Urteil des LAG Hamm vom 03.03.2010

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Landesarbeitsgericht Hamm, 4 Sa 552/09
Datum:
03.03.2010
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 Sa 552/09
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Herne, 5 Ca 2897/08
Schlagworte:
Altersteilzeit, Blockmodell Parallelverfahren zu LAG 4 Sa 268/09 (Urteil
vom 12.08.2009 - rk.)
Normen:
TV ATZ
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts
Herne vom 04.03.2009 – 5 Ca 2897/08 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Abschluss eines
Altersteilzeit-Arbeitsvertrages.
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Der am 07.09.1948 geborene Kläger ist seit dem 01.01.1973 als technischer
Angestellter in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes beschäftigt. Er ist
dem Wasserstraßen-Neubauamt in D6 zugeordnet, dort der Fachstelle für
Maschinenwesen. Übergeordnete Behörde ist die Wasser- und Schifffahrtsdirektion
West mit Sitz in M1. Als allein verantwortlicher Techniker ist der Kläger zuständig für die
anfallenden Reparatur- und Unterhaltungsarbeiten des "KOM-Netzes", einem internen
Fernmeldenetz der Wasser- und Schifffahrtsdirektion. Zu seinen Aufgaben gehören in
diesem Zusammenhang auch die Materialbeschaffung und die Vergabe und
Abwicklung von Baumaßnahmen. Vertreter des Klägers ist der Mitarbeiter P1, der
ansonsten zuständig ist für die Funktechnik der Wasser- und Schifffahrtsdirektion. Die
Fachstelle Maschinenwesen umfasst 13 Planstellen. Für den Mitarbeiter H5, der sich
seit dem Jahr 2006 in der Freizeitphase eines Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses befindet
und zum 01.09.2010 in den Ruhestand gehen wird, ist im Stellenplan eine Ersatzstelle
ausgewiesen, die aufgrund eines kw-Vermerks am 31.08.2010 wegfallen soll. Die
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Planstelle des Herrn H5 selbst ist mit einem Sperrvermerk versehen. Ob diese Stelle
nach Ausscheiden des Mitarbeiters zu Einsparungszwecken eingezogen wird oder eine
Wiederbesetzung möglich ist, ist ungewiss.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit u.a.
der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 05.05.1998 i.d.F. des
Änderungstarifvertrages Nr. 2 vom 30.06.2000 Anwendung.
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Mit Schreiben vom 15.04.2008 beantragte der Kläger die Änderung seines
Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis im sog. Blockmodell,
beginnend am 01.10.2008 für die Dauer von 60 Monaten bis zum 30.09.2013. Mit
Schreiben vom 03.07.2008 lehnte das Wasserstraßen-Neubauamt D6 den Antrag des
Klägers mit folgender Begründung ab:
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"Sehr geehrter Herr F1,
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Ihren Antrag auf Altersteilzeit im Blockmodell muss ich aus dienstlichen
Gründen ablehnen.
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Bereits im Jahr 2006 ist der Dienstposten F12 des Herrn H5 in die
Freistellungsphase der Altersteilzeit übergegangen. Dieser Dienstposten, der,
wie auch Ihr Dienstposten, dem Aufgabengebiet der Nachrichtentechnik
zuzuordnen ist, wurde nicht mit einer Ersatzplanstelle versehen. Es besteht
auch keine Aussicht, ihn nach Ablauf der Altersteilzeit des Herrn H5
nachzubesetzen.
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Daher ist schon jetzt eine auf Dauer angelegte Verknappung der
Personalressourcen im Aufgabengebiet der Nachrichtentechnik zu erkennen.
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Eine zusätzliche Inanspruchnahme von Altersteilzeit durch Sie, würde die
Diskrepanz zwischen Aufgabenanfall (hier: Unterhaltung des KOM-Netzes) und
nachrichtentechnischem Personal forcieren.
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Da auf Ihrem Dienstposten bereits über das Maß Vergaben an Dritte getätigt
werden und Ihr Dienstposten zu 100% ausgefüllt ist, kann darauf aus
dienstlichen Gründen nicht verzichtet werden. Eine Prüfung der Übernahme
Ihrer Aufgaben durch andere geeignete Mitarbeiter führte zu keinem Ergebnis
und ist daher nicht umsetzbar.
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Aufgrund der beschriebenen Personalsituation im Bereich der
Nachrichtentechnik in der Fachstelle der Maschinenwesen kann Ihrem Antrag
auf Altersteilzeit im Blockmodell leider nicht stattgegeben werden. …"
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Hinsichtlich der Gewährung von Altersteilzeit ist die Beklagte gebunden an einen Erlass
des Bundesministeriums des Inneren vom 08.03.2006, in dem es u.a. heißt:
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"… In § 3 Abs. 2 TV ATZ ist die Verteilung der Arbeitszeit als Block- oder
Teilzeitmodell während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses
geregelt. § 3 Abs. 3 TV ATZ bestimmt, dass Tarifbeschäftigte einen Anspruch
darauf haben, dass der Arbeitgeber mit der bzw. dem Beschäftigten den
Wunsch nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit während des
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Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung
erörtert. Weder aus § 2 TV ATZ noch aus § 3 TV ATZ lässt sich jedoch ein
Rechtsanspruch der bzw. des Beschäftigten auf die Vereinbarung eines
bestimmten Arbeitszeitmodells während der Altersteilzeitarbeit gegen seinen
Arbeitgeber ableiten.
