Urteil des LAG Hamm vom 14.08.2003

LArbG Hamm (kläger, stelle, ausschreibung, bewerber, arbeitsgericht, land, bewerbung, stellenausschreibung, abbruch, besetzung)

Landesarbeitsgericht Hamm, 11 Sa 1743/02
Datum:
14.08.2003
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 Sa 1743/02
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster
vom 19.09.2002 2 Ca 673/01 wird auf Kosten des Klägers
zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Limberg
Ebeler
Menke
TATBESTAND
1
Der Kläger verfolgt im Wege der Konkurrentenklage einen Anspruch auf Übertragung
einer Angestelltenstelle als Sachbearbeiter (BAG IV a, Fallgr. 1 a).
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Der Kläger ist am 28.04.1952 geboren. Seit dem 15.07.1980 ist er als Angestellter bei
dem B5xxxxxxx für G1xxxxxxxxxx (früher: B6xxxxxxxxxxx für G1xxxxxxxxxx) beschäftigt.
Seit dem 01.10.1989 nimmt er die Stelle eines Oberkontrolleurs mit einer Vergütung
nach BAT IV b wahr. Wegen weiterer Einzelheiten des beruflichen Werdegangs des
Klägers und der von ihm absolvierten Fortbildungen wird auf das Bewerbungsschreiben
des Klägers vom 24.12.2000 (Bl. 14, 15 d. A.) und auf seine schriftsätzlichen
Darstellungen (Bl. 4 bis 6, 140 bis 144 d. A.) Bezug genommen. Wiederholt wurden
Verbesserungsvorschläge des Klägers auf dem Gebiet der EDV mit Geldprämien
ausgezeichnet (entsprechende Kopien: Bl. 63 bis 66 d. A.). Am 14.12.2000 schrieb das
B5xxxxxxx folgende Stelle aus (Bl. 12 d. A.):
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"Im Sachbereich 1 der Außenstelle M1xxxxx ist ab sofort der Dienstposten für
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eine Sachbearbeiterin/ einen Sachbearbeiter
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(Verg.-Gr. IV a Fallgr. 1 a BAT)
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zu besetzen.
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Das Aufgabengebiet umfasst insbesondere:
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Planung und Steuerung des Einsatzes der Kontrolleinheit,
örtliche Einarbeitung von Kontrolleuren,
Dienstbesprechungen mit Straßenkontrolleuren,
Umsetzen von Vorschriften, Anweisungen und dergleichen für die Kontrollpraxis,
Bearbeitung von Kontrollberichten (Qualitätskontrolle).
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Voraussetzungen:
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Ausbildung für den gehobenen Dienst oder vergleichbare Kenntnisse,
Fähigkeit und Bereitschaft zu selbstständigem, systematischem und
eigenverantwortlichem Arbeiten,
rasche Auffassungsgabe, Fähigkeit zum konzeptionellen Denken, Flexibilität,
sachbezogenes Durchsetzungsvermögen und Belastbarkeit,
sicheres und gewandtes Auftreten, gute schriftliche und mündliche
Ausdrucksfähigkeit, Verhandlungsgeschick.
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..."
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Im weiteren Text findet sich der Hinweis, dass Angestellten, die noch nicht in
Vergütungsgruppe IV a BAT eingruppiert sind, der Dienstposten während einer
Erprobungszeit nur vorübergehend gemäß § 24 Abs. 1 BAT übertragen wird. Der Kläger
bewarb sich mit Schreiben vom 24.12.2000 innerhalb der dreiwöchigen Frist auf die
ausgeschriebene Stelle. Im März 2001 erhielt der Kläger die nicht weiter begründete
Mitteilung vom 01.03.2001, dass er bei der Besetzung des Dienstpostens nicht
berücksichtigt werden könne und die Entscheidung zugunsten eines Mitbewerbers
getroffen worden sei (Bl. 16 d. A.). Bei diesem Mitbewerber handelt es sich um den
Bewerber S2xxxxxxxxx. Unter dem 19.03.2001 hat der Kläger die vorliegende Klage bei
dem Arbeitsgericht Münster eingereicht. Zugleich hat er die Beklagte in einem Verfahren
des einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung der Besetzung der
ausgeschriebenen Stelle in Anspruch genommen (ArbG Münster 2 Ga 16/01 = LAG
Hamm 5 Sa 778/01). In dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist dem Antrag
des Klägers am 01.06.2001 durch Urteil der 5. Kammer des erkennenden Gerichts
stattgegeben worden. In dem Urteil ist ausgeführt, die Beklagte sei verpflichtet, die
Besetzung der Stelle mit dem Bewerber S2xxxxxxxxx zu unterlassen, weil die
zugunsten des Mitbewerbers S2xxxxxxxxx getroffene Auswahlentscheidung sich
vermutlich deshalb als rechtsfehlerhaft erweise, weil einiges dafür spreche, dass die
Beklagte verfahrensfehlerhaft unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 vorgegangen sei und
damit den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers, gerichtet auf Zugang zum Amt,
verletzt habe. Die Beklagte sei in ihrer Information an den Personalrat von einem so
nicht bestehenden Rückführungsanspruch des Mitbewerbers S2xxxxxxxxx nach § 3
Abs. 3 Ratio-TV ausgegangen. Wenn der Bewerber S2xxxxxxxxx nicht über einen
ähnlichen für die ausgeschriebene Stelle einschlägigen beruflichen Werdegang
verfüge, könne nicht ausgeschlossen werden, dass er sich als weniger qualifiziert als
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der Kläger erweise. Hierzu habe die Beklagte im Prozess nähere Angaben zu machen.
