Urteil des LAG Hamm vom 11.03.2004

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Landesarbeitsgericht Hamm, 8 Sa 1801/03
Datum:
11.03.2004
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 Sa 1801/03
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bielefeld, 4 Ca 539/03
Schlagworte:
Kündigung / Beschäftigtenzahl
Normen:
KSchG § 23 Kündigung / Beschäftigtenzahl
Rechtskraft:
Die Revision wird nicht zugelassen
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld
vom 17.09.2003 - 4 Ca 539/03 - wird auf Kosten des Klägers
zurückgewiesen.
Tatbestand
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Mit seiner Klage wendet sich der Kläger, welcher seit dem Jahre 1992 als Maurer bei
der Beklagten beschäftigt war, gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch
ordentliche, arbeitgeberseitige Kündigung zum 31.05.2003 und macht die
Sozialwidrigkeit der ausgesprochenen Kündigung geltend. Demgegenüber behauptet
die Beklagte, das Kündigungsschutzgesetz finde auf das Arbeitsverhältnis keine
Anwendung, da im Betrieb nicht mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt seien.
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Durch Urteil vom 17.09.2003 (Bl. 31 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren
erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die
Klage nach Vernehmung der Zeuginnen A1xxxxxxx K3xxxxxxx, I1xx C1xxxxx und
G2xxx C1xxxxx mit der Begründung abgewiesen, es könne dahinstehen, ob die
Zeuginnen K3xxxxxxx und G2xxx C1xxxxx Arbeitnehmerinnen der Beklagten seien;
jedenfalls sei die Zeugin I1xx C1xxxxx zu keinem Zeitpunkt für die Beklagte tätig
geworden, so dass in keinem Fall die erforderliche Beschäftigtenzahl erreicht werde.
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Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung macht der Kläger geltend,
abweichend vom Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils und abweichend von ihrer
Zeugenaussage sei Frau I1xx C1xxxxx als Arbeitnehmerin der Beklagten anzusehen,
welche wiederholt für die Beklagte Büroarbeiten erledigt und sogar der Tochter des
Klägers eine Bescheinigung ausgehändigt habe. Weiter sei zu vermuten, dass die
Beklagte für die Beschäftigten K3xxxxxxx, I1xx C1xxxxx und G2xxx C1xxxxx
Sozialversicherungsbeiträge abführe. Wie die Beklagte zuletzt eingeräumt habe, werde
im Übrigen als Meister Herr G3xxxx K2xxxxx - angeblich als Teilzeitkraft - beschäftigt.
Unter Einbeziehung des Klägers sowie der Beschäftigten F1xxxxxxxx, S3xxxxxx,
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K3xxxxxxx, I1xx C1xxxxx, G2xxx C1xxxxx und des Herrn K2xxxxx seien damit in jedem
Falle mehr als fünf Arbeitnehmer tätig.
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 17.09.2003 (4 Ca 539/03)
aufzuheben und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien
nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 30.01.2003 aufgelöst
worden ist.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Das Landesarbeitsgericht hat weiteren Beweis erhoben über die Anzahl der
beschäftigten Personen durch uneidliche Vernehmung der Zeugen S3xxxxxx,
F1xxxxxxxx, I2xxxx, I1xx C1xxxxx und G2xxx C1xxxxx. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.02.2004 (Bl. 74 ff. d.A.)
Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.
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I
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Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die angegriffene Kündigung wirksam zum
31.05.2003 beendet worden.
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur vollen Überzeugung des Gerichts
fest, dass die Beklagte in ihrem Betrieb nicht mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt.
Selbst wenn neben dem Kläger sowie den unstreitig beschäftigten Personen
F1xxxxxxxx, S3xxxxxx und K2xxxxx auch Frau A1xxxxxxx K3xxxxxxx - abweichend von
ihrer Aussage beim Arbeitsgericht und der Bescheinigung der IKK vom 29.01.1998 - als
Arbeitnehmerin der beklagten C1xxxxx GmbH berücksichtigt würde, ergäbe sich hieraus
allein eine Beschäftigtenzahl von maximal fünf Arbeitnehmern.
