvertragliche
Vereinbarung" und "Änderungskündigung". enumerativ nennen, ist im Zweifel
davon auszugehen, dass diese Aufzählung abschließend sein soll. Versetzungen
sollen dann nicht auch in anderer Form erfolgen "können".
bb) Dies wird bestätigt durch Teil I § 3 des Interessenausgleichs/Sozialplans,
wonach Arbeitnehmer, die sich auf die Befragung nicht oder nicht rechtzeitig
erklären, einen "Versetzungsvertrag" zum Stationierungsort A erhalten.
Unabhängig davon, dass ein Arbeitnehmer ohne seinen Willen keinen "Vertrag"
erhält, sondern ein Vertragsangebot, verwenden die Betriebspartner im
Zusammenhang mit der Versetzung auch hier ausdrücklich den Begriff des
Vertrages. Sie bringen damit zum Ausdruck, dass die Maßnahme durch zwei
übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragspartner herbeigeführt wird und
eben nicht durch einseitige Maßnahme des Arbeitgebers kraft Ausübung seines
Weisungsrechts ohne oder gegen den Willen des Arbeitnehmers.
Dies wird ferner bestätigt durch Teil I § 5 Abs. 1b des
Interessenausgleichs/Sozialplans, wonach Arbeitnehmern ein innerhalb von zwei
Wochen nach Zugang des "Versetzungsschreibens" auszuübendes Wahlrecht
eingeräumt wird. Auch wenn die Formulierung "Versetzungsschreiben" zunächst
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eingeräumt wird. Auch wenn die Formulierung "Versetzungsschreiben" zunächst
wie auch die Formulierung "Ausspruch der Versetzung" (Teil I § 5 Abs. 2) nicht
gegen sondern sogar eher für die Möglichkeit einer Versetzung durch einseitige
Ausübung des Weisungsrechts sprechen würde, zeigen die Alternativen der
auszuübenden Wahlmöglichkeit, dass eine solche gerade nicht erfolgen kann. Der
Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, anstelle einer Versetzung sich für einen
Aufhebungsvertrag oder den Ausspruch einer Kündigung – hierbei kann es sich
gemäß Teil I § 4 und Teil II § 6 nur um eine Änderungskündigung und nicht um eine
Beendigungskündigung handeln – zu entscheiden. Die vorgesehene Alternative
hierzu ist gemäß Teil I § 5 Abs. 1b die Versetzung "mit Zustimmung" des
Arbeitnehmers, also mit Einverständnis, damit im Rahmen einer
Vertragsänderung. Dies wird weiter bestätigt durch die weitere nach Versetzung
befristet bestehende Option, die Versetzung abzulehnen oder "weiter" am neuen
Arbeitsplatz arbeiten "zu wollen". Damit wird deutlich, dass die Beschäftigung zu
den neuen Bedingungen zunächst nicht gegen den Willen des Arbeitnehmers
angeordnet werden kann, sondern seiner Zustimmung bedarf. Damit wird ferner
deutlich, dass der Arbeitnehmer selbst für den Fall der mit Zustimmung erfolgten
Versetzung für einen befristeten Zeitraum die geänderten Bedingungen noch
ablehnen kann, wobei die vorgesehene Alternative die Beendigung des
Arbeitsverhältnisses gegen Abfindungszahlung aber gerade nicht die
Weiterbeschäftigung zu den neuen Bedingungen gegen den Willen des
Arbeitnehmers sein soll.
cc) Der Interessenausgleich/Sozialplan führt damit dazu, dass der Arbeitnehmer
im Rahmen der Umsetzung der beabsichtigten Betriebsänderung nicht gegen
seinen Willen und ohne Ausspruch einer Änderungskündigung einseitig angewiesen
werden kann, seine Tätigkeit mit einem neuen Stationierungsort fortzusetzen.