Die von der Beklagten - erstmalig in der damaligen mündlichen Verhandlung vor dem
Berufungsgericht am 01.06.2001 - vorgelegte Entscheidungstabelle sei nicht
hinreichend aussagekräftig. Zu den dortigen Kriterien müsse die Beklagte im
Hauptsacheverfahren ergänzend und vertiefend vortragen. Die Übertragung der Stelle
an den Mitbewerber S2xxxxxxxxx sei nur vorübergehend und zum Zwecke der
Erprobung geschehen. Dieser Gesichtspunkt stehe einem möglichen Erfolg der
Konkurrentenklage des Klägers nicht entgegen. Das begründete Urteil ist den Parteien
am 05.09.2001 zugestellt worden. In der Entscheidungstabelle sind an den Kläger und
an Herrn S2xxxxxxxxx zu jeweils 14 Kriterien Punkte vergeben. Die abschließende
Addition weist zugunsten des Klägers den Punktwert von 191 und für den Mitbewerber
S2xxxxxxxxx den Wert von 200 Punkten aus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
die Kopie der Entscheidungstabelle, Bl. 62 d. A., verwiesen. Am 14.01.2002 hat das
Arbeitsgericht Münster im vorliegenden Hauptsachverfahren Termin zur streitigen
Verhandlung vor dem Arbeitsgericht auf den 16.05.2002 terminiert. Die Beklagte hob im
April 2002 die Stellenausschreibung vom 14.12.2000 auf und teilte dies in der
Hausmitteilung des Bundesamtes für den G1xxxxxxxxxx vom 16.04.2002 mit
(entsprechende Kopie aus dieser Hausmitteilung: Bl. 37 d. A.). Anschließend wurde die
Stelle neu ausgeschrieben. Die Beklagte schaltete in das neue
Stellenbesetzungsverfahren einen externen Personaldienstleister ein. Durch diese
Beratungsgesellschaft wurde inzwischen - so die Information in der mündlichen
Verhandlung vor der erkennenden Kammer am 14.08.2003 - eine Vorauswahl unter den
jetzt drei Bewerbern getroffen. Das Ergebnis ist nicht bekannt. Bei den drei Bewerbern
handelt es sich um den Kläger, Herrn S2xxxxxxxxx und um einen weiteren Bewerber,
der sich seinerzeit nicht auf die Bewerbung vom 14.12.2000 beworben hatte
(Information aus der mündlichen Verhandlung vom 14.08.2003).
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, durch die Aufhebung der Stellenausschreibung
und Neuausschreibung habe sich das Klagebegehren nicht erledigt. Die Beklagte sei
gehindert, den Kläger durch eine nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigte
Aufklärung der Stellenausschreibung klaglos zu stellen.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, ihm die unter dem 14.12.2000 ausgeschriebene
Angestelltenstelle eines Sachbearbeiters (Vergütungsgruppe IV a, Fallgr. 1 a
BAT) im Sachbereicht 1 der Außenstelle M1xxxxx des Bundesamtes für
G1xxxxxxxxxx (Stellenausschreibung Nr. 31/21 - 922.21) zu übertragen,
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hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die Bewerbung des Klägers auf die unter
dem 14.12.2000 ausgeschriebene Angestelltenstelle eines Sachbearbeiters
(Vergütungsgruppe IV a Fallgr. 1 a BAT) im Sachbereich 1 der Außenstelle
M1xxxxx des Bundesamtes für G1xxxxxxxxxx (Stellenausschreibung Nr. 31/21 -
922.21) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
bescheiden.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, durch die Neuausschreibung sei das
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Stellenbesetzungsverfahren wieder offen. Damit sei der Anspruch des Klägers im
gegenwärtigen Verfahren hinfällig. Willkürlich habe die Beklagte nicht gehandelt, da der
Kläger sich wie jeder andere Interessent bewerben könne - und sich auch beworben
habe.
