Urteil des LAG Hessen vom 02.02.2007

LAG Frankfurt: unwirksamkeit der kündigung, fristlose kündigung, klagefrist, nichtigkeit der kündigung, vertretungsmacht, geschäftsführer, aufzählung, vertreter, arbeitsgericht, vergütung

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
10. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 Sa 790/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 180 S 1 BGB, § 626 BGB, §
4 S 1 KSchG, § 5 KSchG, § 7
KSchG
(Klagefrist bei Kündigung durch einen Vertreter ohne
Vertretungsmacht)
Leitsatz
Die Unwirksamkeit der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch einen Vertreter
ohne Vertretungsmacht (§ 180 S. 1 BGB) muss innerhalb der Klagefrist des § 4 Satz 1
KSchG geltend gemacht werden.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom
03.03.2006 – 4 Ca 232/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung sowie
darüber, ob dem Kläger gegen die Beklagten zu 1. - 3. Vergütungsansprüche nach
einem behaupteten Betriebsübergang zustehen.
Der Kläger war seit dem 01. Februar 2002 bei der Firma J GmbH auf der Basis des
am 01. Februar/08. August 2002 unterzeichneten Arbeitsvertrages als
Mietwagenfahrer zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von € 990,00
beschäftigt. Wegen des gesamten Inhalts des zwischen den Parteien
geschlossenen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 7 - 10 d.A. Bezug genommen. Über
das Vermögen der Firma J GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) wurde mit Beschluss
des Amtsgerichts Gießen am 01. April 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet und
der Beklagte zu 4. zum Insolvenzverwalter bestellt.
Nachdem das Insolvenzverfahren eröffnet war, kündigte der bisherige
Geschäftsführer der Schuldnerin namens der Schuldnerin mit Schreiben vom 01.
April 2004 das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis fristlos. Wegen des
Inhalts dieses Schreibens wird auf die zur Akte gelangte Kopie (Bl. 154 d.A.) Bezug
genommen. Der Kläger beanstandete am 01. April 2004 die Kündigungsbefugnis
des bisherigen Geschäftsführers. Zwischen den Parteien ist im Verlauf des
Verfahrens nach durchgeführter Beweisaufnahme unstreitig geworden, dass das
Kündigungsschreiben dem Kläger am 01. April 2004 zugegangen ist.
Mit Datum vom 06. April 2004 schloss die Beklagte zu 1. mit den Beklagten zu 2.
und zu 3. einen Kaufvertrag im Hinblick auf einen noch abzuschließenden Asset-
Kaufvertrag zwischen der Beklagten zu 1. und der Schuldnerin; wegen des Inhalts
dieses Kaufvertrages wird auf Bl. 42 - 43 d.A. Bezug genommen. Am 07. April 2004
kam zwischen dem Beklagten zu 4. und der Beklagten zu 1. ein Asset-Kaufvertrag
hinsichtlich des Taxi-Unternehmens der Schuldnerin zustande; wegen des Inhalts
dieses Vertrages wird auf Bl. 37 - 41 d.A. Bezug genommen.
Mit seiner am 28. April 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen, dem Beklagten
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Mit seiner am 28. April 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen, dem Beklagten
zu 4. am 10. Mai 2004 zugestellten Klageschrift hat sich der Kläger gegen die
Kündigung gewandt, die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage
sowie die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin auf die
(nunmehrige) Beklagte zu 1. übergegangen sei und die Beklagte zu 1. an den
Kläger Vergütungszahlungen zu leisten habe. Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2004 hat
der Kläger die Klage gegen die (nunmehrigen) Beklagten zu 2. und zu 3. erweitert
und in der Folgezeit im Wege der Klageerweiterung von den Beklagten zu 1. - 3.
Vergütungszahlungen bis einschließlich August 2004 eingeklagt. Mit
rechtskräftigem Beschluss vom 24. September 2004 hat das Arbeitsgericht den
Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage zurückgewiesen.
Wegen der Einzelheiten dieses Beschlusses wird auf Bl. 197 - 205 d.A. Bezug
genommen.
