Urteil des LAG Hessen vom 03.02.2009

LAG Frankfurt: befristung, vertretung, niederlassung, brief, verfügung, arbeitsgericht, quelle, zivilprozessrecht, gleichbehandlung, urlaub

1
2
Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
12. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 Sa 416/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 14 Abs 1 S 2 Nr 3 TzBfG, §
21 Abs 1 BErzGG, § 242 BGB
(Wirksamkeit einer Befristung - Sachgrund der Vertretung -
unzulässige Dauervertretung)
Leitsatz
Der Arbeitgeber kann sich nicht auf den Sachgrund der Vertretung eines anderen
Arbeitnehmers gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, 21 Abs. BErzGG berufen, wenn
eine unzulässige Dauervertretung vorliegt. Sie ist anzunehmen, wenn sich aus den
Umständen ergibt, dass bei Abschluss des letzten Vertrages eine über den Endtermin
der Befristung hinsausgehende weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers bereits
vorgesehen war (ständige Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts).
Solche Umstände liegen hier vor: der letzte Arbeitsvertrag mit dem Kläger war für
lediglich zwei Monate befristet, diesem Arbeitsvertrag gingen über den
ununterbrochenen Beschäftigungszeitraum in demselben Betrieb bereits 50
Befristungen ebenfalls mit dem Befristungsgrund Vertretung und zum großen Teil
ebenfalls von kurzer Zeitdauer (2 - 3 Monate) voraus. Der Betrieb beschäftigt zudem
mehrere tausend Arbeitnehmer und hat eine Vielzahl vergleichbarer Arbeitsplätze
(Postzusteller). Der Kläger trug sich über mehrerer Jahre in die bestehenden
Urlaubspläne für das gesamte Kalenderjahr ein. Die Arbeitgeberin hat sich dahin
eingelassen, dass sie sich die Entscheidung zur Abdeckung des bestehenden
Vertretungsbedarfs durch den Kläger jeweils offengehalten habe. Das impliziert bei
gleichzeitig eingeräumtem dauerhaftem Vertretungsbedarf zumindest den Willen, den
Vertreteungsbedarf abdecken zu wollen und dies möglicherweise auch durch Einsatz
des Kläger zu tun.
Die Befristungspraxis der Beklagten gegenüber dem Kläger erscheint zudem als
rechtmissbräuchliche Ausübung des Befristungsrechts.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts A vom
30.01.2008 – 9 Ca 327/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um das Vorliegen eines sachlichen Grundes für die
Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger ist auf der Grundlage von insgesamt 50 zeitbefristeten
Arbeitsverträgen seit dem 1.02.2000 bei der Beklagten im Bereich der
Niederlassung Brief A im Zustellstützpunkt mit Leitungsfunktion (ZSPL) B und hier
im Zustellstützpunkt (ZSP) C als Briefzusteller beschäftigt und verdiente zuletzt €
1.879,00 brutto monatlich. In der NL A sind weit über 2000 Mitarbeiter beschäftigt.
Die Beklagte stützte sämtliche befristete Arbeitsverträge auf den Sachgrund der
Vertretung. Zunächst vertrat der Kläger mehrere erkrankte Mitarbeiter. Im
Arbeitsvertrag vom 23.09.2004, befristet für 3 Monate ab dem 1.10.2004 sowie in
den elf nachfolgenden Verträgen war als Sachgrund die Vertretung der zunächst
schwangeren, dann in Elternzeit befindlichen Mitarbeiterin Frau S. angegeben. Sie
3
4
5
6
7
8
9
10
11
schwangeren, dann in Elternzeit befindlichen Mitarbeiterin Frau S. angegeben. Sie
war wie der Kläger als Vertreterin (Springerin) im Bereich des ZSPL B und dort im
ZSP C eingesetzt. Frau S. brachte am 30.05.2005 ein Kind zur Welt, am 8.04.2005
beantragte sie Elternzeit bis zum 29.03.2006, am 23.08.2005 beantragte sie die
Verlängerung der Elternzeit bis zum 29.03.2008. Sie war bis Ende November 2008
noch nicht an den Arbeitsplatz zurückgekehrt. Die Beklagte bewilligte beide
Anträge zeitnah. Den letzten Arbeitsvertrag, befristet auf die Zeitdauer von zwei
Monaten für die Zeit vom 1.07. – 31.08.2007, unterzeichneten die Parteien am
30.06. 2007. Der Kläger wurde in die im Oktober 2006 mit allen Mitarbeitern des
ZSP C besprochene Urlaubsplanung für das gesamte Jahre 2007 einbezogen.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens und der gestellten
Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des Urteils des
Arbeitsgerichts Kassel vom 22.01.2008 Bezug genommen (Bl. 109 – 112 d.A.).
