Urteil des LAG Hessen vom 11.12.2008

LAG Frankfurt: betriebsrat, glaubwürdigkeit, arbeitsgericht, ausschluss, antragsrecht, druck, beteiligter, beendigung, datum, wiederholungsgefahr

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
9. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 TaBV 141/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 23 Abs 1 S 1 BetrVG, § 75
BetrVG, § 247 S 1 StPO, §
247 S 4 StPO, § 87 Abs 2
ArbGG
(Ausschluss eines Betriebsratsvorsitzenden aus dem
Betriebsrats auf Antrag des Arbeitgebers wegen sexueller
Belästigung einer Arbeitnehmerin - Inaussichtstellen einer
Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis -
vorübergehende Entfernung einer Partei während einer
Zeugenaussage)
Leitsatz
1. Ein Betriebsratsvorsitzender, der für seine tatsächlichen oder vermeintlichen
Bemühungen um die Einstellung einer Mitarbeiterin oder deren Vertragsverlängerung
sexuelle Gegenleistungen von ihr verlangt und die Mitarbeiterin ständig sexuell
belästigt, missbraucht sein Betriebsratsamt und ist auf Antrag des Arbeitgebers aus
dem Betriebsrat auszuschließen.
2. Ein Beteiligter (hier der Betriebsratsvorsitzende) kann in entsprechender Anwendung
von § 247 StPO für die Dauer einer Zeugenvernehmung aus dem Sitzungssaal entfernt
werden, wenn die Gefahr besteht, dass die Zeugin in seiner Anwesenheit nicht
aussagen kann (hier über seine sexuellen Belästigungen) und sich sogar weigert, in
seiner Anwesenheit den Sitzungssaal zu betreten. Das Gericht hat den Beteiligten nach
Beendigung der Zeugenvernehmung über den wesentlichen Inhalt der Aussage zu
unterrichten und ihm Gelegenheit zu geben, sein Fragerecht auszuüben.
Tenor
Die Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Mai 2008 - 3/14 BV 1381/07 - werden
zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird für keinen der Beteiligten zugelassen.
Gründe
I. Die zu 1) beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der
Gebäudereinigungsbranche. Sie führte u.a. im Auftrag der A GmbH die Reinigung
eines …gebäudes, in dem sich eine Großküche befindet, durch. Die Arbeitgeberin
begehrt den Ausschluss des Beteiligten zu 3) aus dem in diesem Objekt gewählten
dreiköpfigen Betriebsrat, dem Beteiligten zu 2), dessen Vorsitzender der Beteiligte
zu 3) ist. In diesem Objekt sind etwa 35 Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1) tätig.
Der ganz überwiegende Teil der Mitarbeiter ist nichtdeutscher Nationalität. Der am
25. Dezember 1962 geborene, verheiratete Beteiligte zu 3) ist seit Oktober 2000
bei der Beteiligten zu 1) im Objekt B beschäftigt. Seine monatliche
Bruttovergütung beträgt EURO 1.450,-. Er gehört dem Beteiligten zu 2) seit dem 2.
Juni 2004 ununterbrochen an.
Bei der Beteiligten zu 1) war von Februar 2006 bis zum 31. Januar 2007 aufgrund
befristeten Vertrages die türkischsprachige Mitarbeiterin C als Reinigungskraft
beschäftigt. Am 26. März 2007 ging bei der Beteiligten zu 1) ein Telefaxschreiben
der Zeugin C mit dem Datum des 23. März 2007 ein, in dem diese mitteilt, der
Beteiligte zu 3), der sie eingestellt habe, belästige sie seit dem Beginn ihrer
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Beteiligte zu 3), der sie eingestellt habe, belästige sie seit dem Beginn ihrer
Beschäftigung bei der Beteiligten zu 1) sexuell. Er habe eine Gegenleistung für ihre
Einstellung gefordert, habe auf der Arbeitsstelle wiederholt versucht, sie
anzufassen und habe ihr mehrfach erklärt, nur wenn sie sich auf sexuelle Kontakte
mit ihm einlasse, schließe er mit ihr einen Festvertrag. Die Belästigungen seien so
stark geworden, dass sie keine andere Möglichkeit mehr gesehen habe, als sich
bei der Beteiligten zu 1) zu melden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Telefaxes
wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 60 d. A.) Bezug genommen.
Unter dem Datum des 30. März 2007, eines Freitags, gab die Zeugin im Büro des
auch türkischsprachigen Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 1), dem
Zeugen D, eine eidesstattliche Versicherung ab (Bl. 61 d.A), mit der sie
versicherte, der Beteiligte zu 3) habe wiederholt versucht, sie auf der Arbeitsstelle
anzufassen und ihr gegen Ende der Befristungszeit angeboten, er werde sich für
ihre unbefristete Übernahme einsetzen, sofern sie sich ihm sexuell hingebe.