Vor diesem Hintergrund und unter Verfolgung des Grundsatzes, dass die
Bewilligung von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen zu keinen zusätzlichen
finanziellen Belastungen des Bundeshaushalts führen darf, ist in Ergänzung
meines Bezugsrundschreibens vom 22. November 2005 bei der Entscheidung
über Anträge auf Altersteilzeit nach dem TV AZT ab sofort (Stichtag: 17. Februar
2006) wie folgt zu verfahren:
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1. Ab sofort soll Altersteilzeitarbeit grundsätzlich nur noch nach § 3 Abs. 2
Buchst. b TV ATZ als Teilzeitmodell bewilligt werden. Bewilligungen im
Blockmodell nach § 3 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ sind ab sofort
ausgeschlossen.
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2. Ausnahmen von der Einschränkung nach Ziffer 1 gelten
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1. bei Kraftfahrern im Sinne des Pauschalentgelt-Tarifvertrages des
Bundes (KraftfahrerTV Bund), für die aufgrund der Protokollerklärung zu
§ 3 Abs. 2 TV ATZ Altersteilzeitarbeit nur im Blockmodell möglich ist,
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2. für die nachfolgend im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für
Finanzen festgelegten Stellenabbaubereiche:
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Bundeswehrverwaltung
Bundesmonopolverwaltung für Branntwein.
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Weitere Stellenabbaubereiche können im Einvernehmen mit den Ressorts und
dem Bundesministerium der Finanzen durch Anpassung dieses
Rundschreibens festgelegt werden. …"
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Der Kläger hat vorgetragen, es seien keine dringenden betrieblichen oder dienstlichen
Gründe ersichtlich, die eine Ablehnung seines Antrags rechtfertigen könnten. Die
Argumentation der Beklagten laufe darauf hinaus, dass sie aus finanziellen Gründen
eine Neueinstellung zur Erledigung seiner Aufgaben nicht vornehmen wolle. An einem
Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis im Teilzeitmodell sei er nicht interessiert. Es stelle sich
die Frage, ob seine Aufgaben in Teilzeit überhaupt zu bewältigen seien. In diesem
Zusammenhang sei seine persönliche Situation zu berücksichtigen. Er wohne in H4 und
fahre wegen der schlechten Verbindungen im öffentlichen Personennahverkehr mit dem
PKW 24 km arbeitstäglich zur Dienststelle jeweils hin und zurück. Beim Teilzeitmodell
unter Berücksichtigung des geringeren Verdienstes stellten die anfallenden Fahrtkosten
für ihn eine doppelte Belastung dar. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass er
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herzkrank sei. Ihm habe ein Herzschrittmacher implantiert werden müssen.
Die Beklagte hat vorgetragen, dem Antrag des Klägers könne aus dringenden
dienstlichen Gründen nicht gefolgt werden, da entsprechende Personalressourcen
fehlten. Eine Ersatzstelle für den Zeitraum der Freistellungsphase werde von der
vorgesetzten Dienststelle nicht zur Verfügung gestellt. Daher sei von der Genehmigung
des beantragten Blockmodells abzusehen gewesen. Sie würde sich jedoch mit einem
Teilzeitmodell einverstanden erklären, auch wenn das für sie keine optimale Lösung
darstelle, da der Kläger dann nur noch halbtags zur Verfügung stünde. Außerdem sei
darauf zu verweisen, dass nach dem Rundschreiben des BMI vom 08.03.2006
Altersteilzeit im Blockmodell kategorisch ausgeschlossen sei. Das BMI habe mit dem
Erlass in Form eines intendierten Ermessens Direktiven für den Ermessensgebrauch
der nachgeordneten Dienststellen aufgestellt. Das BMI-Rundschreiben enthalte eine
Organisationsentscheidung und stelle damit selbst einen dringenden dienstlichen oder
betrieblichen Grund dar.
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Das Arbeitsgericht Herne hat durch Urteil vom 04.03.2009 wie folgt entschieden:
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1. Die Beklagte wird verurteilt, den Antrag des Klägers vom 15. April 2008, gerichtet
auf die Vereinbarung von Altersteilzeit mit einer Arbeitsphase vom 01. Oktober
2008 bis zum 31. März 2011 sowie eine Freistellungsphase vom 01. April 2011 bis
zum 30. September 2013 anzunehmen.
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2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
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3. Der Streitwert wird auf 6.108,90 € festgelegt.
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Das Arbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte sei nach § 2 Abs. 2 TV ATZ
verpflichtet, mit dem Kläger ab dem 01.10.2008 einen Altersteilzeit-Arbeitsvertrag in
Form des Blockmodells abzuschließen. Dem Antrag des Klägers stünden keine
dringenden betrieblichen oder dienstlichen Gründe i.S.v. § 2 Abs. 3 TV ATZ entgegen,
was zwischen den Parteien unstreitig sei. Soweit die Beklagte sich auf fehlende
Personalressourcen berufe, mache sie tatsächlich keine dringenden dienstlichen
Gründe geltend, die der Gewährung von Altersteilzeit insgesamt entgegenstünden. Sie
wende sich nämlich nicht gegen das Teilzeitbegehren des Klägers als solches, sondern
lediglich gegen die Verteilung der Arbeitszeit. Gegen eine Altersteilzeit im
Teilzeitmodell würden keine Einwände erhoben. Dies bedeute jedoch im
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Umkehrschluss, dass dringende dienstliche Gründe i.S.v. § 2 Abs. 3 TV ATZ nicht
geltend gemacht würden.
