Urteil des LAG Hamm vom 21.12.2007

LArbG Hamm: ordentliche kündigung, freistellung von der arbeitspflicht, betriebsrat, arbeitsgericht, zusammenarbeit, arbeitsbedingungen, berechtigter, qualifikation, berufsausbildung, auflösung

Landesarbeitsgericht Hamm, 4 Sa 1892/06
Datum:
21.12.2007
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 Sa 1892/06
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bielefeld, 6 Ca 17/06
Schlagworte:
Leiharbeitnehmer, betriebsbedingte Kündigung, freier Arbeitsplatz,
Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen,
Auflösungsantrag des Arbeitgebers, Annahmeverzug,
Durchschnittsberechnung
Normen:
§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 b KSchG, § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG, § 615 BGB
Leitsätze:
1. Die in einem Betrieb dauerhaft mit Leiharbeitnehmern besetzten
Arbeitsplätze gelten als frei i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 b KSchG. Vor
Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber
dem zu kündigenden Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung auf einem
solchen Arbeitsplatz anbieten, sofern der Arbeitnehmer die dort
anfallenden Tätigkeiten verrichten kann (im Anschluss an LAG Hamm,
Urteil vom 05.03.2007 - 11 Sa 1138/06).
2. Ein arbeitgeberseitiger Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2
KSchG, der auf die im Prozess vom Arbeitnehmer unsubstanziiert
vorgetragene Behauptung gestützt wird, der Arbeitgeber drohe anderen
Mitarbeitern mit Entlassung, sollten sie als Zeugen zugunsten des
gekündigten Arbeitnehmers vor dem Arbeitsgericht aussagen, ist
unbegründet, wenn diese Behauptung nicht wiederholt wird und sich in
Würdigung der sonstigen Prozessführung des Arbeitnehmers als
einmalige Entgleisung darstellt.
3. Der im Stundenlohn beschäftigte Arbeitnehmer kann
Verzugslohnansprüche jedenfalls dann auf Basis des zuletzt gezahlten
durchschnittlichen Monatslohns geltend machen, wenn er in der
Vergangenheit Lohnzulagen in wechselnder Höhe erhalten hat.
Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts
Bielefeld vom 25.10.2006 abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die
arbeitgeberseitige Kündigung vom 22.12.2005 nicht aufgelöst wurde.
3. Der Auflösungsantrag der Beklagten wird abgewiesen.
4. Die Beklagte wird unter Abweisung der Berufung im Übrigen verurteilt,
an den Kläger 13.504,26 € brutto abzüglich erhaltenen
Arbeitslosengeldes in Höhe von 6.672,60 € nebst Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz
aus 1.138,61 € seit dem 16.05.2006,
aus weiteren 1.138,61 € seit dem 16.06.2006,
aus weiteren 1.138,61 € seit dem 16.07.2006,
aus weiteren 1.138,61 € seit dem 16.08.2006,
aus weiteren 1.138,61 € seit dem 16.09.2006
und aus weiteren 1.138,61 € seit dem 16.10.2006
zu zahlen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 97,7%
und der Kläger 2,3%.
6. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, betriebsbedingten
Kündigung sowie über Annahmeverzugslohn.
2
Der Kläger ist am 02.04.1971 geboren, verheiratet und war zum Zeitpunkt des Zugangs
der streitgegenständlichen Kündigung zwei minderjährigen Kindern gegenüber zum
Unterhalt verpflichtet. Er ist mindestens seit dem 01.09.1989 bei der Beklagten bzw.
deren Rechtsvorgängerin als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Er verfügt über
keine abgeschlossene Berufsausbildung, hat bei der Beklagten aber die Berechtigung
zum Führen von Gabelstaplern erworben. Er war zunächst als Lagerist und
Transportmitarbeiter unter Eingruppierung in die Lohngruppe 3 tätig, seit 1995 als
Maschinenbediener. Aufgrund einer innerbetrieblichen Stellenausschreibung, auf die
der Kläger sich erfolgreich beworben hatte, wurde er seit dem 01.04.2000 als
Qualitätsprüfer beschäftigt. Zum 01.05.2003 erfolgte eine Höhergruppierung in die
Lohngruppe 4. Darüber wurde er mit Schreiben vom 05.06.2003, hinsichtlich dessen
Einzelheiten auf Aktenblatt 22 verwiesen wird, informiert. Die Löhne des Klägers sind
3
jeweils am 15. des Folgemonats zur Zahlung fällig. Sein Stundenlohn hat zuletzt 12,30
€ betragen.
Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist ein schriftlicher
Arbeitsvertrag, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf Aktenblatt 19/20 verwiesen wird.
Ferner existiert bei der Beklagten ein Haustarifvertrag (Aktenblatt 269-281: Fassung
vom 02.04.2007). Der Vorgängertarifvertrag vom 17.01.1997 (Aktenblatt 332-337) nahm
Bezug auf den Manteltarifvertrag für Arbeiter in der Ledererzeugenden Industrie in der
Bundesrepublik Deutschland vom 22.01.2003 (Aktenblatt 338-349).
4
Die Beklagte ist aus einem Unternehmen der lederverarbeitenden Industrie
hervorgegangen. Sie produziert nunmehr im Dreischichtbetrieb schwerpunktmäßig
Kunststoff-Zubehörteile für die Automobilindustrie mit den Fertigungsbereichen
Blastechnik, wo der Kläger zuletzt eingesetzt war, und Spritzgießtechnik. Sie beschäftigt
ca. 375 Arbeitnehmer. Die Eingruppierung ihrer Mitarbeiter erfolgt noch in Anlehnung an
einen zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Fa. M1 W2 GmbH, und der
Gewerkschaft Leder am 18.04.1975 vereinbarten Lohngruppenkatalog (Aktenblatt 285-
290). Ende der 80er Jahre wurde in einem Lohntarifvertrag (Aktenblatt 291) die
Reihenfolge der Lohngruppen umgekehrt, und es wurden für Facharbeiter die neuen
Lohngruppen 5 bis 7 eingeführt. Im Jahr 2002 setzte die Beklagte zur Überprüfung der
bestehenden Eingruppierungen eine Projektgruppe ein. Diese verständigte sich u.a.
darauf, die Qualitätsprüfer ab 01.05.2003 in die Lohngruppe 4 einzustufen.
Maschinenbediener (Produktionsmitarbeiter) verblieben in der Lohngruppe 3,
Lagermitarbeiter ohne herausgehobene Tätigkeiten in der Lohngruppe 2.
