Urteil des LAG Hamm vom 18.12.2008

LArbG Hamm: aufhebungsvertrag, treu und glauben, konzept, arbeitsgericht, outsourcing, leiter, herbst, feuerwehr, kündigung, unternehmen

Landesarbeitsgericht Hamm, 15 Sa 1097/08
Datum:
18.12.2008
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 Sa 1097/08
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bochum, 5 Ca 455/08
Schlagworte:
Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nach den Bestimmungen einer
Betriebsvereinbarung trotz Ausspruchs einer Eigenkündigung; Verstoß
gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz;
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum
vom 28.05.2008 - 5 Ca 455/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um die Zahlung einer Abfindung nach einer Eigenkündigung des
Klägers.
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Anlässlich eines bei der Beklagten geplanten Personalabbaus wurde im Dezember
2004 eine Vertriebsvereinbarung "Restrukturierung" zwischen den Betriebsparteien
abgeschlossen. Unter Ziff. III dieser Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004 heißt es u.a.
wie folgt:
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"2. Für die genannten Aufhebungsverträge gilt Folgendes:
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a) Sie können mit allen Mitarbeitern ab Jahrgang 1952 und jünger, die in einem
aktiven Arbeitsverhältnis zu einem der im Rubrum benannten Unternehmen
stehen, abgeschlossen werden. Es bestehen jedoch keine individuellen
Ansprüche auf Abschluss von Aufhebungsverträgen.
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b) Mitarbeiter, die betriebsbedingt aufgrund eines Aufhebungsvertrages aus
dem Unternehmen ausscheiden, erhalten unter der Voraussetzung, dass der
Aufhebungsvertrag bis zum 31.01.2005 zustande kommt, eine Abfindung, die
sich wie folgt berechnet:
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Lebensalter x Dienstjahre x Bruttomonatsentgelt
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"Lebensalter" und "Dienstjahre" werden zum "Tag des Ausscheidens" auf zwei
Stellen hinter dem Komma ermittelt und auf eine Stelle hinter dem Komma
kaufmännisch gerundet."
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Wegen der weiteren Einzelheiten der Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004 wird auf Bl.
18 ff. d.A. Bezug genommen.
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Der am 30.05.1969 geborene und verheiratete Kläger war bei der Beklagten vom
21.02.1990 bis zum 31.12.2007, zuletzt seit dem Jahre 2002 als Brandmeister mit einer
Bruttomonatsvergütung von durchschnittlich 4.176,50 € beschäftigt. Mitte des Jahres
2007 entschloss der Kläger sich, zum 31.12.2007 bei der Beklagten auszuscheiden,
nachdem er Aussichten auf eine neue Tätigkeit gefunden hatte. Am 30.07.2007 trug er
gegenüber dem damaligen Personaldirektor der Beklagten sein Begehren auf
Abschluss eines Aufhebungsvertrages vor, das jedoch abgelehnt wurde. Mit Schreiben
vom 09.11.2007 (Bl. 8 d.A.) kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis der Beklagten
gegenüber mit Wirkung zum 31.12.2007 und machte gleichzeitig die Zahlung einer
Sozialplanabfindung in Höhe von 114.000,00 € brutto geltend. Mit Schreiben vom
21.01.2008 begehrte der Kläger unter Hinweis auf die maßgeblichen Sozialdaten
nochmals die Zahlung eines Abfindungsbetrages in Höhe von 114.104,88 € brutto.
Dieses Begehren lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 01.02.2008 ab. Mit
vorliegender Klage, die am 27.02.2008 beim Arbeitsgericht Bochum einging, verfolgt er
sein Zahlungsbegehren weiter.
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Der Kläger hat zur Begründung seines Begehrens vorgetragen, seit Mitte des Jahres
2004 habe es bei der Beklagten Überlegungen gegeben, u.a. die Werksfeuerwehr
auszulagern bzw. an externe Dienstleister zu vergeben. Nach Abschluss der
Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004 seien die Mitarbeiter u.a. auch der
Werksfeuerwehr und damit auch er, der Kläger, verstärkt darauf angesprochen worden,
sich einen neuen Job zu suchen und im Rahmen der Betriebsvereinbarung mit
Abfindung auszuscheiden. Seit Dezember 2004 habe die Beklagte mit mindestens 15
Mitarbeitern allein aus dem Bereich der Werksfeuerwehr entsprechende
Aufhebungsverträge geschlossen und die Sozialplanabfindung nach Maßgabe der
Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004 gezahlt. Auch er, der Kläger, habe einen
Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in geltend gemachter Höhe. Unerheblich sei,
dass er keinen Aufhebungsvertrag mit der Beklagten geschlossen, sondern sein
Arbeitsverhältnis selbst gekündigt habe. Die Beklagte habe sich ohne sachlichen Grund
geweigert, mit ihm einen entsprechenden Aufhebungsvertrag zu schließen. Auch wenn
in der Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004 geregelt sei, dass kein individueller
Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages bestehe, sei die Beklagte nicht frei,
willkürlich einzelnen Arbeitnehmern den Abschluss eines solchen Aufhebungsvertrages
zu verweigern, wenn sie anderen vergleichbaren Arbeitnehmern solche Verträge
anbiete. Hierin sei ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben zu sehen,
da sie ihre Mitarbeiter, wie auch ihn, den Kläger, zuvor jahrelang gedrängt habe, sich
einen neuen Job zu suchen und einen Aufhebungsvertrag zu den Bedingungen der
Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004 abzuschließen. Gemäß § 75 BetrVG in
Verbindung mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz könne er
beanspruchen, so gestellt zu werden, wie die nicht benachteiligten vergleichbaren
Arbeitnehmer. Mit diesen habe die Beklagte einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung
der Sozialplanabfindung geschlossen. Dementsprechend stehe auch ihm die
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Sozialplanabfindung in Höhe von 114.104,88 € brutto zu.
Entgegen der Darstellung der Beklagten habe es keinen sachlichen Grund gegeben,
ihn, den Kläger, nicht per Aufhebungsvertrag aus dem Arbeitsverhältnis zu entlassen.
