Urteil des LAG Düsseldorf vom 09.09.2010

LArbG Düsseldorf (befristung, land, vertretung, vergütung, arbeitsvertrag, arbeitszeit, konkrete berechnung, stelle, vertrag, rückkehr)

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 15 Sa 796/09
Datum:
09.09.2010
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
15. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 Sa 796/09
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Düsseldorf, 7 Ca 415/09
Schlagworte:
Befristung, Haushaltsmittel, Vertretung
Normen:
§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 und Nr. 7 TzBfG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (so z.B.
BAG v. 22.04.2009 - 7 AZR 743/07) bei dem Sachgrund der Befristung
nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG für eine Aufgabe von nur
vorübergehender Dauer vorgesehenen verfügbaren Haushaltsmittel
müssen in der für die Vergütung einer Vertretungskraft benötigten Höhe
konkret vorhanden sein. Eine abstrakte haushaltsrechtliche
Vergleichbarkeit der jeweiligen Stellen reicht nur dann, wenn sich beim
bloßen Abstellen auf Besoldungs- und Vergütungsgruppen auch ohne
konkrete Berechnung die Aussage treffen lässt, dass die frei
gewordenen Mittel in jedem Fall ausreichend sein müssen zur
Vergütung der Vertretungskraft. 2. Ein "Vertretungsgeflecht" mehrerer
Vertretener durch mehrere Vertreter, das nicht mehr ist, als die
Zuweisung zwei- oder dreifach gesplitteter freier Stellenkontingente auf
dem Papier, stellt keinen Vertretungsfall dar, wie er vom BAG (BAG vom
20.01.2010 - 7 AZR 542/08) für den Fall bejaht wird, dass der befristet
beschäftigte Mitarbeiter einen Aufgabenbereich wahrnimmt, den der
vertretene Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt wahrgenommen hat, der ihm
indes bei seiner Rückkehr rechtlich und tatsächlich zugewiesen werden
könnte.
Tenor:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts
Düsseldorf vom 26.05.2009 - 7 Ca 415/09 - abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien begründete
Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung vom 22.12.2008 mit
Ablauf des 06.10.2009 sowie aufgrund der Befristung im
Ergänzungsvertrag vom 22.12.2008 hinsichtlich einer weiteren halben
Stelle mit Ablauf des 02.09.2009 sein Ende gefunden hat.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.
3. Die Revision wird zugelassen.
A.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Befristungsabreden in ihrem
Arbeitsvertrag.
2
Die 53-jährige, verwitwete Klägerin ist beim beklagten Land seit dem 01.10.1996 als
Regierungsangestellte beim Arbeitsgericht Herne aufgrund zahlreicher (32) befristeter
Arbeitsverträge (Bl. 15 ff. d. A.) in unterschiedlichem Umfang - zuletzt in Vollzeit -
angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst
der Länder (TV-L) Anwendung. Die Vergütung richtet sich nach der Entgeltgruppe (EG)
8 TV-L und beträgt durchschnittlich 2.997,92 € brutto. Die Klägerin wird mit den in einer
Serviceeinheit anfallenden Arbeiten betraut. Auf die Tätigkeitsdarstellung und -
bewertung vom 24.11.2003 wird Bezug genommen (Bl. 324 ff. d. A.).
3
Unter dem 15.08.2007 (Bl. 42 d. A.) schlossen die Parteien einen weiteren befristeten
Vertrag für den Zeitraum 01.01.-31.12.2008. Dieser Vertrag sieht eine Beschäftigung mit
50 % der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit vor. Unter dem
20.12.2007 (Bl. 45 d. A.) schlossen die Parteien einen "Ergänzungsvertrag zum
Arbeitsvertrag vom 15.08.2007" ab. Dieser Vertrag lautet auszugsweise:
4
"§ 1
5
Der im bis zum 31.12.2008 befristeten Arbeitsvertrag vereinbarte Beschäftigungsumfang
(Teilzeit 50 v. H. der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer
Vollbeschäftigten; Vertretung der Beamtin Frau I. und Nutzung freiwerdender
Haushaltsmittel aus dieser Stelle gem. § 6 Abs. 8 Abs. HHG) wird ab dem 01.01.2008
ebenfalls befristet bis zum 31.12.2008 um einen Anteil von 50.00 v. H. der
durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechenden
vollbeschäftigten Angestellten erhöht. Grund der befristeten Aufstockung sind die
Vertretung der Regierungsbeschäftigten Dagmar E. sowie die Verwendung freier
Haushaltsmittel gem. § 6 Abs. 8 HHG wegen der befristeten Bewilligung von
Erwerbsunfähigkeitsrente für Frau E..
