Urteil des LAG Hamm vom 09.10.2003

LArbG Hamm: geschäftsführer, bevollmächtigung, anscheinsvollmacht, wirksame vertretung, vertretungsmacht, vertragsschluss, gespräch, prokurist, gesellschaft, arbeitsgericht

Landesarbeitsgericht Hamm, 8 Sa 817/03
Datum:
09.10.2003
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 Sa 817/03
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Arnsberg, 3 (2) Ca 833/02
Schlagworte:
Arbeitsvertrag / Einstellung / Vertretungsmacht / Anscheinsvollmacht
Normen:
BGB §§ 164 ff.
Rechtskraft:
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg
vom 03.04.2002 - 3 (2) Ca 833/02 - wird auf Kosten des Klägers
zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten zum einen um die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsvertrag
zustande gekommen ist. Zum anderen wendet sich der Kläger gegen eine vorsorglich
von Seiten der Beklagten ausgesprochene Kündigung vom 14.06.2002 und macht
insoweit den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 30.04.2003 geltend. Weiter
verlangt der Kläger die Zahlung von Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des
Verzuges.
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Zur Begründung seiner Klageanträge hat der Kläger im ersten Rechtszuge vorgetragen,
nach vorangehenden Erörterungen und Übersendung eines schriftlichen
Arbeitsvertragsentwurfs habe er mit den damaligen Geschäftsführern der Beklagten -
den Herren P2xx und Dr. H3xxxxxxx - auf der Messe in F2xxxxxxx am 14.04.2002
konkrete Vertragsverhandlungen geführt. Am folgenden Tage habe ihn Herr Dr.
H3xxxxxxx nach abschließender Klärung offen gebliebener Fragen per Handschlag
verbindlich eingestellt und ihn gegenüber diversen Abteilungsleitern, darunter auch dem
Prokuristen K3xxxx, vorgestellt, welcher ihn - den Kläger - ausdrücklich als neuen
Mitarbeiter willkommen geheißen habe. Nachdem zwischenzeitlich der Geschäftsführer
Dr. H3xxxxxxx abberufen sei, leugne die Beklagte zu Unrecht das Zustandekommen
eines Arbeitsvertrages.
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Durch Urteil vom 03.04.2003 (Bl. 81 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren
erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die
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Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden,
unabhängig davon, ob es zu einer abschließenden Einigung zwischen dem Kläger und
dem damaligen Geschäftsführer Dr. H3xxxxxxx gekommen sei, habe die Beklagte auf
diese Weise nicht wirksam vertreten werden können. Nach der aus dem Handelsregister
ersichtlichen gesellschaftsvertraglichen Vertretungsregelung sei eine wirksame
Vertretung nur durch mehrere Geschäftsführer bzw. durch einen Geschäftsführer und
einen Prokuristen möglich. Ein etwaiger Vertragsschluss durch Herrn Dr. H3xxxxxxx
allein könne die Beklagte damit nicht verpflichten. Dieser Vertretungsmangel sei auch
nicht durch etwaige Äußerungen des Prokuristen K3xxxx im Nachhinein geheilt worden.
Selbst wenn der Prokurist K3xxxx in den nachfolgenden Gesprächen mit dem Kläger
davon ausgegangen sei, dass ein Arbeitsvertrag bereits begründet sei, bedeute dies
nicht, dass der Prokurist K3xxxx durch seine Äußerungen einen Vertragsschluss habe
genehmigen wollen. Schließlich sei es der Beklagten auch nicht gemäß § 242 BGB
verwehrt, sich auf einen Verstoß gegen die gesellschaftsvertraglichen Vertretungs- und
Genehmigungsregeln zu berufen. Schon nach dem Inhalt des übersandten
Arbeitsvertragsentwurfs sei erkennbar gewesen, dass ohnehin mündliche
Vereinbarungen keine Wirksamkeit haben sollten. Aus diesem Grunde habe der Kläger
auf eine mündliche Erklärung des Geschäftsführers Dr. H3xxxxxxx nicht vertrauen
können.
Gegen das ihm am 24.04.2003 zugestellte Urteil richtet sich die rechtzeitig eingelegte
und begründete Berufung des Klägers.
