Urteil des LAG Hamm vom 09.06.2005

LArbG Hamm: umkehr der beweislast, geschäftsführer, vergütung, mehrarbeit, koch, ferien, freizeit, arbeitsgericht, abgeltung, hauptbetrieb

Landesarbeitsgericht Hamm, 15 Sa 554/05
Datum:
09.06.2005
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 Sa 554/05
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Herne, 1 Ca 2591/04
Schlagworte:
Überstundenvergütung; Darlegungs- und Beweislast.
Normen:
§ 612 BGB
Rechtskraft:
Die Revision wird nicht zugelassen
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne
vom 26.01.2005 - 1 Ca 2591/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
T a t b e s t a n d
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Die Parteien streiten über Überstundenvergütung.
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Der Kläger war vom 01.07.2003 bis zum 30.06.2004 als Gastronomieleiter bei der
Beklagten beschäftigt, die in D1xxxxx ein Kindervergnügungszentrum mit
angeschlossener Gastrono-mie betreibt. In § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom
10.06.2003 heißt es wie folgt:
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"Die regelmäßige Arbeitszeit richtet sich nach der betriebsüblichen Zeit. Sie
beträgt zur Zeit 38,5 Stunden in der Woche ohne Berück-sichtigung von
Pausen.
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Der Arbeitgeber ist berechtigt, aus dringenden betrieblichen Erfor-dernissen
eine Änderung der Arbeitszeiteinteilung vorzunehmen.
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Der Arbeitnehmer erklärt sich bereit, im Falle betrieblicher Notwen-digkeit bis zu
15 Überstunden pro Woche zu leisten."
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Die monatliche Vergütung des Klägers betrug 2.100,00 € brutto, die jeweils am
Monatsende fällig war. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch Kündigung der
Beklagten vom 27.04.2004 mit Ablauf des 30.06.2004 beendet worden.
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Mit Schreiben vom 06.07.2004 wies der Prozessbevollmächtigte des Klägers die
Beklagte unter anderem darauf hin, dass der Kläger in der Zeit seiner Beschäftigung in
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erheblichem Umfang Überstunden geleistet habe. Zugleich forderte er die Beklagte auf,
als Vergütung hierfür einen Betrag von 6.814,77 € brutto bis zum 21.07.2004 zu zahlen.
Wegen der weite-ren Einzelheiten des Schreibens vom 06.07.2004 wird auf Bl. 19 f. d.A.
verwiesen.
Unter dem 15.07.2004 lies die Beklagte den geltend gemachten Anspruch auf
Überstunden-vergütung zurückweisen. Mit Klageschrift vom 20.07.2004, die am
16.08.2004 beim Arbeits-gericht Herne einging und der Beklagten am 21.08.2004
zugestellt wurde, verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter.
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Zur Begründung seiner Forderung hat der Kläger vorgetragen, es sei bei
Vertragsabschluss geplant gewesen, dass er am Wochenende an zwei Arbeitstagen á
acht Stunden und in der Wochen an drei Tagen á sechs Stunden habe arbeiten sollen.
Dies habe eine Wochenar-beitszeit von 36 Stunden ergeben. Die restlichen 2,5 Stunden
pro Woche hätten für notwen-dige Mehrarbeit an Feiertagen und in Ferienzeiten
verwendet werden sollen. Gegen Ende des Beschäftigungsjahres hätten die
Geschäftsführer der Beklagten an Hand der auf ihre Anweisung von jedem Mitarbeiter
monatlich gefertigten "Stundenabrechnung Mitarbeiter" nachrechnen wollen, ob zuviel
oder zuwenig Stunden geleistet worden seien. Eventuelle Überstunden hätten dann
zum Ende des Beschäftigungsjahres mit Freizeit abgegolten wer-den sollen.