5
Am 01.12.2004 vereinbarte die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat einen
Interessenausgleich, in dem es u. a. heißt:
6
"3. Umsetzung des Personalabbaus
7
Der Personalabbau wird unter Berücksichtigung folgender Faktoren erfolgen:
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Nutzung der natürlichen Fluktuation
Anteil an Leiharbeitnehmer und Fremdmitarbeiter auf ein Minimum reduzieren
Befristete Beschäftigte
Betriebsbedingte Kündigungen
9
10
Bevor betriebliche Kündigungen ausgesprochen werden ist zu überprüfen, ob
der betreffende Mitarbeiter nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz innerhalb
des Unternehmens versetzt werden kann.
11
Das Ausscheiden von Mitarbeitern durch natürliche Fluktuation,
Eigenkündigung, Person- und Verhaltensbedingte Kündigung,
Aufhebungsvereinbarung oder sonstige Entlassungsvereinbarungen aus den
von der Betriebsänderungen betroffenen Bereichen werden auf die Zahl des
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geplanten Personalabbaus angerechnet. Grundlage ist die Anlage 1 zur
Auswahlrichtlinie.
…"
13
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Aktenblatt 54-56 verwiesen.
14
Zugleich wurde ein Sozialplan (Aktenblatt 147-151) verabschiedet, in dem es heißt:
15
"6. Versetzung
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6.1 Angebot eines freien Arbeitsplatzes
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Mitarbeiter die auf Arbeitsplätzen innerhalb des Unternehmens versetzt
werden, erhalten eine detaillierte Information bezüglich Tätigkeit,
Eingruppierung und Lage der Arbeitszeit am neuen Arbeitsplatz. Der
Zeitpunkt des Angebots ist dem Mitarbeiter spätestens eine Woche vor der
geplanten Versetzung zu unterbreiten. Ein Arbeitsplatz gilt unter
nachfolgenden Kriterien als zumutbar.
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6.2 Der Arbeitsplatz ist funktionell zumutbar, wenn die Anforderungen der
Qualifikation (Ausbildung, Erfahrung und bisherige Tätigkeit) des
Mitarbeiters entsprechen oder der Mitarbeiter die erforderliche Qualifikation
durch eine Anlernphase erwerben kann. Darüber hinaus müssen die
gesundheitlichen Voraussetzungen gegeben sein.
19
6.3 bis 6.5 …
20
7. Wiedereinstellung
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7.1 Die aus betriebsbedingten Gründen gekündigten Mitarbeiter werden im
Falle von Neueinstellungen auf für sie geeigneten Arbeitsplätzen bis zum
30.06.2006, bei gleicher Qualifikation im Vergleich zu externen Bewerbern
bevorzugt wieder eingestellt."
22
Schließlich einigte sich die Beklagte mit dem Betriebsrat auf eine Auswahlrichtlinie, die
als Anlage 2 zum Interessenausgleich beschlossen wurde (Aktenblatt 282-284).
23
Bis zum Jahr 2005 setzte die Beklagte pro Schicht und Fertigungsbereich mindestens
einen Qualitätsprüfer ein. Anfang Dezember 2005 hat sie entschieden, künftig die sog.
Werkerselbstprüfung einzuführen und nach Schulung ihrer Produktionsmitarbeiter nur
noch einige "Produktprüfer" zur Schulung, Kontrolle und Bearbeitung von
Kundenreklamationen einzusetzen. Insgesamt hatte die Beklagte im Bereich der
Qualitätsprüfung zehn Mitarbeiter beschäftigt, die die nachfolgenden Sozialdaten
aufweisen:
24
25
Mit Schreiben vom 12.12.2005, wegen dessen Einzelheiten auf Aktenblatt 39-43 Bezug
genommen wird, hörte die Beklagte den in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat zu der
beabsichtigten Kündigung des Klägers an. Dieser nahm durch Schreiben vom
26
20.12.2005 hiervon Kenntnis. Mit Schreiben vom 22.12.2005 kündigte die Beklagte das
Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.03.2006 und stellte ihn ab dem 03.02.2006 von
seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Neben dem Kläger hat die Beklagte auch
die Mitarbeiter S2, K6 und M2 betriebsbedingt entlassen.
Gegenstand des mit der Klage – unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des
Annahmeverzugs - verfolgten Zahlungsanspruchs sind die Bruttolöhne für die Monate
April bis September 2006, für Mai 2006 unter Einbeziehung eines Urlaubsgeldes in
Höhe von 484,00 €. Zur Berechnung hat der Kläger vorgetragen, er habe in der Zeit von
April 2005 bis März 2006 insgesamt 27.008,60 € verdient, woraus sich eine
durchschnittliche Vergütung von monatlich 2.250,71 € errechne. Die Beklagte ist dem
entgegengetreten und hat das Lohnkontenblatt des Klägers für den Zeitraum Januar
2005 bis März 2006 zur Akte gereicht, aus dem hervorgeht, dass dieser in der Zeit von
April 2005 bis März 2006 insgesamt 28.036,12 € brutto verdient hat. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf Aktenblatt 99/100 verwiesen. Der Kläger bezog ab dem
01.04.2006 ein Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich
27
1.112,10 €.
28
Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte handle dem Interessenausgleich vom
01.12.2004 zuwider, denn sie habe in den letzten Jahren große Teile ihrer Belegschaft
abgebaut und durch Leiharbeitnehmer ersetzt. Inzwischen beschäftige sie in den
Bereichen Blastechnik, Spritztechnik sowie in den entsprechenden Lagerbereichen
mehr Leiharbeitnehmer als festes Personal und zwar überwiegend längerfristig, zum
Teil seit über zwei Jahren. Die von Leiharbeitnehmern eingenommenen
Stammarbeitsplätze seien zu seinen Gunsten als freie Arbeitsplätze anzusehen. Die
Beklagte sei daher verpflichtet gewesen, ihm zur Vermeidung einer Kündigung einen
dieser Arbeitsplätze anzubieten. Er gehe gerne zurück an seine alte Wirkungsstätte. Die
von der Beklagten durchgeführte Sozialauswahl sei fehlerhaft. Zwischen ihm und Herrn
K7, der weiterhin als Laufprüfer tätig sei, bestünden in qualitativer Hinsicht keinerlei
Unterschiede, er verfüge über dieselben Erfahrungen und Kompetenzen, sei aber ihm
gegenüber schutzwürdiger. Seit April 1997 sei er nicht mehr nur als Maschinenbediener,
sondern auch als Einrichter tätig gewesen. Gegebenenfalls sei er in der Lage, etwa
noch fehlende Fähigkeiten innerhalb einer kurzen Einarbeitungszeit zu erwerben.