6
Der vorgenannte Arbeitsvertrag bleibt im Übrigen unberührt."
7
Die Regierungsamtsinspektorin I. (Besoldungsgruppe A 9 BBO) ist verbeamtet und seit
Oktober 1997 beurlaubt. Mit Schreiben vom 19.06.2007 bat Frau I. ihre Beurlaubung
über den 31.12.2007 bis zum 31.12.2008 zu verlängern. Diesem Antrag wurde am
26.06.2007 stattgegeben.
8
Auf Antrag des Direktors des Arbeitsgerichts Herne vom 22.06.2007 wurde die Stelle
dann am 10.07.2007 zur internen Nachbesetzung bis zum 31.12.2008 freigegeben. Am
10.07.2007 vereinbarten der Direktor des Arbeitsgerichts Herne sowie die dortige
Personalrätin M., dass die Stelle zur Hälfte an die Klägerin sowie zur anderen Hälfte an
eine weitere Mitarbeiterin vergeben werden sollte, um eine Beschäftigung bis zum
31.12.2008 frühzeitig abzusichern. Mit Schreiben vom 15.08.2007 (Bl. 105 d. A.) wurde
der Personalrat um Zustimmung zur Fortsetzung des befristeten Arbeitsverhältnisses
9
gebeten. Die Personalrätin M. stimmte unter dem 15.08.2007 der Maßnahme zu (Bl. 106
d. A.). Noch am selben Tag wurde dann der schriftliche Arbeitsvertrag zwischen den
Parteien unterschrieben.
Am 29.10.2007 erhielt das Arbeitsgericht Herne den Bescheid der Deutschen
Rentenversicherung Bund, wonach die Regierungsbeschäftigte E. über den 31.12.2007
hinaus wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31.12.2010 Rente bewilligt worden
war.
10
Mit Schreiben vom 19.06.2008 beantragte die Regierungsamtsinspektorin I. die weitere
Beurlaubung bis zum 06.10.2009. Dem Antrag wurde am 27.06.2008 stattgegeben.
Unter dem 22.12.2008 (Bl. 47 d. A.) schlossen die Parteien einen weiteren befristeten
Arbeitsvertrag, der eine Beschäftigung als Teilzeitbeschäftigte mit 50 % der Arbeitszeit
für den Zeitraum 01.01.2009 bis 06.10.2009 vorsieht. Als sachlicher Grund für die
Vertretung ist im Arbeitsvertrag folgendes angegeben:
11
"Zur Vertretung der Hälfte der vorübergehend freien Stelle der Beamtin des mittleren
Dienstes Martina I. und zugleich zur Verwendung freier Haushaltsmittel gemäß § 6 Abs.
8 HG wegen der Beurlaubung der Beamtin I. bis zum 06.10.2009 gemäß § 85 a LBG."
12
In § 2 dieses Vertrages war bestimmt worden:
13
"Der in § 1 vereinbarte Beschäftigungsumfang wird ab dem 01.01.2009 bis zum
02.06.2009 um ½ der jeweiligen durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen
Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten erhöht, und zwar wegen Vorliegen
des folgenden sachlichen Grundes:
14
Zur Vertretung der Mitarbeiterin L. H., die sich noch bis zum 02.06.2009 Elternzeit
genommen hat."
15
Die Parteien vereinbarten zudem unter dem 22.12.2008 (Bl. 50 d. A.) einen weiteren
Ergänzungsvertrag. Dieser sieht für den Zeitraum 01.01. bis 02.09.2009 eine Erhöhung
um die ½ der jeweiligen durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit
eines entsprechenden Vollbeschäftigten vor. Als sachlicher Grund wurde folgendes
angegeben:
16
"Zur Vertretung der ½ der vorübergehend freien Stelle der Mitarbeiterin L. H., die sich
noch bis zum 02.09.2009 in Elternzeit befindet, und zugleich zur Verwendung freier
Haushaltsmittel gemäß § 6 Abs. 8 HG wegen der Elternzeit der Mitarbeiterin H. bis zum
02.09.2009."
