Urteil des LAG Düsseldorf vom 13.12.2006

LArbG Düsseldorf: unterrichtung, treu und glauben, photo, betriebsübergang, verwirkung, freistellung von der arbeit, angebot der arbeitsleistung, arbeitsgericht, erfüllung, fehlerhaftigkeit

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 7 (12) Sa 804/06
Datum:
13.12.2006
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 (12) Sa 804/06
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Solingen, 1 Ca 1845/05 lev
Schlagworte:
Unterrichtung und Widerspruch gemäß § 613a Abs. 5,6 BGB - Übergang
eines Altersteilzeitverhältnisses - Verwirkung
Normen:
.
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Die Unterrichtung ist fehlerhaft und setzt den Lauf der
Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs. 6 BGB nicht in Gang, wenn über
die haftungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs nicht unterrichtet
worden ist. 2. Die Unterrichtung ist auch fehlerhaft, wenn der
Betriebsveräußerer den Arbeitnehmer, mit dem er einen
Altersteilzeitvertrag geschlossen hat, darauf hinweist, das Arbeitsentgelt
könne im Falle des Widerspruchs bis zum Ende des
Arbeitsverhältnisses um die Einkünfte gekürzt werden, die der
Arbeitnehmer für die verbleibende Dauer des Arbeitsverhältnisses beim
Erwerber erzielen könne. 3. Im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung
kann der Arbeitnehmer - bis zur Grenze der Verwirkung - grundsätzlich
unbefristet von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen. 4. Die
Vertragsfortführung mit dem Betriebserwerber kann grundsätzlich vor
Ablauf der Widerspruchsfrist nicht als Zustimmung des Arbeitnehmers
zum Arbeitgeberwechsel oder als stillschweigender
Widerspruchsverzicht gewertet werden.
Tenor:
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Solingen vom 29.06.2006 1 Ca 1845/05 lev wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
III.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Mit seiner am 16.08.2005 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage macht der
Kläger gegenüber der Beklagten Zahlungsansprüche geltend. Die Parteien streiten
darüber, ob der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber
eines Betriebsteils der Beklagten wirksam widersprochen hat.
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Der Kläger wurde am 01.04.1977 bei der Beklagte als Maschinenbauingenieur
eingestellt. Mit Wirkung ab dem 01.01.2000 wurde er in die Vertragsstufe VI
übernommen und als leitender Angestellter geführt.
3
Der Kläger war zuletzt im Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) tätig, der
insbesondere die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte umfasste. Da dieser
Geschäftsbereich seit mehreren Jahren einen massiven Umsatzrückgang zu
verzeichnen hatte, hat die Beklagte zur Kostenreduzierung Personalabbaumaßnahmen
durchgeführt. Dazu gehörte unter anderem auch der Abschluss von
Vorruhestandsverträgen oder Altersteilzeitvereinbarungen, in denen den jeweiligen
Arbeitnehmern von der Beklagten zum Teil erhebliche finanzielle Leistungen zugesagt
wurden.
4
Am 23.04.2002 schloss der Kläger mit der Beklagten eine Altersteilzeitvereinbarung,
nach der das Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.11.2002 als
Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt wurde. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis sollte
auf Veranlassung der Beklagten am 28.02.2007 enden. Wegen des Inhalts der
Altersteilzeitvereinbarung im Einzelnen wird auf Bl.8-11 der Akte Bezug genommen.
Seit dem 01.01.2005 befindet der Kläger sich in der Freistellungsphase. Er erhielt
zuletzt monatlich 3.943,00 € brutto.
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Unter dem Datum vom 14.10.2004 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden
Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste ab.
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Ende des Jahres 2004 wurde der Geschäftsbereich CI im Wege eines
Betriebsübergangs ausgegliedert und mit Wirkung zum 01.11.2004 auf die neu
gegründete B. Photo GmbH übertragen.
7
Für die von dem Teilbetriebsübergang betroffenen Belegschaftsmitglieder fanden
Informationsveranstaltungen statt. Unter anderem hat die Beklagte eine solche
Informationsveranstaltung am 19.08.2004 abgehalten, bei der der spätere
Geschäftsführer der B. Photo GmbH F. S., zum damaligen Zeitpunkt Mitglied des
Vorstandes der Beklagten, Informationen zur wirtschaftlichen Situation der B. Photo
GmbH erteilte. Außerdem wurden die Arbeitnehmer in Mitarbeiterzeitschriften über den
bevorstehenden Teilbetriebsübergang unterrichtet. Im Monat September 2004 befanden
sich in den betriebsinternen Magazinen die Zahlenangaben für die Erwerberin B. Photo
GmbH von 300 Millionen Eigenkapitalsumme sowie 70 bzw. 72 Millionen Euro
Barmittel.
8
Sämtliche dem Geschäftsbereich CI zugeordneten Arbeitnehmer der Beklagten haben
im Oktober 2004 im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsbereichs CI eine
im wesentlichen gleich lautende schriftliche Information erhalten. Die
Informationsschreiben unterscheiden sich allerdings abhängig von der jeweiligen
arbeitsvertraglichen Situation der betroffenen Mitarbeiter in Einzelfragen voneinander.
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Mit Schreiben vom 22.10.2004 wurde auch der Kläger über die geplante Übertragung
des Geschäftsbereichs CI informiert. Nach Hinweis auf die Informationspflicht gemäß §
613 a BGB und Wiedergabe des Textes von § 613 a Abs.5 und 6 BGB teilt die Beklagte
mit, es werde hiermit noch einmal schriftlich die vorgesehene und mit dem
Verhandlungsgremium des Gesamtbetriebsrates und der örtlichen Betriebsräte
abgestimmte Information gegeben, auch wenn er der Kläger aus der bisherigen
Kommunikation bereits über die Einzelheiten informiert sei. Unter Ziffer 2. wird
ausgeführt, die B. Photo GmbH übernehme das Vermögen von CI. Hierzu gehörten
insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches
Know-how, Vorräte und Forderungen. Das Unternehmen werde mit einem guten
Eigenkapital ausgestattet und verfüge über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende
Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu
können. Unter Ziffer 4. dieses Schreibens hat die Beklagte den geplanten
Personalabbau dargelegt. Unter Ziffer 5. hat sie den Kläger darauf hingewiesen, dass
sein Arbeitsverhältnis von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4. nicht betroffen
sei. Nach weiteren Darlegungen zum Widerspruchsrecht wurde der Kläger unter Ziffer 7.
darauf hingewiesen, dass sein Arbeitsverhältnis im Falle eines fristgerechten
Widerspruchs bei der Beklagten bleibe und nicht auf die B. Photo GmbH übergehe. In
diesem Fall müsse er mangels einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mit einer
Freistellung von der Arbeit rechnen. Nach weiterem Hinweis darauf, dass im Falle des
Widerspruchs der Anspruch auf Arbeitsentgelt gegenüber der Beklagten ab dem
Widerspruch bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses um die Einkünfte gekürzt werden
könne, die bei der Erwerberin erzielt werden könnten und im Fall einer eventuellen
Arbeitslosigkeit die Höhe der Ansprüche auf Leistung gegenüber der Agentur für Arbeit
in Frage gestellt sein könnten, wurde ihm sodann dringend empfohlen, von einem
Widerspruch abzusehen. Wegen des Inhalts des Informationsschreibens und dessen
Formulierung im Einzelnen wird auf Bl. 76 - 79 der Akte Bezug genommen.
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Die B. Photo GmbH hat die Forderungen des Klägers aus dem Altersteilzeitvertrag bis
einschließlich April 2005 erfüllt.
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Am 20.05.2005 stellte die B. Photo GmbH einen Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahren.
12
Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.07.2005 widersprach der Kläger dem Übergang
seines Arbeitsverhältnisses auf die B. Photo GmbH. Wegen des Inhaltes des
Schreibens im Einzelnen wird auf Bl. 80 der Akte Bezug genommen.
13
Dieses Schreiben ließ die Beklagte unbeantwortet.
14
Mit Schreiben vom 18.07.2005 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass die ihm
unter Ziffer 7. des Unterrichtungsschreibens erteilten Hinweise bezogen auf sein
Arbeitsverhältnis unzutreffend gewesen seien, da er sich seit dem 01.01.2005 bereits in
der Freistellungsphase befunden habe. Er fühle sich durch das Unterrichtungsschreiben
getäuscht und offenkundig falsch informiert. Er forderte die Beklagte auf, die Zahlungen
aus der Altersteilzeitvereinbarung ab Mai 2005 zu erfüllen. Wegen des Inhalts des
Schreibens im Einzelnen wird auf Bl. 81 83 der Akte Bezug genommen.
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Am 01.08.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B.Photo GmbH
eröffnet.