Der Kläger könne auch die Durchführung des Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses im
Blockmodell beanspruchen. Zwar bestehe kein Anspruch auf eine bestimmte Verteilung
der während der Altersteilzeit zu leistenden Arbeitszeit. Dies obliege nach § 106 Satz 1
GewO vielmehr dem allgemeinen Weisungsrecht des Arbeitgebers, der bei der
Ausübung des Weisungsrechts jedoch an den Maßstab des billigen Ermessens
gebunden sei. Berücksichtigungsfähig seien alle sachlichen Gründe, die sich auf die
Lage der Arbeitszeit als solche bezögen. Aus der Erörterungspflicht nach § 3 Abs. 3 TV
TZ könne gefolgert werden, dass den Teilzeitwünschen des Arbeitnehmers im Rahmen
der Ermessensentscheidung besondere Bedeutung zukomme. Wolle der Arbeitgeber
von dem Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers abweichen, müsse er konkrete betriebliche
Interessen benennen, die der Verteilung der Arbeitszeit nach den Wünschen des
Arbeitnehmers entgegenstünden. Gemessen an diesen Grundsätzen entspreche die
Ablehnung des Teilzeitwunsches des Klägers im Blockmodell nicht billigem Ermessen.
Die Beklagte könne sich nicht auf fehlende Personalressourcen berufen. Es sei ihr nicht
gelungen, verständlich und nachvollziehbar darzulegen, dass tatsächlich eine
Unterbesetzung im Aufgabengebiet der Nachrichtentechnik dem Blockmodellwunsch
des Klägers entgegenstehe. Sie habe sich ohne weitergehende Konkretisierung auf die
Ablehnungsgründe aus ihrem Schreiben vom 03.07.2008 beschränkt. Ein derart
pauschaler Sachvortrag mache es dem Gericht unmöglich, zu überprüfen, ob tatsächlich
dienstliche Interessen bestünden und im Rahmen der Ermessensentscheidung
ausreichend mit dem Teilzeitwunsch des Klägers abgewogen worden seien. Es sei
Sache der Beklagten gewesen, anhand konkret nachvollziehbarer Daten – etwa anhand
einer konkreten Stellenbedarfsplanung – darzulegen, mit welchem Stellenbedarf ab
April 2011 im Aufgabengebiet Nachrichtentechnik zu rechnen sei und wie dieser
befriedigt werden solle. Eines derartigen Vortrages hätte es insbesondere deshalb
bedurft, weil die Beklagte offenbar selbst nicht mehr davon ausgehe, dass eine 100%ige
Ausfüllung des Dienstpostens des Klägers erforderlich sei. Darüber hinaus habe die
Beklagte zu erwägen gehabt, ob durch zumutbare organisatorische Maßnahmen dem
Teilzeitwunsch des Klägers hätte entsprochen werden können. Insofern hätte es einer
konkreten Abwägung bedurft, ob die durch ein vollständiges Ausscheiden des Klägers
im April 2011 frei werdenden Arbeiten durch eine geringfügige Umorganisation der
Aufgabenbereiche oder durch eine befristete Neueinstellung eines
Nachrichtentechnikers hätten kompensiert werden können.
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Die Beklagte könne sich zur Rechtfertigung der Ablehnung des Teilzeitgesuches des
Klägers auch nicht auf das Rundschreiben des BMI vom 08.03.2006 berufen. Der
Arbeitgeber müsse bei der Ermessensentscheidung zwischen Teilzeit- und Blockmodell
sachliche Gründe berücksichtigen, die sich gerade auf die Lage der Arbeitszeit als
solche bezögen. Derartige Gründe lägen dem Rundschreiben jedoch nicht zugrunde.
Vielmehr beruhe die Ablehnung der Bewilligung des Blockzeitmodells allein der
Abwendung finanzieller Belastungen des Bundeshaushaltes. Derartige finanzielle
Belastungen bezögen sich jedoch nicht auf die Lage der Arbeitszeit und könnten
deshalb – zumindest nicht generell – dem Blockmodellwunsch des Arbeitnehmers
entgegenstehen. Dem Anspruch des Klägers stehe schließlich nicht entgegen, dass er
eine rückwirkende Vertragsänderung begehre. Die Arbeitsvertragsparteien seien
rechtlich nicht gehindert, das zwischen ihnen bereits begründete Arbeitsverhältnis zu
ändern. Auch eine rückwirkende Vertragsänderung sei zulässig und unterliege
vorbehaltlich zwingenden Rechts keinen Beschränkungen. Dementsprechend könne
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der Arbeitgeber zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt werden, die sich auf einen
in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt beziehe. Wegen der weiteren Einzelheiten
des erstinstanzlichen Urteils wird auf Aktenblatt 40-50 verwiesen.