Dementsprechend habe er die Stundennachweise, welche die Beklagte als Vor-druck
an alle Arbeitnehmer des Betriebs monatlich verteilt habe, jeweils monatsweise bei der
Beklagten abgegeben. Aus den Stundennachweisen ergebe sich, dass er in der Zeit
von Juli 2003 bis Mai 2004 insgesamt 499,25 Überstunden geleistet habe. Durch die
unbeanstandete Entgegennahme der Stundennachweise habe die Beklagte einen
Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass die aufgelisteten Stunden als von
ihr veranlasst anerkannt seien.
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Die von ihm geleisteten Überstunden seien erforderlich gewesen. Der Betrieb der
Beklagten sei von Montags bis Freitags von 14 – 19 Uhr, Samstags und Sonntags von
11 – 19 Uhr sowie an Feiertagen und Ferientagen von 11 – 19 Uhr geöffnet gewesen.
Die Geschäftsfüh-rer der Beklagten seien nur ausnahmsweise in dem Betriebsteil
gewesen, in dem er tätig gewesen sei. Hauptsächlich hätten die Geschäftsführer sich im
ca. 50 Meter weiter entfern-ten Hauptbetrieb aufgehalten. Neben dem Koch, dessen
Arbeitsverhältnis im Okto-ber/November 2003 beendet worden sei, sei er, der Kläger,
der einzige Festangestellte ge-wesen. Auf Grund Arbeitgeberanweisung sei er immer
ca. 30 Minuten vor der Öffnungszeit anwesend gewesen, um den Betrieb für die Gäste
vorbereiten zu können. Außerdem habe er jeweils zum Feierabend den Betrieb
abschließen und dafür sorgen müssen, dass alles aufgeräumt worden sei, habe Kasse
machen müssen usw.. Das habe je nach Anzahl der Kunden in der Regel ca. 30
Minuten in Anspruch genommen.
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Im Hauptbetrieb der Beklagten sei außerdem ein Schlüsselkasten für ihn eingerichtet
gewe-sen. Morgens habe er vor Arbeitsantritt den Schlüssel dort abgeholt und nach
Schließung des Betriebs wieder dort deponiert. Hierin sei schlüssig die Anweisung der
Beklagten zu se-hen gewesen, den Betrieb morgens zu öffnen und abends zu
schließen. Zugang zu diesem Schlüssel habe anfangs nur er, der Kläger, gehabt. Nach
Einarbeitung der Zeugen M2xxxxxx D3xxxx und M3xxxx M4xxxxx hätten diese
gelegentlich den Schlüssel abholen und deponieren dürfen.
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Die Beklagte habe auch einen Stundenplan bezogen auf eine normale Woche
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herausgege-ben. Hieraus ergebe sich, dass er bei einer normalen Woche außerhalb der
Ferien insge-samt 44,5 Stunden und in den Ferien jeweils 59,5 Stunden habe arbeiten
müssen. Die hohe Zahl der Überstunden habe sich auch daraus ergeben, dass er in den
ersten Monaten nicht zwei freie Tage in der Woche haben nehmen können, sondern an
sieben Tagen in der Wo-che gearbeitet habe. Auch später habe er nur einen freien Tag
pro Woche gehabt. Erst nach Einarbeitung der Zeuginnen D3xxxx und M4xxxxx hätten
diese ihn vertreten können.
