Urteil des LAG Hamm vom 23.06.2010

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Landesarbeitsgericht Hamm, 2 Sa 82/10
Datum:
23.06.2010
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 Sa 82/10
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Rheine, 2 Ca 1531/08
Schlagworte:
Kündigung aufgrund eines Interessenausgleichs mit Namensliste
gemäß § 1 Abs. 5 KSchG Hier: Zum Gestaltungsspielraum der
Betriebsparteien bei der Vergleichsgruppenbil-dung
Normen:
§§ 1 Abs. 3 Satz 1 und 3, Abs. 5 KSchG
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts
Rheine vom 12.03.2009 – 2 Ca 1531/08 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der von der Insolvenzschuldnerin auf der
Grundlage des mit dem Betriebsrat vereinbarten Interessenausgleichs mit Namensliste
vom 13.08.2008 ausgesprochenen Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom 18.09.2008
zum 31.03.2009.
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Der heute 48-jährige Kläger, der verheiratet ist und zwei Kinder hat, war bei der Firma
K1-R1 GmbH & Co. KG seit dem 02.05.1991 zuletzt als Mitarbeiter der Materialwirtschaft
gegen eine monatliche Vergütung von 2.550,00 € brutto tätig.
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Der Kläger ist aufgrund eines im Jahre 1996 erlittenen Verkehrsunfalls
querschnittsgelähmt und auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Er ist als
schwerbehinderter Mensch anerkannt mit einem Grad der Behinderung von 100. Der
Kläger konnte trotz seiner Behinderung als Materialverwalter I im vorgezogenen
Wareneingang weiterbeschäftigt werden.
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Aufgrund der mit dem Betriebsrat vereinbarten Betriebsänderung entfallen in der künftig
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vorgesehenen Firmenstruktur die Arbeitsplätze Materialverwalter I aus den Bereichen
vorgezogener Wareneingang und Fahrzeugversand komplett. Im Bereich der
Materialverwaltung verbleiben gemäß Anlagen 4 zum Interessenausgleich mit
Namensliste (Bl. 244 – 247 GA) lediglich 12 Arbeitsplätze. Nach Auffassung der
Betriebsparteien ist die Vergleichsgruppe Materialverwalter I aus den Bereichen
vorgezogener Wareneingang oder Fahrzeugversand in der neuen Struktur nicht mehr
enthalten (Bl. 195 GA).
Der Kläger hat die soziale Auswahl als grob fehlerhaft gerügt, weil es nicht gerechtfertigt
sei, zwischen den in der künftigen Firmenstruktur verbleibenden Materialverwaltern I
einerseits und den Materialverwaltern I ohne vorgezogenen
Wareneingang/Fahrzeugversand andererseits zu unterscheiden. Da er auf 84,5
Sozialpunkte komme, hätten die in der zukünftigen Planstelle L9 weiterbeschäftigten
Arbeitnehmer P1 und weitere 11 namentlich benannte Arbeitnehmer entlassen werden
müssen (Bl. 444 GA).
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der im ersten
Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils
Bezug genommen.
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Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 12.03.2009 antragsgemäß festgestellt, dass das
Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 18.09.2008 nicht aufgelöst worden ist. Zur
Begründung hat es ausgeführt, weil der Kläger der dem Interessenausgleich
beigefügten Namensliste namentlich bezeichnet worden sei, sei die Betriebsbedingtheit
der Kündigung gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG zu vermuten. Trotz der eingeschränkten
Überprüfungsmöglichkeit der sozialen Auswahl sei diese aufgrund der vorgenommenen
Vergleichsgruppenbildung grob fehlerhaft. Die Anforderungen an die Arbeitsplätze
Materialverwalter I im vorgezogenen Wareneingang bzw. im Fahrzeugversand
unterschieden sich nicht erkennbar von denen der Materialverwalter I außer
vorgezogenem Wareneingang oder Fahrzeugversand. Es handele sich insgesamt um
einfache kaufmännische Tätigkeiten. Es sei nicht erkennbar, woraus sich das
Erfordernis besonderer Kenntnisse oder Erfahrungen ergeben solle, um die jeweilige
Einzeltätigkeit erlernen zu können. Es sei auch nicht erkennbar, dass die künftig
verbleibenden Materialverwalter I tatsächlich im Vergleich zum bisherigen
