Urteil des LAG Hamm vom 29.08.2001

LArbG Hamm: hochschule, anerkennung, gleichwertigkeit, treu und glauben, vergütung, staatsprüfung, schlüssiges verhalten, universität, rechtskräftiges urteil, unterricht

Landesarbeitsgericht Hamm, 18 Sa 1989/00
Datum:
29.08.2001
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
18. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 Sa 1989/00
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Aachen, 1 Ca 1989/00
Nachinstanz:
Bundesarbeitsgericht, 8 AZR 37/02 Revision zurückgewiesen
12.12.2002
Schlagworte:
Eingruppierung, Lehrer, Nichterfüllerlass, Gleichwertigkeit eines
Studiums an einer ausländi-schen Hochschule
Normen:
Nichterfüllererlass (Runderlass des Kultusministers über die
Eingruppierung der im Ange-stelltenverhältnis beschäftigten Lehrerinnen
und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen und Berufskollegs ohne die
fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in ein
Beamtenverhältnis vom 20.11.1981)
Leitsätze:
Die Gleichstellung nach § 19 Lehrerausbildungsgesetz wie auch die
Anerkennung der Gleichwertigkeit eines ausländischen Studiums sind
nach Ziffer 9.1 Satz 3 des sog. Nichter-füllerlasses durch ein förmliches
Verwaltungsverfahren festzustellen.
Rechtskraft:
Die Revision wird zugelassen
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld
vom 09.11.2000 - 1 Ca 1441/95 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
2
Der am 20.04.1940 in der Türkei geborene Kläger ist seit September 1996 deutscher
Staatsangehöriger.
3
In der Türkei erwarb der Kläger am 25.06.1960 das Diplom für Volksschullehrer (Bl. 11
d.A.).
4
Seit dem 25.08.1960 war der Kläger in der Türkei an verschiedenen Schulen als Lehrer
tätig. Am 09.11.1967 begann er ein Studium an der Universität Ankara, welches er
5
tätig. Am 09.11.1967 begann er ein Studium an der Universität Ankara, welches er
neben seiner Lehrertätigkeit durchführte. Er studierte als Hauptfach russische Sprache
und Literatur, als Nebenfächer römische und griechische Literatur, neue türkische
Literatur, Pädagogik und Geschichte der türkischen Republik. Nach einer
Bescheinigung der Universität Ankara vom 11.04.1979 (Bl. 18 d.A.) beträgt die
Regelstudienzeit in dem Hauptfach vier Jahre (acht Semester) sowie in den
Nebenfächern und dem Fach Pädagogik jeweils zwei Jahre (vier Semester). Am
30.06.1973 beendete der Kläger das Studium an der Universität in Ankara mit dem
Abschluss "Lisans Diplomasi" (Bl. 15 d.A.), das nach einer deutschen Übersetzung (Bl.
16 d.A.) die staatlich anerkannte Berechtigung beinhaltet, in dem Hauptfach und den
Nebenfächern zu unterrichten.
Nach Abschluss der Universitätsausbildung und Beendigung der Lehrertätigkeit in der
Türkei kam der Kläger in die Bundesrepublik Deutschland, um hier im Fachgebiet
russische Sprache zu promovieren. Er wurde auf eine Warteliste aufgenommen und
arbeitete zunächst als Dolmetscher.
6
Seit dem 01.02.1976 ist der Kläger im Schuldienst des beklagten Landes tätig. In den
Jahren 1976 bis zum Schuljahr 1978/1979 erteilte er nur muttersprachlichen Unterricht
in türkischer Sprache. Seit dem Schuljahr 1979/1980 unterrichtete der Kläger an der
Gesamtschule B1xxxxxxx und weiterhin bis zum Schuljahr 1981/1982 auch an der
Gellershagenschule in B1xxxxxxx. Seit dem Schuljahr 1983/1984 ist er als Lehrer allein
an der Gesamtschule B1xxxxxxx tätig.
7
Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind die zuletzt geschlossenen Arbeitsverträge vom
03.09.1982 (Bl. 8 d.A.) und vom 31.05.1983 (Bl. 9 d.A.).
8
In dem Arbeitsvertrag vom 03.09.1982 ist u.a. Folgendes zwischen den Parteien
vereinbart worden:
9
"...
10
Einstellung als Lehrer im Angestelltenverhältnis
11
in der Tätigkeit eines ausländischen Lehrers
12
Beginn des Arbeitsverhältnisses am 01.08.1982
13
Dauer des Arbeitsverhältnisses befristet bis zum 31.07.1983
14
Dienststelle 16/24 Wochenstunden Gesamtschule B1xxxxxxx
15
9/28 Wochenstunden Gellershagenschule Bie-
16
lefeld
17
Vergütungsgruppe IV a BAT gemäß Ziffer 1.3. des Runderlasses des
Kultusministers NW vom 20.11.1981 - ZB 1/2 23/06-752/81
18
...
19
Nebenabreden
20
...
