Urteil des LAG Hamm vom 15.05.2003

LArbG Hamm: befristung, mittelbare stellvertretung, arbeitsgericht, beurlaubung, beendigung, rechtfertigung, vertragsschluss, teilzeitbeschäftigung, vergütung, feststellungsklage

Landesarbeitsgericht Hamm, 11 Sa 705/02
Datum:
15.05.2003
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 Sa 705/02
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Hamm, 1 Ca 3061/01
Nachinstanz:
Bundesarbeitsgericht, 7 AZR 397/03
Schlagworte:
Befristung wegen Vertretung, Direktionsrecht im öffentlichen Dienst
Normen:
§ 8 II, 22 BAT, SR 2 y BAT
Leitsätze:
1. Die Befristung einer Vereinbarung über eine Teilzeitbeschäftigung ist
nur dann durch den Sachgrund der mittelbaren Vertretung gerechtfertigt,
wenn es dem Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich möglich ist, den
ausgefallenen Arbeitnehmer im Falle seiner Rückkehr in den vom
Vertreter wahrgenommenen Arbeitsbereich umzusetzen.
2. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes ist
regelmäßig auf die Zuweisung von Tätigkeiten beschränkt, die der mit
dem Angestellten vereinbarten Vergü-tungsgruppe entsprechen.
3. Ausgeschlossen ist danach auch die Neuzuweisung von Tätigkeiten
einer niedrigeren Vergütungsgruppe zu einem Zeitanteil von weniger als
der Hälfte der maßgeblichen Arbeits-zeit (49 %).
4. Der Arbeitgeber kann deshalb einen Fall der mittelbaren Vertretung
nicht unter Hinweis auf die Eingruppierungsregel des § 22 Abs.2 S.2
BAT in der Weise begründen, dass er der ausgefallenen höher
eingruppierten vollzeitbeschäftigten Stammarbeitskraft zu 49 % ihrer
Arbeitszeit die Verrichtungen der niedriger eingruppierten
Teilzeitvertretungskraft zuweisen könne.
Rechtskraft:
Die Revision wird zugelassen
Tenor:
hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm
auf die mündliche Verhandlung vom 15.05.2003
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Limberg
sowie die ehrenamtlichen Richter Seebauer und Tönnis
f ü r Recht erkannt :
Die Berufung des beklagten L6xxxx gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Hamm vom 19.03.2002 - 1 Ca 3061/01 - wird auf Kosten des beklagten
L6xxxx zurückgewiesen, wobei der Tenor klarstellend wie folgt gefasst
wird:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien
über den 16.11.2001 hinaus als Vollzeitarbeitsverhältnis fortbesteht.
Die Revision wird zugelassen.
gez. Limberg
Seebauer
Tönnis
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.) Die Parteien streiten darüber, ob eine
Vereinbarung vom 22.12.1999 über eine Tätigkeit der Klägerin mit der Hälfte der
regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für den Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum
16.11.2001 wirksam auf dieses Enddatum befristet ist.
1
Die 1943 geborene Klägerin war auf der Grundlage verschiedener Verträge
durchgängig ab dem 27.04.1992 als Schreibkraft/Vorzimmertätigkeit in Vollzeit bei dem
beklagten L2xx im Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in S2xxx tätig. Dort sind
regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt. Ein erster Arbeitsvertrag vom
22.05.1992 über eine Vollzeittätigkeit vom 27.04.1992 bis zum 31.07.1992 wurde am
25.05.1992 aufgelöst (Bl, 6, 7 d.A.). Am 09.06.1992 wurde ein Vollzeitarbeitsvertrag für
den Zeitraum vom 25.05.1992 bis zum 02.08.1993 abgeschlossen, "zur Vertretung von
Frau H3xxx L4xxxx" (Bl. 8 d.A.). Die sich dann anschließenden arbeitsvertraglichen
Vereinbarungen verhalten sich jeweils über die Hälfte eines
Vollzeitarbeitsverhältnisses. Eine Hälfte der Vollzeittätigkeit ist Gegenstand des
Vertrages vom 30.09.1992: "Ab 01. Oktober 1992" ....."für folgende Aufgaben von
begrenzter Dauer: Schreibtätigkeiten für den Modellversuch "Kollegschule" bis zur
Beendigung des Modellversuchs" (Bl. 9 d. A.). Diese Vertragsgrundlage blieb für die
eine Hälfte der Beschäftigung maßgeblich bis zum 30.09.2000. Unter dem 17.11.2000
vereinbarten die Parteien für diese Hälfte der Arbeitszeit der Klägerin mit Wirkung ab
dem 01.10.2000 eine Teilzeitbeschäftigung auf nunmehr unbestimmte Zeit (Bl. 16 d. A.).