Die Betriebspartner gehen damit von einer Vertragslösung aus, nämlich von
einem "Versetzungsvertrag" bzw. einer "arbeitsvertraglichen Vereinbarung". Sie
gehen davon aus, dass die Versetzung mit Zustimmung des Arbeitnehmers
erfolgt. Sie gehen als Alternativen zu einer mit Zustimmung des Arbeitnehmers
und damit im Vertragsweg erfolgenden Versetzung von dem Abschluss von
Aufhebungsverträgen oder dem Ausspruch von (Änderungs-) Kündigungen aus. An
keiner Stelle des Interessenausgleichs/Sozialplans ist davon die Rede, die
Versetzung durch Zuweisung eines neuen Stationierungsorts könne auch durch
einseitige Maßnahme kraft Ausübung des Direktionsrechts erfolgen. Diese
Alternative ist gerade nicht vorgesehen. Die Betriebspartner verwenden im
Interessenausgleich das Begriffspaar "Versetzung und Änderungskündigung". Bei
der Form der Versetzung verwenden sie lediglich das Begriffspaar
"arbeitsvertragliche Vereinbarung und Änderungskündigung". Der
Interessenausgleich/Sozialplan sieht die Möglichkeit vor, den Arbeitnehmer mit
seiner Zustimmung mit einem neuen Stationierungsort zu beschäftigen. Für den
Fall der fehlenden Zustimmung des Arbeitnehmers sieht er vor, dass diesem der
Abschluss eines Aufhebungsvertrages anzubieten ist, er ihn unter bestimmten
Umständen auch verlangen kann oder die Beklagte eine Änderungskündigung
auszusprechen hat. All diesen Möglichkeiten ist gemeinsam, dass die Beklagte im
Zusammenhang mit der beabsichtigten Betriebsänderung gerade nicht einseitig
und verbindlich den bisherigen Stationierungsort G oder G-H verändern können
soll. Dies wiederum bestätigt, dass Teil I § 5 Abs. 1a des
Interessenausgleichs/Sozialplans dahin auszulegen ist, dass Versetzungen "nur",
"ausschließlich" in Form von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, damit
Änderungsvereinbarungen, und Änderungskündigungen umzusetzen sind. Die
Systematik des Interessenausgleichs/Sozialplans zeigt, dass Teil I § 5 Abs. 1 a
auch nicht etwa dahin zu verstehen ist, Versetzungen könnten in der "in der
arbeitsvertraglichen Vereinbarung vorgesehenen Form" – also gemäß Ziffer 1 des
Arbeitsvertrages durch Weisungserteilung – erfolgen. Dieses Verständnis ist mit
dem auch an anderer Stelle des Interessenausgleichs/Sozialplans zum Ausdruck
kommenden Erfordernis der Vertragslösung und der Zustimmung des
Arbeitnehmers nicht in Einklang zu bringen. Die Betriebspartner haben vielmehr
ein Regelwerk geschaffen, durch das gewährleistet wird, dass die betroffenen
Arbeitnehmer im Rahmen der Umsetzung der beabsichtigten Betriebsänderung
nicht gegen ihren Willen, ggf. in Form einer Vorbehaltsannahme i.S.d. § 2 Satz 1
KSchG, angewiesen werden können, bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis mit
einem neuen Stationierungsort tätig zu werden.
dd) Hierauf deutet im Übrigen jedenfalls objektiv auch das Schreiben der
Beklagten vom 29. November 2006 hin. Sie bezeichnet hierin die Maßnahme als
"Vertragsänderung". Sie gibt zu erkennen, dass es sich um ein der "Annahme"
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"Vertragsänderung". Sie gibt zu erkennen, dass es sich um ein der "Annahme"
oder der "Zustimmung" bedürfendes Angebot handele. Sie gibt ferner zu
erkennen, dass für den "Fall der Nichtannahme" eine Änderungskündigung
erforderlich sei. Sie gibt schließlich zu erkennen, dass die Klägerin zu der
Versetzung ihr "Einverständnis" zu erklären habe und bittet deswegen um
Bestätigung dieses Einverständnisses durch Unterzeichnung. Sie gibt dagegen an
keiner Stelle des Schreibens vom 29. November 2006 zu erkennen, die
Maßnahme werde auch ohne Annahme, Zustimmung oder Einverständnis der
Klägerin einseitig kraft Direktionsrechts angeordnet. All dies steht im Einklang mit
der hier vertretenen Auslegung von Teil I § 5 Abs. 1a des
Interessenausgleichs/Sozialplans und dessen Systematik. Auch wenn die Beklagte
später erläuterte, bei dem Schreiben vom 29. November 2006 habe es sich um
eine unbedingte und von der Zustimmung der Klägerin unabhängige Versetzung
gehandelt oder handeln sollen, hat sie jedenfalls zunächst objektiv selbst
Erklärungen abgegeben, die für das Erfordernis einer Änderungsvereinbarung
sprechen.
5. Aber auch wenn man dem nicht folgen wollte und davon ausgeht, das
Weisungsrecht der Beklagten sei durch den Interessenausgleich/Sozialplan vom
22. August 2006 nicht eingeschränkt, erweist sich die Versetzung als unwirksam.
Ist die Versetzung nicht bereits wegen Verstoßes gegen eine Betriebsvereinbarung
unwirksam, so führt jedenfalls die Ausübungskontrolle zu ihrer Unwirksamkeit.
Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Versetzung der Klägerin billigem
Ermessen i.S.d. § 106 Satz 1 GewO entspricht.
Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen
Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen
berücksichtigt worden sind
. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt
hierbei die Abwägung der wechselseitigen Interessen nach den
verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen
Wertungsgrundsätzen wie der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der
Verkehrssitte und Zumutbarkeit. Die Berücksichtigung der Billigkeit gebietet eine
Berücksichtigung und Verwertung der Interessen unter Abwägung aller Umstände
des Einzelfalles. Hierzu können insbesondere die Vorteile aus einer Regelung, die
Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse,
außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse
sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre und Unterhaltsverpflichtungen
gehören .
Die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Billigkeit der
Maßnahme ergibt, liegt bei dem zur Leistungsbestimmung berechtigten
Arbeitgeber, der sich auf die Wirksamkeit der Maßnahme beruft
.