21
Auf das Dienstverhältnis finden der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom
23. Februar 1961 und dessen Sonderregelungen nach Anlage 2 l (SR 2 l BAT)
und Anlage 2 y (SR 2 y BAT) Anwendung.
22
..."
23
Durch den zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrag vom 31.05.1983 wurde das
Arbeitsverhältnis entfristet.
24
Mit Beginn des Schuljahres 1980/1981 erteilte der Kläger zunächst vier Stunden
Türkisch als zweite Fremdsprache in der Gesamtschule. Seitdem er ab dem Schuljahr
1983/1984 nur noch an der Gesamtschule eingesetzt wird, erteilt er 18 Stunden Türkisch
als zweite Fremdsprache in den Klassen 7 bis 10 und sechs Stunden
muttersprachlichen Unterricht. Ab dem Schuljahr 1986/1987 erfolgten auch Einsätze in
der Oberstufe.
25
Mit Schreiben vom 18.11.1993 (Bl. 19 f d.A.) und mit Schreiben vom 20.12.1993 (Bl. 21 f
d.A.) machte der Kläger, gestützt auf den Erlass des Kultusministers zur Eingruppierung
der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer an
allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen ohne die fachlichen und
pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis vom
20.11.1981 (sog. Nichterfüllererlass), seine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe
III BAT geltend. Das beklagte L2xx lehnte die begehrte Höhergruppierung mit Schreiben
vom 08.03.1994 (Bl. 23 bis 25 d.A.) ab.
26
Die vorliegende Eingruppierungsfeststellungsklage hat der Kläger am 29.05.1995
erhoben.
27
Der Kläger hat zur Stützung der Klage vorgetragen:
28
Er erfülle die Voraussetzungen der Ziffer 2.4 in Verbindung mit Ziffer 7.2 des
Nichterfüllererlasses vom 20.11.1981. Er verfüge über ein abgeschlossenes Studium an
einer wissenschaftlichen Hochschule, er erteile überwiegend Unterricht in einem
seinem Studium entsprechenden wissenschaftlichen Fach, nämlich der türkischen
Sprache. Die sechsjährige Bewährungszeit sei abgelaufen. Nach Ziffer 9.1 des Erlasses
sei seine Universitätsausbildung in der Türkei als gleichwertig mit der entsprechenden
wissenschaftlichen Ausbildung in Deutschland anzusehen.
29
Mit Schriftsatz vom 17.11.1995 hat der Kläger bei dem beklagten L2xx die Überprüfung
der Gleichwertigkeit seines in der Türkei erworbenen Hochschuldiploms beantragt. Mit
Bescheid vom 08.12.1995 (Bl. 62 bis 64 d.A.) hat das beklagte L2xx die begehrte
Anerkennung abgelehnt.
30
Den Widerspruch des Klägers vom 12.01.1996 (Bl. 68 bis 72 d.A.) hat das beklagte L2xx
durch Widerspruchsbescheid vom 15.02.1996 (Bl. 88 bis 93 d.A.) zurückgewiesen.
31
Hiergegen hat der Kläger am 18.03.1996 Klage vor dem Verwaltungsgericht in M2xxxx
(- 3 K 1124/96 -) erhoben.
32
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 22.08.1996 das vorliegende Verfahren
ausgesetzt bis zur rechtskräftigen Entscheidung des verwaltungsgerichtlichen
Verfahrens.
33
Durch rechtskräftiges Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 26.05.2000 - 19
A 1731/98 - (Bl. 145 bis 164 d.A.) ist die Klage abgewiesen worden.
34
In den Entscheidungsgründen hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, die
Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 Abs. 1 LABG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 und
Abs. 2 LPO sowie die Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 Abs. 2 LABG in
Verbindung mit § 60 Abs. 1 bis Abs. 3 LPO für die begehrte Anerkennung seien nicht
gegeben.
35
Der Kläger habe wohl eine Lehramtsprüfung abgelegt. Diese Lehramtsprüfung "Lisans
Diplomasi" entspreche nicht dem Ersten Staatsexamen für ein entsprechendes Lehramt
im Sinne des Lehrerausbildungsgesetzes in Nxxxxxx-Wxxxxxxx. Die vom Kläger im
Studium abgelegten Prüfungen seien nach Umfang und Inhalt der Ersten Staatsprüfung
nicht wesentlich gleichwertig. Weitere Voraussetzung für den deutschen Abschluss sei
ein gleichgewichtiges Studium von zwei Fächern im Verhältnis 1 zu 1. Der Kläger habe
aber das von ihm unterrichtete Fach Türkisch nur zwei Jahre (vier Semester) als
Nebenfach studiert.
36
Der vom Kläger mit der verwaltungsgerichtlichen Klage weiter verfolgte Hilfsantrag, das
beklagte L2xx zu verpflichten, die vom Kläger in der Türkei absolvierte
Hochschulausbildung als gleichwertig im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 zu Teil I der
Anlage 1 a BAT anzuerkennen, ist von dem Oberverwaltungsgericht Münster am
26.05.2000 abgetrennt worden (OVG Münster - 19 A 2692/00 -). Durch Beschluss vom
05.06.2000 (Bl. 185 ff d.A.) hat das Oberverwaltungsgericht Münster in dem
abgetrennten Verfahren den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den
Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Bielefeld verwiesen.