Mit Schriftsatz des Prozessvertreters der Beklagten zu 1. sprach dieser vorsorglich
eine erneute fristlose Kündigung aus, gegen welche sich der Kläger mit am 02. Juli
2004 eingegangener Klageerweiterung gewandt hat.
Der Kläger hat behauptet, der ehemalige Geschäftsführer der Schuldnerin habe für
den Ausspruch der Kündigung keine Vertretungsmacht besessen. Er hat die
Ansicht vertreten, die Unwirksamkeit der Kündigung ergebe sich mangels
Vertretungsmacht aus § 180 BGB und könne unabhängig von der 3-wöchigen
Klagefrist geltend gemacht werden. Der Kläger hat des Weiteren die Ansicht
vertreten, die Beklagten zu 1. - 3. schuldeten ihm die Vergütung für den Monat
März 2004, in welchem er pro Schicht 11,25 Stunden gefahren sei, was bei einem
Nachtarbeitszuschlag von 25%, einer zuschlagspflichtigen Zeit von 6,25 Stunden
pro Schicht und 21 Arbeitstagen insgesamt € 2.623,69 ergebe. Für den Monat
April 2004 stünden ihm eine Grundvergütung in Höhe von € 2.413,13 und ein
Nachtzuschlag in Höhe von € 335,15 zu. Gleiches gelte für die Folgemonate.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der J GmbH durch
die Kündigungserklärung des Geschäftsführers K vom 01. April 2004 nicht
aufgelöst worden ist;
2. festzustellen, dass seit dem 07. April 2004 zwischen dem Kläger und den
Beklagten zu 1. - 3. ein Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen wie zuvor
mit der J GmbH besteht;
3. die Beklagten zu 1. - 3. zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger €
5.372,31 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz aus € 2.623,69 ab 01. April 2004 sowie aus weiteren € 2.748,63 ab
01. Mai 2004 abzüglich erhaltenen Insolvenzgeldes von € 847,61 zu zahlen;
4. die Beklagten zu 1. - 3. zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger €
2.623,69 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz ab dem 01. Juni 2004 zu zahlen;
5. die Beklagten zu 1. - 3. zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger €
2.748,63 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz ab dem 01. Juli 2004 zu zahlen;
6. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem
Beklagten zu 1. - 3. durch die fristlose Kündigung der Beklagten zu 1. vom 16. Juni
2004 nicht aufgelöst worden ist;
7. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und den
Beklagten zu 1. - 3. über den 22. Juni 2004 hinaus zu unveränderten
Arbeitsbedingungen fortbesteht;
8. die Beklagten zu 1. - 3. zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger €
2.748,63 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz ab 01. August 2004 abzüglich vereinnahmten Arbeitslosengeldes
von € 474,92 zu zahlen;
9. die Beklagten zu 1. - 3. zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger €
2.748,63 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz ab 01. September 2004 abzüglich vereinnahmten
Arbeitslosengeldes von € 474,92 zu zahlen.
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Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, die Kündigung vom 01. April 2004 sei
rechtswirksam, weil der Kläger die Frist der §§ 4, 7 KSchG nicht eingehalten habe.
Das Arbeitsgericht Gießen hat die Klage mit Urteil vom 03. März 2006 - 4 Ca
232/04 - insgesamt abgewiesen. Es hat u.a. ausgeführt, die Kündigung vom 01.
April 2004 sei rechtswirksam, da der Kläger die Frist der §§ 13 Abs. 1, 4, 7 KSchG
nicht eingehalten habe. Zwar sei es umstritten, ob der Mangel der
Vertretungsmacht des Kündigenden von dem Erfordernis der Einhaltung der
Klagefrist erfasst werde. Da der Gesetzgeber in den §§ 4, 7 KSchG ausdrücklich die
Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung aus „anderen Gründen“ mit in die 3-
Wochen-Frist einbezogen habe, gebiete es der damit verbundene Zweck der
Gewährleistung von Rechtssicherheit, auch im Falle des § 180 BGB keine
Ausnahme zuzulassen. Im Falle der schwebenden Unwirksamkeit einer Kündigung,
die vom Vertreter ohne Vertretungsmacht ausgesprochen sei, bestehe die
Möglichkeit der nachträglichen Klagezulassung. Ein solcher Fall liege jedoch
deshalb nicht vor, da der Kläger bereits bei Ausspruch der Kündigung durch den
ehemaligen Geschäftsführer der Schuldnerin dessen Vertretungsmacht bemängelt
habe. Da das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung beendet sei, stünden
dem Kläger auch die weiteren geltend gemachten Ansprüche auf Feststellung des
Übergangs des Arbeitsverhältnisses bzw. auf Annahmeverzugslohn nicht zu.
