Urteil des LAG Düsseldorf vom 08.06.2006

LArbG Düsseldorf: anpassung, steigerung, ermessen, zukunft, anwartschaft, arbeitsgericht, nachbesserung, zustellung, aktiven, rüge

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 15 Sa 294/06
Datum:
08.06.2006
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
15. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 Sa 294/06
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Oberhausen, 3 Ca 2175/05
Schlagworte:
Festsetzung der Gruppenbeträge nach § 3 Abs. 1 der Leistungsordnung
des Bochumer Verbandes
Normen:
§ 315 BGB, § 3 Leistungsordnung Bochumer Verband
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Geht der Bochumer Verband bei der turnusmäßigen Anhebung der
Gruppenbeträge nach § 3 der Leistungsordnung von den zu diesem
Zeitpunkt für ihn erkennbaren Umständen aus, so widerspricht die
danach erfolgende Festlegung der Gruppenbeträge billigem Ermessen
nach § 315 BGB nicht allein bereits deshalb, weil sich später
unvorhersehbare Veränderungen ergeben - wie z. B. bei der Anhebung
der Beitragsbemessungsgrenzen durch den Gesetz- bzw.
Verordnungsgeber.
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Oberhausen vom 11.01.2006 3 Ca 2175/05 wird kostenpflichtig
zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die Parteien streiten über die Höhe der betrieblichen Altersversorgungsansprüche des
Klägers gegen die Beklagte. Darüber hinaus begehrt der Kläger die Feststellung, dass
der Anpassungsbeschluss des Vorstandes des Bochumer Verbandes vom 01.10.2002
über die Anhebung der Gruppenbeträge unwirksam ist.
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Der Kläger war bei der Beklagten, die im Auftrag von Bergwerksunternehmen
Untertagearbeiten auf Bergwerken durchführt, als außertariflicher Angestellter
beschäftigt und als solcher gesetzlich knappschaftlich rentenversichert. Die Beklagte ist
Mitglied des Bochumer Verbandes und sagte dem Kläger eine betriebliche
Altersversorgung nach der jeweiligen Leistungsordnung des Bochumer Verbandes zu.
Der Kläger schied aufgrund einer Vereinbarung vom 24.03.2003 (Bl. 120/121 d. A.) mit
dem 31.03.2003 aus den Diensten der Beklagten aus. Diese zahlt ihm seit dem
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01.04.2003 eine betriebliche Altersversorgung auf der Basis einer 100-%igen
Anwartschaft in der Gruppe N in Höhe von monatlich 2.633,10 € (s. Leistungsbescheid
d. Bochumer Verb. v. 04.08.03, Bl. 12 ff. d. A.).
Für die erstmalige Berechnung einer Betriebsrente werden im Rahmen der
Leistungsordnung des Bochumer Verbandes Gruppen gebildet. Zur Ermittlung der
Leistungen wurden bis 1984 auf der Grundlage der Leistungsordnung des Jahres 1974
50 % der gesetzlichen Rente auf den jeweiligen Gruppenbetrag angerechnet. Mit
Wirkung vom 01.01.1985 wurde die Leistungsordnung geändert. Für die seit diesem
Zeitpunkt erworbenen Anwartschaftsansprüche erfolgt die Anrechnung der gesetzlichen
Rente pauschal, nämlich in Höhe von 22,5 % der Beitragsbemessungsgrenze (BfA-
Rentner) bzw. 27,5 % der Beitragsbemessungsgrenze (Knappschaftsruhegeld).
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Bis 1984 richtete sich die Erhöhung der Ruhegelder und die Erhöhung der
Anwartschaften der aktiven Beschäftigten nach den gleich Maßstäben, nämlich dem
jeweils geltenden Gruppenbeträgen. Die seit dem 01.01.1985 geltenden
Leistungsordnung 1985 sieht dagegen in den §§ 3 und 20 eine getrennte Anpassung
der Versorgungsanwartschaft und der laufenden Ruhegelder vor. Auf die Regelungen
der §§ 3 und 20 der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes (s. Bl. 23 ff. d. A.) wird
ausdrücklich Bezug genommen.