37
In den Gründen des Verweisungsbeschlusses hat das Oberverwaltungsgericht
ausgeführt, ob ein abgeschlossenes Studium an einer ausländischen
wissenschaftlichen Hochschule als gleichwertig im Sinne der genannten Protokollnotiz
anzuerkennen sei, sei nicht in einem besonderen Verwaltungsverfahren festzustellen.
Eine entsprechende öffentlich rechtliche Vorschrift, die diese Aufgabe einer Behörde
übertrage, gebe es nicht. Insoweit liege gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG eine
bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus dem
Arbeitsverhältnis vor.
38
Das Arbeitsgericht hat im Kammertermin vom 09.11.2000 den vom
Oberverwaltungsgericht Münster verwiesenen Rechtsstreit (Az. ArbG Bielefeld - 1 Ca
2261/00 -) mit dem vorliegenden Rechtsstreit verbunden.
39
Der Kläger ist auch nach Abschluss des Verwaltungsstreitverfahrens der Auffassung,
das beklagte L2xx müsse seine Ausbildung und Diplomprüfung als gleichwertig
anerkennen.
40
Der Kläger hat beantragt
41
festzustellen, dass das beklagte L2xx verpflichtet ist, ihn mit Wirkung vom
01.11.1993 nach der Vergütungsgruppe III des Bundes-Angestelltentarifvertrags
zu vergüten.
42
Das beklagte L2xx hat beantragt,
43
die Klage abzuweisen.
44
Das beklagte L2xx hat vorgetragen:
45
Der Höhergruppierungsanspruch des Klägers sei nicht begründet. Der Anspruch
scheitere schon an den tatbestandlichen Voraussetzungen der Protokollnotiz Nr. 1 zu
Teil I der Anlage 1 a zum BAT. Nach Absatz 3 der Protokollnotiz setze eine
wissenschaftliche Hochschulausbildung einen Abschluss voraus, der eine
Mindeststudienzeit von mehr als sechs Semestern erfordere. In dem vom Kläger
unterrichteten Fach Türkisch habe dieser jedoch lediglich ein viersemestriges Studium
vorzuweisen. Darüber hinaus ergebe sich aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts,
dass der Kläger keine Diplomprüfung in Ankara abgelegt habe, die mit der Prüfung des
Ersten Staatsexamens in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar sei.
46
Durch Urteil vom 09.11.2000 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und die
Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Den Streitwert hat es auf 11.067,-- DM
festgesetzt.
47
In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt:
48
Ein Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT bestehe für den Kläger
nach dem Erlass vom 20.11.1981 nicht. Die Hochschulausbildung des Klägers an der
Universität Ankara sei nicht gleichwertig. Der Kläger habe nicht den Nachweis erbracht,
dass er das Examen mit dem erforderlichen Abschluss "Yüksek Lisans" abgelegt habe.
49
Gegen dieses ihm am 23.11.2000 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten
hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Kläger am 20.12.2000 Berufung eingelegt
und diese ebenfalls am 20.12.2000 begründet.
50
Der Kläger greift das arbeitsgerichtliche Urteil an. Er stützt sich im Wesentlichen auf
seinen erstinstanzlichen Vortrag und auf seinen Vortrag im verwaltungsgerichtlichen
Verfahren.
51
Der Kläger beantragt,
52
das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 09.11.2000 - 1 Ca 1441/95 -
abzuändern und festzustellen, dass das beklagte L2xx verpflichtet ist, ihn mit
Wirkung vom 01.11.1993 nach der Vergütungsgruppe III des Bundes-
Angestelltentarifvertrags zu vergüten.
53
Das beklagte L2xx beantragt,
54
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom
09.11.2000 - 1 Ca 1441/95 - zurückzuweisen.
55
Das beklagte L2xx verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Stützung auch auf die
Entscheidungsgründe des Urteils des Oberverwaltungsgerichts vom 26.05.2000.
56
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und auf die Erklärungen der Parteien in
der mündlichen Verhandlung verwiesen.
57
Entscheidungsgründe
58
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
59
A.
aufgrund des Runderlasses des Kultusministers des beklagten Landes vom 20.11.1981
(ZB 1/ 2 - 23/06 - 752/81) zur Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis
beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen und beruflichen
Schulen, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in
das Beamtenverhältnis nicht erfüllen (Nichterfüllererlass) eine Vergütung nach der
Vergütungsgruppe III BAT ab 01.11.1993 nicht zu.
60
I.
61
Die Parteien haben zwar im Arbeitsvertrag vom 03.09.1982 die Geltung des Bundes-
Angestelltentarifvertrags vereinbart.