a) Das Interesse der Beklagten besteht in Kostenvermeidung und effektivem
Personaleinsatz. Unabhängig von der im Einzelnen streitigen Zahl der
Flugbewegungen der Beklagten von und nach G ist jedenfalls unstreitig, dass die
Klägerin schon seit langer Zeit ganz überwiegend nicht zu in G beginnenden
Flugdiensten eingesetzt werden konnte und eingesetzt wurde, sondern zu an
anderen Flughäfen beginnenden Flugdiensten. Dass hiermit zusätzliche Kosten
verursacht und die Effektivität des Einsatzes beeinträchtigt werden. ist
selbsterläuternd und beruht insbesondere auf der Notwendigkeit von Dead-Head-
Transporten und ggf. Übernachtungen vor Antritt des Flugdienstes auf Kosten der
Beklagten sowie der Anrechnung von nicht produktiven Dead-Head- Zeiten auf die
Arbeitszeit, der Maximalsumme von Dead-Head-, Warte- und Flugdienstzeiten und
der am Stationierungsort zu gewährleistenden Mindestruhezeiten und freien
Tagen, wobei der Stationierungsort bei Flugeinsätzen, die nicht in G beginnen und
enden, eben nicht durch produktive Flugdienste verlassen und erreicht wird,
sondern durch unproduktive aber ggf. Kosten verursachende und jedenfalls auf die
Arbeitszeit anzurechnende Dead-Head-Transporte. Welche konkreten
Einsparungen für die Beklagte durch die Maßnahme entstehen bzw. welche
konkreten Änderungen in den Einsatzmöglichkeiten der Klägerin eintreten, ist
allerdings auch nach der Auflage vom 13. Dezember 2007 nicht dargelegt. Im
Rahmen der Ausübungskontrolle kann somit nur davon ausgegangen werden,
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Rahmen der Ausübungskontrolle kann somit nur davon ausgegangen werden,
dass die Maßnahme allgemein geeignet ist, unproduktive Dead- Head-Transporte
zu vermeiden, Kosten einzusparen und die Effektivität der Einsatzplanung zu
steigern. Dem steht das Interesse der Klägerin entgegen, den bisherigen Zustand
aufrechtzuerhalten und den Stationierungsort G beizubehalten. Denn der Wechsel
des Stationierungsorts führt zwangsläufig dazu, dass entweder ein Wechsel auch
des privaten Wohnsitzes mit dem Verlust der über Jahre am Wohnort gewachsenen
sozialen Bindungen vorzunehmen oder aber bei Beibehaltung des bisherigen
privaten Wohnsitzes Kosten infolge selbst vorzunehmender An- und Abreise zum
und vom Stationierungsort, ggf. auch Übernachtungskosten, und ein Verlust von
am privaten Wohnsitz zu verbringender Freizeit hinzunehmen ist. Im Rahmen der
Billigkeitsüberprüfung ist dagegen nicht zu berücksichtigen, dass durch die
Maßnahme die Arbeitszeit der Klägerin verlängert, Mindestruhezeiten verkürzt
oder die Verantwortung für Planung und Einhaltung der Arbeitszeiten auf die
Klägerin verlagert würden. Dies ist nicht der Fall. Weder der MTV Nr. 6 noch die 2.
DVLuftBO stellen hinsichtlich der Arbeitszeit, der Mindestruhezeiten oder der
Ortstage auf den privaten Wohnsitz des Arbeitnehmers ab, sondern auf den
dienstlichen Wohnsitz und damit den Stationierungsort. Die die Klägerin bei
Beibehaltung ihres privaten Wohnsitzes treffenden Beeinträchtigungen beruhen
nicht auf einer Veränderung der Arbeitszeit, sondern auf dem dann eintretenden
Auseinanderfallen von dienstlichem und privatem Wohnsitz.
Die vorgenannten Gesichtspunkte führen noch nicht zur Unbilligkeit der
Maßnahme, wobei ergänzend zu würdigen ist, dass die Interessen der Klägerin
jedenfalls insoweit Berücksichtigung fanden, als die Beklagte nach dem
Interessenausgleich/Sozialplan vom 22. August 2006 Leistungen zur Abmilderung
der Versetzungsfolgen zu erbringen hat, nämlich zeitlich befristete pauschale
Reisekostenerstattung bzw. Stellung eines Tickets und Zahlung einer
Erschwerniszulage bei Beibehaltung des bisherigen privaten Wohnsitzes und
Umzugskostenerstattung bei Wechsel des bisherigen privaten Wohnsitzes.
Prinzipiell stehen dem Interesse der Klägerin dagegen verfassungsrechtlich
geschützte Positionen der Beklagten gegenüber, Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art.
14 GG. Im Rahmen der Ausübungskontrolle ist zunächst zu berücksichtigen, dass
das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers in einem Betrieb
oder wie hier mit einem bestimmten Stationierungsort auch aufgrund bindender
Unternehmerentscheidung entfallen kann. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber
beispielsweise eine Organisationsentscheidung getroffen hat, eine Abteilung
stillzulegen, bestimmte Arbeiten an ein anderes Unternehmen zur selbständigen
Erledigung zu vergeben und/oder an einem bestimmten Standort zu
konzentrieren. Nach der gegenwärtigen Wirtschafts- und Sozialordnung trägt der
Arbeitgeber das wirtschaftliche Risiko für die zweckmäßige Errichtung und
Gestaltung des Betriebs. Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner Berufsfreiheit
grundsätzlich bis zur Grenze der Willkür berechtigt, seine betrieblichen Aktivitäten
einzuschränken und bestimmte bisher in seinem Betrieb verrichtete Arbeiten
beispielsweise an Dritte fremd zu vergeben. Hierzu gehört auch das Recht, sein
Unternehmen aufzugeben bzw. selbst darüber zu entscheiden, welche
Größenordnung es haben und welche unternehmerischen Ziele es verfolgen soll,
sowie die Festlegung, an welchem Standort welche arbeitstechnischen Zwecke
verfolgt werden sollen
.