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In seiner Vorstandssitzung vom 01.10.2002 beschloss der Vorstand des Bochumer
Verbandes für den 01.01.2003 die Anhebung der Gruppenbeträge um 4,5 % und die
Anhebung der laufenden Renten um 5,5 % (s. Rdschr. d. Bochumer Verbandes v.
04.10.02, Bl. 32 d. A.).
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Dem Beschluss der Anhebung der Gruppenbeträge lag dabei die Annahme zugrunde,
dass die Beitragsbemessungsgrenzen für 2003 in der Rentenversicherung der
Angestellten auf 4.600,00 € monatlich und in der knappschaftlichen Rentenversicherung
auf 5.650,00 € angehoben werden (Anl. z. Leistungsbescheid v. 02.01.03, Bl. 34 d. A.).
Tatsächlich wurde die Beitragsbemessungsgrenze der Bundesknappschaft auf der
Basis des im Dezember 2002 verabschiedeten Beitragssicherungsgesetzes auf
6.250,00 € angehoben.
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Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass der Beschluss des Vorstandes des Bochumer
Verbandes vom 01.10.2002 über die Anpassung der Gruppenbeträge zum 01.01.2003
unwirksam sei, da eine wirksame Leistungsbestimmung durch den Bochumer Verband
nicht erfolgt sei. Eine solche habe dementsprechend gemäß § 315 Abs. 2 Satz 3 BGB
nach billigem Ermessen durch das entscheidende Gericht zu erfolgen. Unter
Berücksichtigung der Belange der Versorgungsempfänger und der wirtschaftlichen
Interessen der Mitgliedsunternehmen habe der Vorstand des Bochumer Verbandes die
laufenden Leistungen zum 01.01.2003 um 5,5 % angehoben. Den Belangen der
angemeldeten Angestellten entspreche es, dass auch ihre Versorgungsanwartschaften
entsprechend angehoben würden. Dies sei aber nur dann gewährleistet, wenn man
auch die Gruppenbeträge um 5,5 % erhöhe und das volle Ruhegeld berechne, indem
man der Berechnung eine (fiktive) Beitragsbemessungsgrenze von 5.650,00 € zugrunde
lege, so wie dies der Vorstand des Bochumer Verbandes bei seiner Entscheidung am
01.10.2002 getan habe. Danach errechnet sich eine Rente von monatlich 2.760,50 €
brutto.
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Der Kläger hat beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.633,10 € brutto nebst 5 % Zinsen
über dem Basiszinssatz aus dem monatlichen Teilbetrag von 127,40 €, beginnend
mit dem 01.04.2003 und endend mit dem 01.12.2005, zu zahlen;
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2. festzustellen, dass der Beklagte des Vorstandes des Bochumer Verbandes vom
01.10.2002 über die Anhebung der Gruppenbeträge um 4,5 % unwirksam ist.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stehe der geltend gemachte
Anspruch nicht zu. Die Anpassung der Gruppenbeträge um 4,5 % zum 01.01.2003 sei
wirksam. Die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze falle nicht in den
Verantwortungsbereich der Beklagten, sondern des Bochumer Verbandes.
Veränderungen der Beitragsbemessungsgrenze seien deshalb als gegeben
hinzunehmen. Einen Anspruch auf einen wie auch immer gearteten Ausgleich gebe es
nicht. Ein Ausgleichsanspruch bestehe auch deshalb nicht, weil mit der Anhebung der
Beitragsbemessungsgrenze die Beklagte von Gesetzes wegen gezwungen sei, für
einen höheren Teil der gezahlten Vergütung Aufwendung zur gesetzlichen
Rentenversicherung zu entrichten. Die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze führe
automatisch zu einer Erhöhung des Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen
Rentenversicherung und damit auch zu einer Erhöhung des
Sozialversicherungsrentenanspruchs. Würde man dem Begehren des Klägers
stattgeben, wäre er doppelt begünstigt: Er würde nämlich nicht nur eine höhere
Betriebsrente beziehen, sondern zugleich auch einen höheren Anspruch auf das
gesetzliche Ruhegeld erwerben.