62
Gemäß der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1 a zum BAT
gilt diese Anlage aber nicht für Angestellte, die als Lehrkräfte beschäftigt sind, soweit
nicht ein besonderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart ist. Nach der Protokollnotiz zu Nr. 1
zur SR 2 l I (Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte) sind Lehrkräfte im Sinne
dieser Sonderregelungen Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und
Fähigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebs der Tätigkeit das Gepräge gibt. Danach ist
der Kläger Lehrkraft, weil er an einer Gesamtschule unterrichtet (vgl. auch z.B. BAG,
Urteil vom 18.05.1994 - 4 AZR 524/93 - BAGE 77, 23 ff m.w.N.).
63
II
einzelvertraglicher Vereinbarung anwendbar.
64
Die Anwendung einseitiger Lehrereingruppierungsrichtlinien kommt nur dann in
Betracht, wenn sie von den Arbeitsvertragsparteien zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses
gemacht worden sind (vgl. BAG, Urteil vom 15.03.2000 - 10 AZR 119/99 - AP Nr. 81 zu
§§ 22, 23 BAT Lehrer). Diese Voraussetzung ist gegeben.
65
Zwar haben die Parteien im Arbeitsvertrag die Lehrereingruppierungsrichtlinien nicht
ausdrücklich vereinbart. Die vertragliche Verweisung auf den Bundes-
Angestelltentarifvertrag erfasst nicht auch die jeweiligen Nichterfüllererlasse.
66
Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vom 03.09.1982 vereinbart, dass der Kläger
gemäß Ziffer 1.3 des Runderlasses des Kultusministers NW vom 20.11.1981 (ZB 1/2 -
23/06 - 752/81) eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT erhält.
67
Diese arbeitsvertragliche Vereinbarung ist dahingehend auszulegen, dass dem Kläger
68
nicht nur ein Anspruch auf die vereinbarte Vergütung der Vergütungsgruppe IV a BAT
zusteht, sondern dass er nach der für seine Tätigkeit jeweils zutreffenden
Vergütungsgruppe des Erlasses zu vergüten ist.
Bei der Auslegung sind zunächst die Vorstellungen der Parteien zugrunde zu legen.
69
Diese können aber nur insoweit Berücksichtigung finden, als sie in der Erklärung und
dem Gesamtzusammenhang mit dem Vertragsschluss einen wahrnehmbaren Ausdruck
gefunden haben. Dabei ist auf die Interessenlage der vertragsschließenden Parteien
und die Zwecke des Arbeitsverhältnisses abzustellen. Die Auslegung ist so
vorzunehmen, wie dies Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern
und der Empfänger das Vertragsangebot verstehen konnte (vgl. z.B. BAG, Urteil vom
21.10.1992 - 4 AZR 156/92 - AP Nr. 27 zu § 23 a BAT; BAG, Urteil vom 17.08.1994 - 4
AZR 623/93 - AP Nr. 35 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG, Urteil vom 11.03.1998 - 10 AZR
313/97 - AP Nr. 68 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).
70
Nach diesen Grundsätzen haben die Parteien im Arbeitsvertrag nicht die Geltung des
gesamten Erlasses vereinbart.
71
Vielmehr haben sie eine Vergütungsvereinbarung nur unter Bezugnahme auf Ziffer 1.3
des Erlasses getroffen. Wird eine Vergütungsvereinbarung nur unter Bezugnahme auf
eine bestimmte Fallgruppe eines Erlasses getroffen, so erlangen grundsätzlich nicht alle
weiteren Bestimmungen des Erlasses arbeitsvertragliche Bedeutung (vgl. BAG, Urteil
vom 17.08.1994 - 4 AZR 623/93 - AP Nr. 35 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).
72
Aus dieser Vereinbarung folgt jedoch nicht, dass dem Kläger auch dann kein höherer
Vergütungsanspruch zusteht, wenn er die Merkmale einer höheren Vergütungsgruppe
des Erlasses erfüllt.
73
Mit der Bezugnahme auf den Erlass haben die Parteien vielmehr zum Ausdruck
gebracht, dass eine Vergütung entsprechend den Bestimmungen des Erlasses
vereinbart werden soll.
74
Hiervon sind auch beide Parteien ausgegangen, so dass die Geltung des Erlasses
jedenfalls stillschweigend durch schlüssiges Verhalten vereinbart worden ist. Aus dem
zwischen den Parteien gewechselten Schriftverkehr folgt, dass beide Parteien die
Anwendung der Nichterfüllererlasse in ihrer jeweiligen Fassung zur Grundlage der
Vergütungsregelung gemacht haben. Der Kläger hat schon den
Höhergruppierungsantrag vom 18.11.1993 auf den Runderlass gestützt. Das beklagte
L2xx hat in seinem ablehnenden Schreiben vom 08.03.1994 ausdrücklich ausgeführt,
dass die Voraussetzungen für eine höhere Eingruppierung nach dem Runderlass vom
20.11.1981 nicht erfüllt seien (vgl. Beschluss des OVG Münster vom 26.05.2000 - 19 A
1731/98 -).
