Urteil des LAG Hamm vom 25.11.2009

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Landesarbeitsgericht Hamm, 2 Ta 275/09
Datum:
25.11.2009
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ta 275/09
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Herne, 5 Ca 3747/08
Schlagworte:
Rechtsweg: Keine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Aktienoptionen
aufgrund einer Zusage der Muttergesellschaft, wenn das
Arbeitsverhältnis mit einem Tochterunternehmen bestand.
Normen:
§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a, Nr. 4 a, 3 ArbGG
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts Herne vom 15.04.2009 – 5 Ca 3747/08 – wird
kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 61.620,30 €
festgesetzt.
G r ü n d e
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I
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Die Parteien streiten im Beschwerderechtszug über die Zulässigkeit des Rechtsweges.
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Der Kläger nimmt die Beklagte auf Auskehrung des Verkaufserlöses seiner
Aktienanteile in Anspruch.
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Der Kläger war vom 23.11.1998 bis zum 31.03.2006 zunächst als General Manager bei
der C2 C3 R3 S5 GmbH tätig. Am 07.09.1999 wurde der Kläger als Geschäftsführer in
das Handelsregister eingetragen. Gemäß Eintrag vom 05.12.2003 endete seine
Geschäftsführerbestellung noch im Jahre 2003. Nach Neubestellung wurde er als
Geschäftsführer wieder abberufen. Im Handelsregister ist unter dem 31.03.2006
eingetragen, dass der Kläger nicht mehr als Geschäftsführer fungiert.
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Die Beklagte erwarb im Jahre 2001 alle Geschäftsanteile der C2 C3 R3 S5 GmbH.
Nachdem die Beklagte im Jahre 2005 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war,
kam es zu einer erfolgreichen Umstrukturierung. Ausstehende Anleihen wurden in
Eigenkapital umgewandelt und neues Eigenkapital zugeführt. Leitende Mitarbeiter
wurden durch Aktien am umstrukturierten Unternehmen beteiligt. Die
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Mitarbeiterbeteiligung wurde im Gesellschaftsvertrag der Beklagten im Einzelnen
festgelegt.
Der Kläger nutzte die ihm eingeräumte Möglichkeit, Anteile zu erwerben und erwarb im
Jahre 2005 5.626 stimmberechtigte sowie 385.639 nicht stimmberechtigte Anteile der
Beklagten.
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Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der C2 wurde zum 31.03.2006 beendet.
Die Beklagte informierte den Kläger unter dem 22.05.2006, dass seine Aktien in seinem
Namen auf die C5 Limited übertragen werden würden und der Auszahlungspreis für ihn
als Bad Leaver 675,19 GBP betrage.
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Der Kläger meint, ihm stünde der Marktwert seiner Anteile in Höhe von 174.800 GBP zu.
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Das Arbeitsgericht hat auf Bedenken bezüglich der Zulässigkeit des Rechtsweges
aufmerksam gemacht, welche die Beklagte aufgegriffen hat.
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Der Kläger vertritt die Auffassung, der Rechtsweg zu Arbeitsgerichten sei jedenfalls im
Hinblick auf § 3 ArbGG eröffnet. Die Beklagte habe als Obergesellschaft seiner
Vertragsarbeitgeberin leitende Mitarbeiter durch Aktien an dem umstrukturierten
Unternehmen beteiligt. Diese Beteiligung sei deshalb ein Teil seiner Vergütung für
seine Tätigkeit als General Manager und stehe daher in einem unmittelbaren
Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe des
angefochtenen Beschluss sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 15.04.2009 die Unzulässigkeit des
Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen festgestellt und den Rechtsstreit an
das Landgericht Kempten/Allgäu verwiesen. Zur Begründung seines dem Kläger am
23.04.2009 zugestellten Beschlusses hat es ausgeführt, es könne offenbleiben, ob der
Kläger zur C2 überhaupt in einem Arbeitsverhältnis im Sinne des
Arbeitsgerichtsgesetzes gestanden habe. Selbst wenn man dies unterstelle, sei dieses
Rechtsverhältnis nicht Grundlage der streitgegenständlichen Ansprüche gegen die
Beklagte. Die Gewährung der Aktienoptionen sei nicht im Arbeitsvertrag, sondern in
einem gesonderten Gewährungsvertrag niedergelegt worden. Da der Kläger das
Angebot der Beklagten angenommen habe, sei zwischen den Parteien neben einem
eventuellen Arbeitsverhältnis zur C2 bezüglich der Aktienbeteiligung ein eigenständiger
Vertrag zustande gekommen. Die Beklagte sei auch nicht als Rechtsnachfolgerin i.S.v.
§ 3 ArbGG der vermeintlichen Arbeitgeberin des Klägers anzusehen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts
Bezug genommen.
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Die dagegen gerichtete
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sofortige Beschwerde
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des Klägers ist am 07.05.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Auf den
Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts vom 03.06.2009 wird ebenfalls Bezug
genommen.