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Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens macht der Kläger geltend,
jedenfalls nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht müsse sich die Beklagte das
Handeln des damaligen Geschäftsführers Dr. H3xxxxxxx zurechnen lassen. Ein
entsprechender Anschein der Vertretungsmacht ergebe sich hier nämlich schon daraus,
dass das der Einstellung unmittelbar vorangehende Gespräch vom 14.04.2002 oder
11.04.2002 - wie der Kläger behauptet - im Beisein beider Geschäftsführer geführt
worden sei. Die Fortführung des Gesprächs am 15.04.2002 durch Herrn Dr. H3xxxxxxx
allein beruhe darauf, dass der Geschäftsführer P2xx an diesem Tage verhindert
gewesen sei. Auf dieser Grundlage habe der Kläger von einer Alleinbevollmächtigung
des Dr. H3xxxxxxx ausgehen können.
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Ergänzend hat der Kläger im Termin vom 09.10.2003 behauptet, Herr Dr. H3xxxxxxx sei
ausdrücklich im vorliegenden Zusammenhang vom Mitgeschäftsführer P2xx zur
Einstellung des Klägers bevollmächtigt worden. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht im
Übrigen die Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass der Prokurist K3xxxx dem Kläger
nach dem vollzogenen Vertragsschluss per Handschlag als erster zur Einstellung
gratuliert und ihm für die künftige Mitarbeit alles Gute gewünscht habe. Hierin liege
eindeutig eine Genehmigung des vorangehenden Vertragsschlusses. Soweit das
Arbeitsgericht schließlich auf die arbeitsvertragliche Schriftformklausel verweise, sei
diese wegen des als verbindlich gewollten mündlichen Vertragsschlusses hier
unmaßgeblich.
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Nach Beschränkung des Feststellungsbegehrens bis zum 30.04.2003 beantragt der
Kläger zuletzt,
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unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen
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Urteils
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1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende
Arbeitsverhältnis nicht durch Kündigung vom 14.06.2002 zum
31.07.2002 beendet ist, sondern bis zum 30.04.2003 ungekündigt
fortbestanden hat.
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1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 35.000,-- EUR zzgl. 8% Zinsen über
dem Basiszinssatz auf 8.500,-- EUR ab dem 01.06.2002, auf 10.500,-- EUR ab
dem 01.07.2002 und auf jeweils 7.000,-- EUR ab dem 01.08.2002 und 01.10.2002
zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung unter Wiederholung des
erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend und führt aus, zum einen sei in dem
maßgeblichen Gespräch zwischen dem Kläger und Herrn D1. H3xxxxxxx eine
abschließende Klärung sämtlicher Vertragsfragen noch gar nicht erfolgt; insbesondere
habe noch geprüft werden sollen, ob aus steuerlichen Gründen eine Einstellung des
Klägers als österreichischem Staatsbürger nicht bei der Beklagten, sondern bei der
österreichischen Schwester-Gesellschaft erfolgen solle. Zum anderen sei Herr Dr.
H3xxxxxxx ohnehin nach dem Inhalt des Gesellschaftervertrages zur Alleinvertretung
der Beklagten nicht berechtigt. Ebenso wenig treffe es zu, dass Herr K3xxxx dem Kläger
gratuliert habe. Hierfür habe keinerlei Veranlassung bestanden. Zu keinem Zeitpunkt
habe der Kläger danach darauf vertrauen können, dass bereits ein Arbeitsvertrag
zustande gekommen sei. Wenn der Kläger gleichwohl in Erwartung eines
Vertragsschlusses sein bislang bestehendes Arbeitsverhältnis gekündigt habe, gehe
dies nicht zu Lasten der Beklagten.
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Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben über die Behauptung des Klägers, der
damalige Geschäftsführer Dr. H3xxxxxxx sei vom Geschäftsführer P2xx ausdrücklich
bevollmächtigt worden, einen Arbeitsvertrag mit dem Kläger abzuschließen, durch
uneidliche Vernehmung des Zeugen Dr. H3xxxxxxx. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 09.10.2003 Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.
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Die Kammer folgt der zutreffenden Begründung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Auch
auf der Grundlage des zweitinstanzlichen Vorbringens des Klägers und der ergänzend
durchgeführten Beweisaufnahme ergibt sich kein anderes Ergebnis.
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I
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Zwischen den Parteien ist ein Arbeitsverhältnis nicht zustande gekommen.
