Urteil des LAG Hamm vom 13.10.2010

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Landesarbeitsgericht Hamm, 3 Sa 527/10
Datum:
13.10.2010
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 Sa 527/10
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Arnsberg, 3 Ca 623/09
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Arnsberg vom 04.03.2010 – AZ 3 Ca 623/09 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
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Die Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin wegen Annahme von
Schmiergeldern.
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Die Klägerin unterhält eine Niederlassung in A1. Der Beklagte war seit dem Jahre 1983
als Niederlassungsleiter der Niederlassung in A1 bei der Klägerin beschäftigt.
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Von hier unterhielt die Klägerin Geschäftsbeziehungen zur Firma P2c2 und S7 M1
GmbH & Co. KG und bezog von dieser Waren.
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Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete mit dem 30.11.2006 aufgrund gerichtlichen
Vergleichs im Verfahren 1 Ca 390/06 vor dem Arbeitsgericht Arnsberg.
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Anfang Oktober 2008 bat Herrn J1 P3 von der Firma P3 & S7 M1 GmbH & Co. KG die
Klägerin um ein Gespräch, das unter dem 06.10.2008 stattfand.
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In diesem Gespräch erklärte Herr J1 P3, er sei vom Beklagten im Rahmen der
Geschäftsbeziehungen angesprochen worden auf gewisse Zuwendungen kleineren
Umfangs in Form von Spenden an örtliche Vereine für Stiftungsfeste, irgendwann sei es
zu höheren Zahlungen gekommen und er habe schließlich erklärt, dass er dies nicht
mehr mitmachen könne. Er habe dann die Schmiergeldzahlungen eingestellt. Nachdem
es zu Anfang der Beziehungen immer mal wieder kleinere Zahlungen gegeben habe im
Bereich von mehreren 100,00 DM habe er persönlich im Jahre 2000 oder 2001
10.000,00 DM in bar übergeben, ein Buchhalter habe darüber hinaus dem Beklagten im
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Briefumschlag einen Betrag von 2.500,00 DM bis 3.000,00 DM ausgehändigt. Der
Ausgleich sei erfolgt teilweise durch Auftragserteilungen, in einigen Fällen
möglicherweise auch durch verkehrte Rechnungen. Auch habe er teilweise zu leicht
erhöhten Preisen Edelstahlbleche bei einer Firma G1 auf Weisung des Beklagten
erwerben müssen, dafür sei von der Klägerin ein etwas erhöhter Preis getätigt worden.
Mit Schreiben vom 18.12.2008 wurde der Beklagte aufgefordert, die genannten Beträge
zu erstatten. Eine Zahlung von Seiten des Beklagten erfolgte nicht. Die Rückzahlung
eines Betrages, der 10.000,00 DM und 2.500,00 DM entspricht, begehrt die Klägerin mit
der unter dem 12.05.2009 beim Arbeitsgericht eingegangen Klage weiter.
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Sie hat die Auffassung vertreten, im Falle von Schmiergeldzahlungen ergeben sich ein
Herausgabeanspruch an den Arbeitgeber. Eine Anspruchsgrundlage sei zudem zu
sehen in einem gravierenden Verstoß gegen die Treueverpflichtungen aus dem
Arbeitsverhältnis. Dabei sei es auch nicht so, dass ein konkreter Schaden nicht benannt
werde. Hierzu habe sie vorgetragen, dass P3 diese Kosten bei den
Werkzeugstellungen, die durch den Beklagten erfolgt seien, auf weitere Rechnungen
umgelegt habe. Ihr lägen diverse Rechnungen vor, die gerade vom Beklagten und zwar
auch damals in dem entsprechenden Zeitraum abgezeichnet worden seien.
Insbesondere seien genau die Rechnungen abgezeichnet worden, die
Werkzeugrechnungen beträfen.
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Eine Vernehmung des von ihr benannten Zeugen sei dabei nicht als
Ausforschungsbeweis anzusehen, da konkret Vorgänge in der Klageschrift benannt
worden seien und diese Vorgänge vom Zeugen P3 genau erinnert würden. Es solle
nicht fehlender konkreter Tatsachenvortrag durch die Aussage eines Zeugen ersetzt
werden, vielmehr solle nur konkreter Sachvortrag in Form von Zahlung durch P3 an den
Beklagten mit der Beweismittelangabe belegt werden.