Mit Urteil vom 19.09.2002 hat das Arbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Dem
Klagebegehren stehe entgegen, dass sich die Beklagte entschlossen habe, das am
14.12.2000 eingeleitete Auswahlverfahren zu beenden. Wenn die Beklagte besonders
im Hinblick auf die Bedenken des Landesarbeitsgerichts im Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes eine erneute Ausschreibung vornehme, zumal es dem Kläger
unbenommen bleibe, sich im Falle der erneuten Ausschreibung erneut zu bewerben.
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Gegen dieses am 11.10.2002 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers.
Die Berufung ist am 07.11.2002 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen. Die
Berufung ist nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 10.03.2003 am
10.03.2003 begründet worden.
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Der Kläger wendet ein, entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts sei ein
sachlicher Grund für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens ab Dezember 2000
und für die Neuausschreibung der Stelle im Jahr 2002 nicht gegeben. Es sei der
Beklagten darum gegangen, den im Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 01.06.2001
zugunsten des Klägers bejahten Bewerbungsverfahrensanspruch in unzulässiger
Weise zu verkürzen; so sei der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens in auffälliger
Nähe zum Verhandlungstermin des Arbeitsgerichts erfolgt. Mithin sei der Abbruch des
Stellenbesetzungsverfahrens willkürlich und aus sachfremden Gründen erfolgt und für
die Begründetheit der vorliegenden Klage unbeachtlich. Der Klageantrag sei auch im
Übrigen begründet. Dem Klageantrag sei stattzugeben, weil der Kläger nach den
Leistungsgrundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG im Vergleich zu seinen Mitbewerbern
einschließlich des Mitkonkurrenten S2xxxxxxxxx nach wie vor der bestgeeignete
Bewerber für die noch zu besetzende Stelle sei. Aus der vorgelegten
Entscheidungstabelle lasse sich nicht ableiten, dass die Beklagte bei der von ihr
getroffenen Entscheidung nach den Regeln des Art. 33 Abs. 2 GG vorgegangen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrages wird auf die
Berufungsbegründung des Klägers Bezug genommen (dort S. 10 bis 16, Bl. 138 bis 144
d. A.). Jedenfalls habe der Kläger einen Anspruch auf Neubescheidung. Die Grundsätze
der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung seien mutmaßlich bei der Vergabe
der Stelle überhaupt nicht berücksichtigt worden, weil die Beklagte wohl davon
ausgegangen sei, dass das Prinzip der Bestenauslese bei der Besetzung der
Sachbearbeiterstelle gar nicht zu berücksichtigen gewesen sei. Dies folge aus
entsprechenden Äußerungen des Dienststellenleiters der Außenstelle M1xxxxx
Friedhelm Klappert. Der Gesamtpersonalrat habe seine Zustimmung zu der
entsprechenden Stellenbesetzung nach einer entsprechenden Information durch die
Beklagte auch nur auf der Grundlage eines angeblichen Anspruchs aus Ration-TV
gegeben. Der Hilfsantrag auf Zurückverweisung an das Arbeitsgericht werde gestellt,
weil das Arbeitsgericht Münster auf der Grundlage der von ihm zugrunde gelegten
Rechtsauffassung nicht auf den erforderlichen Sachvortrag der Beklagten entsprechend
der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes abgestellt habe.
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Der Kläger beantragt,
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1. das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 19.09.2002 - 2 Ca 673/01 -
abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen,
2. hilfsweise das Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen
Verhandlung an das Arbeitsgericht Münster zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Die Klage sei unbegründet, weil
die Hauptsache durch die Aufhebung der Ausschreibung vom 14.12.2000 erledigt sei.
