Urteil des LAG Hamm vom 16.05.2007

LArbG Hamm: betriebsrat, arbeitsgericht, vertretung, verfügung, ausstattung, tagesordnung, beschwerdekammer, sozialplan, zeiterfassung, anfang

Landesarbeitsgericht Hamm, 10 TaBV 101/06
Datum:
16.05.2007
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
10. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 TaBV 101/06
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Paderborn, 3 BV 19/06
Schlagworte:
Kostenerstattung im Beschlussverfahren; Rechtsanwaltskosten;
Erforderlichkeit von Beschlussverfahren; ordnungsgemäße
Beschlussfassung des Betriebsrats; Heilung von unwirksamen
Betriebsratsbeschlüssen; Gegenstand des Betriebsratsbeschlusses
Normen:
§§ 29 Abs. 2, 33 Abs. 1 und 2, 40 Abs. 1 BetrVG
Tenor:
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts Paderborn vom 27.09.2006 - 3 BV 19/06 - wird
zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
1
A
2
Die Beteiligten streiten über einen Freistellungsanspruch des Betriebsrats von
Rechtsanwaltskosten aus vorangegangenen außergerichtlichen und
arbeitsgerichtlichen Verfahren.
3
Im Betrieb der Arbeitgeberin, einem Betrieb der Polstermöbelherstellung, sind ca. 95
Arbeitnehmer beschäftigt.
4
Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der im Betrieb gebildete fünfköpfige
Betriebsrat, der aus den Mitgliedern M1, L2, B7, Z1 und E3 besteht. Seit der
Betriebsratswahl vom 23.03.2006 ist für das Betriebsratsmitglied E3 Herr P2 Mitglied im
Betriebsrat. Betriebsratsvorsitzender ist Herr M1.
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Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Verpflichtung der Arbeitgeberin,
Kostenrechnungen der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats Nr. 66 und 129
vom 17.03.2006 bzw. 12.06.2006, die ein Einigungsstellenbesetzungsverfahren
betrafen, zu begleichen, ferner die Begleichung der Rechnung Nr. 75 vom 20.03.2006
für ein Verfahren über die Einstellung von Leiharbeitnehmern, der Rechnung Nr. 133
6
vom 14.06.2006 wegen eines Verfahrens über Sachmittel sowie der Rechnungen Nr.
141 und 142 vom 03.07.2006, das ein gerichtliches Verfahren wegen der im Betrieb
durchgeführten Zeiterfassung betraf.
Anfang des Jahres 2006 hatte die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit Schreiben vom
12.01.2006 darüber informiert, dass die Näherei/Vliesabteilung nicht kostendeckend
arbeitete und man nicht umhin komme, diese beiden Abteilungen aus Kostengründen
und zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit aufzulösen (Bl. 11 d.A. 2 BV 6/06
Arbeitsgericht Paderborn). Mit Schreiben vom 13.01.2006 (Bl. 94 d.A.), auf dessen Inhalt
Bezug genommen wird, lud der Betriebsratsvorsitzende daraufhin zu einer
Betriebsratssitzung am 17.01.2006 ein. Auf der Betriebsratssitzung vom 17.01.2006
beschloss der Betriebsrat, wegen dieser Maßnahmen mit dem Arbeitgeber über einen
Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln und im Falle des Scheiterns die
Einigungsstelle anzurufen und seine Verfahrensbevollmächtigte mit der Vertretung zu
beauftragen (Bl. 4 ff. d.A.). Am 13. bzw. 18.01.2006 hatte der Betriebsratsvorsitzende der
Verfahrensbevollmächtigten eine Prozessvollmacht wegen "Betriebsänderung §§ 111,
112 BetrVG, Ankündigung vom 12.01.2006, Interessenausgleich/Sozialplan/
Einigungsstelle und alle notwendigen außergerichtlichen/gerichtlichen Verfahren" erteilt
(Bl. 6 d.A.). Mit Schreiben vom 18.01.2006 (Bl. 7 d.A.) forderte die
Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats die Arbeitgeberin daraufhin zu
Verhandlungen bezüglich eines Interessensausgleichs und eines Sozialplans auf.
7
Auf einer weiteren Betriebsratssitzung vom 25.01.2006 überreichte der Geschäftsführer
der Arbeitgeberin dem Betriebsrat eine Mitarbeiterliste, in der insgesamt 16
Arbeitnehmer der Abteilung Näherei/Vliesabteilung aufgeführt sind.
8
Mit Schreiben vom 01.02.2006 (Bl. 35 d.A.) teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit,
dass sie nicht in Verhandlungen zum Abschluss eines Interessenausgleichs und eines
Sozialplans eintreten wolle, da es nach den ihrerseits durchgeführten weiteren
Prüfungen vermutlich nur zu "einigen betriebsbedingten Beendigungen von
Arbeitsverhältnissen" kommen würde, der Bestand der Näherei und Vlies werde
dadurch jedoch nicht infrage gestellt. Der Betriebsrat leitete daraufhin am 03.02.2006
ein Einigungsstellenbesetzungsverfahren beim Arbeitsgericht Paderborn - 2 BV 6/06 -
mit dem Regelungsgegenstand "Aufstellung eines Sozialplans im Rahmen der
geplanten Betriebsänderung hinsichtlich der Näherei und der Vliesabteilung" ein. Im
Anhörungstermin vom 02.03.2006 vor dem Arbeitsgericht Paderborn (Bl. 83 .d.A.)
erklärte der Geschäftsführer der Arbeitgeberin zu Protokoll, dass weder ein Verkauf
noch ein Outsourcing oder eine Auflösung der Abteilung Näherei/Vlies beabsichtigt sei
und derzeit lediglich geprüft werde, ob einige Kündigungen ausgesprochen werden
müssten; hierbei bewegten sich die Überlegungen jedoch lediglich in einem Umfang
von unterhalb neun Arbeitnehmern dieser Abteilung. Durch Beschluss vom 02.03.2006 -
2 BV 6/06 - wies das Arbeitsgericht Paderborn die Anträge des Betriebsrats daraufhin
wegen offensichtlicher Unzuständigkeit der Einigungsstelle ab, weil es offensichtlich an
einer Betriebsänderung fehle. Mit Schreiben vom 09.03.2006 wurde der
Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats mitgeteilt, dass der Gegenstandswert für
das Verfahren 6.000,00 € betrage.
9
Nachdem der Betriebsrat am 17.03.2006 zu beabsichtigten fünf Kündigungen von
Mitarbeitern aus der Abteilung Näherei/Vlies angehört worden war, legte er am
17.03.2006 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts Paderborn vom 02.03.2006 ein. Durch Beschluss des
10
Landesarbeitsgerichts vom 28.04.2006 - 10 TaBV 25/06 - wurde die Beschwerde des
Betriebsrats wegen offensichtlicher Unzuständigkeit der Einigungsstelle
zurückgewiesen (Bl. 46 ff.d.A.).
Mit der an den Betriebsrat gerichteten Rechnung vom 17.03.2006 (Bl. 8 d.A.) machte die
Verfahrensbevollmächtigte darauf ihr Honorar für die erstinstanzliche Vertretung im
Verfahren 2 BV 6/06 Arbeitsgericht Paderborn in Höhe von insgesamt 1.258,25 €
geltend.
11
Mit der an die Arbeitgeberin gerichteten Rechnung vom 12.06.2006 (Bl. 60 d.A.) machte
sie einen Rechnungsbetrag für das zweitinstanzliche Verfahren 10 TaBV 25/06
Landesarbeitsgericht Hamm in Höhe von insgesamt 1.121,02 € geltend.
12
Mit Schreiben vom 01.02.2006 (Bl. 95 d.A.) hatte der Betriebsratsvorsitzende zu einer
Sitzung des Betriebsrats am 08.02.2006 eingeladen, auf der unter anderem der
Tagesordnungspunkt "Verletzung der Mitbestimmung bei Einstellung von
Leiharbeitnehmern" vorgesehen war. Auf der Betriebsratssitzung vom 08.02.2006 wurde
gemäß Protokoll (Bl. 10 f.d.A.) unter anderem folgender Beschluss gefasst:
13
"Der Betriebsrat wird den Arbeitgeber zunächst außergerichtlich auffordern vor
jeder Einstellung von Leiharbeitnehmern das Anhörungsverfahren gemäß BetrVG
durchzuführen.
14
Dieser Aufforderung wird durch die Rechtsvertretung des Betriebsrats erledigt.
15
Sollte der Arbeitgeber in Zukunft erneut Leiharbeitnehmer ohne Anhörung des
Betriebsrates einstellen, beschließt dieser den gerichtlichen Weg in allen
Instanzen in dieser Frage zu beschreiten."
16
Am 15.02.2006 (Bl. 12 d.A.) erteilte der Betriebsratsvorsitzende der
Verfahrensbevollmächtigten eine Vollmacht wegen "Leiharbeitnehmer". Mit Schreiben
vom 16.02.2006 (Bl. 13 d.A.) forderte die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats die
Arbeitgeberin zur Unterlassung der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern ohne
Wahrung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats auf. Wenige Tage später einigten
sich die Betriebsparteien in dieser Frage außergerichtlich. Für ihr Tätigwerden in dieser
Sache erstellte die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats am 20.03.2006 eine
Rechnung Nr. 75 (Bl. 14 d.A.) über 876,76 €.