Außerdem habe die Beklagte verkannt, dass die Sozialauswahl auf alle gewerblichen
Mitarbeiter in der Blaserei und der Spritzerei zu erstrecken gewesen sei. Dort gebe es
33 weitere Mitarbeiter, die im Hinblick auf ihre Sozialdaten weniger Punkte als er
aufwiesen. Auch die Betriebsratsanhörung sei unwirksam, weil die Beklagte es
verabsäumt habe, den Betriebsrat darauf hinzuweisen, dass auch er aufgrund seiner
Vorkenntnisse in der Lage sei, Einrichtertätigkeiten auszuführen. Eine neue
Beschäftigung habe er bisher nicht gefunden. Angeboten worden seien ihm
ausschließlich Tätigkeiten bei Leiharbeitsfirmen zu Stundenlöhnen unter 9,00 €. Aus
Erklärungen von Mitarbeitern der Bundesagentur für Arbeit ergebe sich der Verdacht,
dass der Personalleiter der Beklagten E2 mit Leiharbeitsfirmen Kontakt gehabt habe, um
ihn dort "beklagtenfreundlich" zu entsorgen.
29
Die Beklagte hat vorgetragen, seit Februar 2006 gebe es im Bereich der Blastechnik
keine Qualitätsprüfung im bisherigen Sinne mehr. Der Arbeitsplatz des Klägers sei
durch die Umstellung auf die Werkerselbstprüfung entfallen. Auch im Bereich der
Spritzgießtechnik, wo der Kläger zuletzt hilfsweise zur Überbrückung eingesetzt
gewesen sei, werde die Umstellung bis zum Jahresende 2006 abgeschlossen sein.
30
Hintergrund ihrer unternehmerischen Entscheidung sei eine negative
Umsatzentwicklung sowohl im Bereich der Blastechnik als auch im Bereich der
Spritzgießtechnik. Die soziale Auswahl sei ordnungsgemäß erfolgt. Herrn K7 könne im
Bedarfsfall als Einrichter eingesetzt werden, was in der Vergangenheit regelmäßig
vorgekommen sei. Er habe eine abgeschlossene Berufsausbildung im Bereich der
Metalltechnik absolviert. Eine Einrichtertätigkeit könne der Kläger mangels fachlicher
Kompetenz nicht erbringen. Deshalb bestehe zwischen dem Kläger und Herrn K7 keine
Vergleichbarkeit, jedenfalls liege in dessen Weiterbeschäftigung aber ein berechtigter
betrieblicher Belang. Mit den Produktionsmitarbeitern sei der Kläger nicht vergleichbar,
weil diese nach den Lohngruppen 1 – 3 vergütet würden, während er als Qualitätsprüfer
eine qualifiziertere Tätigkeit ausgeübt habe. Hinsichtlich der Beschäftigung von
Leiharbeitnehmern habe sie vor dem Hintergrund kurzfristiger Auftragsschwankungen
im Januar 2005 die unternehmerische Entscheidung getroffen, bei betrieblicher
Notwendigkeit bis zu 15% der Belegschaft durch solche Arbeitskräfte abzudecken.
Diese Entscheidung sei weder willkürlich noch unsachlich und damit bindend. Der
vorübergehende Bedarf für den Einsatz von Leiharbeitnehmern ergebe sich zum einen
daraus, dass Mitarbeiter Urlaub hätten, Gleitzeitguthaben in Anspruch nähmen oder
arbeitsunfähig erkrankten, zum anderen daraus, dass sie als Automobilzulieferer häufig
kurzfristig Aufträge abzuwickeln habe, teilweise auch angekündigte Aufträge kurzfristig
nicht durchzuführen seien, so dass sich erhebliche Schwankungen im
Beschäftigungsbedarf ergäben. Auftragsschwankungen seien gängige Praxis bei den
Automobilzulieferern und führten zu einer bedingungslosen Flexibilitätsnotwendigkeit.
Da die Zulieferer keine Laufzeitgarantien erhielten, müssten Leiharbeitnehmer
eingesetzt werden, um Ausfällen zu begegnen. Dazu sei es in der Vergangenheit immer
wieder gekommen, woraus jeweils erhebliche Umsatzeinbrüche resultiert hätten.
Das Arbeitsgericht hat zur Umstellung auf die Werkerselbstprüfung und zu einer
früheren Tätigkeit des Klägers als Einrichter Beweis erhoben durch uneidliche
Vernehmung der Zeugen O1, H2 und K8. Wegen der Einzelheiten der
Beweisausnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 03.05.2006, Aktenblatt 65-67,
Bezug genommen.
31
Durch Urteil vom 25.10.2006 hat das Arbeitsgericht Bielefeld die Klage insgesamt
abgewiesen. Zur Begründung hat es angenommen, die Kündigung der Beklagten sei
sozial gerechtfertigt und habe das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.03.2006
beendet. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme sei die Kammer davon
überzeugt, dass durch eine Organisationsentscheidung der Beklagten das
Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger als Laufkontrolleur entfallen sei. Zugleich sei
die Behauptung des Klägers, eine Laufprüfung finde nach wie vor statt, widerlegt. Eine
Beschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz habe der Kläger nicht
substanziiert aufgezeigt. Die mit Leiharbeitnehmern besetzten Arbeitsplätze seien nicht
als frei anzusehen, nachdem die Beklagte die unternehmerische
Organisationsentscheidung getroffen habe, bis zu 15% der Belegschaft mit
Leiharbeitnehmern zu besetzen. Die Entscheidung zur Beschäftigung von
Leiharbeitnehmern sei unabhängig von der Kündigung des Klägers getroffen worden.
Anders als im Falle einer Austauschkündigung sei die Entscheidung, eine bestimmte
Personalreserve für Vertretungen bzw. Auftragsspitzen durch Leiharbeitnehmer
abzudecken, als unternehmerische Organisationsentscheidung hinzunehmen. Das
Verhalten der Beklagten verstoße deshalb auch nicht gegen den Interessenausgleich,
weil ein freier Arbeitsplatz vorliegend gerade nicht vorhanden gewesen sei. Die
Kündigung sei auch nicht wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam. Der Kläger
32
könne sich nicht auf den sozial stärkeren Mitarbeiter K7 berufen, denn die Beklagte
habe diesen wegen berechtigter betrieblicher Interessen aus der Sozialauswahl
herausnehmen dürfen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Kläger in der
Vergangenheit keine selbstständigen Einrichtertätigkeiten ausgeführt habe und dies –
anders als der Mitarbeiter K7 - fachlich auch nicht beherrsche. Eine Überprüfung mit
Mitarbeitern an Maschinen oder solchen im Lager komme mangels Vergleichbarkeit
nicht in Betracht. Die Kündigung sei auch nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam.