Gegen das der Beklagten am 02.04.2009 zugestellte Urteil hat diese mit am 08.04.2009
eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 03.07.2009 mit am 02.07.2009 eingegangenem
Schriftsatz begründet.
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Die Beklagte trägt vor, das Arbeitsgericht habe die tatbestandlichen Voraussetzungen
des § 2 Abs. 3 TV ATZ verkannt. Sie habe in der Klageerwiderung die Ablehnung des
vom Kläger gewünschten Blockmodells vorrangig damit begründet, dass für die
Freistellungsphase des Blockmodells Personalressourcen fehlten, da eine Ersatzstelle
seitens der vorgesetzten Dienststelle nicht zur Verfügung gestellt werden könne und
deshalb die Erfüllung der dem Kläger obliegenden Aufgaben nicht gewährleistet sei.
Dabei handele es sich um klassische Gründe, die sich auf die Verhältnisse der
Dienststelle bzw. des Beschäftigungsbetriebs bezögen. Der Umkehrschluss des
Arbeitsgerichts sei unzulässig und sachlich unzutreffend. Es sei ohne Weiteres denkbar,
dass die Erfüllung der Aufgaben eines Arbeitnehmers in Altersteilzeit im Teilzeitmodell
gewährleistet werden könnten, während dies in der Freistellungsphase des
Blockmodells nicht möglich sei. Da der Kläger definitiv ausgeschlossen habe, im
Teilzeitmodell zu arbeiten, habe sich die von ihr zu treffende Entscheidung reduziert auf
eine Ablehnung des Antrags des Klägers insgesamt aus dringenden dienstlichen bzw.
betrieblichen Gründen. Die Annahme des Arbeitsgerichts, sie habe dem Antrag des
Klägers unstreitig keine dringenden betrieblichen oder dienstlichen Gründe entgegen
gehalten, sei nach alledem unzutreffend.
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Die Ablehnung des vom Kläger gewünschten Blockmodells entspreche auch billigem
Ermessen. Sie habe dargelegt, dass eine Ersatzstelle in der Organisationseinheit
"Fachstelle für Maschinenwesen" während der Freistellungsphase einer Altersteilzeit
seitens der vorgesetzten Dienststelle nicht zur Verfügung gestellt werden könne. Bei
dem Arbeitsplatz des Klägers handele es sich um einen zu 100% ausgefüllten
Dienstposten, der bereits über ein ausgeschöpftes Maß an Vergaben an Dritte verfüge.
Der Kläger könne nicht ersetzt werden. Der Mitarbeiter P1 könne unter Koordination des
gemeinsamen Fachvorgesetzten T1 den Kläger zwar in Urlaubs- und Krankheitsfällen
vorübergehend vertreten, diesen jedoch weder qualitativ noch quantitativ voll ersetzen.
Unzutreffend sei auch die Behauptung des Klägers, dass durch eine fachübergreifende
Zusammenarbeit der Fachstelle für Maschinenwesen mit dem Bauhof H4 ein Wegfall
des Dienstpostens des Klägers ganz oder teilweise aufgefangen werden könne. Dabei
handele es sich um unterschiedliche Organisationsbereiche mit selbstständiger
Stellenbewirtschaftung und entsprechenden Stellenplänen. Es bestehe weder fachlich
noch dienstlich ein Weisungsrecht des Fachstellenleiters der Fachstelle für
Maschinenwesen gegenüber dem Bauhof H4 und umgekehrt. Deshalb sei es nicht
möglich, auf das Personal des Bauhofs zurückzugreifen oder fachstelleneigene
Aufgaben an den Bauhof zu verlagern. Hinzu komme, dass auch die auf dem Bauhof
beschäftigten Mitarbeiter voll ausgelastet seien. Auch die Spekulation des Klägers
hinsichtlich seiner Ersetzbarkeit in der Freistellungsphase einer Altersteilzeit durch eine
Nachbesetzung der Stelle H5 erweise sich als unzutreffend. Wiederholte Anfragen der
Wasserschifffahrtsdirektion West betreffend eine Nachbesetzung des Dienstpostens
seien abschlägig beschieden worden. Von einer Nachbesetzung der Stelle ab
September 2010 könne zurzeit nicht ausgegangen werden. Aufgrund des hinsichtlich
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der Planstelle des Beamten H5 ausgebrachten Sperrvermerks stehe jedenfalls fest,
dass sowohl zum Zeitpunkt der vorprozessualen Entscheidung über das
Altersteilzeitgesuch des Klägers als auch zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils
nicht von einer Verfügbarkeit freier Mittel zur Bewirtschaftung einer Ersatzstelle im Falle
eines altersteilzeitbedingten Ausscheidens des Klägers habe ausgegangen werden
können.
Im Übrigen werde die Auffassung vertreten, dass sie sich zur Rechtfertigung der
Ablehnung des Altersteilzeitgesuchs des Klägers auch auf das Rundschreiben des BMI
vom 08.03.2006 berufen könne. Danach sei die Bewilligung von Altersteilzeit-
Arbeitsverhältnissen im Blockmodell nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sondern auf
bestimmte, im Einzelnen benannte Stellenabbaubereiche beschränkt. Es gelte der
Grundsatz, dass die Bewilligung von Altersteilzeit-Arbeitsverhältnissen zu keinen
zusätzlichen finanziellen Belastungen des Bundeshaushalts führen dürfe.