17
Ebenfalls in der Betriebsratssitzung vom 08.02.2006 fasste der Betriebsrat unter TOP 3
gemäß Protokoll vom 08.02.2006 (Bl. 10 ff.d.A.) folgenden weiteren Beschluss:
18
"Der Betriebsrat wird den notwendigen Sachmittel bei dem Arbeitgeber
einfordern, wobei der Betriebsratsvorsitzende beauftragt wird die einzelnen
Gegenstände konkret zu benennen. Die weitere Aufforderung wird durch seine
Rechtsvertretung erledigt. Für den Fall, dass sich der Arbeitgeber weigert die
Sachmittel zur Verfügung zu stellen, beschließt der Betriebsrat den gerichtlichen
Weg in allen Instanzen in dieser Frage zu beschreiten."
19
Am 15.02.2006 erteilte der Betriebsratsvorsitzende der Verfahrensbevollmächtigten eine
weitere Vollmacht (Bl. 96 d.A.) unter anderem wegen "BR-Büro, Sachmittel,
Einigungsstelle, Beauftragung BR-Vertretung und Honorar". Mit Schreiben vom
20
16.02.2006 (Bl. 65 d.A.) teilte die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats daraufhin
mit, welche im Einzelnen bezeichneten Sachmittel benötigt würden. Die Arbeitgeberin
reagierte daraufhin mit Schreiben vom 22.02.2006 (Bl. 122 d.A.). Mit Schreiben vom
08.03.2006 (Bl. 123 d.A.) bat der Betriebsrat um schriftliche Bestätigung über ein
Betriebsratsbüro mit den angeführten Sachmitteln. Die Arbeitgeberin teilte dem
Betriebsrat daraufhin mit Schreiben vom 09.03.2006 (Bl. 124 d.A.) unter anderem mit,
dass die vom Betriebsrat geforderten Sachmittel, der Umbau/Neubau des
Betriebsratsbüros und die technisch geforderte Ausstattung zurzeit geprüft werde; über
Ausstattung und Anforderungen sollte in einem weiteren Gespräch bis zum 20.03.2006
ein Termin vereinbart werden. Bestimmte Sachmittel wurden am 11.05.2006 von der
Arbeitgeberin in Auftrag gegeben und mit Schreiben vom 19.05.2006 (Bl. 115 ff.d.A.) in
Rechnung gestellt.
Am 09.05.2006 leitete die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats beim
Arbeitsgericht Paderborn - 2 BV 22/06 - ein weiteres Beschlussverfahren ein, in dem
bestimmte Sachmittel geltend gemacht wurden. Da dem Betriebsrat inzwischen sowohl
ein Büro als auch eine neue Ausstattung zur Verfügung gestellt worden war, nahm der
Betriebsrat mit Schreiben vom 31.05.2006 den gestellten Antrag zurück, das
Beschlussverfahren 2 BV 22/06 Arbeitsgericht Paderborn wurde einstellt.
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Mit der an die Arbeitgeberin gerichteten Rechnung Nr. 133 vom 14.06.2006 (Bl. 68 d.A.)
machte die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats, nachdem der Gegenstandswert
auf 4.000,00 € festgesetzt worden war, für das Beschlussverfahren 2 BV 22/06 einen
Gesamtbetrag in Höhe von 477,39 € geltend.
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Auf der Betriebsratssitzung vom 08.02.2006 stellte der Betriebsrat schließlich unter TOP
1 fest, dass eine computergestützte Zeiterfassung für alle Arbeitnehmer eingeführt und
benutzt werde, ohne dass der Betriebsrat hiervon informiert worden sei. Er fasste
daraufhin gemäß Protokoll vom 08.02.2006 (Bl. 10 f.d.A.) ferner folgenden Beschluss:
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"Der Betriebsrat wird sich gegen diese Maßnahme zur Wehr setzen und den
Arbeitgeber durch seine Rechtsvertretung auffordern unverzüglich die
technische Einrichtung zu entfernen, bis zwischen ihm eine
Betriebsvereinbarung etc. zu dieser Frage abgeschlossen worden ist. Sollte sich
der Arbeitgeber außergerichtlich weigern dieser Aufforderung nachzukommen,
beschließt der Betriebsrat den gerichtlichen Weg in allen Instanzen in dieser
Frage zu beschreiten."
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Unter TOP 1 wegen "Zeiterfassung" wurde der Verfahrensbevollmächtigten des
Betriebsrats am 15.02.2006 (Bl. 96 d.A.) Vollmacht erteilt. Mit Schreiben vom 16.02.2006
(Bl. 198 d.A.) wurde die Arbeitgeberin daraufhin aufgefordert, die Nutzung des neuen
Zeiterfassungssystems wegen nichtordnungsgemäßer Beteiligung des Betriebsrats zu
unterlassen und bis zum 24.02.2006 Verhandlungen mit dem Betriebsrat aufzunehmen.
Am 17.02.2006 kam es auf Veranlassung des Geschäftsführers der Arbeitgeberin zu
einem Gespräch mit dem Betriebsratsvorsitzenden; Gegenstand dieses Gesprächs war
das neu eingeführte Personalzeiterfassungssystem. Mit Schreiben vom 22.02.2006
fasste die Arbeitgeberin den Inhaltes des Gespräches vom 17.02.2006 aus ihrer Sicht
zusammen. Mit Schreiben vom 08.03.2006 (Bl. 123 d.A.) bat der Betriebsratsvorsitzende
bis zum 15.03.2006 um schriftliche Erteilung von Informationen über das
Zeiterfassungssystem. Dem kam die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 09.03.2006 (Bl.
124 d.A.) nach und erteilte weitere Informationen. Daraufhin forderte der Betriebsrat
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durch seine Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 15.03.2006 (Bl. 200 d.A.) die
Unterlassung der Nutzung des neuen Personalzeiterfassungssystems sowie
Verhandlungen über den Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung. Die
Arbeitgeberin übersandte daraufhin dem Betriebsrat den Entwurf einer
Betriebsvereinbarung am 20.03.2006 (Bl. 201 d.A.).
Mit dem am 29.03.2006 beim Arbeitsgericht Paderborn eingegangenen Schriftsatz
leitete der Betriebsrat ein einstweiliges Verfügungsverfahren - 2 BVGa 2/06 - ein, mit
dem unter anderem dem Arbeitgeber die Nutzung des installierten
Zeiterfassungssystems untersagt werden sollte. Durch Beschluss des Arbeitsgerichts
Paderborn vom 05.05.2006 (Bl. 69 ff.d.A.) wurden die Anträge des Betriebsrats wegen
fehlender Eilbedürftigkeit und fehlenden Verfügungsgrundes abgewiesen; zur
Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dem Betriebsrat sei bereits Anfang
Januar 2006 die Einführung des neuen Zeiterfassungssystems bekannt gewesen, das
einstweilige Verfügungsverfahren sei jedoch erst Wochen später eingeleitet worden. Die
hiergegen zum Landesarbeitsgericht Hamm eingelegte Beschwerde - 13 TaBV 46/06 -
wurde vom Betriebsrat nach außergerichtlicher Einigung zurückgenommen. Der
Gegenstandswert dieses Verfahrens wurde auf 8.000,00 € festgesetzt.
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Mit den Rechnungen der Verfahrensbevollmächtigten Nr. 141 und 142 vom 03.07.2006
über 955,14 € und 787,87 € (Bl. 101, 102 d.A.) machte die Verfahrensbevollmächtigte
des Betriebsrats ihre Kosten für die Verfahren 2 BVGa 2/06 Arbeitsgericht Paderborn
und 13 TaBV 46/06 Landesarbeitsgericht Hamm bei der Arbeitgeberin geltend.
27
Nachdem die Arbeitgeberin die streitigen Rechnungen nicht beglichen hatte, verlangte
der Betriebsrat mit dem am 21.04.2006 beim Arbeitsgericht Paderborn eingeleiteten
Beschlussverfahren die Freistellung von den Rechnungen seiner
Verfahrensbevollmächtigten Nr. 66 und 75 und erweiterte seinen Antrag mit Schriftsatz
vom 03.07.2006 um die Rechnungen Nr. 129, Nr. 133, Nr. 141 und Nr. 142.
28
Nachdem die Arbeitgeberin im Verlaufe des vorliegenden Beschlussverfahrens
bestritten hatte, dass die Verfahrensbevollmächtigte wirksam zur Einleitung des
vorliegenden Verfahrens beauftragt worden sei und ordnungsgemäße Ladungen und
Betriebsratsbeschlüsse hierüber vorlägen, lud der Betriebsratsvorsitzende mit
Schreiben vom 02.08.2006 (Bl. 97 d.A.) zu einer Betriebsratssitzung vom 07.08.2006
ein. Gemäß Protokoll vom 07.08.2006 (Bl. 98 d.A.) bestätigte der Betriebsrat nochmals
die Einleitung der den Rechnungen zugrunde liegenden Beschlussverfahren sowie die
Vertretung durch seine Verfahrensbevollmächtigte. Einen entsprechenden Beschluss
fasste der Betriebsrat auch für die Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens.
Gleichlautende Beschlüsse erfolgten nach Einladung zu der Betriebsratssitzung am
18.09.2006 (Bl. 128 d.A.) ebenfalls in der Betriebsratssitzung vom 20.09.2006 (Bl. 129
f.d.A.).
29
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, ihn von
den Kosten seiner anwaltlichen Vertretung und damit den diesem Verfahren zugrunde
liegenden Rechnungen freizustellen.
30
Der Betriebsrat habe zur Einleitung des vorliegenden Freistellungsverfahrens seine
Verfahrensbevollmächtigte ordnungsgemäß beauftragt. Dies ergebe sich bereits aus
den Betriebsratsbeschlüssen vom 17.01.2006 und vom 08.02.2006. Spätestens durch
die Beschlüsse vom 07.08.2006 und vom 20.09.2006 seien etwaige Fehler geheilt.