Die Beklagte habe dem bei ihr gebildeten Betriebsrat die aus ihrer Sicht maßgeblichen
Informationen erteilt. Eine bewusst unvollständige oder falsche Information sei nicht
ersichtlich. Die Kündigungsfrist sei gewahrt. Die zu berücksichtigende
Betriebszugehörigkeit des Klägers sei nach § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB erst mit
Vollendung seines 25. Lebensjahres zu berechnen. Da die Kündigung das
Arbeitsverhältnis zum 31.03.2006 wirksam beendet habe, stünden dem Kläger die von
ihm geltend gemachten Annahmeverzugslohnansprüche nicht zu.
Gegen das am 30.11.2006 zugestellte Urteil haben die Prozessbevollmächtigten des
Klägers mit am 04.12.2006 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese
nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.02.2007 mit am
26.02.2007 eingegangenem Schriftsatz begründet.
33
Der Kläger meint, das Arbeitsgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Unstreitig
habe die Beklagte zwar die unternehmerische Entscheidung getroffen, unter Verzicht
auf die Beschäftigung von Laufprüfern eine Qualitätskontrolle im Rahmen der Werker-
Selbstprüfung durchzuführen. Bestritten werde aber, dass es zu einem Wegfall seines
Arbeitsplatzes gekommen sei. Im Rahmen der Sozialauswahl müsse berücksichtigt
werden, dass er in der Lage sei, innerhalb einer Frist von maximal drei Monaten die
notwendigen Handgriffe zur Einrichtung von Maschinen zu erlernen. Ohnehin habe der
Mitarbeiter K7 nach eigenem Vortrag der Beklagten zum Kündigungszeitpunkt fast ein
Jahr lang keine Einrichtertätigkeiten mehr verrichtet. Er selbst habe früher Tätigkeiten
als stellvertretender Schichtleiter und als Einrichter ausgeübt. Dies könnten die Zeugen
S3 und P2 bestätigen. Er kenne noch weitere Zeugen, die dazu Angaben machen
könnten. Allerdings sei ihm zu Ohren gekommen, dass die Beklagte
Produktionsmitarbeiter, die mit ihm in engem Verhältnis stünden, in Aussicht gestellt
habe, sie verlören ihren Arbeitsplatz, falls sie für ihn in einem gerichtlichen Verfahren
aussagten. Zwei Mitarbeiter seien darauf hingewiesen worden, sie sollten als Zeugen
die Finger von der Sache U1 lassen, falls sie weiterhin bei der Firma arbeiten wollten.
Eine unternehmerische Entscheidung der Beklagten über die Beschäftigung von
Leiharbeitnehmern in Höhe eines Anteils von 15% der Gesamtbelegschaft habe es zu
keiner Zeit gegeben. Ohnehin beschäftige die Beklagte weit mehr Leiharbeitnehmer,
davon einen Großteil im Bereich der Spritzerei und der Blaserei, die zum Teil seit
Jahren an den dortigen Maschinen oder als Staplerfahrer tätig seien. Im Zeitraum der
Kündigung habe die Beklagte täglich zwischen 30 und 40 Leiharbeitnehmer beschäftigt,
viele davon dauerhaft. Diese Tätigkeiten könne auch er aufgrund seiner umfangreichen
Erfahrungen verrichten. Die damit einhergehende Reduzierung seiner Vergütung auf
den Stand eines Produktionsmitarbeiters sei für ihn selbstverständlich. Die Beklagte
verstoße auch gegen Ziffern 6.1 und 7 des Sozialplans. Die Betriebsratsanhörung sei
nicht ordnungsgemäß. Dem Betriebsrat sei nicht mitgeteilt worden, dass Herr K7 kein
ausgebildeter Einrichter sei. Der Betriebsrat bekomme im Rahmen des
Anhörungsverfahrens hinsichtlich des Herrn K7 ein falsches Bild. Dieser habe die
Einrichtertätigkeit genau wie er selbst durch "learning by doing" erlernt. Die Beklagte
hätte gegenüber dem Betriebsrat den Nachweis erbringen müssen, dass der Mitarbeiter
34
K7 tatsächlich als Einrichter eingesetzt worden sei. Ansonsten sei dessen vermeintliche
Zusatzqualifikation nicht von Bedeutung.
Der Kläger
beantragt
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1. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bielefeld vom
25.10.2006, AZ. 6 Ca 17/06, festzustellen, dass das zwischen den Parteien
seit dem 29.05.1989 bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die
Kündigung vom 22.12.2005, zugegangen am 22.12.2005, zum 31.03.2006
beendet wird;
36
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.250,71 € brutto nebst 5% Zinsen
über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2006, abzüglich erhaltenen
Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.112,10 € zu zahlen;
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3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.734,71 € brutto nebst 5% Zinsen
über dem Basiszinssatz seit dem 16.06.2006, abzüglich erhaltenen
Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.112,10 € zu zahlen;
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4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.250,71 € brutto nebst 5% Zinsen
über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2006, abzüglich erhaltenen
Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.112,10 € zu zahlen;
39
5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.250,71 € brutto nebst 5% Zinsen
über dem Basiszinssatz seit dem 16.08.2006, abzüglich erhaltenen
Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.112,10 € zu zahlen;
40
6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.250,71 € brutto nebst 5% Zinsen
über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2006, abzüglich erhaltenen
Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.112,10 € zu zahlen;
41
7. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.250,71 € brutto nebst 5% Zinsen
über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2006, abzüglich erhaltenen
Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.112,10 € zu zahlen.
42
Die Beklagte
beantragt
43
die Berufung zurückzuweisen
44
und
hilfsweise,
45
das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das
Ermessen des Gerichts gestellt wird, zum Ablauf des 31.03.2006 aufzulösen.
46
Der Kläger
beantragt,
47
den Auflösungsantrag zurückzuweisen.