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Demgegenüber sind weder Frau I1xx C1xxxxx noch Frau G2xxx C1xxxxx als
Arbeitnehmerinnen der Beklagten zu berücksichtigen. Was zunächst Frau I1xx C1xxxxx
angeht, hat bereits das Arbeitsgericht die durchgeführte Beweisaufnahme überzeugend
in dem Sinne gewürdigt, dass Frau I1xx C1xxxxx nicht als Arbeitnehmerin der
Beklagten, sondern als selbständige Immobilienmaklerin tätig ist. Diese Angaben hat
Frau I1xx C1xxxxx auch gegenüber dem Landesarbeitsgericht bestätigt, ohne dass die
vom Kläger benannten Zeugen S3xxxxxx und F1xxxxxxxx Gegenteiliges haben
bestätigen können. Soweit der Kläger demgegenüber mit der Berufung geltend gemacht
hat, Frau I1xx C1xxxxx habe beim Arbeitsgericht die Unwahrheit gesagt und
beispielsweise seiner - des Klägers - Tochter eine Bescheinigung ausgestellt, ist dies in
der Beweisaufnahme nicht bestätigt worden. Die als Zeugin vernommene Tochter des
Klägers hat vielmehr allein bestätigt, dass ihr Frau I1xx C1xxxxx die Tür geöffnet und
sich im Büro aufgehalten hat. Die Verhandlungen über die Ausstellung der
Bescheinigung hat die Zeugin vielmehr mit Frau G2xxx C1xxxxx geführt, welche die
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Bescheinigung auch unterzeichnet habe. Allein die Tatsache, dass sich Frau I1xx
C1xxxxx wiederholt im Büro aufgehalten hat, rechtfertigt nicht die Annahme einer
Arbeitnehmereigenschaft. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass sich Frau
I1xx C1xxxxx allein im Hinblick auf die bestehenden familiären Beziehungen im Büro
der Beklagten aufgehalten und allein aus Gefälligkeit Besuchern die Tür geöffnet hat.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer des weiteren davon
überzeugt, dass auch Frau G2xxx C1xxxxx nicht als Arbeitnehmerin der Beklagten
anzusehen ist. Unstreitig führt Frau G2xxx C1xxxxx als selbständige
Versicherungskauffrau eine D4x-Agentur, welche allerdings räumlich neben dem Büro
der Beklagten liegt. Daneben erledigt Frau G2xxx C1xxxxx für das Unternehmen der
Beklagten und für die Einzelfirma M1xxxxx C1xxxxx auch entsprechende Büroarbeiten,
dies jedoch nicht auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses, sondern im Rahmen
einer selbständigen Tätigkeit, welche sie nach ihrer glaubhaften Aussage den
betreffenden Firmen in Rechnung stellt. Allein die Tatsache, dass die Zeugin G2xxx
C1xxxxx entsprechende Tätigkeiten für die Beklagte nicht in den Räumen ihres D4x-
Büros, sondern im Büro der Beklagten erledigt, kann nicht als Indiz für eine abhängige
Beschäftigung bei der Beklagten angeführt werden. Vielmehr liegt aus Gründen der
Arbeitsvereinfachung und mit Rücksicht auf die familiäre Verbundenheit der Beteiligten
ohne weiteres nahe, dass die Buchhaltungsarbeiten räumlich dort erledigt werden, wo
sich die maßgeblichen Unterlagen befinden. Maßgeblich für die Frage, inwiefern die
Arbeit auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses, im Rahmen familienrechtlicher
Mitarbeit oder aufgrund einer selbständigen unternehmerischen Tätigkeit erbracht
werden, sind aber weder der gewählte Einsatzort noch die Tatsache, dass fremdnützige
Arbeiten - u.a. auch für die Beklagte - erledigt werden. Vielmehr spricht die Tatsache,
dass Frau G2xxx C1xxxxx ohnehin als selbständige Unternehmerin tätig ist und ihre
Büro- oder Buchhaltungstätigkeit der Beklagten in Rechnung stellt, eindeutig gegen
eine abhängige Beschäftigung im Sinne eines Arbeitsverhältnisses. Dafür, dass in
Wahrheit eine bloße Scheinselbständigkeit vorliege, in Wirklichkeit hingegen Frau
G2xxx C1xxxxx eine abhängige Beschäftigung nach arbeitsbezogenen Weisungen
ihres Ehemannes als Geschäftsführer der Beklagten ausübe, liegen keine
Anhaltspunkte vor. Dann verbleiben aber - selbst unter Einbeziehung von Frau
K3xxxxxxx - keinesfalls mehr als fünf Beschäftigte.
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Dies muss zur Klageabweisung führen.
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II
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Die Kosten der erfolglosen Berufung hat der Kläger zu tragen.
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III
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 ArbGG liegen nicht
vor.
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Dr. Dudenbostel
Volkenrath
Stach
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En.
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