Nach dem früheren Konzept der Werksfeuerwehr der Beklagten sei die Feuerwache II,
in der er beschäftigt gewesen sei, von zwei Mannschaften besetzt gewesen, die jeweils
in 12-Stunden-Schichten gearbeitet hätten. Jede Mannschaft habe aus 11 Mitarbeitern
bestanden, insgesamt seien also 22 Mitarbeiter in der Feuerwache Werk II beschäftigt
gewesen. Von den insgesamt elf Mitarbeitern einer Schicht in der Feuerwache Werk II
seien neun Arbeitnehmer bei der Beklagten angestellt gewesen, während zwei
Personen Leiharbeitnehmer der Firma S2 gewesen seien. Nachdem bereits seit Mitte
2004 verschiedenste Planungen zum Outsourcing der Werksfeuerwehr durch die
Beklagte entwickelt worden seien, die sämtlich zum Inhalt gehabt hätten, zumindest die
Feuerwache Werk II zu schließen, in deren Zusammenhang die Mitarbeiter aufgefordert
worden seien, per Aufhebungsvertrag auszuscheiden, seien von Dezember 2004 bis
Oktober 2006 zwölf Arbeitnehmer per Aufhebungsvertrag und Abfindungszahlung
ausgeschieden. Ende 2006 habe die Beklagte ihre Planungen konkretisiert und den
verbliebenen Arbeitnehmern der Feuerwache Werk II in einer Präsentation vermittelt,
dass die Feuerwache Werk II im geltenden Business-Plan nicht mehr vorgesehen sei.
Auf Nachfragen hätten die Vertreter der Beklagten erklärt, es sei beabsichtigt, die
Feuerwache Werk II per 613 a BGB an einen externen Dienstleister zu verkaufen, wobei
den betroffenen Mitarbeitern für 10 Jahre der bisherige Besitzstand garantiert werde.
Allerdings sei weiter erklärt worden, es sei für die Beklagte besser und günstiger, wenn
die Mitarbeiter per Sozialplanabfindung/Aufhebungsvertrag ausschieden. Etwa 3-4
Wochen nach dieser Präsentation sei der Zeuge V3, Personaldirektor der Beklagten, in
der Feuerwache Werk II erschienen, um die Weihnachtsgrüße der Beklagten zu
übermitteln, und habe erklärt, es tue ihm zwar leid, aber die Beklagte verfolge weiter den
bereits erwähnten Business-Plan und wolle alle Mitarbeiter der Feuerwache Werk II "im
Laufe des nächsten Jahres loswerden". Diese Äußerung sei nach dem von der
Beklagten behaupteten Scheitern der Outsourcing-Planung erfolgt, das sie auf Ende
November 2006 datiert habe. Dies belege, dass die Beklagte trotz Scheitern dieses
Konzeptes daran festgehalten habe, die Feuerwache Werk II zu schließen und die dort
beschäftigten Mitarbeiter, so auch ihn, den Kläger, "loszuwerden".
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Obwohl das Outsourcing-Konzept bereits ad-acta gelegt worden sei, habe die Beklagte
in Verfolgung ihrer bereits bekundeten Absicht mit zwei weiteren Mitarbeitern
Aufhebungsverträge nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004
geschlossen, nämlich mit dem Mitarbeiter S3 zum Januar 2007 und mit dem Mitarbeiter
L1 zum Mai 2007. Dies sei durchaus folgerichtig gewesen, denn die Beklagte habe
nach dem Scheitern des Outsourcing-Konzeptes ein neues Konzept entwickelt, das
ebenfalls die Schließung der Feuerwache Werk II beinhaltet habe. Danach habe die
Berufsfeuerwehr der Stadt B2 den Brandschutz gewährleisten sollen. Um dieses
Konzept durchführen zu können, habe das Gefahrenpotential durch bauliche
Maßnahmen eingegrenzt werden müssen. Diese baulichen Maßnahmen seien in Angriff
genommen und bis Sommer 2007 durchgeführt worden. Das hinter diesen baulichen
Veränderungen stehende Konzept sehe wie folgt aus: Auflösung der Feuerwache Werk
II durch Herabstufung zu einem sogenannten Infopunkt, der pro Schicht nur noch mit drei
Mitarbeitern anstatt elf Mitarbeitern zu besetzen sei. Nach diesem Konzept, das seit dem
01.12.2007 tatsächlich praktiziert werde, seien insgesamt acht Mitarbeiter überzählig,
von denen sechs Mitarbeiter bei der Beklagten angestellt seien. Diese überzähligen
Mitarbeiter seien in das Werk I versetzt worden, in dessen Feuerwache bereits ein
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Personalüberhang existiere, der durch die Versetzung noch vergrößert worden sei. Auf
der Grundlage dieses Sachverhaltes habe Ende Juni 2007 ein Mitarbeiter der
Werksfeuerwehr in der Personalabteilung angefragt, ob weiterhin das Interesse bestehe,
Aufhebungsverträge nach der Betriebsvereinbarung mit Feuerwehrleuten der
Feuerwache Werk II zu schließen. Diese Anfrage sei ausdrücklich bejaht worden,
mindestens ein Mitarbeiter könne noch gehen. Der Kollege, der die Anfrage in der
Personalabteilung gestellt habe, sei in der Folgezeit von seiner Absicht, auszuscheiden,
zurückgetreten, sodass er, der Kläger, Ende Juli 2007 der einzige Mitarbeiter mit
Ausscheidenswunsch gewesen sei. Dass damals mindestens ein Mitarbeiter ohne
Auswirkungen auf die gesetzlich vorgeschriebene Personalstärke noch habe gehen
können, werde dadurch belegt, dass die Beklagte nach seinem Ausscheiden keinen
Ersatzmitarbeiter eingestellt habe.
Dass im Bereich der Werkssicherheit weiter ein Personalüberhang bestanden habe,
werde auch dadurch belegt, dass die Beklagte am 15.11.2007 mit einem dort
beschäftigten Mitarbeiter namens S4 einen Aufhebungsvertrag geschlossen habe.
Außerdem sei der Leiter der Werksfeuerwehr A5 am 29.02.2008 selbst per
Aufhebungsvertrag mit Abfindungszahlung ausgeschieden. Nur ihm, dem Kläger, habe
man den Abschluss eines solchen Aufhebungsvertrages verweigert.. Hierin sei eine
Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu sehen, sodass er so zu stellen sei,
als habe er ebenfalls einen Aufhebungsvertrag nach Maßgabe der
Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004 abgeschlossen.