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Unabhängig davon, ob zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer D1. H3xxxxxxx
in dem Gespräch vom 15.04.2002 bereits eine abschließende rechtsgeschäftliche
Einigung zustande gekommen ist, obgleich eine vollständige Klärung einzelner Punkte
noch nicht erfolgt war und die vorgesehene Beurkundung des Vertrages noch fehlte (vgl.
die Auslegungsregel des § 154 Abs. 2 BGB), setzt ein wirksamer Vertragsschluss ein
Handeln des Dr. H3xxxxxxx mit Vertretungsmacht voraus.
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1. Nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages bedurfte es hierzu des Handelns zweier
Geschäftsführer oder des gemeinsamen Handelns eines Geschäftsführers und eines
Prokuristen. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich des Einstellungsgesprächs vom
15.04.2002 unzweifelhaft nicht vor.
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2. Unabhängig von diesen Regeln der gesellschaftsvertraglichen Vertretungsmacht
kommt allerdings eine rechtsgeschäftlich begründete Vertretungsmacht aufgrund
entsprechender Bevollmächtigung in Betracht. So kann im Falle der Gesamtvertretung
der eine Gesamtvertreter den anderen zur Vornahme eines einzelnen Rechtsgeschäfts
wirksam bevollmächtigen, so dass dieser nunmehr nach den Vorschriften der §§ 164 ff.
BGB die Gesellschaft vertreten kann.
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Der Kläger hat zwar eine solche Bevollmächtigung behauptet, die Beklagte hat eine
solche Bevollmächtigung jedoch bestritten. Bei seiner Vernehmung hat der
Geschäftsführer Dr. H3xxxxxxx eine solche Bevollmächtigung ausdrücklich in Abrede
gestellt. Auch wenn dem Zeugen Dr. H3xxxxxxx hinsichtlich des Gesprächsverlaufs und
weiterer Modalitäten ersichtlich eine klare Erinnerung fehlt und im Übrigen - schon mit
Rücksicht auf die Vorschrift des § 179 BGB - ein eigenes Interesse des Zeugen am
Ausgang des Rechtsstreits nicht von der Hand zu weisen ist, vermag dies nichts daran
zu ändern, dass der Kläger mit der Aussage des Zeugen Dr. H3xxxxxxx die von ihm
behauptete Einzelbevollmächtigung nicht nachweisen kann. Nach der Aussage des Dr.
H3xxxxxxx ist weder eine definitive Einstellung erfolgt, noch hat gar im Vorfeld der
Mitgeschäftsführer P2xx ihm - dem Zeugen Dr. H3xxxxxxx - eine entsprechende
Alleinentscheidungsbefugnis im Sinne einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht erteilt. Bei
seiner Vernehmung vor dem Landesarbeitsgericht hat der Zeuge dies mit Bestimmtheit
ausgeschlossen.
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Die Beweislast für die Bevollmächtigung des rechtsgeschäftlichen Vertreters liegt bei
demjenigen, der sich auf einen wirksam Vertragsschluss mit dem Vertretenen - der
Beklagten - beruft (MünchKomm-Schramm, 4. Aufl., § 164 BGB Rz 141 m.w.N.).
Verbleibende Zweifel gehen damit zu Lasten des Klägers. Allein die Tatsache, dass das
Einstellungsgespräch vom 15.04. die Fortsetzung der Verhandlungen vom 14.04.2003
darstellte, an welchem - wie als wahr unterstellt werden kann - auch der Geschäftsführer
P2xx teilgenommen hatte, stellt kein hinreichendes Indiz für eine interne
Bevollmächtigung des Herrn Dr. H3xxxxxxx zum verbindlichen Vertragsschluss dar.
Auch im Fall einer - wie der Kläger vorträgt - krankheitsbedingten Verhinderung des
Mitgeschäftsführers P2xx kann im Zweifel vielmehr allein von einer
Verhandlungsvollmacht des Dr. H3xxxxxxx ausgegangen werden.
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3. Entgegen der Auffassung des Klägers liegen auch die Voraussetzungen einer
rechtsgeschäftlichen Anscheinsvollmacht nicht vor.
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Voraussetzung für das Zustandekommen eines Vertrages nach den Regeln der
Anscheinsvollmacht ist es, dass der Vertretene in zurechenbarer Weise den Anschein
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einer Bevollmächtigung des Vertreters gesetzt hat. Der Vertrauenstatbestand, welcher
die rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Vertretenen begründet, muss danach in
zurechenbarer Weise vom Vertretenen gesetzt werden, nicht hingegen genügt es für die
Annahme einer Anscheinsvollmacht, dass der Vertreter gegenüber der gegnerischen
Vertragspartei einen solchen Anschein erweckt (MünchKomm-Schramm, 4. Aufl., § 167
BGB Rz 57 m.w.N.).