Die Beklagte habe auch den Umfang der Ferienzeit und der Feiertage nicht in
ausreichen-dem Maße in die Kalkulation der Arbeitszeit einbezogen. Darüber hinaus
habe die Beklagte gelegentlich Sonderveranstaltungen mit Kindergärten und Schulen
vereinbart. An solchen Tagen habe er dann auch wochentags außerhalb der Ferienzeit
schon sehr viel früher mit der Arbeit anfangen müssen. Auch habe er, der Kläger,
Sonderveranstaltungen in eigener Regie organisiert. Jedenfalls habe er Überstunden
nur aus betrieblichen Gründen auf Grund der Dienstanordnung durch die Beklagte
geleistet.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten decke der im Arbeitsvertrag vereinbarte
Normallohn von 2.100,00 € brutto nur die regelmäßige Arbeitszeit 38,5 Stunden in der
Woche ab. Die von ihm geleisteten Überstunden, zu deren Übernahme der
Arbeitsvertrag ihn verpflichte, müssten gesondert bezahlt werden.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.814,77 € brutto nebst 5 Prozent-punkten
über dem Basiszinssatz seit dem 22.07.2004 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat bestritten, dass der Kläger die von ihm behaupteten Überstunden geleistet hat.
Sie habe den Kläger zu keinem Zeitpunkt aufgefordert, Stundennachweise zu erbringen.
Hieran habe sie bereits deshalb kein Interesse gehabt, weil eine Vereinbarung über die
Vergütung von Überstunden nicht habe getroffen werden sollen. Der Kläger habe seine
Arbeitszeit frei gestalten können. Es sei unzutreffend, dass hinsichtlich der Verteilung
der vereinbarten Wo-chenstundenzahl auf die einzelnen Wochentage eine Vorgabe
bestanden habe. Soweit der Kläger die Öffnungszeiten in Ferienzeiten in ihrem Betrieb
anführe, seien diese für die Dar-stellung des angeblichen Anspruchs auf Abgeltung von
Überstunden völlig irrelevant.
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Es habe auch keine Anweisung bestanden, dass der Kläger ca. 30 Minuten vor der
jeweili-gen Öffnungszeit habe anwesend sein müssen. Falsch sei auch, dass der Kläger
nach Fei-erabend den Betrieb habe aufräumen und abschließen müssen. Der Kläger
sei auch nicht verpflichtet gewesen, wöchentlich 44,5 bzw. 59, 5 Stunden zu arbeiten.
Maßgebend sei der Arbeitsvertrag der Parteien gewesen. Danach habe der Kläger
seine Arbeitszeit frei gestal-ten können. Hiervon habe er auch Gebrauch gemacht. Es
habe auch keine Anweisung be-standen, dass der Kläger zunächst an sieben Tagen
der Woche zu arbeiten gehabt habe. Falsch sei auch, dass der Kläger bei
Sonderveranstaltungen viel früher mit der Arbeit habe anfangen müssen. Der Kläger
habe gehen und kommen können, wann er gewollt habe. Die Mitarbeiter hätten dann
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alleine weiter gearbeitet. Sie hätten den Betrieb auch auf- und ab-schließen können.
Der Kläger als Betriebsleiter habe nicht vor Eröffnung des Betriebes an-wesend sein
müssen. Der Kläger habe sich auch nicht so verhalten.
Sie, die Beklagte, habe den Kläger auch nicht aufgefordert, die Stundennachweise
auszu-füllen. Die Stundennachweise habe der Kläger selbst an Mitarbeiter des vom ihm
betreuten Betriebs verteilt und von diesen wieder eingesammelt.
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Durch Urteil vom 26.01.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen
dieses Urteil, das dem Kläger am 28.02.2005 zugestellt worden ist, richtet sich die
Berufung des Klägers, die am 18.03.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und
gleichzeitig be-gründet worden ist.
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Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, die Beklagte sei zur Vergütung der von ihm
gel-tend gemachten Überstunden verpflichtet. Vor Abschluss des Arbeitsvertrages sei
man da-von ausgegangen, dass im Winter sehr gut zu tun sein werde und
wahrscheinlich Überstun-den anfielen, während in der Sommerzeit mehr Leerlauf
herrsche und möglicherweise weni-ger gearbeitet werde. Außerdem sei unterschieden
worden zwischen den Normallaufzeiten und den Öffnungszeiten während der Ferien, in
denen der Betrieb länger geöffnet gewesen sei. Genaues habe man damals noch nicht
sagen können; geplant sei aber gewesen, dass die Beklagte die tatsächlich gearbeitete
Zeit mit der vereinbarten Arbeitszeit nach dem Ar-beitsvertrag habe vergleichen und
dann feststellen sollen, inwieweit Überstunden angefallen seien. Diese sollten nach der
ursprünglichen Planung gegen Ende der Beschäftigung in Freizeit abgegolten werden.