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Die Klägerin hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 6.391,15 € nebst fünf Prozentpunkten
Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2008 zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat die Entgegennahme von Schmiergeld bestritten.
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Darüber hinaus sei eine Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren nicht
ersichtlich.
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Seiner Meinung nach müsse die Klägerin einen konkreten Schaden nachweisen, ein
solcher sei aber bis heute nicht geltend gemacht worden.
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Darüber hinaus hat der Beklagte darauf hingewiesen, er könne sich gegen die
unkonkrete Behauptung der Klägerin kaum wehren. Es sei Aufgabe der Klägerin
gewesen, genau das Datum oder gegebenenfalls auch den zugrundeliegenden Auftrag
zu nennen, damit er die Möglichkeit habe nachzuforschen, ob dies überhaupt zutreffend
sein könne. Die Klägerin wisse noch nicht einmal genau, in welcher Höhe
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Schmiergelder entgegengenommen worden sein sollen.
Zudem sei darauf hinzuweisen, dass bei eingehenden Rechnungen zuvor die
zugrundeliegenden Lieferungen qualitätsmäßig und stückmäßig geprüft worden sein.
Dies habe er selbst nicht getan. Er selbst habe im Wesentlichen keine entsprechenden
zugrundeliegenden Lieferungen von Rechnungen geprüft. Nach Prüfung durch andere
Mitarbeiter sei die Rechnung dann weitergegangen in die Einkaufsabteilung. Auch dort
sei die Rechnung ebenfalls überprüft und dann freigegeben worden, hierfür sei er gar
nicht verantwortlich gewesen. Aufgrund des langen Zeitablaufs könne er im Übrigen gar
nicht mehr nachvollziehen, wann zuletzt überhaupt Bestellungen Seitens der Firma P3
eingegangen sein.
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Eine Vernehmung des Herr P3 komme daher einem Ausforschungsbeweis gleich.
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Mit Urteil vom 04.03.2010 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
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Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch ergebe sich zunächst nicht aus §§ 687
Abs. 2, 681, 667 BGB.
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Zwar sei derjenige, der für seinen Arbeitgeber Geschäfte zu besorgen habe, verpflichtet,
alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsführung erlange, somit auch
Schmiergelder. Im vorliegenden Fall bestehe eine Herausgabepflicht jedoch nicht, da
die Klägerin eine Hingabe von Schmiergeldern durch den Zeugen P3 an den Beklagten
nicht hinreichend substantiiert dargelegt habe. Abgesehen von Jahresangaben habe die
Klägerin die Vorfälle nicht näher zeitlich konkretisieren können, auch die Vorfälle nicht
einer konkreten Situation zuordnen können. Ebenso habe die Klägerin nicht dargestellt,
im Zusammenhang mit welchen konkreten Aufträgen die Schmiergeldzahlungen
geflossen sein sollen. Danach komme eine Vernehmung des von der Klägerin
benannten Zeugen P3 nicht in Betracht, da der Vortrag der Klägerin mangels
hinreichender Substantiierung einer Beweiserhebung nicht zugänglich sei.
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Ein Zahlungsanspruch ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des
Schadensersatzes, da die Klägerin die schädigende Handlung des Beklagten nicht
hinreichend substantiiert dargelegt habe. Im Übrigen sei auch der Eintritt eines
konkreten Schadens durch etwaige Schmiergeldzahlungen nicht dargelegt worden.
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Gegen das unter dem 17.03.2010 zugestellte Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe
im Übrigen Bezug genommen wird, hat die Klägerin unter dem 16.04.2010 Berufung
zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung bis zum 17.06.2010
unter dem 15.06.2010 begründet.
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Sie verbleibt bei ihrer Auffassung, ein Herausgabeanspruch sei gegeben.
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Das Arbeitsgericht habe festgestellt, dass grundsätzlich ein Anspruch auf
Rückforderung bestehe, unzutreffender Weise habe es seine Entscheidung allerdings
darauf gestützt, aufgrund der verhältnismäßig geringen zeitlichen Substantiierung sei
eine genügende zeitliche Konkretisierung der Vorfälle nicht erfolgt.