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Das Arbeitsgericht Oberhausen hat die Klage mit Urteil vom 11.01.2006 abgewiesen
und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht festzustellen sei, dass der
Beschluss des Vorstandes des Bochumer Verbandes vom 01.10.2002 über die
Anhebung der Gruppenbeträge um 4,5 % unwirksam sei. Der Bochumer Verband sei
nicht verpflichtet, die Gruppenbeträge in demselben Umfang zu erhöhen wie die von der
Entwicklung der Sozialversicherungsrenten abgekoppelten Betriebsrenten, wie das
Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 20.06.2002 (3 AZR 842/98) für den
umgekehrten Fall bereits entschieden habe. Die Beklagte bzw. der Bochumer Verband
habe über die Anpassung der Gruppenbeträge auch nicht erst nach gesetzlicher
Festlegung der Rentenversicherungsfreigrenze entscheiden dürfen und habe bei
Erhöhung der Versicherungsfreigrenze über den erwartungsgemäßen Umfang hinaus
auch keine Nachbesserung vornehmen müssen. Bei seiner nach billigem Ermessen bis
zum Ende 2002 zu treffenden Entscheidung habe er, wie geschehen, von den üblichen
Erhöhungssätzen ausgehen dürfen. Hierauf habe er vertrauen dürfen. Mit einer derart
außergewöhnlichen Steigerung, wie sie für das Jahr 2003 seitens des Verordnungs-
/Gesetzgebers vorgenommen worden sei, habe er nicht rechnen müssen. Schätzungen,
die aufgrund vergangener Entwicklungen vorgenommen würden, könnten nicht als
unbillig angesehen werden, wenn es keine deutlichen Anhaltspunkte gebe, dass
erhebliche Veränderungen außergewöhnlicher Art in absehbarer Zukunft anstünden.
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Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 24.02.2006 zugestellt. Er hat
dagegen mit einem am 15.03.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen
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Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 24.04.2006 mit einem am 05.04.2006 beim
Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Zur Begründung seiner Berufung beruft sich der Kläger darauf, dass das erstinstanzliche
Gericht verkannt habe, dass die Entscheidung des Vorstandes des Bochumer
Verbandes vom 01.10.2002 über die Anpassung der Höhe der Gruppenbeträge
gemessen an den hier allein und abschließend zugrunde zu legenden Kriterien des § 3
Abs. 1 der LO 1985 unwirksam sei. Grundsätzlich unterliege die Anpassung der
Anwartschaften der aktiven Arbeitnehmer gemäß § 3 der LO 1985 den gleichen Kriterien
wie die Anpassung der laufenden Leistungen der Betriebsrentner gemäß § 20 LO 1985.