Um diese Arbeitszeiten monatlich ermitteln zu können, habe er von der Beklagten einen
Vordruck "Stundenabrechnung Mitarbeiter" erhalten, in dem er für jeden Tag Beginn und
Ende der Arbeitszeit habe eintragen sollen und auch eingetragen habe. Diese
Stundennachweise habe er monatlich ausgefüllt und der Beklagten übergeben. Neben
ihm habe die Beklagte nur noch den Koch Peter Altieri festangestellt gehabt, der ca. im
Oktober 2003 entlassen worden sei. Ansonsten seien nur Aushilfen beschäftigt worden.
Er, der Kläger, habe jeweils im Auftrag der Beklagten an diese Aushilfen
Stundennachweise verteilt und am Ende des Monats wieder eingesammelt und bei der
Beklagten abgegeben. Auf der Basis dieser Stundennachweise seien die geleisteten
Stunden der Aushilfen ermittelt und der Lohn errechnet worden.
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Vor Entlassung des Zeugen A3xxxxx sei es zwei- oder dreimal so gewesen, dass der
Ge-schäftsführer der Beklagten G2xxxx in die Kindervergnügungsstätte gekommen sei
und fest-gestellt habe, dass nicht viel zu tun gewesen sei. Daraufhin habe der
Geschäftsführer G2xxx erklärt, er, der Kläger, habe während der gesamten
Öffnungszeiten immer da zu sein; der Zeuge A3xxxxx könne nach Hause gehen. Da er,
der Kläger auch Koch sei, könne er dessen Funktion bei geringem Publikumsandrang
mit über nehmen. Er, der Kläger, solle diese An-weisung künftig selber treffen. Diese
Anweisung habe der Geschäftsführer G2xxx ein- oder zweimal wiederholt. Danach habe
er, der Kläger, solche Entscheidungen selber getroffen.
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Angesichts dessen seien die von ihm geleisteten Überstunden angeordnet und auch
betrieb-lich notwendig gewesen. Die Abgeltung geleisteter Überstunden in Freizeit
gegen Ende des Beschäftigungsjahres sei daran gescheitert, dass die Beklagte Ende
Februar/Anfang März 2004 mit der Planung eines Außenbereichs für die
Kindervergnügungsstätte begonnen ha-be. Bis zur Eröffnung der Außenanlage am
22.05.2004 zuzüglich einer weiteren Woche habe er auf Anweisung der Beklagten
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anwesend sein müssen, um die entsprechenden Mitarbeiter einzuweisen. Anschließend
habe er Urlaub erhalten. Nach Beendigung des Urlaubs sei das Arbeitsverhältnis nicht
fortgesetzt worden.
Nach alledem seien die vom ihm geleisteten Überstunden von der Beklagten
angeordnet oder zur Erledigung der ihm obliegenden Arbeiten notwendig bzw. vom
Arbeitgeber gebilligt oder geduldet worden. Es liege ein von der Beklagten gefertigter
Dienstplan für die Öff-nungszeiten vor, aus dem sich für ihn die bereits erstinstanzlich
dargelegten Arbeitszeiten ergäben. Der Geschäftsführer G2xxx der Beklagten habe eine
klare Dienstanweisung erteilt, dass er, der Kläger, von Anfang bis Ende der
Öffnungszeiten habe anwesend sein müssen. Zum Zwecke der Feststellung etwaiger
Überstunden habe die Beklagte ihn veranlasst, den täglichen Beginn und das Ende
seiner Arbeitszeit aufzuschreiben und monatlich vorzulegen. Dies sei auch geschehen.