Die damaligen 6 Bewerber stünden nun nicht mehr für eine Auswahlentscheidung der
Beklagten zur Verfügung. Durch die Neuausschreibung habe sich eine neue
Auswahlsituation ergeben. Die Bestenauslese werde dadurch gefördert. Die Beklagte
habe im September 2001 durch Zustellung des Urteils des Landesarbeitsgerichts
erfahren, dass ihre Auswahlentscheidung vermutlich rechtsfehlerhaft sei, weil sie
möglicherweise fälsch einen Rückführungsanspruch des Mitarbeiters S2xxxxxxxxx
angenommen habe und insoweit auch den Personalrat unrichtig unterrichtet habe.
Diese von einem Berufungsgericht aufgezeigten Möglichkeiten seien der sachliche
Grund dafür, eine neue Ausschreibung nach Maßgabe des Urteils des
Landesarbeitsgerichts Hamm durchzuführen, um nunmehr jeden ... mit Sicherheit
liegende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vermuteten Fehler zu vermeiden.
Darüber hinaus sei allein der Zeitablauf ein sachlicher Grund für eine Aufhebung der
Ausschreibung für eine spätere Neuausschreibung Hinzu komme, dass nunmehr ein
Personaldienstleiter in das Stellenbesetzungsverfahren eingeschaltet werde.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien, insbesondere wegen der von ihnen
geäußerten Rechtsansichten, wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
ergänzend Bezug genommen.
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ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
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Die zulässige Berufung ist unbegründet.
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I.
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Die Berufung ist an sich statthaft, § 64 Abs. 1 ArbGG, und nach dem Wert des
Beschwerdegegenstandes zulässig, § 64 Abs. 2 ArbGG. Die Berufung ist in der
gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6
ArbGG, 519, 520 ZPO. Nach § 26 Abs. 5 EGZPO finden Arbeitsgerichtsgesetz und ZPO
in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung Anwendung, weil die letzte mündlichen
Verhandlung vor dem Arbeitsgericht im Jahr 2002 stattgefunden hat (BAG, 30.05.2002,
2 AZB 20/02, NZA 2003, 176).
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II.
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Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das
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Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
1. Die Klage ist mit dem Haupt- und Hilfsantrag zulässig. Insbesondere ist der
Hauptantrag hinreichend bestimmt. Die Bezeichnung des Klageziels mit "Übertragung
der ausgeschriebenen Angestelltenstelle" bringt zum Ausdruck, dass der Kläger seine
tatsächliche Beschäftigung auf der ausgeschriebenen Stelle anstrebt. Der Klageantrag
umfasst damit die vom Land hierfür zu schaffenden rechtlichen und tatsächlichen
Voraussetzungen einschließlich der gegebenenfalls erforderlichen Vertragsänderung
(vgl. BAG, 02.12.1997, AP Nr. 41 zu Art. 33 Abs. 2 GG). Zulässig ist auch der
Hilfsantrag. Prozessziel des Hilfsantrages ist die Wiederholung der
Auswahlentscheidung zwischen den Bewerbern. Für eine solche bürgerlich-rechtliche
Leistungsklage auf Neuauswahl besteht ein Rechtsschutzbedürfnis. Denn für die
Erhebung einer Leistungsklage wird stetes ein berechtigtes Interesse anerkannt (BAG,
02.12.1997, AP Nr. 40 zu Art. 33 Abs. 2 GG).
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, kann
der Kläger wegen der zwischenzeitlich erfolgten Neuausschreibung der Stelle derzeit
weder die Übertragung der Angestelltenstelle einfordern noch kann er eine neue
Auswahlentscheidung innerhalb der - inzwischen aufgehobenen - Stellenausschreibung
vom 14.12.2000 und innerhalb des damaligen Bewerberkreises verlangen. Haupt- und
Hilfsantrag sind unbegründet.
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a) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ihm die angestrebte Angestelltenstelle
jetzt übertragen wird. Die durch Art. 33 Abs. 2 GG begründete Rechtsposition des
Klägers ergibt einen derartigen Anspruch des Klägers im derzeitigen Stand des
Stellenbesetzungsverfahrens nicht.
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Art. 33 Abs. 2 GG eröffnet jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und
fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Daraus ergeben sich
subjektive Rechte einer jeden Bewerberin und eines jeden Bewerbers. Jeder kann
verlangen, bei seiner Bewerbung nach den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien
beurteilt zu werden. Das gilt nicht nur für Einstellungen, sondern auch für Beförderungen
innerhalb des öffentlichen Dienstes. Aus dem Verbot unzulässiger Differenzierung ergibt
sich im Regelfall für den benachteiligten Bewerber nur das Recht, dass seine
Bewerbung neu zu beurteilen ist. Der weitergehende Anspruch auf Einstellung oder
Beförderung setzt voraus, dass sich jede andere Auswahlentscheidung als rechtswidrig
und ermessensfehlerhaft darstellt, weil die Auswahl zugunsten dieses Bewerbers die
einzig rechtmäßige Entscheidung wäre. Voraussetzung eines Anspruchs aus Art. 33
Abs. 2 GG ist, dass eine besetzungsfähige und haushaltsrechtlich abgesicherte Stelle
vorhanden ist (BAG, 02.12.1997, AP Nr. 40 zu Art. 33 Abs. 2 GG).