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Hierbei sei zu berücksichtigen, dass man es mit einem Tatbestand zu tun habe, der von
vorneherein darauf angelegt gewesen sei, im Geheimen abgewickelt zu werden. Es
existiere daher genau die Situation, die dazu führe, dass alle Beteiligten dafür gesorgt
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hätten, Unterlagen und Details möglichst zu beseitigen oder zu vergessen.
Demgegenüber stehe jedoch fest, dass der Beklagte praktisch allein zuständig gewesen
sei für die Vergabe von Reparaturaufträgen, er sämtliche Lieferscheine in der damaligen
Zeit und sämtliche zugehörigen Bestellungen alleine aufgegeben bzw. hinsichtlich P3
unterzeichnet habe, ein weiterer Mitarbeiter, Herr S8s9, es abgelehnt habe,
Lieferscheine der Firma P3 zu unterzeichnen und sie vorgetragen habe und unter
Zeugenbeweis gestellt habe, dass im Zeitraum 2000/2001 Zahlungen geleistet worden
sein. Ein substantielles Bestreiten durch den Beklagten habe es demgegenüber nicht
gegeben.
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Es seien daher diverse Tatsachen vorgetragen; auch sei in das Zeugnis des Herrn P3
die Tatsache gestellt worden, dass es sich um nützliche Verwendungen gehandelt
habe.
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Auch Indizien seien der Beweiswürdigung zugänglich. Sie befinde sich in Beweisnot, es
sei ihr derzeit nicht möglich, unmittelbare Tatsachen, wie einen genauen
Zahlungstermin, vorzutragen. Auch mittelbare Tatsachen seien jedoch beweiserheblich,
wenn diese nur geeignet seien, logische Rückschlüsse auf den unmittelbaren
Beweistatbestand zu ziehen. Dieser ernstlich mögliche Bezug müsse bei dem
Beweisangebot schlüssig dargelegt werden, um die Beweiserhebung über solche
Indiztatsachen zu rechtfertigen. Genau dies sei ihrer Meinung nach durch sie
geschehen.
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Die Argumentation des Arbeitsgerichts sei unzureichend und verkürzt, sie habe schon
im erstinstanzlichen Verfahren genau geschildert, auf welche Weise sie an die
Informationen des Herrn P3 gelangt sei. Das Arbeitsgericht habe ihren Sachvortrag so
behandelt, als ob überhaupt nichts vorgetragen worden sei. Das Gericht habe sich
daher so verhalten, als wenn ein unzulässiger Ausforschungsbeweis vorgelegt worden
wäre. Es sei jedoch ein Gesamtlebenssachverhalt aus den Jahren 2000 und 2001
vorgetragen worden, der einer Zeugeneinvernahme zugänglich sei.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung der Entscheidung des Arbeitsgerichts Arnsberg vom
04.03.2010 – 3 Ca 623/09 – den Beklagten zur Zahlung von 6.391,15 € nebst
fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2008 zu
verurteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil.
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Die Klägerin trage in der Berufungsbegründung keine neuen rechtserheblichen
Gesichtspunkte vor, die eine Abweichung vom arbeitsgerichtlichen Urteil rechtfertigen
könnten.
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Das Arbeitsgericht habe keine überspannten Anforderungen an die Substantiierung des
klägerischen Sachvortrages gestellt. Der Grad der Substantiierung richte sich dabei
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immer auch nach der Einlassung des Gegners; er habe von Anfang an bestritten, zu
irgendeiner Zeit Schmiergelder entgegengenommen zu haben. Es sei daher Aufgabe
der Klägerin gewesen, unter Beweisantritt darzulegen, wann, von wem in welcher
Situation und in welcher Höhe Schmiergelder entgegengenommen worden sein sollen.
Der Einwand der Klägerin, Schmiergeldzahlungen würden von allen Beteiligten aus
guten Gründen höchst geheim gehalten, könne nicht dazu führen, dass die
Anforderungen an die Substantiierungspflicht gelockert würden.