Nehme der Arbeitgeber auf Grund seiner eigenen Anweisungen zum Zwecke der
Feststellung von Überstunden vom Arbeitnehmer erstellte Stundennach-weise
monatlich kommentarlos entgegen, so schaffe er einen Vertrauenstatbestand, dass
damit der Nachweis der geleisteten Arbeitszeit einschließlich des Nachweises der
Überstun-den erbracht sei. Dies führe zu einer Umkehr der Beweislast.
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Der Kläger beantragt,
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unter Aufhebung des Urteils vom 26.01.2005 die Beklagte zu verurteilen, an den
Kläger 6.814,77 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 22.07.2004 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die gegnerische Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, der Kläger habe die geltend ge-
machten Überstunden nicht nachvollziehbar dargelegt. Sie, die Beklagte, bestreitet die
be-hauptete Überstundenzahl. Der Kläger habe keine Überstunden geleistet. Soweit der
Kläger Stundenzettel bezüglich der von ihm angeblich geleisteten Überstunden
überreicht habe, seien diese für sie, die Beklagte, von keinerlei Interesse gewesen.
Insoweit habe auch keine Prüfung stattgefunden. Der Kläger sei nicht aufgefordert
worden, Stundennachweise zu er-mitteln. Die Stundenzettel, die er von der Beklagten
erhalten habe, seien für die Mitarbeiter des Klägers in dem von ihm betreuten Betrieb
bestimmt gewesen, an die der Kläger die Stundenzettel verteilen und dann wieder habe
einsammeln sollen. Der Kläger sei auch nicht von ihrem, der Beklagten, Geschäftsführer
G2xxxx aufgefordert worden, Stundennachweise zu erbringen.
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Darüber hinaus habe der Kläger seine Arbeitszeit frei gestalten können. Es habe auch
nicht für einzelne Wochentage eine Vorgabe gegeben. Auch die vom Kläger behauptete
Dienst-anweisung ihres Geschäftsführers G2xxxx habe es nicht gegeben. Ihr
Geschäftsführer habe den Kläger nicht aufgefordert, den täglichen Beginn und das
tägliche Ende seiner Arbeit aufzuschreiben und monatlich vorzulegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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I.
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Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet
worden.
37
II.
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Der Sache nach hat die Berufung keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen
die Beklagte auf Vergütung von Überstunden im geltend gemachten Umfang. Dies hat
das Ar-beitsgericht zutreffend erkannt. Die erkennende Kammer folgt den in die Tiefe
gehenden und in jeder Hinsicht überzeugenden Gründen der angefochtenen
Entscheidung und sieht deshalb gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer erneuten
Darstellung der Entscheidungsgrün-de ab. Das zweitinstanzliche Vorbringen des
Klägers rechtfertigt keine Abänderung der ar-beitsgerichtlichen Entscheidung. Es gibt
lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Bemer-kungen:
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1. Die Parteien haben in § 3 Abs. 1 S. 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom
10.06.2003 eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden ohne Berücksichtigung von
Pausen verein-bart. Der Kläger hat weiter vorgetragen, dass die Parteien auf dieser
Grundlage eine Ver-einbarung über die Verteilung der von ihm zu leistenden
wöchentlichen Arbeitszeit getroffen haben. Danach sollte der Kläger am Wochenende
an zwei Arbeitstagen á 9 Stunden und in der Woche an drei Tagen á 6 Stunden
arbeiten. Hieraus ergab sich eine wöchentliche Ar-beitszeit von 36 Stunden. Die
fehlenden 2,5 Stunden pro Woche sollten für notwendige Mehrarbeit an Feiertagen und
Ferienzeiten verwendet werden. Auf der Grundlage dieses Sachvortrags des Klägers
musste die Kammer davon ausgehen, dass es zunächst eine rechtsgeschäftliche,
gegebenenfalls konkludent getroffene Vereinbarung über die Leistung von Mehrarbeit
nicht gegeben hat.