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 30.01.2008 festgestellt, dass es für die
Befristung des Arbeitsverhältnisses an einem sachlichen Grund fehle und deshalb
die Befristung unwirksam sei. Des Weiteren hat es die Beklagte zur
Weiterbeschäftigung des Klägers als Briefzusteller verurteilt. Dazu hat es
ausgeführt, dass der sachliche Grund der Vertretung der Frau S. nur vorgeschoben
sei und tatsächlich ein Dauerbeschäftigungsbedarf für den Kläger bestehe. Das
hat es aus dem Umstand gefolgert, dass die Zeitdauer der jeweiligen Befristung
seit dem 1.10.2004 deutlich hinter der bereits feststehenden Abwesenheitszeit der
Frau S. zurückgeblieben sei und daraus, dass der Kläger in die Urlaubsplanung für
das gesamte Kalenderjahr 2007 einbezogen worden sei. Für die weiteren
Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des
angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 112 – 118 d.)
Die Beklagte hat gegen das ihr am 20.02.2008 zugestellte Urteil des
Arbeitsgerichts am 18.03.2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung
der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.05.2008 am 20.05.2008 begründet.
Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass für die Befristung des letzten
Arbeitsvertrages mit dem Kläger der sachliche Grund der Beschäftigung zur
Vertretung eines anderen Arbeitnehmers bestehe. Trotz eines verschärften
Prüfungsmaßstabs aufgrund der wiederholten Befristungen müsse sich die
Prognose, dass zum Ablauf der Beschäftigungszeit kein Bedarf zu weiterer
Beschäftigung mehr bestehe, lediglich auf die zu erwartende Rückkehr der
Vertretenen beziehen, nicht jedoch auf den genauen Zeitpunkt der Rückkehr. Sie
meint, bei den mit dem Kläger vereinbarten insgesamt fünfzig, teilweise sehr
kurzzeitigen Befristungen habe sie lediglich vom dem vom nationalen Gesetzgeber
zur Verfügung gestellten Instrumentarium Gebrauch gemacht. Das TzBfG erweise
sich auch als richtlinienkonforme Umsetzung der europäischen Vorgaben. Sie
behauptet, dass die Aufnahme des Klägers in den Urlaubsplan 2007 nur aus
Gründen der Gleichbehandlung, zur Vermeidung der Schlechterstellung und
Diskriminierung der befristeten gegenüber den übrigen Mitarbeitern geschehen
sei. Für den Fall, dass sich nach Ablauf der Befristung eine weitere
Beschäftigungsmöglichkeit aufgetan hätte, sollte dem Kläger Planungssicherheit in
Bezug auf seinen Urlaub gegeben werden. Eine Garantie für eine weitere
Beschäftigung sei damit nicht verbunden gewesen; denn die Beklagte durfte und
wollte sich offenhalten, die Vertretung zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht
anders zu organisieren
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 30.01.2008 verkündeten Urteils des Ar-beitsgerichts A,
Az. 6 Ca 327/07, die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil. Er sieht die von der Beklagten
behaupteten Gründe für seine Aufnahme in den Urlaubsplan 2007 nur als
vorgeschoben an. Er ist der der Ansicht, die exzessive Handhabung der
Befristungsmöglichkeit durch die Beklagte führe dazu, ihr eine genauere
Darlegung der Tatsachen abzuverlangen, aufgrund derer sie davon ausgehen
konnte, dass nach Ablauf der letzten vereinbarten Befristung der
Beschäftigungsbedarf tatsächlich seine Ende finde. Daneben ist er der Ansicht,
dass die Befristung sich bei gemeinschaftskonformer Auslegung des Teilzeit- und
12
13
14
15
16
dass die Befristung sich bei gemeinschaftskonformer Auslegung des Teilzeit- und
Befristungsgesetzes (TzBfG) als unwirksam erweise. Für die entsprechenden
Rechtsausführungen des Klägers wird auf die Berufungserwiderung vom
11.08.2008, Seiten 7 – 14, Bezug genommen (Bl. 178 – 185 d. A.).
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf
den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und ihre
Protokollerklärungen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 c ArbGG statthaft
und auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht
eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 64 Abs. 6
ArbGG, 519, 520 Abs. 1 u. 3 ZPO).