Dementsprechend kann ihn auch das gesetzliche Kündigungsschutzrecht nicht
dazu verpflichten, betriebliche Organisationsstrukturen und -abläufe oder
Standorte beizubehalten und geplante Organisationsentscheidungen nicht
durchzuführen. Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, dem Arbeitgeber eine
bessere betriebliche oder unternehmerische Organisationsstruktur vorzuschreiben
. Dementsprechend unterliegen
organisatorische Unternehmerentscheidungen, die sich nachteilig auf die
Einsatzmöglichkeiten des Arbeitnehmers auswirken, keiner
Zweckmäßigkeitsprüfung, sondern nur einer Missbrauchskontrolle dahin, ob sie
offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind, wobei für eine
beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische
Organisationsentscheidung die Vermutung spricht, dass sie aus sachlichen
Gründen erfolgt . Diese
Grundsätze gelten gleichermaßen und unabhängig davon, ob der Arbeitgeber für
die Umsetzung seiner Organisationsmaßnahme Beendigungs- und/oder
Änderungskündigungen ausspricht oder er sie durch Anordnung von Versetzungen
durchführen kann.
Läge eine hinzunehmende Unternehmerentscheidung vor, in G kein fliegendes
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Läge eine hinzunehmende Unternehmerentscheidung vor, in G kein fliegendes
Personal mehr zu stationieren, stünde damit gleichzeitig fest, dass jedwede im
Rahmen des § 106 GewO vorzunehmende Interessenabwägung jedenfalls nicht zu
dem Ergebnis führen könnte, dass die Beklagte gezwungen wäre, ihre
Organisationsentscheidung aufzugeben oder zurückzunehmen. Dementsprechend
wären die Interessen der Klägerin nicht gegenüber dem Interesse an einer Aufgabe
des Stationierungsorts abzuwägen. Diese wäre vielmehr hinzunehmen und stünde
fest. Sie wäre die Grundlage, auf der die Interessenabwägung erfolgt und könnte
nicht durch die Interessenabwägung selbst in Frage gestellt werden.
Dementsprechend ist im Rahmen der Interessenabwägung ohne Bedeutung, dass
die Beklagte die Stationierungsorte des von der Maßnahme betroffenen fliegenden
Personals auch vollständig hätte in G belassen und dieses wie bisher hätte
einsetzen können. Ebenso ist ohne Belang, in welchem Umfang zurzeit
Flugbewegungen der Beklagten in G stattfinden. Die hinzunehmende
Unternehmerentscheidung bestünde dann gerade darin, dass sich die
Stationierungsorte künftig nicht mehr in G befinden. Dies entspräche auch der
verfassungsrechtlichen Wertentscheidung, wonach die Beklagte aufgrund ihrer
unternehmerischen Freiheit festlegt, an welchem Standort welche
arbeitstechnischen Ziele verfolgt werden. Dies entspricht auch der vertraglichen
Risikoverteilung zwischen den Parteien, denn nicht die Klägerin, sondern die
Beklagte trägt das unternehmerische Risiko einer sich im Nachhinein als falsch
erweisenden Standortentscheidung, beispielsweise einer Entscheidung, das
betroffene fliegende Personal weiter in G zu stationieren.
b) Die Beklagte hat indes weder eine unternehmerische Entscheidung getroffen
noch eine solche umgesetzt, überhaupt kein fliegendes Personal in G mehr zu
stationieren. Dass eine unternehmerische Entscheidung getroffen wurde, mag
hinreichend durch Abschluss des Interessenausgleichs/Sozialplans und durch die
gegenüber dem fliegenden Personal angeordneten Versetzungen und
ausgesprochenen Änderungskündigungen dokumentiert sein, ohne dass es der
Vorlage eines Geschäftsführungsbeschlusses der Beklagten oder eines
Vorstandsbeschlusses der N bedarf. Diese getroffene und umgesetzte
Entscheidung hat aber nicht zum Inhalt, überhaupt kein fliegendes Personal mehr
in G zu stationieren. Teil I § 4 des Interessenausgleichs/Sozialplans zeigt, dass
gerade nicht alle bisher in G stationierten Mitarbeiter des fliegenden Personals zu
anderen Stationierungsorten versetzt werden. Dies wurde auch so umgesetzt. Die
vor dem 01. April 1952 geborenen Mitarbeiter wurden nicht versetzt, ebenso
wurden die Arbeitnehmer L und N nicht versetzt. Soweit die Beklagte dahin
argumentiert, für diese Arbeitnehmer würden "Dead-Head-Flüge fingiert", sie
würden so gestellt, als ob die Station G-H nicht geschlossen sei, eine Station, eine
Station für fliegendes Personal, ein Stationierungsort oder ein Betriebsstandort
existiere in G nicht mehr, lediglich die Arbeitszeit dieser Mitarbeiter beginne in G-K,
wird dem nicht gefolgt. Die vor dem 01. April 1952 geborenen Mitarbeiter und die
Arbeitnehmer L und N haben ihren dienstlichen Wohnsitz mit den daran
anknüpfenden Konsequenzen nach der 2. DVLuftBO und dem MTV Nr. 6 nach wie
vor in G. Sie sind damit noch in G stationiert und haben dort ihren
Stationierungsort. Gerade auf die Veränderung des Stationierungsorts und nichts
anderes zielt aber die gegenüber der Klägerin angeordnete Versetzung.
