Urteil des LAG Hamm vom 04.09.2007

LArbG Hamm: vergütung, ortszuschlag, tarifvertrag, arbeitsgericht, gehalt, datum, zulage, arbeitsvermittler, form, abgrenzung

Landesarbeitsgericht Hamm, 12 Sa 750/07
Datum:
04.09.2007
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
12. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 Sa 750/07
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Gelsenkirchen, 3 Ca 2494/06
Nachinstanz:
Bundesarbeitsgericht, 6 AZR 680/07 Rücknahme 05.11.2008
Schlagworte:
Stichtagsregelung, Vergleichsentgelt
Normen:
Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der
Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) vom 28.03.2006; Tarifvertrag zur
Überleitung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der
Bundesagentur für Arbeit in den TV-BA und zur Regelung des
Übergangsrechts (TVÜ-BA) vom 28.03.2006
Leitsätze:
Die Klägerin machte erfolglos neben der Eingruppierung in eine höhere
Entwicklungsstufe des jetzigen TV-BA einen Übergangsbetrag aus der
Übergangsbestimmung in § 7 TVÜ-BA geltend. Den in der
Vergangenheit liegenden Stichtag, der für die Überführung in die neue
Tarifstruktur ausschlaggebend war, hielt die Kammer für rechtswirksam.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Gelsenkirchen vom 14.03.2007 - 3 Ca 2494/06 - wird auf Kosten der
Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin in den Tarifvertrag
für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA)
unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Tarifvertrages zur Überleitung der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit in den TV-BA und
zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-BA), beide vom 28.03.2006.
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Die am 21.05.1968 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.09.1984
beschäftigt, zuletzt als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben in der Geschäftsstelle
B2 der Agentur für Arbeit G3. Arbeitsvertraglich ist zwischen den Parteien vereinbart,
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dass der Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesagentur für Arbeit (MTA) und
die ihn ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung finden.
Der am 01.01.2006 in Kraft getretene TV-BA löste den MTA ab.
Dem Abschluss des TV-BA ging ein umfangreicher Organisationsprozess der Beklagten
voraus. Die Beklagte will nun Dienstleistungen vor Ort modern und kundenorientiert
anbieten. Ferner wurden zum 01.01.2005 die früheren Leistungen der Arbeitslosen- und
Sozialhilfe zur so genannten Grundsicherung für Arbeitsuchende zusammengeführt. Um
die daraus sich ergebenden Aufgabe zu erfüllen, bildete die Beklagte mit den
Kommunen Arbeitsgemeinschaften. Im Juli 2005 verständigten sich die
Tarifvertragsparteien auf die wesentlichen Eckpunkte des künftigen Tarifvertrages. Bei
der Agentur für Arbeit G3 wurde die Organisationsstruktur zum 07.03.2007 eingeführt.
Mit diesem Datum wurde die Klägerin zunächst vorübergehend mit der Wahrnehmung
der Aufgaben einer Arbeitsvermittlerin betraut. Die Überleitung der dort beschäftigten
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem bisherigen Tarifgefüge in die nun
geltenden Tarifregelungen erfolgte nach dem in § 4 Abs. 2, 2. Spiegelstrich TVÜ-BA
festgelegten Zeitpunkt am 15.03.2007.
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Die Klägerin war unter der Geltung des MTA im Überleitungszeitpunkt in die
Vergütungsgruppe Vb, Lebensaltersstufe 35, eingruppiert. Ihre Vergütung, die sich aus
der Grundvergütung, einem Ortszuschlag bis zur Stufe 2, einer allgemeinen Zulage und
vermögenswirksamen Leistungen zusammensetzte, belief sich auf 2.773,69 € (brutto).