75
Das Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 2 BAT steht dem nicht entgegen, da nicht eine
Nebenabrede, sondern eine Hauptleistungspflicht, nämlich die Vergütung, betroffen ist.
76
III.
Kultusministers (Nichterfüllererlass) des beklagten Landes vom 20.11.1981 (GABl. NW.
1982 Seite 7).
77
In diesem ist, soweit von Bedeutung, Folgendes geregelt:
78
79
1. Lehrer an Grundschulen oder Hauptschulen
80
81
...
82
1.3 Ausländische Lehrer
83
mit voller Lehrbefähigung nach dem Recht ihres
84
Heimatlandes, die Gastarbeiterkinder unterrichten IV b
85
nach mindestens sechsjähriger Bewährung in
86
dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe IV a
87
(Auf die Bewährungszeit können Zeiten einer Tä-
88
tigkeit im Schuldienst des Heimatlandes angerech-
89
net werden
90
...
91
7. Lehrer an integrierten Gesamtschulen
92
...
93
7.1 Lehrer, die überwiegend in den Klassen (Jahr-
94
gangsstufen) 7 bis 10 unterrichten, werden wie
95
die entsprechenden Lehre r an Realschulen ein-
96
gruppiert.
97
...
98
2. Lehrer an Realschulen
99
100
...
101
1. Lehrer in der Tätigkeit von Realschullehrern
102
103
mit abgeschlossenem Studium an einer wissen-
104
schaftlichen Hochschule, die überwiegend Un-
105
terricht in mindestens einem ihrem Studium ent-
106
sprechenden wissenschaftlichen Fach erteilen IV a
107
nach mindestens sechsjähriger Bewährung in
108
dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungs-
109
gruppe. III
110
...
111
9. Gemeinsame Bestimmungen
10. Für die Auslegung des Begriffs "abgeschlos-
112
113
senes Studium an einer wissenschaftlichen Hoch-
114
schule" gilt die Protokollnotiz Nr. 1 zu Teil I der An-
115
lage 1 a zum BAT. Abweichend hiervon gilt die
116
Erste Staatsprüfung für ein schulform- oder schul-
117
stufenbezogenes Lehramt, für das eine Mindest-
118
studienzeit von sechs Semestern vorgeschrieben
119
ist, ebenfalls als Nachweis des abgeschlossenen
120
Studiums an einer wissenschaftlichen Hochschule.
121
Als abgeschlossenes Studium an einer wissen-
122
schaftlichen Hochschule gilt auch ein abgeschlos-
123
senes Studium an einer ausländischen wissen-
124
schaftlichen Hochschule, das als gleichwertig an-
125
erkannt wird. Hierzu ist mir in jedem Einzelfall un-
126
ter Beifügung der Studiennachweise ein begrün-
127
deter Entscheidungsvorschlag vorzulegen."
128
Die entsprechenden Regelungen in der geltenden Fassung des Nichterfüllererlasses
vom 20.11.1981, zuletzt geändert durch Runderlass vom 17.11.1994 (GABl. NRW I S.
306) lauten:
129
"5. Lehrer an Gesamtschulen
130
...
131
1. Lehrer,
132
133
die überwiegend in der Sekundarstufe I unterrichten,
134
werden wie die entsprechenden Lehrer an Realschu-
135
len eingruppiert.
136
5.3 Lehrer ausländischer Herkunft, die Schülerinnen
137
und Schülern muttersprachlichen Unterricht (MSU) er-
138
teilen, werden entsprechend der Fallgruppen 1.15 bis
139
1. eingruppiert.
140
141
...
142
143
1. Lehrer an Grundschulen oder Hauptschulen
144
...
145
1.15 Lehrer ausländischer Herkunft
146
mit abgeschlossener Ausbildung an einer wissen-
147
schaftlichen Hochschule und voller Lehrbefähigung
148
ihres Heimatlandes sowie zusätzlich mindestens
149
Erster Staatsprüfung für ein Lehramt nach nordrhein-
150
westfälischem Recht, die Schülerinnen und Schülern
151
muttersprachlichen Unterricht (MSU) erteilen IV a
152
nach mindestens sechsjähriger Bewährung in dieser
153
Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe III
154
1.16 Lehrer ausländischer Herkunft
155
mit abgeschlossener Ausbildung an einer wissen-
156
schaftlichen Hochschule und voller Lehrbefähigung
157
ihres Heimatlandes, die Schülerinnen und Schülern
158
muttersprachlichen Unterricht (MSU) erteilen IV b
159
nach mindestens sechsjähriger Bewährung in dieser
160
Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe IV a
161
...