aa) Hat die Beklagte aber nicht alle bisher in G stationierten Mitarbeiter des
fliegenden Personals versetzt, sondern nur einen wenn auch weit überwiegenden
Teil, hat sie jedenfalls eine Auswahlentscheidung getroffen. Für diese
Auswahlentscheidung gelten zwar nicht die Grundsätze einer Sozialauswahl im
Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung. Bei der Beurteilung, ob eine
vertraglich zulässige Leistungsbestimmung des Arbeitgebers kraft seines
Direktionsrechts billigem Ermessen entspricht, ist maßgebend, ob nicht nur die
Interessen des Arbeitgebers, sondern auch die des Arbeitnehmers angemessen
berücksichtigt worden sind. Für die Feststellung, ob die Grenzen billigen Ermessens
gewahrt oder überschritten sind, kommt es damit nicht unmittelbar auf die
Abwägung der Interessenlage verschiedener Arbeitnehmer an. Die Ausübung des
Direktionsrechts berührt auch anders als bei einer betriebsbedingten
Beendigungskündigung oder Änderungskündigung nicht den Bestand oder den
Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Dementsprechend kann die Ausübung des
Direktionsrechts auch dann billigem Ermessen entsprechen, wenn berechtigte
Belange eines von der Anordnung des Arbeitgebers betroffenen Arbeitnehmers
geringfügig schutzwürdiger sind als die eines von der Weisung nicht betroffenen
Arbeitnehmers
. Dies ändert aber nichts daran, dass die
Auswahlentscheidung der Überprüfung nach billigem Ermessen unterliegt. Auch
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Auswahlentscheidung der Überprüfung nach billigem Ermessen unterliegt. Auch
bei der Auswahlentscheidung sind die jeweiligen schutzwürdigen Belange zu
berücksichtigen . Auf
diese ist ggf. Rücksicht zu nehmen, soweit berechtigte Belange anderer
Arbeitnehmer nicht entgegenstehen. Diese Berücksichtigung schutzwürdiger
Belange kann es auch erfordern, eine personelle Auswahlentscheidung gegen den
Willen eines anderen Arbeitnehmers zu treffen, dessen Interessen weniger
schutzwürdig sind . Die
Ausübung billigen Ermessens erfordert demnach auch hier eine Abwägung der
wesentlichen Umstände des Falles.
bb) Eine solche Abwägung der wesentlichen Umstände des Falles ist aber bei der
personellen Auswahlentscheidung unterblieben. Die tatsächlich umgesetzte
Maßnahme besteht darin, dass von den bisher ca. 100 in G stationierten
Mitarbeitern des fliegenden Personals ca. 83 durch Versetzungsanordnung ein
neuer Stationierungsort zugewiesen wurde und ca. 17 weiter in G stationiert
bleiben. Bei der Auswahl der in G weiter stationierten Arbeitnehmer hat die
Beklagte sich – von den Arbeitnehmern L und N abgesehen – ausschließlich an
deren Lebensalter orientiert. Dies ist im Interessenausgleich/Sozialplan auch so
vorgesehen und tatsächlich so umgesetzt worden. Damit ist aber keine alle
wesentlichen Umstände des Falles berücksichtigende Auswahlentscheidung
getroffen worden. Folge der Zuweisung eines neuen Stationierungsorts ist für den
betroffenen Arbeitnehmer insbesondere entweder ein Umzug oder ein erhöhter
Zeit- und Kostenaufwand. Das Alter des betroffenen Arbeitnehmers kann zwar ein
Gesichtspunkt bei der Beurteilung sein, inwieweit seine Interessen durch die
Maßnahme beeinträchtigt werden. Es stellt jedoch nicht den einzigen Aspekt dar.
In Betracht kommen vielmehr insbesondere auch die Einkommens- und
Vermögensverhältnisse, nachdem sowohl "Shutteln" als auch Verlegung des
Wohnsitzes mit Kostenaufwand verbunden sind. In Betracht kommen
Mobilitätsgesichtspunkte, die altersunabhängig in Berufstätigkeit des Ehegatten,
Schulpflicht der Kinder, Betreuungsaufwand pflegebedürftiger Angehöriger, selbst
bewohntem Immobilieneigentum liegen können. Diese Gesichtspunkte wurden
nach dem Vortrag der Beklagten bei der personellen Auswahl nicht berücksichtigt.
Soweit die Beklagte ausführt, ältere Mitarbeiter, die ohnehin bald ausscheiden
würden, stärker geschützt zu haben, stellt sie in erster Linie auf ihre eigenen
Interessen und nicht die der betroffenen Arbeitnehmer ab, nämlich auf die Dauer
der weiteren Stationierung der älteren Arbeitnehmer in G. Soweit die Beklagte
unter Hinweis auf tarifvertragliche Altersgrenzen für das fliegende Personal meint,
Besonderheiten des Flugverkehrs beachtet zu haben, wird dem nicht gefolgt.
Abgesehen von gegenüber tarifvertraglichen Altersgrenzen für Kabinenpersonal
bestehenden Bedenken
sieht der für die Beklagte geltende MTV Nr. 6 keine Altersgrenze von 55
Jahren vor. Inwieweit das nach Vollendung des 55. Lebensjahres nach Auffassung
der Beklagten erhöhte Risiko einer Flugdienstuntauglichkeit schutzwürdige gegen
eine Versetzung sprechende Interessen begründet, ist nicht ersichtlich.