Nach Erreichen des 37. Lebensjahres im Mai 2005 vergütete die Beklagte die Klägerin
zunächst weiter entsprechend den Regelungen der Vergütungsordnung (VO) zum MTA,
allerdings sodann aus der 37. Lebensaltersstufe. Die monatlichen Bruttobezüge der
Klägerin wurden nun mit 2.843,02 € abgerechnet. Sodann gruppierte die Beklagte die
Klägerin nach § 14 TV-BA i.V.m. der "Tätigkeitszuordnungstabelle für die Agentur für
Arbeit" gem. Anlage 1.1. zum TV-BA in die für "Arbeitsvermittler/n mit
Beratungsaufgaben in der AA" nun vorgesehene Tätigkeitsebene IV ein und vergütete
sie aus dieser Tätigkeitsebene unter Berücksichtigung der Entwicklungsstufe (ES) 4
i.S.d. § 18 TV-BA. Die monatliche Vergütung der Klägerin, die rückwirkend mit dem
15.03.2005 im Dezember 2005 nachentrichtet wurde, belief sich danach auf 2.931,65 €
(brutto). Darin sind ausweislich der für Dezember 2005 erfolgten Abrechnung ein
"Festbetrag" von 2.753,00 €, die Zahlung für eine "Funktionsstufe 1" in Höhe von 172,00
€ und "vermögenswirksame Leistungen" in Höhe von 6,65 € enthalten.
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Die Klägerin wandte sich am 23.01.2006 und 07.06.2006 gegen die Einstufung in das
neue Vergütungssystem der Beklagten und ließ mit anwaltlichem Schreiben vom
30.11.2006 darauf hinweisen, dass sie im Mai 2005 die 37. Lebensaltersstufe erreicht
habe, weshalb sie nicht aus der ES 4, sondern aus der ES 5 zu vergüten sei, also mit
3.090,00 €. Die monatlichen Differenzbeträge seien daher ab Mai 2005 nachzuzahlen.
Die Beklagte lehnte die Ansprüche unter Hinweis darauf ab, dass für die Zuordnung zu
Entwicklungsstufen der Tag vor dem sich aus § 4 Abs. 2 TVÜ-BA ergebenden
Überleitungszeitpunkt von Bedeutung sei, hier also der Tag vor dem 15.03.2005. Die in
diesem Zusammenhang einschlägige Vorschrift des § 5 Abs. 2 TVÜ-BA hat folgenden
Wortlaut:
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"(2) Die erstmalige Zuordnung zu den Entwicklungsstufen richtet sich für die vor
dem Überleitungszeitpunkt vom MTA bzw. MTA-O erfassten Beschäftigten nach
der am Tag vor dem jeweiligen Überleitungszeitpunkt erreichten Lebensaltersstufe
(§ 27 MTA/MTA-O). Die Zuordnung erfolgt im Einzelnen nach folgenden
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Lebensaltersstufen:
- bis einschließlich Lebensaltersstufe 23 Entwicklungsstufe 2
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- bis einschließlich Lebensaltersstufe 29 Entwicklungsstufe 3
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- bis einschließlich Lebensaltersstufe 35 Entwicklungsstufe 4
10
- bis einschließlich Lebensaltersstufe 41 Entwicklungsstufe 5
11
- ab Lebensaltersstufe 45 Entwicklungsstufe 6.
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(…)"
13
Ferner wies die Beklagte darauf hin, dass eine Änderung der Lebensaltersstufe nach
dem Überleitungsstichtag nur unter engen Voraussetzungen in Betracht komme.
Maßgeblich sei insoweit der Gedanke, dass kein Beschäftigter durch die Überleitung
Gehaltseinbußen hinnehmen solle. In diesem Zusammenhang enthält der TVÜ-BA in
Abschnitt III Besitzstandsregelungen, u.a. in § 7 Abs. 10 TVÜ-BA wie folgt:
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"(10) Hat die/der Beschäftigte zwischen dem Überleitungszeitpunkt und dem
01.01.2006 nach den bisherigen tarifvertraglichen Regelungen eine höhere
Lebensalters-/Lohnstufe erreicht, erhöht sich der individuelle Übergangsbetrag auf
Antrag der/des Beschäftigten ab dem 1. Januar 2006 um die Differenz zwischen
dem im Januar 2006 zustehenden Gehalt nach § 16 TV-BA und der /dem letzten
nach den bisherigen tarifvertraglichen Regelungen abgerechneten Vergütung/Lohn
im Sinne der Absätze 3 bis 5. Der Anspruch ist bis zum 30. Juni 2006 geltend zu
machen."
