Urteil des LAG Hamm vom 10.08.2004

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Landesarbeitsgericht Hamm, 6 Sa 1182/04
Datum:
10.08.2004
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 Sa 1182/04
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bocholt, 3 Ca 1184/03
Nachinstanz:
Bundesarbeitsgericht, 5 AZN 833/04 Beschwerde unzulässig verworfen
10.03.2005
Schlagworte:
Individualisierung des Klagegrundes bei Zahlungsklage
Normen:
§ 253 ZPO
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts
Bocholt vom 25.05.2004 - 3 Ca 1184/03 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Tatbestand:
1
Die Parteien streiten über restliche Ansprüche auf Arbeitsvergütung.
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Die Beklagte betreibt ein Unternehmen des Speditions-, Lagerei und
Transportgewerbes. Der Kläger wurde 1971 für den Betrieb der Beklagten eingestellt
und verdient als Berufskraftfahrer einen Stundenlohn von 12,28 EUR. In dem
Rechtsstreit 7 Sa 320/00 trafen die Parteien in dem Prozessvergleich vom 19.09.2000
vor dem erkennenden Gericht unter Nr. 3 folgende Regelung:
3
Die Beklagte vergütet die Tätigkeit des Klägers als Kraftfahrer der Lohngr. IV mit
einer Arbeitszeit von 113 Stunden pro Doppelwoche in Höhe von 5.187,00 DM
brutto zuzüglich der durch die Touren anfallenden Spesen entsprechend den
jeweils gültigen Lohnsteuerrichtlinien.
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Die Beklagte ermittelt die vom Kläger erbrachte Arbeitszeit auf der Grundlage
seiner Aufzeichnungen sowie derjenigen des Tachografen.
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In dem Rechtsstreit 3 Ca 2470/02 (ArbG Bocholt) modifizierten die Parteien diese
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Regelung durch einen Zwischenvergleich:
Die Beklagte ermittelt die vom Kläger erbrachte Arbeitszeit auf Grundlage seiner
Aufzeichnungen sowie derjenigen des Tachografen, wobei der Kläger diese
Unterlagen innerhalb von 10 Kalendertagen der Beklagten vorzulegen hat und
die Beklagte dem Kläger zu ermöglichen hat, entsprechende Kopien von den
Unterlagen zu erstellen bzw. erstellen zu lassen.
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Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die Zahlung restlicher
Arbeitsvergütung
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für die Zeit vom 03.03. – 30.03.2003 für 9,75 bislang nicht vergütete Stunden in
Höhe von 119,73 EUR, geltend gemacht mit Schreiben vom 11.04.2003 (Abl. Bl.
29 f. GA) nach Maßgabe der handschriftlichen Aufstellung des Klägers (Abl. Bl. 31
– 40 GA), einschließlich Minusstundenkorrektur;
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? für die Zeit vom 31.03. – 27.04.2003 für 11 bislang nicht vergütete Stunden
in Höhe von 135,08 EUR, geltend gemacht mit Schreiben vom 04.06.2003
(Abl. Bl. 14 f. GA), nach Maßgabe der handschriftlichen Aufstellung des
Klägers (Abl. Bl. 16 - 28 GA), einschließlich Minusstundenkorrektur;
11
? für die Zeit vom 28.04. – 25.05.2003 für 38,35 bislang nicht vergütete
Stunden in Höhe von 470,94 EUR, geltend gemacht mit Schreiben vom
04.06.2003 (Abl. Bl. 66 f. GA) nach Maßgabe der handschriftlichen
Aufstellung des Klägers (Abl. Bl. 68 – 80 GA);
12
? für die Zeit vom 26.05. – 29.06.2003 in Höhe von 238,23 EUR für 19,40
bislang nicht vergütete Stunden, geltend gemacht mit Schreiben vom
02.07.2003 (Abl. Bl. 54 f. GA) nach Maßgabe der handschriftlichen
Aufstellung des Klägers (Abl. Bl. 56 - 65 GA), einschließlich
Minusstundenkorrektur;
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? für die Zeit vom 01.09. – 31.10.2003 in Höhe von 405,02 EUR für bislang
nicht vergütete 32,35 Stunden (einschließlich Minusstundenkorrektur),
geltend gemacht mit Schreiben vom 03.11.2003 (Abl. Bl. 142 f. GA), nach
Maßgabe der handschriftlichen Aufstellung des Klägers (Abl. Bl. 144 – 160
GA);
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? für die Zeit vom 01.12. – 31.12.2003 in Höhe von 244,77 EUR für 19,55
bislang nicht vergütete Stunden (einschließlich Minusstundenverrechnung),
geltend gemacht mit Schreiben vom 12.01.2004 (Abl. Bl. 164 f. GA), nach
Maßgabe der handschriftlichen Aufstellung des Klägers (Abl. Bl. 166 – 175
GA).