Abzustellen ist auf die Interessenlage der Parteien im Zeitpunkt der Ausübung des
Direktionsrechts . Inwieweit die
Beklagte weitere Gesichtspunkte als ein vor dem 01. April 1952 liegendes
Geburtsdatum berücksichtigt hat, trägt sie trotz Auflage vom 13. Dezember 2007
nicht konkret vor. Soweit sie allgemein ausführt, den Interessen der betroffenen
Arbeitnehmer durch die im Interessenausgleich/Sozialplan vorgesehenen
Leistungen Rechnung getragen zu haben, betrifft dies Leistungen an die
Arbeitnehmer, denen ein neuer Stationierungsort zugewiesen wird. Damit ist keine
Aussage darüber verbunden, dass bei der personellen Auswahlentscheidung selbst
bestimmte Umstände berücksichtigt wurden. Hat die Beklagte aber ihre personelle
Auswahlentscheidung ausschließlich von einer starren Altersgrenze abhängig
gemacht, hat sie nicht alle wesentlichen Umstände des Falles in Erwägung
gezogen und berücksichtigt. Dies führt dazu, dass die Grenzen billigen Ermessens
nicht gewahrt sind. Die Beklagte hat damit nicht dargelegt, aufgrund welcher
Erwägungen die Interessen der Klägerin an Beibehaltung des bisherigen
Stationierungsstandorts etwa weniger schutzwürdig sind als die Interessen der
nach wie vor in G stationierten Arbeitnehmer. Inwieweit eine allein auf das Alter
abstellende Auswahlentscheidung darüber hinaus gegen §§ 1, 7 Abs. 1, 8 Abs. 1,
10 AGG verstößt, kann damit offen bleiben.
II. Die Arbeitsbedingungen wurden durch die Änderungskündigung der Beklagten
vom 29. November 2006 nicht geändert. Das Arbeitsgericht hat zutreffend
festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist,
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festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist,
§§ 2, 1 Abs. 2 KSchG, und hierbei die für die Beurteilung der Wirksamkeit einer
betriebsbedingten Änderungskündigung entwickelten Grundsätze zutreffend
angewandt.
Die soziale Rechtfertigung einer betriebsbedingten Änderungskündigung setzt
voraus, dass der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlass
darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der
Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Die die ordentliche
Änderungskündigung sozial rechtfertigenden dringenden betrieblichen
Erfordernisse i.S.d. §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 2 KSchG setzen hierbei voraus, dass das
Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung im Betrieb zu den bisherigen Bedingungen
entfallen ist
.
Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung können sich aus
innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben.
1. Die Beklagte hat klargestellt, dass sie sich nicht auf außerbetriebliche Gründe
bezieht.
2. Aus innerbetrieblichen Gründen ist eine Änderungskündigung gerechtfertigt,
wenn sich der Arbeitgeber im Unternehmen zu einer organisatorischen Maßnahme
entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die
Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer zu den bisherigen
Bedingungen entfällt. Von den Arbeitsgerichten ist hierbei voll nachzuprüfen, ob
eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre
Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist.
Dagegen ist die unternehmerische Entscheidung nicht auf ihre sachliche
Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie
offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Eine solche
Unternehmerentscheidung kann auch darin liegen, in bestimmten Bereichen
künftig auf Dauer mit weniger Personal zu arbeiten. Die Entscheidung des
Arbeitgebers, den Personalbestand in bestimmten Bereichen auf Dauer zu
reduzieren, ist eine Organisationsmaßnahme, die zum Wegfall des
Beschäftigungsbedürfnisses zu den bisherigen Bedingungen führen kann.
Reduziert sich die Organisationsentscheidung aber praktisch auf den
Kündigungsentschluss, sind diese beiden Unternehmerentscheidungen ohne
nähere Konkretisierung nicht voneinander zu unterscheiden. In solchen Fällen kann
die Vermutung, die tatsächlich durchgeführte Unternehmerentscheidung sei aus
sachlichen Gründen erfolgt, nicht von vornherein greifen. Der Arbeitgeber muss
dann vielmehr konkret darlegen, wie sich die Umsetzung seiner
unternehmerischen Entscheidung auf die Beschäftigungsmöglichkeit auswirkt. Je
näher die eigentliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss
rückt, umso mehr muss der Arbeitgeber durch Tatsachenvortrag verdeutlichen,
dass ein Beschäftigungsbedürfnis entfallen ist
. Der Sinn, dass der
Arbeitgeber zur organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit der
unternehmerischen Entscheidung vortragen muss, besteht darin, einen
Missbrauch des Kündigungsrechts auszuschließen. Vermieden werden sollen
betriebsbedingte Kündigungen, die zu einer rechtswidrigen Überforderung oder
Benachteiligung des weiteren Personals führen. Vermieden werden soll außerdem,
dass die unternehmerische Entscheidung lediglich als Vorwand benutzt wird, um
Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und
Beschäftigungsmöglichkeit fortbestehen und lediglich die Arbeitsvertragsinhalte
als zu belastend angesehen werden
. Die
Organisationsentscheidung muss ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten
Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses sein
.
