Urteil des LAG Hamm vom 13.06.2006

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Landesarbeitsgericht Hamm, 13 Ta 279/06
Datum:
13.06.2006
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
13. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 Ta 279/06
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Hagen, 2 BV 6/06
Schlagworte:
Gegenstandswert; Betriebsratsbüro; Ausstattung; Büro; Betriebsrat
Normen:
§ 40 BetrVG, § 33 RVG
Rechtskraft:
Gegen diesen Beschluss findet kein Rechtsmittel statt
Tenor:
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates
wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 11.04.2006 - 2 BV
6/06 - abgeändert.
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 9.200,00
€ festgesetzt.
Gründe:
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I.
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In dem zugrundeliegenden Beschlussverfahren hat der Betriebsrat von der
Arbeitgeberin gefordert, ihm ein Betriebsratsbüro zur Verfügung zu stellen; ferner hat er
die Ausstattung des Büros mit einem Telefonanschluss, einem PC mit Bildschirm,
entsprechender Software, einem Drucker, einem Schrank, einem Schreibtisch sowie mit
Tischen und Stühlen verlangt.
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Das Verfahren wurde für erledigt erklärt.
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Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht mit
Beschluss vom 11.04.2006 den Gegenstandswert auf 4.000,00 € festgesetzt. Hiergegen
richtet sich die von den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats erhobene
Beschwerde mit dem Begehren, den Gegenstandswert auf 14.000,00 € festzusetzen.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
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II.
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Die gemäß § 33 RVG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des
Betriebsrats ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
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Bei der Bemessung des Gegenstandswertes ist von § 23 Abs. 3 S. 2, 2 Hs. RVG
auszugehen.
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1. Danach ist der Gegenstandswert auf 4000 €, je nach Lage des Falles aber auch
niedriger oder höher bis zu 500.000 € anzunehmen, sofern es sich um
nichtvermögensrechtliche Gegenstände handelt. Davon ist hier, soweit es um die
Überlassung eines Betriebsratsbüros ging, auszugehen.
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Die insoweit einschlägige Auffangvorschrift des § 23 Abs. 3 S. 2, 2 Hs. RVG mit ihrem
außerordentlich weiten Bewertungsrahmen und dem Hilfswert in Höhe von derzeit
4000,00 € stellt die Rechtsprechung vor die Aufgabe, die in Beschlussverfahren infrage
kommenden Streitgegenstände in ein Bewertungssystem einzubinden, das falladäquate
Abstufungen zulässt und zugleich tragenden Grundsätzen des Arbeitsgerichtsprozesses
ausreichend Rechnung trägt; erforderlich ist die Herausarbeitung typisierender
Bewertungsgrundsätze, um zu einer gleichförmigen und damit den
Gleichbehandlungsgrundsatz wahrenden Rechtsanwendung zu gelangen (LAG Hamm
EzA Nr. 70 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert; Schneider, Anm. zu BAG EzA Nr. 36 zu § 12
ArbGG 1979 Streitwert; GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rn 443). Maßgebend ist allerdings
immer die "Lage des Falles"; es bedarf also einer auf die konkreten Umstände des
einzelnen Verfahrens abgestellten Wertfestsetzung.
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Was die maßgeblichen Einzelfallumstände angeht, kann auf die vergleichbare
Regelung zur Bewertung nichtvermögensrechtlicher Streitigkeiten in § 37 Abs. 2 S. 2
i.V.m. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG zurückgegriffen werden, wonach es in erster Linie auf die
Bedeutung der Angelegenheit ankommt; daneben kann im Einzelfall der Umfang sowie
die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit eine Rolle spielen (vgl. BVerfG NJW 1989,
2047; siehe auch § 48 Abs. 2 S. 1 GKG).
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Mit der Bedeutung der Angelegenheit als Ausgangspunkt der Bewertung ist die
Tragweite der gerichtlichen Entscheidung für die materielle und ideelle Stellung der
Betroffenen angesprochen, was ihnen selbst die Sache "wert" ist. Die daneben zu
berücksichtigenden Gesichtspunkte des Umfangs und der Schwierigkeit der
anwaltlichen Tätigkeit müssen in Relation zur Bedeutung der Sache gewichtet werden.
Entspricht also der anwaltliche Arbeitsaufwand von seinem Umfang und seiner
Schwierigkeit her typischerweise der Bedeutung der Sache, bleibt es bei deren
Bewertung; die Bedeutung ist also letztlich das ausschlaggebende Moment für die
vorzunehmende Wertfestsetzung (BVerfG, a.a.O.; LAG Hamm LAGE Nr. 50 zu § 8
BRAGO).
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Andererseits ist der in Beschlussverfahren zum Ausdruck kommenden Grundtendenz
Rechnung zu tragen, wonach die dem Arbeitgeber gem. § 40 Abs. 1 BetrVG obliegende
Verpflichtung, die außergerichtlichen Kosten zu tragen, nicht zu einer unangemessenen
Belastung führen darf (LAG Hamm EzA Nr. 70 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert; GK-
ArbGG/Wenzel, § 12 Rn. 444; vgl. auch § 37 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG und
§ 48 Abs. 2 S. 1 GKG). Damit steht wiederum die Sonderbestimmung des § 2 Abs. 2
GKG in Einklang, wonach in Beschlussverfahren keine Gerichtskosten erhoben werden.
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Nach alledem ist also ein Wert zu finden, der für den Rechtsanwalt angemessene und
für den Arbeitgeber tragbare Gebühren ergibt (LAG Hamm LAGE Nr. 50 zu § 8 BRAGO).
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Unter Anwendung dieser Grundsätze hält es die Beschwerdekammer (siehe Beschluss
vom 23.08.2004 – 13 TaBV 78/04) in Übereinstimmung mit der 10. Kammer des
Landesarbeitsgerichts Hamm (Beschluss vom 25.06.2003 – 10 TaBV 74/03) und dem
Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (Beschluss vom 02.04.1992 – JurBüro 1992,
601) für falladäquat, den Antrag des Betriebsrats, ihm ein Betriebsratsbüro zur
Verfügung zu stellen, mit dem 1,5fachen Hilfswert des § 23 Abs. 3 S. 2 2. Hs. RVG zu
bewerten, insoweit also einen Betrag in Höhe von 6.000,00 € in Ansatz zu bringen.
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2. Dem weiteren Begehren des Betriebsrats, ihm eine ordnungsgemäße
Büroausstattung zur Verfügung zu stellen, liegt eine vermögensrechtliche Streitigkeit
zugrunde, bei der der Gegenstandswert annähernd beziffert werden kann. Die begehrte
Ausstattung des Betriebsratsbüros mit einem Telefonanschluss ist mit 200,00 € zu
bewerten, während für den verlangten PC mit Bildschirm und dazugehöriger Software
sowie einem Drucker insgesamt 2.000,00 € in Ansatz gebracht worden sind. Die
Ausstattung mit einem Schrank, einem Schreibtisch sowie Tischen und Stühlen hat die
Beschwerdekammer insgesamt mit 1.000,00 € bemessen.
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Somit errechnet sich ein Gesamtgegenstandswert in Höhe von 9.200,00 €.
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Dr. Müller
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