Materialverwalter I angereicherte Tätigkeiten ausführen müssten. Jedenfalls habe die
Insolvenzschuldnerin derartige Anforderungen nicht substantiiert vorgetragen. Auch die
behaupteten Einarbeitungszeiten lieferten keine zuverlässigen Anhaltspunkte. Nach der
Arbeitsplatzbeschreibung vom 05.02.2007 ergäben sich Einarbeitungszeiten zwischen
drei Wochen bis zu drei Monaten. Es könne deshalb davon ausgegangen werden, dass
für das Erlernen der Einzeltätigkeiten eine Einarbeitungszeit von drei Wochen
ausreiche. Die Insolvenzschuldnerin habe den Einwand des Klägers, innerhalb des
allgemeinen Bereichs Materialverwalter I hätten die Mitarbeiter keineswegs sämtliche
Einzeltätigkeiten ausgeübt, nicht qualifiziert widerlegt. Deshalb hätten diese Mitarbeiter
für weitere Einzeltätigkeiten ebenfalls angelernt werden müssen. Um die gewünschte
Flexibilität zu erreichen unterschieden sich diese Mitarbeiter deshalb nicht von den
Mitarbeitern des vorgezogenen Wareneingangs. Deshalb fehle es an einem sachlichen
Unterscheidungsmerkmal zwischen dem Materialverwalter I aus den Bereichen
vorgezogener Wareneingang und Fahrzeugversand im Verhältnis zu den
Materialverwaltern I außer des vorgezogenen Wareneingangs oder des
Fahrzeugversands. Bei der gebotenen einheitlichen Betrachtung aller Mitarbeiter der
Stellenbezeichnung Materialverwalter I wäre der Kläger mit 84,5 Punkten von einer
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Entlassung nicht betroffen gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die
Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
Nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils ist am 01.07.2009 über das Vermögen der
Firma K1-R1 GmbH & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum
Insolvenzverwalter bestellt worden. Der Kläger hat das Verfahren mit Schriftsatz vom
15.12.2009 gegen den Insolvenzverwalter aufgenommen. Dieser erstrebt mit seiner
Berufung die Abweisung der Klage.
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Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Beklagte vor, eine einheitliche
Betrachtung aller Arbeitsplätze Materialverwalter I sei nicht geboten, sondern bereits
aus der Arbeitsplatzbeschreibung gehe hervor, dass bei dem Materialverwalter I im
vorgezogenen Wareneingang nur wenige Tätigkeiten anfielen, in dem übrigen Bereich
aber umfassendere, andere und weitergehende Tätigkeiten. Die Materialverwalter I im
vorgezogenen Wareneingang könnten die Tätigkeit eines normalen Materialverwalters
erst nach 8-wöchiger Einarbeitung ausführen. Die Tätigkeiten seien im Sinne einer
gegenseitigen Austauschbarkeit nicht miteinander vergleichbar. Zwar könne der
normale Materialverwalter I auch im vorgezogenen Wareneingang oder im
Fahrzeugversand eingesetzt werden. Umgekehrt sei dies jedoch nicht möglich. Die
verbleibenden Arbeitsplätze "Materialverwalter I außer vorgezogener Wareneingang
und Fahrtversand" seien im Übrigen durch komplexere Tätigkeiten angereichert worden,
so dass die Mitarbeiter der Vergleichsgruppe, der der Kläger zugeordnet worden sei,
erst recht nicht in der Lage gewesen seien, in der neuen Struktur die Tätigkeiten eines
Materialverwalters I zu verrichten. Mit den Mitarbeitern S3, W3t1m4 und M3 sei der
Kläger nicht vergleichbar, weil es eine Einarbeitungszeit von mehreren Monaten
bedürfe, bis der Kläger in der Lage sei, diese Tätigkeiten auszuführen.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und tritt dem Vorbringen des Beklagten
entgegen. Er trägt ergänzend vor, die Mitarbeiter der strittigen Vergleichsgruppe
Materialverwalter I verrichten keineswegs vielfältigere und umfassendere Tätigkeiten,
sondern genau wie er Einzeltätigkeiten. Der Kollege M3 habe sich ausschließlich mit
dem Versand von Ersatzteilen befasst. Wie bereits erstinstanzlich vorgetragen sei er
nach einer Einarbeitungszeit von etwa drei Wochen in der Lage, die Tätigkeiten des
Zeugen M3 durchzuführen. Die von dem Beklagten behaupteten längeren
Einarbeitungszeiten seien unzutreffend.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Die Klage ist abzuweisen.
18
I.