In der Sache selbst bleibt die Berufung jedoch ohne Erfolg, weil die Klage
begründet ist. Der Befristung des letzten Arbeitsvertrages der Parteien vom
30.06.2007 fehlt es an einem ausreichenden sachlichen Grund. Die Beklagte kann
sich nicht auf den Sachgrund der Befristung nach §§ 21 Abs. 1 BerzGG, 14 Abs. 1
S. 2 Nr. TzBfG berufen. Der fünfzig Mal befristete Einsatz des Klägers zur
Vertretung anderer Arbeitnehmer über die Zeitdauer von mehr als sieben Jahren
hinweg stellt sich vielmehr als Dauervertretung dar, die als sachlicher Grund nicht
anerkannt ist. Die Unwirksamkeit der Befristung und das weitere Bestehen des
Arbeitsplatzes haben auch zur Folge, dass die Beklagte zur Weiterbeschäftigung
des Klägers als Briefzusteller verpflichtet.
1. Nach §§ 21 Abs. 1 ErzGG, 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund
für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses vor, wenn ein Arbeitnehmer zur
Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer der Elternzeit oder für Teile
davon eingestellt wird. Da die gesetzlichen Regelungen der Vertretung als
Sachgrund die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts übernommen
haben, ist diese weiterhin auch für die Anwendung der gesetzlichen Regelungen
heranzuziehen. Danach gilt, dass der Sachgrund der Vertretung regelmäßig
gegeben ist, wenn der Arbeitgeber zu einem vorübergehend ausgefallenen
Arbeitnehmer bereits in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses
Arbeitnehmers rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben
dieses Arbeitnehmers von vornherein nur ein vorübergehendes Bedürfnis. Teil des
Sachgrundes ist eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen
Wegfall des Vertretungsbedarfs, die sich darauf zu beziehen hat, ob der vertretene
Mitarbeiter seinen Dienst wieder antreten wird. Die Häufigkeit der Befristungen und
die bisherige Gesamtbefristungsdauer können Indizien für das Fehlen eines
Sachgrundes sein. Auch wenn die Prüfung des sachlichen Grundes allein auf den
letzten Arbeitsvertrag zu beschränken ist, folgt daraus nicht, dass die früheren
Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien ausgeklammert werden. Bei
Vorliegen einer Dauervertretung ist ein sachlicher Grund hingegen zu verneinen.
Sie ist anzunehmen, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass bei Abschluss des
letzten Vertrages eine über den Endtermin der Befristung hinausgehende weitere
Beschäftigung des Arbeitneh-mers bereits vorgesehen war (BAG 15.02.2006 – 7
AZR 232/05 – NZA 2006, 781; 4.06.2003 – 7 AZR 406/02 – EzA zu § 620 BGB 2002
Nr. 3; 20.02.2002 – 7AZR 600/00 – EzA § 620 BGB Nr. 189; 21,02.2001 – 7 AZR
200/00 – EzA § 620 BGB Nr. 174; 21.04.1993 – 7 AZR 376/92 – EzA § 620 BGB Nr.
121; 3.10.1984 – 7 AZR 192/83 – EzA § 620 BGB Nr. 72).
Nach den oben ausgeführten Grundsätzen der Rechtsprechung ergibt sich aus
dem langen Gesamtzeitraum der jeweils befristeten Tätigkeit des Klägers, der
ungewöhnlich hohen Anzahl der bisherigen Befristungen, ihrer zu einem großen
Teil sehr kurzen Dauer und letztlich aus der Einlassung der Beklagten, sie wolle
sich jeweils offenhalten, ob sie den bestehenden Vertretungsbedarf durch den
Kläger oder anderweitig abdecke, dass die Beklagte bei Abschluss des letzten
Arbeitsvertrages mit dem Kläger am 30.06.2007 auch nach Ablauf der
vereinbarten Befristung nur zwei Monate später einen weiteren Einsatz des Klägers
zunächst vorgesehen hatte. In der Summe dieser Umstände erweist sich die
Beschäftigung des Klägers als eine einen sachlichen Grund nicht tragende
Dauervertretung. Der gesamte Verlauf der Beschäftigung des Klägers mit der
Vertretung zahlreicher Arbeitnehmer über mehr als sieben Jahre auf der Grundlage
von fünfzig nahtlos aneinandergereihten befristeten Arbeitsverträgen zeigt
zunächst, dass in der Niederlassung Brief A ein dauernder Vertretungsbedarf
besteht. Daneben machen die zeitlich kurzen Befristungen von zwei bis drei
17
18
19
20
besteht. Daneben machen die zeitlich kurzen Befristungen von zwei bis drei