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Für den Monat August 2005 erhielt der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 2.018,11 €,
für die Monate September 2005 bis Januar 2006 jeweils 2.087,70 €.
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Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe im Juli 2005 dem Betriebsübergang noch
widersprechen können, da er bis dahin nicht ausreichend und korrekt über den
Betriebsübergang informiert worden sei. Er hat unter Bezugnahme auf die auf der
Betriebsversammlung und in den betriebsinternen Magazinen dargelegten
Informationen behauptet, über die wirtschaftliche Situation der Erwerberin sei bewußt
falsch informiert worden. Durch den Verweis im Schreiben vom 22.10.2004 auf die
bereits erteilten Informationen seien nicht nur die im Schreiben selbst enthaltenen
Informationen, sondern auch die außerhalb dieses Schreibens erteilten Angaben zu
berücksichtigen. Entgegen diesen Informationen sei die B. Photo GmbH wirtschaftlich
so schlecht ausgestattet gewesen, dass ein Überleben am Markt tatsächlich nicht
möglich gewesen sei. Es sei vor allem über die finanzielle Ausstattung und die
Übertragung der Markenrechte bewusst falsch informiert worden. Die B. Photo GmbH
habe zu keiner Zeit über Barmittel in Höhe von rund 70 Millionen Euro verfügt und auch
keine Kreditlinie in Höhe von 50 Millionen Euro gehabt. Über die Markenrechte könne
sie nicht verfügen, sondern habe diesbezüglich nur ein Nutzungsrecht. Außerdem habe
die Beklagte in dem Informationsschreiben entgegen ihrer Pflicht nicht auf die Verteilung
von Schuld und Haftung zwischen dem bisherigen und dem neuen Arbeitgeber
hingewiesen. Auch die Ausführungen unter Ziffer 7. des Unterrichtungsschreibens seien
bezogen auf den Kläger falsch. Negative Auswirkungen auf die Höhe des
Arbeitslosengeldes existierten nicht. Diese Erkenntnis habe er erst durch Einholung von
Rechtsrat unmittelbar vor der Ausübung des Widerspruchsrechts gewonnen. Es sei der
Beklagten offenkundig darum gegangen, den Kläger durch solche Fehlinformationen
von der Ausübung seines Widerspruchsrechts abzuhalten. Da es für die Ausübung des
Widerspruchsrechtes keine zeitliche Höchstgrenze gebe und dieses Recht auch nicht
verwirkt sei, sei sein Arbeitsverhältnis nicht auf die B. Photo GmbH übergegangen,
sondern bestehe zur Beklagten fort. Er der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt gegenüber
der Beklagten zu erkennen gegeben, sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben zu
wollen. Schließlich lägen keine Umstände vor, die es der Beklagten unzumutbar
machen könnten, das Altersteilzeitverhältnis fortzusetzen. Die Beklagte schulde daher
die ordnungsgemäße Abwicklung der mit ihm geschlossenen Altersteilzeitvereinbarung.
Vorsorglich hat der Kläger seine Zahlungsansprüche auch auf §§ 280 ff BGB gestützt.
18
Der Kläger hat beantragt,
19
1. Die Beklagte zu verurteilen,
20
a) an den Kläger 3.943,00 € brutto abzüglich eines auf den Nettobetrag
anzurechnenden Pensionskassenbeitragarbeitnehmeranteils in Höhe von
81,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.Juni 2005 zu zahlen,
21
b) an den Kläger 3.943,00 € brutto abzüglich eines auf den Nettobetrag
anzurechnenden Pensionskassenbeitragarbeitnehmeranteils in Höhe von
81,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.Juli 2005 zu zahlen,
22
c) an den Kläger 3.943,00 € brutto abzüglich eines auf den Nettobetrag
23
anzurechnenden Pensionskassenbeitragarbeitnehmeranteils in Höhe von
81,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.August 2005 zu zahlen,
d) an den Kläger 3.943,00 € brutto abzüglich eines auf den Nettobetrag
anzurechnenden Arbeitslosengeldbetrages in Höhe von 2.018,11 € sowie
abzüglich ebenfalls auf den Nettobetrag anzurechnenden
Pensionskassenbeitragarbeitnehmeranteils in Höhe von 81,52 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
01.September 2005 zu zahlen,
24
e) an den Kläger 3.943,00 € brutto abzüglich eines auf den Nettobetrag
anzurechnenden Arbeitslosengeldbetrages in Höhe von 2.087,70 € sowie
abzüglich eines ebenfalls auf den Nettobetrag anzurechnenden
Pensionskassenbeitragarbeitnehmeranteils in Höhe von 81,52 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
01.Oktober 2005 zu zahlen,
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f) an den Kläger 3.943,00 € brutto abzüglich eines auf den Nettobetrag
anzurechnenden Arbeitslosengeldbetrages in Höhe von 2.087,70 € sowie
abzüglich eines ebenfalls auf den Nettobetrag anzurechnenden
Pensionskassenbeitragarbeitnehmeranteils in Höhe von 81,52 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
01.November 2005 zu zahlen,
26
g) an den Kläger 3.943,00 € brutto abzüglich eines auf den Nettobetrag
anzurechnenden Arbeitslosengeldbetrages in Höhe von 2.087,70 € sowie
abzüglich eines ebenfalls auf den Nettobetrag anzurechnenden
Pensionskassenbeitragarbeitnehmeranteils in Höhe von 81,52 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
01.Dezember 2005 zu zahlen,
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h) an den Kläger 3.943,00 € brutto abzüglich eines auf den Nettobetrag
anzurechnenden Arbeitslosengeldbetrages in Höhe von 2.087,70 € sowie
abzüglich eines ebenfalls auf den Nettobetrag anzurechnenden
Pensionskassenbeitragarbeitnehmeranteils in Höhe von 81,52 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
01.Januar 2006 zu zahlen,
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i) an den Kläger 3.943,00 € brutto abzüglich eines auf den Nettobetrag
anzurechnenden Arbeitslosengeldbetrages in Höhe von 2.087,70 € sowie
abzüglich eines ebenfalls auf den Nettobetrag anzurechnenden
Pensionskassenbeitragarbeitnehmeranteils in Höhe von 81,52 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
01.Februar 2006 zu zahlen,
29
j) an den Kläger 3.943,00 € brutto abzüglich eines auf den Nettobetrag
anzurechnenden Arbeitslosengeldbetrages in Höhe von 2.087,70 € sowie
abzüglich eines ebenfalls auf den Nettobetrag anzurechnenden
Pensionskassenbeitragarbeitnehmeranteils in Höhe von 81,52 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
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01.März 2006 zu zahlen.
2. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 15.535,40 € netto
(Aufstockungsleistung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz zu zahlen, jeweils aus einem Betrag von 1.553,54 € seit dem
01.Juni 2005, 01.Juli 2005, 01. August 2005, 01.September 2005, 01.Oktober
2005, 01. November 2005, 01.Dezember 2005, 01.Januar 2006, 01.Februar
2006, 01.März 2006.
31
3. Die Beklagte zu verurteilen, an die Bayer Pensionskasse unter BAV- Nr.
90069424 einen Betrag in Höhe von 815,20 €
(Pensionskassenarbeitgeberbeitrag) zu zahlen.
32
4. Die Beklagte zu verurteilen, an die Einzugstelle bzw. den
Rentenversicherungsträger gesetzliche Rentenversicherung des Klägers einen
Aufstockungsbeitrag zur Rentenversicherung in Höhe von 7.370,00€ zu zahlen.
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5. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate März 2006 bis Mai
2006
34
a) monatlich einen Betrag von 3.943,00 € brutto abzüglich eines auf den
Nettobetrag anzurechnenden Pensionskassenbeitragarbeitnehmeranteils
in Höhe von 81,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jeweils ab
dem 01.04., 01.05. und 01.06.2006 zu zahlen.
35
b) monatlich einen Aufstockungsbetrag in Höhe von 1.553,54 € netto nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem
01.04., 01.05. und 01.06.2006 zu zahlen.
36
c) an die Bayer Pensionskasse monatlich unter BAV-Nr. 90069424 einen
Betrag von 81,52 € (Pensionskassenarbeitgeberbeitrag) zu zahlen.
37
d) an die Einzugsstelle bzw. den Rentenversicherungsträger monatlich
einen Aufstockungsbetrag zur Rentenversicherung in Höhe von 737,00 €
zu zahlen.
38
6. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem
01.06.2006 bis Februar 2007 jeweils zum letzten des Monats
39
a) monatlich einen Betrag von 3.943,00 € brutto abzüglich eines auf den
Nettobetrag anzurechnenden Pensionskassenbeitragarbeitnehmeranteils
in Höhe von 81,52 € abzüglich eventuell gezahlten Arbeitslosengeldes
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab
dem ersten Tage des jeweiligen Folgemonats zu zahlen.