Über die andere Hälfte der Arbeitszeit wurden in der Abfolge der Jahre wiederholt
befristete Verträge geschlossen:
2
Vertrag vom 27.03.1993 für den Zeitraum vom 03.08.1993 bis zum 08.05.1995 ("Zur
Vertretung von Frau G1xxxx K3xxx-K4xxxxxxxx bis zum 08. Mai 1995, längstens bis zur
Beendigung des Modellversuchs Kollegschule")
3
Auflösungsvertrag vom 28.12.1994 über die Auflösung des Vertrages vom 27.07.1993
mit Ablauf des 03.01.1995
4
Arbeitsvertrag vom 28.12.1994 für die Zeit 04.01.1995 bis 10.06.1996 ("Zur Vertretung
von Frau A1xxxxxx G2xxx bis zum 10.06.1996, längstens bis zur Beendigung des
Modellversuchs Kollegschule")
5
Änderungsvertrag vom 10.04.1996 für den Zeitraum 11.06.1996 bis 10.06.1998
("Aushilfsangestellte zur Vertretung bis zum 10.06.1998 (Ende der derzeit genehmigten
Beurlaubung der Frau A1xxxxxx G2xxx), längstens bis zum Ende des Modellversuchs
Kollegschule")
6
Änderungsvertrag vom 06.05.1998 für den Zeitraum 11.06.1998 bis 31.12.1999
("Aushilfsangestellte zur Vertretung bis zum 31.12.1999 (Ende der derzeit genehmigten
Beurlaubung der Frau A1xxxxxx G2xxx)").
7
Wegen der Einzelheiten dieser Verträge wird auf die eingereichten Kopien, Bl. 10 - 14 d.
A. verwiesen. Die Klägerin war durchgängig in die Vergütungsgruppe VII BAT
eingruppiert. Sie war bis 1999 im Schreibdienst Abteilung I eingesetzt. Mit Schreiben
vom 26.01.1999 wurde die Klägerin mit ihrem Einverständnis in den Schreibdienst des
Referates Z 2 umgesetzt (Bl. 15 d. A.). Am 22.12.1999 unterzeichneten die Parteien
einen "Arbeitsvertrag" über eine Tätigkeit der Klägerin "als nicht vollbeschäftigte
Angestellte mit der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen
Arbeitszeit einer/eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten .... als
Aushilfsangestellte zur Vertretung bis zum 16.11.2001 zur Vertretung der beurlaubten
Frau B4xxxxx L5xx". In § 4 ist die Eingruppierung der Klägerin in die Vergütungsgruppe
VII Fallgruppe 3 Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1 a zum BAT vereinbart
(Wortlaut dieser Regelung: "3. Maschinenschreiberinnen, die mindestens 10 Minuten
lang Schriftstücke mit mindestens 290 Anschlägen in der Minute fehlerfrei abschreiben
können"). Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages vom 22.11.1999 wird auf die
Vertragskopie, Bl. 17 d. A., verwiesen. Bei Abschluss dieses Vertrages ging die
Erwartung dahin - so der Vertreter des beklagten L6xxxx in der mündlichen Verhandlung
vor dem Landesarbeitsgericht - , dass die Laufzeit des Vertrages über die andere Hälfte
der Arbeitszeit vom 30.09.1992 über den 16.11.2001 hinaus währen werde. Am
12.10.2001 teilte das beklagte L2xx der Klägerin mit: "Gemäß o.g. Arbeitsvertrag endet
ihr Arbeitsverhältnis mit der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zur
Vertretung von Frau B4xxxxx L5xx mit Ablauf des 16.11.2001. Ihr unbefristetes
Teilzeitarbeitsverhältnis bleibt jedoch bestehen. ....." (Bl. 18 d. A.). Gegen diese
Beendigung hat sich die Klägerin mit der am 05.11.2001 bei dem Arbeitsgericht
eingegangenen Klage gewandt. Frau L5xx steht seit dem 01.08.1987 in einem
unbefristeten Vollzeitarbeitsverhältnis zu der Beklagten. Sie war zunächst in die
Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 a der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert ("1 a.
Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren
Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert."). Am 22.06.1994
schlossen Frau L5xx und das beklagte L2xx einen Änderungsvertrag: "...an die Stelle
der Vergütungsgruppe VII, Fallgruppe 1 a tritt die Vergütungsgruppe VI b, Fallgruppe 1
b" (Vergütungsgruppe VI b: "1 b. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen
Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige
Fachkenntnisse erfordert, nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VII
Fallgruppe 1 a."). Wegen des ursprünglichen Vertrages der Frau L5xx und wegen des
Änderungsvertrages wird auf Bl. 42, 43 d. A. Bezug genommen. Frau L5xx führte zu
Beginn ihrer Tätigkeit die Haushaltsüberwachungsliste. Frau L5xx war bis zur Mitte der
90er Jahre zunächst halbtags beurlaubt. Seit dem 01.08.1995 ist Frau L5xx voll
beurlaubt. Die aktuelle Beurlaubung währt bis zum 16.11.2003. Das Bruttoarbeitsentgelt
der Klägerin belief sich für beide Halbtagsbeschäftigungen zusammen auf 4.902,37 DM.
8
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Befristungsgrund im Vertrag vom
9
22.12.1999 sei nur vorgeschoben, da sie nie die Aufgaben verrichtet habe, die
ansonsten von Frau L5xx zu erledigen wären. Es habe auch keine mittelbare Vertretung
gegeben.
Die Klägerin hat beantragt,
10
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gemäß
Arbeitsvertrag vom 22.12.1999 aufgrund der Befristung nicht zum 16.11.2001
beendet worden ist.
11
Das beklagte L2xx hat beantragt,
12
die Klage abzuweisen.
13
Das beklagte L2xx hat behauptet, nach Beurlaubung von Frau L5xx sei die Aufgabe der
Haushaltsüberwachungsliste der Mitarbeiterin W5xxxxx übertragen worden. Diese habe
wie die Klägerin in einem unbefristeten Teilzeit- und einem befristeten Teilzeitvertrag
gestanden und sei bis zum 19.11.1999 zur Vertretung der Frau L5xx beschäftigt worden.
Zur Vertretung der anderen Hälfte der Stelle von Frau L5xx sei Frau B5xxx als
Teilzeitkraft eingestellt worden. Diese habe den Bedarf abgedeckt, der sich bei der
Organisation von Veranstaltungen und der Sicherung des Betriebes bei Ausfall von
Mitarbeitern der Poststelle, der Telefonzentrale oder Empfangs ergeben habe. Im Laufe
der Jahre habe sich der Arbeitsaufwand im Bereich der Führung der
Haushaltsüberwachungslisten so reduziert, dass Frau W5xxxxx zusätzliche Aufgaben
im Bereich der Reisekostenabrechnung und Abrechnung von Trennungsentschädigung
übertragen worden seien. Sie habe die Aufgaben mit ihrer unbefristeten Teilzeitstelle
wahrgenommen. Im Jahre 1999 habe sich der Personalbedarf im Schreibbereich durch
den Wechsel einer Mitarbeiterin des Referates Z 2 und die Verhängung einer
Stellenbesetzungssperre erhöht. Zur Befriedigung dieses Bedarfs sei die Klägerin ab
dem 01.01.2000 zur Vertretung der Mitarbeiterin L5xx eingestellt worden. Es sei geplant,
Frau L5xx bei Rückkehr mit mehr als 50 % Verwaltungstätigkeit zu betrauen. Im
Umfange von 49 % sei die Übertragung der bisher von der Klägerin verrichteten
Schreibarbeiten im Wege des Direktionsrechtes beabsichtigt.