162
2. Lehrer an Realschulen
163
2.1 Lehrer in der Tätigkeit von Lehrern der Sekun-
164
darstufe I
165
mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaft-
166
lichen Hochschule (Staatsprüfung für ein Lehramt),
167
die damit aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum
168
Unterrichten in mindestens zwei Fächern haben und
169
die überwiegend Unterricht in mindestens einem
170
ihrem Studium entsprechenden Fach erteilen IV a
171
nach mindestens sechsjähriger Bewährung in dieser
172
Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe III
173
2.2 Lehrer in der Tätigkeit von Lehrern der Sekun-
174
darstufe I
175
ohne Ausbildung nach Fallgruppe 2.1 mit abgeschlos-
176
senem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschu-
177
lel, die überwiegend Unterricht in mindestens einem
178
ihrem Studium entsprechenden wissenschaftlichen
179
Fach erteilen IV a
180
nach mindestens sechsjähriger Bewährung in dieser
181
Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe (Dieses
182
Merkmal gilt nicht für Angestellte der Fallgruppen 2.5
183
bis 2.16) III
184
...
185
9. Gemeinsame Bestimmungen
186
9.1 Für die Auslegung des Begriffs "abgeschlossenes Studium an einer
wissenschaftlichen Hochschule" gilt die Protokollnotiz Nr. 1 zu Teil I der Anlage
1 a zum BAT. Abweichend hiervon gilt die Erste Staatsprüfung für ein schulform-
oder schulstufenbezogenes Lehramt, für das eine Mindeststudienzeit von sechs
Semestern vorgeschrieben ist, ebenfalls als Nachweis des abgeschlossenen
Studiums an einer wissenschaftlichen Hochschule. Als abgeschlossenes
Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule gilt auch ein
abgeschlossenes Studium an einer ausländischen wissenschaftlichen
Hochschule, das gemäß § 19 Lehrausbildungsgesetz gleichgestellt oder
entsprechend der o.a. Protokollnotiz als gleichwertig anerkannt wird.
187
9.2 Lehrer ausländischer Herkunft, die Schülerinnen und Schülern
ausländischer Herkunft die Muttersprache anstelle einer Pflichtfremdsprache
188
erteilen, werden nicht von den speziellen Eingruppierungsmerkmalen des
muttersprachlichen Unterrichts (MSU) erfasst."
Die in Ziffer 9.1 der Erlasse in Bezug genommene Protokollnotiz lautet wie folgt:
189
"Wissenschaftliche Hochschulen sind Universitäten, technische Hochschulen
sowie andere Hochschulen, die nach Landesrecht als wissenschaftliche
Hochschulen anerkannt sind
190
Abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulausbildung liegt vor. wenn das
Studium mit einer ersten Staatsprüfung oder mit einer Diplomprüfung beendet
worden ist. Der ersten Staatsprüfung oder einer Diplomprüfung steht eine
Promotion oder die Akademische Abschlussprüfung (Magisterprüfung) einer
Philosophischen Fakultät nur in den Fällen gleich, in denen die Ablegung einer
ersten Staatsprüfung oder eine Diplomprüfung nach den einschläfigen
Ausbildungsvorschriften nicht vorgesehen ist.
191
Eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulausbildung setzt voraus,
dass die Abschlussprüfung in einem Studiengang abgelegt wird, der seinerseits
mindestens das Zeugnis der Hochschulreife (allgemeine Hochschulreife oder
einschlägige fachgebundene Hochschulreife) als Zugangsvoraussetzung
erfordert, und für den Abschluss eine Mindeststudienzeit von mehr als sechs
Semestern - ohne etwaige Praxissemester, Prüfungssemester o.ä. -
vorgeschrieben ist."
192
IV.
Vergütung nach der von ihm angestrebten Vergütungsgruppe III BAT nicht zu.
193
Der Kläger erfüllt weder die Voraussetzungen des Runderlasses in der ursprünglichen
Fassung vom 20.11.1981, auf die er sein Höhergruppierungsverlangen stützt, noch die
Voraussetzungen der aktuellen Fassung.
194
1.
Ziffer 2.2 der aktuellen Fassung des Erlasses - die alleinigen Regelungen, die im Wege
des Bewährungsaufstiegs einen Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe III
BAT für Realschullehrer geben - fordern ein abgeschlossenes Studium an einer
wissenschaftlichen Hochschule. Über eine solche Ausbildung verfügt der Kläger nicht,
wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.
195
Nach Ziffer 9.1 des Erlasses gilt für die Auslegung des Begriffs "abgeschlossenes
Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule" die Protokollnotiz Nr. 1 zu Teil I der
Anlage 1 a zum BAT.
196
Die in der Protokollnotiz genannten Voraussetzungen, die an eine abgeschlossene
wissenschaftliche Hochschulausbildung zu stellen sind, beziehen sich nur auf
Abschlussprüfungen an einer deutschen wissenschaftlichen Hochschule. Dies ergibt
sich schon aus den in der Protokollerklärung genannten Begriffen (vgl.
Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, Teil II VergO BAT/BL Anm. 11 und 155; Teil II
VergO BAT/BL Lehrerrichtlinien Anm. III 2 d).
197
Der Kläger hat eine solche abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulausbildung an
198
einer deutschen Hochschule nicht abgelegt.
2.
als abgeschlossenes Studium im Sinne der Ziffer 9.1 Satz 3 des Erlasses.