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Soweit der Kläger auf die anfallenden Fahrtkosten und gesundheitlichen Beschwerden
verweise, stehe dies einer Altersteilzeit in Teilzeitarbeit nicht entgegen. Fahrtkosten
fielen nämlich auch bei einer regulären Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum
Altersruhestand an. Konkrete, seine Dienstfähigkeit beeinträchtigende Beschwerden
infolge der Implantation des Herzschrittmachers habe der Kläger nicht vorgetragen.
Soweit er sich erstmalig in der Berufungserwiderung darauf berufe, er müsse aus
gesundheitlichen Gründen körperliche Anstrengungen und Stresssituationen meiden,
bedeute dies noch keine konkrete Leistungseinschränkung und gelte sicherlich
allgemein für ältere Arbeitnehmer. Damit stehe fest, dass die von ihr getroffene
Ermessensentscheidung billigem Ermessen entspreche und sie das Altersteilzeitgesuch
des Klägers bezogen auf eine Altersteilzeit im Blockmodell aus anerkennenswerten
Sachgründen habe ablehnen dürfen. Das auf eine Altersteilzeit im Blockmodell
beschränkte Verlangen des Klägers laufe auf eine das Normalmaß übersteigende
besondere Belastung hinaus.
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Die Beklagte
beantragt
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
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Der Kläger
beantragt
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die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne – 5 Ca 2897/08 –
zurückzuweisen.
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Der Kläger verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und trägt ergänzend vor, auch in
der Berufungsinstanz beziehe sich die Beklagte zur Ablehnung seines
Altersteilzeitbegehrens im Blockmodell lediglich auf finanzielle bzw. haushaltsrechtliche
Gründe. Wenn sie vortrage, er sei voll ausgelastet und könne innerhalb der Fachstelle
für Maschinenwesen nicht ersetzt werden, fuße diese Argumentation allein darauf, dass
eine Nachbesetzung seines Dienstpostens aufgrund der Entscheidung der
übergeordneten Behörde im Zeitraum der Freiphase nicht erlaubt sei. Im Übrigen bleibe
es dabei, dass durch eine Umorganisation der Wegfall seiner Tätigkeit leicht
aufgefangen werden könne, indem die Zusammenarbeit zwischen dem Bauhof H4 und
der dort befindlichen Elektronikabteilung und der Nachrichtentechnik, in der er arbeite,
intensiviert werde. Außerdem wäre es möglich, seine Tätigkeit innerhalb der Wasser-
und Schifffahrtsdirektion West auf andere Fachstellen zu verteilen, denn es gebe noch
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fünf weitere Fachstellen für Maschinenwesen innerhalb der Wasser- und
Schifffahrtsdirektion West in M2, B6, K2, F3 und N2. Soweit die Beklagte ausführe, es
bestehe keine Aussicht darauf, dass die Stelle des Mitarbeiters H5 wieder besetzt
werde, stelle auch dies allein eine finanzielle Entscheidung dar, die nicht dazu führen
dürfe, seinen Wunsch auf Begründung einer Altersteilzeit im Blockmodell unmöglich zu
machen. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergebe sich auch nicht, dass die Stelle des
Mitarbeiters H5 nach dessen endgültigem Ausscheiden nicht mehr besetzt werden
könne. Dessen Planstelle sei nicht kw-gestellt, sondern enthalte lediglich einen
Sperrvermerk, der jedoch keinen Aufschluss darüber gebe, was nach dessen Ablauf
geschehen werde. Ob die Stelle des Mitarbeiters H5 nach dessen Ausscheiden nicht
mehr besetzt werde, stehe bis heute nicht fest. Die Personalplanung der Beklagten
ginge offenbar nicht über den 01.09.2010 hinaus. Auch wenn er erst mit Beginn der
Altersrente ausschiede, führte dies dazu, dass seine Dienststelle nur noch mit elf
Arbeitnehmern besetzt wäre, obwohl nach dem Vortrag der Beklagten 13 Arbeitnehmer
erforderlich seien. Hier zeige sich, dass die Personalplanung der Beklagten offenbar
allein darin bestehe, Planstellen bei Freiwerden nicht mehr zu besetzen. Im Übrigen übe
der Mitarbeiter P1 mittlerweile zu 50% Tätigkeiten aus, die auch er verrichte. Nachdem
der sog. Arbeitsfunk bei der Beklagten abgeschafft worden sei, verblieben für diesen im
Bereich der Funktechnik nicht mehr genügend Aufgaben. Der Mitarbeiter P1 könne
somit seine Tätigkeit ohne Einarbeitung übernehmen, sofern dessen Stelle wieder
besetzt werde.