31
Der Betriebsrat hat weiter die Auffassung vertreten, auch die dem vorliegenden
Freistellungsverfahren zugrunde liegenden Verfahren seien ordnungsgemäß eingeleitet
worden und jeweils erforderlich gewesen.
32
Die Einleitung des Einigungsstellenbesetzungsverfahrens - 2 BV 6/06 Arbeitsgericht
Paderborn = 10 TaBV 25706 Landesarbeitsgericht Hamm - sei erforderlich gewesen,
weil der Betriebsrat zunächst von einer Betriebsänderung habe ausgehen müssen. Dies
ergebe sich bereits aus dem Schreiben der Arbeitgeberin vom 12.01.2006. Auch nach
der Protokollerklärung des Geschäftsführers der Arbeitgeberin im Anhörungstermin vom
02.03.2006 habe man noch von einer Betriebsänderung ausgehen müssen, weil
Kündigungen ausgesprochen worden seien. Erst danach habe man annehmen können,
dass von der ursprünglichen Maßnahme, die Abteilung Näherei/Vlies ganz stillzulegen,
Abstand genommen worden sei. Zur endgültigen Klärung, ob eine Betriebsänderung
vorliege, sei auch die Durchführung des Beschwerdeverfahrens erforderlich gewesen.
33
Der Betriebsrat habe das Einigungsstellenbesetzungsverfahren 2 BV 6/06
Arbeitsgericht Paderborn auch wirksam durch Beschluss vom 17.01.2006 eingeleitet
und seine Verfahrensbevollmächtigte wirksam beauftragt. Insbesondere sei auch eine
Beauftragung für mehrere Instanzen erfolgt. Zu der Betriebsratssitzung am 17.01.2006
sei mit Schreiben vom 13.01.2006 ordnungsgemäß eingeladen worden. Selbst wenn
der Beschluss in der Sitzung vom 17.01.2006 nicht ausreichen sollte, habe der
Betriebsrat die entsprechenden Beschlüsse jedenfalls in den Sitzungen am 07.08.2006
und 20.09.2006 wirksam nachgeholt.
34
Die Arbeitgeberin müsse auch die Kosten für das außergerichtliche Verfahren wegen
der Einstellung von Leiharbeitnehmern begleichen. Die Einschaltung der
Verfahrensbevollmächtigten sei auch insoweit erforderlich gewesen. Statt des
außergerichtlichen Schreibens vom 16.02.2006 durch die Verfahrensbevollmächtigte
hätte auch direkt ein entsprechendes Beschlussverfahren eingeleitet werden können.
Ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss vom 08.02.2006 liege vor. Mit Schreiben
vom 01.02.2006 habe der Betriebsratsvorsitzende ordnungsgemäß zu dieser Sitzung
eingeladen. Im Übrigen sei spätestens durch die gefassten Beschlüsse vom 07.08.2006
und 20.09.2006 eine Heilung erfolgt.
35
Auch wegen des hinsichtlich der geforderten Sachmittel eingeleiteten
Beschlussverfahrens 2 BV 22/06 Arbeitsgericht Paderborn bestehe ein
Freistellungsanspruch, auch die Einleitung dieses Beschlussverfahrens sei erforderlich
gewesen. Im Vorfeld der Betriebsratssitzung vom 08.02.2006 habe der Betriebsrat die
Ausstattung seines Büros bereits mehrfach bemängelt, eine Klärung sei jedoch nicht
möglich gewesen. Erst nachdem nach dem Schreiben seiner
Verfahrensbevollmächtigten vom 16.02.2006 drei Monate nichts weiter geschehen sei,
sei das Beschlussverfahren 2 BV 22/06 Arbeitsgericht Paderborn eingeleitet worden.
Die Arbeitgeberin sei erst nach der Einleitung dieses Beschlussverfahrens tätig
geworden.
36
Im Übrigen lägen auch diesem Verfahren ordnungsgemäße Beschlüsse des
Betriebsrats vom 08.02.2006 bzw. mindestens vom 07.08.2006 und 20.09.2006 vor.
37
Schließlich bestehe auch ein Freistellungsanspruch hinsichtlich der Kosten für die
Einleitung des Verfahrens 2 BVGa 2/06 Arbeitsgericht Paderborn = 13 TaBV 46/06
38
Landesarbeitsgericht Hamm. Auch die Einleitung des einstweiligen
Verfügungsverfahrens sei erforderlich gewesen, nachdem nach der Aufforderung durch
die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats vom 16.02.2006 die Nutzung des
Zeiterfassungssystems zu unterlassen, weitere mündliche Gespräche zwischen den
Betriebsparteien ergebnislos verlaufen seien. Die Einleitung des einstweiligen
Verfügungsverfahrens sei wegen der unterlassenen Mitbestimmung des Betriebsrats
notwendig gewesen. Erst nach Einlegung des Beschwerdeverfahrens beim
Landesarbeitsgericht Hamm habe eine außergerichtliche Einigung getroffen werden
können.
Der Betriebsrat hat beantragt,
39
1. die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Betriebsrat von den Kosten seiner
anwaltlichen Vertretung in Höhe von 1.258,25 € aus der Rechnung Nr. 6 vom
17.03.2006 und in Höhe von 876,76 € aus der Rechnung Nr. 75 vom 20.03.2006
freizustellen,
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41
2. die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Betriebsrat von den Kosten seiner
anwaltlichen Vertretung in Höhe von 1.121,06 € aus der Rechnung Nr. 129 vom
12.06.2006, in Höhe von 577,39 € aus der Rechnung Nr. 133 vom 14.06.2006, in
Höhe von 955,14 € aus der Rechnung Nr. 141, in Höhe von 787,87 € aus der
Rechnung Nr. 142 vom 03.07.2006 freizustellen.
42
43
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
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die Anträge abzuweisen.
45
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, dass ein Freistellungsanspruch nicht
bestehe. Ordnungsgemäße Beschlüsse des Betriebsrats zur Durchführung des
vorliegenden Freistellungsverfahrens sowie zur Beauftragung seiner
Verfahrensbevollmächtigten lägen nicht vor. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass die
vom Betriebsratsvorsitzenden erstellten Einladungen auch tatsächlich den
Betriebsratsmitgliedern jeweils zugegangen seien.
46
Ein Freistellungsanspruch komme darüber hinaus schon deshalb nicht in Betracht, weil
es den durchgeführten Beschlussverfahren an einem ordnungsgemäßen
Betriebsratsbeschluss über die Durchführung des jeweiligen Verfahrens und über die
Beauftragung seiner Verfahrensbevollmächtigten fehle. Darüber hinaus seien die
durchgeführten einzelnen Verfahren nicht erforderlich gewesen.
47
Die Einleitung des Beschlussverfahrens 2 BV 6/06 sei nicht von einem entsprechenden
48
Beschluss des Betriebsrats gedeckt gewesen. Nach Beendigung des Verfahrens könne
der Betriebsrat einen entsprechenden Beschluss nicht mehr nachholen.
Die Einleitung dieses Verfahrens sei auch nicht erforderlich gewesen, da schon vor der
Verfahrenseinleitung festgestanden habe, dass eine Betriebsänderung nicht vorliege.
Zur außergerichtlichen Aufforderung zur Aufnahme von Verhandlungen habe es der
Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht bedurft. Aus den gleichen Gründen sei auch
ein Freistellungsanspruch hinsichtlich der Rechnung Nr. 129 nicht gegeben. Der
Betriebsrat habe seine Verfahrensbevollmächtigten nicht bereits am 17.01.2006 gleich
für mehrere Instanzen beauftragen können. Darüber hinaus gehe aus dem Beschluss
des Betriebsrats auch nicht hervor, dass dieser auch die Einleitung eines
zweitinstanzlichen Verfahrens gemäß § 98 BetrVG umfasse. Auch hinsichtlich der
Rechnung Nr. 75 fehle es an einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung des
Betriebsrats zur Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten. Insbesondere sei nicht
ersichtlich, dass eine ordnungsgemäße Ladung des Betriebsrats zur Sitzung am
08.02.2006 erfolgt sei und dass das Einladungsschreiben sämtlichen
Betriebsratsmitgliedern übermittelt worden sei.
49
Darüber hinaus sei eine Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten zur Verfassung
eines außergerichtlichen Aufforderungsschreibens nicht erforderlich gewesen. Eine
Vereinbarung nach § 80 Abs. 3 BetrVG sei unstreitig nicht getroffen worden.
50
Hinsichtlich der Rechnung Nr. 133 sei keine außergerichtliche Zahlungsaufforderung an
die Arbeitgeberin ergangen. Insoweit fehle es schon an einem Rechtsschutzbedürfnis.
Das eingeleitete Beschlussverfahren 2 BV 22/06 Arbeitsgericht Paderborn sei nicht von
dem Beschluss des Betriebsrats vom 08.02.2006 umfasst; die Arbeitgeberin habe sich
zu keinem Zeitpunkt geweigert, Sachmittel zur Verfügung zu stellen. Bereits im April
habe der Betriebsrat die gewünschten Bücher sowie ein Telefon nebst Zubehör
erhalten. Noch vor Einleitung des Beschlussverfahrens 2 BV 22/06 seien sich die
Betriebsparteien über die Sachmittel, die Büroausstattung und die
Zurverfügungsstellung neuer Räume einig gewesen, wobei der Umzug Mitte Mai habe
stattfinden sollen. Am 11.05.2006 seien Möbel für dass neue Betriebsratsbüro bestellt
und am 15.05.2006 ein PC mit einem Office-Paket für den Betriebsrat installiert worden.