14
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 19.03.2002 stattgegeben und
festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gemäß Arbeitsvertrag
vom 22.12.1999 aufgrund der Befristung nicht zum 16.11.2001 beendet worden ist. Zur
Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Befristung zum 16.11.2001 sei
unwirksam. Die Befristung sei nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt.
Der Darstellung des beklagten L6xxxx sei keine geschlossene "Vertretungskette"
zwischen der Beurlaubung Frau L5xx und der Beschäftigung der Klägerin zu
entnehmen. Die befristete Beschäftigung der Klägerin ab dem 01.01.2000 habe nicht
der mittelbaren Vertretung der Frau L5xx gedient, sondern resultiere aus einer anderen
Stellenvakanz und einer dazu bestehenden Besetzungssperre. Die von der Klägerin
verrichtete Tätigkeit könne Frau L5xx bei ihrer Rückkehr nicht im Wege des
Direktionsrechts zugewiesen werden. Dazu fehle dem beklagten L2xx die rechtliche
Möglichkeit.
15
Gegen dieses am 03.04.2002 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des beklagten
L6xxxx. Die Berufung ist am 02.05.2002 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen
und am 03.06.2002 begründet worden.
16
Das beklagte L2xx wendet ein, das Arbeitsgericht habe die Tatsachen rechtlich
fehlerhaft beurteilt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes bestehe für das
beklagte L2xx die Möglichkeit, Frau L5xx mit Schreibtätigkeiten entsprechend dem hier
zu überprüfenden befristeten Teilzeitvertrag der Klägerin zu beschäftigen. Das
Direktionsrecht erlaube es, Frau L5xx zu weniger als der Hälfte ihrer Arbeitszeit mit
Schreibtätigkeiten zu betrauen. Eine solche teilweise Umsetzung von Frau L5xx ändere
nichts daran, dass diese auch dann vorwiegend als Verwaltungsangestellte mit
allgemeinen Verwaltungsaufgaben betraut sei. Frau L5xx bleibe dann weiterhin in der
Vergütungsgruppe VI b der Anlage 1 a zum BAT. Lediglich hinsichtlich eines geringen
Teils ihrer Arbeitszeit sei Frau L5xx schlüssig in den Schreibdienst umgesetzt worden.
Nach ihrer Rückkehr habe Frau L5xx weiterhin vorwiegend Verwaltungsaufgaben zu
erledigen und nur daneben Schreibtätigkeiten zu verrichten. Das Arbeitsgericht
übersehe, dass nach § 22 BAT die auszuübende Tätigkeit bereits dann den
Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe entspreche, wenn zeitlich mindestens zur
Hälfte Arbeitsvorgänge anfielen, die für sich genommen die Anforderungen eines
Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe
erfüllten. Die unterhälftige Zuweisung von Schreibarbeiten sei deshalb mit der
Eingruppierung der Frau L5xx vereinbar. Im Übrigen seien die Grenzen zwischen
Angestellten im Bürodienst und im Schreibdienst fließend. Die inhaltliche Nähe der
beiden Tätigkeitsbereiche spiegele sich auch darin wieder, dass sie aus benachbarten
Vergütungsgruppen besoldet würden. Die Behauptung des Arbeitsgerichts, nach der
Sozialauffassung innerhalb der öffentlichen Verwaltung werde zwischen Schreibdienst
und sachbearbeitender Verwaltungstätigkeit unterschieden, selbst wenn die jeweils
gezahlte Vergütung gleich hoch sei, sei zu bestreiten. In der Verwaltung werde keine
starre Unterscheidung zwischen den Tätigkeitsbereichen Schreibdienst und einfacher
Verwaltungstätigkeit vorgenommen. Angesichts des zunehmenden Einsatzes von EDV
bestehe die Tendenz, zunehmend Mischarbeitsplätze von verwaltenden und
schreibenden Tätigkeiten einzurichten. Die vom Arbeitsgericht behauptete
Sozialauffassung habe sich im Zuge dieser Entwicklung wesentlich geändert. Der
Personalrat sei bei dem Vertragsschluss vom 22.12.1999 ordnungsgemäß beteiligt
worden. Mit Schreiben vom 09.12.1999 sei der Personalrat um die Zustimmung zur
befristeten Beschäftigung der Klägerin ab dem 01.01.2000 gebeten worden. Das
beklagte L2xx habe darauf verwiesen, dass die Klägerin ab dem 01.01.2000 im Umfang
von 19,25 Stunden wöchentlich mit der Vertretung der beurlaubten Frau B4xxxxx L5xx
beauftragt werden solle. Der zuständige Personalrat habe um Erörterung der
beabsichtigten Maßnahme gebeten. Die Erörterung habe am 17.12.1999 stattgefunden.