15
Die Klägerin hat die Auffassung geäußert, angesichts des unstreitigen Erreichens der
Lebensaltersstufe 37 im Mai 2005 hätte diese auch bei der Zuordnung zu den
Entwicklungsstufen berücksichtigt werden müssen. Die rückwirkend auf den 15.03.2005
vorgenommene Überleitung könne ihr den nach Erreichen der 37. Lebensaltersstufe
erlangten Besitzstand nicht nehmen. Zu ihren Gunsten müsse die Besitzstandswahrung
in § 7 Ziff. 10 TVÜ-BA greifen. Daher sei sie in die ES 5 einzuordnen. Unter
Berücksichtigung geleisteter Zahlungen in Höhe von 2.931,56 € (brutto) ergebe sich zu
einem Vergütungsanspruch in Höhe von 3.090,00 € ein Differenzbetrag von 165,00 €
monatlich, der sich ausgehend vom 23.01.2007 für 23 zurückliegende Monate auf
3.795,00 € belaufe.
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Die Klägerin hat beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.795,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.01.2007 zu zahlen,
2. festzustellen, dass sie in die Entwicklungsstufe ES 5 der Tätigkeitsebene IV des
TV-BA eingruppiert ist.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
21
Sie hat die Auffassung geäußert, die Bestimmung in § 5 Abs. 2 TVÜ-BA sei eindeutig.
Für die Zuordnung zu Entwicklungsstufen sei die Lebensaltersstufe entscheidend, die
am Tag vor der Überleitung der Arbeitsagentur G3 erreicht worden sei, hier also vor dem
15.03.2007 die 35. Lebensaltersstufe, was eine Zuordnung in die ES 4 nach sich ziehe.
Die Vergütung der Klägerin, die unter Berücksichtigung der Bestimmungen des MTA
nach Erreichen der 37. Lebensaltersstufe gezahlt worden sei, liege – unstreitig –
unterhalt derjenigen, die nun aus der Tätigkeitsstufe IV, ES 4 TV-BA zu zahlen sei. Die
Regelung des § 7 Abs. 10 TVÜ-BA sei daher nicht einschlägig.
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Mit Urteil vom 14.03.2007 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, im
Wesentlichen mit der Begründung, die Klägerin sei zutreffend in die Entwicklungsstufe 4
eingeordnet. Ein Übergangsbetrag stehe der Klägerin nicht zu. Die Regelung in § 7 Abs.
10 TVÜ-BA sei nicht einschlägig. Letztlich liege auch keine negative
Vergütungsdifferenz zwischen ihrer Vergütung auf der Basis des MTA unter Beachtung
der Lebensaltersstufe 37 und der nun zu gewährenden Vergütung aus der
Tätigkeitsebene IV, ES 4 TV-BA vor.
23
Gegen das der Klägerin am 30.03.2007 zugestellte Urteil richtet sich deren am
25.04.2007 erhobene und am 30.05.2007 begründete Berufung.
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Die Klägerin ist der Auffassung, eine nachträgliche Tarifvertragsänderung mit einem
willkürlich gewählten Überleitungszeitpunkt könne ihren Besitzstand nicht schmälern.
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Sie beantragt,
26
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 14.03.2007, 3
Ca 2494/06,
27
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.795,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.01.2007 zu zahlen,
2. festzustellen, dass sie in die Entwicklungsstufe ES 5 der Tätigkeitsebene IV des
TV-BA eingruppiert ist.
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29
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen
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und weist darauf hin, dass das Lebensalter unter der Geltung des TV-BA nun kein
Gesichtspunkt mehr sei, der für die Höhe der Vergütung von Bedeutung sei. Der
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Überleitungszeitpunkt sei keinesfalls willkürlich gewählt. Vielmehr habe der
Überleitungszeitpunkt dem Umstand Rechnung getragen, dass die Umstellung bereits
in der Vergangenheit erfolgt sei. § 7 Abs. 10 TVÜ-BA sei nicht einschlägig. Die Klägerin
habe nämlich keine Verringerung der Vergütung zu beklagen. Die jetzige Vergütung
liege oberhalb ihres bisherigen Gehalts.
Entscheidungsgründe
33
Die nach dem Wert ihres Beschwerdegegenstandes - § 64 Abs. 2 ArbGG – statthafte
und nach den §§ 66 Abs. 1 S. 1, S. 5, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO form- sowie
fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Zu
Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
34
I.
35
Die mit ihrem Antrag zu Ziff. 1 zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht unter
keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung des mit dem Klageantrag
eingeforderten Betrages zu.
36
1.