17
Beide Verträge unterschrieb die Klägerin mit dem Vorbehalt, dass sie sich nicht bereits
in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befindet.
18
Die Klägerin hat behauptet, die Kollegin I. werde definitiv nicht ins Arbeitsgericht
zurückkehren. Dies sei dem beklagten Land auch bei Vertragsschluss bekannt
gewesen. Die Mitarbeiterin E. fehle bereits seit mindestens 5 Jahren krankheitsbedingt,
was unstreitig ist, und habe erklärt, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
ausgeschlossen sei. Die Klägerin meinte, eine Prognose für einen befristeten
Beschäftigungsbedarf sei nicht erkennbar. Die Mitarbeiterin E. habe einfache Arbeiten
erledigt, was unstreitig ist. Ihre Aufgaben seien nicht mit denen einer Beamtin des
19
mittleren Dienstes vergleichbar. Die Klägerin meinte, sie habe eine Daueraufgabe als
Dauervertretung für jeweils fehlende Justizbeschäftigte. Mit zunehmender Dauer der
Tätigkeit stiegen die Anforderungen an den Sachgrund der Befristung und an die
entsprechende Prognose. Sie sei die Personalreserve. Auch künftig würden
Justizangestellte ausfallen.
Die Klägerin hat zudem der Auffassung vertreten, soweit es um die Vertretung von Frau
E. gehe, seien die Mittel nicht ausreichend bemessen. Frau E. habe eine Vergütung
nach BAT VII erhalten. Frau H. gemäß BAT VI.
20
Im Übrigen verstießen die Befristungen gegen die Richtlinie 1999/70/EG. Diese sei
unzureichend umgesetzt worden. Es sei eine Form des Missbrauchs, über Jahrzehnte
befristete Arbeitsverhältnisse zu vereinbaren, da die Richtlinie gerade befristete
Arbeitsverhältnisse verhindern wolle.
21
Schließlich sei die Befristung aus Gründen der Haushaltsmittel unwirksam, weil sich die
Befristung über ein Haushaltsjahr erstrecke, für das noch kein Haushaltsgesetz
verabschiedet gewesen sei. Sie sei zudem auch nicht als Aushilfskraft im Sinne des § 6
HHG eingesetzt worden.
22
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, bei den Verträgen vom 15.08. und 20.12.2007
handele es sich um einen einheitlichen, befristeten Vertrag, der insgesamt § 14 TzBfG
unterfalle.
23
Die Klägerin hat beantragt,
24
1.festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht
aufgrund der Befristung vom 15.08.2007 sowie der weiteren Befristung im
Ergänzungsvertrag vom 20.12.2007 mit Ablauf des 31.12.2008 sein Ende gefunden hat,
25
2.hilfsweise festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis
nicht aufgrund der Befristung vom 22.12.2008 mit Ablauf des 06.10.2009 sowie aufgrund
der Befristung im Ergänzungsvertrag vom 22.12.2008 hinsichtlich einer weiteren halben
Stelle mit Ablauf des 02.09.2009 sein Ende finden wird,
26
3.das beklagte Land zu verurteilen, sie über den 02.09.2009 zu 100 % und über den
06.10.2009 hinaus bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits als
vollzeitbeschäftigte Regierungsbeschäftigte weiter zu beschäftigen.
27
Das beklagte Land hat beantragt,
28
die Klage abzuweisen.
29
Es hat die Auffassung vertreten, die Befristungen seien wirksam vereinbart. Hierzu hat
es behauptet, die Regierungsamtsinspektorin I. habe erst am 05.03.2009 mitgeteilt, dass
sie im Betrieb ihres Mannes einen Minijob ausübe. Die Zulässigkeit der Befristungen
ergebe sich aus § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG in Verbindung mit § 6 Abs. 8 HHG NW.