Zu berücksichtigen sei dabei aber, dass bei der Anpassung der Gruppenbeträge die
Entwicklung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung
eine besondere Rolle spiele. Eine Entscheidung über die Anhebung der
Gruppenbeträge, die ohne die genaue Kenntnis der Steigerung der
Beitragsbemessungsgrenzen erfolge, sei deshalb unwirksam. Sie verletze die Belange
der angemeldeten Angestellten schon deshalb, weil sie getroffen werde, ohne die
Entscheidungsgrundlagen überhaupt zu kennen. Wäre die Beitragsbemessungsgrenze
um 4,25 % statt ihrer tatsächlichen Steigerung um 15,32 % angehoben worden, hätte
dies zu einer Steigerung der erwarteten Leistungsbeträge in den unterschiedlichen
Leistungsgruppen zwischen 4,2 % und 5,3 % geführt. Für den Kläger hätte dies zu einer
Steigerung seiner Anwartschaft um 4,8 % - und damit etwa in Höhe der
Geldentwertungsrate (4,9 %) geführt.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 11.01.2006 Az.: 3 Ca 2175/065
abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
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1. an den Kläger 4.204,20 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus
dem monatlichen Teilbetrag von 127,40 €, beginnend mit dem 01.04.2003 und
endend mit dem 01.12.2005, zu zahlen;
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2. festzustellen, dass der Beschluss des Vorstandes des Bochumer Verbandes
vom 01.10.2002 über die Anhebung der Gruppenbeträge um 4,5 % unwirksam
ist.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, dass eine Verpflichtung des Bochumer Verbandes zur
Anhebung der Gruppenbeträge grundsätzlich nicht bestehe, so lange von den
Versorgungsempfängern unter Zugrundelegung der nach der Leistungsordnung
maßgeblichen Parametern noch nennenswerte Betriebsrenten erzielt werden. Der
Beschluss des Vorstandes des Bochumer Verbandes vom 01.10.2002 sei nicht zu
beanstanden. Der Kläger rüge letztendlich einzig und allein, dass sich die
Bemessungsgrundlage für seine Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung infolge
der Erhöhung der rentenversicherungsrechtlichen Beitragsbemessungsgrenze
verringert hätten. Im Übrigen hätte die Beklagte in Anbetracht des zwischen den
Parteien am 24.03.2003 geschlossenen Aufhebungsvertrages darauf vertrauen können,
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dass der Kläger die behauptete Unwirksamkeit des Beschlusses des Vorstandes des
Bochumer Verbandes vom 01.10.2002 nicht geltend machen würde. Die Parteien hätten
durch Ziffer 9 Satz 2 des genannten Aufhebungsvertrages geregelt, die Ermittlung der
Höhe des Ruhegeldes des Klägers solle aufgrund einer 100-%igen Anwartschaft der
Gruppe N der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes erfolgen. Damit habe nach
Maßgabe des objektiven Empfängerhorizontes der Beklagten im Sinne der §§ 133, 157
BGB nur die Gruppe N in der Fassung des Beschlusses des Vorstandes des Bochumer
Verbandes vom 01.10.2002 gemeint sein können. Eine Berufung des Klägers auf eine
etwaige Unwirksamkeit des genannten Beschlusses widerspräche demnach der
zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden
Schriftsätze Bezug genommen.
25
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung ist statthaft und zulässig, aber unbegründet.
27
I.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
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Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der von ihm errechneten
erhöhten Rentenbeträge nicht zu.
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1. Bei der Berechnung der an den Kläger gezahlten Rente wurde zu Recht der
Beschluss des Bochumer Verbandes vom 01.10.2002 zugrunde gelegt.
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Dahinstehen kann, ob der Kläger angesichts der in Ziffer 9 der Vereinbarung vom
24.03.2003 getroffenen Regelung die Zugrundelegung anderer Bemessungsfaktoren als
die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden und insoweit dann wohl auch in
Bezug genommenen Bemessungsfaktoren verlangen kann. Der Beschluss des
Bochumer Verbandes vom 01.10.2002 ist nämlich rechtswirksam getroffen worden,
denn er widersprach billigem Ermessen nicht. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei
der Festsetzung der Gruppenbeträge um eine Leistungsbestimmung im Sinne des § 317
BGB handelt mit der Folge, dass gemäß § 319 Abs. 1 BGB eine Leistungsbestimmung
durch Urteil nur bei offenbarer Unbilligkeit in Betracht kommt, denn auch den Maßstäben
des § 315 BGB (i. V. m. § 3 Abs. 1 der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes )
hält der Beschluss des Bochumer Verbandes vom 01.10.2002 stand:
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Dass eine Anhebung der Gruppenbeträge im Oktober 2002 um 4,5 % zum 01.01.2003
bei den damals erkennbaren Umständen billigen Ermessen und den Maßstäben des § 3
Abs. 1 LO nicht entsprochen hätte, behauptet der Kläger selbst nicht. Auch ist er der
Feststellung des Arbeitsgerichts, dass der Bochumer Verband mit einer derart
außergewöhnlichen Steigerung, wie sie für das Jahr 2003 seitens des Verordnungs-
/Gesetzgebers vorgenommen worden sei, nicht habe rechnen müssen und es auch
keine deutlichen Anhaltspunkte gegeben habe, dass erhebliche Veränderungen
außergewöhnlicher Art in absehbarer Zukunft anstünden, nicht entgegengetreten.