Der Antrag der Beteiligten zu 1) vom 3. April 2007 auf Ersetzung der vom
Beteiligten zu 2) verweigerten Zustimmung zur beabsichtigten fristlosen
Kündigung des Beteiligten zu 3) blieb vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main
und Hessischen Landesarbeitsgericht (- 20 TaBV 244/07 - Beschluss vom 28. Aug.
2008) erfolglos.
Die Beteiligte zu 1) ist der Ansicht gewesen, der Beteiligte zu 3) sei wegen grober
Verletzung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten gemäß § 23 Abs. 1
BetrVG aus dem Betriebsrat auszuschließen. Sie hat vorgetragen, der Beteiligte
zu 3) habe die Zeugin C seit Beginn ihrer Beschäftigung unter Druck gesetzt, mit
ihm eine sexuelle Beziehung aufzunehmen, sie an den unübersichtlichen
Örtlichkeiten in dem zu reinigenden Objekt immer wieder körperlich bedrängt und
gegen ihren Willen zu küssen versucht. Ende des Jahres 2006 habe er im Hinblick
auf den nahenden Befristungsablauf des Arbeitsvertrags der Zeugin C begonnen,
dieser zu drohen, er habe es in der Hand, ob der Vertrag verlängert werde und
dies hänge davon ab, ob sie sich mit ihm einlasse. Sie hat weiter behauptet, der
Beteiligte zu 3) habe sich gegenüber dem Zeugen E dafür eingesetzt, dass der
Vertrag der Zeugin C nicht verlängert werde und dies damit begründet, die Zeugin
arbeite schlecht.
Die Beteiligte zu 1) hat beantragt,
den Beteiligten zu 3) aus dem Betriebsrat der F GmbH, Objekt B,
auszuschließen.
Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Beteiligten zu 2) und 3) haben die Auffassung vertreten, die Beteiligte zu 1) sei
nicht antragsbefugt. Der Arbeitgeber sei weder der Anwalt der Belegschaft noch
des Betriebsrats. Die gerügte Pflichtverletzung sei eine solche zwischen dem
Betriebsratsvorsitzenden und einer Mitarbeiterin, hierfür fehle der Beteiligten zu 1)
die Antragsbefugnis. Ferner verwahre sich der Beteiligte zu 3) gegen den Vorwurf
der sexuellen Belästigung. Der Beteiligte zu 3) habe sich hinsichtlich der Zeugin C
um Verlängerung des Vertrags bemüht, aber er habe keine Befugnis zum
Vertragsschluss. Soweit es zwischen ihm und der Zeugin C außerhalb der Arbeit
direkte persönliche Kontakte gegeben habe, hätten diese mit seiner Funktion als
Vorsitzender des Beteiligten zu 2) in keinem Zusammenhang gestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens, des vom
Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens
wird auf die Sachdarstellung des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat dem Antrag durch Beschluss vom 15.
Mai 2008 – 3/14 BV 1381/07 – stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die
arbeitsgerichtlichen Beschlussgründe verwiesen. Der Beschluss ist den Beteiligten
zu 2) und 3) am 5. Juni 2008 zugestellt worden. Der Beteiligte zu 2) hat dagegen
am 13. Juni 2008 per Telefax Beschwerde eingelegt und diese nach rechtzeitig
beantragter Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 5. Sept. 2008
an diesem Tag per Telefax begründet. Die Beschwerde des Beteiligten zu 3) ist am
19. Juni 2008 eingegangen, seine Begründung nach rechtzeitig beantragter
Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 5. Sept. 2008 per Telefax
am 1. Sept. 2008.