Dementsprechend ist ohne Belang, ob Herr Dr. H3xxxxxxx seinerseits den Eindruck
erweckt hat, er sei generell oder im vorliegenden Zusammenhang zur Alleinvertretung
der Gesellschaft berechtigt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die beklagte Gesellschaft
(handelnd durch ihre Organe) einen entsprechenden Anschein geweckt hat.
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Als "Anscheinstatbestand", welcher aus der Sicht des Klägers auf eine
rechtsgeschäftlich begründete Alleinvertretungsmacht des Dr. H3xxxxxxx deutete,
kommt hier allein die vom Kläger behauptete Teilnahme des Geschäftsführers P2xx an
den vorangehenden Vertragsverhandlungen sowie dessen krankheitsbedingte
Verhinderung am 15.04.2002 in Betracht. Auch wenn man insoweit den Vortrag des
Klägers der rechtlichen Beurteilung zugrundelegt, rechtfertigte dieser Sachverhalt nicht
die Annahme des Klägers, dem verbliebenen Verhandlungspartner stehe allein wegen
der Verhinderung des anderen die Befugnis zu, die Gesellschaft allein zu vertreten bzw.
zugleich für den abwesenden Gesamtvertreter mit zu entscheiden. Die subjektive
Erwartung des Klägers, der verbliebene Verhandlungsführer und Mitgeschäftsführer Dr.
H3xxxxxxx sei - abweichend von den gesellschaftsvertraglichen Vertretungsregeln -
allein zur Einstellung bevollmächtigt, wird weder durch die vorgetragenen Umstände
ausreichend gestützt, noch ist ersichtlich, inwiefern der Beklagten ein etwaiger Anschein
der Bevollmächtigung zuzurechnen sein sollte.
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Soweit der Kläger hiergegen einwendet, jedenfalls auf dem Gebiet des Arbeitsrechts sei
es völlig lebensfern, von einem Arbeitnehmer einen Einblick in das Handelsregister
hinsichtlich der maßgeblichen Vertretungsverhältnisse im einstellenden Unternehmen
zu verlangen, greift dieser Einwand nicht durch. Zweifellos ist richtig, dass ein
Arbeitnehmer typischerweise vor Abschluss eines Arbeitsvertrages keinen Einblick in
das Handelsregister nimmt, zumal er im Zweifel ohnehin nicht von
gesellschaftsvertraglich bestellten O1xxx-Vertretern, sondern von der Personalabteilung
auf der Grundlage einer rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung eingestellt wird.
Etwaige Mängel der Vertretungsmacht werden sich dann u.U. nach den Regeln der
Duldungs- oder Anscheinsvollmacht überwinden lassen. Ist allerdings für den
Arbeitnehmer wegen des vorgesehenen Abschlusses eines schriftlichen Arbeits-
vertrages erkennbar, dass die Einstellungsentscheidung nicht beim Gesprächspartner
(Personal-Sachbearbeiter), sondern "höheren Orts" erfolgt, kann für die Annahme einer
Anscheinsvollmacht des Sachbearbeiters nicht genügen, dass dieser sich eine
entsprechende Befugnis anmaßt. Es entspricht der gesetzlich geregelten
Risikozuweisung der §§ 164 ff. BGB, dass Mängel der Vertretungsmacht im Grundsatz
nicht zu Lasten der vertretenen Vertragspartei gehen. Soweit nicht ausnahmsweise die
Grundsätze des Ver-trauensschutzes nach den Regeln der §§ 170 ff. BGB oder den
Regeln der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht eingreifen, treffen die Folgen
vollmachtlosen Handelns gemäß § 179 BGB den handelnden Vertreter persönlich und
nicht den Vertretenen. Hiervon grundsätzlich auf dem Gebiet des Arbeitsrechts
abzuweichen, besteht keine Grundlage. Für den Kläger, welcher in gehobener Position
für die Beklagte tätig werden sollte und seine Vertragsverhandlungen unmittelbar auf
der Ebene der Geschäftsleitung führte, musste sich danach - erst recht wegen der
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vorgesehenen Beurkundung des Vertragsschlusses - ohne weiteres von selbst die
Frage stellen, ob allein durch Erklärungen eines Geschäftsführers ein rechtswirksamer
Vertrag mit der Beklagten zustande kommen konnte.