40
b) an den Kläger monatlich einen Aufstockungsbetrag in Höhe von
1.553,54 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz ab dem ersten Tage des jeweiligen Folgemonats zu zahlen.
41
c) an die Bayer Pensionskasse monatlich unter BAV-Nr. 90069424 einen
Betrag in Höhe von 81,52 € ( Pensionskassenarbeitgeberbeitrag) zu
42
zahlen.
d) an die Einzugsstelle bzw. den Rentenversicherungsträger monatlich
einen Aufstockungsbetrag zur Rentenversicherung in Höhe von 737,00 €
zu zahlen.
43
7. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger am 28.02.2007 einen
Abfindungsbetrag in Höhe von 11.043,90 € brutto gemäß Nr. 4 der
Altersteilzeitvereinbarung vom 23.04.2002 zu zahlen.
44
Die Beklagte hat beantragt,
45
die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Arbeitsverhältnis zum Kläger bestehe
nicht mehr, da mangels eines wirksamen Widerspruchs des Klägers die B. Photo GmbH
Arbeitgeberin des Klägers geworden sei. Da die mit Schreiben vom 22.10.2004 erteilten
Informationen ausreichend und korrekt gewesen seien, sei die gesetzliche einmonatige
Widerspruchsfrist bei Einlegen des Widerspruchs durch den Kläger bereits lange
verstrichen gewesen. Für die Frage einer richtigen und ausreichenden Information
bezüglich des Betriebsübergangs sei allein der Inhalt des Schreibens vom 22.10.2004
maßgeblich gewesen. Dies ergebe sich schon aus dem Textformerfordernis in § 613 a
Abs.5 BGB. Mitteilungen auf Betriebsversammlungen oder in betriebsinternen
Magazinen genügten nicht der Formvorschrift des § 126 b BGB. Außerdem gehe aus
dem Schreiben eindeutig hervor, dass allein dieses Schreiben der Erfüllung der
Informationspflicht diene. Eine Pflicht zur Information über die wirtschaftliche Lage eines
Erwerbers gebe es zudem nicht. Abgesehen davon, dass auch die im Zusammenhang
mit dem Betriebsübergang erteilten Informationen korrekt gewesen seien, enthalte das
Schreiben vom 22.10.2004 keine konkrete Information über die wirtschaftliche Solvenz
der B. Photo GmbH, sondern beschränke sich auf eine Bewertung. Es liege auch keine
Falschbelehrung des Klägers unter Ziffer 7. des Unterrichtungsschreibens vor. Im
Unterschied zu der Mehrzahl der anderen Informationsschreiben, in denen auf die
Möglichkeit des Ausspruchs einer betriebsbedingten Kündigung nach Ausübung des
Widerspruchsrechts hingewiesen worden sei, sei im Hinblick auf die besondere
vertragliche Lage der klägerischen Partei ein entsprechender Passus gerade nicht
aufgenommen worden. Zudem sei ein Widerspruch im Juli 2005 auch deshalb nicht
mehr möglich gewesen, weil entsprechend § 5 Abs.3 S.2 KSchG für die Ausübung
dieses Rechts von einer Höchstfrist von sechs Monaten auszugehen sei. Jedenfalls sei
die Geltendmachung des Widerspruchsrechts verwirkt. Im Hinblick auf die lange Zeit
zwischen Betriebsübergang und Widerspruch in Verbindung mit der Weiterarbeit des
Klägers habe sie die Beklagte darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger bei der
Erwerberin bleiben werde.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dazu ausgeführt, der Kläger habe
dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses form- und fristgerecht widersprochen. Die
Monatsfrist des § 613 a Abs.6 BGB, die mit Zugang der Unterrichtung beginne, sei noch
nicht in Gang gesetzt worden, da das Schreiben der Beklagten vom 22.10.2004 den
Anforderungen einer ordnungsgemäßen Unterrichtung im Sinne des § 613 a BGB nicht
genüge. So enthalte das Schreiben keinerlei Hinweise auf die in § 613 a Abs.2 BGB
geregelte Haftungsverteilung zwischen dem alten und dem neuen Betriebsinhaber.
Dass auch über die Haftungsfragen unterrichtet werden müsse, ergebe sich zwingend
48
aus dem Zweck der Unterrichtung. Gerade bei Dauerschuldverhältnissen sei der
Austausch eines Vertragspartners für die Frage der Durchsetzbarkeit bereits
entstandener oder zukünftig entstehender Ansprüche von nicht zu unterschätzender
Bedeutung für die zu treffende Entscheidung. Ob die Information über die
Haftungsfragen im Einzelfall für die Entscheidung über die Ausübung des
Widerspruchsrechtes eine Rolle spiele, sei ohne Bedeutung. Die Frage der
Haftungsverteilung sei gerade in der Situation des Klägers von Bedeutung gewesen.
Eine absolute Zeitgrenze für den Widerspruch entsprechend § 5 Abs.3 KSchG gebe es
nicht. Das Gesetz stelle keine zeitliche Höchstgrenze auf. Eine planwidrige
Gesetzeslücke liege nicht vor. Der Kläger habe sein Widerspruchsrecht auch nicht
verwirkt. Dabei könne dahinstehen, ob ein Zeitraum von acht Monaten reiche, um das
Zeitmoment der Verwirkung als gegeben anzusehen. Jedenfalls fehle das
Umstandsmoment. Die Tätigkeit bei der Erwerberin habe der Kläger aufnehmen
müssen, um keine Nachteile zu erleiden. Die von der Beklagten im
Unterrichtungsschreiben erteilten Hinweise seien angesichts des mit dem Kläger
abgeschlossenen Altersteilzeitvertrages nicht nachvollziehbar. Da das Arbeitsverhältnis
aufgrund der Rückwirkung des Widerspruchs mit der Beklagten fortbestehe, habe sie
die monatliche Vergütung für die Zeit von Mai 2005 bis Februar 2006 zu erfüllen.
Aufgrund der Freistellung habe der Kläger keine Arbeitsleistung mehr erbringen
müssen. Auch die übrigen Zahlungsansprüche seien aufgrund des fortbestehenden
Arbeitsverhältnisses begründet. Der Feststellungsantrag zu 6) sei begründet, da von der
Entscheidung über diesen Antrag die weiteren Rechte und Pflichten der Parteien bis zur
Beendigung des Altersteilzeitvertrages abhingen. Der zulässig Klageantrag zu 7)
ergebe sich aus Ziffer 4. des Altersteilzeitvertrages.
Gegen das der Beklagten am 13.07.2006 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Solingen
hat die Beklagte mit einem am 20.07.2006 bei dem Landesarbeitsgericht
eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.10.2006 mit einem am 13.10.2006 bei dem
Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
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Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, dass das Informationsschreiben über den
Betriebsübergang vom 22.10.2004 nicht unvollständig und nicht fehlerhaft gewesen sei,
der Widerspruch des Klägers vom 08.07.2005 ungeachtet dessen verspätet, jedenfalls
jedoch verwirkt sei und die Ansprüche des Klägers auch nicht gemäß § 613 a Abs. 2
BGB gegeben seien. Die Beklagte rügt, die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, eine
Information über die Haftungsverteilung gemäß § 613 a Abs.2 BGB sei ein
unabdingbarer Mindestbestandteil eines Informationsschreibens gemäß § 613 a BGB,
sei rechtlich unzutreffend. Die in dem Informationsschreiben enthaltene Aussage zur
Haftungsverteilung zwischen Veräußerer und Erwerber sei überdies ausreichend, um
den Mindestanforderungen gerecht zu werden. Für die Information über Haftungsfragen
sei einerseits zwischen der Information über den Austausch des Vertragspartners sowie
andererseits über die befristete gesamtschuldnerische Haftung zu differenzieren. Über
den Austausch des Vertragspartners und das damit einhergehende Ende der Haftung
der Beklagten sei der Kläger in dem Informationsschreiben deutlich durch den Hinweis
informiert worden, dass sein Arbeitsverhältnis auf die B. Photo GmbH übergehen werde.
Der Begriff Übergang könne bei verständiger Würdigung nur dahingehend verstanden
werden, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beendet und mit der B. Photo GmbH
fortgeführt werde. Dieses Verständnis werde auch in weiteren Formulierungen des
Informationsschreibens verdeutlicht. So werde auf S.3 darauf hingewiesen, dass die in
der Überleitungsvereinbarung getroffenen Regelungen davon geprägt seien soweit wie
50
möglich Kontinuität zu wahren . Daraus ergebe sich, dass eine völlig unveränderte
Kontinuität unter Beibehaltung des bisherigen Vertragspartners gerade nicht eintrete.