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Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Kläger vor, die Aktien seien ihm von der
Beklagten zum Kauf angeboten worden, weil er als Arbeitnehmer der C2 C3 R3 GmbH
für den Konzern der Beklagten das Geschäft in Kontinentaleuropa, in erster Linie in
Deutschland, betreut habe. Der Kaufpreis sei äußerst niedrig angesetzt worden, um ihn
über den zu erzielenden Verkaufserlös zu besonderen Leistungen anzuspornen. Die
Vermischung von aktienrechtlichen mit arbeitsrechtlichen Rechtspositionen sei in sich
widersprüchlich und stelle einen Gestaltungsmissbrauch dar, der es der Beklagten
verwehre, sich auf die fehlende Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen zu berufen.
Die Beklagte müsse sich zumindest gemäß § 3 ArbGG als Arbeitgeberin behandeln
lassen.
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Die Beklagte beantragt,
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die sofortige Beschwerde des Klägers zurückzuweisen.
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Die Beklagte verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss und verweist ergänzend auf § 5
Abs. 1 Satz 3 ArbGG.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlage ergänzend Bezug genommen.
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II
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Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht
hat zu Recht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt.
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1. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte folgt nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG und
auch nicht aus § 2 Nr. 4 a ArbGG, denn die Beklagte ist nicht Arbeitgeberin des Klägers
gewesen. Zwar gibt es keine gesetzliche Definition des Arbeitgeberbegriffes. Es kann
aber auf den allgemeinen Arbeitgeberbegriff zurückgegriffen werden, wonach es darauf
ankommt, ob ein Beschäftigungsverhältnis besteht. Danach ist jedenfalls Arbeitgeber
diejenige natürliche oder juristische Person, mit der ein Arbeitsvertrag geschlossen
worden ist (Germelmann/-Matthes/Schlewing, ArbGG, 7. Aufl., § 2 Rdnr. 51). Auch bei
der Beschäftigung innerhalb von Konzernunternehmen muss unterschieden werden, ob
gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien des
Rechtsstreits besteht (vgl. BAG vom 15.03.2000 – 5 AZB 70/99, NJW 2000, 2690).
Bestehen wie hier keine arbeitsvertraglichen Beziehungen, ist der Rechtsweg zu
Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG nicht eröffnet (vgl. BAG vom
27.08.2008 – 5 AZB 71/08, NZA 2008, 1259).
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2. Die Beklagte kann nicht als Rechtsnachfolgerin gemäß § 3 ArbGG angesehen
werden. Die Beklagte hat die Rechtsnachfolge der C2 weder kraft Gesetzes noch kraft
Vereinbarung angetreten. Entgegen der Auffassung des Klägers kann sie nicht deshalb
als Arbeitgeberin angesehen werden, weil sie den Kläger aufgrund ihrer
Gesellschaftssatzung Aktien verkauft hat. Wenn die Beklagte gegenüber dem Kläger als
Vertragspartnerin aufgetreten ist, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass sie damit als
Arbeitgeberin aufgetreten ist. Hintergrund ist vielmehr die Mitarbeiterbeteiligung im
Rahmen der laufenden finanziellen Umstrukturierung wie sie in dem Schreiben der L5
Group Limited vom 25.02.2005 zum Ausdruck kommt. Ein innerer Zusammenhang mit
dem Arbeitsverhältnis, insbesondere der vom Kläger vermutete Leistungsanreiz, wird
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dadurch nicht belegt. Die Modalitäten über den schädlichen oder unschädlichen Austritt
kann nicht als Ergänzung des Arbeitsvertrages aufgefasst werden, sondern es handelt
sich dabei um eigenständig geregelte Bedingungen des Aktienkaufs und der
Festlegung des Preises für die zu verkaufenden Anteile. Dies kann ohne die Gefahr
divergierender Entscheidungen eigenständig geprüft werden. Deshalb ist der
Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet, wenn wie hier der Mutterkonzern im
Zuge einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung den Mitarbeitern Aktienoptionen
einräumt, Arbeitgeber aber ein Tochterunternehmen ist (LAG München vom 19.01.2008
– 11 Ta 356/07, juris, nachgehend BAG vom 21.05.2008 – 5 AZB 18/08). Die
Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien können von den ordentlichen Gerichten
überprüft werden, ohne dass im Verhältnis zu den Arbeitsgerichten die Gefahr
divergierender Entscheidungen besteht.
3. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist auch deshalb nicht eröffnet, weil der
Kläger gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG vertretungsberechtigter Geschäftsführer der C2
war. Danach gelten diejenigen Personen, die zur Vertretung der GmbH befugt waren,
nicht als Arbeitnehmer, auch wenn sie möglicherweise aufgrund eines Arbeitsvertrages
tätig geworden sind (vgl. BAG vom 03.02.2009 – 5 AZB 100/08, NJW 2009, 2078). Das
Arbeitsgericht hat daher zu Recht in seinem Nichtabhilfebeschluss darauf hingewiesen,
dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten wegen der fehlenden
Arbeitnehmereigenschaft des Klägers nicht eröffnet ist.
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III
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Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens richtet sich nach dem Wert der
Hauptsache. Wegen der eingeschränkten Rechtskraft im
Rechtswegbestimmungsverfahrens sind davon 3/10 veranschlagt worden.
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