Die Einleitung eines Beschlussverfahrens erst am 09.05.2006, der Arbeitgeberin
zugestellt erst am 16.05.2006 sei demzufolge nicht mehr notwendig gewesen.
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Schließlich bestehe auch kein Freistellungsanspruch des Betriebsrats hinsichtlich der
Rechnungen Nr. 141 und Nr. 142 im Hinblick auf das einstweilige Verfügungsverfahren
2 BVGa 2/06 Arbeitsgericht Paderborn = 13 TaBV 46/06 Landesarbeitsgericht Hamm.
Auch insoweit fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis des Betriebsrats, da eine
vorherige außergerichtliche Zahlungsaufforderung nicht erfolgt sei. Die
Beschlussfassung des Betriebsrats vom 08.02.2006 decke nicht das eingeleitete erst-
und zweitinstanzliche einstweilige Verfügungsverfahren ab. Auch an der Erforderlichkeit
dieser Verfahren fehle es.
52
Im Anhörungstermin vom 27.09.2006 hat das Arbeitsgericht den
Betriebsratsvorsitzenden M1 zur Frage der Besetzung des Betriebsrats als Zeuge
vernommen. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme, so wie es in der
Sitzungsniederschrift vom 27.09.2006 (Bl. 131 ff.d.A.) niedergelegt ist, wird Bezug
genommen.
53
Durch Beschluss vom 27.09.2006 hat das Arbeitsgericht sodann die Anträge des
Betriebsrates abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die gestellten
Freistellungsanträge seien zwar zulässig, weil ein wirksamer Betriebsratsbeschluss zur
Einleitung des vorliegenden Freistellungsverfahrens spätestens am 07.08.2006
getroffen worden sei. Die Freistellungsanträge seien aber unbegründet. Das Verfahren 2
BV 6/06 Arbeitsgericht Paderborn sei schon nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden,
weil der Betriebsratsbeschluss vom 17.01.2006 zu allgemein gehalten und demzufolge
unzureichend gewesen sei. Eine Heilung dieses Beschlusses durch
Betriebsratsbeschluss vom 07.08.2006 sei nach Beendigung des Verfahrens erster
Instanz nicht mehr möglich gewesen. Das gelte auch hinsichtlich des
Freistellungsanspruches aus der Rechnung Nr. 129 für das Beschwerdeverfahren 10
TaBV 25/06 Landesarbeitsgericht Hamm. Im Übrigen sei das Beschwerdeverfahren
aussichtslos gewesen. Spätestens mit der Protokollerklärung vom 02.03.2006 habe
festgestanden, dass eine Betriebsänderung nicht mehr geplant gewesen sei. Ein
Freistellungsanspruch von den Kosten für das außergerichtliche Verfahren wegen der
Einstellung von Leiharbeitnehmern komme nicht in Betracht, weil die Beauftragung der
Verfahrensbevollmächtigten insoweit nicht erforderlich gewesen sei. Ein schlichtes
Aufforderungsschreiben hätte der Betriebsrat selbst erledigen können. Das gelte auch
für die Kosten des Verfahrens wegen der Ausstattung des Betriebsrats mit Sachmitteln
und wegen des Betriebsratsbüros. Dass eine Weigerung der Arbeitgeberin vorliege, den
Betriebsrat mit den erforderlichen Sachmitteln auszustatten, sei nicht ersichtlich. Schon
vor Einleitung des Beschlussverfahrens habe zwischen den Beteiligten Einigkeit über
die Ausstattung mit Sachmitteln und den Bezug neuer Büroräume bestanden.
Mindestens wäre der Betriebsrat im Fall von Zweifeln verpflichtet gewesen, den
Arbeitgeber nochmals aufzufordern, ihm die noch fehlenden Sachmittel zur Verfügung
zu stellen, anstatt sofort ein Beschlussverfahren einzuleiten. Schließlich sei auch das
einstweilige Verfügungsverfahren wegen der Zeiterfassung nicht erforderlich gewesen,
es sei wegen fehlenden Verfügungsgrundes aussichtslos gewesen. Der Betriebsrat
habe bereits seit Januar 2006 Kenntnis von der Einführung des neuen Systems gehabt.
Ende März 2006 habe ein Verfügungsgrund nicht mehr vorgelegen.
54
Gegen den dem Betriebsrat am 13.10.2006 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe
ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 25.10.2006 Beschwerde zum
Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der
Beschwerdebegründungsfrist bis zum 15.01.2007 mit dem am 09.01.2007 beim
Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
55
Unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens ist der Betriebsrat
nach wie vor der Auffassung, die gestellten Freistellungsanträge seien zulässig und
begründet.
56
Die Arbeitgeberin könne sich nicht darauf berufen, dass die Betriebsratsmitglieder zu
den Betriebsratssitzungen vom 17.01.2006 und 08.02.2006 nicht ordnungsgemäß
eingeladen worden seien. Die Einladungen seien vor der jeweiligen Sitzung den
jeweiligen Betriebsratsmitgliedern zugegangen. Im Übrigen sei eine Einladung nicht
zwingend notwendig, wenn bei der jeweiligen Betriebsratssitzung alle
Betriebsratsmitglieder anwesend seien und sich mit der Abhaltung der
Betriebsratssitzung einverstanden erklärten.
57
Der Betriebsrat habe hinsichtlich des Einigungsstellenbesetzungsverfahrens 2 BV 6/06
Arbeitsgericht Paderborn am 17.01.2006 einen ordnungsgemäßen
58
Betriebsratsbeschluss gefasst. Aufgrund des Schreibens der Arbeitgeberin vom
12.01.2006 habe der Betriebsrat, der zuvor noch nie Verhandlungen über einen
Interessenausgleich und einen Sozialplan geführt habe, von einer Betriebsänderung
ausgehen dürfen. Deshalb habe er beschlossen, die Verhandlungen über den
Abschluss eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans aufzunehmen. Er habe
dann weiter beschlossen, dass ihn die Verfahrensbevollmächtigte bei allen
außergerichtlichen und gerichtlichen Verhandlungen zum Abschluss des
Interessenausgleichs und Sozialplans in allen Instanzen zu vertreten habe. Gleichzeitig
habe er weiter die Notwendigkeit der Einleitung von gerichtlichen Schritten geregelt und
vorsorglich auch weitere Beschlüsse über Verhandlungsaufnahme, Scheitern der
Verhandlungen und eine etwaige notwendige Einigungsstellenbesetzung gefasst.
Hierin sei keine pauschale Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten für alle
möglichen Verfahren zu sehen. Der Betriebsrat habe mit dem Beschluss vom
17.01.2006 die Ziele präzise genannt und die Wahl der richtigen Verfahrensart seiner
Verfahrensbevollmächtigten überlassen. Mindestens habe der Betriebsrat die
notwendige Beschlussfassung am 07.08.2006 nachgeholt.
Im Übrigen sei die Arbeitgeberin mit ihrem Einwand der unzureichenden Einleitung des
Beschlussverfahrens 2 BV 22/06 präkludiert, weil sie sich in dem zugrunde liegenden
Verfahren 2 BV 22/06 zu keinem Zeitpunkt auf die Unwirksamkeit der Einleitung des
dortigen Beschlussverfahrens berufen habe. Im Verfahren 2 BV 6/06 Arbeitsgericht
Paderborn sei die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats zu keinem
Zeitpunkt gerügt worden.
59
Auch das Beschwerdeverfahren 10 TaBV 25/06 Landesarbeitsgericht Hamm sei
erforderlich gewesen, nachdem der Betriebsrat am 17.03.2006 die Anhörung zu fünf
Kündigungen aus der Abteilung Näherei/Vlies angehört worden sei. Der Betriebsrat
habe zu diesem Zeitpunkt noch davon ausgehen können, dass die Kündigungen
durchaus den ersten Schritt für weitere nachfolgende Kündigungen darstellen könnten,
sodass er sich am 17.03.2006 dazu entschlossen habe, das Beschwerdeverfahren
durchzuführen. Eine erneute Beschlussfassung des Betriebsrats sei insoweit nicht
erforderlich gewesen, nachdem der Geschäftsführer der Arbeitgeberin bereits mehrfach
mit Kündigungen gedroht habe (Bl. 193 ff.d.A.).
60
Auch die Einleitung des Verfahrens 2 BV 22/06 Arbeitsgericht Paderborn sei erforderlich
gewesen und von einem ordnungsgemäß gefassten Betriebsratsbeschluss gedeckt.
Eine Klärung mit der Arbeitgeberin sei nicht möglich gewesen.
61
Das Gleiche gelte für die außergerichtliche Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten
wegen der Einstellung von Leiharbeitnehmern. Der Betriebsrat habe zunächst
erhebliche Zweifel gehabt, ob und in welchem Umfang ihm hinsichtlich der Einstellung
von Leiharbeitnehmern Mitbestimmungsrechte zustehen würden. Die
Verfahrensbevollmächtigte sei beauftragt worden, weil der Betriebsrat berechtigte
Befürchtungen gehabt habe, dass die Arbeitgeberin die Auffassung des Betriebsrats
ignorieren würde. Der Betriebsrat habe bereits vor Beauftragung der Unterzeichnerin
mündlich auf die Einhaltung der Mitbestimmungsrechte bei Leiharbeitnehmern
aufmerksam gemacht. Den mündlichen und auch schriftlichen Erklärungen des
Betriebsrats werde jedoch wenig Beachtung geschenkt.