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Der Hinweis des Klägers auf den Öffnungsplan des Kindervergnügungszentrums, den
die Beklagte erstellt hat, kann vor diesem Hintergrund zu keiner anderen Beurteilung
führen. Angesichts der konkreten Vereinbarung der Parteien über die Verteilung der
wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden auf die einzelnen Wochentage kann in dem
Öffnungsplan keine Anweisung an den Kläger gesehen werden, über die vereinbarte
Arbeitszeit während der gesamten Öffnungszeit und auch darüber hinaus im Betrieb der
Beklagten anwesend zu sein. Angesichts der getroffenen Absprachen über die
Arbeitszeit und deren Verteilung war der Kläger als Gastronomieleiter vielmehr
gehalten, dafür zu sorgen, dass das Kinderver-gnügungszentrum während der
vorgegebenen Zeiten geöffnet war und dementsprechend das Personal einzusetzen.
Keinesfalls kann in dem Öffnungsplan die Anweisung gesehen werden, dass der Kläger
selbst jeweils eine halbe Stunde vor Öffnung des Betriebes erschien, um den Betrieb zu
öffnen, und nach Ablauf der Öffnungszeit wiederum eine halbe Stunde im Betrieb
anwesend zu sein, um Abschlussarbeiten vorzunehmen und den Betrieb zu schließen.
Vielmehr war der Kläger verpflichtet, die zur Führung des Betriebs erforderli-chen
Tätigkeiten während der vereinbarten Arbeitszeit zu planen und zu organisieren und die
sich daraus ergebenden Aufgaben auf das Personal, das unstreitig vorhanden war, zu
delegieren. Wenn der Kläger über die ausdrücklich vereinbarte Arbeitszeit hinaus im
Betrieb anwesend gewesen war, so muss er im einzelnen darlegen, aus welchen
Gründen er abwei-chend von der vereinbarten Arbeitszeitregelung tätig werden musste.
Dies lässt sich dem Vortrag des Klägers für die einzelnen Arbeitstage, an denen er
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Überstunden geleistet haben will, nicht entnehmen.
2. Der Kläger hat auch nicht substantiiert dargelegt, dass die Parteien eine von den
oben genannten arbeitsvertraglichen Absprachen über die wöchentliche Arbeitszeit und
ihre Ver-teilung auf die einzelnen Wochentage abweichende Vereinbarung über die
Anwesenheits-pflicht des Klägers im Betrieb der Beklagten getroffen haben bzw. dass
die Beklagte eine dahingehende abweichende Anweisung erteilt hat. Soweit der Kläger
vorgetragen hat, der Geschäftsführer G2xxx der Beklagten habe vor Entlassung des
Zeugen A3xxxxx "zwei- oder dreimal" erklärt, der Kläger solle während der gesamten
Öffnungszeiten immer da sein, ist sein dahingehender Sachvortrag unsubstantiiert. Dem
Vorbringen lässt sich nicht einmal im Ansatz entnehmen, wann der Geschäftsführer
G2xxx eine dahingehende Erklärung abgege-ben haben soll. Es kann deshalb auch
kein Zeitpunkt bestimmt werden, ab wann der Kläger nach seiner Behauptung "während
der gesamten Öffnungszeiten immer da" sein sollte. Dar-über hinaus hat der Kläger in
diesem Zusammenhang weiter vorgetragen, er habe nach der Erklärung des
Geschäftsführers G2xxxx die dahingehende Anweisung "künftig selber treffen" sollen.
Nach ein- oder zweimaliger Wiederholung dieser Anweisung durch den Geschäfts-
führer G2xxxx habe er, der Kläger, solche Entscheidungen dann selber getroffen.