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Der Kläger hat vorgetragen:
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Die Klagehauptforderungen beruhten auf seinen Aufzeichnungen und seien deshalb
unter Befolgung der zwischen den Parteien getroffenen Vergleiche auszugleichen.
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Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
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an ihn 119,73 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem gesetzlichen Basiszinssatz ab dem 31.03.2003 sowie weitere
135,08 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
gesetzlichen Basiszinssatz ab dem 30.04.2003 sowie 470,94 € brutto
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen
Basiszins ab dem 31.05.2003 sowie weitere 238,23 € brutto nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszins ab dem
30.06.2003 sowie weitere 405,02 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz ab dem 31.10.2003
sowie weitere 244,77 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszins ab dem 31.12.2003 zu
zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat vorgetragen:
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Der Klage sei nicht zu entnehmen, für welche auf wessen Weisung geleisteten Stunden
der Kläger noch Vergütung verlange. Durch die bislang ausgezahlte Arbeitsvergütung
sei die nachweisbare Arbeitsleistung des Klägers ordnungsgemäß vergütet worden. Der
Kläger erhalte bereits eine die tarifliche übersteigende Vergütung. Die Aufzeichnungen
des Klägers seien nicht stimmig.
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Das Arbeitsgericht Bocholt hat der Klage mit Urteil vom 25.05.2004 – 3 Ca 1184/03 -
stattgegeben. Es hat ausgeführt, nach dem vor dem LAG Hamm abgeschlossenen
Vergleich trage die Beklagte die Beweislast dafür, dass die Aufzeichnungen des
Klägers unrichtig seien.
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Das Urteil ist der Beklagten am 09.06.2004 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die
am 24.06.2004 eingelegte und mit dem am 24.06.2004 bei dem Landesarbeitsgericht
eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.
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Die Beklagte wendet sich unter Hinweis auf die zwischen den Parteien ergangene
Entscheidung der erkennenden Kammer vom 09.03.2004 – 6 Sa 906/03 - gegen das
Urteil. Sie wendet ein, die Klageforderungen seien unsubstanziiert vorgetragen worden.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 25.05.2004 – 3 Ca
1184/03 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung
seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage. Ergänzend trägt er vor, die
Beklagte könne gegen die Richtigkeit seiner Aufzeichnungen nur Einwendungen aus
den Tachografenscheiben erheben. Solche Einwendungen habe sie aber nicht
erhoben.
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Für die Zeit vom 10.03. – 14.03.2003 trägt der Kläger, aufgeschlüsselt nach
Arbeitsbereit-schaft, Fahrzeit und Pausen, die zu vergütenden Überstunden vor (Bl. 240
– 245 GA).
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen
in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtzügen zu den Akten gereichten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des
Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG) sowie in gesetzlicher
Form und Frist eingelegt (§ 518 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §
66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und innerhalb der Frist (§ 519 Abs. 2 S. 2 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6
S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) begründet worden. Sie hat in der Sache Erfolg. Zu
Unrecht hat das Arbeitsgericht .
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I. Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger Arbeitsvergütung für bislang nicht
vergütete Stunden in den genannten Zeiträumen exklusiv der Zeit vom 09.03. –
14.03.2003 und darauf bezogene Zinsen verlangt. Insoweit fehlt es an der bestimmten
Angabe des Gegen-standes und Grundes des erhobenen Anspruchs (§ 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO). Nicht erfasst von der Unzulässigkeit wird allein die auf Zahlung restlicher
Arbeitsvergütung gerichtete Klage für die Zeit vom 09.03. – 14.03.2003.