Die Entgeltgruppe 8 TV-L entspreche der Besoldungsgruppe A 8 BBO. Die Besoldung
der Regierungsamtsinspektorin I. entspreche der Entgeltgruppe 9. Es habe gedanklich
die Tätigkeiten der Mitarbeiterin I. zugeordnet. Dies ergebe sich schon aus der
Personalratsanhörung. Das Land hat behauptet, die Klägerin sei auch tatsächlich aus
30
den Haushaltsmitteln vergütet worden. Dies ergebe sich aus dem Stellenplan. Die
Befristung der Aufstockung sei auch wirksam gewesen. Es handele sich um die
Befristung einer Arbeitsbedingung. Der Ergänzungsvertrag teile daher das Schicksal
des zugrundeliegenden befristeten Arbeitsverhältnisses. Es behauptet, der Mitarbeiterin
E. seien Aufgaben nach der Vergütungsgruppe VI b zugewiesen.
Das beklagte Land hat die Ansicht vertreten, auch die unter Vorbehalt abgeschlossenen
Verträge seien wirksam befristet. Befristungsgrund seien befristete Haushaltsmittel
sowie § 21 BEEG. Die neuerlichen Befristungen seien nicht mehr
mitbestimmungspflichtig gewesen. Es hat behauptet, die Mitarbeiterin H. sei nach der
Vergütungsgruppe BAT VI b eingruppiert gewesen.
31
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen
ausgeführt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristungsabrede im
Arbeitsvertrag vom 15.08.2007 wirksam zum 31.12.2008 befristet worden sei, da ein
sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsvertrages vorliegend nach § 14 Abs. 1
Satz 2 Nr. 7 TzBfG gegeben sei. Wegen der diesbezüglichen Ausführungen im
Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug
genommen (Bl. 188 ff. d. A.).
32
Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Klägerin am 09.03.2009 zugestellt. Mit der am
04.08.2009 eingelegten und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis
zum 02.11.2009 - am Montag, dem 05.11.2009 begründeten Berufung wiederholt und
vertieft die Klägerin ihre erstinstanzlich bereits vorgebrachten Argumente zur
Dauervertretung und Europarechtswidrigkeit der hier in Rede stehenden Befristungen.
33
Des Weiteren führt sie aus: Unhaltbar sei die konstruierte Aufsplittung eines
Arbeitsvertrages in einen befristeten Grundvertrag und eine Befristung einer
Arbeitsbedingung. Das beklagte Land könnte damit beliebig und völlig sank-tionslos
Arbeitszeiten auch befristet aufstocken, ohne die Zwecksetzungen von Haushaltsmitteln
und Ähnliches beachten zu müssen. Während das BAG die Wirksamkeit der Befristung
von Arbeitsbedingungen wenigstens noch nach AGB-rechtlichen Vorschriften für
überprüfbar hält, führe die Rechtsauffassung des beklagten Landes in Fällen
vorliegender Art zum Wegfall jeglicher Wirksamkeitsprüfung, da nach Auffassung der
Gegenseite die Befristung der Arbeitsbedingungen selbst bei grober Unangemessenheit
der dafür vorhandenen Gründe immer das Schicksal des zugrunde liegenden befristeten
Arbeitsvertrages teile.
34
Die vom beklagten Land vertretene Auffassung, bereits der abstrakte Vergleich der
Besoldungsgruppen A 9 BBO bezüglich der Beamtin I., welche der Entgeltgruppe 9 TV-
L entspreche, mit der Entgeltgruppe des TV-L der Klägerin, nämlich 8 TV-L, führe zu
dem Ergebnis, dass von ausreichenden Haushaltsmitteln für die Vergütung der Klägerin
auszugehen sei, sei unrichtig. Die vom beklagten Land sodann vorgenommene
konkrete Darlegung der Zahlenverhältnisse widerlege im Übrigen diese These.