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Der Beteiligte zu 2) rügt, das Arbeitsgericht habe den Vortrag der Beteiligten zu 2)
und 3) nahezu vollständig unbeachtet gelassen. Es habe sich nicht mit seinem
Einwand auseinander gesetzt, der Antrag der Arbeitgeberin sei verwirkt. Zu
Unrecht sei das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, die Beteiligte zu 1) sei
antragsbefugt. Die arbeitsgerichtliche Begründung, die Amtspflichtverletzung sei
im Bereich der Einstellung des § 99 BetrVG zu sehen, sei nicht nachvollziehbar, da
es ja zu keiner Vertragsverlängerung gekommen sei. Die Aussage der Zeugin im
Zustimmungsersetzungsverfahren 3 BV 198/07 sei nicht geeignet, eine grobe
Pflichtverletzung darzustellen. Es sei nicht ersichtlich, dass der von der Zeugin
bekundete Satz, der Beteiligte zu 3) habe zu ihr gesagt: „fünf Minuten mach die
Augen zu – dann wird der Vertrag unbefristet“ ein Verlangen des Beteiligten zu 3)
nach sexueller Hingabe zum Ausdruck bringe. Man mag das als distanzlos und
geschmacklos ansehen. Hierin jedoch einen groben Verstoß gegen die
gesetzlichen Pflichten eines Betriebsratsmitglieds zu sehen, sei überzogen. Die
Zeugin sei auch nach ihrer Aussage nicht davon ausgegangen, dass der Beteiligte
zu 3) für ihre Einstellung zuständig gewesen sei. Der Beteiligte zu 2) habe sich
seinerzeit allerdings sehr engagiert für die Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse
aller von einem Arbeitsplatzverlust bedrohten Beschäftigten eingesetzt, darunter
auch die Zeugin C, und habe sich gegen den Einsatz von Leiharbeitnehmern
gewehrt. Der Beteiligte zu 3) beanstandet, der angefochtene Beschluss enthalte
weder eine Gesamtwürdigung aller Umstände noch Ausführungen dazu, weshalb
die behauptete Pflichtverletzung prognostisch einer weiteren Amtsausübung
entgegenstünde. Die erstinstanzlich verwertete Aussage der Zeugin C sei wenig
ergiebig. Selbst wenn man ihr Glauben schenke und der Beteiligte zu 3) die
fraglichen Worte gesagt haben sollte, habe sie jedenfalls nicht bekundet, von einer
Einstellungsbefugnis oder maßgeblichen Einflussmöglichkeiten des Beteiligten zu
3) ausgegangen zu sein. Ihr sei bekannt gewesen, dass nur der Objektleiter Herr E
einstellungsbefugt gewesen sei und der Beteiligte zu 3) wenn überhaupt nur
geringe Möglichkeiten des Einflusses auf ihre Weiterbeschäftigung gehabt hätte. Es
sei zwar durchaus möglich, dass der Beteiligte zu 3) näheren Kontakt zu der
Zeugin gesucht und in diesem Zusammenhang einmal die Möglichkeit der
Entfristung in den Raum gestellt habe, was der Beteiligte zu 3) jedoch nach wie vor
bestreite. Für die Zeugin habe ersichtlich unabhängig von dessen Amt das
Begehren des Beteiligten zu 3) nach sexuellen Kontakten im Vordergrund
gestanden.
Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen jeweils,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Mai 2008 – 3/14
BV 1381/07 - abzuändern und den Antrag der Beteiligten zu 1) zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 1) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 1) ist der Auffassung, ihre Antragsbefugnis ergebe sich aus ihren
in § 75 BetrVG normierten Pflichten. Mit einer tatenlosen Hinnahme festgestellter
Verstöße durch Betriebsratsmitglieder verletzte sie ihrerseits ihre Pflichten aus §
75 BetrVG. Abgesehen davon ergebe sich bei festgestellten sexuellen
Belästigungen eine Handlungspflicht des Arbeitgebers aus § 12 Abs. 3 AGG. Die
Beteiligte zu 1) behauptet unter Wiederholung und Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin, die Zeugin C sei vom Beteiligten zu 3)
während der gesamten Dauer ihres Arbeitsverhältnisses massiv sexuell belästigt
worden. In dem auf ihr Fax hin geführten Gespräch vom 30. März 2007 habe die
Zeugin ihre Vorwürfe vertieft. Die Zeugin sei glaubwürdig gewesen, denn
irgendwelche Eigeninteressen hätte sie nach ihrem Ausscheiden aus dem Betrieb
nicht verfolgt. Der Beteiligte zu 3) habe unter Aufbau eines Existenz bedrohenden
Drucks versucht, die Zeugin C gegen ihren Willen zu sexuellen Handlungen zu
bewegen. Der Betriebsratsvorsitzende habe im Rahmen der Einstellung von
Mitarbeitern auch rechtlich eine erhebliche Machtstellung, die von seiner
tatsächlichen Autorität im Betrieb noch in den Schatten gestellt werde. Die
Mitarbeiter schenkten ihm Glauben, wenn er behaupte, er entscheide darüber, wer
im Betrieb arbeiten könne und wer nicht. Diese Machtposition habe er ausgenutzt,
um die Zeugin C zu sexuellen Handlungen zu nötigen. Auch für die Zeugin C sei es
der Beteiligte zu 3) gewesen, der sie eingestellt hätte. Er habe die Zeugin C
angesprochen und um ihre Bewerbungsunterlagen gebeten. Daraufhin habe sich
die Zeugin mit dem Beteiligten zu 3) an einem Abend im Januar 2006 zwischen
21.00 und 22.00 Uhr am Tor des B getroffen und ihm die Bewerbungsunterlagen
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21.00 und 22.00 Uhr am Tor des B getroffen und ihm die Bewerbungsunterlagen
übergeben. Unmittelbar im Anschluss daran erhielt sie einen befristeten
Arbeitsvertrag. Am Ende habe die Zeugin auf die Verlängerung ihres befristeten
Arbeitsvertrages verzichtet, um sich dem Beteiligten zu 3) zu entziehen. Aber
auch dann habe er nicht von ihr abgelassen, sondern ihr nachgestellt und sei
sogar bei ihr zu Hause erschienen. Er sagte der Zeugin, er werde sich für ihre
Wiedereinstellung einsetzen, falls sie sich in seinem Sinne hierfür erkenntlich
zeigen würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die
Beschwerdeschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 11. Dez.