48
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt ergänzend vor, die
durchgeführte Sozialauswahl sei ordnungsgemäß. Im Gegensatz zum Kläger verfüge
49
der Mitarbeiter K7 über eine abgeschlossene Berufsausbildung im Bereich der
Metalltechnik. Aufgrund der vor dem Arbeitsgericht Bielefeld durchgeführten
Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger zu keiner Zeit als Einrichter tätig gewesen
sei. Er könne diese Tätigkeit auch nicht binnen drei Monaten erlernen. Der Zeuge O1
habe ausgesagt, dass selbst nach einer Ausbildung zwei Jahre benötigt würden, um die
Fertigkeiten als Einrichter vollständig zu erlangen. Tatsächlich werde Herr K7 neben
seiner Tätigkeit als Produktprüfer laufend seit 1992 als Einrichter beschäftigt. Als
Laufprüfer sei er seit Anfang 2006 nicht mehr tätig. Die mit Leiharbeitnehmern besetzten
Arbeitsplätze seien nicht als frei i.S.d. § 1 Abs. 2 KSchG anzusehen. Die im Januar
2005 getroffene unternehmerische Entscheidung, 15% der Gesamtbelegschaft bei
betrieblicher Notwendigkeit durch Leiharbeitnehmer abzudecken, sei u.a. auf einer
Betriebsversammlung am 26.04.2005 und in einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses
am 28.02.2005 bekannt gemacht worden. Die Betriebsratsanhörung sei
ordnungsgemäß. Ob Herr K7 eine betriebsinterne Ausbildung als Einrichter erhalten
oder eine betriebsfremde Ausbildung habe, sei nicht entscheidend. Dem Betriebsrat sei
bekannt gewesen, dass eine innerbetriebliche Ausbildung vorgelegen habe. Ein
Nachweis über dessen Tätigkeit als Einrichter sei im Rahmen der Betriebsratsanhörung
nicht zu erbringen. Die Berechnung des vom Kläger behaupteten
Annahmeverzugslohns sei nach wie vor falsch, er müsse eine konkrete Berechnung
vornehmen.
Die Behauptung des Klägers, sie habe Produktionsmitarbeiter unter Druck gesetzt, sei
falsch. Der Kläger stelle Behauptungen ins Blaue hinein auf und greife dadurch sie und
ihre leitenden Mitarbeiter unzumutbar an. Es lägen damit Gründe vor, die eine den
Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht erwarten lasse. Hinzu
komme, dass der Kläger bereits erstinstanzlich über ihren Personalleiter
wahrheitswidrig behauptet habe, dieser habe Kontakt zu Leiharbeitsfirmen
aufgenommen, um den Kläger "beklagtenfreundlich zu entsorgen". Auch in dem
außergerichtlichen Schriftsatz der Klägervertreter vom 13.02.2006 (Aktenblatt 241/242)
werde ihr Personalleiter E2 angegriffen. Die Freistellung von der Arbeitspflicht in einem
gekündigten Arbeitsverhältnis sei aber nichts Besonderes. Eine erniedrigende und
damit unanständige Art und Weise habe es nicht gegeben. Auch habe er sich nicht über
den Kläger lustig gemacht, und es habe auch keine Szenen im Umkleideraum gegeben.
50
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die zu Protokoll genommenen
Erklärungen ergänzend Bezug genommen.
51
Entscheidungsgründe
52
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft und
wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
53
Die Berufung ist auch überwiegend begründet und führt daher zu einer Abänderung der
erstinstanzlichen Entscheidung. Die streitgegenständliche Kündigung der Beklagten
vom 22.12.2005 ist sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam i.S.v. § 1 Abs. 1 KSchG.
Der Auflösungsantrag der Beklagten nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist unbegründet und
führte daher ebenfalls nicht zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Parteien.
Auch die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche erweisen sich unter dem
rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzuges als überwiegend begründet. Im
Einzelnen hat die Kammer dazu die nachfolgenden Erwägungen angestellt:
54
1.
und damit unwirksam nach § 1 Abs. 1 KSchG. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf
das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung, nachdem der Kläger länger als sechs
Monate im Betrieb der Beklagten beschäftigt war und diese unstreitig kein Kleinbetrieb
i.S.v. § 23 Abs. 1 KSchG ist.
55
Im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ist eine ordentliche Kündigung
sozial gerechtfertigt, wenn diese durch Gründe, die in der Person oder im Verhalten des
Arbeitnehmers liegen oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer
Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, bedingt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1
KSchG). Die Beklagte stützt die streitgegenständliche Kündigung auf den Wegfall des
Arbeitsplatzes des Klägers aufgrund ihrer Entscheidung, Aufgaben der Qualitätsprüfung
im Wege der sog. Werkerselbstprüfung den Produktionsmitarbeitern zu übertragen. Sie
macht damit dringende betriebliche Erfordernisse i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG
geltend.
56
Es ist anerkannt, dass eine innerbetriebliche Organisationsentscheidung des
Unternehmers, mit der die Arbeitsabläufe verändert werden, als
Rationalisierungsmaßnahme eine betriebsbedingte Kündigung sozial rechtfertigen
kann, sofern die Umsetzung der Organisationsentscheidung zum Wegfall von
Beschäftigungsmöglichkeiten führt (etwa ErfK/Oetker, 8. Aufl. 2008, § 1 KSchG, Rdnr.
294). Dies wird auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen. In der zweiten Instanz dürfte
unstreitig geworden sein, dass die Beklagte tatsächlich im Dezember 2005 die
Entscheidung getroffen hat, die Qualitätsprüfung in ihren Bereichen Blastechnik und
Spritzgießtechnik so umzuorganisieren, dass wegen der Einführung der
Werkerselbstprüfung Beschäftigungsmöglichkeiten wegfielen, nämlich die bisher
gesondert von Qualitätsprüfern wahrgenommenen Prüfarbeiten. Die Kammer versteht
den Sachvortrag des Klägers dahin, dass dieser die grundsätzliche Einführung der
Werkerselbstprüfung und der damit verbundene Verlust von
Beschäftigungsmöglichkeiten einräumt und nur darauf hinweisen will, dass auch
weiterhin gewisse Prüfarbeiten für Qualitätsprüfer auch nach dem neuen
unternehmerischen Konzept der Beklagten verbleiben, was die Beklagte nicht in Abrede
stellt und was für die Frage der sozialen Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG von
Bedeutung sein mag.