Ausweislich der Bezügemitteilung für Dezember 2008 habe das Lohnsteuerbrutto der
Klägerin im Kalenderjahr 2008 nicht 33.310,84 €, wie beklagtenseits angegeben,
sondern 35.129,13 € und das Sozialversicherungsbrutto 35.975,01 € betragen. Auch
lasse das beklagte Land bei ihrer Berechnung außer Acht, dass es sich bei dem
vorstehend genannten Jahresbruttoeinkommen nur um das so genannte
Arbeitnehmerbruttoeinkommen handele, zu dem noch die Arbeitgeberanteile zu den
Sozialversicherungsbeiträgen hinzukämen. Auch diese Beiträge müssten monatlich
35
vom beklagten Land an den Sozialversicherungsträger abgeführt werden. Hinzu kämen
noch die Arbeitgeberanteile zur Zusatzversorgung der Klägerin, die in 2008 insgesamt
2.233,99 € betragen hätten. Der Gesamtaufwand des beklagten Landes für die Klägerin
habe damit für das Jahr 2008 44.678,71 € betragen. Entsprechendes gelte für das Jahr
2009 bis zum 31.08.2009. In diesem Zeitraum habe die Klägerin ein Bruttoeinkommen
von 23.242,96 € erzielt, wobei zu diesem Bruttoeinkommen noch die Arbeitgeberanteile
hinzugerechnet werden müssten. Die beklagtenseits für das Jahr 2008 mit 35.482,59 €
bzw. hälftigen 17.741,29 € angegebenen Bezüge der Beamtin I. würden somit bereits für
sich betrachtet nicht ausreichen, um den diesbezüglichen Stellenanteil der Klägerin
damit zu finanzieren. Keinesfalls seien die so genannten Personalkostensätze zugrunde
zu legen, nach denen ein Versorgungszuschlag von 30 % und ein Pauschbetrag für
Beihilfeleistung für Beamte in Höhe von 2.200,00 € in Ansatz gebracht werden. Bei
diesen Personalkostensätzen handele es sich um Berechnungsgrundlagen, diese seien
aber keine vorübergehend freien Haushaltsmittel. Darüber hinaus sei die
Berechnungsweise des beklagten Landes unrichtig, weil mit einem - insoweit nur
unterstellten - überschießenden Stellenanteil von Frau I. nicht ein Fehlbetrag aus dem
Stellenanteil von Frau E. oder später von Frau H. mit deren jeweils (zwei Stufen)
niedrigeren Vergütungsgruppe ausgeglichen werden könnten.
Auch der Sachgrund der Vertretung gemäß § 14 Abs. 1 Ziff. 3 TzBfG liege nicht vor.
Frau I. als Regierungsinspektorin mit der Besoldungsgruppe A 9 habe einen Anspruch
auf Übertragung höherwertiger Tätigkeiten, als die Klägerin sie ausübe, während Frau
E. geringwertigere Aufgaben erledigt habe, die der Vergütungsgruppe VII BAT
zugeordnet seien. Ihr könnten die höherwertigen Aufgaben, die die Klägerin erledige,
nicht kraft Direktionsrecht übertragen werden, weshalb es insgesamt an der für diese
Fallgestaltung der Vertretung erforderlichen Kausalität fehle. Es gehe nicht an, durch
eine entsprechend geschickte Aufteilung zwischen schwierigen Aufgaben und den
geringwertigen Aufgaben der Klägerin doch noch eine Zulässigkeit des Sachgrundes
der Vertretung hinzubekommen. Dabei bliebe unberücksichtigt, dass sich das gleiche
Problem mit dem anderen hälftigen Stellenanteil, welcher einer Kollegin der Klägerin
übertragen worden sei, die ebenfalls zwei Tarifgruppen höher eingruppiert sei, stelle. Es
könne nicht zulässig sein, dass das beklagte Land so z.B. die Frau E. übertragenen
geringwertigen Tätigkeiten jeweils so verschieben könne, wie es in einem Prozess
gerade benötigt werde. Auch würde sich die Wertigkeit der Tätigkeit der Klägerin
ändern, wenn man ihr beispielsweise nur die einfachen Aufgaben, die man Frau E.
ohne weiteres zuweisen könnte, wegnehmen und Frau E. übertragen würde.
36
Die Klägerin beantragt,
37
festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht
aufgrund der Befristung vom 22.12.2008 mit Ablauf des 06.10.2009 sowie aufgrund der
Befristung im Ergänzungsvertrag vom 22.12.2008 hinsichtlich einer weiteren halben
Stelle mit Ablauf des 02.09.2009 sein Ende gefunden hat,
38
hilfsweise:
39
festzustellen, dass die im Arbeitsvertrag vom 15.08.2007 enthaltene Befristung sowie
die weitere Befristung im Ergänzungsvertrag vom 20.12.2007 unwirksam sind.
40
Das beklagte Land beantragt,
41
die Berufung zurückzuweisen.