Davon, dass der Bochumer Verband seine Entscheidung über die Anhebung der
Gruppenbeträge voreilig und unter Außerachtlassung wesentlicher, bereits erkennbar
werdender Umstände getroffen hätte, kann hier mithin nicht die Rede sein. Zu bedenken
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ist insoweit auch, dass die turnusmäßig stattfindenden Anhebungen bzw.
Neufestsetzungen der Gruppenbeträge vornehmlich der Geldentwertung Rechnung
tragen sollen und nicht in erster Linie gedacht sind als Instrument zur Korrektur bzw.
zum Ausgleich ungewöhnlicher externer Faktoren, die Auswirkungen auf die Höhe
eines zukünftigen Rentenbezuges haben können wegen ihrer Maßgeblichkeit bei
anderen Bemessungsfaktoren, wie hier z. B. beim Anrechnungsbetrag nach § 3 Abs. 3
der LO.
Nachteilige Auswirkungen, die sich wie hier z. B. aufgrund einschneidender
gesetzlicher Änderungen nach dem Anpassungsstichtag im Rahmen anderer
Bemessungsfaktoren insoweit ergeben konnten, waren nach Auffassung der Kammer
wenn überhaupt jedenfalls nicht zwingend und ausschließlich bei der Bemessung der
einzelnen Gruppenbeträge zu berücksichtigen, vielmehr konnte ihnen falls nötig auch
durch andere (nachfolgende) Maßnahmen bzw. Entscheidungen des Bochumer
Verbandes Rechnung getragen werden.
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2. Genau genommen geht es hier letztlich nur um die Frage, ob der Bochumer Verband
zu einer Nachbesserung überhaupt und dies zudem in der hier gewünschten Art und
Höhe verpflichtet war, nachdem der Gesetzgeber unerwartetermaßen die
Beitragsbemessungsgrenze höher als erwartet festgesetzt hatte.
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Ist schon nicht recht ersichtlich, worauf ein derartiger Nachbesserungsanspruch nach
bereits erfolgter verbindlicher Festlegung sollte gestützt werden können, so ist erst recht
nichts dafür ersichtlich, wieso er zu der Berücksichtigung einer fiktiven
Beitragsbemessungsgrenze und/oder zu einer Anhebung der Gruppenbeträge (in der
hier in Rede stehenden Gruppe) auf 5,5 % führen müsste. Zu Recht weist der Kläger
insoweit selbst darauf hin, dass es nicht auf die Bedingungen eines einzelnen
Leistungsempfängers oder eines einzelnen Mitgliedsunternehmens, sondern auf die
Bedingungen der Leistungsempfänger und der Mitgliedsunternehmen insgesamt
ankommt. Auch ist zu berücksichtigen, dass der (pauschale) Abzugsbetrag aus § 3 Abs.