§ 3 Abs. 3 TV AZT zeige, dass der Arbeitgeber bei der Festlegung der Lage der
Altersteilzeitleistung nicht frei sei. Mit seinem Altersteilzeitwunsch im Blockmodell habe
er seinen Wunsch nach einer bestimmten Lage der Altersteilzeitarbeit geäußert. Da die
Beklagte diesen Wunsch abgelehnt habe, wäre es an ihr gewesen, eine Erörterung
durchzuführen. Das Rundschreiben des BMI sei nicht geeignet, eine Begründung dafür
zu stellen, dass Altersteilzeit im Blockmodell abgelehnt werde. Es sei nicht ersichtlich,
aus welchem Grund dies finanziell belastender sei als das Teilzeitmodell. Letztendlich
habe die Beklagte seine Interessen gar nicht beachtet. Die Implantation eines
Herzschrittmachers schränke ihn in seiner Leistungsfähigkeit ein. Dies gelte
insbesondere bei körperlicher Anstrengung und in Stresssituationen. Tägliches
Autofahren in den Hauptverkehrszeiten sei in einer so verkehrsbelasteten Region wie
dem Ruhrgebiet stets mit Stress verbunden. Im Übrigen habe er ein starkes finanzielles
Interesse an der Umsetzung der Altersteilzeit im Blockmodell, weil er sonst nach wie vor
täglich zur Arbeitsstelle fahren müsse.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die zu Protokoll genommenen Erklärungen
ergänzend Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft und
wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
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Die Berufung ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts Herne
war die Beklagte berechtigt, das Altersteilzeitbegehren des Klägers, gerichtet auf die
Begründung eines Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses im sog. Blockmodell, abzulehnen.
Im Einzelnen hat die Kammer dazu die nachfolgenden Erwägungen angestellt.
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Hinsichtlich der Erfüllung der tarifvertraglichen Voraussetzungen für die Begründung
eines Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses sowie der Zulässigkeit rückwirkender
Vertragsänderungen verweist die Kammer auf die zutreffenden Ausführungen der
erstinstanzlichen Entscheidung (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Diesbezüglich besteht zwischen
den Parteien auch kein Streit. Sie streiten vielmehr allein über die Frage, ob der Kläger
von der Beklagten die Eingehung eines Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses im
Blockmodell verlangen kann. Dies ist zu verneinen, weil die Ablehnungsentscheidung
der Beklagten sich in den Grenzen des billigen Ermessens hielt.
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Der Arbeitnehmer hat nach den Tarifvorschriften des öffentlichen Dienstes keinen
Anspruch auf eine bestimmte Verteilung der während des Altersteilzeit-
Arbeitsverhältnisses zu leistenden Arbeitszeit. Das zeigt § 3 Abs. 3 TV ATZ, nach der
der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer die Altersteilzeitverteilung erörtern soll. Diese
Bestimmung wäre überflüssig, wenn der Arbeitnehmer die Lage der Arbeitszeit selbst
bestimmen könnte. Die Verteilung der Arbeitszeit obliegt deshalb nach § 106 Satz 1
GewO dem allgemeinen Weisungsrecht des Arbeitgebers. Bei der Ausübung seines
Weisungsrechts ist er an den Maßstab billigen Ermessens gebunden (BAG, Urteil vom
23.01.2007 – 9 AZR 393/06 = NZA 2007, 1236 ff.). Die Grenzen billigen Ermessens sind
gewahrt, wenn der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die wesentlichen Umstände
des Einzelfalls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen
berücksichtigt hat. Ob die Entscheidung des Arbeitgebers billigem Ermessen entspricht,
unterliegt der gerichtlichen Kontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Welche
tatsächlichen Umstände in die Ermessensabwägung einzubeziehen sind, richtet sich
nach dem jeweiligen Regelungsgegenstand. Da die Tarifvertragsparteien in ihrer
Regelung keine besonderen Umstände aufgeführt haben, die der Arbeitgeber bei seiner
Entscheidung über einen Antrag auf Altersteilzeit nach § 2 Abs. 1 TV ATZ zu
berücksichtigen hat, kommen alle sachlichen Gründe in Betracht, die sich aus einem
Wechsel des Arbeitnehmers in die Altersteilzeit ergeben. Dringende dienstliche oder
betriebliche Ablehnungsgründe i.S.v. § 2 Abs. 3 TV ATZ sind nicht erforderlich.