Das Arbeitsgericht verkenne, dass ein zusätzlicher Hinweis auf die Haftungsregelung in
§ 613 a Abs.2 BGB nicht erforderlich gewesen sei. Die zusätzliche
gesamtschuldnerische Haftung für die Dauer eines Jahres sei eine für den Arbeitnehmer
gegenüber der Normalsituation günstigere gesetzliche Regelung. Für einen
Arbeitnehmer, der sich bereits entschieden habe, dem Übergang seines
Arbeitsverhältnisses nicht zu widersprechen, könne ein fehlender Hinweis auf die
gesamtschuldnerische Nachhaftung keine Bedeutung haben. Denn wenn ihm durch
Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung die Situation noch günstiger hätte
dargestellt werden können, hätte ihn dies sicherlich nicht dazu veranlasst, deshalb dem
Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.
51
Das Arbeitsgericht habe auch unberücksichtigt gelassen, dass das
Informationsschreiben in enger Absprache mit den Arbeitnehmervertretungen verfasst
worden sei.
52
Die Beklagte hält ihre Auffassung aufrecht, dass keine Verpflichtung zur Information
über Details der finanziellen Ausstattung der Erwerberin bestanden habe.
53
Der vom Kläger erhobene Widerspruch sei jedoch selbst dann verspätet erfolgt, wenn
man fälschlicherweise annehmen wolle, die Information sei unzutreffend oder
unvollständig gewesen. Ein grenzenloses Widerspruchsrecht widerspräche den
Grundsätzen von Treu und Glauben und auch dem Regelungszweck des Gesetzes.
Zudem könnten die beteiligten Unternehmen andernfalls auf Dauer keinerlei
Rechtssicherheit erhalten, da ein Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht noch nach
Jahren mit der Begründung ausüben könnte, die Informationen über den
Betriebsübergang seien unzulänglich gewesen. In der Literatur werde deshalb
zutreffend vertreten, dass in analoger Anwendung von § 5 Abs.3 S.2 KSchG eine
Höchstfrist von sechs Monaten ab Betriebsübergang für die Erklärung des Widerspruchs
gelten müsse. Wie sich aus den Gesetzgebungsunterlagen ergebe, sei eine inhaltliche
Auseinandersetzung mit dem Änderungsvorschlag, in das Gesetz eine sechsmonatigen
Ausschlussfrist aufzunehmen, nicht erfolgt. Es dränge sich gerade zu der Eindruck auf,
die Vorschläge der Opposition seien deshalb abgelehnt worden, weil sie von der
Opposition stammten und nicht weil sie inhaltlich diskutiert worden wären.
54
Der Widerspruch des Klägers sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts
jedenfalls verwirkt. Da gerade die Frage nach dem Bestand des Arbeitsverhältnisses
besonders eilig klärungsbedürftig sei, seien an das Zeitmoment keine hohen
Anforderungen zu stellen. Für das Zeitmoment sei an den Zugang des Schreibens vom
22.10.2004 anzuknüpfen. Zu diesem Zeitpunkt sei für den Kläger ersichtlich gewesen,
dass eine dezidierte Aussage über die befristete gesamtschuldnerische Haftung in dem
Informationsschreiben nicht enthalten gewesen sei. Danach sei von einem Zeitraum von
elf Monaten auszugehen, der angesichts der eilig klärungsbedürftigen Frage nach dem
Bestand eines Arbeitsverhältnisses für die Erfüllung des Zeitmoments ausreiche. Auch
das Umstandsmoment sei gegeben, für das die Tätigkeit des Klägers bei der Erwerberin
ausreiche. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt vor dem Widerspruch zu erkennen
gegeben, dass er sich gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses stellen wolle.
Hinsichtlich der Zahlungsansprüche hat die Beklagte auf S. 18 19 ihrer
Berufungsbegründungsschrift (Bl. 308 309) Ausführungen zum Annahmeverzug und zu
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einer Sondervergütung gemacht, die offensichtlich den vorliegenden Rechtsstreit nicht
betreffen. Eine Haftung gemäß § 613 a Abs. 2 BGB scheide aus, da die Ansprüche erst
nach dem Betriebsübergang und zudem zumeist außerhalb der Jahresfrist lägen.
Die Beklagte beantragt,
56
das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 29.06.2006, 1 Ca 1845/05 lev,
abzuändern und die Klage abzuweisen.
57
Der Kläger beantragt,
58
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
59
Der Kläger verteidigt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags das
erstinstanzliche Urteil und weist darauf hin, dass das Informationsschreiben bereits
deshalb fehlerhaft sei, weil ein Hinweis auf die Haftungsverteilung zwischen Veräußerer
und Betriebserwerber fehle. Der bloße Hinweis auf den Austausch eines
Vertragspartners reiche insoweit nicht aus. Gerade im Fall des Klägers hätte die
Beklagte in unmissverständlicher Form mitteilen müssen, dass sie nach erfolgtem
Betriebsübergang für die Zahlungsverpflichtungen aus dem Alterteilzeitvertrag
überhaupt nicht mehr einzustehen habe. Dies habe die Beklagte bewusst vermieden.
Zudem seien die Informationen der Beklagten unter Ziffer 7. des
Unterrichtungsschreibens unrichtig. So sei der Hinweis auf eine Freistellung des
Klägers wegen fehlender Beschäftigungsmöglichkeit falsch, da bereits am 01.01.2005
die Freistellungsphase begonnen habe. Falsch sei auch der Hinweis der Beklagen, das
ihm zustehende Entgelt im Falle des Widerspruchs kürzen zu können sowie der
Hinweis, dass der Kläger mit negativen Folgen hinsichtlich seiner
Arbeitslosengeldansprüche rechnen müsse. Unerheblich sei, ob die fehlende
Information sich kausal auf die vom Arbeitnehmer zu treffende Entscheidung auswirke,
da die Beweggründe für die Ausübung des Widerspruchsrechtes ohne Belang seien.
60
Das Widerspruchsrecht des Klägers sei auch weder verfristet noch verwirkt.
61
Entgegen der Auffassung der Beklagten gelte keine Höchstfrist für die Ausübung des
Widerspruchsrechtes. Wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergebe, sei
sich der Gesetzgeber seinerzeit der Fristenproblematik bewusst gewesen und habe
eine Höchstfrist dennoch ausdrücklich abgelehnt und damit klargestellt, dass es die
Unterrichtenden selbst in der Hand hätten, die Widerspruchsfrist in Gang zu setzen und
für Klarheit bei allen Beteiligten zu sorgen.
62
Hinsichtlich einer Verwirkung seien vorliegend weder das Zeit- noch das
Umstandsmoment erfüllt. Im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung könne das
Zeitmoment frühestens ab Kenntnis der Unrichtigkeit der erteilten Unterrichtung
beginnen.
63
Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug
genommen.
64
Entscheidungsgründe:
65
I.
66
Die statthafte (§64 Abs.1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes
zulässige (§64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete
Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist
zulässig.
67
II.
68
Die Berufung der Beklagten ist jedoch unbegründet und war demgemäß
zurückzuweisen. Die Berufungskammer folgt den zutreffenden Gründen der
Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Angriffe der Beklagten gegen dieses Urteil
vermögen nicht durchzugreifen.
69
1.
70
Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass zwischen den Parteien ein
Arbeitsverhältnis in Form eines Altersteilzeitverhältnisses besteht mit der Folge, dass
die geltend gemachten Zahlungsansprüche begründet sind.
71
Zwar ist der Betriebsteil, in dem der Kläger vor seiner Freistellung beschäftigt war,
gemäß § 613 a Abs.1 BGB auf die B. Photo GmbH übergegangen. Der Kläger hat dem
Übergang seines Arbeitsverhältnisses jedoch rechtzeitig und wirksam gemäß § 613 a
Abs.6 BGB widersprochen, so dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten als
Altersteilzeitvertragsverhältnis fortbesteht. Der Widerspruch des Klägers mit Schreiben
vom 08.07.2005 war noch rechtzeitig, da die Beklagte den Kläger über den
Betriebsteilübergang nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 613 a Abs.5 BGB
unterrichtet hat mit der Folge, dass die einmonatige Widerspruchsfrist gemäß § 613 a
Abs.6 BGB nicht in Lauf gesetzt worden ist. Eine Verwirkung des Widerspruchsrechtes
kann nicht festgestellt werden. Die geltend gemachten Zahlungsansprüche stehen dem
Kläger daher zu.
72
a)
73
Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses form- und fristgerecht
widersprochen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Monatsfrist des §
613 a Abs.6 BGB wegen fehlerhafter Unterrichtung der Beklagten über den
Teilbetriebsübergang noch nicht verstrichen war.
