Urteil des LAG Hamm vom 09.07.2010
LArbG Hamm (kläger, beschränkte haftung, rücknahme der klage, firma, natürliche person, ehemann, höhe, haftung, arbeitsgericht, betrag)
Landesarbeitsgericht Hamm, 13 Sa 241/10
Datum:
09.07.2010
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
13. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 Sa 241/10
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Dortmund, 1 Ca 4436/09
Schlagworte:
Haftung; Rechtsschein; Firma; mazedonisches Recht; Mazedonien;
GmbH, Zusatz
Normen:
§ 179 BGB; § 4 GmbHG
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Dortmund vom 15.01.2010 – 1 Ca 4436/09 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte Arbeitsentgeltansprüche des Klägers zu
erfüllen hat.
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Am 03.03.2008 schloss der Kläger mit dem im Arbeitsvertrag als Arbeitgeber
ausgewiesenen "Malerbetrieb R2-R" einen zunächst bis zum 31.08.2008 befristeten und
dann mit Schreiben vom 29.08.2008 bis zum 20.12.2008 verlängerten Arbeitsvertrag.
Auf Arbeitgeberseite unterschrieb der Ehemann der Beklagten mit dem Zusatz "i.V."; im
Anschreiben ist die Beklagte, mit der der Kläger selbst nie gesprochen hat, als
"Geschäftsführerin" und Inhaberin des Bankkontos sowie Begünstigte für Zahlungen
und Überweisungen ausgewiesen.
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Ausweislich des Beschlusses des Amtsgerichts Dortmund vom 18.11.2009 (Az.: 253 IN
161/08) betreffend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Firma handelt es sich
bei ihr um die im Handelsregister des mazedonischen Amtsgerichts Skopje
eingetragene R2 R R3 D4 U1-I1 Skopje, handelnd auch unter R2-R R3 D4 Skopje
Import-Export GmbH und unter Malerbetrieb R2-R, gesetzlich vertreten durch die
Beklagte als Geschäftsführerin.
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Der Kläger wurde als Maler und Lackierer tätig. Nachdem er für die Monate ab Juli 2008
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zunächst gar keine Vergütung mehr erhalten hatte, steht nunmehr noch das
Arbeitsentgelt für den Monat August 2008 in Höhe von 1.768,-- € brutto abzüglich
gezahlter 500,-- € netto sowie für den Zeitraum vom 01. bis 20.09.2008 in Höhe von
1.486,61 € brutto aus.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe als Inhaberin eines
einzelkaufmännischen Unternehmens, was sich insbesondere aus ihrer
Kontoinhaberschaft ergebe, für die Zahlung des Restentgelts einzutreten. Sie habe für
sich selbst handeln wollen und sei deshalb Vertragspartnerin geworden.
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Nachdem zunächst am 16.03.2009 ein Versäumnisurteil über einen Betrag von
insgesamt 8.973,63 € brutto abzüglich 500,-- € netto zuzüglich Zinsen ergangen war, hat
der Kläger – unter Rücknahme der Klage im Übrigen – beantragt,
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das Versäumnisurteil vom 16.03.2009 insoweit aufrechtzuerhalten, als die
Beklagte verurteilt wird, für den Zeitraum August 2009 einen Betrag in Höhe von
1.768,-- € brutto abzüglich geleisteter 500,-- € und für den Zeitraum September
2009 einen Betrag in Höhe von 1.486,61 € brutto zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Sie hat herausgestrichen, dass es sich bei der Firma Malerbetrieb R2-R um eine GmbH
nach mazedonischem Recht gehandelt habe, bei der sie lediglich angestellt gewesen
sei und als deren Geschäftsführerin fungiert habe. Deshalb habe sie für die
ausstehende Vergütung nicht aufzukommen.
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Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 15.01.2010 die Klage abgewiesen. Zur
Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es seien zwischen den Parteien keine
arbeitsvertraglichen Beziehungen zustande gekommen. Namentlich lägen keine
ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte Inhaberin des "Malerbetriebs
R2-R" gewesen sei; dagegen spreche, dass sie im Schriftverkehr als Geschäftsführerin
ausgewiesen gewesen und zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Kläger als
Arbeitgeberin in Erscheinung getreten sei. – Auch eine Haftung aus
Rechtsscheingesichtspunkten scheide aus, weil die Beklagte nicht nach außen
aufgetreten sei.
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Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung.
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Er meint, durch den Zusatz "i.V." habe der Ehemann der Beklagten deutlich gemacht,
dass er für denjenigen aufgetreten sei, den der Vertrag angehe, nämlich die Beklagte.