Finanzielle Erwägungen sind jedenfalls dann nicht ausgeschlossen, wenn die
gewünschte Vertragsgestaltung der Altersteilzeit eine das Normalmaß übersteigende
besondere Belastung bewirkt (BAG, Urteil vom 15.09.2009 – 9 AZR 643/08 = AP Nr. 44
zu § 1 TVG Altersteilzeit; BAG, Urteil vom 14.10.2008 – 9 AZR 511/07 = AP Nr. 41 zu §
1 TVG Altersteilzeit). Geht es um die Verteilung der Arbeitszeit, sind alle sachlichen
Gründe berücksichtigungsfähig, die sich auf die Lage der Arbeitszeit als solche
beziehen (BAG, Urteil vom 23.01.2007 – 9 AZR 624/06 = AP Nr. 14 zu § 1 AVR
Diakonisches Werk). Es gilt ein objektiver Maßstab. Der Arbeitgeber hat alle Umstände
zu berücksichtigen, die zu dem Zeitpunkt vorliegen, zu dem er die
Ermessensentscheidung zu treffen hat. Dies gilt selbst dann, wenn der
Bestimmungsberechtigte die Bestimmung in der Annahme getroffen hat, er brauche
keine Ermessensentscheidung zu treffen, weil schon die Anspruchsvoraussetzungen für
die von ihm verlangte Leistung nicht vorlägen. Das folgt aus § 315 Abs. 3 BGB. Danach
steht dem Gericht ein Kontrollrecht über die Billigkeit der Bestimmung zu und für den
Fall, dass die gesetzlichen Grenzen nicht eingehalten werden, das Recht zur eigenen
Sachentscheidung. Das unterscheidet die Billigkeitskontrolle im Rahmen des Zivilrechts
von der verwaltungsgerichtlichen Ermessenskontrolle (BAG, Urteil vom 14.10.2008
a.a.O.; BAG, Urteil vom 03.12.2002 – 9 AZR 457/01 = DB 2003, 1851 ff.).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war die Beklagte berechtigt, den Wunsch des
Klägers auf eine Verteilung seiner Arbeitszeit während des Altersteilzeit-
Arbeitsverhältnisses in Form des sog. Blockmodells abzulehnen. Die ablehnende
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Entscheidung beruht nicht allein auf dem Erlass des Bundesministeriums des Inneren
vom 08.03.2006. Deshalb kann dahinstehen, ob dieser Erlass lediglich in Form eines
intendierten Ermessens Direktiven für den Ermessensgebrauch gegenüber den
nachgeordneten Behörden aufstellt, oder durch den weitgehenden Ausschluss von
Altersteilzeitarbeit im Blockmodell die Ausübung des Ermessens i.S.v. § 315 BGB
gerade verhindert und sich deshalb, wofür einiges spricht, als rechtswidriger Eingriff in
die tarifvertraglichen Regelungen des TV ATZ darstellt (zum Meinungsstand LAG
Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.10.2007 – 6 Sa 136/07 = EzTöD 700 TV ATZ Nr. 12;
Sächsisches LAG, Urteil vom 29.04.2008 – 7 Sa 820/06 = AE 2008, 263 ff; LAG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.11.2008 – 10 Sa 420/08 – Juris; LAG München, Urteil
vom 17.12.2008 – 10 Sa 817/08 – Juris; LAG Köln, Urteil vom 22.04.2009 – 9 Sa
1495/08 – Juris; LAG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2009 - 9 Sa 1375/08 – Juris; LAG
Hamm, Urteil vom 12.08.2009 – 4 Sa 268/09 – Juris; LAG München, Urteil vom
12.01.2010 – 6 Sa 488/09 – Juris; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.02.2010 – 14
Sa 26/09 - Juris).
Entscheidend ist die Erwägung der Beklagten, dass die Aufgaben des Klägers als
alleinverantwortlicher Techniker für das sog. KOM-Netz der Wasser- und
Schifffahrtsdirektion auch während der Freistellungsphase eines Altersteilzeit-
Arbeitsverhältnisses weiterhin anfallen würden, dieser voll ausgelastet und eine
Ersatzeinstellung nicht gewährleistet ist. Ob die Beklagte vor diesem Hintergrund sogar
die Vereinbarung eines Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses insgesamt nach § 2 Abs. 3 TV
ATZ wegen entgegenstehender dringender dienstlicher Gründe hätte ablehnen können,
bedarf keiner Entscheidung, weil für die Entscheidung über die Begründung eines
Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses im Blockmodell bereits sachliche Versagungsgründe
ausreichen. Deshalb bedarf es auch keiner Erörterung, ob, wie der Kläger dies meint,
seine Tätigkeit im Rahmen eines Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses im Teilzeitmodell
gar nicht ausgeübt werden kann. Entscheidungserheblich ist allein, dass die Beklagte
sich darauf berufen kann, dass sie für den Zeitraum der Freistellungsphase in einem
Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis im Blockmodell eine Überbrückung bis zum endgültigen
Ausscheiden des Klägers in den Ruhestand nicht gewährleisten kann, ohne zugleich an
anderer Stelle Lücken aufzureißen. Der Kläger ist dieser Annahme nicht in einer Weise
entgegengetreten, die aufgezeigt hätte, wie die Beklagte die vorhandene Arbeitsmenge
ohne Ersatzeinstellung bewältigen kann, sobald für die Dauer der Freistellungsphase
seine Stelle unbesetzt ist. Die Beklagte kann jedenfalls nicht darauf verwiesen werden,
auf Personal anderer Dienststellen, etwa auf den Bauhof H4 oder auf andere
Fachstellen innerhalb der Wasser- und Schifffahrtsdirektion West zurückzugreifen.
Ungeachtet der Frage, ob auch dort eine volle Auslastung gegeben ist, wie dies die
Beklagte in Bezug auf den Bauhof H4 behauptet, ist es jedenfalls nicht sachwidrig,
wenn die Beklagte im Rahmen ihrer Organisationshoheit den Zuschnitt der von ihr
gebildeten nachgeordneten Dienststellen nicht verändern möchte, um dem Kläger eine
Altersteilzeit im Blockmodell zu ermöglichen. Die Beklagte kann auch nicht die
Aufgaben des Klägers dem Mitarbeiter P1 übertragen. Zwar wäre dieser fachlich dazu in
der Lage, es wäre dann aber erforderlich, für die bisher von diesem Mitarbeiter
wahrgenommenen Aufgaben eine Ersatzeinstellung vorzunehmen, wie der Kläger
selbst vorträgt.