74
Durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom
23.März 2002 (BGBl. I S.1163) wurde § 613 a BGB mit Wirkung ab 1.April 2002 um die
Absätze 5 und 6 ergänzt. § 613 a Abs.5 BGB bestimmt, dass der bisherige Arbeitgeber
oder der neue Inhaber die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor
dem Übergang in Textform über den (geplanten) Zeitpunkt des Übergangs, den Grund
für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs
für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen
Maßnahmen zu unterrichten hat. Gemäß § 613 a Abs.6 BGB kann der Arbeitnehmer
dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der
Unterrichtung nach Abs.5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber
dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden. Rechtsfolge der
unterbliebenen Unterrichtung nach § 613 a Abs.5 BGB ist, dass die Widerspruchsfrist
75
gemäß Abs.6 nicht zu laufen beginnt. Nach allgemeiner Ansicht, der sich die
Berufungskammer anschließt, gilt das auch für die unvollständige Unterrichtung (vgl.
BAG, Urteil vom 24.05.2005, 8 AZR 398/04 = NZA 2005, 1978 m.w.N; BAG, Urteil vom
13.07.2006, 8 AZR 305/05).
Die Unterrichtung soll dem Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für die
Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechtes geben (vgl. BT-Drucksache
14/7760 S.19). Auf der Grundlage der Information soll der Arbeitnehmer die Folgen des
Betriebsübergangs für sich abschätzen können. Die erteilten Informationen müssen
zutreffend sein. Ob die Unterrichtung ordnungsgemäß ist, kann vom Gericht überprüft
werden (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2005, 8 AZR 305/05).
76
Vorstehenden Anforderungen genügt das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom
22.10.2004 nicht, denn die Beklagte hat den Kläger jedenfalls nicht hinreichend über die
rechtlichen Folgen des Teilbetriebsübergangs unterrichtet.
77
Die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsübergangs ergeben
sich nach der Gesetzesbegründung vor allem aus den Absätzen 1 bis 4 des § 613 a
BGB. Der Gesetzgeber nennt insoweit unter Bezugnahme auf § 613 a Abs.1 4 BGB die
Fragen der Weitergeltung oder Änderung der bisherigen Pflichten aus dem
Arbeitsverhältnis, der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers
sowie des Kündigungsschutzes (BT-Drucksache 14/7760 S.19). Bereits aus der
Gesetzesbegründung ist mithin zu entnehmen, dass auch über das Haftungssystem des
613 a Abs.2 BGB zu unterrichten ist. Dass die Unterrichtung über die rechtlichen Folgen
auch Angaben zu der Haftung des bisherigen und des neuen Betriebsinhabers umfasst,
wird auch in der Literatur überwiegend vertreten (vgl. ErfK/Preis, § 613 a BGB, Rdnr.85;
Palandt, § 613 a BGB Rdnr.44; Willemsen/Müller-Bonani in Arbeitsrecht Kom., § 613 a
BGB Rdnr. 328, Küttner, Personalhandbuch 2006, 123 Rdnr.32; Grau, Unterrichtungs-
und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang, S.166). Nunmehr hat
auch das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 13.07.2005 (a.a.O.) entschieden, dass zur
Unterrichtung über die rechtlichen Folgen u.a. sowohl der Hinweis auf den Eintritt des
Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§
613 a Abs.1 S.1 BGB) als auch auf die gesamtschuldnerische Haftung des
Übernehmers und des Veräußerers nach § 613 a Abs.2 BGB gehört.
78
Diese Informationen sind dem Schreiben vom 22.10.2004 entgegen der Auffassung der
Beklagten nicht zu entnehmen.
79
Der Hinweis auf den Übergang der Arbeitsverhältnisse gibt lediglich die in § 613 a
Abs.1 BGB getroffene Regelung wieder und erschöpft sich letztlich in der Wiederholung
des gesetzlich vorgegebenen Begriffs Übergang . Die reine Wiederholung des
Gesetzeswortlauts genügt den Anforderungen des § 613 a BGB nicht. Erforderlich ist
vielmehr eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in einer auch für juristische Laien
möglichst verständlichen Sprache (vgl. BAG a.a.O.) Selbst wenn der Auffassung der
Beklagten gefolgt würde, dass sich aus dieser Formulierung ein Austausch der
Vertragspartner entnehmen lässt, so wäre dadurch dennoch nichts über die
Haftungsregelung des Abs.2 des § 613 a BGB gesagt. Dies räumt auch die Beklagte
selbst ein. Sie kann sich indes nicht darauf berufen, der auch nach ihrem eigenen
Vorbringen unterlassene Hinweis auf die gesamtschuldnerische Haftung gehöre nicht
zu den zwingenden Informationen gemäß § 613 a Abs.5 BGB, weil es sich dabei um
eine für den Arbeitnehmer günstige Regelung handele, die diesen nach einem
80
entsprechenden Hinweis sicherlich nicht dazu veranlassen könnte, deshalb dem
Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.
Dazu ist zunächst festzustellen, dass einer Begrenzung des Unterrichtungsinhaltes
nach § 613 a Abs.5 Nr.3, 4 BGB auf lediglich objektiv nachteilige Auswirkungen wovon
die Beklagte offensichtlich ausgeht der Wortlaut und Zweck der Norm entgegensteht. §
613 a Abs.5 Nr.3 BGB spricht von Folgen und nicht von Nachteilen des Übergangs für
die Arbeitnehmer. Auch der Begriff der Maßnahmen im Sinne von § 613 a Abs.5 Nr.4
BGB ist insoweit neutral (vgl. dazu Grau, a.a.O. S.150). Danach hat der Arbeitgeber
bereits nach dem Wortlaut der Norm über alle Folgen des Betriebsübergangs zu
unterrichten, ohne dass ihm das Recht einer Bewertung der Folgen als günstig oder
ungünstig zusteht. Diese Auffassung steht auch in Einklang mit der
Gesetzesbegründung und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der wie
bereits ausgeführt die Frage der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen
Inhabers zu den Folgen gehört, über die der Arbeitgeber zu unterrichten hat.
81
Zu Recht hat das Arbeitsgericht darüber hinaus darauf hingewiesen, dass es entgegen
der Auffassung der Beklagten - unerheblich ist, ob die Haftungsfrage bei der
Entscheidung des Arbeitnehmers für oder gegen den Betriebsübergang im Einzelfall
eine Rolle spielt. Es ist nicht erforderlich, dass eine Kausalität zwischen fehlerhafter
Unterrichtung und Erklärung des Widerspruchs festgestellt werden kann, denn aus
welchen Gründen der Arbeitnehmer sich weigert, das Arbeitsverhältnis mit dem neuen
Arbeitgeber fortzusetzen, ist grundsätzlich unerheblich. Die Angabe eines Grundes ist
für die Ausübung des Widerspruchsrechtes ebenso wenig von Belang wie das zugrunde
liegende Motiv des Arbeitnehmers (BAG, Urteil vom 30.10.2003, 8 AZR 491/02 = NZA
2004, 481). Eine ordnungsgemäße Unterrichtung i.S.d. § 613 a Abs.5 BGB setzt nach
dem Willen des Gesetzgebers und dem Wortlaut der Norm mithin immer eine
Darstellung der haftungsrechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs voraus.
82
Abgesehen davon wird dem betroffenen Arbeitnehmer erst durch die Darstellung der
begrenzten Nachhaftung des bisherigen Arbeitgebers deutlich vor Augen geführt, dass
ein endgültiger Schuldnerwechsel eintritt und der bisherige Arbeitgeber wenn überhaupt
- nur noch begrenzt haftet. Die Bedeutung einer derartigen Information wird
insbesondere im Fall des Klägers deutlich. Dieser hatte seine Arbeitsleistung zum
Zeitpunkt des Betriebsübergangs fast vollständig erbracht. Der Zeitpunkt der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses stand fest. Für den Kläger war letztlich nur noch
von Bedeutung, wer für die vertraglichen Verbindlichkeiten, die die Beklagte ihm
gegenüber eingegangen ist, haftet. Diese Information ist dem Unterrichtungsschreiben
der Beklagten nicht zu entnehmen. Die haftungsrechtlichen Folgen des
Betriebsübergangs wären für einen Arbeitnehmer in der Situation des Klägers nur dann
erkennbar geworden, wenn die Beklagte ggf. in standarisierter Form für alle Mitarbeiter,
mit denen sie selbst Altersteilzeit- oder Frühruhestandvereinbarungen mit zum Teil
erheblichen finanziellen Leistungen abgeschlossen hat darauf hingewiesen hätte, dass
sie selbst nach erfolgtem Betriebsübergang für diese Forderungen nicht in Anspruch
genommen werden kann. Zwar erfordert § 613 a Abs.5 BGB keine individuelle
Unterrichtung der einzelnen Arbeitnehmer. Eine standarisierte Information muss jedoch
etwaige Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses erfassen (vgl. BAG, Urteil vom
13.07.2006, 8 AZR 305/05). Diese Anforderungen erfüllt das Unterrichtungsschreiben
der Beklagten nicht.