Diese Grundsätze gelten nicht nur für die betriebsbedingte
Beendigungskündigung, sondern entsprechend auch für die betriebsbedingte
Änderungskündigung. Sind Organisationsentscheidung und Kündigungsentschluss
ohne nähere Konkretisierung praktisch deckungsgleich, hat der Arbeitgeber daher
auch hier konkret darzulegen, wie sich die Organisationsentscheidung auf die
Einsatzmöglichkeit auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter
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Einsatzmöglichkeit auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter
Änderungsbedarf entsteht . Auch im
Bereich der Änderungskündigung könnte es im Einzelfall als missbräuchlich
angesehen werden, wenn ohne Änderung der realen Abläufe abstrakte
Änderungen von Organisationsstrukturen benutzt würden, um den Inhalt von
Arbeitsverhältnissen zum Nachteil von Arbeitnehmern so ändern zu können, dass
für die betroffenen Arbeitnehmer unzumutbare Arbeitsbedingungen entstehen
oder sie de facto aus dem Betrieb gedrängt werden, weil sie aus wirtschaftlichen
Gründen zu den geänderten Bedingungen nicht weiterarbeiten können
.
Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Beklagten nach wie vor nicht gerecht.
a) Die Beklagte beruft sich auf eine Betriebsstilllegung oder eine Maßnahme, auf
die jedenfalls die Grundsätze einer Betriebsstilllegung anwendbar seien.
Dass infolge einer Betriebsstilllegung das Beschäftigungsbedürfnis für die in
diesem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer entfällt, steht außer Frage. Die
Beklagte hat indes nicht dargelegt, einen Betrieb geschlossen zu haben, in dem
die Klägerin beschäftigt war.
b) Ob die Bodenstation in G-H geschlossen wurde, ist ohne Bedeutung. Die
Klägerin war als Mitarbeiterin des Fliegenden Personals nicht in der Bodenstation in
G-H beschäftigt. Stationierung von fliegendem Personal in G setzt auch nicht den
Betrieb einer Bodenstation in G voraus. Dies räumt die Beklagte im
Berufungsverfahren selbst ein und verweist darauf, in B, D, C, E und F fliegendes
Personal stationiert zu haben, aber keine Bodenstation zu betreiben. Sämtliche
Ausführungen der Parteien zum Betrieb einer Bodenstation in G können damit auf
sich beruhen.
c) Die Beklagte argumentiert auch mit der Schließung einer "Station für das
fliegende Personal" in G-H, trägt aber trotz Auflage vom 13. Dezember 2007 nicht
vor, in welche jetzt nicht mehr vorhandenen betrieblichen Strukturen die Klägerin
insoweit eingebunden gewesen sein soll. Sie trägt auch trotz Auflage vom 13.
Dezember 2007 nichts dazu vor, inwieweit über die bloße Stationierung von
fliegendem Personal hinaus überhaupt betriebliche Strukturen vorhanden waren.
Im Übrigen gilt auch hier, dass die Klägerin nicht in einer "Station für das fliegende
Personal" beschäftigt war. Deren Wegfall führt damit nicht zum Wegfall der
bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit. Beschränkt sich der Begriff der "Station des
fliegenden Personals" wie auch der des "Stationierungsorts", auf dessen
Schließung die Beklagte sich auch bezieht, schlicht auf den Umstand, dass in G-H
fliegendes Personal seinen dienstlichen Wohnsitz hat, dort stationiert ist, ist die
Entscheidung, diese Station oder diesen Stationierungsort zu schließen oder
stillzulegen deckungsgleich mit der Entscheidung zur Änderungskündigung, wobei
dann aber nicht konkret dargelegt ist, aus welchen Gründen ein Änderungsbedarf
besteht. Dasselbe gilt, soweit die Beklagte sich schließlich auch auf die Schließung
eines "Betriebsstandorts" bezieht, der sich ebenfalls in dem bloßen Umstand
erschöpft, dass fliegendes Personal in G seinen dienstlichen Wohnsitz hat. Die
Klägerin ist als Mitglied des fliegenden Personals ortsungebunden tätig. Diese
Tätigkeit ist auch ohne örtliche Betriebe möglich. Sie ist auch ohne die Existenz
von Postfächern möglich, wobei die Existenz von Postfächern noch keine
betrieblichen Strukturen begründet. Sie ist auch ohne am dienstlichen Wohnort
vorhandene Ansprechpartner, disziplinarische Führung, Personalverantwortung
und Requestwesen möglich. Die Beklagte trägt selbst vor, auch an den anderen
Stationierungsorten außer A am Main kein anderweitiges Personal außer Service-
Agents zur Bestückung der Postfächer zu beschäftigen.
d) Die Beklagte beruft sich zwar auch darauf, beschlossen zu haben, in G kein
fliegendes Personal mehr zu stationieren. Hierin mag eine
Organisationsentscheidung zu sehen sein, die ursächlich für den von der
Beklagten geltend gemachten Änderungsbedarf ist, und zwar ohne, dass hierzu
Grundsätze einer Betriebsstilllegung herangezogen werden müssten. Denn wie
bereits dargelegt ist der Arbeitgeber bis zur Grenze der Willkür berechtigt, seine
betrieblichen Aktivitäten einzuschränken und festzulegen, an welchen Standort
welche arbeitstechnischen Zwecke verfolgt werden sollen. Ebenso ist ihm
vorbehalten, die Zahl der Arbeitnehmer, die Menge der zu verrichtenden Arbeit,
das Verhältnis dieses Größen zueinander und die Aufteilung der zu erledigenden
Aufgaben auf die einzelnen Arbeitsplätze zu bestimmen
. Hierzu bedarf es keine Betriebsstilllegung. Für eine
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. Hierzu bedarf es keine Betriebsstilllegung. Für eine
entsprechende beschlossene und tatsächlich durchgeführte
Organisationsentscheidung mag auch die Vermutung sprechen, dass sie aus
sachlichen Gründen erfolgt. Die Beklagte hat indes weder dargelegt, eine
Organisationsentscheidung getroffen zu haben, in G überhaupt kein fliegendes
Personal mehr zu stationieren, noch ist eine solche Organisationsentscheidung
tatsächlich durchgeführt.