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Das beklagte Land hat die streitgegenständliche Stelle im Frühjahr 2002 neu
ausgeschrieben. Das von dem beklagten Land nach Art. 33 Abs. 2 GG nach dem Gebot
der Bestenauslese durchzuführende Auswahlverfahren unter den aktuellen drei
Bewerbern auf die streitgegenständliche Stelle ist noch nicht abgeschlossen. Unstrittig
hat sich das beklagte Land zurzeit noch nicht für einen der drei Bewerber der
Ausschreibung aus 2002 entschieden. Das Stadium der Vorüberlegungen für die zu
treffende Auswahl ist noch nicht verlassen. Eine aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende
rechtsschutzfähige Position für eine Konkurrentenklage wächst dem Kläger erst - wieder
- zu, falls und sobald das beklagte Land eine den Kläger nicht berücksichtigende
Auswahlentscheidung zur Stellenbesetzung getroffen hat und dies den Bewerbern der
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Ausschreibung 2002 mitteilt. Ein dann eingeleitetes Konkurrentenverfahren wäre auf der
Grundlage des dann gegebenen neuen Lebenssachverhalts auszutragen und beträfe
dann einen gegenüber dem hiesigen Verfahren neuen Streitgegenstand (vgl. BVG,
22.07.1999, 2 C 14.98). Der hiesige an die Ausschreibung und Bewerbung vom
Dezember 2000 anknüpfende Hauptantrag des Klägers ist unbegründet.
Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die streitgegenständliche Stelle bereits am
14.12.2000 ausgeschrieben worden war und das beklagte Land im damals eingeleiteten
Stellenbesetzungsverfahren für den Bewerber S2xxxxxxxxx und gegen den Kläger
entschieden hatte. Die einstellende Behörde ist Herr des Stellenbesetzungsverfahrens.
Sie kann entscheiden, ob, wann und mit welchem Anforderungsprofil zu besetzende
Stellen ausgeschrieben werden. Die Ausschreibung ist lediglich ein Hilfsmittel zur
Gewinnung geeigneter Bewerber. Die Ausführung der Stellenausschreibung zwingt den
Dienstherrn nicht, den Dienstposten mit einem der Auswahlbewerber zu besetzen. Erst
in dem sich an die Ausschreibung und Bewerbung anknüpfenden Auswahlverfahren ist
die einstellende Behörde an das Gebot der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG
gebunden (vgl. BVG, 22.07.1999, 2 C 14.98). Der Dienstherr darf deshalb ein
eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen jederzeit
beenden und von einer ursprünglich geplanten Bewerbung absehen. Als eine aus dem
Organisationsrecht des Dienstherrn erwachsende verwaltungspolitische Entscheidung
berührt der Abbruch des Auswahlverfahrens grundsätzlich nicht die Rechtsstellung von
Bewerbern. Das für den Abbruch des Auswahlverfahrens maßgebliche organisations-
und verwaltungspolitische Ermessen ist ein anderes als das bei einer Stellenbesetzung
zu beachtende Auswahlermessen. Das öffentliche Interesse an einer bestmöglichen
Besetzung von Stellen im öffentlichen Dienst ist vorrangig. Schützenswerte Rechte des
oder der Bewerber werden damit nicht berührt (BVG, 22.07.1999, 2 C 14.98; BVG,
25.04.1996, 2 C 21.95; OVG NW, 15.01.2003, 1 B 2230/02; OVG NR, 05.04.2001, RiA
2002, 95). Es kann ein sachlicher Grund für den Abbruch eines Auswahlverfahrens zur
Besetzung einer Beförderungsstelle sein, wenn mit Rücksicht auf die lange Zeitdauer
des Besetzungsverfahrens die Stelle zum Zweck der Aktualisierung und gegebenenfalls
auch Vergrößerung des Bewerberkreises neu ausgeschrieben werden soll oder wenn
das Besetzungsverfahren an wesentlichen Mängeln leidet und daher durch erneute
Ausschreibung "ganz von vorne" begonnen werden soll. Ein so begründeter Abbruch
eines Auswahlverfahrens führt zum Erlöschen der zuvor entstandenen
Bewerbungsverfahrensansprüche im Rahmen der ursprünglichen Stellenausschreibung
(RP OVG, 06.11.1997, 10 B 12387/97. OVG; OVG Saarland, 29.05.2002, 1 W 9/02).