62
Schließlich sei auch das Verfahren wegen der Verletzung der Mitbestimmungsrechte
bei der Einführung des Zeiterfassungssystems notwendig gewesen und von dem
63
ordnungsgemäß zustande gekommenen Betriebsratsbeschluss vom 08.02.2006
gedeckt. Der Betriebsrat habe zwar zuvor pflichtgemäß eine außergerichtliche
Herbeiführung einer Lösung gesucht. Dies sei jedoch gescheitert. Erst nach einer
letzten Fristsetzung sei das einstweilige Verfügungsverfahren 2 BVGa 2/06 eingeleitet
worden. Ohne entsprechende rechtliche Unterstützung habe sich der Betriebsrat nicht in
der Lage gefühlt, eine Betriebsvereinbarung mit dem Inhalt einer Regelung zur
Inbetriebnahme des Zeiterfassungssystems zu verhandeln. Die Arbeitgeberin habe sich
jedoch gegen die Zuhilfenahme von Sachkundigen gewährt. Eine Verzögerung könne
dem Betriebsrat nicht vorgeworfen werden. Erst nachdem im Laufe des
Beschwerdeverfahrens eine außergerichtliche Einigung zustande gekommen sei, sei
die Beschwerde zurückgenommen worden.
Der Betriebsrat beantragt,
64
den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 27.09.2006 - 3 BV 19/06 -
abzuändern und die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Betriebsrat von den Kosten
seiner anwaltlichen Vertretung in Höhe von 1.258,25 € aus der Rechnung Nr. 66
vom 17.03.2006 und in Höhe von 876,76 € aus der Rechnung Nr. 75 vom
20.03.2006 und in Höhe von 1.121,06 € aus der Rechnung Nr. 129 vom
12.06.2006 und in Höhe von 577,39 € aus der Rechnung Nr. 133 vom 14.06.2006
und in Höhe von 955,14 € aus der Rechnung Nr. 141 sowie in Höhe von 787,87 €
aus der Rechnung Nr. 142 vom 03.07.2006 freizustellen.
65
Die Arbeitgeberin beantragt,
66
die Beschwerde zurückzuweisen.
67
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und ist nach wie vor der Auffassung,
sowohl dem vorliegenden Freistellungsverfahren wie auch den zugrunde liegenden
Verfahren mangele es bereits an einem ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss.
Sowohl die Einladungen und Protokolle zu den Sitzungen vom 17.01.2006 und
08.02.2006 stammten offenbar nicht allein aus der Feder des Betriebsratsvorsitzenden,
sondern rührten möglicherweise von der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats
her. Die Einladung vom 13.01.2006 sei so formuliert, dass sie nicht vom
Betriebsratsvorsitzenden stamme könne. Der Betriebsratsvorsitzende habe eine völlig
andere Diktion. Auch das Protokoll vom 17.01.2006 könne nicht vom
Betriebsratsvorsitzenden stammen. Hinzu komme, dass der Betriebsrat am 08.02.2006
auch noch keinen PC zur Verfügung gehabt habe, Einladungen und Protokolle seien
aber auf einem PC erstellt worden.
68
Zu Recht habe das Arbeitsgericht hinsichtlich der Einleitung des Beschlussverfahrens 2
BV 6/06 festgestellt, dass kein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss vorliege. Die
Einladung zu der Sitzung vom 17.01.2006 sei nicht jedem einzelnen
Betriebsratsmitglied vorher zugestellt worden.
69
Darüber hinaus sei die Einladung im Hinblick auf die zu behandelnden Themen nicht
ausreichend konkret. In der Einladung vom 13.01.2006 werde lediglich ausgeführt, dass
über ein Schreiben der Arbeitgeberin über Kündigungen informiert werde. Aus welchem
Grund die sonstigen Tagesordnungspunkte aufgeführt worden seien, sei aus der
Einladung nicht ersichtlich, es habe lediglich vermutet werden können, was in der
Betriebsratssitzung behandelt werden sollte.
70
Die am 17.01.2006 gefassten Beschlüsse beinhalteten darüber hinaus nicht die
Einleitung eines Beschlussverfahrens nach § 98 ArbGG. Der Betriebsrat habe vielmehr
seiner Verfahrensbevollmächtigten eine Art "Generalvollmacht" für alles erteilt, was
diese als geeignet ansehe. Dies ergebe sich aus der Formulierung im Beschluss vom
17.01.2006 zum Tagesordnungspunkt 2.. Ob ein Verfahren notwendig werde, hätte der
Betriebsrat als Gremium noch entscheiden müssen, nicht aber die
Verfahrensbevollmächtigte.
71
Darüber hinaus sei im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Einschaltung eines
Rechtsanwalts zu beachten, dass das Schreiben der Arbeitgeberin vom 12.01.2006
lediglich eine Absichtserklärung beinhalte. Was die Arbeitgeberin konkret vorgehabt
habe, habe noch nicht festgestanden; sie habe vielmehr in der nächsten
Betriebsratssitzung mit dem Betriebsrat darüber sprechen wollen. In dieser Phase sei
die Einschaltung eines Rechtsanwalts noch nicht angemessen und nicht erforderlich
gewesen. Es habe auch keine Zeitnot bestanden.
72
Die Einleitung eines Einigungsstellenbesetzungsverfahrens sei im Übrigen
insbesondere im Hinblick auf das Schreiben der Arbeitgeberin vom 01.02.2006 nicht
mehr erforderlich gewesen. Am 03.02.2006 habe daraufhin ein
Einigungsstellenbesetzungsverfahren nicht mehr eingeleitet werden dürfen. Zu diesem
Zeitpunkt habe bereits festgestanden, dass es aussichtslos gewesen sei. Aus dem
Vorbringen des Betriebsrats werde im Übrigen deutlich, dass der Betriebsrat nach dem
Schreiben der Arbeitgerberin vom 01.02.2006 überhaupt nicht mehr tätig geworden sei,
der Betriebsratsvorsitzende habe offensichtlich eigenmächtig entschieden, das
Verfahren 2 BV 6/06 einzuleiten und später Beschwerde einzulegen.
73
Auch die Rechnung hinsichtlich des Tätigwerdens der Verfahrensbevollmächtigten des
Betriebsrats wegen der Einstellung von Leiharbeitnehmern sei nicht von der
Arbeitgeberin zu bezahlen. Auch insoweit fehle es an einem ordnungsgemäßen
Beschluss des Betriebsrats. Die Einladung vom 01.02.2006 sei, soweit sie überhaupt
allen Betriebsratsmitgliedern ordnungsgemäß zugegangen sei, nicht hinreichend
konkret, um von einer ordnungsgemäßen Einladung auszugehen. Auch der im Protokoll
protokollierte Beschluss beinhalte einen sehr allgemein gehaltenen Vorratsbeschluss
für einen Dritten. Im Übrigen bedürfe es keiner Einschaltung eines Rechtsanwalts, den
Arbeitgeber auf die Einhaltung von Mitbestimmungsrechten hinzuweisen. Insoweit sei
die Einschaltung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats auch nicht
erforderlich gewesen.
74
Das Gleiche gelte für das Tätigwerden der Verfahrensbevollmächtigten im Hinblick auf
die geforderten Sachmittel des Betriebsrats. Weder die Einladung zur
Betriebsratssitzung am 08.02.2006 noch der auf dieser Sitzung gefasste Beschluss
seien ordnungsgemäß. Der Beschluss sei als solches viel zu pauschal, als dass man
darauf die Beauftragung eines Rechtsanwalts folgern könne. Der Betriebsrat habe
ausdrücklich beschlossen, dass der Betriebsratsvorsitzende beauftragt werde, einzelne
Gegenstände konkret zu benennen und einzufordern. Die Durchführung eines
Beschlussverfahrens in dieser Sache sei nicht ausdrücklich beschlossen worden. Im
Übrigen fehle es auch insoweit an der Erforderlichkeit der Beauftragung der
Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats. Eine Globalbevollmächtigung der
Verfahrensbevollmächtigten sei nicht erforderlich gewesen.
75
Schließlich sei auch hinsichtlich des Verfahrens wegen des Zeiterfassungssystems die
Einladung zur Betriebsratssitzung vom 08.02.2006 sowie die dortige Beschlussfassung
nicht ordnungsgemäß. Auch der am 08.02.2006 insoweit gefasste Beschluss sei zu
pauschal. Aus der Beschlussfassung gehe nicht hervor, was der Betriebsrat wolle. Von
einer einstweiligen Verfügung sei an keiner Stelle die Rede. Auch insoweit habe
offensichtlich unzulässigerweise die Betriebsratstätigkeit als solche in die Hände der
Verfahrensbevollmächtigten gelegt werden sollen. Dies ergebe sich bereits aus den im
Beschlussverfahren 2 BVGa 2/06 Arbeitsgericht Paderborn gestellten Anträgen der
Verfahrensbevollmächtigten. Darüber hinaushabe das Arbeitsgericht zu Recht
ausgeführt, dass das eingeleitete einstweilige Verfügungsverfahren aussichtslos
gewesen sei. Der Betriebsrat habe über einen längeren Zeitraum gewusst, dass
Zeiterfassungsgerät längst installiert gewesen sei.
76
Die Beschwerdekammer hat die Akten der Verfahren 2 BV 6/06 Arbeitsgericht
Paderborn = 10 TaBV 25/06 Landesarbeitsgericht Hamm, 2 BV 22/06 Arbeitsgericht
Paderborn sowie 2 BVGa 2/07 Arbeitsgericht Paderborn = 13 TaBV 46/06
Landesarbeitsgericht Hamm informationshalber beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten
wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten
gewechselten Schriftsätze.
77
B
78
Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.
79
I.
80
Die vom Betriebsrat geltend gemachten Freistellungsansprüche sind zulässig.