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1. Insoweit fehlt es für die Klage an der bestimmten Angabe des Grundes des erho-
benen Anspruchs (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Bei einer Klage auf Zahlung von
Arbeitsvergü-tung müssen die Zeiträume, für die die Vergütung gefordert wird, kalender-
und stundenmä-ßig angegeben werden. Andernfalls ist der Grund des erhobenen
Anspruchs nicht ausrei-chend bezeichnet. Diese Angaben sind erforderlich, um den
Umfang der Rechtskraft ermit-teln zu können. Stünde nicht fest, für welche Zeiträume
der Anspruch besteht oder versagt wird, wäre das Urteil einer materiellen Rechtskraft
nicht fähig (§ 322 Abs.1 ZPO). Wenn eine Verdienstbescheinigung vorgelegt wird, ist es
dagegen für die hinreichende Bestimmtheit des Klagegrundes nicht erforderlich, dass
Angaben zu Arbeitsbeginn, Arbeitsende und Ar-beitspausen sowie zur Erbringung der
Arbeitsleistung, Urlaub, Annahmeverzug, Arbeitsun-fähigkeit oder zu einer bezahlten
Freistellung gemacht werden (LAG Baden-Württemberg v. 16.06.1999, 17 Sa 108/98).
Insoweit kann die konkrete Bezugnahme auf eine Verdienstbe-scheinigung genügen
(BGH 11. Februar 2004 – VIII ZR 127/03).
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Eine Bezugnahme auf Anlagen zu den Schriftsätzen ist unzulässig, soweit es um den
not-wendigen Inhalt eines bestimmenden Schriftsatzes geht. Die Klage muss ua. die
bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs
enthalten (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Tatsachenkomplex, aus dem der Kläger die in
Anspruch genommene Rechtsfolge herleiten will, muss soweit substanziiert werden,
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dass klargestellt ist, welche Ansprüche auf Grund welchen Sachverhalts rechtshängig
sind. Die Klageschrift muss wie jeder bestimmende Schriftsatz vom Verfasser
unterschrieben sein. Gegenstand der Klage ist daher nur, was in den Text des
Schriftsatzes aufgenommen und unterschrieben ist. Soweit der Schriftsatz nicht selbst
die Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfüllt, sondern statt dessen auf andere
Schriftstücke Bezug genommen wird, ist die Klage nicht wirksam erhoben und als
unzulässig abzuweisen. Nur in Ausnahmefällen (Bezugnahme auf Schriftsatz in
anderem Rechtsstreit zwischen den Parteien oder aus vorangegangenem einstweiligem
Verfügungsverfahren) werden Bezugnahmen akzeptiert. Damit ist die in der
arbeitsgerichtlichen Praxis anzutreffende Übung, Zahlungsklagen allein durch
Bezugnahme auf beigefügte (Kopien von) Arbeitsvergütungsabrechnungen zu
begründen, regelmäßig unzulässig (LAG Köln 21.11.1997 - 11 (13) Sa 845/97).
2. Nach diesen Grundsätzen erweist sich die Klage auf Arbeitsvergütung im genannten
Umfang als unzulässig. Dem schriftsätzlichen Vortrag des Klägers kann nicht
entnommen werden, für welche nach Datum und zeitlicher Lage am Arbeitstag
geleistete Stunden mit der Klage der Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung
verfolgt wird. Diese Angaben sind auch nicht in den vorgerichtlichen
Geltendmachungsschreiben enthalten. Selbst aus den handschriftlichen
Aufzeichnungen folgt nicht, welche der dort angeführten Arbeitsstunden Gegenstand
des vorliegenden Rechtsstreits bilden sollen.
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3. Die zwischen den Parteien abgeschlossenen Prozessvergleiche zur Bedeutung der
vom Kläger zu fertigenden Aufzeichnungen ändern an der Pflicht zur bestimmten
Angabe der Streitgegenstände nichts. Inhalt der Prozessvergleiche ist keine Abrede zu
den prozessrechtlichen Voraussetzungen einer Klage auf Zahlung von Arbeitsvergütung
und auch nicht zu den Anforderungen an die die Begründetheit der Klage betreffende
Substanziierungspflicht.
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4. Zulässig ist die Klage nach den oben dargestellten Grundsätzen allein im Hinblick auf
den die Zeit vom 09.03. – 14.03.2003 geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von
101,31 EUR nebst Zinsen. Die Berufungserwiderung vom 02.08.2004 enthält endlich
ausreichende Angaben zum Grund der Klage.
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II. Der zulässige Teil der Klage ist jedoch unbegründet.
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Der zulässige Teil der Klage zielt auf die Vergütung von Überstunden. Die
Voraussetzungen für den Anspruch auf Überstundenvergütung hat der Kläger nicht
ausreichend dargelegt.