Soweit die Klägerin ausführe, er sei praktisch allein zuständig gewesen, sei auch dieser
Vortrag nicht geeignet, eine Schmiergeldzahlung zu belegen. Richtig sei, dass er für die
Bearbeitung von Reparaturaufträgen zuständig gewesen sei vom Ablauf her sei es
jedoch so gewesen, dass er von der Qualitätssicherung oder der Montage
angesprochen worden sei. Hinsichtlich der Bearbeitung habe er sich mit dem damaligen
Geschäftsführer der Klägerin und einem Prokuristen besprochen. Er sei daher nicht
praktisch allein zuständig für die Vergabe von Reparaturaufträgen gewesen. Ebenso
wenig habe er sämtliche Lieferscheine in der damaligen Zeit alleine aufgegeben bzw.
hinsichtlich P3 unterzeichnet. Wenn eine Lieferung gekommen sei, habe die
Qualitätssicherung diese in Augenschein genommen und den Lieferschein
abgezeichnet. Dieser Lieferschein sei an den Arbeitnehmer S10 gegangen, der dann
den Lieferschein und die Rechnung zusammengeführt und die Ware zur Bearbeitung
freigegeben habe. Bestritten hat die Klägerin hierzu, der Arbeitnehmer S10 habe es im
Verhältnis zur Firma P3 abgelehnt, Lieferscheine von dieser zu unterzeichnen.
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Das Arbeitsgericht habe daher zu Recht eine Vernehmung des Zeugen P3 abgelehnt.
Den Anforderungen an eine zeitliche Konkretisierung der Vorfälle genüge der
Sachvortrag der Klägerin nicht. Insbesondere zu den Umständen, unter denen es zu
Schmiergeldzahlungen gekommen sein soll, habe der Zeuge P3 nach dem Vortrag der
Klägerin keine näheren Angaben machen können. Insbesondere sei er nicht in der Lage
gewesen, Aufträge zu benennen, bei denen es angeblich zu Schmiergeldzahlungen
gekommen sein soll. Auch der Vortrag über möglicherweise verkehrte Rechnungen
genüge nicht den Mindestanforderungen an einen substantiierten Vortrag.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung der Klägerin, aber nicht begründet.
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A.
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Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht.
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Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 b) ArbGG.
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Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs.
1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 517 ff. ZPO.
48
B.
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Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
50
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
50
Das Arbeitsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Herausgabe von
Schmiergeldzahlungen für nicht gegeben erachtet.
51
I.
52
Ein Anspruch der Klägerin zum einen nicht aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung
einer Pflicht aus dem Schuldverhältnis.
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Insoweit kann es dahingestellt bleiben, ob der Beklagte eine Vertragspflicht aus dem
Arbeitsverhältnis gegenüber der Klägerin verletzt hat, da jedenfalls ein aus einer
solchen möglichen Pflichtverletzung resultierender Schaden nicht dargelegt worden ist.
Die von der Klägerin behauptete Schmiergeldsumme ist nicht notwendigerweise
identisch mit einem möglichen Schaden, der der Klägerin dadurch entstanden ist, dass
überhöhte Rechnungen oder Luftrechnungen durch einen Lieferanten erstellt worden
sind.
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II.
55
Ein Anspruch auf Herausgabe ergibt sich auch nicht aus § 667 2. Alt. BGB.
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1. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann es dabei dahingestellt bleiben, ob
sich ein Anspruch der Arbeitgeberin auf Herausgabe von Schmiergeldern auch
aus §§ 687 Abs. 2, 681 Satz 2, 667 BGB herleiten lässt, wie dies die
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mit Urteilen vom 14.07.1961 (EzA,
BGB § 687 Nr. 1), vom 15.04.1970 (EzA, BGB § 687 Nr. 2) und vom 26.02.1971
(EzA, BGB § 687 Nr. 3) angenommen hat.
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58
Denn jedenfalls kann sich ein solcher Anspruch auch aus § 667 2. Alt. BGB
rechtfertigen.
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Eine unerlaubte Eigengeschäftsführung i. S. v. § 687 Abs. 2 BGB reicht im Übrigen
jeweils auch aus, um einen Verpflichtung zur Herausgabe von Schmiergeldern zu
begründen (BAG, 26.02.1971, a.a.O.).
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a. § 667 2. Alt. BGB verpflichtet den Beauftragten, dem Auftraggeber alles, was er
aus der Geschäftsführung verlangt herauszugeben.
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b) Die Bestimmung des § 667 BGB ist auch auf Arbeitsverhältnisse anzuwenden,
wenngleich der Arbeitnehmer nicht i. S. v. § 662 BGB unentgeltlich tätig ist.