Im Anschluss an den Erörterungstermin vom 17.12.1999 habe der Personalrat beraten.
Der Personalrat habe dann am 17.12.1999 seine Zustimmung erteilt und dies dem
Landesinstitut für Schule und Weiterbildung mitgeteilt (Beweis: Dr. S5xxxxxxx). Wegen
des von dem beklagten L2xx in Kopie vorgelegten Schreibens an den Personalrat vom
09.12.1999 wird auf Bl. 84 d. A. Bezug genommen.
17
Das beklagte L2xx beantragt,
18
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage vollständig abzuweisen.
19
Die Klägerin beantragt,
20
die Berufung zurückzuweisen.
21
Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Frau L5xx könne nicht im Wege
des Direktionsrechts mit den von der Klägerin verrichteten Tätigkeiten betraut werden.
Der Aufgabenbereich des Schreibdienstes sei nicht mit der sachbearbeitenden
Verwaltungstätigkeit der Frau L5xx vergleichbar. Es liege kein Fall der mittelbaren
Stellvertretung vor. Der Personalrat sei vor Vertragsschluss nicht ordnungsgemäß
beteiligt worden. Dem Personalrat sei ein unzutreffender Sachverhalt mitgeteilt worden,
weil Frau L5xx mit anderen Aufgaben als mit Schreibaufgaben des Referates Z 2 betraut
gewesen sei.
22
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
23
Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.
24
I.
25
Die Berufung ist an sich statthaft, § 64 Abs. 1 ArbGG, und nach dem Gegenstand der
Beschwer zulässig, § 64 Abs. 2 ArbGG. Die Berufung ist in der gesetzlichen Form und
Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO.
Nach § 26 Nr. 5 EGZPO finden Arbeitsgerichtsgesetz und ZPO in der seit dem
01.01.2002 geltenden Fassung Anwendung (BAG 30.05.2002 2 AZB 20/02 NZA 2003,
176).
26
II.
27
Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das
Arbeitsgericht der Klage stattgegeben.
28
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Der zwischen den Parteien bestehende Streit
über die Fortdauer der am 22.12.1999 vereinbarten hälftigen Beschäftigung über den
16.11.2001 hinaus wird durch die begehrte gerichtliche Feststellung ausgeräumt. Die
Feststellungsklage ist innerhalb der Dreiwochenfrist des § 1 Abs. 5 BeschFG 1996
anhängig gemacht worden. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob es sich bei der
Vereinbarung vom 22.12.1999 um einen befristeten Arbeitsvertrag im Sinne des § 1
Abs. 5 BeschFG 1996 handelt oder ob lediglich eine befristete Änderung einzelner
Vertragsbedingungen vorliegt, für die die Klagefrist des § 1 Abs. 5 BeschFG 1996
unbeachtlich ist (dazu: BAG 23.01.2002 DB 2002, 1326).
29
2. Die Befristung der Vereinbarung vom 22.12.1999 über eine halbtägige Beschäftigung
der Klägerin auf den 16.11.2001 ist unwirksam. Die Befristung ist nicht durch einen
Sachgrund gedeckt, wie dies Voraussetzung für ihre Wirksamkeit wäre.