199
a)
gerechtfertigt, ein ausländisches Studium einem Studium in Deutschland nur dann
gleichzusetzen, wenn die Ausbildung im Ausland als in etwa gleich anerkannt wird in
einem förmlichen Verwaltungsverfahren (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 09.12.1998 - 10 AZR
244/98 - ZTR 1999, 464).
200
b)
anerkannt worden im Sinne der Fassung des Erlasses vom 20.11.1981 und auch nicht
nach § 19 Lehrerausbildungsgesetz gleichgestellt oder entsprechend der Protokollnotiz
Nr. 1 zu Teil I der Anlage 1 a zum BAT als gleichwertig anerkannt worden im Sinne der
aktuellen Fassung des Erlasses.
201
aa)
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 26.05.2000 rechtskräftig
abgewiesen worden. Diese Entscheidung ist für beide Parteien bindend.
202
bb)
gleichwertig im Sinne der Ziffer 9.1 Satz 3 des Erlasses liegt nicht vor.
203
Bei der Auslegung des Satzes 3 der Ziffer 9.1 des Erlasses folgt das Berufungsgericht
der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass sowohl die
Gleichstellung nach § 19 Lehrerausbildungsgesetz, wie auch die Anerkennung der
Gleichwertigkeit jeweils durch ein förmliches Verwaltungsverfahren festzustellen sind
(vgl. BAG, Urteil vom 25.09.1991 - 4 AZR 33/91 - AP Nr. 14 zu § 2 BeschFG; BAG, Urteil
vom 21.07.1993 - 4 AZR 489/92 - AP Nr. 64 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG. Urteil vom
17.08.1994 - 4 AZR 623/93 - AP Nr. 35 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG, Urteil vom
07.07.1999 - 10 AZR 571/98 - ZTR 1999, 559; BAG, Urteil vom 24.05.2000 - 10 AZR
209/99 - ZTR 2000, 514; LAG Hamm, Urteil vom 20.01.2000 - 12 Sa 1661/96 -).
204
Eine solche Auslegung wird durch den Wortlaut und den Wortzusammenhang des
Satzes 3 der Ziffer 9.1 des Erlasses gestützt.
205
Der Erlass in der aktuellen Fassung lässt als gleichwertige Nachweismöglichkeiten das
Verfahren nach § 19 Lehrerausbildungsgesetz und das Verfahren der Anerkennung der
Gleichwertigkeit zu. Beide Verfahren werden alternativ genannt. Schon dieser
Zusammenhang zeigt, dass die Anerkennung des ausländischen Abschlusses in einem
Vorverfahren geklärt werden soll. Der ausdrückliche Hinweis auf § 19
Lehrerausbildungsgesetz lässt weiter den Schluss zu, dass auch die Anerkennung der
Gleichwertigkeit in einem förmlichen Verwaltungsverfahren festgestellt werden soll.
Hierfür spricht weiter Satz 2 der Protokollnotiz Nr. 1 zu Abschnitt B der Richtlinien der
Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im
Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-Richtlinie der TdL), der
ausdrücklich regelt, dass als abgeschlossenes Studium an einer ausländischen
wissenschaftlichen Hochschule auch ein abgeschlossenes Studium an einer
ausländischen wissenschaftlichen Hochschule gilt, das der zuständige Landesminister
206
als gleichwertig anerkannt hat.
Soweit der aktuelle Erlass von einer Anerkennung der Gleichwertigkeit entsprechend
der Protokollnotiz Nr.1 zu Teil I der Anlage 1 a zum BAT spricht, ist festzuhalten, dass
diese Protokollerklärung kein Verfahren der Anerkennung der Gleichwertigkeit eines
Hochschulabschlusses regelt. Inhalt der Protokollnotiz ist, wie oben
207
angeführt, lediglich die Darlegung der Voraussetzungen, die an eine abgeschlossene
wissenschaftliche Hochschulausbildung an einer deutschen Hochschule gestellt
werden. Damit kann die Anerkennung der Gleichwertigkeit lediglich das Verfahren
ansprechen, welches einen ausländischen Hochschulabschluss nach Landesrecht dem
deutschen Hochschulabschluss gleichstellt (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese,
a.a.O.). So sieht z.B. Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie des Rates über eine allgemeine
Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige
Berufsausbildung abschließen (89/48 EWG) vom 21.12.1988 ausdrücklich vor, dass ein
Antrag auf Anerkennung der Gleichwertigkeit des ausländischen
Hochschulabschlusses zu stellen ist, über den der Aufnahmestaat in einem
Verwaltungsverfahren zu entscheiden hat. Gegen diese Entscheidung kann nach Art. 8
Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie ein gerichtlicher Rechtsbehelf eingelegt werden.