2008 verwiesen. Die Akten des Verfahrens 3 BV 198/07 - 20 TaBV 244/07 wurden
beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Das Beschwerdegericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin C
sowie der Zeugen Rechtsanwalt D und E. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 11. Dez. 2008
Bezug genommen.
II. Die Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 3) sind gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG
statthaft und zulässig, weil sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet
worden sind (§§ 87 Abs. 2, 89, 66 Abs. 1 ArbGG).
Die Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 3) sind jedoch nicht begründet.
Der Ausschließungsantrag der Beteiligten zu 1) ist zulässig. Sie ist antragsbefugt.
Im Beschlussverfahren ist ein Beteiligter nur insoweit antragsbefugt, als er eigene
Rechte geltend macht. Regelmäßig kann nur derjenige ein gerichtliches Verfahren
einleiten, der vorträgt, Träger des streitbefangenen Rechts zu sein. Die
Antragsbefugnis im Beschlussverfahren dient dazu, Popularklagen auszuschließen.
Im Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis deshalb nur gegeben, wenn der
Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner
betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen werden kann. Das ist
regelmäßig nur dann der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht (BAG
Beschluss vom 18. Febr. 2003 - 1 ABR 17/02 - EzA § 77 BetrVG 2001 Nr. 4 mit
weiteren Nachweisen). Die Beteiligte zu 1) macht mit ihrem Ausschließungsantrag
eigene Rechte geltend. Das Antragsrecht wird ihr gesetzlich eingeräumt. Es kann
dahinstehen, ob der Arbeitgeber den Antrag stellen darf, wenn dem
Betriebsratsmitglied zwar eine grobe Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher
Pflichten vorzuwerfen ist, aber nicht im Verhältnis zum Arbeitgeber. Hier hat die
Beteiligte zu 1) ein eigenes Antragsrecht, weil sie es nicht hinnehmen kann, dass
in ihrem Betrieb der Betriebsratsvorsitzende gegenüber einer Arbeitnehmerin
seine tatsächlichen oder vermeintlichen Bemühungen um deren
Vertragsverlängerung von sexuellen Gegenleistungen abhängig macht. § 75
BetrVG gebietet ihm hier sogar ein Eingreifen, wenn er sich nicht selbst eine
Verletzung seiner Pflichten aus dieser Vorschrift vorwerfen lassen will. Dass der
Beteiligte zu 3) für seine tatsächlichen oder vorgegebenen Bemühungen im
Zusammenhang mit der Einstellung einer Arbeitnehmerin eine Belohnung in
Gestalt körperlicher Hingabe einfordert, die Arbeitnehmerin sexuell belästigt und
dies anlässlich der anstehenden Vertragsverlängerung der Arbeitnehmerin
fortsetzt, ist keine Angelegenheit, die nur das Verhältnis zwischen einem
Betriebsratsmitglied und einer Arbeitnehmerin betrifft, sondern auch den
Arbeitgeber als Teilhaber der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung. Diesen
Amtsmissbrauch des Beteiligten zu 3) muss die Beteiligte zu 1) in ihrem Betrieb
nicht hinnehmen. Sie hat ihre Beschäftigten davor zu schützen.
Das Antragsrecht der Beteiligten zu 1) ist auch nicht verwirkt. Sie hat den
Ausschließungsantrag zwar erst am 19. Nov. 2007 beim Arbeitsgericht Frankfurt
am Main eingereicht, also 7 bis 8 Monate, nachdem sie von den Vorwürfen der
Zeugin C gegen den Beteiligten zu 3) Kenntnis erhielt. Eine prozessrechtliche
Verwirkung greift hier indessen nicht. Auch das Recht, ein rechtliches Begehren
gerichtlich geltend zu machen, kann der Verwirkung unterliegen. Voraussetzung
ist, dass der Antrag erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums eingereicht wird
und Umstände vorlagen, auf Grund derer der Antragsgegner annehmen durfte, er
werde nicht mehr gerichtlich belangt werden. Zudem muss das
Zumutbarkeitsmoment verwirklicht sein, d. h., das Erfordernis des
Vertrauensschutzes muss das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen
Prüfung des von ihm behaupteten Rechtsbegehrens derart überwiegen, dass dem
Gegner die Einlassung auf den Antrag nicht mehr zuzumuten ist (BAG Urteil vom
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Gegner die Einlassung auf den Antrag nicht mehr zuzumuten ist (BAG Urteil vom
25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - EzA BetrAVG § 16 Nr. 48 m.w.N.; LAG Schleswig-
Holstein Beschluss vom 4. März 2008 - 2 TaBV 42/07 - NZA-RR 2008, 414). Dass
diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist nicht ersichtlich. Die Beteiligte zu 1) hat
zunächst ein Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet. Hätte sie damit Erfolg
gehabt und sodann eine rechtsbeständige Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit
dem Beteiligten zu 3) ausgesprochen, hätte dessen Betriebsratsamt nach § 24 Nr.
