Urteil des LAG Hamm vom 28.01.2008

LArbG Hamm: versetzung, arbeitsgericht, gebühr, ermessen, datum

Landesarbeitsgericht Hamm, 13 Ta 750/07
Datum:
28.01.2008
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
13. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 Ta 750/07
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Gelsenkirchen, 3 BV 129/07
Schlagworte:
Gegenstandswert; Beschlussverfahren; personelle Einzelmaßnahmen,
Versetzung; mehrere; kurzer Zeitraum
Normen:
§ 23 Abs. 3 RVG; § 99 BetrVG; § 100 BetrVG
Tenor:
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates
gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.10.2007 - 3
BV 129/07 - wird zurückgewiesen.
Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates haben die Kosten
des Beschwerdeverfahrens in Höhe einer Gebühr von 40,00 € zu tragen.
Gründe:
1
I.
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Seit Ende August 2007 setzte die Arbeitgeberin zahlreiche Mitarbeiter aus U1 für kurze
Zeiträume in O1 ein, um dort Vor- und Einarbeitungsarbeiten anlässlich der Eröffnung
des neuen Möbelhauses erledigen zu lassen.
3
Im Ausgangsverfahren hat die Arbeitgeberin um Ersetzung der Zustimmung zu einer für
den 05.09.2007 vorgesehenen Versetzung der Mitarbeiterin K1 gebeten und zugleich
beantragt, festzustellen, dass die vorläufige Durchführung dringend erforderlich war. Für
die Zeit ihres Einsatzes erzielte die Mitarbeiterin einen Verdienst von 73,65 €.
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Nach Ablauf der Maßnahme haben die Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärt.
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Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates hat das Arbeitsgericht mit
Beschluss vom 15.10.2007 den Wert des Gegenstandes auf nicht mehr als 300,00 €
festgesetzt, ausgehend vom zu zahlenden Arbeitsverdienst und von einer Vielzahl
gleichgelagerter Fälle.
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Dagegen haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates Beschwerde
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eingelegt mit dem Begehren, für den Antrag gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG den Regelwert
in Höhe von 4.000,00 € und zusätzlich 2.000,00 € für den Antrag nach § 100 BetrVG in
Ansatz zu bringen.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
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II.
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Die gemäß § 33 RVG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des
Betriebsrates ist unbegründet.
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1. Die Wertfestsetzung richtet sich nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG. Hiernach ist der
Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich nach billigem Ermessen
zu bestimmen. Allerdings kommt diese Art der Wertfestsetzung als Auffangtatbestand
erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Wo ein objektiver Wert
festgestellt werden kann, kommt es in erster Linie auf ihn an. Für das arbeitsgerichtliche
Beschlussverfahren folgt
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hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstandes
namentlich bei personellen Einzelmaßnahmen im Vordergrund stehen muss (LAG
Hamm, Beschl. v. 24.11.1994 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, Beschl. v.
12.06.2001 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 50; Beschl. v. 11.10.2006 – 10 Ta 481/06; Beschl. v.
20.11.2006 – 13 Ta 670/06; GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rdnr. 194, 441 ff. m. w. N.).
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Geht es – wie hier – im Rahmen des § 99 BetrVG um eine Versetzung, rechtfertigt es die
wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit, sich an dem Streitwertrahmen des § 42
Abs. 4 GKG zu orientieren und auf die Bewertung einer entsprechenden Klage im
Urteilsverfahren zurückzugreifen (zuletzt z. B. LAG Hamm, Beschl. v. 20.11.2006 – 13
Ta 670/06; LAG Hamm, Beschl. v. 11.10.2006 – 10 Ta 561/06; GK-ArbGG/ Wenzel, § 12
Rdnr. 482, jeweils m. w. N.). Denn entgegen der von den Beschwerdeführern
wiedergegebenen Rechtsprechung der 10. Kammer des LAG Köln (Beschl. v.