42
Das beklagte Land vertritt weiterhin die Ansicht, dass sich die Wirksamkeit der
streitgegenständlichen Befristung ausschließlich nach der jeweiligen Grundbefristung
beurteile. Die Aufstockung betreffe nur die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen. Mit
dem Ende der wirksam vereinbarten Grundbefristung ende das befristete
Arbeitsverhältnis, für die vereinbarte Aufstockung entfalle die Rechtsgrundlage.
43
Es sei auch davon auszugehen, dass die Vergütungen der vorübergehend abwesenden
Stelleninhaberinnen für die Vergütung der Klägerin im Befristungszeitraum ausreichend
seien. Eine betragsmäßige Festlegung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel
verlange das BAG nicht. Die Ausgabenermächtigung in § 6 Abs. 8 HG NW 2007 bzw.
2008 gingen selbst von einer Vergleichbarkeit beamtenmäßiger Besoldung mit
tarifvertraglicher Vergütung aus. Anderenfalls wäre in der Ausgabenermächtigung zu
regeln gewesen, dass Planstellen von Beamten nur mit Beamten besetzt werden
könnten. Dies sehe die haushaltsgesetzliche Ermächtigungsnorm nicht vor. Sowohl die
Rechtsprechung als auch die Tarifvertragsparteien nähmen bei der Bewertung der
Vergleichbarkeit von Besoldungsgruppen und Entgeltgruppen seit jeher eine abstrakte
Bewertung vor, was sich aus der Besonderheit erkläre, dass die Vergütungssysteme
gänzlich unterschiedlich angelegt seien. Haushaltsrechtliche Vergleichbarkeiten
bestünden danach bei Stellen innerhalb derselben Entgelt- oder Besoldungsgruppe
unter darüber hinaus dann, wenn die Besetzung mit einem Tarifbeschäftigten einer
niedrigeren Entgeltgruppe als der vergleichbaren Besoldungsgruppe erfolge. Soweit die
Klägerin nur eine Vergleichbarkeit innerhalb des tariflichen Vergütungssystems gelten
lassen wolle, müsse sie selber einräumen, dass sich auch hier aufgrund persönlicher
Umstände - ggf. nicht unerhebliche - Abweichungen hinsichtlich der Höhe der
Vergütung, die dem vorübergehend abwesenden Stelleninhaber zu zahlen wäre, und
der tatsächlich der Aushilfskraft zu zahlenden Vergütung ergeben könnten. Letztlich
könnte die Wertigkeit der Stelle haushaltsrechtlich nur aufgrund abstrakter Bewertungen
verglichen werden. Haushaltsrechtlich sei dieser Vergleich schon deshalb zulässig, weil
die Ausgabenermächtigung des § 6 Abs. 8 HG NW 2007 bzw. 2008 ihn immanent
voraussetzten. So lasse auch die Nr. 4 der Verwaltungsvorschrift zu § 49 LHO
ausdrücklich zu, dass die Planstelle eines Beamten für eine Angestellte oder einen
Angestellten der vergleichbaren oder einer niedrigeren Vergütungsgruppe in Anspruch
genommen werden könne.
44
Die streitgegenständlichen Grundbefristungen erfüllten auch die Voraussetzungen einer
Vertretungsbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG. Hätte Frau E. ihre Tätigkeit
wieder aufgenommen, so hätten ihre Tätigkeiten der Vergütungsgruppe VI b
zugewiesen werden können, d.h. bis zu 33 % schwierige Tätigkeiten. Im Jahr 2008 sei
Frau E. vertreten worden zu 0,5 von der Klägerin, durch Aufstockung jeweils um 0,25
von Frau K. (EG 8, 34,20 % schwierige Tätigkeiten) und Frau S.-Q. (EG 6, 28,46 %
schwierige Tätigkeiten). Durch Umverteilung der Tätigkeiten wäre es daher möglich
gewesen, nach Rückkehr von Frau E. die Tätigkeiten der Klägerin, von Frau S.-Q. und
Frau K. so zu strukturieren, dass Frau E. insgesamt 33,0 % schwierige Tätigkeiten
ausgeführt hätte, während die Beamtin I. die übrigen schwierigen Tätigkeiten zu
verrichten gehabt hätte.
45
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen aus beiden Instanzen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
46
B.