37
Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht unter Berücksichtigung des
Arbeitsvertrages in Verbindung mit den nunmehr das Arbeitsverhältnis erfassenden
Bestimmungen des TV-BA. Die Klägerin kann den Anspruch nicht auf die §§ 16 Abs. 1,
17 Abs. 1, 18 Abs. 1 TV-BA i.V.m. § 5 Abs. 2 TVÜ-BA stützen. Nach diesen
Bestimmungen steht ihr ein Anspruch auf Zahlung eines Gehaltes zu, das sich u.a. aus
einem Festgehalt i.S.d. §§ 16 Abs. 1, 17 TV-BA zusammensetzt, das in der Höhe
wiederum abhängig ist von der zwischen den Parteien nicht im Streite stehenden
Tätigkeitsebene IV der Anlage 1.1. zum TV-BA und der nach § 18 TV-BA zu
berücksichtigenden Entwicklungsstufen. Denn die Beklagte hat die Klägerin zu Recht
aus der Entwicklungsstufe 4 vergütet. Damit stand der Klägerin neben den
Gehaltsbestandteilen für die Funktionsstufe 1 in Höhe von 172,00 € und
vermögenswirksamen Leistungen ein sich aus der Gehaltstabelle BA West ergebendes
Festgehalt in Höhe von 2.753,00 € zu. Den Differenzbetrag von 165,00 € zum
Festgehalt der Entwicklungsstufe 5, das sich auf 2.918,00 € beläuft, fordert die Klägerin
daher vergeblich ein.
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Die erstmalige Zuordnung zu einer der Entwicklungsstufen richtet sich für die Klägerin,
die bereits vor dem Überleitungszeitpunkt am 15.03.2005 bei der Beklagten beschäftigt
war, nach § 5 Abs. 2 TVÜ-BA. Entscheidend für die Zuordnung ist die am Tag vor der
Überleitung erreichte Lebensaltersstufe nach dem MTA.
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Nach § 27 Abs. 1 S. 2 MTA beginnen die Lebensaltersstufen in den Vergütungsgruppen
III bis X mit der Vollendung des 21. Lebensjahres. Nach jeweils zwei Jahren erhält der
Angestellte sodann nach § 27 Abs. 1 S. 3 MTA die Grundvergütung der folgenden
Lebensaltersstufe. Die Klägerin befand sich daher bis zur Vollendung des 37.
Lebensjahres am 21.05.2005 in der Lebensaltersstufe 35. Da nach § 5 Abs. 2 TVÜ-BA
die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer "bis einschließlich Lebensaltersstufe 35" der
"Entwicklungsstufe 4" zuzuordnen sind, hatte dies auch für die Klägerin zu erfolgen, die
sich am Stichtag noch in der Lebensaltersstufe 35 befand.
40
2.
41
Die Klägerin kann ihren Anspruch nicht auf § 7 TVÜ-BA stützen. Ein individueller
Übergangsbetrag im Sinne dieser Vorschrift steht ihr nicht zu. Voraussetzung für einen
solchen Anspruch ist nämlich nach § 7 Abs. 1 TVÜ-BA, dass die Überleitung für die
Klägerin mit einer Verringerung des Entgelts verbunden wäre. Das hingegen ist nicht
der Fall.
42
Der individuelle Übergangsbetrag beläuft sich nach § 7 Abs. 2 TVÜ-BA auf die Differenz
zwischen dem Vergleichsentgelt und dem Festgehalt nach § 17 TV-BA unter
Berücksichtigung der maßgeblichen Entwicklungsstufe und ggf. einer Funktionsstufe
gem. § 20 TV-BA bzw. weiteren Gehaltskomponenten. Das Vergleichsentgelt setzt sich
nach § 7 Abs. 3 TVÜ-BA aus den bisherigen Vergütungsbestandteilen nach dem MTA
zusammen, nämlich der Grundvergütung, allgemeinen Zulagen, dem Ortszuschlag bis
zur Stufe 2 sowie sonstigen, hier allerdings nicht bedeutsamen Zulagen i.S.d. § 7 Abs. 7
und 8 TVÜ-BA.
43
Die Klägerin erhielt unter der Geltung des MTA im Überleitungszeitpunkt eine
Vergütung aus der Vergütungsgruppe Vb, Lebensaltersstufe 35, die sich aus der
Grundvergütung, einem Ortszuschlag bis zur Stufe 2, einer allgemeinen Zulage und
vermögenswirksamen Leistungen zusammensetzte und auf 2.773,69 € (brutto) belief.