18.05.2007 – 10 Ta 105/07) ist es, worauf bereits die 11. Kammer des LAG Köln in
einem Beschluss vom 22.03.1999 (LAGE BRAGO § 8 Nr. 44a) zutreffend hingewiesen
hat, nicht gerechtfertigt, die Bemühungen des Arbeitgebers, über die §§ 99 f. BetrVG den
Weg zur Durchführung einer personellen Einzelmaßnahme freizumachen, im Rahmen
des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG höher zu bewerten als der sich gegebenenfalls
anschließende Streit im Urteilsverfahren um den Bestand der Maßnahme.
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Danach wird das wirtschaftliche Interesse an der Versetzung eines Arbeitnehmers aus
Praktikabilitätsgründen regelmäßig mit einem oder zwei Bruttomonatsvergütungen zu
bemessen sein (LAG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.1999 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 41;
LAG Hamm, Beschl. v. 11.10.2006 – 10 Ta 561/06; LAG Hamm, Beschl. v. 15.12.2005 –
13 TaBV 156/05).
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Allerdings muss bei kürzeren Zeiträumen wie hier, wo es nur um einen Tag ging,
entsprechend der Einsatzzeit ein geringerer Wert angenommen werden (vgl. LAG
Hamm, Beschl. v. 20.06.2006 – 13 Ta 670/06).
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So ergibt sich als Ausgangswert der erzielte Verdienst in Höhe von 73,65 €.
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2. Weil alle streitgegenständlich gewesenen Versetzungen auf eine einheitliche
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unternehmerische Entscheidung zurückzuführen waren und keine Besonderheiten
aufwiesen, ist es nach der Rechtsprechung des LAG Hamm (z. B. Beschl. v. 10.01.2005
– 13 TaBV 100/04; Beschl. v. 22.02.2005 – 13 TaBV 119/04; Beschl.v. 15.12.2005 – 13
TaBV 156/05) gerechtfertigt, in Anlehnung an die Staffelung der Arbeitnehmerzahlen in
§ 9 BetrVG den Wert jeder einzelnen Versetzung typisierend festzulegen, um auf diese
Weise zu einer gleichförmigen und damit dem Gleichbehandlungsgrundsatz wahrenden
Rechtsanwendung zu gelangen. Dabei sind für die personellen Einzelmaßnahmen 2 –
20 jeweils 25% des Ausgangswertes zu berücksichtigen.
Vorliegend ist die erste, am 31.08.2007 begonnene und am 06.09.2007 beendete
Versetzung des Arbeitnehmers I1 (10 Ta 821/07 – 6 BV 113/07) mit dem vollem
Ausgangswert in Ansatz gebracht worden. Somit errechnet sich hier für den
Zustimmungsersetzungsantrag gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ein Gegenstandswert von
18,41 € (25% von 73,65 €).
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3. Daneben ist der Antrag auf Feststellung, dass die vorläufige Durchführung der
strittigen Versetzung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, zusätzlich zu
werten. Dieses Begehren legitimiert nämlich die vorläufige Durchführung einer
personellen Maßnahme bis zum Abschluss des Verfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG.
Insoweit ist es wegen der lediglich vorübergehenden Bedeutung der begehrten
Feststellung angemessen, 50% des Wertes eines entsprechenden
Zustimmungsersetzungsverfahrens in Ansatz zu bringen (zuletzt LAG Hamm, Beschl. v.
20.11.2006 – 13 Ta 670/06).
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So waren dem Wert des Zustimmungsersetzungsantrages in Höhe von 18,41 € weitere
9,21 € hinzuzurechnen.
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Insgesamt ergibt sich also ein Gegenstandswert in Höhe von 27,62 €, also nicht mehr
als 300,00 €, wie das Arbeitsgericht zu Recht entschieden hat.
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Die Entscheidung über die Auferlegung der Gebühr in Höhe von 40,00 € beruht auf § 1
S. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG (vgl. LAG Hamm,
Beschluss vom 19.03.2007 – 10 Ta 97/07; Beschluss vom 23.04.2007 – 13 Ta 130/07).
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Dr. Müller
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