3 BetrVG geendet. Nachdem der Zustimmungsersetzungsantrag erstinstanzlich
durch den am 14. Aug. 2007 zugestellten Beschluss vom 26. Juli 2007
zurückgewiesen worden war, legte sie gegen diesen Beschluss Beschwerde ein und
reichte parallel am 19. Nov. 2007 den Ausschließungsantrag ein. Vor dem
Hintergrund, dass das Zustimmungsersetzungsverfahren noch nicht
abgeschlossen war, sondern in die zweite Instanz ging, konnten die Beteiligten zu
2) und 3) keinen Augenblick davon ausgehen, die Beteiligte zu 1) würde die dem
Beteiligten zu 3) vorgeworfene Pflichtverletzung nicht mit allen ihr zur Verfügung
stehenden rechtlichen Mitteln verfolgen. Auch der Umstand, dass die Beteiligte zu
1) den Ausschließungsantrag nicht bereits als Hilfsantrag im
Zustimmungsersetzungsverfahren anhängig gemacht hat, konnte bei den
Beteiligten zu 2) und 3) kein Vertrauen darauf begründen, dass die Arbeitgeberin
nicht während des noch laufenden Zustimmungsersetzungsverfahrens weitere
rechtswahrende Anträge einreicht.
Der Beteiligte zu 3) ist aus dem Betriebsrat auszuschließen. Ein den Ausschluss
eines Betriebsratsmitglieds rechtfertigender grober Verstoß gegen gesetzliche
Pflichten liegt dann vor, wenn diese Pflichtverletzung objektiv erheblich und
offensichtlich schwerwiegend ist. Ein solcher Verstoß ist anzunehmen, wenn unter
Berücksichtigung aller Umstände die weitere Amtsausübung des
Betriebsratsmitglieds untragbar erscheint (BAG Beschluss vom 22. Juni 1993 – 1
ABR 62/92 – EzA § 23 BetrVG 1972 Nr. 35 n.v.; Hess. LAG Beschluss vom 9. Juni
2005 – 9 TaBV 186/04 – n.v.; Hess. LAG Beschluss vom 16. Sept. 2004 – 9 TaBV
33/04 -; Hess. LAG Beschluss vom 4. Mai 2000 – 12 TaBV 100/99 – Juris). Das
arbeitsgerichtliche Erkenntnisverfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG ist auf ein
zukünftiges Verhalten des Betriebsrats, nicht aber auf Sanktionen gegen ihn
gerichtet. Das Tatbestandsmerkmal der groben Pflichtverletzung hat für das
Verfahren eine ähnliche Bedeutung wie bei den negatorischen Klagen die in den
materiell-rechtlichen Vorschriften bezeichnete Wiederholungsgefahr und wie bei
einer Klage auf künftige Leistungen die Besorgnis der nicht rechtzeitigen Erfüllung.
Es stellt also eine Rechtsschutzvoraussetzung dar (BAG Beschluss vom 23. Juni
1992 - 1 ABR 11/92 - EzA § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 51; Hess. LAG
Beschluss vom 9. Juni 2005 – 9 TaBV 186/04 – n.v.; Hess. LAG Beschluss vom 16.
Sept. 2004 – 9 TaBV 33/04 - ).
Aufgrund der Beweisaufnahme steht fest, dass der Beteiligte zu 3) die Zeugin C
unter Missbrauch seines Betriebsratsamtes massiv sexuell belästigt hat. Die
Zeugin hat mit ihrer Aussage die Vorwürfe bestätigt, die bereits Gegenstand ihres
Telefaxes vom 23. März 2007, das ihr vorgelesen wurde, waren und sie hat
ausgesagt, dieses entspreche der Wahrheit. Ihr Schwiegersohn habe es nach ihren
Angaben für sie aufgesetzt. Sie bestätigte auch, dass der Inhalt ihrer
eidesstattlichen Versicherung vom 30. März 2007, die ihr ebenfalls vorgelesen
wurde, der Wahrheit entspräche. Nachdem sie infolge des Vorlesens der
Schriftstücke etwas freier reden konnte, schilderte sie, der Beteiligte zu 3) habe
nach der Einstellung von ihr als Dank verlangt, dass sie sich mit ihm sexuell
einlasse. Sie hätte ihm gesagt, sie könne ihn zum Essen einladen. Er habe darauf
geantwortet, und nach dem Essen gingen sie in ein Hotel oder in ihre Wohnung. Er
habe auch während des Arbeitsverhältnisses versucht, sie anzufassen und zu
küssen. Sie habe sich dem entzogen. Zum Ende des befristeten
Arbeitsverhältnisses hätte er ihr erneut angeboten, sich für ihre Übernahme in ein
unbefristetes Arbeitsverhältnis einzusetzen, wenn sie sich ihm sexuell hingeben
würde. Auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätte er ihr derartige
Angebote gemacht und sie zu Hause und sogar in G angerufen.