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Hier ist die am 16.04.2002 bekannt gemachte Aufhebung der Ausschreibung vom
14.12.2000 und die sich anschließende Neuausschreibung der Stelle sachlich
gerechtfertigt. Zutreffend weist das beklagte Land für die Rechtfertigung seines
Vorgehens darauf hin, dass das bis zur Auswahlentscheidung gediehene
Stellenbesetzungsverfahren vom 14.12.2000 durch das Urteil im Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes vom 01.06.2001 rechtlich beanstandet worden ist und
dass zwischen der ursprünglichen Ausschreibung und der Neuausschreibung im
Frühjahr 2002 mehr als ein Jahr verstrichen ist. In einer solchen Situation ist es sachlich
gerechtfertigt, dass die Behörde sich in Anbetracht der rechtlichen Beanstandungen
zum ursprünglichen Stellenbesetzungsverfahren und angesichts des Zeitablaufs zu
einer neuen Ausschreibung entschließt. Dies ist sachlich gerechtfertigt, weil so auch
gegebenenfalls neu hinzutretende Bewerber in einer Auswahlentscheidung
berücksichtigt werden können. Die Bewerber der früheren Ausschreibung werden nicht
in ihrer geschützten Rechtsposition beeinträchtigt. Sie können sich nach der neuen
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Ausschreibung erneut bewerben. Unverändert ist das beklagte Land gehalten, die
Bewerbung des Klägers nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG bei ihrer
Auswahlentscheidung im neuen Stellenbesetzungsverfahren zu berücksichtigten.
Der sachlichen Rechtfertigung des Abbruchs der Ausschreibung vom 14.12.2000 und
der Neuausschreibung im Jahr 2002 steht nicht entgegen, dass das beklagte Land nach
seinem Unterliegen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zunächst versucht
hatte, den Kläger als Bewerber dadurch ausscheiden zu lassen, dass ihm die
Übertragung einer anderweitigen Stelle angeboten wurde. Dieser Weg war nur im
Einvernehmen des Klägers eröffnet und beeinträchtigte deshalb den Kläger in seinem
Rechtsanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG nicht. Dass das beklagte Land bei dieser Offerte
an den Kläger offenkundig weniger Interesse an einer Bestenauslese für die
ausgeschriebene Stelle als vielmehr im Interesse des von ihr favorisierten Bewerbers
S2xxxxxxxxx agierte, steht dies einer Neuausschreibung nicht entgegen. Denn diese
eröffnet - wie ausgelöst - eine Bestenauslese auf aktuellem Stand innerhalb des
aktualisierten Bewerberkreises der Zielsetzung des Art. 33 Abs. 2 GG. Ermöglicht wird
eine Bestenauslese zwischen den noch interessierten Bewerbern der Ausschreibung
vom 14.12.2000, welche sich erneut beworben haben, und dem "nachgewachsenen"
neuen Bewerber.
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b) Aus den genannten Gründen ist neben dem Hauptbegehren Stellenübertragung (zum
jetzigen Zeitpunkt) auch der Hilfsantrag auf Neubescheidung der Bewerbung des
Klägers auf die ursprüngliche Ausschreibung vom 14.12.2000 unbegründet. Die
Stellenausschreibung vom 14.12.2000 ist sachlich berechtigt aufgehoben worden (s. o.).
Damit sind die aus der Bewerbung vom Dezember 2000 dem Kläger erwachsenen
Bewerbungsverfahrensansprüche erloschen (vgl. RP OVG, 06.11.1997, 10 B 12387/97.
OVG). Eine Neubescheidung innerhalb des Bewerberkreises der Ausschreibung vom
14.12.2000 kann der Kläger nicht verlangen.
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III.
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Der unterlegene Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu
tragen. Nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG hat die Kammer die Revision zugelassen.
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Rechtsmittelbelehrung
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Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
Revision
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Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
49
Die Revision muss
innerhalb einer Notfrist* von einem Monat
Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, Fax-Nr.: (03 61) 26 36 - 2 00 0
eingelegt werden. Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form
abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 9
Abs. 5 ArbGG bleibt unberührt.
50
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
51
Hm.
52