83
Zudem hat die Beklagte den Kläger auch nach Auffassung der Berufungskammer in
84
Ziffer 7. des Unterrichtungsschreibens unrichtig unterrichtet. Der Hinweis der Beklagten,
das Arbeitsentgelt des Klägers könne im Falle des Widerspruchs bis zum Ende des
Arbeitsverhältnisses um die Einkünfte gekürzt werden, die der Kläger für die
verbleibende Dauer des Arbeitsverhältnisses bei der Erwerberin erzielen könnte, ist
falsch. Da der Kläger sich bereits seit dem 01.01.2005 in der Freistellungsphase befand,
seine geschuldete Arbeitsleistung zu diesem Zeitpunkt mithin vollständig erbracht hatte,
war die von der Beklagten behauptete Anrechnungsmöglichkeit allenfalls für die Monate
November und Dezember 2005 gegeben. Eine Kürzung des Arbeitslosengeldes drohte
im Fall des Klägers entgegen dem Hinweis der Beklagten nicht.
Die Beklagte hat den Kläger danach über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs
unvollständig unterrichtet. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in einer weiteren
Entscheidung vom 13.07.2006 (8 AZR 303/05) darauf hingewiesen, dass eine
Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen im Rahmen des § 613 a Abs.5 BGB dann
nicht fehlerhaft ist, wenn der Arbeitgeber bei angemessener und gewissenhafter Prüfung
der Rechtslage rechtlich vertretbare Informationen gegenüber dem Arbeitnehmer
kundtut. Eine derartige Ausnahmesituation ist vorliegend bei der Frage über die
Belehrung der gesamtschuldnerischen Haftung ersichtlich nicht gegeben. Hierbei
handelt es sich schon nicht um eine komplexe Rechtsfrage. Abgesehen davon hat die
Beklagte die Rechtslage offensichtlich nicht gewissenhaft geprüft, denn z.B. in
Anwaltsformularbüchern (so z.B. in Bauer, Lingemann, Haussmann,
Anwaltsformularbuch 2004, Kap.56, MM 56.1) wird in einem Formulierungsvorschlag die
Haftungsregelung ebenfalls dargestellt. Zudem hat auch vor der Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichts wie bereits ausgeführt die ganz herrschende Meinung den
Hinweis auf die Haftung für erforderlich gehalten. Hätte die Beklagte die Rechtslage
geprüft, hätte sie zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine gesonderte Belehrung
über die Haftung erforderlich ist. Der Rechtsstandpunkt der Beklagten ist auch nicht
vertretbar.
85
Abgesehen davon fehlt in dem Unterrichtungsschreiben jegliche Information zu § 613 a
Abs.4 BGB. Ausweislich des Inhalts des Unterrichtungsschreibens hat die Beklagte den
Kläger nicht darauf hingewiesen, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch
den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines
Betriebes oder eines Betriebsteils unwirksam ist. Ausweislich der Begründung zum
Regierungsentwurf (BT-Drucks. 14/7760, S.19) gehören zum Pflichtbestandteil der
Unterrichtung gemäß § 613 a Abs.5 Nr.3 BGB auch die kündigungsrechtlichen Folgen
des Betriebsübergangs. Dies entspricht auch der überwiegend in der Literatur
geäußerten Ansicht ( vgl. Hauck, Der Widerspruch beim Betriebsübergang, NZA
Sonderbeilage 1/2004, S.43 ff; Grau, a.a.O., m.w.N.). Auch das Bundesarbeitsgericht hat
in seiner Entscheidung vom 13.07.2006 darauf hingewiesen, dass zur Unterrichtung
über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs grundsätzlich auch ein Hinweis auf
die kündigungsrechtliche Information gehört, so denn Kündigungen im Raum stehen. Ob
das Bundesarbeitsgericht insoweit eine Einschränkung der Hinweispflicht vornehmen
will, kann vorliegend dahinstehen, denn die Unterrichtung ist bereits wegen der
fehlenden Unterrichtung über die Haftung fehlerhaft.
86
Ob die Beklagte darüber hinaus dazu verpflichtet war, die Arbeitnehmer über die
wirtschaftliche Situation der Erwerberin zu unterrichten oder die erfolgten Angaben dazu
mit oder ohne Berücksichtigung der außerhalb des Unterrichtungsschreibens erteilten
Informationen - sogar falsch waren, kann vorliegend ebenfalls offen bleiben, da die
Unterrichtung aus den bereits vorstehend dargelegten Gründen unvollständig und damit
87
fehlerhaft war.
Der Einwand der Beklagten, das Arbeitsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass
der Inhalt des Informationsschreibens in enger Abstimmung mit der
Arbeitnehmervertretung verfasst worden sei, ist nicht nachvollziehbar, denn zum einen
besteht der Unterrichtungsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers als individueller
Auskunftsanspruch unabhängig von Unterrichtungsrechten des Betriebsrates, zum
anderen wird ein objektiv fehlerhaftes Unterrichtungsschreiben durch Abstimmung mit
der Arbeitnehmervertretung nicht inhaltlich richtig.
88
b)
89
Der Widerspruch des Klägers ist nicht verfristet. Aufgrund der fehlerhaften Unterrichtung
ist die einmonatige Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes nicht in Lauf gesetzt
worden.
90
Wie bereits dargelegt, ist Folge einer fehlerhaften Unterrichtung nach ganz herrschender
Meinung in Literatur und Rechtsprechung, dass die Widerspruchsfrist des § 613 a Abs.6
BGB nicht läuft. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob und aus welchen Gründen
der Arbeitnehmer überhaupt nicht, nicht ausreichend bzw. ganz oder in Teilen fehlerhaft
informiert worden ist. Eine einschränkende Auslegung der Anforderungen für ein
Auslösen der Widerspruchsfrist wird weder der Entstehungsgeschichte noch Wortlaut
und Systematik von § 613 a Abs.5, 6 BGB gerecht. In der Gesetzesbegründung wird
ausdrücklich betont, dass die Erklärungsfrist für den Widerspruch erst nach vollständiger
und ordnungsgemäßer Unterrichtung zu laufen beginnt. Wird wie vorliegend festgestellt,
dass eine fehlerhafte Unterrichtung vorliegt, wird die Widerspruchsfrist somit nicht in
Gang gesetzt.
91
Eine zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts in Form einer absoluten
Ausschlussfrist sieht das Gesetz nicht vor. Eine Analogie zu § 5 Abs.3 S.3 KSchG ist
nach herrschender Meinung im Schrifttum unzulässig (vgl. ErfK./Preis, § 613 a BGB
Rdnr.96; Staudinger/Annuß, § 613 a BGB, Rdnr.170; Franzen, RdA 2002, S.258; Grau
RdA 2005, S.367; Rieble, NZA 2004, S.1)..
92
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in den Fällen, in denen eine Unterrichtung
nicht oder nicht hinreichend stattgefunden hat, § 5 Abs.3 S.2 KSchG nicht entsprechend
anzuwenden. Die Berufungskammer folgt dieser in der Literatur geäußerten
Mindermeinung nicht.
93
Eine Analogie in Form einer Gesetzes- oder Rechtsanalogie ist nur möglich, wenn eine
planwidrige Regelungslücke und ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (vgl. BAG,
Urteil vom 02.03.2006, 8 AZR 124/05 = BB 2006, 1339). Vorliegend fehlt es in
Anbetracht der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des § 613 a BGB bereits an
einer planwidrigen Regelungslücke. Wie das Arbeitsgericht bereits ausgeführt hat, sind
die Änderungsanträge der Fraktionen von CDU/CSU und FDP zur Verankerung einer
absoluten Höchstfrist diskutiert und schließlich von der Ausschussmehrheit verworfen
worden (vgl. BT-Drucks, 14/8128 S.4). Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass
der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen hat, in § 613 a Abs.6 BGB eine zeitliche
Ausschlussregelung zu verankern. Die Behauptung der Beklagten, der Antrag der
Fraktionen sei gar nicht diskutiert, sondern lediglich deshalb verworfen worden, weil er
eben von der Opposition vorgeschlagen worden sei, ist eine Vermutung, die durch
94
keinerlei Tatsachen zu belegen ist. Die Kammer verkennt nicht, dass das Fehlen einer
absoluten Höchstfrist insbesondere für die Parteien der Betriebsübertragung
risikobehaftet und unter dem Gesichtspunkt von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit
problematisch ist. Die Rechtsprechung ist jedoch nicht dazu befugt, sich über die
gesetzgeberische Entscheidung im Wege der Gesetzes- oder Rechtsanalogie
hinwegzusetzen ( BAG, a.a.O.).