e) Unabhängig von zuvor gefassten Geschäftsführungsbeschlüssen der Beklagten
oder Vorstandsbeschlüssen der N sieht der Interessenausgleich/Sozialplan
jedenfalls nicht vor, überhaupt kein fliegendes Personal mit Stationierungsort G
mehr zu beschäftigen. Er sieht vielmehr die Weiterbeschäftigung der vor dem 01.
April 1952 geborenen Arbeitnehmer eben mit diesem Stationierungsort vor. Dies
wird auch so durchgeführt. Damit wird die von der Beklagten behauptete
Organisationsentscheidung aber gerade nicht tatsächlich durchgeführt.
Änderungsbedarf kann damit nicht damit begründet werden, es werde überhaupt
kein fliegendes Personal mit Stationierungsort G mehr beschäftigt. Es mag zwar
sein, dass ein Organisationskonzept durch vorübergehende Abweichungen noch
nicht selbst in Frage gestellt wird
. Der
Interessenausgleich/Sozialplan sieht jedoch nicht die vorübergehende, sondern
eine dauerhafte Beschäftigung eines Personenkreises mit dem Stationierungsort
G vor.
f) Aus dem Interessenausgleich/Sozialplan und der tatsächlichen Durchführung
lässt sich damit allenfalls eine Entscheidung entnehmen, den Personalbestand der
mit dem Stationierungsort G beschäftigten Arbeitnehmer zu reduzieren. Hierauf
hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend abgestellt, ebenso darauf, dass auch eine
Entscheidung zur Personalreduzierung in bestimmten Bereichen prinzipiell
geeignet ist, ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine
Beendigungskündigung oder eine Änderungskündigung darzustellen. Im Ergebnis
sieht auch der Interessenausgleich/Sozialplan vor, 15 Arbeitnehmer – nämlich die
vor dem 01. April 1952 geborenen – mit dem Stationierungsort G
weiterzubeschäftigen und sie nicht zu versetzen.
Die Beklagte hat aber ausdrücklich klargestellt, sich nicht auf ein Konzept zu
beziehen, eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern mit dem Stationierungsort
G, G-H oder G-K weiterzubeschäftigen.
Ein Konzept, nur 15 Arbeitnehmer mit dem Stationierungsort G
weiterzubeschäftigen, würde auch nicht tatsächlich durchgeführt. Denn die
Arbeitnehmer L und N werden zusätzlich zu den vor dem 01. April 1952 geborenen
Arbeitnehmern unverändert weiterbeschäftigt, und nicht anstelle zweier vor dem
01. April 1952 geborener Arbeitnehmer.
g) Aus dem Vortrag der Beklagten lässt sich damit nach wie vor lediglich eine
tatsächlich umgesetzte Entscheidung entnehmen, viele aber nicht alle bisher in G
stationierte Arbeitnehmer künftig mit einem anderen Stationierungsort zu
beschäftigen. Hiermit ist ein konkreter Änderungsbedarf nicht dargelegt. Die
tatsächlich umgesetzte Entscheidung ermöglicht auch weiterhin die Beschäftigung
fliegenden Personals mit Stationierungsort G. Ein Konzept, wonach nur noch eine
bestimmte Anzahl von Mitarbeitern des fliegenden Personals mit Stationierungsort
G benötigt oder beschäftigt wird, ist nicht dargelegt. Die Beklagte beruft sich auch
ausdrücklich gerade nicht auf ein solches Konzept. Ein Bezug der Anzahl der nach
wie vor in G stationierten Arbeitnehmer zum Arbeitsanfall infolge ab G zu
besetzender Flüge ist nicht dargelegt. Die Beklagte beruft sich vielmehr darauf,
keine externen Faktoren umgesetzt zu haben. Ein Bezug zur Bereederung von
Flugzeugen ist auch fernliegend, da hinsichtlich der mit Stationierungsort G
weiterbeschäftigten Arbeitnehmer nicht nach Cockpit- und Kabinenmitarbeitern
und hierbei jeweils nach den unterschiedlichen Berufsgruppen differenziert wird
und im Ergebnis überproportional viele Cockpitmitarbeiter unverändert
weiterbeschäftigt werden. Inwieweit ein Personalbemessungsschlüssel oder eine
konkrete Crew-Bedarfsplanung existiert und der Maßnahme zugrunde liegt, wird
von der Beklagten schließlich trotz Auflage vom 13. Dezember 2007 ebenfalls
nicht dargelegt.
Ist damit bereits keine zu Änderungsbedarf führende Organisationsentscheidung
dargelegt, liegen keine dringenden betrieblichen Erfordernisse i.S.d. §§ 1 Abs. 2, 2
KSchG und kein an sich anerkennenswerter Anlass für eine Änderungskündigung
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KSchG und kein an sich anerkennenswerter Anlass für eine Änderungskündigung
vor.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG ist die Revision zuzulassen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.