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Der Kläger hat beantragt
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 114.104,88 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2008 zu
zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat vorgetragen, die Eigenkündigung des Klägers sei in keiner Weise durch sie, die
Beklagte, veranlasst gewesen. Insbesondere habe sie den Kläger nicht dazu bestimmt,
selbst zu kündigen. Richtig sei zwar, dass bei ihr seit Mitte 2006 Überlegungen
existierten, den Gesamtbereich Werkssicherheit bestehend aus Werksschutz und
Werksfeuerwehr auszulagern bzw. einen Betriebsübergang zu einem externen
Dienstleister zu vereinbaren. Ein wesentlicher Bestandteil des Konzeptes habe aber auf
dem Übergang der Mitarbeiter zum Dienstleister beruht, da nur die Mitarbeiter die
notwendige Orts- und Sachkenntnis besäßen, um die Schutzziele von § 15 Abs. 2
FSHG-NRW sicherzustellen. Der Kläger sei nicht verstärkt darauf angesprochen
worden, sich einen neuen Job zu suchen und im Rahmen der Betriebsvereinbarung
vom 08.12.2004 auszuscheiden. Ein persönliches Gespräch hierzu habe bis Mitte des
Jahres 2007 nicht stattgefunden. Vielmehr sei auf Informationsveranstaltungen zur
Schließung der Feuerwehr in den Werken II und III den betroffenen Mitarbeitern, u.a.
dem Kläger, der Personalbedarf im Werk I erläutert worden. Hieraus habe sich ergeben,
dass nach dieser Schließung zum 01.12.2007 die Umsetzung aller
Werksfeuerwehrmitarbeiter der Feuerwache II und III einschließlich des Klägers in die
Feuerwache Werk I erfolgen werde.
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Zum Verständnis, weshalb zunächst auch Mitarbeiter der Werksfeuerwehr gegen eine
entsprechende Abfindungszahlung ausgeschieden seien, sei folgendes anzumerken:
Gemäß § 15 Abs. 1 des FSHG seien Werksfeuerwehren staatlich angeordnete oder
anerkannte Feuerwehren. Sie, die Beklagte, habe ihre Werksfeuerwehr zunächst 1970
anerkennen lassen. Mit Anordnung der Bezirksregierung Arnsberg vom 28.11.2005 sei
bestimmt worden, dass insgesamt 64 Mitarbeiter für beide Werke bei der
Werksfeuerwehr vorgehalten werden müssten. Befristet bis zum 31.12.2007 sei
alternativ bestimmt worden, dass unter bestimmten Voraussetzungen insgesamt 42
Mitarbeiter vorzuhalten seien. Seit dem 28.11.2005 habe es lediglich 4 Austritte
gegeben. Den Wünschen der Mitarbeiter auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages sei
man in diesen Fällen nachgekommen, weil seit 2005 ein Konzept zur Schließung der
Feuerwache in Werk II gelaufen und die Umsetzung Ende 2006 erwartet worden sei.
Von noch größerer Bedeutung für die zukünftige Personalplanung sei allerdings der
zum 01.02.2007 geplante Betriebsübergang der Werkssicherheit auf einen Dienstleister
gewesen. Dieses Konzept sei gemeinsam mit der Bezirksregierung Arnsberg entwickelt
und für genehmigungsfähig bewertet worden. Ende November 2006 sei dieses Konzept
jedoch an der fachlichen Genehmigungsstelle in Düsseldorf gescheitert. Hierauf sei
Anfang 2007 ein neues Konzept vorgetragen worden. Die entsprechenden
Verhandlungen mit der Landesregierung seien jedoch im Sommer 2007 ohne das
gewünschte Ergebnis beendet worden. Nach diesem Zeitpunkt habe weiteren
Mitarbeitern der Werksfeuerwehr der Austritt aus dem Unternehmen nicht ermöglicht
werden können. Dies habe der Zeuge B3 dem Kläger im Sommer des Jahres 2007
erklärt. Er habe darauf hingewiesen, dass man aufgrund gesetzlicher Vorschriften
verpflichtet sei, eine Werksfeuerwehr zu unterhalten und von der Bezirksregierung
Arnsberg Auflagen erhalten habe, wie diese personell ausgestattet sein müsse. Wenn
der Kläger ausscheide, laufe man Gefahr, dass diese Auflagen nicht mehr erfüllt werden
könnten.
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Sie, die Beklagte, habe den Kläger demnach nicht bestimmt, selbst zu kündigen, um
eine sonst notwendig werdende Kündigung zu vermeiden. Sie habe im Gegenteil nicht
auf den Kläger verzichten können, weil ansonsten behördliche Vorgaben nicht
einzuhalten gewesen seien. Aus dem gleichen Grunde habe der Zeuge B3 auch einem
weiteren Mitarbeiter gegenüber erklärt, dass der Abschluss eines Aufhebungsvertrages
nicht möglich sei. Angesichts dessen sei ein Anspruch auf die geltend gemachte
Abfindungssumme nach der Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004 nicht gegeben.
Anderenfalls könnten alle Mitarbeiter der Werksfeuerwehr, die ihr Arbeitsverhältnis
durch Eigenkündigung beendeten, einen entsprechenden Anspruch geltend machen,
sodass es zu der widersinnigen Situation kommen könne, dass sie, die Beklagte,
aufgrund der Eigenkündigungen hohe Abfindungssummen zahlen und im Gegenzug,
um die behördlichen Auflagen zu erfüllen, neue Mitarbeiter einstellen müsse. Vor
diesem Hintergrund sei die Ablehnung eines Aufhebungsvertrages mit dem Kläger kein
Verstoß gegen Treu und Glauben. Von einer willkürlichen Benachteiligung des Klägers
könne keine Rede sein.
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Zu beachten sei weiter, dass die Anordnungsverfügung der Bezirksregierung Arnsberg
vom 28.11.2005 längstens bis zum 31.12.2007 befristet gewesen sei. Ihr, der Beklagten,
sei somit bis zum 17.12.2007 noch nicht bekannt gewesen, ob die Werksfeuerwehr auch
nach dem 31.12.2007 noch mit einer Einsatzstärke von 1-5-1 hauptberuflichen
Einsatzkräften operieren dürfe oder ob unter Umständen wieder 1-8-1 hauptberufliche
Einsatzkräfte erforderlich seien. Erst mit Duldungsverfügung vom 17.12.2007 habe die
Bezirksregierung Arnsberg folgenden Bescheid erteilt:"Angesichts einer derzeit noch
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ausstehenden grundsätzlichen Entscheidung des Innenministeriums zur Umsetzung
des von Ihnen angestrebten Betriebsüberganges und Übernahme der Werksfeuerwehr
durch die öffentliche Feuerwehr bin ich bereit, die jetzige, bei meiner Betriebsprüfung
am 23.10.2007 festgestellte Organisation und Struktur bis auf Weiteres zu dulden."