Dieses Urteil ist dem Kläger am 11. April 2006 zugestellt worden. Die Berufung des
Klägers ist am 10. Mai 2006 und die Berufungsbegründung am Montag, dem 12.
Juni 2006 bei Gericht eingegangen.
Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil und
ist weiterhin der Ansicht, er könne die Unwirksamkeit der Kündigung vom 01. April
2004 auch außerhalb der Klagefrist geltend machen, was sich aus Folgendem
ergäbe: Er habe der Kündigung sofort widersprochen, da allein der
Insolvenzverwalter kündigungsbefugt gewesen sei. Es müsse davon ausgegangen
werden, dass mit einer Kündigung im Sinn von § 4 KSchG nur diejenigen
Kündigungen gemeint seien, die dem Arbeitgeber auch zugerechnet werden
könnten. Daran fehle es, wenn die Kündigung gem. § 181 Satz 1 BGB unwirksam
sei. Hinzu komme, dass die Beanstandung nach § 180 BGB
gestaltungsrechtsgleich ausgestaltet sei und der Arbeitnehmer durch
Beanstandung der fehlenden Berechtigung zur Vornahme des einseitigen
Rechtsgeschäfts verhindern könne, dass die Schwebelage einer möglichen
Genehmigung eintrete, wobei allerdings § 180 Satz 2 BGB auf Gestaltungsrechte
wie die Kündigung von Vertragsverhältnissen nicht anzuwenden sei. Sei die
Kündigungserklärung dem Arbeitgeber bereits nicht zuzurechnen, mache die
Klagefrist keinen Sinn, da der Gesetzgeber die Kündigung des Arbeitgebers der
Klagefrist unterwerfen wollte. Bereits im Gütetermin am 28. Mai 2004 habe die
Prozessbevollmächtigte des Insolvenzverwalters erklärt, dass der
Insolvenzverwalter keine Kündigung ausgesprochen habe und auch nicht versucht
habe, eine solche zuzustellen (vgl. Bl. 36 d.A.).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 03. März 2006 - Az.: 4 Ca 232/04 -
abzuändern und nach den erstinstanzlichen Klageanträgen zu erkennen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil. Die Beklagte zu 1. ist der
Ansicht, sie sei zu Unrecht verklagt worden, da sie niemals die Leitungsmacht der
Schuldnerin inne gehabt habe, sondern deren Arbeitnehmerin gewesen sei. Sie
behauptet, der ehemalige Geschäftsführer der Schuldnerin sei kündigungsbefugt
gewesen. Die Beklagten zu 2. und 3. behaupten, der Insolvenzverwalter habe dem
ehemaligen Geschäftsführer der Schuldnerin Kündigungsvollmacht erteilt. Im
Übrigen bestreiten sie die vom Kläger behaupteten Arbeitszeiten, die seiner
Zahlungsklage zugrunde liegen. Der Beklagte zu 4. ist der Ansicht, dass die
Klagefrist auch bei einer nach § 180 BGB unwirksamen Kündigung einzuhalten sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den
vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift
vom 02. Februar 2007 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen ist gem. §§
8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft. Der Kläger hat sie auch form- und
fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 512, 517, 520 ZPO.
Die Berufung des Klägers hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn das
Arbeitsverhältnis des Klägers ist durch die fristlose Kündigung vom 01. April 2004
beendet worden. Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Schuldnerin
konnte das Arbeitsverhältnis des Klägers, selbst wenn ein Betriebsübergang auf
die Beklagten zu 1. - 3. stattgefunden haben sollte, nicht auf die Betriebserwerber
übergehen. Dem Kläger stehen auch keine Zahlungsansprüche gegen die
Beklagten zu 1. - 3. zu. Das hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt.