53
Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Vorbringen der Beklagten, dass sie die
Stelle des Klägers nicht wiederbesetzen kann, weil dessen Planstelle während der
gesamten Dauer des Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses, also auch in der
Freistellungsphase, mit ihm besetzt bleibt und eine Ersatzplanstelle nicht zur Verfügung
54
steht, erheblich. Dabei handelt es sich um einen sachlichen Grund, der unmittelbar mit
der Verteilung der Arbeitszeit in dem Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis im Zusammenhang
hängt, denn der vollständige Wegfall der benötigten Arbeitskraft des Klägers tritt nur im
Blockmodell ein.
Die Kammer hatte nicht zu prüfen, ob die Beklagte die Möglichkeit hätte, eine
zusätzliche Planstelle eigens dafür zu schaffen, um dem Begehren des Klägers
Rechnung zu tragen. Es ist Aufgabe des öffentlichen Arbeitgebers, in Ausübung des ihm
zustehenden Organisationsrechts die Aufgaben der Verwaltung festzulegen, ihre
Prioritäten zu bestimmen und ihre Erfüllung durch Bereitstellung personeller und
sachlicher Mittel zu sichern (LAG Rheinland-Pfalz a.a.O.). Von den Gerichten ist eine
derartige Organisationsentscheidung regelmäßig zu respektieren (BVerwG, Urteil vom
29.04.2004 – 2 C 21/03 = DVBL 2004, 1375 ff). Da davon auszugehen ist, dass eine
Ersatzplanstelle vom Haushaltsgesetzgeber für eine Inanspruchnahme einer
Altersteilzeit im Blockmodell durch den Kläger nicht bereitgestellt wird, könnte die
Beklagte nur durch anderweitige finanzielle Mittelumschichtungen den vorhandenen
Arbeitsbedarf befriedigen. Derartige finanzielle Aufwendungen muss sie jedoch nicht
tätigen. Es handelt sich dabei nicht um die typischerweise mit der Begründung eines
jeden Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses verbundenen Aufwendungen, sondern um
solche, die darüber hinausgehen und deshalb im Rahmen der Ermessenentscheidung
beachtlich sind.
55
Soweit der Kläger geltend macht, dass aufgrund des ausgebrachten Sperrvermerks auf
der Planstelle des Mitarbeiters H5 nach dessen Ausscheiden zum 31.08.2010 eine
Neubesetzung der Stelle zumindest möglich erscheint, ändert dies nichts zu seinen
Gunsten. Die Beklagte hat sich im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens bewegt,
als sie die bloße Möglichkeit einer Wiederbesetzung nicht ausreichen ließ, um dem
Wunsch des Klägers nach Begründung eines Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses
nachzugeben. Nachdem die Wasser- und Schifffahrtsdirektion West sich ausdrücklich
vorbehalten hat, die Planstelle des Mitarbeiters H5 nach dessen endgültigem
Ausscheiden zu Einsparungsmaßnahmen heranzuziehen, war zum Zeitpunkt der
Entscheidung über den Altersteilzeitwunsch des Klägers eine Wiederbesetzung
jedenfalls nicht gewährleistet. Auf die Ungewissheit, ob sich diese Möglichkeit zu einem
späteren Zeitpunkt realisieren ließe, musste sich die Beklagte nicht einlassen, denn sie
hatte dafür Sorge zu tragen, dass die Aufgaben des Klägers in jedem Fall, also auch
nach einer etwaigen Einziehung der Stelle des Mitarbeiters H5, stellenmäßig abgedeckt
blieben. Es kann daher offen bleiben, ob sich die fragliche Planstelle, eine
Beamtenstelle, überhaupt dafür eignen würde, die durch die Begründung eines
Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger während der Freistellungsphase
entstehende Lücke zu schließen. Die Beklagte stellt dies jedenfalls in Abrede.
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Soweit der Kläger im Prozess erstmals Belange anführt, die zu seinen Gunsten
berücksichtigt werden sollen, nämlich eigene finanzielle Belange sowie eine
gesundheitliche Beeinträchtigung nach Implantation eines Herzschrittmachers, sind
diese zwar zu berücksichtigen. Sie fallen jedoch neben den Belangen der Beklagten
nicht derart ins Gewicht, dass sich deren Entscheidung i.S.v. § 106 Satz 1 GewO als
ermessensfehlerhaft erweisen würde.
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Nach alledem kann der Kläger von der Beklagten nicht verlangen, dass mit ihm ein
Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis im Blockmodell begründet wird. Die Klage war daher
unbegründet, so dass das Urteil des Arbeitsgerichts Herne dementsprechend
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abzuändern und die Klage abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Mit Rücksicht darauf, dass zurzeit mehrere Entscheidungen anderer
Landesarbeitsgerichte zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer
vom öffentlichen Arbeitgeber die Begründung eines Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses
im Blockmodell verlangen kann, beim Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts
anhängig sind, hielt die Kammer es nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für geboten, die
Revision auch im vorliegenden Verfahren zuzulassen.
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