19
In Anwendung der gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG eingeschränkten Möglichkeit der
Überprüfung der sozialen Auswahl kann die von dem Betriebsparteien vorgenommene
Unterscheidung zwischen der Gruppe der Materialverwalter I einerseits und den
Materialverwaltern I ohne vorgezogenen Wareneingang oder Fahrzeugversand nicht als
grob fehlerhaft angesehen werden. Die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl gemäß § 1
Abs. 3 Satz 1 KSchG kann bei Vorliegen eines Interessenausgleichs mit Namensliste
gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG nur im Hinblick auf grobe Fehler der Betriebsparteien
überprüft werden. Ebenso wie bei der Schaffung des § 125 InsO hat der Gesetzgeber
mit § 1 Abs. 5 KSchG versucht, unter Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen dem
Sanierungsbedürfnis durch eine Kollektivierung des Kündigungsschutzes Rechnung zu
tragen. Es ist daher von dem Regelfall auszugehen, dass der Betriebsrat seine
Verantwortung gegenüber den von ihm repräsentierten Arbeitnehmern und
Arbeitnehmerinnen wahrnimmt und bei unvermeidbaren Entlassungen darauf achtet,
dass bei der Auswahl der ausscheidenden Arbeitnehmer soziale Gesichtspunkte
ausreichend berücksichtigt werden (vgl. BAG, 28.08.2003, 2 AZR 368/02, NZA 2004,
432). Den Betriebsparteien wird ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt, denn die
eingeschränkte Möglichkeit der Überprüfung der sozialen Auswahl erstreckt sich nicht
nur auf die Gewichtung der in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG genannten sozialen Kriterien,
sondern auf den gesamten Komplex der sozialen Auswahl und damit auch auf die
Vergleichsgruppenbildung, ohne die eine soziale Auswahl nicht durchgeführt werden
kann (BAG, 21.09.2006, 2 AZR 284/06, juris; BAG, 17.01.2008, 2 AZR 405/06, NZA-RR
2008, 571). Die in Kenntnis der betrieblichen Verhältnisse vorgenommene
Vergleichsgruppenbildung ist nur dann grob fehlerhaft, wenn bei der Bestimmung des
Kreises der vergleichbaren Arbeitnehmer die Austauschbarkeit offensichtlich verkannt
worden ist und es an sachlich nachvollziehbaren, plausiblen Differenzierungsgründen
fehlt (BAG, 17.11.2005, 6 AZR 107/05, DB 2006; LAG Hamm v. 12.11.2003 – 2 Sa
1232/03, juris).
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1.Daran gemessen ist der Gestaltungsspielraum der Betriebsparteien hinsichtlich der
Vergleichsgruppenbildung zu respektieren, denn für die Unterscheidung der beiden
Gruppen innerhalb der Arbeitsplätze Materialverwalter I gibt es nachvollziehbare,
sachliche, nicht auf Missbrauch zielende Gründe (vgl. dazu auch BAG, 03.04.2008, 2
AZR 879/06, NJW 2008, 2940).
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a)Bereits die Beschreibung der Arbeitsaufgabe "Materialverwalter I" liefert
Anhaltspunkte für unterschiedliche Tätigkeiten. Der Materialverwalter im vorgezogenen
Wareneingang bucht die eingehenden Lieferscheine und erzeugt Entladelisten. Es ist
nachvollziehbar, dass beispielsweise die Einlagerung/Auslagerung von
Fertigungsmaterial oder die Arbeitsaufgaben "Kommissionierung von
Fertigungsmaterial" andere Tätigkeiten beinhalten. Es ist unwidersprochen geblieben,
dass der Kläger in der Vergangenheit ausschließlich anhand von Lieferscheinen
gebucht und andere Tätigkeiten innerhalb der Arbeitsaufgabe "Materialverwaltung" nicht
übernommen hat. Die gemeinsame Eingruppierung in die Entgeltgruppe 4 stellt einer
Differenzierung nach Tätigkeiten nicht entgegen. Der Kreis der in die soziale Auswahl
einzubeziehenden Arbeitnehmer richtet sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen
Merkmalen, also nach der ausgeübten Tätigkeit. Die tarifliche Eingruppierung kann bei
der Beurteilung der Vergleichbarkeit nur in engen Grenzen herangezogen werden. Weil
es darauf ankommt, ob der gekündigte Arbeitnehmer die Tätigkeiten eines
weiterbeschäftigten Arbeitnehmers übernehmen kann, muss der auswahlrelevante
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Personenkreis nicht zwangsläufig alle Mitarbeiter mit derselben Vergütungsgruppe
umfassen (vgl. BAG, 05.05.1994, 2 AZR 917/93, EZA KSchG § 1 Soziale Auswahl;
BAG, 05.12.2002, 2 AZR 697/01, NZA 2003, 849).