208
Für den Lehrerberuf sieht die Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie des Rates der
Europäischen Gemeinschaften vom 21.12.1988 über eine allgemeine Regelung zur
Anerkennung der Hochschuldiplome im Lehrerbereich, die eine mindestens dreijährige
Berufsausbildung abschließen (AVO-EG vom 21.05.1991), ein förmliches Verfahren der
Anerkennung der Hochschuldiplome im Lehrerbereich vor (Vgl. zur Anerkennung von
Hochschulabschlüssen in der Europäischen Gemeinschaft: Schneider, Die
Anerkennung von Diplomen in der Europäischen Gemeinschaft, Teil V, Fallstudie III
(Lehrer), Seite 365 ff).
209
Der Erlass sieht in Ziffer 9.1 Satz 3 zwei Möglichkeiten des Nachweises der
Gleichwertigkeit vor. Damit ist aber nicht festgeschrieben, dass jedem ausländischen
Lehrer beide Nachweismöglichkeiten zur Verfügung stehen, wie z.B. Lehrern aus
Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft.
210
Falls, wie das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat, dem Kläger kein weiteres
Verfahren zur Überprüfung der Gleichwertigkeit seines Studienabschlusses an der
Universität Ankara zur Verfügung steht, so ist er bezüglich des Nachweises der
Gleichwertigkeit beschränkt auf das ihm zur Verfügung stehende Verfahren nach § 19
Lehrerausbildungsgesetz.
211
Dieses Verfahren hat der Kläger erfolglos durchgeführt.
212
3.
Oberverwaltungsgerichts folgt, dass für die Anerkennung der Gleichwertigkeit seines
ausländischen Hochschulabschlusses nach Ziffer 9.1 Satz 3 des Nichterfüllererlasses
kein förmliches Verfahren einzuhalten ist, sondern die Gleichwertigkeit incidenter im
Eingruppierungsrechtsstreit überprüft werden muss (vgl. insoweit z.B. ArbG
Gelsenkirchen, Urteil vom 14.09.1990 - 5 (3) Ca 3321/89 -; ArbG Herne, Urteil vom
05.09.1991 - 1 Ca 2151/88), kann der Klage nicht stattgegeben werden.
213
Durch das Urteil des OVG Münster vom 26.05.2000 steht zwischen den Parteien
214
rechtskräftig fest, dass die vom Kläger abgelegte Abschlussprüfung nicht als Erste
Staatsprüfung im Sinne des nordrhein-westfälischen Lehrerausbildungsgesetzes
anerkannt werden kann. Schon wegen der Rechtskraftwirkung des Urteils scheidet eine
Anerkennung als gleichwertig aus.
B.
Gleichbehandlungsgrundsatzes von dem beklagten L2xx mit Wirkung ab 01.11.1993
eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT in Verbindung mit Ziffer 2.4 des
Nichterfüllererlasses verlangen.
215
I.
Behandlung eines einzelnen Arbeitnehmers gegenüber anderen Arbeitnehmern in
vergleichbarer Lage. Danach ist es dem Arbeitgeber verwehrt, einzelne Arbeitnehmer
oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein
begünstigenden Regelungen im Arbeitsverhältnis auszuschließen und schlechter zu
stellen. Dieser Grundsatz gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart
entsprechend verschieden zu behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist dann
verletzt, wenn sich ein vernünftiger aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie
sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht feststellen lässt (vgl. z.B.
BAG, Urteil vom 25.09.1996 - 4 AZR 214/95 - AP Nr. 219 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
216
Im Bereich der Vergütung hat bei der Festlegung der Vergütung der Grundsatz der
Vertragsfreiheit Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. So
kann der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer besser stellen, ohne dass andere die
Gleichbehandlung mit diesem Arbeitnehmer verlangen können. Nur wenn der
Arbeitgeber die Leistungen nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip
gewährt, können Arbeitnehmer daraus einen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten
(vgl. BAG, Urteil vom 09.08.2000 - 4 AZR 439/99 - AP Nr. 281 zu §§ 22, 23 BAT 1975;
BAG, Urteil vom 25.09.1996 - 4 AZR 214/95 - AP Nr. 219 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG,
Urteil vom 27.07.1988 - 5 AZR 244/87 - AP Nr. 83 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).
217
II.
Kläger vergleichbar sind, so kann er hierauf den Anspruch auf Höhergruppierung nicht
stützen.
218
Das beklagte L2xx wendet als kollektives Vergütungssystem den Nichterfüllererlass auf
die Lehrer an, die unter den Nichterfüllererlass fallen. Selbst wenn in den vom Kläger
konkret genannten Fällen eine Besserstellung vorliegt, so ist nicht ersichtlich, dass das
beklagte L2xx hierdurch eine von den Regelungen des Eingruppierungserlasses
abweichende Vergütungsordnung schaffen wollte. Grundsätzlich hat ein Angestellter
aus der fehlerhaften begünstigenden Behandlung anderer Angestellter keine Ansprüche
auf eine gleichfalls unzutreffende fehlerhafte Behandlung (vgl. z.B. Krasemann, Das
Eingruppierungsrecht des Bundes-Angestelltentarifvertrags, 7. Aufl., 2.9, Rz. 119 f).
219
C.
220
Die Kostentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
221
Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.
222
gez. Knipp
Sandbothe
Teichmann
223