57
Ob im vorliegenden Fall die Grundsätze der sozialen Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG
ausreichend beachtet wurden, insbesondere ob die Beklagte berechtigt war, ihren
Mitarbeiter K7 nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG wegen berechtigter betrieblicher
Interessen aus dem Kreis der mit dem Kläger zu vergleichenden Arbeitnehmer
herauszunehmen, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil sich die
streitgegenständliche Kündigung bereits deshalb als sozial ungerechtfertigt erweist, weil
die Beklagte den Kläger auf einem anderen Arbeitsplatz hätte weiterbeschäftigen
können, wozu sie nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 1 b) KSchG verpflichtet war.
58
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt,
ist eine ordentliche Beendigungskündigung nach dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit ausgeschlossen, wenn die Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer
auf einem anderen freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Arbeitsbedingungen
weiterzubeschäftigen (BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 132/04 = NZA 2005, 1289
ff.; BAG, Urteil vom 01.03.2007 – 2 AZR 650/05 = AP Nr. 164 zu § 1 KSchG 1969
59
Betriebsbedingte Kündigung). Die Weiterbeschäftigung muss sowohl dem Arbeitnehmer
als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich sein. Dies setzt voraus, dass ein freier
vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten
(schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist (BAG, Urteil vom 02.02.2006 – 2 AZR
38/05 = AP Nr. 142 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Diese
Weiterbeschäftigungspflicht gilt unabhängig davon, ob ein Widerspruch des
zuständigen Betriebsrats vorliegt (BAG, Urteil vom 24.06.2004 – 2 AZR 326/03 = NZA
2004, 1268 ff.; BAG, Urteil vom 17.05.1984 – 2 AZR 109/83 = AP Nr. 21 zu § 1 KSchG
1969 Betriebsbedingte Kündigung).
Die Rechtsfrage, ob mit Leiharbeitnehmern besetzte Dauerarbeitsplätze als freie
Arbeitsplätze i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1b) KSchG anzusehen sind, ist in
Rechtsprechung und Literatur heftig umstritten (bejahend etwa LAG Hamm, Urteil vom
05.03.2007 – 11 Sa 1338/06 = DB 2007, 1701 f.; LAG Bremen, Urteil vom 02.12.1997 –
1 Sa 88/97 = juris; KR/Griebeling, 8. Aufl. 2007, § 1 KSchG Rdnr. 528; APS/Kiel,
Kündigungsrecht, 3. Aufl. 2007, § 1 KSchG, Rn. 568; ErfK/Oetker, 8. Aufl. 2008, § 1
KSchG Rdnr. 256; Düwell/Dahl, DB 2007, 1699 ff.; verneinend LAG Niedersachsen,
Beschluss vom 09.08.2006 – 15 TaBV 53/05 = EzAÜG BetrVG Nr. 94; von Hoyningen-
Huene/Linck, KSchG, 14. Aufl. 2007, § 1 Rdnr. 836 f.; Löwisch, KSchG, 9. Aufl. 2004, §
1, Rdnr. 276; Simon/Greßlin, BB 2007, 2454 ff.). Die Kammer folgt der inzwischen wohl
herrschenden Meinung, wonach der Arbeitgeber unter Beachtung des Ultima-Ratio-
Prinzips verpflichtet ist, zunächst im Betrieb beschäftigte Leiharbeiter nicht mehr
abzurufen, bevor er eigene Arbeitnehmer, die auf diesen Arbeitsplätzen eingesetzt
werden können, betriebsbedingt entlassen darf. Da Leiharbeitnehmer ebenso wie die
Stammbelegschaft dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegen, überzeugt die von
der Gegenmeinung hiergegen ins Feld geführte unternehmerische Entscheidung nicht.
Tatsächlich wird die Unternehmerentscheidung des Arbeitgebers nämlich gar nicht
angetastet. Dem Arbeitgeber wird lediglich angesonnen, die von ihm selbst getroffene
Organisationsentscheidung, mit wie vielen Arbeitnehmern und in welcher Art und Weise
er die anfallende betriebliche Tätigkeit organisieren will, zunächst mit der
Stammbelegschaft durchzuführen. Eben dies entspricht nach Auffassung der Kammer
der Konzeption des Kündigungsschutzgesetzes, wonach die im Betrieb beschäftigten
Arbeitnehmer nach Ablauf von sechs Monaten grundsätzlich Kündigungsschutz
genießen sollen, sofern nicht dringende betriebliche Erfordernisse ihrer
Weiterbeschäftigung entgegenstehen. Wollte man dem Arbeitgeber stattdessen
gestatten, Leiharbeitnehmer auch dann auf Dauerarbeitsplätzen zu beschäftigen, wenn
aus der Stammbelegschaft Mitarbeiter betriebsbedingt entlassen werden sollen, liefe
dies letztlich darauf hinaus, dass die nach § 1 Abs. 3 KSchG zu beachtende soziale
Auswahl ausgehebelt würde (so auch LAG Hamm, a.a.O.). Das Bundesarbeitsgericht
hat diese Rechtsfrage zwar noch nicht ausdrücklich entschieden, dürfte aber die
vorgenannten Grundsätze teilen. In der Crewing-Entscheidung vom 26.09.1996 (2 AZR
200/96 = NZA 1997, 202 ff.) hat es jedoch ausgesprochen, dass der Entschluss, die
formale Arbeitgeberstellung aufzugeben, keine eine Kündigung bedingende
Unternehmerentscheidung darstellt, wenn der Unternehmer gegenüber den
Beschäftigten weiterhin selbst die für die Durchführung der Arbeit erforderlichen
Weisungen erteilt. In einem solchen Fall entfielen nicht die
Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb, vielmehr sollten nur die eigenen Beschäftigten
durch ausgeliehene Arbeitnehmer ersetzt werden. Eine solche Kündigung sei als
Austauschkündigung sozial ungerechtfertigt und deshalb unwirksam. In einer weiteren
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 01.03.2007 (2 AZR 650/05 = AP Nr. 164
zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung) hat das Bundesarbeitsgericht
60
entschieden, die unternehmerische Organisationsfreiheit bestehe nicht um ihrer selbst
Willen. Ihre Ausübung dürfe den dem Arbeitnehmer durch das Gesetz gewährten
Bestandsschutz nicht wirkungslos machen. Deshalb könne der Ausspruch einer
Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht allein durch die Berufung auf die
unternehmerische Organisationsfreiheit begründet werden. Ein Arbeitgeber dürfe zwar
Vertretungsbedarf durch Arbeitnehmer abdecken, mit denen er durch Rahmenverträge
verbunden sei. Es müsse aber ausgeschlossen werden, dass nicht vertretungsbedingter
Beschäftigungsbedarf in nennenswertem Umfang durch Rahmenverträge abgedeckt
werde.