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der alte und der neue Betriebsinhaber einem
derart unbeschränkten Widerspruchsrecht nicht schutzlos ausgeliefert ist. So können
inhaltlich fehlerhafte oder unvollständige Angaben durch Ergänzung bzw. Ersetzung mit
Wirkung für die Zukunft durch die Unterrichtungsschuldner ohne weiteres richtig gestellt
werden mit der Folge, dass der Anspruch weiterer Arbeitnehmer aus § 613 a Abs.5 BGB
erlischt, wenn die nach dem Gesetz notwendigen Angaben in der Zusammenschau zum
ersten Mal vollständig vorliegen (vgl. Grau a.a.O., S.221 m.w.N.). Die
Unterrichtungsschuldner haben es mithin in der Hand, die Folgen eines
Unterrichtungsfehlers zeitlich zu begrenzen. Stellen sie sich wie vorliegend die Beklagte
auf den Standpunkt, die Unterrichtung sei fehlerfrei erfolgt und holen auch nicht
zumindest vorsorglich eine fehlerfreie Unterrichtung nach, so müssen sie unter
Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens hinnehmen, dass weitere
Arbeitnehmer zeitlich unbegrenzt dem Betriebsübergang widersprechen können.
95
Es ist mithin davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer im Falle einer fehlerhaften
Unterrichtung von seinem Widerspruchsrecht grundsätzlich unbefristet Gebrauch
machen kann. Danach war der Kläger dazu berechtigt, noch mit Schreiben vom
08.07.2005 sein Widerspruchsrecht auszuüben.
96
c)
97
Das Widerspruchsrecht des Klägers ist auch nicht verwirkt.
98
Nach herrschender Meinung findet das Widerspruchsrecht seine Begrenzung in
zeitlicher Hinsicht nur durch das allgemeine Rechtsinstitut der Verwirkung (vgl. Grau,
a.a.O.,S. 295 mit einer Vielzahl weiterer Hinweise). Auch das Bundesarbeitsgericht hält
auch nach der neuen Rechtslage daran fest, dass das Widerspruchsrecht wegen
Verwirkung ausgeschlossen sein kann (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05,
NZA 2006, 1406). Streitig ist dabei im Einzelnen, wie viel Zeit vergangen sein muss und
welche Umstände gegeben sein müssen, damit von einer Verwirkung des
Widerspruchsrechts ausgegangen werden kann.
99
Ein Anspruch verwirkt, wenn der Anspruchsberechtigte erst nach Ablauf eines längeren
Zeitraums den Anspruch erhebt (Zeitmoment) und dadurch beim Verpflichteten einen
Vertrauenstatbestand geschaffen hat, er werde nicht mehr in Anspruch genommen
(Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten
des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die
Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG, Urteil vom 22.07.2004, 8 AZR
350/03). Dabei dient die Verwirkung dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den
Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen
Gläubiger länger Zeit sein Recht nicht geltend gemacht hat (vgl. BAG, Urteil vom
13.07.2006, 8 AZR 282/05 a.a.O.).
100
Für die Erfüllung des Zeitmoments sind im Schrifttum zu § 613 a Abs.5, 6 BGB
101
verschiedentlich Mindest- bzw. Höchstfristen genannt worden. Die in Betracht
gezogenen Fristen schwanken zwischen 1 Monat und 1 Jahr. Eine Festlegung auf
abstrakte Fristen ist nach Auffassung der Berufungskammer jedoch ausgeschlossen,
weil sich die Tatsache, ab wann ein Untätigsein als vertrauensbildend und damit als für
eine Verwirkung relevant gewertet werden kann, letztlich nur bei einzelfallbezogener
Abwägung der Umstände ermitteln lässt. Der Verwirkungstatbestand ist als
außerordentlicher Rechtsbehelf ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung. In der
illoyal verspäteten Geltendmachung eines Rechts liegt ein Verstoß gegen Treu und
Glauben (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, § 242 Anm. 87). Die Frage des
Rechtsmissbrauchs lässt sich daher nur für den Einzelfall klären. Eine schematisierende
Betrachtungsweise wird dem nicht gerecht (BAG, Urteil vom 20.05.1988, 2 AZR 711/87
= DB 1988, 2156). Zur Bestimmung der Dauer des Zeitmoments ist daher nicht auf eine
starre Höchst- oder Regelfrist abzustellen, sondern auf die konkreten Umstände des
Einzelfalls (BAG, Urteil vom 27.01.2000, 8 AZR 106/99, n.v.). Auch das
Bundesarbeitsgericht hat nunmehr eine Höchstfrist, beispielsweise von sechs Monaten,
abgelehnt (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2005, 8 AZR 382/05 a.a.O.).
Für die Beantwortung der Frage, ob das Zeitmoment erfüllt ist, ist zunächst zu klären, ab
wann der Lauf des Zeitmoments überhaupt beginnt. Dabei ist als wesentliches Kriterium
zu berücksichtigen, dass die Widerspruchsfrist nach
102
§ 613 a Abs.6 BGB nicht mehr wie nach der früheren Rechtsprechung zu
103
§ 613 a BGB an die Kenntnis des Arbeitnehmer vom Betriebsübergang anknüpft,
sondern an die Unterrichtung nach Abs.5. Unter Berücksichtigung dieses sich daraus
ergebenden Gesetzeszweckes, nämlich das Interesse des Arbeitnehmers an einer
hinreichenden Informationsbasis für die Ausübung der Widerspruchsentscheidung und
dem Ziel des Gesetzgebers, die ordnungsgemäße Unterrichtung des Arbeitnehmers
durch ein ansonsten unbefristetes Widerspruchsrecht abzusichern , kann nach
Auffassung der Berufungskammer das Zeitmoment nicht wie die Beklagte meint ab dem
Zeitpunkt des Betriebsübergangs, sondern frühestens ab dem Zeitpunkt beginnen, zu
dem der Arbeitnehmer Kenntnis davon erlangt, dass die Unterrichtung fehlerhaft war,(so
auch Willemsen/Müller-Bonnani in Arbeitsrecht Komm.,§ 613 a BGB Rdn.340).
104
Diese Auffassung wird durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom
24.05.2005, 8 AZR 398/04 (= NZA 2005, 1302) gestützt. In dieser Entscheidung hat das
Bundesarbeitsgericht ausgeführt, die unvollständige Unterrichtung nach § 613 a Abs.5
BGB hindere den Lauf der Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs.6 S.1 BGB. Dadurch
sei der Arbeitnehmer ausreichend geschützt, er sei nicht im Zugzwang . Er könne
abwarten und z.B. seinen Unterrichtungsanspruch nach § 613 a Abs.5 BGB verfolgen.
Es bestehe kein Grund für ihn, das Widerspruchsrecht auf einer unzureichenden
Tatsachenbasis auszuüben. Ist somit die Auffassung richtig, dass der Arbeitnehmer bei
einer unvollständigen Unterrichtung in Kenntnis des Betriebsübergangs - nicht im
Zugzwang ist, sondern abwarten darf, kann der Lauf des Zeitmoments der Verwirkung
wenn überhaupt - frühestens ab Kenntnis des Arbeitnehmers von der Unvollständigkeit
der Unterrichtung beginnen.
105
Der dieser Bewertung zugrunde liegende Rechtsgedanke ergibt sich auch aus § 124
BGB. Nach § 124 BGB beginnt die Jahresfrist für die Anfechtung im Falle der arglistigen
Täuschung in dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung
entdeckt. Dieser Rechtsgedanke übertragen auf das Widerspruchsrecht bedeutet, dass
106
das Zeitmoment für die Verwirkung in dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Arbeitnehmer
die Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung entdeckt. Die Übertragung des Rechtsgedankens
des § 124 BGB auf den Beginn des Zeitmoments für die Verwirkung des
Widerspruchsrechtes wird nach Auffassung der Kammer sowohl der gesetzgeberischen
Intention, den Arbeitgeber zu einer vollständigen und richtigen Unterrichtung
anzuhalten, gerecht, als auch dem Grundsatz, dass jedes Recht der Verwirkung
unterliegt. Schließlich führt die Auffassung, das Zeitmoment bereits ab dem
Betriebsübergang beginnen zu lassen, entgegen dem gesetzgeberischen Willen, dem
Arbeitnehmer bei fehlerhafter Unterrichtung ein unbefristetes Widerspruchsrecht zu
gewähren, im Endeffekt dazu, durch das Zeitmoment der Verwirkung doch eine
Höchstfrist für den Widerspruch einzuführen.