Somit seien zum jetzigen Zeitpunkt die Mitarbeiter, die vom Werk II in das Werk I
versetzt worden seien, keineswegs überzählig.
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Nicht zutreffend sei, dass sie, die Beklagte, gegenüber einem Kollegen des Klägers
Ende Juli 2007 geäußert habe, man sei weiterhin interessiert, Aufhebungsverträge nach
der Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004 mit Feuerwehrleuten der Feuerwache II zu
schließen. Vielmehr habe der Zeuge B3 ein dahingehendes Begehren eines
Mitarbeiters der Werksfeuerwehr abgelehnt.
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Nicht bestritten werde, dass sie am 15.11.2007 mit dem Zeugen S4 einen
Aufhebungsvertrag geschlossen habe. Der Zeuge S4 sei allerdings nicht bei der
Werksfeuerwehr, sondern beim Werksschutz beschäftigt.
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Bestritten werde, dass der Personaldirektor, der Zeuge V3, im Rahmen der Übermittlung
der Weihnachtsgrüße erklärt habe, er wolle alle Mitarbeiter der Feuerwache des Werkes
II im Laufe des nächsten Jahres loswerden. Der Zeuge V3 habe lediglich erklärt, man
beabsichtige, die Feuerwache des Werkes II im Rahmen des § 613 a BGB an einen
externen Dienstleister zu veräußern.
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Soweit die Zeugen G1 und A5 darauf hingewiesen hätten, es sei für sie, die Beklagte,
unter Umständen kostengünstiger, wenn Mitarbeiter gegen Aufhebungsvereinbarungen
ausschieden, sei diese Erklärung im Herbst 2006 erfolgt, als noch nicht abzusehen
gewesen sei, wie sich diese Maßnahme entwickeln werde.
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Durch Urteil vom 28.05.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese
Entscheidung, die dem Kläger am 16.06.2008 zugestellt worden ist, richtet sich die
Berufung des Klägers, die am 10.07.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und
– nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.09.2008 – am
16.09.2008 begründet worden ist.
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Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, er habe Anspruch auf Zahlung der begehrten
Abfindung. Er habe sein Arbeitsverhältnis wegen der Schließung der Feuerwache Werk
II und des dadurch bedingten Wegfalls seines Beschäftigungsbedarfs selbst gekündigt,
nachdem die Beklagte es ihm als einzigen Feuerwehrmann verwehrt habe, einen
Aufhebungsvertrag nach den Regularien der Betriebsvereinbarung "Restrukturierung"
vom 08.12.2004 gegen Zahlung der dort vorgesehenen Sozialplanabfindung zu
schließen. Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, seine
Eigenkündigung sei nicht durch die Beklagte im Rahmen einer konkreten
Betriebsänderung veranlasst worden. Bereits erstinstanzlich habe er vorgetragen, dass
die Beklagte seit Mitte 2004 durchgehend das konkrete Ziel verfolgt habe, die
Feuerwache Werk II zu schließen, und dass sie dieses Ziel zwar nicht durch das
ursprüngliche Konzept des "Full-Outsourcing", sondern durch das seit Mitte 2007
verfolgte, in der zweiten Jahreshälfte 2007 durch bauliche Maßnahmen vorbereitete und
seit dem 01.12.2007 tatsächlich praktizierte Konzept der Herabstufung der Feuerwache
zu einem Infopunkt auch erreicht habe. In beiden Konzepten sei er, der Kläger,
überzählig gewesen. Damit sei seine Eigenkündigung durch diese konkrete
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Betriebsänderung, deren Vollzug zum Wegfall seines Arbeitsplatzes geführt habe,
veranlasst worden, nachdem die Beklagte seinen Wunsch auf Abschluss eines
Aufhebungsvertrages aus Anlass der Betriebsänderung abgelehnt habe, ohne dafür den
behaupteten sachlichen Grund – Gefährdung der Auflagen zur Personalstärke –
tatsächlich gehabt zu haben.
Soweit die Beklagte sich auf die Anordnungsverfügung der Bezirksregierung Arnsberg
vom 28.11.2005 berufe, nach der sie nur bis zum 31.12.2007 berechtigt gewesen sei,
mit einer reduzierten Einsatzstärke von 1-5-1 hauptberuflichen Einsatzkräften zu
operieren, also nicht gewusst habe, ob sie ab 01.01.2008 wieder mit der vollen
Einsatzstärke von 1-8-1 hauptberuflichen Einsatzkräften werde operieren müssen,
könne diese Anordnungsverfügung im Zeitpunkt seiner Eigenkündigung keinen Bestand
mehr gehabt haben. Denn die ab Sommer 2007 geplante und ab 01.12.2007 tatsächlich
vollzogene Herabstufung der Feuerwache Werk II zu einem Infopunkt wäre sonst nicht
möglich gewesen, da ein solcher Infopunkt nicht einmal mit reduzierter Einsatzstärke
von 1-5-1 hauptberuflichen Einsatzkräften, sondern mit einer Einsatzstärke von nur drei
Personen betrieben werde. Allenfalls bezüglich der Feuerwache Werk I habe diese
Anordnungsverfügung noch Bestand haben können. Dort sei aber ohnehin durch die
Versetzungen aus der Feuerwache Werk II ein so großer Personalüberhang entstanden,
dass nicht nur mit reduzierter Einsatzstärke 1-5-1, sondern sogar mit voller Einsatzstärke
1-8-1 hätte operiert werden können und immer noch ein Personalübergang bestanden
hätte. Aus diesem Grunde habe die Beklagte am 15.11.2007 mit dem Arbeitnehmer S4,
der nicht nur einfacher Werksschutzmann, sondern Mitglied der freiwilligen Feuerwehr –
also nebenberufliche Einsatzkraft – gewesen sei, einen Aufhebungsvertrag gegen
Zahlung der Sozialplanabfindung geschlossen. Auch der Aufhebungsvertrag mit dem
Leiter der Werksfeuerwehr A5 sei nach dem 31.07.2008 geschlossen worden, nachdem
sein, des Klägers, Wunsch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages abgelehnt worden
sei. Der Zeuge A5 habe schon seit längerem einen Altersteilzeitvertrag mit der
Beklagten geschlossen. Auf Veranlassung der Beklagten sei dieser Altersteilzeitvertrag
im Spätsommer/Herbst 2007 durch einen Aufhebungsvertrag ersetzt worden.