b)Im Rahmen der Vergleichsgruppenbildung hat das BAG es nicht für grob fehlerhaft
gehalten, wenn die Betriebsparteien den auswahlrelevanten Personenkreis dergestalt
bestimmen, dass Arbeitnehmer, die sich erst auf einem bestimmten Arbeitsplatz
einarbeiten müssen, aus der Vergleichbarkeit ausscheiden (BAG, 17.11.2005, 6 AZR
107/05, DB 2006, 844). Der Kläger hat dazu vorgetragen, er könne eine Einzeltätigkeit
aus dem Aufgabenbereich der Materialverwaltung I jedenfalls nach einer
Einarbeitungszeit von drei Wochen ausüben. Nach einer dreiwöchigen
Einarbeitungszeit wäre er insbesondere in der Lage, die Tätigkeiten des Zeugen M3
durchzuführen. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass für ihn als Rollstuhlfahrer
insbesondere die Tätigkeit des Arbeitnehmers M3 in Betracht kommt, der für das
Ersatzteillager Lieferscheine erstellt. Andererseits behauptet der Beklagte, der Kläger
könne die Tätigkeiten des Kollegen M3 nicht innerhalb einer Einarbeitungszeit von bis
zu acht Wochen übernehmen. Unstreitig ist, dass der Kläger in der Vergangenheit diese
Tätigkeiten nicht ausgeübt hat. Er liefert auch keine stichhaltige Begründung für seine
Behauptung, eine Einarbeitungszeit von drei Wochen sei ausreichend. Im Streitfall hat
der Kläger gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG die Tatsachen, die für eine
Austauschbarkeit sprechen, darzulegen und zu beweisen. Allerdings hat auch der
Beklagten nicht näher begründet, warum er von einer längeren Einarbeitungszeit
ausgeht. Hier hätten betriebliche Erfahrungen oder die Einschätzung derjenigen, die
tatsächlich Einarbeitungen begleitet haben, weitergeholfen. Es kann aber offen bleiben,
welche Einarbeitungszeit richtig ist. Auch wenn man zu Gunsten des Klägers davon
ausgeht, dass er die Tätigkeitend es Arbeitnehmers M3 nicht sofort, sondern erst nach
einer gewissen, kurz bemessenen Einarbeitungszeit übernehmen könnte, fehlt es
jedenfalls an einer sofortigen Substituierbarkeit. Wenn aber die Betriebsparteien
erkennbar danach unterschieden haben, ob bestimmte Arbeitnehmer jederzeit und
sofort in der Lage sind, die Tätigkeiten anderer Arbeitnehmer zu übernehmen, bildet
dieser Gesichtspunkt einen sachlichen Grund, der es verbietet, den Betriebsparteien
eine offensichtliche Überschreitung ihres Gestaltungsspielraums zu unterstellen. Nach
dem Sinn der gesetzlichen Regelung wird den Betriebsparteien gerade im Hinblick auf
die Erfassung und Einschätzung der betrieblichen Verhältnisse ein
Gestaltungsspielraum eingeräumt, der vorliegend weder missbräuchlich noch
unsachlich genutzt worden ist.
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Es kommt hinzu, dass sich die soziale Auswahl nach den Willen der Betriebsparteien an
den Anforderungen der verbleibenden Arbeitsplätze ausrichtet. Dazu hat der Beklagte
ohne qualifizierten Widerspruch des Klägers vorgetragen, die Tätigkeiten des
Materialverwalters I sei komplexer als vorher. Auch dies ist ein sachlicher
Gesichtspunkt, der dafür spricht, dass die Betriebsparteien sich nicht von unsachlichen
Beweggründen, etwa der Behinderung des Klägers, haben leiten lassen. Alle
Mitarbeiter seiner Vergleichsgruppe sind entlassen worden.
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2.Die im Interessenausgleich geregelte Härtefallregelung unter A. II. 2. d) ändert an der
zu Lasten des Klägers getroffenen sozialen Auswahl nichts, denn der Fall des Klägers
ist im Hinblick auf die Probleme seiner Vermittelbarkeit geprüft worden mit dem
Ergebnis, dass es bei der Auswahlentscheidung zu Lasten des Klägers geblieben ist.
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II.
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Andere Unwirksamkeitsgründe bestehen nicht. Die Unterrichtung des Betriebsrats über
die anzeigepflichtigen Entlassungen gemäß § 17 Abs. 2 KSchG hat stattgefunden. Mit
dem Abschluss des Interessenausgleichs mit Namensliste hat die Insolvenzschuldnerin
ihre Beratungspflicht gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG erfüllt (BAG, 21.05.2008, 8 AZR
84/07, NZA 2008, 753).
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Die Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 Abs. 1 KSchG ist vor Ausspruch der
Kündigung ordnungsgemäß erstattet worden. Mit der Übersendung des mit dem
Betriebsrat abgeschlossenen Interessenausgleichs mit Namensliste hat die
Insolvenzschuldnerin die Agentur für Arbeit gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG
ordnungsgemäß informiert. Die Massenentlassungsanzeige selbst enthält die
notwendigen Pflichtangaben gemäß § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG.
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III.
29
Der Kläger hat gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
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Da Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht zu klären waren, hat die Kammer
für die Zulassung der Revision keine Veranlassung gesehen.
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