Weil jeder GmbH-Zusatz fehle, habe er, der Kläger, davon ausgehen dürfen, dass es
sich um ein inhabergeführtes Unternehmen handele.
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Im Übrigen ergebe sich eine deliktische Verantwortung daraus, dass die Beklagte nichts
dafür getan habe, um im Rechtsverkehr die beschränkte Haftung deutlich zu machen; im
Gegenteil habe sie zur Verschleierung beigetragen.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.01.2010 – 1 Ca 4436/09 –
abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.254,61 € brutto
abzüglich 500,-- € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 22.02.2009 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie ist der Ansicht, der Kläger habe lediglich zur Firma Malerbetrieb R2-R ein
Arbeitsverhältnis gehabt; bezeichnenderweise habe er diese auch erstinstanzlich
zunächst mit verklagt. Ihr Ehemann sei jeweils als Vertreter der genannten Firma
aufgetreten. Sie selbst sei erkennbar "nur" deren Geschäftsführerin und nicht die
Inhaberin gewesen. Den für deutsche Unternehmen einschlägigen GmbH-Zusatz habe
die Firma nicht benutzen dürfen, weil es sich dabei um eine haftungsbeschränkte
Gesellschaft ausschließlich nach mazedonischem Recht gehandelt habe.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist unbegründet.
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Denn wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend festgestellt hat, kann der Kläger von der
Beklagten nicht die Bezahlung der für den Zeitraum ab 01.08. bis zum 20.09.2008
ausstehenden Arbeitsvergütung in einer Gesamthöhe von noch 3.254,61 € brutto
abzüglich 500,-- € netto verlangen.
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I.
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Ein vertraglicher Anspruch scheidet aus, weil – auch für den Kläger erkennbar – ein
Arbeitsverhältnis ausschließlich mit dem "Malerbetrieb R2-R" zustande gekommen ist.
So ist im Ausgangsarbeitsvertrag vom 03.03.2008 unter § 1 nur diese Firma als
vertragschließender Arbeitgeber ausgewiesen. Wenn sodann der Ehemann der
Beklagten, ohne dass diese selbst irgendwann gegenüber dem Kläger
rechtsgeschäftlich in Erscheinung getreten ist, in der Rubrik "Unterschrift des
Arbeitgebers" mit "i.V." unterzeichnet hat, wurde damit unmissverständlich zum
Ausdruck gebracht, dass die Firma ausschließlicher Vertragspartner sein sollte. Daran
ändert auch deren Anschreiben vom 29.08.2008 nichts. Im Gegenteil musste die im
Firmenbogen gewählte Bezeichnung der Beklagten als "Geschäftsführerin" für den
Kläger erkennbar machen, dass diese nicht als Inhaberin dieser Firma fungierte, auch
wenn sie als Inhaberin des Firmenkontos und Begünstigte für Zahlungen und
Überweisungen ausgewiesen war.
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II.
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Eine Rechtsscheinhaftung scheidet ebenfalls aus.
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In dem Zusammenhang ist schon problematisch, ob analog § 4 GmbHG auch bei
Tätigwerden einer Gesellschaft mazedonischen Rechts in Deutschland ein die
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Tätigwerden einer Gesellschaft mazedonischen Rechts in Deutschland ein die
beschränkte Haftung kennzeichnender Firmenzusatz vorgeschrieben und zu verwenden
ist, wenn sie im Handelsregister des Amtsgerichts Skopje ohne Haftungszusatz als "R2
R R3 D4 U1 – I1 Skopje" ausgewiesen ist.
Davon abgesehen scheidet eine Haftung der Beklagten in jedem Fall deshalb aus, weil
sie selbst zu keinem Zeitpunkt für die Firma als deren Vertreterin gegenüber dem Kläger
in Erscheinung getreten ist, sondern immer nur der Ehemann. Zutreffend hat nämlich der
Bundesgerichtshof (z.B. 05.02.2007 – II ZR 84/05 – NJW 2007, 1529), gestützt auf den
Rechtsgedanken des § 179 BGB, herausgestellt, dass eine Rechtsscheinhaftung
entscheidend darauf beruht, dass eine unmittelbar handelnde Person beim
Vertragspartner den Vertrauenstatbestand geschaffen hat, ihm hafte zumindest eine
(natürliche) Person unbeschränkt. Ein entsprechendes Vertrauen kann nicht gegenüber
einem im Hintergrund bleibenden "Dritten" beansprucht werden, wie es hier die
Beklagte war.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
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