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Nach alledem habe die Beklagte ihm, dem Kläger, als einzigen Feuerwehrmann den
Abschluss eines Aufhebungsvertrages verwehrt, obwohl sie mit zahlreichen anderen
Werksfeuerwehrleuten entsprechende Verträge geschlossen habe. Dazu wäre sie nur
berechtigt gewesen, wenn sie hierfür einen sachlichen Grund gehabt hätte, er, der
Kläger, also am 31.07.2007 unverzichtbar gewesen wäre. Durch Abschluss eines
Aufhebungsvertrages mit ihm wäre jedoch die gesetzlich vorgeschriebene Einsatzstärke
der Werksfeuerwehr nicht unterschritten worden. Soweit die Beklagte mit
"verzichtbaren" Mitarbeitern Aufhebungsverträge abschließe, könne sie nicht einzelne
ebenfalls "verzichtbare" Mitarbeiter, wie ihn, den Kläger, davon ausnehmen.
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Wie er, der Kläger, inzwischen erfahren habe, habe die Beklagte drei Arbeitnehmern,
die sich in Altersteilzeit befunden hätten, im Herbst 2007 Aufhebungsverträge
angeboten; diese Arbeitnehmer hätten dies jedoch abgelehnt.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bochum vom
28.05.2008 – 5 Ca 455/08 – zu verurteilen, an den Kläger 114.104,88 € brutto
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, ihr sei es zu keinem Zeitpunkt
möglich gewesen, auf die Dienste des Klägers zu verzichten. Der Kläger sei zur
Erhaltung des Personalschlüssels 1-5-1 im Werk I notwendig gewesen. Drei andere
Feuerwehrleute befänden sich in Altersteilzeit und schieden im Laufe der nächsten zwei
Jahre aus. Ebenso habe im Zeitpunkt der Eigenkündigung des Klägers noch eine
Rücknahme der Duldungsverfügung der Bezirksregierung Arnsberg gedroht, was die
Besetzung der Feuerwache im Werk I mit der gesetzlich vorgesehenen
Mannschaftsstärke von 1-8-1 erforderlich gemacht hätte. Bis zum 17.12.2007 sei ihr, der
Beklagten, noch nicht bekannt gewesen, ob die Werksfeuerwehr auch nach dem
31.12.2007 noch mit einer Einsatzstärke von 1-5-1 hauptberuflichen Einsatzkräften habe
operieren dürfen. Erst mit Schreiben vom 17.12.2007 habe die Bezirksregierung
Arnsberg bestätigt, dass man angesichts der noch ausstehenden grundsätzlichen
Entscheidung des Innenministeriums zur Umsetzung des von ihr, der Beklagten,
angestrebten Betriebsüberganges und Übernahme der Werksfeuerwehr durch die
öffentliche Feuerwehr bereit sei, die bei der Betriebsprüfung am 23.10.2007 festgestellte
Organisation und Struktur bis auf Weiteres zu dulden. Bis zum 17.12.2007 und auch
danach habe noch nicht abschließend festgestanden, mit wie vielen hauptberuflichen
Einsatzkräften die Werksfeuerwehr ausgestattet sein müsse.
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Nicht in Abrede gestellt werde, dass die Feuerwache Werk II im geltenden Businessplan
nicht mehr vorgesehen sei. Durch die Umsetzung baulicher Maßnahmen habe sie
erreichen können, dass die Feuerwache nicht mehr Bestandteil der
Nutzungsberechtigung sei. Im Rahmen einer Präsentation Ende des Jahres 2006 hätten
der Leiter der Abteilung Werkssicherheit, der Zeuge G1, sowie der Leiter der
Werksfeuerwehr, der Zeuge A5, mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Werkssicherheit
(Werksfeuerwehr/-schutz/-ermittlungsdienst) für die Werke I und II gemäß § 613 a BGB
an einen externen Dienstleister zu verkaufen. Diese Maßnahme sei bislang jedoch noch
nicht umgesetzt worden. Nicht bestritten werde weiter, dass das Konzept, die
Werkssicherheit zum 01.02.2007 auf einen Dienstleister zu übertragen, Ende November
2006 an der Zustimmung der fachlichen Genehmigungsstelle in Düsseldorf gescheitert
sei. Deswegen sei Anfang 2007 ein neues Konzept vorgetragen worden. Die
Verhandlungen hierüber hätten allerdings im Sommer 2007 ohne das gewünschte
Ergebnis beendet werden müssen. Aufgrund dieser unsicheren Situation habe nach
diesem Zeitpunkt weiteren Mitarbeitern der Austritt aus dem Unternehmen nicht
ermöglicht werden können. Dies zeige deutlich auf, dass sie, die Beklagte, zu keinem
Zeitpunkt auf den Kläger habe verzichten können.
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Der Umstand, dass mit dem Mitarbeiter S3 zum Januar 2007 und mit dem Mitarbeiter L1
zum Mai 2007 noch ein Aufhebungsvertrag nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung
vom 08.12.2004 habe geschlossen werden können, beruhe darauf, dass sie zu diesem
Zeitpunkt noch davon ausgegangen sei, die genannten Maßnahmen zu realisieren. Als
das Konzept gescheitert sei, sei vollkommen ungewiss gewesen, mit welcher
personellen Ausstattung die Werksfeuerwehr in Zukunft zu operieren habe.
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Soweit der Kläger vortrage, dass nach dem neuen Konzept sieben Brandmeister und
ein Oberbrandmeister überzählig gewesen seien, entspreche dies nicht der Realität.
Aufgrund der dargestellten Situation sei für sie, die Beklagte, ungewiss gewesen, wie
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viel Personal sie bei der Werksfeuerwehr vorzuhalten habe. Aus diesem Grunde habe
man die entsprechenden Mitarbeiter in das Werk I versetzt. Zwischen der Schließung
der Feuerwache Werk II und der Einsatzstärke bestehe kein Zusammenhang. Ein
Personalüberhang sei jedenfalls nicht gegeben. Sie, die Beklagte, habe die vormals im
Werk I beschäftigten Leiharbeitnehmer durch die Mitarbeiter aus Werk II ersetzt. Dies sei
eine Voraussetzung für die Verlängerung der Duldungsverfügung gewesen.