81
1. Das gewählte Beschlussverfahren ist nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG die richtige
Verfahrensart, da zwischen den Beteiligten ein Kostenerstattungsanspruch im Sinne
des § 40 Abs. 1 BetrVG streitig ist.
82
Die Antragsbefugnis des Betriebsrats und die Beteiligung der Arbeitgeberin am
vorliegenden Verfahren ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.
83
2. Entgegen der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin ist der Antrag des Betriebsrats
nicht bereits wegen nicht ordnungsgemäßer Beschlussfassung des Betriebsrats zur
Beauftragung seiner Verfahrensbevollmächtigten mit der Durchführung des
vorliegenden Beschlussverfahrens unzulässig.
84
a) Die ordnungsgemäße Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten des
Betriebsrats im Sinne der §§ 80, 81 ZPO ist vorliegend nicht gerügt worden. Der
Betriebsrat hat auch entsprechende Vollmachten vom 13./18.01.2006 bzw. 15.02.2006
zu den Gerichtsakten eingereicht.
85
Die Arbeitgeberin hat dagegen erst- und zweitinstanzlich ausdrücklich bestritten, dass
der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens und der Vollmachtserteilung ein
wirksamer Beschluss des Betriebsrats zugrunde gelegen habe.
86
Ein solcher Beschluss ist sowohl zur Verfahrenseinleitung als auch zur wirksamen
Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich (BAG, Beschluss vom 05.04.2000 - AP
87
BetrVG 1972 § 78 a Nr. 33; BAG, Beschluss vom 18.02.2003 - AP BetrVG 1972 § 77
Betriebsvereinbarung Nr. 11; BAG, Beschluss vom 20.04.2005 - AP BetrVG 1972 § 38
Nr. 30; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 11 Rz. 52 m.w.N.).
Fehlt es daran, ist der Betriebsrat gerichtlich nicht wirksam vertreten und kommt ein
Prozessrechtsverhältnis nicht zustande; für den Betriebsrat gestellte Anträge sind als
unzulässig abzuweisen.
b) Die Einwendungen der Arbeitgeberin greifen aber insoweit nicht durch, weil im
Streitfall ein wirksamer Betriebsratsbeschluss vorgelegen hat. Dies hat das
Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
88
Ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss erfordert, dass der Beschluss nach § 33
Abs. 1 BetrVG mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst wird.
Ein Betriebsrat ist nur beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der
Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt, § 33 Abs. 2 BetrVG.
Betriebsratsbeschlüsse können auch grundsätzlich nur auf einer ordnungsgemäßen
Sitzung des Betriebsrats gefasst werden. Die Beschlussfassung setzt insoweit eine
ordnungsgemäße Ladung der Betriebsratsmitglieder unter Mitteilung der Tagesordnung
voraus, § 29 Abs. 2 und 3 BetrVG.
89
Auch die Beschwerdekammer hat es offen gelassen, ob der Betriebsrat bereits in seinen
Sitzungen vom 17.01.2006 bzw. 08.02.2006 ordnungsgemäße Beschlüsse zur
Einleitung des vorliegenden Verfahrens zur Freistellung von den Kosten seiner
anwaltlichen Vertretung hat und seine Verfahrensbevollmächtigte mit der Durchführung
eines etwaigen Freistellungsverfahrens beauftragt hat. Jedenfalls hat der Betriebsrat am
07.08.2006 sowie am 20.09.2006 nochmals ausdrücklich beschlossen, dass die
Einleitung des vorliegenden Verfahrens und die Beauftragung seiner
Verfahrensbevollmächtigten seinem Willen entspricht. Da das vorliegende Verfahren
erstinstanzlich erst mit der Entscheidung vom 27.09.2006 abgeschlossen worden ist,
bestand bis zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit des Betriebsrats, etwaige Mängel in der
Beschlussfassung zu beseitigen.
90
Die Unwirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses über die Einleitung eines
Beschlussverfahrens und die Beauftragung eines Rechtsanwalts kann durch einen
ordnungsgemäßen späteren Beschluss geheilt werden, wenn dieser noch vor Erlass
einer den Antrag als unzulässig zurückweisenden Prozessentscheidung gefasst wird
(BAG, Beschluss vom 18.02.2003 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 11 -
unter B. I. 2. b) der Gründe; BAG, Beschluss vom 06.12.2006 - 7 ABR 62/05 - unter B. II.
3. a) der Gründe). Nur zu einem späteren Zeitpunkt kann eine rückwirkende Heilung des
Mangels nicht mehr erfolgen.
91
Die Beschlüsse des Betriebsrats vom 07.08.2006 und 20.09.2006 über die Einleitung
des vorliegenden Verfahrens und über die Beauftragung seiner
Verfahrensbevollmächtigten sind ordnungsgemäß gefasst worden. Die Beauftragung
der Verfahrensbevollmächtigten ist durch die wirksamen Beschlüsse des Betriebsrats
vom 07.08.2006 und 20.09.2006 gedeckt. Der Betriebsrat hat auf der Sitzung vom
07.08.2006 ausdrücklich bestätigt, dass es sein Wunsch und Wille war, dass die
Verfahrensbevollmächtigte das zugrunde liegende Verfahren durchführt und den
Betriebsrat gegen die Arbeitgeberin außergerichtlich und darüber hinaus gerichtlich
vertritt. Die Verfahrensbevollmächtigte ist durch Beschluss vom 07.08.2006 auch
nochmals beauftragt worden, in gesonderten Verfahren die Freistellungsansprüche des
92
Betriebsrats aus allen beauftragten Angelegenheiten und Verfahren in allen Instanzen
durchzusetzen. Diese Beschlüsse sind durch Beschluss vom 20.09.2006 nochmals
bestätigt worden.
Gegen die Wirksamkeit der Beschlüsse vom 07.08.2006 und 20.09.2006 kann auch
nicht eingewandt werden, dass die teilnehmenden Betriebsratsmitglieder nicht
ordnungsgemäß zu den Betriebsratssitzungen vom 07.08. 2006 und 20.09.2006 unter
Mitteilung der Tagesordnung eingeladen worden wären. Der Betriebsrat hat die
Einladungen vom 02.08.2006 und 18.09.2006 zu den Sitzungen vom 07.08.2006 bzw.
20.09.2006 vorgelegt. Ob die in den Einladungen genannten Tagesordnungspunkte zu
pauschal gehalten sind, konnte letztlich offen bleiben. Die Betriebsratsbeschlüsse vom
07.08.2006 und 20.09.2006 sind nämlich nicht nur mit Mehrheit, sondern einstimmig
vom vollständig besetzten Betriebsrat gefasst worden. Keines der vollzählig
versammelten Betriebsratsmitglieder hat der Behandlung der Tagesordnungspunkte, die
anlässlich der Sitzung ausführlich erläutert worden sind, wie sich aus den Protokollen
ergibt, widersprochen. Damit wäre ein etwaiger Ladungsmangel auch in jedem Fall
geheilt (BAG, Beschluss vom 29.04.1992 - AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 15; BAG,
Beschluss vom 20.04.2005 - AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 30).
93
II.
94
Die Freistellungsanträge des Betriebsrats sind jedoch unbegründet.
95
Der Betriebsrat hat keinen Anspruch auf Freistellung von den Kosten seiner
anwaltlichen Vertretung aus den streitigen Kostenrechnungen der
Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats. Dies hat das Arbeitsgericht in dem
angefochtenen Beschluss zu Recht und mit zutreffender Begründung erkannt.
96
1. Soweit der Betriebsrat die Freistellung von Kosten aus den Rechnungen seiner
Verfahrensbevollmächtigten Nr. 75, 129, 133, 141 und 142 verlangt, ist der Antrag
bereits deshalb unbegründet, weil der Betriebsrat insoweit wegen dieser Kosten bisher
überhaupt nicht in Anspruch genommen worden ist. Die Verfahrensbevollmächtigte hat
die Rechnungen Nr. 75, 129, 133, 141 und 142 bislang lediglich der Arbeitgeberin
übersandt und von der Arbeitgeberin Bezahlung verlangt. Lediglich die Rechnung Nr.
66 ist an den Betriebsrat gerichtet worden. Zwar kann davon ausgegangen werden,
dass die Arbeitgeberin eine Begleichung auch der weiteren Rechnungen abgelehnt hat.
Ob und zu welchem Zeitpunkt die Verfahrensbevollmächtigte daraufhin wegen der
Kostenrechnungen Nr. 75, 129, 133, 141 und 142 den Betriebsrat selbst in Anspruch
genommen hat, lässt sich weder der Antragsschrift noch dem übrigen erst- und
zweitinstanzlichen Vorbringen des Betriebsrats im weiteren Verlauf des vorliegenden
Beschlussverfahrens entnehmen (BAG, Beschluss vom 04.06.2003 - AP BetrVG 1972 §
37 Nr. 136 unter B. II. der Gründe). Die Inanspruchnahme des Betriebsrats ist aber
Voraussetzung für die Geltendmachung eines Freistellungsanspruchs
97
2. Die geltend gemachten Freistellungsansprüche sind aber auch insgesamt ansonsten
unbegründet.