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs konnte die Beklagte dem Kläger deshalb nicht
betriebsbedingt kündigen, weil in ihrem Betrieb Maschinenbedienerarbeitsplätze
vorhanden sind, auf denen dauerhaft Leiharbeitnehmer beschäftigt werden. Dem
diesbezüglichen Sachvortrag des Klägers ist die Beklagte nur unzureichend
entgegengetreten. Zunächst hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, es unterfalle
ihrer freien unternehmerischen Entscheidung, 15% der im Betrieb insgesamt
vorhandenen Arbeitsplätze mit Leiharbeitnehmern im Bedarfsfall zu beschäftigen.
Schon angesichts dieses hohen Prozentsatzes ist die Vermutung naheliegend, dass in
nicht unwesentlichem Anteil dauerhaft Arbeitsplätze mit Leiharbeitnehmern besetzt
werden. Die nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG beweisbelastete Beklagte hat der Kammer
nicht die Überzeugung davon verschaffen können, dass kurzfristige
Auftragsschwankungen in der Größenordnung von bis zu 15% zu besorgen sind, so
dass Leiharbeitnehmer tatsächlich nur zur Überbrückung von Auftragsspitzen eingesetzt
werden, was die Kammer für zulässig hielte. Soweit die Beklagte sich ergänzend darauf
beruft, dass Arbeitnehmer aus der Stammbelegschaft wegen Urlaubs, Krankheit und
Inanspruchnahme von Freizeitausgleich nicht zur Verfügung stehen, war dieser
Sachvortrag von vornherein nicht geeignet, der Kammer die Überzeugung davon zu
verschaffen, dass Leiharbeitnehmer nicht auf Stammarbeitsplätzen eingesetzt werden.
Derartige Ausfallzeiten sind weitgehend planbar und haben nichts mit anfallenden
Auftragsspitzen zu tun. Soweit die Beklagte deshalb punktuell für einzelne Tage
dargelegt hat, dass der Einsatz von Leiharbeitnehmern zu dem Zweck erfolgte,
abwesende Stammarbeitnehmer zu vertreten, war dies unbeachtlich. Die Beklagte kann
sich auch nicht darauf berufen, als Automobilzulieferer müsse sie aus
betriebswirtschaftlichen Gründen in besonderer Weise auf Auftragsschwankungen
flexibel reagieren können. Der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten ist im
Wesentlichen zu pauschal gehalten. Aus der Schilderung nicht vorhersehbarer
Kündigungen einzelner Aufträge und dem damit verbundenen Umsatzrückgang lässt
sich keineswegs schließen, dass die Beklagte zur Abdeckung von
Auftragsschwankungen darauf angewiesen ist, dauerhaft mit einem Bestand von
Leiharbeitnehmern in der Größenordnung von bis zu 15% zu arbeiten. Alles in allem
geht die Kammer daher davon aus, dass die Kündigung bereits deshalb sozial
ungerechtfertigt ist, weil bei der Beklagten freie Arbeitsplätze zum Zeitpunkt des
Ausspruchs der Kündigung vorhanden waren, auf denen der Kläger – wenn auch zu
verschlechterten Arbeitsbedingungen – hätte weiterbeschäftigt werden können. Auf die
vom Kläger thematisierte Frage, ob die Beklagte den Betriebsrat ordnungsgemäß i.S.v.
§ 102 Abs. 1 BetrVG angehört hat, kam es deshalb nicht mehr an.
61
2.
zurückzuweisen. Er ist zwar statthaft, weil sich die streitgegenständliche Kündigung vom
22.12.2005 als sozial ungerechtfertigt erweist, jedoch nicht begründet. Der
arbeitgeberseitige Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG setzt voraus, dass
62
Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Nach der
Grundkonzeption des Kündigungsschutzgesetzes führt eine sozialwidrige Kündigung zu
deren Rechtsunwirksamkeit und zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Das
Kündigungsschutzgesetz ist vorrangig ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz.
Bezogen auf den Auflösungsantrag des Arbeitgebers wird dieser Grundsatz durch § 9
KSchG unter der Voraussetzung durchbrochen, dass eine Vertrauensgrundlage für eine
sinnvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr besteht. Da hiernach eine
Auflösung des Arbeitsverhältnisses nur ausnahmsweise in Betracht kommt, sind an die
Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die
Beurteilung der Frage, ob eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer noch oder nicht mehr zu erwarten ist, ist der
Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz (BAG, Urteil vom
12.01.2006 – 2 AZR 21/05 = NZA 2006, 917 ff.). Als Auflösungsgrund geeignet sind
etwa Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe
des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen. Auch das
Verhalten des Prozessbevollmächtigten des Arbeitnehmers im
Kündigungsschutzprozess kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bedingen
(BAG, Urteil vom 07.03.2002 – 2 AZR 158/01 = NZA 2003, 261 ff.). Es dürfen nur solche
Auflösungsgründe verwertet werden, die vom darlegungsbelasteten Arbeitgeber
vorgetragen worden sind (BAG, Urteil vom 30.04.1992 – 2 AZR 26/92 – juris).