Unerheblich sei, dass der Leiter der Werksfeuerwehr, Herr A5, am 29.02.2008 per
Aufhebungsvertrag aus dem Unternehmen ausgeschieden sei. Eine Vergleichbarkeit
des Zeugen A5 mit dem Kläger scheitere zum einen an der unterschiedlichen
Ausbildung, dem Rang und der Funktion, zum anderen aber auch daran, dass der
Zeuge A5 nicht zur behördlich angeordneten Mannschaftsstärke zähle.
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Auch mit dem Zeugen S4 sei der Kläger nicht vergleichbar. Herr S4 sei Mitarbeiter der
Werkssicherheit (Werksschutz) und gehöre zu den drei nebenberuflichen
Feuerwehrkräften, welche sie, die Beklagte, vorhalten müsse. Beim Kläger habe es sich
jedoch um eine hauptberufliche Feuerwehrkraft gehandelt.
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Nach alledem habe sie, die Beklagte, dem Kläger keinen Anlass zu seiner
Eigenkündigung gegeben. Als der Kläger Mitte des Jahres 2007 den Wunsch auf
Abschluss eines Aufhebungsvertrages geäußert habe, habe sie dies abgelehnt, weil
zum damaligen Zeitpunkt nicht festgestanden habe, mit welcher Personalstärke die
Werksfeuerwehr in Zukunft besetzt sein müsse. Nach diesem Hinweis habe der Kläger
nicht annehmen können, dass auf ihrer Seite ein Lösungsinteresse bestanden habe.
Der Kläger habe nicht davon ausgehen können, dass sein Arbeitsplatz entfalle.
Vielmehr habe er aus der Ablehnung des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages
schließen müssen, dass eine betriebsbedingte Kündigung gerade nicht bevorstehe.
Zum Zeitpunkt seiner Eigenkündigung am 09.11.2007 habe keine Veranlassung beim
Kläger für die Annahme bestanden, er komme durch die Eigenkündigung einer
betriebsbedingten Kündigung zuvor. Nach alledem sei das Vorbringen des Klägers, die
Ablehnung des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages habe auf Willkür beruht, nicht
nachvollziehbar.
44
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
45
Entscheidungsgründe
46
I.
47
Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden.
48
II.
49
Der Sache nach hat die Berufung keinen Erfolg. Denn der Kläger hat keinen Anspruch
auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 114.104,88 € brutto. Dies hat das
Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
50
1. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der begehrten Abfindung ergibt sich nicht aus
Ziffer III 2 der Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004. Die Betriebsvereinbarung regelt an
51
Ziffer III 2 der Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004. Die Betriebsvereinbarung regelt an
der genannten Stelle die Zahlung von Abfindungen bei Abschluss eines
Aufhebungsvertrages, der unstreitig zwischen den Parteien nicht geschlossen worden
ist.
2. Ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung ergibt sich auch nicht aus Ziffer III 2 der
Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004 in Verbindung mit § 75 BetrVG.
52
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Arbeitnehmer, die
aufgrund eines vom Arbeitgeber veranlassten Aufhebungsvertrages oder einer von ihm
veranlassten Eigenkündigung ausscheiden, mit denjenigen gleich zu behandeln, deren
Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber gekündigt wird. Ursache für das Ausscheiden muss
die vom Arbeitgeber vorgenommene Betriebsänderung sein. Dies ist sie auch dann,
wenn der Arbeitgeber bei dem Arbeitnehmer im Hinblick auf eine konkret geplante
Betriebsänderung die berechtigte Annahme hervorgerufen hat, mit der eigenen Initiative
komme er einer sonst notwendig werdenden betriebsbedingten Kündigung seitens des
Arbeitgebers nur zuvor. Ob das der Fall ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Der bloße
Hinweis auf eine unsichere Lage des Unternehmens, auf notwendig werdende
Betriebsänderungen und die nicht auszuschließende Möglichkeit des
Arbeitsplatzverlustes genügt nicht, um in diesem Sinne einen vom Arbeitgeber
gesetzten Anlass anzunehmen. Eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers oder ein
Aufhebungsvertrag ist aber dann vom Arbeitgeber veranlasst, wenn dieser dem
Arbeitnehmer zuvor mitgeteilt hat, er habe für ihn nach Durchführung der
Betriebsänderung keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr (vgl. BAG, Urt. v. 15.05.2007 –
1 AZR 370/06, ZIP 2007, 1575 m.w.N.).
53
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt ein Abfindungsanspruch des
Klägers nach der Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004 i.V.m. § 75 BetrVG nicht in
Betracht. Denn die erkennende Kammer konnte – wie das Arbeitsgericht – nicht
feststellen, dass die Beklagte den Kläger zum Ausspruch seiner Eigenkündigung vom
09.11.2007 veranlasst hat.
54
aa) Auch wenn die Beklagte seit Mitte des Jahres 2004 verschiedenste Planungen zum
Outsourcing der Werksfeuerwehr entwickelt hatte, sie weiterhin die Beschäftigten der
Werksfeuerwehr vor diesem Hintergrund aufgefordert haben sollte, per
Aufhebungsvertrag auszuscheiden, und dementsprechend nach dem Sachvortrag des
Klägers zwölf Mitarbeiter in der Zeit von Dezember 2004 bis Oktober 2006 per
Aufhebungsvertrag und Abfindungszahlung ausgeschieden sind, folgt daraus nicht,
dass die Beklagte den Kläger zu seiner Eigenkündigung vom 09.11.2007 im Sinne der
oben zitierten Rechtsprechung veranlasst hat. Unstreitig war das erste Konzept der
Beklagten, die Werkssicherheit bestehend aus Feuerwehr sowie Schutz- und
Ermittlungsdienst für Werk I und II gemäß § 613 a BGB an einen externen Dienstleister
zu verkaufen, Ende November 2006 an der verweigerten Zustimmung der fachlichen
Genehmigungsstelle in Düsseldorf gescheitert. Auch das Anfang 2007 vorgetragene
neue Konzept, welches vorsah, den Feuerschutz durch die Berufsfeuerwehr der Stadt
B2 wahrnehmen zu lassen, ist im Sommer 2007 ohne das gewünschte Ergebnis
aufgegeben worden. Selbst wenn die Beklagte ihre grundsätzliche Absicht, die
Werksfeuerwehr in den Werken I und II in B2 auszulagern bzw. im Wege eines
Betriebsübergangs auf einen externen Dienstleister zu übertragen, nicht aufgegeben
haben sollte, war jedenfalls zu diesem Zeitpunkt völlig offen, in welcher Weise und zu
welchem Zeitpunkt diese Planungen in Zukunft verwirklicht werden konnten.