4. War nach alledem Herr Dr. H3xxxxxxx zur Alleinvertretung der Beklagten weder
gesellschaftsvertraglich noch auf der Grundlage rechtsgeschäftlicher Bevollmächtigung
oder Anscheinsvollmacht befugt, so ist der nach Behauptung des Klägers per
Handschlag geschlossene Vertrag auch nicht nachträglich durch mündliche
Genehmigung wirksam geworden. Richtig ist zwar, dass nach dem Inhalt des
Gesellschaftsvertrages eine Vertretung der Beklagten auch durch das Zusammenwirken
eines Geschäftsführers und eines Prokuristen möglich war. Weder hat indessen der
Prokurist K3xxxx am Vertragsschluss unmittelbar mitgewirkt, noch kann seine
Gratulation zur Einstellung des Klägers im Sinne einer nachträglichen Genehmigung
des vollmachtlosen Handelns des Dr. H3xxxxxxx verstanden werden. Weder war - wie
bereits das Arbeitsgericht ausgeführt hat - dem Prokuristen K3xxxx die konkrete
Vertragsgestaltung überhaupt bekannt, noch kann ein entsprechender
"Genehmigungswille" angenommen werden. Dies würde nämlich voraussetzen, dass
dem Prokuristen K3xxxx das vorangehende, vollmachtlose Handeln des
Geschäftsführers Dr. H3xxxxxxx bewusst war und er einen entsprechenden
Genehmigungswillen oder zumindest ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein
besaß (vgl. MünchKomm-Schramm a.a.O. § 177 BGB Rz 27). Mangels Kenntnis des
vollmachtslosen Handelns bedeutete aber die Gratulation zur Einstellung des Klägers
allein eine tatsächliche Geste ohne jeden Geschäftswillen. Entsprechendes gilt auch für
den Vortrag des Klägers, Herr K3xxxx habe auch nach Ausscheiden des Dr. H3xxxxxxx
"alle Abmachungen bestätigt und einen Besprechungstermin für die Vorgehensweise in
Russland für den 27.05.2002 festgelegt". Der Kläger trägt selbst nicht vor, in dem
Gespräch mit Herrn K3xxxx sei die Wirksamkeit des Vertragschlusses im Hinblick auf
die fehlende Alleinvertretungsmacht des Dr. H3xxxxxxx in Zweifel gezogen worden,
Herr K3xxxx habe gleichwohl - aufgrund seiner Vertretungsmacht als Prokurist - den
Vertragschluss genehmigt. Weder objektiv noch aus der Sicht des Klägers konnte den
Umständen nach das Gespräch mit Herrn K3xxxx dahingehend verstanden werden, das
- unterstellte - eigenmächtige vollmachtlose Handeln des Herrn Dr. H3xxxxxxx und der
infolgedessen schwebende unwirksame Vertragsschluss mit dem Kläger sollten
nunmehr genehmigt und so dem Arbeitsvertrag doch noch Wirksamkeit verschafft
werden. Vielmehr ging es, nachdem der Kläger vom Ausscheiden des Dr. H3xxxxxxx
erfahren hatte, darum, die Modalitäten der Arbeitsaufnahme auf der Grundlage des
vermeintlich zustande gekommenen Arbeitsvertrages zu klären. Erst nachträglich, und
zwar nach dem Vortrag des Klägers am 16./17.05.2002, entstanden durch den Anruf des
Geschäftsführers P2xx beim Kläger Zweifel an der Wirksamkeit des mündlich
geschlossenen Arbeitsvertrages. In dem zuvor geführten Gespräch zwischen dem
Kläger und dem Prokuristen K3xxxx bestand danach für eine ausdrückliche oder
konkludente Genehmigungserklärung kein Anlass. Damit muss es bei der Feststellung
verbleiben, dass ein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien auch nicht durch
nachträgliche Genehmigung zustande gekommen ist.
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Da nach den vorstehenden Ausführungen ein Arbeitsvertrag nicht zustande gekommen
ist, geht die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung und das hiergegen
gerichtete Klagebegehren ins Leere. Ebenso wenig kann der Kläger Vergütung unter
dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges beanspruchen.
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III
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Die Kosten der erfolglosen Berufung hat der Kläger zu tragen.
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IV
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 ArbGG liegen nicht
vor.
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gez.: Dr. Dudenbostel
Delseith
Tillmann
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