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Die auftragsrechtlichen Bestimmungen enthalten allgemeine Grundsätze, die auch für
Arbeitsverhältnisse gelten (BAG, 14.10.2003, EzA BGB 2002, § 670 Nr. 1; BAG,
11.04.2006, EzA BGB § 667 Nr. 1).
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c) Die Vorschrift des § 667 BGB bildet das Gegenstück zum
Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB.
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Der Beauftragte soll durch die Geschäftsbesorgung keinen Nachteil erleiden, aber auch
aus ihr keine Vorteil ziehen. Ebenso soll der Arbeitnehmer regelmäßig neben der
vereinbarten Arbeitsvergütung keine weiteren materiellen Vorteile aus seiner
Arbeitsleistung erlangen (BAG, 11.04.2006, a.a.O.).
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d) Die Bestimmung des § 667 BGB beruht u. a. auf dem Gedanken, dass dem Besorger
fremder Geschäfte aus dieser Geschäftsführung keine Vorteile verbleiben sollen, die
seine Unbefangenheit im Verhältnis zu seinem Auftraggeber beeinträchtigen könnten
(BGH, 07.01.1963, AP Nr. 2 zu § 687 BGB).
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e) Die Herausgabepflicht beschränkt sich dabei auf solche Vorteile, die der Beauftragte
"aus" der Geschäftsbesorgung erlangt hat.
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Vorteile, die demgegenüber der Beauftragte lediglich bei Gelegenheit der
Geschäftsbesorgung oder anlässlich der Geschäftsbesorgung erlangt hat, sind von der
Herausgabepflicht nicht erfasst (BAG, 11.04.2006, a.a.O.; Staudinger-Wittmann, § 667,
Rn. 9).
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Für die Annahme, dass etwas "aus" der Geschäftsbesorgung erlangt ist, bedarf es eines
unmittelbaren inneren Zusammenhangs der geleisteten Zahlungen mit der
Geschäftsbesorgung (BAG, 11.04.2006, a.a.O.; BGH, 07.10.1963, a.a.O.; BGH,
02.04.2001, NJW 2001, 2476; BGH, 17.10.1991, BGH-Warn 1991, Nr. 320).
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Ein solcher innerer Zusammenhang ist insbesondere dann anzunehmen, wenn solche
gewährten Zahlungen eine Willensbeeinflussung zum Nachteil des Auftraggebers
befürchten lassen, wenn die objektive Gefahr besteht, die Vorteilsgewährung könne
dazu führen, dass der Beauftragte die Interessen seines Geschäftsherrn außer Acht
lässt (BAG, 11.04.2006, a.a.O.; BGH, 18.12.1990, NJW 1991, 1224; BGH, 02.04.2001,
a.a.O.; anderer Ansicht beispielsweise MünchKomm BGB/Seiler, § 667, Rn. 17;
Münch/ArbR-Blomeyer, § 53, Rn. 113 mit der Annahme, Schmiergeld werde lediglich an
"anlässlich" der Geschäftsbesorgung erlangt).
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2. Besteht danach zwar grundsätzlich ein Herausgabeanspruch bei der
Entgegennahme von sogenannten Schmiergeldern, lässt sich dem Vortrag der
Klägerin jedoch nicht ausreichend entnehmen, dass von Seiten eines Dritten
Zahlungen geleistet sind, die in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit
der Geschäftsbesorgung durch den Beklagten stehen.
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a. Soweit es um die Übergabe eines Betrages von 2.500,00 DM oder 3.000,00 DM
geht lässt sich dem Vorbringen der Klägerin schon nicht entnehmen, durch wen
solche Zahlungen an den Beklagten geleistet worden sein sollen. Der Vortrag der
Klägerin beschränkt sich auf die Darstellung, Herr P3 habe ihr mitgeteilt, es habe
sich um einen Buchhalter gehandelt.
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Einer Vernehmung von Zeugen, die am Gespräch vom 06.10.2008 teilgenommen
haben, hierzu oder auch nur des Herrn J1 P3 kam insoweit im Übrigen in Betracht.
Selbst bei Herrn J1 P3 handelt es sich insoweit lediglich um einen Zeugen vom
Hörensagen, der lediglich berichten könnte, was ihm ein Dritter mitgeteilt hat. Ein
solcher Zeuge vom Hörensagen ist von vorneherein für die Beweisführung dabei
ungeeignet.