30
a) Die Wirksamkeit der Befristung hängt von ihrer Rechtfertigung durch einen
Sachgrund ab. Da der zu überprüfende Vertrag vor dem Inkrafttreten des TzBfG am
01.01.2001 abgeschlossen worden ist, ist er nach den bis dahin maßgeblichen
Grundsätzen der Befristungskontrolle zu überprüfen. Wegen der Gefahr der Umgehung
des gesetzlichen Kündigungsschutzes hat die vereinbarte Befristung nur Bestand, wenn
sie durch einen sachlichen Grund gedeckt ist. Dies gilt in vergleichbarer Weise für die
Überprüfung der Befristung des Arbeitsvertrages selbst wie auch bei der Überprüfung
einer befristet vereinbarten Aufstockung eines unbefristeten Teilzeitarbeitsverhältnisses
auf ein zeitlich begrenztes Ganztagsarbeitsverhältnis. Im ersten Fall gilt es eine nicht
gerechtfertigte Umgehung des Bestandsschutzes des Arbeitsverhältnisses nach §§ 1
31
gerechtfertigte Umgehung des Bestandsschutzes des Arbeitsverhältnisses nach §§ 1
Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG auszuschließen, im zweiten Fall droht die Umgehung des
Inhaltsschutzes des § 2 KSchG vor sozial ungerechtfertigten Vertragsänderungen (BAG
17.04.2002 7 AZR 665/00 AP Nr. 21 zu § 2 BAT SR 2 y; BAG 24.01.2001 7 AZR 208/99
EzA § 620 BGB Nr. 173).
b) Die Befristung der Vereinbarung über die Teilzeitbeschäftigung auf den 16.11.2001
ist nicht durch den Sachgrund der Vertretung gedeckt.
32
aa) Neben der hier unstreitig gegebenen vorübergehenden Stellenvakanz setzt der
Sachgrund der Vertretung voraus, dass zwischen dem zeitweiligen Ausfall des
Stammarbeitnehmers und der befristeten Beschäftigung der Aushilfskraft ein
ursächlicher Zusammenhang besteht. Es muss sichergestellt sein, dass die befristete
Vereinbarung mit der Vertretungskraft gerade wegen des durch den zeitweiligen Ausfall
des zu vertretenden Mitarbeiters entstandenen vorübergehenden
Beschäftigungsbedarfs abgeschlossen worden ist. Ein solcher Zusammenhang ist
unproblematisch zu bejahen, wenn die Aushilfskraft auf dem Arbeitsplatz des
vorübergehend ausfallenden Stammarbeitnehmers eingesetzt wird. Neben einer
solchen unmittelbaren Vertretung kann aber auch eine mittelbare Vertretung eine
Befristung rechtfertigen. Die befristete Beschäftigung zur Vertretung lässt die
Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt. Der Arbeitgeber
kann bei einem vorübergehenden Ausfall eines Stammarbeitnehmers darüber
bestimmen, ob er den Arbeitsausfall überhaupt überbrücken will, ob er die
Arbeitsaufgaben des ausfallenden Mitarbeiters der Vertretungskraft zuweist oder ob er
im Wege der Umverteilung die von dem zeitweilig verhinderten Arbeitnehmer zu
erledigenden Aufgaben anderen Mitarbeitern zuweist. Eine solche Umorganisation kann
so aussehen, dass ein neuer Arbeitsplan erstellt wird, in dem die Aufgaben des
zeitweilig ausgefallenen Mitarbeiters einem dritten Mitarbeiter übertragen werden und
für dessen bisherige Aufgaben nunmehr eine Vertretungskraft eingestellt wird. Der
notwendige Zusammenhang zwischen dem Ausfall des Stammarbeitnehmers und der
befristeten Beschäftigung der Vertretungskraft ist in diesen Fällen dann zu bejahen,
wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit hatte, den ausfallenden
Mitarbeiter in den Arbeitsbereich des Vertreters umzusetzen. Nur dann ist die
Vertretungskraft gerade wegen des durch den zeitweiligen Ausfall des zu vertretenden
Mitarbeiters entstandenen vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs eingestellt worden.
Der erforderliche zumindest mittelbare Zusammenhang zwischen dem Ausfall des
Stammarbeitnehmers und der Beschäftigung der Vertretungskraft fehlt hingegen, wenn
der Arbeitgeber den vorübergehenden Ausfall eines Mitarbeiters lediglich zum Anlass
nimmt, zeitweilig freiwerdende Mittel dazu zu verwenden, andere Aufgaben durch den
befristet eingestellten Arbeitnehmer erledigen zu lassen, ohne dass er diese auch dem
Stammarbeitnehmer hätte zuweisen können. Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise
bei der Überprüfung befristet abgeschlossener Arbeitsverträge wie auch bei der
Überprüfung einer befristeten Aufstockung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses über 50 %
der regelmäßigen Arbeitzeit auf ein Vollzeitarbeitsverhältnis (BAG 17.04.2002 7 AZR
665/00 AP Nr. 21 zu § 2 BAT SR 2 y; BAG 24.01.2001 7 AZR 208/99 EzA § 620 BGB
Nr. 173).