Der Beteiligte zu 3) hat sein Betriebsratsamt und die damit in den Augen der
Beschäftigten verbundenen Einflussmöglichkeiten missbraucht, um von der
Zeugin C eine sexuelle Hingabe zu fordern. Es spielt keine Rolle, in welchem
Umfang der Beteiligte zu 3) tatsächlich Einfluss auf die Einstellung der Zeugin C
bzw. die Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis hatte. Der Betriebsrat,
dessen Vorsitzender der Beteiligte zu 3) ist, hat nach § 99 BetrVG in erheblichem
Umfang Einfluss auf Einstellungen. In vielen Fällen sehen Arbeitgeber für den Fall,
dass der Betriebsrat der Einstellung widerspricht, von einem aufwändigen
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dass der Betriebsrat der Einstellung widerspricht, von einem aufwändigen
Zustimmungsersetzungsverfahren ab, insbesondere, wenn wie in der
Reinigungsbranche das Angebot an Arbeitskräften groß ist. Entscheidend ist, dass
der Beteiligte zu 3) bei der Zeugin diesen Eindruck erweckt und verstärkt hat.
Nach dem von der Zeugin im Rahmen ihrer Aussage inhaltlich bestätigten Telefax
vom 23. März 2007 und der ebenfalls bestätigten eidesstattlichen Versicherung
vom 30. März 2007 habe der Beteiligte zu 3) ständig gemeint, dass er sie
eingestellt habe und dafür eine Gegenleistung möchte. Wenn sie mit ihm in
sexuelle Kontakte kommen würde, würde er mit ihr einen Festvertrag schließen
bzw. er werde für die Verlängerung ihres befristeten Arbeitsvertrages sorgen.
Infolge dieses Amtsmissbrauchs ist der Beteiligte zu 3) als Betriebsratsmitglied
nicht mehr tragbar.
Für das zukünftig zu erwartende Verhalten des Beteiligten zu 3) besteht eine
deutliche Negativprognose. Die Beweisaufnahme hat nicht nur die
Ausschließungsgründe bestätigt, sondern es steht auch fest, dass der Beteiligte
zu 3) während des gesamten Arbeitsverhältnisses und auch danach nicht von der
Zeugin abgelassen hat. Diese Nachhaltigkeit der sexuellen Verfolgung begründet
eine deutliche Wiederholungsgefahr und belegt die Befürchtung, er werde sich
auch zukünftig gegenüber anderen Arbeitnehmerinnen derart verhalten. Dafür
spricht auch die unsägliche Verharmlosung seines Handelns im Rahmen des
Beschwerdevorbringens in dem Sinne, seine sexuellen Annäherungen seien
gleichsam Ausdruck einer persönlichen Zuneigung gewesen.
Der Beteiligte zu 3) war während der Vernehmung der Zeugin C auf deren Antrag
vorübergehend aus dem Sitzungssaal zu entfernen. Auch im Zivilprozess - und im
Beschlussverfahren, §§ 87 Abs. 2, 64 Abs. 6 ArbGG, 525 ZPO, 247 StPO - kann
vom Gericht entsprechend § 247 StPO angeordnet werden, dass sich eine Partei
bzw. ein Beteiligter aus dem Sitzungssaal zu entfernen hat, wenn bei der
Vernehmung eines Zeugen oder einer Zeugin in Anwesenheit des Beteiligten zu
befürchten ist, dass diese nicht die Wahrheit sagt (ebenso OLG Frankfurt am Main
Beschluss vom 13. Jan. 2003 – 25 W 97/02 – Juris; Stein/Jonas/Berger § 357 ZPO
Rz. 15). Diese Gefahr war hier gegeben, denn die vom Beteiligten zu 3) belästigte
und genötigte Zeugin, die in Anwesenheit des Beteiligten zu 3) den Sitzungssaal
zunächst gar nicht betreten wollte, sagte glaubhaft aus, sie fürchte sich vor dem
Beteiligten zu 3), weil sie im selben Ort wohnte. Es könne sein, dass er sie unter
Druck setze. Sein Bruder hätte sie einmal verfolgt und gesagt: warum bist Du zu
Gericht gegangen, wenn Du das Gericht verlässt, machen wir Dich fertig.