Welche Anforderungen an die Kenntnis des Arbeitnehmers zu stellen sind, d.h. ob die
Kenntnis der Fehlerhaftigkeit an sich ausreicht oder ob positive Kenntnis darüber
vorliegen muss, worin die Fehlerhaftigkeit besteht, kann vorliegend offen bleiben. Die
Darlegungs- und Beweislast für das Eingreifen des Verwirkungstatbestandes, mithin
auch für das Vorliegen des Zeitmoments, obliegt der Beklagten. Die Beklagte hat keine
Umstände dafür vorgetragen, dass der Kläger vor seinem Widerspruch Kenntnis von der
Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens hatte und dennoch einen längeren
Zeitraum zugewartet hat, bevor er sein Widerspruchsrecht ausübte. Ihre Behauptung,
der Kläger habe zu keiner Zeit vor seinem Widerspruch zu erkennen gegeben, dass er
nicht auf die Erwerberin übergehen wolle, bestätigt allenfalls den von der Beklagten
nicht bestrittenen Vortrag des Klägers, ihm sei sein nachträgliches Widerspruchsrecht
bis zu dessen Ausübung nicht bekannt gewesen. Der Kläger hat seinen Widerspruch
mit Schreiben vom 08.07.2005, mithin ca. sechs Wochen nach Stellung des
Insolvenzantrages durch die B. Photo GmbH, erklärt. Erst zu diesem Zeitpunkt konnten
bei den Arbeitnehmern Zweifel dahingehend aufkommen, dass die Unterrichtung
möglicherweise fehlerhaft gewesen sein könnte. Entgegen der Auffassung der
Beklagten besteht für einen Arbeitnehmer keine Pflicht, sich zeitnah nach Erhalt des
Widerspruchschreibens durch Einholen von Rechtsrat darüber informieren zu lassen, ob
das Informationsschreiben den rechtlichen Anforderungen genügt oder nicht. Er darf
sich zunächst darauf verlassen, dass die ihm erteilten Auskünfte richtig und vollständig
sind. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen und fehlerfreien Unterrichtung liegt insofern in
der Risikosphäre des Arbeitgebers. Dies ergibt sich - wie bereits ausgeführt - aus dem
gesetzgeberischen Willen, die Widerspruchsfrist erst dann beginnen zu lassen, wenn
die Unterrichtung fehlerfrei erfolgt ist und der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
vom 13.07.2006 (8 AZR 303/05), dem Unterrichtungspflichtigen eine angemessene und
gewissenhafte Prüfung der Rechtslage aufzuerlegen.
107
Danach fehlt es vorliegend für den Tatbestand der Verwirkung bereits an der Erfüllung
des Zeitmoments.
108
Selbst wenn dieser vorliegend dargelegten Auffassung nicht zu folgen wäre, fehlt es
jedenfalls worauf bereits das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat - an dem
Vorliegen des Umstandsmomentes.
109
Das Umstandsmoment muss so beschaffen sein, dass der bisherige und der neue
Betriebsinhaber im Zusammenspiel mit dem Zeitmoment berechtigt darauf vertrauen
dürfen, der Arbeitnehmer werde sich dem in § 613 a Abs. 1 S.1 BGB angeordneten
Vertragspartnerwechsel nicht mehr durch einen Widerspruch widersetzen (vgl. Grau,
a.a.O. S.302). Das Vorliegen des Zeitmomentes indiziert dabei nicht das sogenannte
110
Umstandsmoment, sondern es bedarf darüber hinausgehender besonderer Umstände
für die berechtigte Erwartung des Schuldners, dass er nicht mehr in Anspruch
genommen wird. Dabei ist im Hinblick auf das Widerspruchsrecht ein besonders
strenger Maßstab anzulegen, denn schließlich haben es der neue und der alte
Arbeitgeber in der Hand, durch vollständige und ordnungsgemäße Unterrichtung die
Widerspruchsfrist in Gang zu setzen. Informieren sie ob bewusst oder unbewusst
fehlerhaft, müssen schon besondere Umstände vorliegen, damit ein Vertrauen
dahingehend entstehen kann, der Arbeitnehmer werde trotz des Informationsdefizits
dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprechen (so auch LAG
München, Urteil vom 30.06.2005, 2 Sa 1169/04 = LAGE § 613 a BGB 2002 Nr.7).
Entgegen der Auffassung der Beklagten reicht die tatsächliche Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses mit dem neuen Arbeitgeber, die sich vorliegend hinsichtlich einer
tatsächlichen Arbeitsleistung auf zwei Monate beschränkt, angesichts der im Falle der
fehlerhaften Unterrichtung nicht laufenden Widerspruchsfrist nicht aus, um daraus auf
eine Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel zu schließen. Dies ergibt
sich bereits als Konsequenz aus der gesetzlich zwingend vorgeschriebenen
Überlegungsfrist, die in Fällen fehlerhafter Unterrichtung eben noch nicht läuft. Die
Tatsache der Vertragsfortführung mit dem neuen Betriebsinhaber kann mithin
grundsätzlich vor Ablauf der Widerspruchsfrist nicht als Zustimmung des Arbeitnehmers
zum Arbeitgeberwechsel oder als stillschweigender Widerspruchsrechtsverzicht
gewertet werden mit der Folge der Erfüllung des Umstandsmomentes der Verwirkung. In
diesem Fall ist mit der Weiterarbeit kein irgendwie gearteter Erklärungsinhalt verbunden.
Vielmehr stellt die Arbeit beim Erwerber eine geeignete Maßnahme dar, den Vorwurf
des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs gemäß § 615 Abs. 2 BGB zu
vermeiden.
111
Ob es in Einzelfällen denkbar sein kann, dass ein Arbeitnehmer durch sein Verhalten in
Bezug auf das Arbeitsverhältnis zum neuen Arbeitgeber trotz nicht laufender
Widerspruchsfrist vertrauensbildende Umstände setzen kann, braucht vorliegend nicht
entschieden werden, da für derartige Umstände gerade im Falle des Klägers keine
Anhaltspunkte vorliegen.
112
Danach ist das Widerspruchsrecht des Klägers nicht verwirkt.
113
Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass der Kläger dem Übergang seines
Arbeitsverhältnisses auf die Erwerberin rechtzeitig und ordnungsgemäß widersprochen
hat mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten - aufgrund der
Alterzteilzeitvereinbarung - fortbesteht.
114
3.
115
Die der Höhe nach unstreitigen Zahlungsansprüche des Klägers ergeben sich aus dem
Altersteilzeitvertrag.
116
Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung des Entgeltanspruchs des
Klägers abzüglich der erhaltenen anderweitigen Leistungen beginnend mit dem Monat
Mai 2005 verurteilt, obwohl der Kläger erst im Juli 2005 dem Übergang seines
Arbeitsverhältnisses widersprochen hat. Da der Kläger sich zu dieser Zeit bereits in der
Freistellungsphase befand, kommt es auf die Frage, ob ein Angebot der Arbeitsleistung
durch den Kläger hätte erfolgen müssen, nicht an. Da der Widerspruch nach ständiger
117
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt: BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8
AZR 305/05 m.w.N.) auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück wirkt, ist die
Beklagte aufgrund des nach wie vor zwischen den Parteien bestehenden
Altersteilzeitvertrages zur Zahlung verpflichtet. Die dafür erforderliche Gegenleistung hat
der Kläger bereits erbracht.
Im Übrigen macht sich die Berufungskammer die hinsichtlich der Zahlungsanträge in
jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, die die Beklagte mit der
Berufung auch nicht angegriffen hat, auch zur Vermeidung von Wiederholungen, zu
eigen.
118
Die Berufung der Beklagten war daher vollumfänglich zurückzuweisen.
119
III.
120
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 269 Abs.3 ZPO. Die im Kammertermin vor
der Berufungskammer am 25.08.2006 erfolgte teilweise Klagerücknahme war
entsprechend zu berücksichtigen.
121
IV.
122
Die Revision war gemäß § 72 Abs.2 Nr.1 ArbGG zuzulassen, da
entscheidungserhebliche Rechtsfragen vorliegen, die grundsätzliche Bedeutung haben,
für die Einheitlichkeit der Rechtsordnung von allgemeiner Bedeutung und
höchstrichterlich noch nicht entschieden sind.
123
Rechtsmittelbelehrung:
124
Gegen dieses Urteil kann von der Beklagten
125
REVISION
126
eingelegt werden.
127
Für den Kläger ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
128
Die Revision muss
129
innerhalb einer Notfrist von einem Monat
130
nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim
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Bundesarbeitsgericht,
132
Hugo-Preuß-Platz 1,
133
99084 Erfurt,
134
Fax: (0361) 2636 - 2000
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eingelegt werden.
136
Die Revision ist gleichzeitig oder
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innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils
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schriftlich zu begründen.
139
Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem
deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
140
Paßlick Behrend Vogtläner
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