Das Berufungsgericht folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung und
macht sie sich zu Eigen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Im Hinblick auf den ergänzenden
Vortrag der Parteien im Berufungsrechtszug ist Folgendes hinzuzufügen:
Durch die vom ehemaligen Geschäftsführer der Schuldnerin namens der
Schuldnerin ausgesprochene schriftliche Kündigung vom 01. April 2004 ist das
Arbeitsverhältnis des Klägers zur Schuldnerin fristlos beendet worden, denn diese
Kündigung gilt gem. § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Der Kläger hat
nämlich die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG nicht gewahrt.
Es kann dahin stehen, ob dem ehemaligen Geschäftsführer der Schuldnerin, wie
die Beklagten zu 2. und 3. behaupten, eine Kündigungsvollmacht durch den
Beklagten zu 4. erteilt worden war. Das Gericht geht wie der Kläger davon aus,
dass die Kündigung des ehemaligen Geschäftsführers der Schuldnerin gemäß §
180 Satz 1 BGB rechtsunwirksam war. Danach ist die Kündigung, welche durch
einen Vertreter ohne Vertretungsmacht erklärt wird, als einseitiges
empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft nichtig und nicht genehmigungsfähig, wenn
der Kündigungsempfänger die fehlende Vertretungsmacht bei Vornahme der
Kündigung beanstandet, die Kündigungsbefugnis leugnet und die Kündigung
deswegen zurückweist (KR-Friedrich, 8. Aufl., § 13 KSchG Rn 288). Auf die vom
Kläger aufgeworfene weitere Frage, was gelten könnte, sofern der Kläger die
Vertretungsmacht des ehemaligen Geschäftsführer nicht beanstandet hätte,
kommt es nicht an. Insbesondere kann auch dahinstehen, ob die nicht
beanstandete vollmachtlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses vom
Vertretenen mit rückwirkender Kraft gem. § 180 Satz 2 BGB i.V.m. § 184 Abs. 1
BGB genehmigt werden kann (bejahend: KR-Friedrich, § 13 KSchG Rn 289, m.w.N.;
a.A. bei Kündigung von Wohnraummiete: OLG Celle 02. Dezember 1998 - 2 U
60/98 - Juris).
Der Kläger hat diesen Unwirksamkeitsgrund nicht innerhalb der 3-wöchigen
Klagefrist geltend gemacht. Seit dem Gesetz zur Reform am Arbeitsmarkt vom 24.
Dezember 2003 gilt die Klagefrist auch dann, wenn die Rechtsunwirksamkeit einer
schriftlichen Kündigung aus anderen Gründen als denen der Sozialwidrigkeit
geltend gemacht wird. Diese denkbar umfassende Formulierung des Gesetzgebers
differenziert bei der Rechtsunwirksamkeit aus anderen Gründen nicht danach, ob
sich die Unwirksamkeit der schriftlichen Kündigung etwa aus der
Kündigungserklärung selbst, der Person des Erklärenden, aus Umständen in der
Person des Gekündigten oder aus sonstigen gesetzlichen, tarifvertraglichen oder
arbeitsvertraglichen Gründen ergibt. Die Klagefrist hat damit einen sehr weiten
Anwendungsbereich bekommen und erfasst auch Unwirksamkeitsgründe, die aus
allgemeinen rechtsgeschäftlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen, aus
Willensmängeln oder der etwa fehlenden Geschäftsfähigkeit des Kündigenden und
auch aus einem Mangel der Vertretungsmacht folgen (ErfK-Ascheid, 7. Aufl. 2007,
§ 4 KSchG Rn 2; HaKo-Pfeiffer, 2. Aufl. 2004, § 13 KSchG Rn 68; KR-Friedrich, 8.
Aufl. 2007, § 4 KSchG Rn 9 a und § 13 KSchG Rn 177 ff., 288 ff.; BBDW/Kriebel § 4
KSchG Rn 25 ff.).