Bei Anlegung dieses Maßstabs ist die Kammer der Auffassung, dass jedenfalls bezogen
auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung keine Gründe vorgetragen
wurden, die erwarten lassen, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere
Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht mehr möglich ist. Die Beklagte hat sich
zur Begründung des Auflösungsantrags auf drei Gründe gestützt. In chronologischer
Hinsicht hat sie sich zunächst auf den vorgerichtlichen Schriftsatz der Klägervertreter
vom 13.02.2006 bezogen. Soweit darin der Beklagten vorgehalten wird, ihr
Personalleiter habe den Kläger in erniedrigender und damit unanständiger Art und
Weise in Form einer Beurlaubung an die Luft gesetzt, und er habe sich darüber lustig
gemacht, dass der Kläger um seinen Job kämpfen wolle, handelt es sich sicherlich um
eine pointierte Wertung seitens des Klägers bzw. seiner jetzigen
Prozessbevollmächtigten, die jedoch nach Auffassung der Kammer das zulässige Maß
beim Kampf des Klägers um seinen Arbeitsplatz nicht überschritten hat. Ähnliches gilt
für die erstinstanzlich erhobene Behauptung des Klägers, der Personalleiter der
Beklagten habe Kontakt zu verschiedenen Leiharbeitsfirmen aufgenommen, um ihn –
den Kläger – "beklagtenfreundlich zu entsorgen". Allein der Umstand, dass nach
Behauptung des Klägers Gespräche seitens der Beklagten geführt worden sein sollen
mit dem Ziel, ihm einen neuen, wenn auch schlechter dotierten, Arbeitsplatz zu
vermitteln, sind keineswegs ehrenrührig, sondern können im Gegenteil sogar Ausdruck
einer besonderen Fürsorge sein. Ungeachtet der Frage, ob es derartige Gespräche
überhaupt gegeben hat, ist die Kommentierung seitens des Klägers
"beklagtenfreundlich entsorgen" zweifellos unsachlich und unangemessen. Aber auch
derartige Ausdrucksweisen sind nach Auffassung der Kammer im
Kündigungsschutzprozess noch zu tolerieren. Demgegenüber ist die in der zweiten
Instanz seitens des Klägers pauschal erhobene Behauptung, die Beklagte habe
potentielle Zeugen, die womöglich zu seinen Gunsten hätten aussagen können,
aufgefordert, "die Finger von der Sache U1 zu lassen", wenn sie nicht den Arbeitsplatz
verlieren wollten, zweifellos nicht mehr hinnehmbar. Der Kläger bezichtigt die Beklagte
dadurch eines potentiell strafbaren Verhaltens, ohne seine diesbezüglichen
63
Behauptungen näher zu erläutern oder zu belegen. Damit hat er die Grenzen der
Wahrnehmung seiner berechtigten Interessen beim Kampf ums Recht eindeutig
überschritten. Gleichwohl lässt sich nach Auffassung der Kammer aufgrund dieses
einzelnen punktuellen Vorgangs nicht darauf schließen, dass die Parteien zum
Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung künftig nicht mehr vertrauensvoll
zusammenarbeiten können. Würdigt man den Sachvortrag beider Parteien insgesamt,
dann wurde der vorliegende Kündigungsschutzprozess durchgängig sachlich geführt,
so dass sich der soeben erörterte Sachverhalt als eine einmalige Entgleisung des
Klägers darstellt, an der er auch im weiteren Verlauf des Prozesses nicht festgehalten
hat. Insgesamt wiegen die von der Beklagten geltend gemachten Auflösungsgründe
weder für sich genommen, noch in der Summe so schwer, dass anzunehmen ist, dass
eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien
nicht mehr möglich ist. Der arbeitgeberseitige Auflösungsantrag war daher
zurückzuweisen.
3.
aus §§ 611 Abs. 1, 615 Satz 1, 293, 296 BGB. Durch die unwirksame Kündigung der
Beklagten vom 22.12.2005 ist die Beklagte in Annahmeverzug geraten. Sie ist deshalb
verpflichtet, für die Zeit von April bis September 2006 an den Kläger monatlich 2.250,71
€ brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes i.H.v. monatlich 1.112,10 € zu zahlen.
Dies ergibt den unter Ziffer 4. ausgeurteilten Betrag. Die vom Kläger gewählte
Berechnungsmethode ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Zwar müsste er als
Stundenlöhner grundsätzlich unter Beachtung des Lohnausfallprinzips für jeden Monat
eine Einzelberechnung dem geltend gemachten Zahlungsanspruch zugrunde legen.
Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn ein Arbeitnehmer einen von Monat zu Monat
wechselnden Verdienst in der Vergangenheit gehabt hat. Dann ist es statthaft, auf eine
Durchschnittsberechnung abzustellen (vgl. BAG, Urteil vom 24.10.1991 – 2 AZR 210/91
– juris; s.a. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.02.2006 – 4 Sa 404/05 – juris:
Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO). Im vorliegenden Fall behauptet der Kläger, er habe
im letzten Beschäftigungsjahr im Monatsdurchschnitt 2.250,71 € brutto verdient. Die
Beklagte ist dem entgegengetreten und hat einerseits vor-getragen, der Kläger habe
einen Stundenlohn bezogen, was im Ansatz unstreitig ist. Andererseits hat sie ein
Lohnkontenblatt zur Akte gereicht, dem entnommen werden kann, dass der Kläger
bezogen auf die Zeit von Januar 2005 bis März 2006 in jedem Monat ein
Bruttoarbeitsentgelt in unterschiedlicher Höhe bezogen hat, was offensichtlich nicht
allein darauf zurückgeführt werden kann, dass in den einzelnen Monaten eine
unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen angefallen ist. Vielmehr hat der Kläger auch
Zulagen in unterschiedlicher Höhe erhalten. In einem solchen Fall hält die Kammer es
für zulässig, dass der Annahmeverzugslohn auf der Basis einer
Durchschnittsberechnung verfolgt wird. Dabei ist der Zeitraum von einem Jahr nach
Auffassung der Kammer geeignet, eine hinreichende Berechnungsgrundlage zu bilden.
Der Beklagten entsteht dadurch kein Nachteil, weil nach ihrem Vortrag der Kläger
zuletzt in der Zeit von April 2005 bis März 2006 sogar 28.036,12 € verdient hat, was
sogar einen rechnerischen Monatsdurchschnittslohn von 2.336,34 € ergibt.
64
Soweit der Kläger allerdings für den Monat Mai 2006 Zahlung von weiteren 484,00 € als
zusätzliches Urlaubsgeld begehrt, war die Klage abzuweisen. Abgesehen davon, dass
der Kläger nicht vorgetragen hat, auf welcher Rechtsgrundlage er diese Zahlung
verlangt, kann er nicht einerseits einen Durchschnittslohn bezogen auf das gesamte
letzte Beschäftigungsjahr – wenn auch offenbar fehlerhaft ermittelt – für die Berechnung
seiner Ansprüche zugrundelegen und dann für einen einzelnen Monat eine zusätzliche
65
Zahlung verlangen für eine Leistung, die zugleich Bestandteil der
Berechnungsgrundlage für die Bildung des Durchschnittslohns war. Aus diesem Grund
musste die weitergehende Zahlungsklage des Klägers abgewiesen werden.
Der geltend gemachte Zinsanspruch beruht auf den §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288
Abs. 1 BGB.
66
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO.
67
Die Revision war zugunsten der Beklagten nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen,
weil die Rechtsfrage, ob mit Leiharbeitnehmern besetzte Dauerarbeitsplätze als frei
i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1b) KSchG gelten, grundsätzliche Bedeutung hat.
68
Deventer
Basista
Klein
69