55
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang weiter die Anordnungsverfügung der
Bezirksregierung Arnsberg vom 28.11.2005. Danach war befristet bis zum 31.12.2007
statt der gesetzlich vorgesehenen Mannschaftsstärke von 1-8-1 bei den
hauptberuflichen Einsatzkräften nur eine Einsatzstärke von 1-5-1 geduldet. Ausgehend
hiervon musste die Beklagte unter Berücksichtigung von Urlaub, Mehrarbeit usw.
insgesamt mindestens 42 hauptberufliche Mitarbeiter vorhalten. Da für die Beklagte bis
zur Verlängerung der Duldung der Einsatzstärke von 1-5-1 bei den hauptberuflichen
Einsatzkräften durch Schreiben der Bezirksregierung Arnsberg vom 17.12.2007 offen
war, mit welcher Personalstärke bei den hauptberuflichen Feuerwehrleuten sie nach
dem 31.12.2007 zu planen hatte, musste der Kläger jedenfalls im Zeitpunkt der
Ablehnung seines Wunsches auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages Mitte des
Jahres 2007 nicht mit einer betriebsbedingten Kündigung seines Arbeitsverhältnisses
rechnen und konnte nicht davon ausgehen, er komme einer solchen mit seiner
Eigenkündigung zuvor.
56
bb) Unerheblich ist, ob die Beklagte noch Ende Juni 2007 einem Kollegen des Klägers
gegenüber erklärt hat, es könne noch mindestens ein Arbeitnehmer der Werksfeuerwehr
ausscheiden. Auch wenn die Beklagte im Juli 2007 eine solche Erklärung abgegeben
haben sollte, hat sie dem Kläger gegenüber durch Ablehnung des Abschlusses des
Aufhebungsvertrages am 30.07.2007 unmissverständlich klargestellt, dass sie jedenfalls
zu diesem Zeitpunkt kein Interesse an Auflösung seines Arbeitsverhältnisses hatte.
Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte den Kläger zum
Ausspruch seiner Eigenkündigung vom 09.11.2007 veranlasst hat.
57
3. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Abfindung ergibt sich auch nicht aus
dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Denn in der
Ablehnung des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages mit dem Kläger ist keine
willkürliche Ungleichbehandlung zu sehen.
58
a) Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz
anwendbar ist, wenn eine Leistung nach einem bestimmten erkennbaren und
generalisierenden Prinzip unter Festlegung bestimmter Voraussetzungen oder
bestimmter Zwecke gewährt wird. Allein die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer
erlaubt dabei noch nicht den Schluss, diese Arbeitnehmer bildeten eine Gruppe. Eine
Gruppenbildung ist nur dann gegeben, wenn die Besserstellung nach einem oder
mehreren Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen.
Erforderlich ist demnach, dass der Arbeitgeber die Leistung nach einem erkennbar
generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt (vgl. BAG, Urt. v.
29.09.2004 – 5 AZR 43/04, AP Nr. 192 zu § 242 BGB Gleichbehandlung m.w.N.).
59
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet dem Arbeitgeber, einzelne
Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage willkürlich, d.
h. ohne Vorliegen sachlicher Gründe, schlechter zu stellen. Sachfremd ist eine
Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten
Motive gibt. Liegt ein sachlicher Grund nicht vor, so kann der übergangene
Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der allgemeinen Regelung behandelt zu
werden (vgl. BAG, Urt. v. 30.03.1994 – AP Nr. 113 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; Urt.
v. 25.04.1995, AP Nr. 130 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Erfolgt die Besserstellung
einzelner Arbeitnehmer dagegen unabhängig von abstrakten
Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen, können sich andere Arbeitnehmer hierauf
zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen (vgl. BAG, Urt. v. 29.09.2004
60
a.a.O.; Urt. v. 17.02.1998 – 3 AZR 783/96, AP Nr. 37 zu § 1 BetrAVG
Gleichbehandlung).
b) In Anwendung dieser Grundsätze kann ein Verstoß der Beklagten gegen den
arbeitsgerichtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in der Ablehnung des Wunsches des
Klägers nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages nicht gesehen werden.
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aa) Soweit der Kläger darauf verweist, dass in der Zeit von Dezember 2004 bis Oktober
2006 insgesamt 12 Mitarbeiter der Werksfeuerwehr per Aufhebungsvertrag und
Abfindungszahlung bei der Beklagten ausgeschieden sind, kann dies keinen Anspruch
des Klägers begründen, zu den gleichen Bedingungen aus dem Arbeitsverhältnis
auszuscheiden. Denn die Beklagte hatte einen sachlichen Grund, diese damals
möglicherweise auf einem generalisierenden Prinzip beruhende Praxis nach dem
Scheitern sowohl des ersten Konzepts zur Veräußerung der Werksfeuerwehr an einen
externen Dienstleister gemäß § 613 a BGB Ende November 2006 als auch der
Beendigung der Verhandlungen über das zweite Konzept zur Übernahme des
Feuerschutzes durch die Berufsfeuerwehr der Stadt B2 im Sommer 2007 nicht weiter
fortzusetzen. Wie bereits ausgeführt wurde, war zu diesem Zeitpunkt völlig offen, in
welcher Weise der Feuerschutz in den Betrieben der Beklagten in B2 zukünftig
gewährleistet werden würde. Nach dem Scheitern der beiden in diesem
Zusammenhang entwickelten Konzepte musste die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt
davon ausgehen, auch in Zukunft eine Werksfeuerwehr in ihren Betrieben in B2
unterhalten zu müssen.
62
Unter Berücksichtigung der bis zum 31.12.2007 befristeten Anordnungsverfügung der
Bezirksregierung Arnsberg vom 28.11.2005 über die befristete Duldung des
Personalschlüssels 1-5-1 bei den hauptamtlichen Einsatzkräften war weiterhin offen, ob
die Werksfeuerwehr nach dem 31.12.2007 in der bisherigen Stärke von mindestens 42
hauptberuflichen Mitarbeitern oder im Falle des Auslaufens der Duldungsverfügung mit
der gesetzlich vorgesehenen Mannschaftsstärke von 1-8-1 bei den hauptberuflichen
Feuerwehrkräften betrieben werden musste.