Unabhängig von einer etwaigen Bedrohung der Zeugin durch den Bruder des
Beteiligten zu 3) ist es nach der Vorgeschichte der erheblichen sexuellen
Belästigung und Nötigung nachvollziehbar, dass die Zeugin in Anwesenheit des
Beteiligten zu 3) unter Druck war und ähnlich wortkarg, wie es das erstinstanzliche
Protokoll wiedergibt, aussagte. Dies bestätigte sich durch die Vernehmung in
Abwesenheit des Beteiligten zu 3). Die Zeugin sagte wesentlich detaillierter und
freier aus. Entsprechend § 247 Satz 4 StPO hat das Gericht den Beteiligten zu 3)
über den wesentlichen Inhalt der Aussage der Zeugin unterrichtet, der seine
Verfahrensbevollmächtigte beigewohnt hat, und die Sitzung zur Klärung, ob
weitere Fragen zu stellen sind, unterbrochen. Nach Fortsetzung der Anhörung
erklärten die Bevollmächtigten der Beteiligten zu 2) und 3), sie hätten keine
weiteren Fragen mehr an die Zeugin. Dass der Beteiligte zu 3) während der
Vernehmung der Zeugin C den Sitzungssaal verlassen musste, wurde durch die
Kammer bei der Beweiswürdigung berücksichtigt.
Die Zeugin C ist glaubwürdig. Sie hat ihre Aussage, nachdem der Beteiligte zu 3)
den Sitzungssaal verlassen hatte, anfangs sichtlich aufgelöst, dann aber
zunehmend gefasster gemacht. Nachdem die Zeugin zu Beginn offensichtlich
Probleme hatte, zu dem für sie sehr unangenehmen Thema auszusagen, hat die
Kammer ihr, um diese Blockade aufzulösen, ihr Telefax und ihre eidesstattliche
Versicherung vorgelesen. Im Anschluss gelang es ihr dann in der Tat, die
Geschehnisse freier und mit eigenen Worten wiederzugeben. Dass die Zeugin,
während ihr das Fax und die eidesstattliche Versicherung vorgelesen wurden,
wiederholt in Tränen ausbrach, schien der Kammer echt und keineswegs gestellt
zu sein. Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin hat die Kammer auch
Beweis darüber erhoben, wie die eidesstattliche Versicherung zustande
gekommen ist. Der als Zeuge vernommene Rechtsanwalt D, der fließend türkisch
spricht und der die eidesstattliche Versicherung der Zeugin vom 30. März 2007
aufgenommen hat, hat seine damaligen Eindrücke von der Zeugin geschildert. Sie
sei sichtlich aufgewühlt und sehr ängstlich gewesen. Sie hätte die Ereignisse
wiedergegeben, ohne dass er hätte nachfragen müssen. Er sei mit ihr die fertige
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wiedergegeben, ohne dass er hätte nachfragen müssen. Er sei mit ihr die fertige
Erklärung durchgegangen und hätte die Zeugin für glaubwürdig gehalten. Dass die
Zeugin große Angst hatte, bestätigte auch der Zeuge E, der damalige Objektleiter.
Sie hätte ihn darum gebeten, dass sie sich für die Fahrt zu Rechtsanwalt D an
einem neutralen Ort träfen, damit sie niemand sehen könne. Dass Rechtsanwalt D
aussagte, Herr E hätte, wenn er überhaupt mit in der Kanzlei gewesen wäre,
draußen gewartet, während der Zeuge E meinte, er sei bei dem Gespräch des
Rechtsanwalts mit der Zeugin zugegen gewesen, tut der Glaubwürdigkeit von
Rechtsanwalt D keinen Abbruch, zumal es nach Erinnerung des Zeugen E etwa
fünf Gespräche bei Rechtsanwalt D gab. Rechtsanwalt D hat jedenfalls
nachvollziehbar seine Eindrücke von der Aufnahme der eidesstattlichen
Versicherung geschildert, die er nicht aufgenommen hätte, wenn er auch nur den
leisesten Zweifel am Inhalt ihrer Erklärung gehabt hätte.
Den weiteren Beweisanträgen der Beteiligten zu 2) und 3) war nicht nachzugehen.