Monaten deutlich, dass die Beklagte von einer Fortsetzung der jeweils vereinbarten
Tätigkeiten über den Ablauf der Befristungen ausgegangen ist. Es erscheint
nämlich als ausgeschlossen, dass die Beklagte über den Zeitraum mehrerer Jahre
keine Klarheit über die weitere Beschäftigung des Klägers – sowie anderer in
derselben Weise kurzzeitig befristet beschäftigter Arbeitnehmer – über einen
Zeithorizont von zwei Monaten gehabt haben sollte. Das käme in einem
Unternehmen von der Größe der Beklagten der Abwesenheit von Personalplanung
gleich. Vielmehr verdeutlicht die auch im Termin wiederholte Einlassung der
Beklagten, man habe sich offengehalten, wie man den Vertretungsbedarf
abdecken wolle, dass die Planung der Beklagten dahin ging, mit dem Mittel
zahlreicher und kurzzeitiger Befristungen eine überaus flexible
Personalverfügungsmasse vorzuhalten, mit der auf alle Anforderungen und
Veränderungen der Beschäftigungslage und der Stellenbesetzung nach Abschluss
eines Arbeitsvertrages jederzeit reagieren zu können. Das „Offenhalten“ schließt
nämlich ein, das beim Abschluss des befristeten Vertrages die
Weiterbeschäftigung über den Ablauf der vereinbarten Befristung zumindest als
eine Möglichkeit immer auch mitgedacht wird, allerdings die Möglichkeit
offengehalten werden soll, auf später eintretende Veränderungen reagieren zu
können. So hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass sie bei Vertragsschluss am
30.06.2007 beabsichtigte, die die bis zum 29.03.2008 abwesende Frau S. nicht
weiter vertreten zu lassen oder die Vertretung nach dem 31.07.2007 einem
anderen Arbeitnehmer zu übertragen. Es ist daher davon auszugehen, dass sie
den Kläger weiter beschäftigen wollte. In dieses Gesamtbild passt auch, dass die
Beklagte den Kläger über mehrere Jahre in ihren Urlaubsplan aufgenommen und
dies damit begründet hat, ihm damit im Falle weiterer Beschäftigung die
Möglichkeit einer Urlaubsplanung eröffnen zu wollen. Das ist zwar auch freundlich
gegenüber dem Kläger, wirft aber gleichzeitig ein Licht auf die Langfristigkeit der
Personalplanungen der Beklagten und dient ebenso ihren eigenen Interessen.
Daneben ist es nach den Umständen des Falles auch als rechtsmissbräuchlich
(unzulässige Rechtsausübung, § 242 BGB) anzusehen, wenn sich die Beklagte auf
den Ablauf der Befristung beruft; denn bei der ungewöhnlich hohen Anzahl von 50
Befristungen mit überwiegend sehr kurzer Dauer von zwei bis drei Monaten kann
von der Beklagten erwartet werden, dem Kläger angesichts eines offensichtlich
bestehenden Vertretungsbedarfs mindestens bis zum 29.03.2008 eine stabilere
Grundlage für seine Existenz zu verschaffen, statt nur ihr eigenes Interesse eines
höchst flexiblen Personaleinsatzes zu verfolgen; denn dieses Interesse führte
gleichzeitig für den Kläger über viele Jahre hinweg zu einer instabilen
Lebenssituation ohne Bestandsschutz, aber gleichzeitig mit hohem
Anpassungsdruck und der Angst, den Arbeitsplatz jederzeit und bei jeder
Gelegenheit verlieren zu können. Es wäre der Beklagten zuzumuten gewesen, die
kurzen Beschäftigungszeiträume ab einem bestimmten Zeitpunkt, etwa der 35.
Befristung, dadurch zu vermeiden, dass sie, statt sich alle Möglichkeiten
permanent offen zu halten, eine Entscheidung über die weitere Vertretung der
Frau S. über einen längeren Zeitraum getroffen hätte. Das hätte dem Kläger
Planungssicherheit für sein Leben insgesamt und nicht nur für ungewisse
Urlaubszeiten gegeben.
2. Die Beklagte ist aufgrund der Unwirksamkeit der letzten Befristung und der
weiter bestehenden Beschäftigungsmöglichkeit verpflichtet, den Kläger auch
tatsächlich weiter zu beschäftigen. Die Beklagte hat keine einer
Weiterbeschäftigung entgegenstehenden Umstände ausgeführt (§§ 611, 613, 242
BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG).
Die Beklagte hat gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen
Berufung zu tragen.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG waren nicht
ersichtlich.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.