Der in Teilen der Literatur vertretenen Ansicht, dass Unwirksamkeitsgründe, die an
die Wirksamkeit der eigentlichen Kündigungserklärung selbst anknüpfen, nicht
innerhalb der 3-wöchigen Klagefrist geltend gemacht werden müssten, folgt das
Gericht nicht. So wird etwa vertreten, dass zwar der Wortlaut des § 4 Satz 1 KSchG
umfassend sei, sich aber aus der Begründung des Fraktionsentwurfs und der dort
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umfassend sei, sich aber aus der Begründung des Fraktionsentwurfs und der dort
beispielhaften Aufzählung möglicher sonstiger Unwirksamkeitsgründe ergäbe,
dass nur solche Unwirksamkeitsgründe gemeint sein könnten, die nicht mit der
Kündigungserklärung als solcher zusammenhingen (Bender/Schmidt, KSchG 2004:
Neuer Schwellenwert und einheitliche Klagefrist, NZA 2004, 358, 362). Es werde
auf Normen abgestellt, die eine wirksame Kündigungserklärung begrifflich
voraussetzten.
Aus der beispielhaften Aufzählung von Unwirksamkeitsgründen im
Fraktionsentwurf kann allerdings gerade nicht geschlossen werden, dass der
Gesetzgeber bestimmte Unwirksamkeitsgründe von § 4 Satz 1 KSchG nicht erfasst
sehen wollte. Die beispielhafte Aufzählung belegt gerade, dass der Gesetzgeber
mit den genannten Beispielen keine abschließende Aufzählung verbunden und alle
denkbaren Unwirksamkeitsgründe der dreiwöchigen Klagefrist unterworfen hat.
Zutreffend ist zwar, dass im Fraktionsentwurf etwa die §§ 104, 174 und 180 BGB
nicht erwähnt sind und jedenfalls § 104 und § 180 BGB in der Tat
Unwirksamkeitsgründe betreffen, die die Erklärung selbst erfassen und zur
Nichtigkeit der Kündigung führen. Die Nichterwähnung in der beispielhaften
Aufzählung ändert weder hinsichtlich des § 174 BGB, noch hinsichtlich der §§ 104
und 180 BGB etwas an der klaren und umfassenden Formulierung des
Gesetzgebers in § 4 Satz 1 KSchG. Auch soweit der Kläger meint, die Kündigung
vom 01. April 2004 sei dem Arbeitgeber nicht zurechenbar, da sie nicht vom
Arbeitgeber ausgesprochen worden sei, ist ihm nicht zu folgen. Der ehemalige
Geschäftsführer der Schuldnerin hat das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der
Schuldnerin namens der Schuldnerin und damit nach Eintritt der Insolvenz für den
Insolvenzverwalter gekündigt. Das war für den Kläger auch erkennbar, wie sich
nicht zuletzt an der Beanstandung der Kündigungsbefugnis des ehemaligen
Geschäftsführers durch den Kläger zeigt.
Der Antrag des Klägers festzustellen, dass seit dem 07.04.2004 zwischen dem
Kläger und den Beklagten zu 1. - 3. ein Arbeitsverhältnis besteht ist
zurückzuweisen. Es mag dahinstehen, ob der Kläger hinreichend dargetan hat,
dass am 07. April 2004 ein Betriebsübergang von der Schuldnerin auf die
Beklagten zu 1. - 3. stattgefunden hat. Selbst wenn das zugunsten des Klägers
unterstellt wird, ist sein Arbeitsverhältnis jedenfalls nicht übergegangen, da es mit
dem 01. April 2004 bei der Schuldnerin beendet war.
Die Vergütung für den Monat März schulden die Beklagten zu 1. - 3. dem Kläger
schon deshalb nicht, da die Beklagten zu 1. - 3. den Betrieb der Schuldnerin nach
der Behauptung des Klägers erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
übernommen haben und deshalb die Grundsätze der Haftungsbeschränkung eines
Betriebserwerbers im Insolvenzverfahren eingreifen (BAG 20. Juni 2002 - 8 AZR
459/01 - NZA 2003, 318). Im Übrigen gilt sowohl hinsichtlich der Vergütung für den
Monat März 2004 wie für die Vergütung der Folgemonate, dass das
Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Schuldnerin zum 01.04.2004 beendet war
und bereits deshalb nicht auf die Beklagten zu 1. - 3. übergehen konnte.
Der Kläger trägt gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten
Rechtsmittels.
Die Revision wird gem. § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zugelassen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.