33
bb) Der für die Rechtfertigung durch den Sachgrund der Vertretung erforderliche
ursächliche Zusammenhang zwischen dem befristeten Vertragsschluss der Parteien
vom 22.12.1999 und dem fortbestehenden Ausfall der Stammkraft L5xx kann nach dem
unterbreiteten Sachverhalt nicht bejaht werden.
34
Eine unmittelbare direkte Vertretung liegt nicht vor. Unstreitig hat die Klägerin nicht die
Aufgaben wahrgenommen, die Frau L5xx bis zu ihrer Beurlaubung erledigt hatte.
35
Entgegen den Ausführungen des beklagten L6xxxx kann aber auch eine mittelbare
Vertretung entsprechend den obigen Grundsätzen nicht festgestellt werden. Das
beklagte L2xx hatte nicht die Möglichkeit, die von der Klägerin aufgrund des befristeten
Vertrages vom 22.12.1999 erledigten Schreibarbeiten im Referat Z 2 der ausgefallenen
Stammarbeitnehmerin L5xx zuzuweisen. Eine solche Zuweisung ist vom Direktionsrecht
des beklagten L6xxxx nicht gedeckt, weil Frau L5xx in die Vergütungsgruppe VI b
eingruppiert ist, während die Klägerin Schreibarbeiten der Vergütungsgruppe VII und
damit eine tariflich niedriger bewertete Tätigkeit verrichtet hat.
36
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beschränkt sich das
Direktionsrecht des Arbeitgebers des öffentlichen Dienst auf die Tätigkeiten der
Vergütungsgruppe, in die der Arbeitnehmer eingruppiert ist. Das Direktionsrecht erlaubt
es dem Arbeitgeber nicht, dem Arbeitnehmer eine Tätigkeit zu übertragen, die
geringerwertigen Merkmalen entspricht, als sie in der maßgeblichen Vergütungsgruppe
tariflich festgelegt sind. Neue Tätigkeiten können dem Arbeitnehmer damit nur
zugewiesen werden, wenn sie die Merkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen.
Ausschlaggebend für die Reichweite des Direktionsrechts ist dabei nicht nur der Schutz
der zugesagten Vergütung vor einer Verringerung. Der Arbeitgeber kann dem
Arbeitnehmer vielmehr auch dann keine niedriger zu bewertende Tätigkeit zuweisen,
wenn er diesem weiterhin die höhere Vergütung der bisherigen Vergütungsgruppe zahlt.
Für die Begrenzung des Direktionsrechts auf die Tätigkeiten der Vergütungsgruppe sind
auch die Wertigkeit der Tätigkeit nach der Verkehrsanschauung und das daraus
resultierende Sozialbild der Tätigkeit entscheidend. Bestandsschutz genießt der
Arbeitnehmer auch in seinem durch die Wertigkeit der verrichteten Tätigkeit
begründeten Sozialprestige. Eine Abwertung durch die Übertragung einer als
geringerwertig empfundenen Tätigkeit muss der Arbeitnehmer nicht hinnehmen. Der
zuvor mit inhaltlich höherwertigen Tätigkeiten betraute Arbeitnehmer ist nicht
verpflichtet, eine von den sachlichen Anforderungen geringer eingereihte Tätigkeit zu
übernehmen. Diese Grundsätze gelten für den im öffentlichen Dienst üblichen
Arbeitsvertrag, mit dem der Angestellte regelmäßig nicht für eine bestimmte im Vertrag
genau bezeichnete Tätigkeit eingestellt wird, sondern nur für einen allgemein
umschriebenen Aufgabenbereich, der lediglich durch die Nennung der
Vergütungsgruppe bezeichnet ist (BAG 30.08.1995 AP Nr. 44 zu § 611 BGB
Direktionsrecht; BAG 24.04.1996 AP Nr. 49 zu § 611 BGB Direktionsrecht).