Das ist das Vergleichsentgelt i.S.d. § 7 Abs. 2 TVÜ-BA. Nunmehr erhält die Klägerin ein
Festgehalt i.S.d. § 17 TV-BA, dessen Höhe abhängig ist von der Eingruppierung der
Klägerin in die Tätigkeitsebene nach § 14 TV-BA. Nach § 14 TV-BA i.V.m. der
"Tätigkeitszuordnungstabelle für die Agentur für Arbeit" gem. Anlage 1.1. zum TV-BA
erfolgte eine Eingruppierung in die für "Arbeitsvermittler/n mit Beratungsaufgaben in der
AA" nun vorgesehene Tätigkeitsebene IV und daraus eine Vergütung aus der
Entwicklungsstufe (ES) 4. Die jetzige Vergütung der Klägerin setzt sich aus dem
entsprechend der Gehaltstabelle BA West zu zahlende Festbetrag in Höhe von 2.753,00
€, der Zahlung für die Funktionsstufe 1 in Höhe von 172,00 € und vermögenswirksamen
Leistungen von 6,65 € zusammen. Sie beläuft sich damit auf 2.931,65 € (brutto). Das
Vergleichsentgelt liegt damit nicht über, sondern unter der jetzigen Vergütung.
44
3.
45
Aus der Regelung in § 7 Abs. 10 TVÜ-BA kann die Klägerin die begehrte Rechtsfolge
ebenfalls nicht herleiten. Danach erhöht sich der individuelle Übergangsbetrag auf
Antrag des Beschäftigten ab dem 01.01.2006, wenn der Beschäftigte zwischen dem
Überleitungszeitraum und dem 01.01.2006 eine neue Lebensaltersstufe nach dem MTA
erreicht. Damit setzt die Vorschrift ihrem Wortlaut nach zunächst voraus, dass ein
Übergangsbetrag im Zeitpunkt der Überleitung entstanden ist. Denn nur ein solcher
Betrag könnte auch erhöht werden. Der Klägerin hingegen steht ein Übergangsentgelt
nicht zu, wie soeben dargelegt. Unabhängig davon steht dem Anspruch aber auch
entgegen, dass die Vergütung der Klägerin unter Berücksichtigung der erreichten
Lebensaltersstufe 37 nach den Bestimmungen des MTA mit 2.843,02 € ebenfalls unter
derjenigen liegt, die ihr nun zusteht. Das Vergleichsentgelt wäre damit nach wie vor
nicht geringer, als das jetzige Gehalt.
46
4.
47
Die Kammer vermochte der Klägerin nicht zu folgen, hält sie die rückwirkende auf den
Zeitpunkt der Umstellung am 15.03.2005 vollzogene Betrachtung und die damit
einhergehende Wahl des Stichtages, die angesichts des in § 4 Abs. 2, 2. Spiegelstrich
TVÜ-BA anzustellen ist, für willkürlich und damit für unwirksam. Die
Tarifvertragsparteien müssen bei Tarifänderungen und den damit einhergehenden
Übergangsregelungen abschätzen, welche Belastungen durch die Änderungen
tarifrechtlicher Vorschriften entstehen. Sie müssen vor allem die änderungsbedingten
finanziellen Belastungen in vertretbaren Grenzen halten. Solche finanziellen und
finanzpolitischen Erwägungen rechtfertigen differenzierende Übergangsregelungen
(BAG Urt. v. 20.03.1996, 4 AZR 906/94, AP Nr. 36 zu § 23a BAT; Urt. v. 23.02.1994, 4
AZR 165/93, ZTR 1994, 462, 463). Dabei haben die Gerichte nicht zu überprüfen, ob die
Tarifvertragsparteien mit der gefundenen Regelung die jeweils gerechteste und
zweckmäßigste Lösung gefunden haben. Sie überprüfen alleine, ob die bestehende
Regelung in den Grenzen des durch die Tarifautonomie vorgegebenen
Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien bleibt (BAG Urt. v. 20.03.1996, 4 AZR
906/94, AP Nr. 36 zu § 23a BAT; Urt. v. 05.12.1990, 4 AZR 285/90, AP Nr. 153 zu §§ 22,