98
Der Freistellungsanspruch hinsichtlich der Kosten für das
Einigungsstellenbesetzungsverfahren 2 BV 6/06 Arbeitsgericht Paderborn = 10 TaBV
25/06 Landesarbeitsgericht Hamm - Rechnungen Nr. 66 vom 17.03.2006 und Nr. 129
vom 12.06.2006 - ist schon deshalb unbegründet, weil es an einem ordnungsgemäßen
99
Betriebsratsbeschluss hinsichtlich der Einleitung der genannten Verfahren und der
Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats fehlte.
a) Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines
Anwalts unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist wie in den sonstigen
Fällen des § 40 BetrVG auf die Prüfung beschränkt, ob die Hinzuziehung unter den
konkreten Umständen der Erledigung einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrats
diente und der Betriebsrat nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt,
sondern bei seiner Entscheidung auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers,
insbesondere an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht Rechnung getragen hat
(BAG, Beschluss vom 09.06.1999 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 66). Dabei ist die Frage
der Erforderlichkeit vom Zeitpunkt des Beschlusses aus zu beurteilen, der die Kosten
ausgelöst hat (BAG, Beschluss vom 19.04.1989 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 29). Sowohl
die Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens wie die Beauftragung
eines Rechtsanwalts setzt insoweit einen ordnungsgemäßen Beschluss des
Betriebsrats voraus (BAG, Beschluss vom 05.04.2000 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 33;
BAG, Beschluss vom 18.02.2003 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 11;
BAG, Beschluss vom 19.03.2003 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 77; BAG, Beschluss vom
17.08.2005 - AP InsO § 55 Nr. 10 m.w.N.).
100
Welche Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss nach § 33
BetrVG gestellt werden, ist bereits oben ausgeführt worden. Die Einhaltung der
Vorschrift des § 29 Abs. 2 BetrVG über die rechtzeitige Ladung der Mitglieder des
Betriebsrats unter Mitteilung der Tagesordnung gehört zu den unverzichtbaren
Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines in der Sitzung gefassten
Betriebsratsbeschlusses (zuletzt: BAG, Urteil vom 24.05.2006 - NZA 2006, 1364
m.w.N.). Der Betriebsrat muss sich aufgrund einer ordnungsgemäßen Ladung als
Gremium mit dem entsprechenden Sachverhalt befasst und durch Abstimmung eine
einheitliche Willensbildung herbeigeführt haben (BAG, Beschluss vom 14.02.1996 - AP
BetrVG 1972 § 76 a Nr. 5). Dabei müssen die in dem Beschlussverfahren zu stellenden
Anträge nicht bereits in dem zu fassenden Betriebsratsbeschluss im Einzelnen
formuliert sein. Vielmehr ist es ausreichend, wenn der Betriebsratsbeschluss den
Gegenstand, über den in dem einzuleitenden Beschlussverfahren eine Klärung
herbeigeführt werden soll, und das angestrebte Ergebnis bezeichnet (BAG, Beschluss
vom 29.04.2004 - AP BetrVG 1972 § 77 Durchführung Nr. 3 - unter B. II. 1. a) aa) der
Gründe; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.09.2001 - AiB 2002, 632 m.w.N.).
101
b) In Anwendung dieser Grundsätze ist das Arbeitsgericht in dem angefochtenen
Beschluss zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Einleitung des
Beschlussverfahrens 2 BV 2/06 und der Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten
des Betriebsrats kein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss zugrunde gelegen hat.
Die auf der Betriebsratssitzung vom 17.01.2006 gefassten Beschlüsse sind für die
Einleitung des Beschlussverfahrens 2 BV 2/06 Arbeitsgericht Paderborn, mit dem die
Errichtung einer Einigungsstelle erstrebt worden ist, ungeeignet.
102
aa) Zwar kann der Betriebsrat aufgrund des in der Sitzung vom 17.01.2006 gefassten
Beschlusses noch als befugt angesehen werden, aufgrund des Schreibens der
Arbeitgeberin vom 12.01.2006 die Aufnahme von Verhandlungen über den Abschluss
eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans zu fordern und hierfür seine
Verfahrensbevollmächtigte zu beauftragen. Im Schreiben vom 12.01.2006 hat die
Arbeitgeberin nämlich darauf hingewiesen, dass man nicht umhin komme, die Abteilung
103
Näherei/Vlies aus Kostengründen und zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit
aufzulösen. Hieraus durfte der Betriebsrat berechtigterweise die Annahme herleiten, es
liege eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG vor.
Ob insoweit die Einladung vom 13.01.2006 zur Betriebsratssitzung am 17.01.2006
inhaltlich ausreichend gewesen und sämtlichen Betriebsratsmitgliedern zugegangen ist,
war unerheblich, nachdem alle ordentlichen Betriebsratsmitglieder auf der
Betriebsratssitzung vom 17.01.2006 anwesend gewesen sind und der Tagesordnung
zugestimmt haben. Damit wäre ein etwaiger Ladungsmangel in jedem Fall geheilt (BAG,
Beschluss vom 29.04.1992 - AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 15; BAG, Beschluss vom
20.04.2005 - AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 30; BAG, Urteil vom 24.05.2006 - NZA 2006,
1364 m.w.N.).
104
bb) Der Betriebsratsbeschuss vom 17.01.2006 umfasst aber nicht die Einleitung eines
Beschlussverfahrens nach § 98 ArbGG, wie es am 03.02.2006 beim Arbeitsgericht
Paderborn - 2 BV 6/06 - eingeleitet worden ist. Aus der Formulierung im Beschluss zu
TOP 2:
105
"Sollte die Einleitung von gerichtlichen Schritten in diesem Zusammenhang
notwendig sein, wird Frau Rechtsanwältin H1 beauftragt, den Betriebsrat
außergerichtlich und gerichtlich in allen Instanzen in notwendigen Verfahren zu
vertreten."
106
lässt sich die Einleitung eines Einigungsstellenbesetzungsverfahrens nach § 98 ArbGG
nicht herleiten. Der Beschluss zu TOP 2 enthält vielmehr einen pauschalen Beschluss
zur Beauftragung eines Rechtsanwalts für alle etwa notwendig werdenden Verfahren.
Zu Recht steht die Arbeitgeberin auf dem Standpunkt, dass der Betriebsrat insoweit
einen Pauschalbeschluss für alle denkbaren Verfahren gefasst hat, über deren
Notwendigkeit die Verfahrensbevollmächtigte zu entscheiden hatte. Darüber, ob ein
Einigungsstellenbesetzungsverfahren beim Arbeitsgericht durchgeführt werden sollte,
stand zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 17.01.2006 noch überhaupt nicht fest,
hierüber hätte der Betriebsrat zunächst als Gremium befinden müssen. Zum Zeitpunkt
der Beschlussfassung am 17.01.2006 konnte die Einleitung eines
Einigungsstellenbesetzungsverfahrens noch nicht beschlossen werden, da noch
überhaupt keine Verhandlungen über einen etwaigen Interessenausgleich und
Sozialplan stattgefunden hatten. Die Pauschalermächtigung eines Rechtsanwalts, wie
sie im Betriebsratsbeschluss vom 17.01.2006 enthalten ist, ist mit der Verpflichtung des
Betriebsrats, die Erforderlichkeit der Einleitung eines Beschlussverfahrens und der
Beauftragung von Rechtsanwälten im Einzelnen anhand der Interessen der Belegschaft
und der berechtigten Interessen des Arbeitgebers zu überprüfen, nicht zu vereinbaren.
107
Der Betriebsrat kann nicht aufgrund eines sogenannten Vorratsbeschlusses im
Vorhinein die Einleitung aller möglicher Beschlussverfahren beschließen und eine Art
von "Generalvollmacht" erteilen, ohne dass zuvor überhaupt Verhandlungen mit dem
Arbeitgeber stattgefunden haben und das Ergebnis dieser Verhandlungen bekannt ist.
Bevor der Betriebsrat einen Beschluss über die Einleitung eines
Einigungsstellenbesetzungsverfahrens fasste, hätte er zunächst mindestens die
Verhandlungen mit der Arbeitgeberin abwarten müssen. Das ist nach dem unstreitigen
Vorbringen beider Beteiligten nicht der Fall gewesen. Ein erneuter
Betriebsratsbeschluss ist nach Durchführung der Verhandlungen mit dem Arbeitgeber
zur Einleitung des Einigungsstellenbesetzungsverfahrens 2 BV 6/06 Arbeitsgericht
108
Paderborn nicht herbeigeführt worden.
cc) Da die auf der Betriebsratssitzung vom 17.01.2006 gefassten Beschlüsse die
Einleitung des Beschlussverfahrens 2 BV 6/06 nicht decken, liegt auch kein
ordnungsgemäß gefasster Betriebsratsbeschluss für die Einleitung des
Beschwerdeverfahrens 10 TaBV 25/06 Landesarbeitsgericht Hamm vor. Nur die einem
Rechtsanwalt wirksam erteilte Verfahrensvollmacht berechtigt auch zur Einlegung von
Rechtsmitteln, § 80 Abs. 2, 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 81 ZPO (BAG, Beschluss vom
18.02.2003 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 11; BAG, Beschluss vom
20.04.2005 - AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 30; BAG, Beschluss vom 16.11.2005 - AP
BetrVG 1972 § 80 Nr. 64 unter B. I. 2. der Gründe m.w.N.). Da es bereits der Einleitung
des Beschlussverfahrens 2 BV 6/06 Arbeitsgericht Paderborn an einem wirksamen
Betriebsratsbeschluss mangelte, liegt auch der Einleitung des Beschwerdeverfahrens
10 TaBV 25/06 Landesarbeitsgericht Hamm kein wirksamer Betriebsratsbeschluss
zugrunde.
109
c) Zu Recht ist das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss auch zu dem
Ergebnis gelangt, dass nach Beendigung des Einigungsstellenbesetzungsverfahrens 2
BV 6/06 Arbeitsgericht Paderborn ein fehlender Betriebsratsbeschluss nicht wirksam
nachgeholt werden konnte.