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b. Auch hinsichtlich der Übergabe eines Betrages von 10.000,00 DM lässt sich nach
Auffassung der Kammer in ausreichender Weise aus dem Vorbringen der Klägerin
nicht ersehen, ob eine solche behauptete Zahlung überhaupt einen unmittelbaren
inneren Zusammenhang mit der Geschäftsbesorgung des Beklagten hat.
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aa) Zwar trägt die Klägerin hierzu vor, der betroffene Herr P3 habe ihr mitgeteilt, immer
wieder kleinere Zahlungen geleistet zu haben, einmal habe er persönlich 10.000,00 DM
in bar übergeben.
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Zwar hat die Klägerin des Weiteren vorgetragen, der Beklagte habe Rechnungen der
Firma P3 abgezeichnet; lediglich zum Zeitpunkt hat die Klägerin unter Verweis auf die
an sie erfolgte Mitteilung des Herrn P3 zeitlich halbwegs konkrete Angaben gemacht,
indem sie ausgeführt hat, es habe sich um Zahlungen im Jahre 2000 oder 2001
gehandelt. Weiteres lässt sich jedoch dem Vorbringen der Klägerin nicht entnehmen,
insbesondere fehlt jegliche Angabe nicht nur dazu, wo eine solche Zahlung erfolgt sein
soll, sondern insbesondere zu den näheren Umständen dieser Zahlung, beispielsweise
ob sie vom Beklagten gefordert sein soll, wer die Initiative zu dieser Zahlung ergriffen
hat und gegebenenfalls mit welchen konkreten Rechnungen und Lieferungen diese
Zahlung zusammenhängt.
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Es lässt sich daher der notwendige unmittelbare innere Zusammenhang der geleisteten
Zahlungen mit einer Geschäftsbesorgung des Beklagten nicht erkennen.
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bb) In Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht war im Übrigen davon auszugehen,
dass eine Vernehmung des Zeugen P3 hierzu nicht in Betracht kam, weil es sich um
einen Ausforschungsbeweis gehandelt hätte.
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1. Gemäß § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen
bezeichnen, zu denen der benannte Zeuge vernommen werden soll.
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Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der
Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände.
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Ein Beweisantritt ist unzulässig und daher unbeachtlich, wenn es an der Bestimmtheit
der zu beweisenden Tatsachen fehlt und durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst
die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden sollen (
BAG 28.05.1998, BAGE 89,70 ).
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Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht den genannten
Anforderungen, hat die Beweiserhebung auf Grund dieses unzulässigen
Ausforschungsbeweises zu unterbleiben (BAG 15.12.1999, EzA BGB § 611
Arbeitnehmerbegriff Nr. 78).
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2. Hier ist die Behauptung der Klägerin, Herr P3 habe Schmiergeldzahlungen an den
Beklagten geleistet, allenfalls nach dem Zeitpunkt halbwegs konkretisiert.
Angaben dazu, ob diese Zahlungen im Betrieb des Herrn P3, im Betrieb der
Klägerin oder an einem neutralen Ort getätigt worden sein sollen fehlen. Ebenso
fehlt jegliche Angabe zu den näheren Umständen der Zahlung.
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Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beklagte jegliche
Entgegennahme von Geldmitteln durch Herrn P3 abgestritten hat, würde es sich nach
Auffassung der Kammer um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantritt handeln.
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Der Klägerin musste dabei auch nicht aus Gründen rechtlichen Gehörs die weitere
Möglichkeit eingeräumt werden, ihren Vortrag hierzu zu konkretisieren.
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Das Arbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen darauf
gestützt, eine Zahlung könne nicht festgestellt werden, da der von der Klägerin hierzu
benannte Zeuge wegen Vorliegens eines Ausforschungsbeweises nicht zu vernehmen
sei. Auch in der Berufungsbegründung hat die Klägerin ihren Vortrag daraufhin nicht
konkretisiert, obwohl ihr dies durch Nachfrage bei Herrn P3 einfach möglich gewesen
wäre. Jedenfalls durch das arbeitsgerichtliche Urteil war die Klägerin hinreichend
gewarnt, dass der von ihr hierzu benannte Zeuge bei unverändertem Vortrag zur
Beweisführung nicht geeignet war.
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C.
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Die Klägerin hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels gemäß § 97 Abs. 1
94
ZPO zu tragen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestanden nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.
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