37
Übertragen auf den hier zu entscheidenden Fall ergibt sich: Die Klägerin hat während
ihrer befristeten Tätigkeit Schreibarbeiten der Vergütungsgruppe VII verrichtet. Mit der
ausgefallenen Arbeitnehmerin L5xx hat das beklagte L2xx eine Tätigkeit der
Vergütungsgruppe VI b vereinbart. Die von der Klägerin verrichteten Schreibarbeiten
gehören nicht zu den Tätigkeiten, die die Tarifvertragsparteien der Vergütungsgruppe VI
b zugeordnet haben. Frau L5xx hätte nicht mit den Arbeiten betraut werden können, die
die Klägerin verrichtet hat. Die Einstellung der Klägerin lässt sich nicht auf den gerade
durch den Ausfall von Frau L5xx hervorgerufenen Beschäftigungsbedarf zurückführen.
Eine mittelbare Stellvertretung der Frau L5xx durch die Klägerin ist nicht gegeben. Die
Befristung ist nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt.
38
cc) Diesem Ergebnis kann das beklagte L2xx nicht mit dem Argument entgegentreten,
es sei gemäß § 22 Abs. 2 S. 2 BAT eingruppierungsgerecht, Frau L5xx unterhälftig ("49
39
%") mit Tätigkeiten einer niedrigeren Vergütungsgruppe zu betrauen. Diese
Argumentation übersieht, dass die Beschränkung des Direktionsrechts auf Tätigkeiten
der vereinbarten Vergütungsgruppe nicht lediglich dem Grundsatz einer tarifgerechten
Vergütungshöhe verpflichtet ist. Vielmehr geht es auch darum, das durch Qualifikation
und Wertigkeit der verrichteten Tätigkeit vermittelte Sozialprestige des Angestellten zu
wahren. Deshalb verbleibt es bei dem Grundsatz, dass es dem Arbeitgeber des
öffentlichen Dienstes verwehrt ist, dem Angestellten neue Tätigkeiten zuzuweisen, die
den Tätigkeitsmerkmalen einer niedrigeren Vergütungsgruppe entsprechen.
c) Die befristete Vereinbarung vom 22.12.1999 ist nicht aus haushaltsrechtlichen
Gesichtspunkten sachlich gerechtfertigt. Die Kammer lässt dahingestellt, ob einer
solchen Rechtfertigung die Regelung in Nr. 2 SR 2 y BAT entgegensteht. Das wäre der
Fall, wenn der Vertrag als befristeter Arbeitsvertrag zu qualifizieren wäre. Dann wäre
das beklagte L2xx entsprechend den Grundsätzen zur SR 2 y BAT auf
Befristungsgründe beschränkt, die der vereinbarten Befristungsgrundform der
Aushilfsangestellten entsprechen. Haushaltsgründe sind aber der Befristungsgrundform
der Zeitangestellten zuzurechnen (BAG 17.04.2002 AP Nr. 21 zu § 2 BAT SR 2 y.
Entscheidend und ausschlaggebend ist hier vielmehr, dass das beklagte L2xx keine
Haushaltsgründe für die Befristung anführt. Da das beklagte L2xx die Darlegungslast für
die Sachgründe der Befristung trägt, scheidet eine Rechtfertigung bereits mangels
entsprechenden Tatsachenvortrags aus. Das gilt sowohl für die Fallgestaltung des
befristeten Arbeitsvertrages wie für die befristete Änderung einzelner
Vertragsbedingungen (s.o.).
40
d) Die Befristung ist sachlich nicht gerechtfertigt und deshalb unwirksam. Die am
22.12.1999 getroffene Vereinbarung besteht über den 16.11.2001 hinaus fort. Neben
dem ohnehin unstrittig bestehenden unbefristeten Teilzeitarbeitsverhältnis ergibt sich
damit ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis. In diesem Sinne ist der feststellende
Tenor klargestellt worden.
41
III.
42
Das mit seiner Berufung unterlegene beklagte L2xx hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die
Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72
Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.
43
B./Hm.
44