63
Vor diesem Hintergrund erscheint es sachgerecht, dass die Beklagte bis zur Klärung
dieser offenen Fragen ihre bisherige Praxis des Abschlusses von Aufhebungsverträgen
auch mit hauptberuflichen Feuerwehrleuten nicht fortsetzte. Unter diesen Umständen
kann die Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber den bis Ende Juli 2007 über
einen Aufhebungsvertrag mit Abfindungszahlung ausgeschiedenen hauptberuflichen
Feuerwehrleuten nicht als willkürlich angesehen werden.
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bb) Nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte trotz des Scheiterns beider Konzepte zur
künftigen Struktur der Werksfeuerwehr weiterhin Aufhebungsverträge unter Zahlung von
Abfindungen mit hauptberuflichen Feuerwehrleuten nach einem generalisierenden
Prinzip geschlossen hat.
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(1) Unerheblich ist, dass der Arbeitnehmer A5 am 29.02.2008 gegen Zahlung einer
Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten ausgeschieden ist, wobei der
Aufhebungsvertrag nach dem Sachvortrag des Klägers nach dem 31.07.2007
geschlossen worden ist. Unstreitig handelt es sich bei dem Zeugen A5 um den Leiter
der Werksfeuerwehr, der schon deshalb mit dem Kläger nicht vergleichbar ist. Zudem
zählt der Arbeitnehmer A5 nach dem vom Kläger nicht bestrittenen Sachvortrag der
Beklagten nicht zur behördlich angeordneten Mannschaftsstärke, da er nicht am 24-
66
stündigen Alarmdienst teilnimmt. Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Arbeitnehmer
A5 einen Altersteilzeitvertrag mit der Beklagten geschlossen hatte. Angesichts dessen
ist nicht ersichtlich, dass der Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitnehmer A5 aufgrund
einer abstrakten Regelung nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip
abgeschlossen wurde, deren Voraussetzungen der Kläger auch erfüllt, sodass er als
übergangener Arbeitnehmer verlangen könnte, nach Maßgabe der allgemeinen
Regelung behandelt zu werden.
(2) Auch unter Hinweis auf den Abschluss des Aufhebungsvertrages mit dem
Arbeitnehmer S4 am 15.11.2007 kann der Beklagten ein Verstoß gegen den
arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vorgeworfen werden. Unstreitig
handelt es sich beim Arbeitnehmer S4 um einen Mitarbeiter der Werkssicherheit, der nur
als nebenberufliche Einsatzkraft für die Werksfeuerwehr tätig war. In dieser Funktion
wird er bei der Ermittlung der Personalstärke der Werksfeuerwehr, die nach der
Anordnungsverfügung der Bezirksregierung Arnsberg vom 28.11.2005 insgesamt
mindestens 42 hauptberufliche Mitarbeiter betragen muss, nicht mitgezählt.
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(3) Soweit der Kläger vorträgt, einer seiner Kollegen habe Ende Juni 2007 in der
Personalabteilung angefragt, ob weiterhin das Interesse bestehe, Aufhebungsverträge
nach der Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004 mit Feuerwehrleuten der Feuerwache
Werk II zu schließen, wobei erklärt worden sei, mindestens ein Mitarbeiter könne noch
gehen, kann hiermit ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz nicht begründet werden. Zum einen war die Anfrage des
Kollegen nach dem Sachvortrag des Klägers Ende Juni 2007, während im Falle des
Klägers der Abschluss eines Aufhebungsvertrages Ende Juli 2007 von der Beklagten
abgelehnt wurde. Zum anderen ist mit dem Kollegen des Klägers kein
Aufhebungsvertrag abgeschlossen worden.
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(4) Auch der Sachvortrag des Klägers im Termin vom 18.12.2008, die Beklagte habe im
Herbst 2007 drei Arbeitnehmern in Altersteilzeit Aufhebungsverträge angeboten, was
diese abgelehnt hätten, lässt nicht den Schluss zu, er sei ohne sachlichen Grund von
einer allgemein begünstigenden Regelung ausgeschlossen worden. Auch wenn dieses
neue Vorbringen des Klägers zu berücksichtigen sein sollte, kann hiermit ein Verstoß
der Beklagten gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht
begründet werden. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich nicht entnehmen, dass die
Beklagte auch nach Ablehnung seines Wunsches auf Abschluss eines
Aufhebungsvertrages am 31.07.2007 auf der Grundlage eines generalisierenden
Prinzips Aufhebungsverträge mit hauptberuflichen Feuerwehrleuten unter
Voraussetzungen abgeschlossen hat, die auch der Kläger erfüllt. Die drei Arbeitnehmer,
denen die Beklagte nach seinem Sachvortrag im Herbst 2007 den Abschluss von
Aufhebungsverträgen angeboten haben soll, hatten sämtlich Altersteilzeitverträge mit
der Beklagten geschlossen. Sie schieden damit entweder in absehbarer Zeit aus der
aktiven Arbeitsphase aus oder befanden sich bereits in der Freistellungsphase.
Angesichts dessen lässt das Vorbringen des Klägers im Termin vom 18.12.2008
allenfalls den Schluss zu, die Beklagte habe Aufhebungsverträge nach dem 31.07.2007
solchen Feuerwehrleuten angeboten, die sich in Altersteilzeit befanden. Bei diesen
Personen, zu denen auch der Arbeitnehmer A5 gehörte, stand fest, dass sie in
absehbarer Zeit aus dem aktiven Arbeitsverhältnis ausschieden oder sich bereits in der
Freistellungsphase befanden. Angesichts dessen erscheint es nachvollziehbar, wenn
die Beklagte versucht, sich über den Abschluss von Aufhebungsverträgen den
besonderen Belastungen der getroffenen Altersteilzeitvereinbarungen zu entziehen. Da
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der Kläger einen Altersteilzeitvertrag mit der Beklagten nicht geschlossen hat und
aufgrund seines Alters hierfür auch nicht in Betracht kam, kann die Weigerung der
Beklagten, auch mit ihm einen Aufhebungsvertrag unter Zahlung einer Abfindung nach
Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 08.12.2004 zu schließen, nicht als willkürliche
Ungleichbehandlung gewertet werden.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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