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1. Der Arbeitnehmer, der im Prozess von seinem Arbeitgeber die Bezahlung von
berstunden fordert, muss, zumal wenn zwischen der Geltendmachung und der
behaupteten Leistung ein längerer Zeitraum liegt, beim Bestreiten der Überstunden im
Einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche
Arbeitszeit hinaus tätig geworden ist. Er muss ferner eindeutig vortragen, ob die
Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet oder zur Erledigung der ihm obliegenden
Arbeiten notwendig oder vom Arbeitgeber gebilligt oder geduldet worden sind (BAG
12.04.2000, 5 AZR 704/98; BAG 17.04.2002 – 5 AZR 644/00). Dem Arbeitgeber obliegt,
dem Vortrag substanziiert entgegenzutreten. Erst anhand des konkreten Sachvortrags
des Arbeitgebers kann das Gericht feststellen, welche Tatsachen streitig sind (BAG
17.04.2002 – 5 AZR 644/00; BAG 25.11.1993 – 2 AZR 517/93 – BAGE 75, 153, 164).
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Pauschales Bestreiten reicht nicht aus. Der Umstand, dass der Sitz des Arbeitgebers
nicht am Erfüllungsort ist, ändert daran nichts. Es handelt sich um eine organisatorische
Frage, wie der Arbeitgeber sicherstellt, Informationen über den Betriebsablauf zu
erhalten (BAG 17.04.2002 – 5 AZR 644/0084). Anschließend ist es Sache des
Arbeitnehmers, im Einzelnen Beweis für die geleisteten Stunden anzutreten. Im
Einzelnen hat der Arbeitnehmer (1) die regelmäßige Arbeitszeit einschließlich Pausen
anzugeben, (2) die tatsächliche Arbeitszeit nach Tag und Uhrzeit aufzuschlüsseln und
(3) die tatsächlich eingehaltenen Pausen mitzuteilen, (4) ferner vorzutragen, (a) dass die
Überstunden angeordnet wurden oder (b) zur Erledigung der vom Arbeitgeber
übertragenen Arbeiten notwendig waren oder vom Arbeitgeber in Kenntnis der
Ableistung gebilligt (BAG 20.07.1989 – 6 AZR 774/87) oder geduldet wurden (BAG
29.01.1992 – 4 AZR 294/91; BAG 04.05.1994 – 4 AZR 445/93).
2. An diesen Grundsätzen ändern die zwischen den Parteien getroffenen Abreden in
den Prozessvergleichen nichts. Die darin getroffenen Abreden zur Abrechnung der
Arbeits-vergütung bewirken keine Änderung der Beweislast oder der prozessualen
Darlegungslast.
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2.1. Eine Vereinbarung zur Einschränkung der richterlichen Freiheit der Beweiswürdi-
gung durch einen sog. Beweisvertrag ist für Gerichte nicht bindend (OLG Köln
02.10.1996 – 27 U 18/96; Baumbach/Lauterbach- Hartmann, ZPO, 62. A., Anh § 286 Rn.
6; Zöller-Greger, ZPO, 24. A., Vor § 284 Rn. 23). Hingegen ist ein Beweislastvertrag
gültig, der eine Partei mit der Ungewissheit einer Tatsache belastet
(Baumbach/Lauterbach- Hartmann, ZPO, 62. A., Anh § 286 Rn. 7; Zöller-Greger, ZPO,
24. A., Vor § 284 Rn. 23).
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2.2. Die Abreden in beiden Vergleichen behandeln nicht die Darlegungslast, die
Beweis-.last oder auch die Beweiswürdigung. Die Abreden begründen lediglich eine
Pflicht der Be-klagten im Zusammenhang mit den monatlich zu erstellenden
Lohnabrechnungen. Für die Lohnabrechnungen hat die Beklagte die Ermittlung der vom
Kläger erbrachten Arbeitszeit auf der Grundlage der vom Kläger gefertigten
Aufzeichnungen sowie der Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers durchzuführen. Die
Abreden in den Prozessvergleichen konkretisieren den Abrechnungsanspruch. Sie
regeln nicht einmal, wie zu verfahren ist, wenn die Aufzeichnungen des Klägers von
denen des Fahrtenschreibers abweichen. In den Abreden ist auch nicht davon die
Rede, dass die Arbeitsvergütung oder die Überstundenvergütung allein nach Maßgabe
der Aufzeichnungen des Klägers und / oder des Fahrtenschreibers zu zahlen ist.