3 der Leistungsordnung erst im Zeitpunkt der Ruhegeldfeststellung bzw. des
Ruhegeldbezuges zum Tragen kommt und einer angemessenen Berücksichtigung von
Sozialversicherungsrentenansprüchen dienen soll. Insoweit weist die Beklagte zu Recht
darauf hin, dass die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze automatisch zu einer
Erhöhung der Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung führt und
insoweit vom Arbeitgeber mitfinanziert sich anspruchserhöhend bei den gesetzlichen
Ruhegeldansprüchen der Arbeitnehmer auswirken kann. Bei all jenen Arbeitnehmern,
die erst zum Ende der hier streitgegenständlichen Neufestsetzungsperiode, d. h. erst
kurz vor dem 01.01.2006, altersbedingt ausscheiden, könnte sich die Erhöhung der
Beitragsbemessungsgrenze mithin u. U. positiv auf das persönliche Rentenniveau
auswirken. Jedenfalls war am 01.01.2003 mit Blick in die fernere Zukunft für die erst
später ausscheidenden Arbeitnehmer das Ausmaß der nachteiligen Auswirkungen
aufgrund der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze zum 01.01.2003 in vollem
Umfang so sicherlich noch nicht feststellbar. Dass der Kläger nur für drei Monate
insoweit in den Genuss der höheren Beitragsbemessungsgrenze mit entsprechend
unerheblicher Rentenerhöhung gelangt ist, kann für die hier in Rede stehende
Nachbesserungsentscheidung, so ein Anspruch auf Nachbesserung überhaupt
bestünde, keine Rolle spielen, handelt es sich insoweit doch um einen Einzelfall. Zu
berücksichtigen wären allenfalls die Auswirkungen, die sich insgesamt in der Vielzahl
möglicher Fallkonstellationen bei den Leistungsempfängern und Mitgliedsunternehmen
aufgrund der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze ergeben.
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Zu bedenken ist schließlich wie oben unter 1. bereits dargelegt , dass die unerwartete
Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze zum 01.01.2003, so eine nachträgliche
Berücksichtigung dieses Umstandes überhaupt gefordert werden könnte, nicht
zwangsläufig als Korrektiv nach sich ziehen müsste, dass die Gruppenbeträge jeweils
um das Ausmaß der jeweiligen Ruhegeldeinbußen erhöht werden müssten. Als
Reaktion insoweit kommen auch andere Maßnahmen in Betracht, wie z. B. eine
Änderung des § 3 Abs. 3 der Leistungsordnung, wie dies nach dem Vortrag des Klägers
zwischenzeitlich wenn auch nur für die Zukunft tatsächlich auch geschehen sein soll.
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Ob und inwieweit diese Reaktion bzw. Änderung u. U. billigem Ermessen widersprach
(z. B. insoweit, als sie die Altfälle aus dem Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2005
ungeregelt gelassen hat), ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Die Berücksichtigung
seiner Einzelfallkonstellation dem alsbaldigen Ausscheiden mit der zum 01.01.2003
unerwartet hoch festgesetzten Beitragsbemessungsgrenze ohne nennenswerte Vorteile
in der gesetzlichen Rentenversicherung insoweit hätte der Kläger nur dadurch
herbeiführen können, dass er bei den Verhandlungen über die Modalitäten seines
Ausscheidens auf einen entsprechenden Ausgleich hingewirkt hätte, anstatt die
Bestimmungen der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes in Ziffer 9 des
Aufhebungsvertrages einschränkungslos in Bezug zu nehmen.
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Der Berufung des Klägers konnte nach alledem kein Erfolg beschieden sein.
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II.
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Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels hat der Kläger zu tragen, § 97 Abs.
1 ZPO.
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III.
42
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht wegen der
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die Frage, inwiefern
nachträgliche Änderungen sich auf eine zuvor getroffene Anhebungsentscheidung des
Bochumer Verbandes nach § 3 LO auswirken können, gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG
zugelassen.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
44
Gegen dieses Urteil kann von dem Kläger
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REVISION
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eingelegt werden.
47
Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
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Die Revision muss
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innerhalb einer Notfrist von einem Monat
50
nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim
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Bundesarbeitsgericht,
52
Hugo-Preuß-Platz 1,
53
99084 Erfurt,
54
Fax: (0361) 2636 - 2000
55
eingelegt werden.
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Die Revision ist gleichzeitig oder
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innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils
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schriftlich zu begründen.
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Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem
deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
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Dr. Stoltenberg Prof. Dr. Selke Kemmerlings
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