Der Antrag, den Bruder des Beteiligten zu 3) dazu zu vernehmen, wie die Zeugin C
und der Bruder des Beteiligten zu 3) sich kennengelernt haben, bringt für die
Glaubwürdigkeit der Zeugin keinen Ertrag. Im Beschlussverfahren können zwar zur
Aufklärung des Sachverhalts Zeugen nach § 83 Abs. 3 ArbGG auch von Amts
wegen vernommen werden. Die Gerichte für Arbeitssachen sind überdies
berechtigt und verpflichtet, im Rahmen der gestellten Anträge von sich aus eigene
Erhebungen anzustellen, auch Beweise zu erheben, die nicht vom Antragsteller
angetreten sind (BAG Beschluss vom 25. Sept. 1986 - 6 ABR 68/84 - EzA § 1
BetrVG 1972 Nr. 6). Stellt ein Beschwerdeführer jedoch im Rahmen seiner
Schlussvorträge Beweisanträge zur Glaubwürdigkeit von Zeugen, müssen diese
rechtlich relevant sein, sonst würden sie nur das an sich entscheidungsreife
Verfahren verzögern, § 87 Abs. 3 ArbGG. Die Beteiligten zu 2) und 3) haben nicht
ansatzweise Tatsachen dazu vorgetragen, wie anders als von der Zeugin C
bekundet die Zeugin und der Bruder des Beteiligten zu 3) sich kennengelernt
haben. Der angebotene Beweis zielt auf eine unzulässige Ausforschung ab, denn
auch im Beschlussverfahren kann die Glaubwürdigkeit eines Zeugen nur auf Grund
von Fakten in Frage gestellt werden. Der Beweisantrag der Beteiligten zu 2) und 3)
betrifft indessen keine Tatsache, nicht einmal eine Pauschalbehauptung oder eine
Vermutung, sondern eine Fragestellung, also einen unzulässigen
Beweisermittlungsantrag oder Ausforschungsbeweis, der nicht dem Beweis von
Tatsachen dient, sondern der Beschaffung von Tatsachen durch eine
Zeugenaussage (Hess. LAG Urteil vom 24. Mai 2002 – 9/2 Sa 1370/00 – nicht
veröffentl.; Hess. LAG Urteil vom 7.6.2002 - 9 Sa 440/01 – nicht veröffentl.; Hess.
LAG Urteil vom 27. Juli 2001 - 9/2 Sa 1844/00 - nicht veröffentl.; Hess. LAG Urteil
vom 29. Oktober 1999 - 2 Sa 3006/98 - Juris; Hess. LAG Urteil vom 22. Oktober
1999 - 2 Sa 576/99 - Juris; Hess. LAG Urteil vom 9. Juli 1999 - 2 Sa 2093/98 - LAGE
§ 1 BeschFG 1985/1996 Klagefrist Nr. 8). Abgesehen davon könnte diese
Beweisfrage (wenn also der Bruder des Beteiligten zu 3) aussagen würde, er hätte
die Zeugin C irgendwo anders kennengelernt) wie auch der weitere Teil des
Beweisantrages, den Bruder des Beteiligten zu 3) als Zeugen dazu zu vernehmen,
ob er die Zeugin C bedroht habe, die Glaubwürdigkeit der Zeugin hinsichtlich des
Kerns ihrer Aussage nicht erschüttern. Dabei lässt sich der zweite Teil des
Beweisantrages (ob ?) immerhin dahingehend interpretieren, dass die Beteiligten
zu 2) und 3) bestreiten wollen, dass der Bruder des Beteiligten zu 3) die Zeugin
bedroht habe. Der Antrag ist indessen auch bei dieser Auslegung nicht geeignet,
die Glaubwürdigkeit der Zeugin zu erschüttern, auch wenn unterstellt wird, der
Bruder des Beteiligten zu 3) würde aussagen, er hätte die Zeugin nicht bedroht.
Gegenstand der Beweisaufnahme war im Kern das Verhalten des Beteiligten zu 3)
der Zeugin gegenüber und nicht das Verhalten des Bruders. Auch wenn der Bruder
des Beteiligten zu 3) glaubwürdig bekunden sollte, er hätte die Zeugin C nicht
bedroht, führte dies zur Nichterweislichkeit dieser Tatsache oder, falls der Bruder
des Beteiligten zu 3) glaubwürdiger als die Zeugin C aussagt, dazu, dass die
Zeugin in diesem Punkt nicht die Wahrheit gesagt hätte. Im Hinblick auf die
Auflösungsgründe war die Zeugin wie ausgeführt jedoch glaubwürdig und zwar so
glaubwürdig, dass der Kern ihrer Aussage nicht erschüttert wäre. Die Kammer hat
sich die Frage gestellt, ob sie der Zeugin C hinsichtlich der Belästigungen durch
den Beteiligten zu 3) nicht mehr glauben würde, wenn der Bruder des Beteiligten
zu 3) glaubhaft bekundete, er hätte die Zeugin nicht bedroht. Die Kammer ist zum
Ergebnis gelangt, dass die Zeugin für diesen Fall, was den Kern ihrer Aussage
betrifft, nicht der Lüge überführt wäre, denn der Bruder des Beteiligten zu 3) ist ja
zu diesem Komplex kein Gegenzeuge. Zu diesem Ergebnis ist die Kammer auch
unter der Prämisse gelangt, dass der Zeuge in diesem Punkt gleich glaubwürdig
oder glaubwürdiger ist.
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Die Entscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG gebührenfrei.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht durch einen der gesetzlich
bestimmten Gründe gemäß §§ 92, 72 Abs. 2 ArbGG veranlasst.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.