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Die Abreden in den Prozessvergleichen antizipieren auch kein Schuldanerkenntnis der
Beklagten dahin, dass die Beklagte im Voraus die später vom Kläger erst noch
aufzuschreibenden Stunden rechtsverbindlich anerkennt. In aller Regel teilt der
Arbeitgeber in der Lohnabrechnung, zu der er gesetzlich, tarifvertraglich oder
arbeitsvertraglich (Nebenpflicht) verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer nur die Höhe des
Lohns und sonstiger Ansprüche mit. Die Lohnabrechnung hat nicht den Zweck, streitig
gewordene Ansprüche endgültig festzulegen. Bei Irrtum kann grundsätzlich keine Seite
die andere am Inhalt der Mitteilung festhalten. Der Lohnabrechnung kann somit
regelmäßig nicht entnommen werden, dass der Arbeitgeber die Zahl der angegebenen
Überstunden auch dann vergüten will, wenn er die Überstundenvergütung nach Gesetz,
Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag nicht schuldet. Will der Arbeitgeber mit der Abrechnung
eine derartige Erklärung abgeben, so müssen dafür besondere Anhaltspunkte vorliegen
(BAG 10. März 1987 – 8 AZR 610/84 – betr. Anspruch auf Urlaubsabgeltung).
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Im Streitfall deutet nichts darauf hin, dass die Parteien – in Abweichung vom Regelfall -
in den Prozessvergleichen künftigen Abrechnungen bindende Wirkung zusprechen
wollten. Die damaligen Prozessparteien haben lediglich geregelt, welche
Aufzeichnungen Grundlage für die von der Beklagten später zu fertigenden
Lohnabrechnungen sein sollten, nicht jedoch, dass die ordnungsgemäß erstellten
Abrechnungen den Lohnanspruch festschreiben.
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Die so verstandenen Abreden in den Prozessvergleichen machen auch einen guten
Sinn. Nur wenn die Beklagte die Aufzeichnungen des Klägers ihren Lohnabrechnungen
zu Grunde legt, wird dem Kläger ein Vortrag nach Maßgabe der oben genannten
Voraussetzungen möglich; nur dann kann der Kläger erkennen, welche von den von ihm
geltend gemachten Arbeitsstunden von der Beklagten vergütet wurden und für welche
konkreten Arbeitsstunden die Beklagte eine Vergütungsleistung ablehnt.
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3. Von dem Kläger sind nicht sämtliche Voraussetzungen für einen Anspruch auf Ü-
berstundenvergütung vorgetragen worden. Der Kläger hat zwar die regelmäßige
Arbeitszeit (56,5 Stunden wöchentlich) und auch die tatsächliche Arbeitszeit nach Tag
und Uhrzeit ein-schließlich der Pausen vorgetragen, nicht jedoch die weiteren
Voraussetzungen für die Ü- berstundenvergütung.
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3.1. Vom Kläger ist nicht vorgetragen worden, dass die Überstunden von der Beklagten
angeordnet worden waren.
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3.2. Der Kläger hat auch nicht hinreichend vorgetragen, dass die Überstunden zur
Erledigung der übertragenen Aufgaben notwendig waren. Die Beklagte hat bereits mit
Schriftsatz vom 27.08.2003 bestritten, dass die Leistung von jeglichen Überstunden
überhaupt erfolgte bzw. notwendig war. Auf dieses Bestreiten hin hat der Kläger
substanziiert erwidern müssen, weshalb das Entladen bzw. Beladen während der
gesamten Ladezeit seine Anwesenheit erforderte und weshalb insoweit nicht
Endabnahmen reichten, weshalb Zeiten fehlenden Auftrags einen Anspruch auf
Überstundenvergütung auslösen soll (09.03.2003 – 10.15 bis 12.00 Uhr; ebenso
11.03.2003 – 8.00 bis 13.45 Uhr), weshalb Staubsaugen und Tachoscheiben und
Tagebuch beschriften (12.03.2003 – 19.00 bis 19.30 Uhr) nicht bei Gelegenheit von Be-
bzw. Entladevorgängen erledigt werden kann bzw. nicht während des Wartens auf
Aufträge.
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3.3. Es fehlt schließlich an Angaben, dass die Ableistung von Überstunden von der
Beklagten in Kenntnis der Ableistung gebilligt oder geduldet wurden. Immerhin streiten
die Parteien vor den Gerichten für Arbeitssachen seit Jahren über die Vergütung von
Überstunden, wobei die Beklagte stets die Ableistung und Notwendigkeit von
Überstunden bestritten hat.
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4. Gründe, die Revision nach § 72 Abs.2 ArbGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Dem
Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Eine entgegenstehende
obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung ist nicht ersichtlich.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
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Ziemann
Kalkbrenner
Böttger
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