110
Zwar kann der Betriebsrat die ohne ordnungsgemäße Beschlussfassung
vorgenommene Einleitung eines Beschlussverfahrens und die Beauftragung eines
Verfahrensbevollmächtigten genehmigen. Die Genehmigung durch eine nachträgliche
Beschlussfassung ist aber nur bis zu einer Prozessentscheidung erster Instanz möglich
(BAG, Beschluss vom 18.02.2003 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 11
unter B. I. 2. b) der Gründe; BAG, Beschluss vom 16.11.2005 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr.
64 unter B. I. 1. a) der Gründe m.w.N.). Das Einigungsstellenbesetzungsverfahren 2 BV
6/06 Arbeitsgericht Paderborn = 10 TaBV 25/06 Landesarbeitsgericht Hamm war
spätestens durch die Entscheidung der Beschwerdekammer vom 28.04.2006 beendet.
Eine Heilung des unwirksamen Betriebsratsbeschlusses vom 17.01.2006 kam nach
diesem Zeitpunkt durch die Betriebsratsbeschlüsse vom 07.08.2006 und 20.09.2006
nicht mehr in Betracht.
111
Der Betriebsrat kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, dass die
Arbeitgeberin im Einigungsstellenbesetzungsverfahren 2 BV 6/06 Arbeitsgericht
Paderborn die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats nicht bestritten hat.
Die Arbeitgeberin ist mit dem Bestreiten des ordnungsgemäßen
Betriebsratsbeschlusses nicht präkludiert. Woraus sich ergeben soll, dass die
Arbeitgeberin bereits im Einigungsstellenbesetzungsverfahren 2 BV 6/06 Arbeitsgericht
Paderborn verpflichtet gewesen ist, die ordnungsgemäße Beschlussfassung des
Betriebsrats für die Einleitung dieses Verfahrens zu bestreiten, trägt der Betriebsrat
selbst nicht vor. Das Einigungsstellenbesetzungsverfahren 2 BV 6/06 Arbeitsgericht
Paderborn ist bereits aus anderen Gründen als unbegründet abgewiesen worden. Erst
wenn in diesem Verfahren den Anträgen des Betriebsrats stattgegeben worden wäre
und dabei die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats über die Einleitung
dieses Verfahrens geprüft oder auch nur unterstellt worden wäre, käme der Einwand der
Präklusion im vorliegenden Verfahren überhaupt in Betracht. Die Arbeitgeberin war im
Verfahren 2 BV 6/06 nicht gehindert, sich in ihrem Vortrag auf die offensichtliche
Unzuständigkeit der begehrten Einigungsstelle zu beschränken. Ausreichend für die
Überprüfung eines ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses ist es danach insoweit,
112
dass im vorliegenden Freistellungsverfahren die ordnungsgemäße Beschlussfassung
des Betriebsrats bestritten worden ist.
3. Hinsichtlich der Kostenrechnungen Nr. 75, Nr. 133, Nr. 141 und Nr. 142 fehlt es an
den Voraussetzungen eines Freistellungsanspruches nach § 40 BetrVG. Auch dies hat
das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend erkannt.
113
a) Nach § 40 Abs. 1 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die durch die Tätigkeit des
Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen.
114
Hierunter fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch
solche Kosten, die im Zusammenhang mit der gerichtlichen Inanspruchnahme von
Rechten des Betriebsrates anfallen (BAG, Beschluss vom 03.10.1978 - AP BetrVG 1972
§ 40 Nr. 14; BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 31; BAG,
Beschluss vom 20.10.1999 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 67 m.w.N.). Eine Verpflichtung
des Arbeitgebers zur Freistellung von Kosten, die dem Betriebsrat durch die
Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts entstanden sind, besteht grundsätzlich dann,
wenn der Betriebsrat bei pflichtgemäßer Berücksichtigung der objektiven
Gegebenheiten und Würdigung aller Umstände, insbesondere auch der Rechtslage, die
Führung eines Prozesses und die Beauftragung eines Rechtsanwalts für erforderlich
halten konnte. Die Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat nicht allein anhand
seiner subjektiven Bedürfnisse vorzunehmen. Er ist vielmehr gehalten, die Interessen
der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes einerseits
und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits gegeneinander
abzuwägen. Dabei hat er auch die Kostenbelange des Arbeitgebers zu berücksichtigen.
Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers entfällt lediglich dann, wenn die
Rechtsverfolgung offensichtlich aussichtslos ist. Das ist nach der Rechsprechung des
Bundesarbeitsgerichts dann der Fall, wenn die Rechtslage unzweifelhaft ist und zu
einem Unterliegen des Betriebsrates führen muss. Davon kann jedoch dann nicht
ausgegangen werden, wenn über ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist und die
Rechtsauffassung des Betriebsrates vertretbar erscheint (BAG, Beschluss vom
20.10.1999 - a.a.O.; BAG, Beschluss vom 19.03.2003 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 77;
BAG, Beschluss vom 17.08.2005 - AP InsO § 55 Nr. 10 m.w.N.).
115
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Arbeitsgericht zu Recht einen
Freistellungsanspruch hinsichtlich der weiter geltend gemachten Kosten verneint.
116
aa) Dies gilt zunächst für die Kostenrechnung Nr. 75 vom 20.03.2006 wegen der
Einleitung des außergerichtlichen Verfahrens hinsichtlich der Einstellung von
Leiharbeitnehmern. Für die Aufsetzung eines Schreibens, mit dem der Arbeitgeber
aufgefordert werden soll, künftig die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der
Einstellung von Leiharbeitnehmern zu wahren, war die Einschaltung der
Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats nicht erforderlich. Ein solches Schreiben
hätte der Betriebsrat, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausführt, selbst aufsetzen
können. Ein solches Schreiben ist sowohl in sachlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht
einfach gelagert. Die Einschaltung eines Anwalts ist insoweit nicht erforderlich
gewesen. Dass der Betriebsrat seine Mitbestimmungsrechte zu wahren in der Lage war,
zeigt bereits das vom Betriebsratsvorsitzenden selbst aufgesetzte Schreiben vom
08.03.2006.
117
bb) Auch die Einleitung des Beschlussverfahrens 2 BV 22/06 Arbeitsgericht Paderborn
118
war nicht erforderlich. Für die Einleitung dieses Beschlussverfahrens bestand jedenfalls
Mitte Mai 2006 kein vernünftiger Anlass mehr.
Zwar hatte der Betriebsrat möglicherweise Anlass, fehlende Sachmittel und ein
angemessenes Betriebsratsbüro im Februar 2006 zu beanstanden. Die Arbeitgeberin
hat sich aber nach dem unstreitigen Vorbringen der Beteiligten zu keinem Zeitpunkt
geweigert, den mit Schreiben vom 16.02.2006 geltend gemachten Ansprüchen
nachzukommen. Dies ergibt sich bereits aus dem Schreiben der Arbeitgeberin vom
22.02.2006 und den im Anschluss daran geführten Gesprächen zwischen der
Arbeitgeberin und dem Betriebsrat. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten darüber
hinaus, dass der Betriebsrat bereits im April 2006 Bücher sowie ein Telefon nebst
Zubehör erhalten hat. Die Beteiligten waren sich bereits vor Einleitung des
Beschlussverfahrens 2 BV 22/06 über die Zurverfügungsstellung neuer Räume und die
Büroausstattung einig, wobei lediglich der Umzug erst Mitte Mai stattfinden konnte.
Bereits am 11.05.2006 waren Möbel für das Betriebsratsbüro bestellt und am
15.05.2006 ein PC für den Betriebsrat installiert worden. Die Einleitung des
Beschlussverfahrens 2 BV 22/06 war danach ohne erneute Rücksprache mit dem
Betriebsrat nicht mehr erforderlich.
119
cc) Schließlich waren auch die Einleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens 2
BVGa 2/06 Arbeitsgericht Paderborn und schon gar nicht die Einleitung des
Beschwerdeverfahrens 13 TaBV 46/06 Landesarbeitsgericht Hamm erforderlich. Das
erst am 05.04.2006 beim Arbeitsgericht eingeleitete Beschlussverfahren auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung war, wie das Arbeitsgericht zu Recht erkannt hat, offenbar
aussichtslos. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass im Betrieb der Arbeitgeberin
bereits ab Dezember 2005 ein neues Zeiterfassungssystem als Testphase genutzt und
danach im Februar 2006 eingesetzt worden ist. Dass dem Betriebsrat die Einführung
eines neuen Zeiterfassungssystems ab Dezember 2005 völlig unbekannt geblieben ist,
trägt der Betriebsrat selbst nicht vor. Aus welchen Gründen Anfang April 2006 noch der
Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt werden musste, erschließt sich auch der
Beschwerdekammer nicht. Ein Verfügungsgrund im Sinne einer besonderen
Eilbedürftigkeit lag Anfang April 2006 offensichtlich nicht mehr vor. Schon gar nicht
konnte zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde am 05.06.2006 von einem
besonderen Verfügungsgrund ausgegangen werden. Aus welchen Gründen noch im
April 2006 der Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendig gewesen ist und die
etwaige Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nicht im
Hauptsacheverfahren verfolgt werden konnte, lässt auch das Beschwerdevorbringen
des Betriebsrats nicht erkennen. Unstreitig haben die Beteiligten aufgrund des
Aufforderungsschreibens des Betriebsrats vom 16.02.2006 über den Entwurf einer
Betriebsvereinbarung verhandelt; bereits im Laufe des Beschwerdeverfahrens ist es zu
einer außergerichtlichen Einigung zwischen den Beteiligten gekommen.
120
III.
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Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand nach den
§§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.
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