23 BAT 1975).
48
Daran bestehen hier keine Zweifel. Die Überleitung hat sich in zeitlicher Hinsicht im
Hinblick auf die Agentur für Arbeit in G3 an der dortigen Einführung der neuen
Organisationsstruktur am 07.03.2005 orientiert und als Überleitungszeitpunkt den
15.03.2007 festgelegt. Zugleich wurde die Klägerin mit der Wahrnehmung der Aufgaben
als Arbeitsvermittlerin betraut. Die Tarifvertragsverhandlungen begleiteten bereits den
Organisationsprozess der Beklagten. Sämtlichen Beschäftigten musste daher bewusst
sein, dass es zu umfangreichen Veränderungen in der tarifvertraglichen Ausgestaltung
ihrer Arbeitsverhältnisse kommen werde. Zuletzt ist nicht erkennbar, welche Nachteile
die Klägerin entstanden sein sollten. Ihre Vergütung lag nach der Tarifumstellung über
dem Gehaltsniveau, das sich bei unveränderter Geltung des MTA für sie ergeben hätte.
Zwar hätte ein anderer, wenige Monate später gelegener Überleitungszeitpunkt eine für
die Klägerin günstigere Zuordnung in die Entgeltstufe 5 der Tätigkeitsebene IV
ermöglicht. Doch liegt es in der Natur der Sache, dass eine Stichtagsregelung gewisse
Vergröberungen nicht vermeiden und nicht für jeden Betroffenen das beste aller
möglichen Ergebnisse mit sich bringen kann. Eine pauschalierende Betrachtung ist
Stichtagsregelungen immanent. Sie sind im Interesse der Praktikabilität zur Abgrenzung
des begünstigten Personenkreises grundsätzlich zulässig. Voraussetzung ist, dass sich
die Wahl des Stichtages an dem zu regelnden Sachverhalt ausrichtet und sachlich
vertretbar ist (BAG, Urt. v. 27.05.2004, 6 AZR 6/03, AP Nr. 13 zu § 37 BAT; Urt. v.
25.06.2003, 4 AZR 405/02, AP TVG § 1 Beschäftigungssicherung Nr. 1; Urt. v.
11.12.2003, 6 AZR 64/03, AP TzBfG § 4 Nr. 7). Das ist hier angesichts des am Tag der
Einführung der neuen Organisationsstruktur orientierten Stichtagsregelung der Fall.
Deshalb vermochte die Kammer auch eine Gleichheitswidrigkeit der Stichtagsregelung
in § 4 TVÜ-BA nicht zu sehen. Die Klägerin selber trägt nicht vor, welche vergleichbaren
Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund besser als sie behandelt werden. Will sie darauf
abstellen dass mancher Arbeitnehmer der Beklagten an anderen Standorten angesichts
des für seinen Standort geltenden Stichtages eine günstigere Behandlung erfahren hat
als sie selbst, macht sie nichts anderes geltend, als sich gegen die von ihr als ungerecht
empfundene, weil andere Arbeitnehmer möglicherweise günstiger behandelnde
Stichtagsregelung zu wenden, die aber alleine aus diesem Grunde – wie bereits
ausgeführt – nicht zu beanstanden ist und daher auch den allgemeinen Gleichheitssatz
des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.
49
II.
50
Die Klage ist mit ihrem Antrag zu Ziff. 2 zwar zulässig. Es handelt sich um eine im
öffentlichen Dienst übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, gegen deren
Zulässigkeit nach ständiger arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung keine Bedenken
bestehen (vgl. nur BAG, BAG 4. Senat, Urt. v. 24.01.2007, 4 AZR 28/06, n.v.; Urt. v.
11.10.2006, 4 AZR 534/05, AP Nr. 9 zu § 20 BMT-G II). Allerdings ist die Klage
unbegründet. Die Klägerin ist aus den bereits dargelegten Gründen nicht aus der
Tätigkeitsebene IV Entwicklungsstufe 5 TV-BA zu vergüten, sondern lediglich aus der
Entwicklungsstufe 4 dieser Tätigkeitsebene. Sie kann daher die begehrte Feststellung
nicht verlangen.
51
III.
52
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Klägerin fallen die Kosten der
von ihr ohne Erfolg eingelegten Berufung zur Last. Die Revision war nach § 72 Abs. 2
Ziff. 1 ArbGG zuzulassen, weil den entscheidungserheblichen Rechtsfragen angesichts
der Vielzahl der von den tarifvertraglichen Bestimmungen betroffenen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern grundsätzliche Bedeutung zukommt.
53
Dr. Schrade
Wundrack
Kentrup
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