Hieraus konnte die Kammer nur schließen, dass der Kläger selbst bestimmt hat, wann
und in wel-chem zeitlichen Umfang er über die oben genannten Absprachen hinsichtlich
der wöchentli-chen Arbeitszeit und ihrer Verteilung auf die einzelnen Wochentage
hinaus im Betrieb anwe-send war. Aus welchen Gründen dies bezogen auf die
einzelnen Arbeitstage jeweils ge-schehen ist, hat der Kläger nicht substantiiert
dargelegt.
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Im Übrigen ist das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Arbeitszeiten des Klägers nicht
in der Weise durchgeführt worden, dass der Kläger während der gesamten
Öffnungszeiten im Be-trieb war. Vielmehr lässt sich den Aufstellungen des Klägers
entnehmen, dass er durchaus freie Tage während der Betriebsöffnungszeiten hatte und
auch nicht stets und immer wäh-rend der Öffnungszeiten anwesend war. Der Kläger hat
selbst vorgetragen, er habe "mit der Zeit" Aushilfsmitarbeiter anlernen können, die ihn
vertreten konnten, und er freie Tage ge-habt habe. Dies belegt, dass der Kläger
durchaus nicht während der gesamten Öffnungszei-ten des Betriebes und darüber
hinaus anwesend sein musste und auch tatsächlich nicht anwesend war. Angesichts
dessen muss er jeweils bezogen auf die einzelnen Arbeitstage darlegen und
gegebenenfalls beweisen, dass seine Anwesenheit über die vereinbarte wö-chentliche
Arbeitszeit von 38,5 Stunden und entsprechend der Verteilung der Arbeitszeit auf die
Wochentage notwendig war. Diesen Anforderungen entspricht das Vorbringen des Klä-
gers nicht.
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3. Entgegen der Auffassung des Klägers kann zu seinen Gunsten nicht von einer
Beweis-lastumkehr ausgegangen werden. Hieran kann die Tatsache der Vorlage von
Stundenzetteln durch den Kläger nichts ändern. Für den vertraglichen Anspruch des
Arbeitnehmers auf Ü-berstundenvergütung reicht die bloße Kenntnis des Arbeitgebers
von der Überstundenleis-tung nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine
rechtsgeschäftliche, gegebenenfalls konkludent getroffene Vereinbarung über die
Leistung von Mehrarbeit, wobei unter den Voraussetzun-gen des § 612 Abs. 1 BGB
allein die Abrede über die Vergütung entbehrlich ist (vgl. LAG Hamm, Urteil vom
10.06.1999 – 8 Sa 94/99, LAGE § 612 BGB Nr. 6). Die Kammer konnte sich nicht davon
überzeugen, dass die Parteien eine dahingehende Vereinbarung getroffen haben. Die
Beklagte hat bestritten, dem Kläger eine Anweisung erteilt zu haben, die genann-ten
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Stundennachweise auszufüllen und ihr vorzulegen. Einen dahingehenden Beweis hat
der Kläger nicht angetreten. Hat der Kläger die Stundennachweise ohne entsprechende
Wei-sung der Beklagten vorgelegt, so kann aus diesem Umstand allein ein rechtlicher
Schluss auf eine gegebenenfalls konkludent getroffene Vereinbarung über die Leistung
von Mehrar-beit entsprechend den Eintragungen des Klägers in den
Stundennachweisen nicht gezogen werden. Vielmehr verbleibt es unter den hier
gegebenen Umständen dabei, dass der Kläger die Vorsetzungen beweisen muss, unter
denen die in Frage stehenden Überstunden von der Beklagten zu vergüten sind. Die
von ihm vorgelegten Stundenzettel bieten, auch wenn sie zeitnah geführt worden sind,
als Privaturkunden keinen ausreichenden Beweis für die vom Kläger behauptete
Überstundenleistung.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
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Die Vorsetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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Dr. Wendling
Schreiber
Göersmeier
48
/Go.
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