47
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
48
Die Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
49
Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat im Hinblick auf keinen der beiden Stellenanteile
aufgrund der hier streitgegenständlichen Befristungen vom 22.12.2008 am 02.09.2009
oder 06.10.2009 sein Ende gefunden. Die Klage ist im Hinblick auf den zuletzt als
Hauptantrag gestellten Feststellungsantrag begründet.
50
I.Die im Termin vom 09.09.2010 vorgenommene Antragsumstellung ist sachdienlich und
zulässig.
51
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. Urteil vom
22.04.2009 - 7 AZR 743/07 - Rdnr. 15) unterliegt bei mehreren aufeinanderfolgenden
befristeten Arbeitsverträgen grundsätzlich nur die in dem letzten Vertrag vereinbarte
Befristung der Befristungskontrolle, was allerdings dann nicht gelten soll, wenn die
Parteien dem Arbeitnehmer bei Abschluss des letzten Vertrages das Recht vorbehalten
haben, die zuvor vereinbarte Befristung gerichtlich überprüfen zu lassen, wie vorliegend
unstreitig geschehen. Letzteres ist eine Option zu Gunsten des Arbeitnehmers und
beinhaltet nicht, dass der befristet eingestellte Arbeitnehmer zunächst mit einem
Hauptantrag gegen die vorletzte Befristung vorgehen müsste und erst für den
Unterliegensfall mit diesem Hauptantrag die letzte Befristung auf ihre Rechtswirksamkeit
hin überprüfen lassen könnte. Gleichermaßen kann der Arbeitnehmer in erster Linie die
letzte Befristung angreifen und deren Rechtsmäßigkeit überprüfen lassen, welche
nunmehr von zwei Umständen abhängt: Entweder hält die letzte Befristung einer
Überprüfung nicht stand, oder aber sie ist an sich rechtmäßig, kann aber deshalb nicht
greifen, weil die vorhergehende Befristung unwirksam war und nunmehr ein vereinbarter
Vorbehalt im vorgenannten Sinne zum Tagen kommt und aus diesem Grunde die letzte
Befristung keine Geltung beanspruchen kann. Dabei bleibt es dem erkennenden Gericht
überlassen, zu entscheiden, auf welchen der beiden Tatbestände es im Falle einer
Klagestattgabe sein Urteil stützen möchte. Da mit dem hier vorliegenden (Haupt-)Antrag
in dem Fall, dass einer der beiden vorhergenannten Tatbestände nicht greifen sollte,
sodann der jeweils andere zu prüfen wäre (bei der hier gewählten Reihenfolge also die
Frage, ob die letzte Befristung nicht zumindest wegen des Vorbehaltes einer
vorausgegangenen unwirksamen Befristung das Arbeitsverhältnis letztlich nicht hat
beenden können), ist fraglich, ob es des klägerseits vorsorglich gestellten Hilfsantrages
überhaupt noch bedurfte.
52
II.Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht im Umfang einer Vollzeitstelle fort, da die
hier in Rede stehenden Befristungen aus dem Arbeitsvertrag bzw. dem
Ergänzungsvertrag vom 22.12.2008 rechtsunwirksam sind. Dabei unterfallen nach
Auffassung der Kammer sowohl der Befristungstatbestand "I." als auch der
Befristungstatbestand "H." einer Befristungskontrolle nach § 14 TzBfG.
53
1.Bei den hier in Rede stehenden Befristungstatbeständen aus dem Vertrag vom
22.12.2008 kann es sich grundsätzlich - bezogen auf den Vertretungsfall I. - um eine
Grundbefristung handeln und bezüglich des Vertretungsfalls H. um eine befristete
Arbeitszeitaufstockung zu dieser Grundbefristung, die dann nicht an den Maßstäben des
§ 14 TzBfG zu messen wäre, sondern allenfalls der gerichtlichen Inhaltskontrolle nach §
54
307 Abs. 2 BGB unterliegt - was bei einer Wirksamkeit der bis zum 06.10.2009
laufenden Grundbefristung der Klägerin ab 02.09.2009 allenfalls zu einem weiteren
Monat mit aufgestockter Arbeitszeit verhelfen könnte. Bei der befristeten Aufstockung
des Beschäftigungsumfanges kann es sich jedoch auch um einen zusätzlichen,
selbständig zu beurteilenden Beschäftigungs- bzw. Stellenanteil handeln, womit im
Rahmen des § 1 des Arbeitsvertrages vom 22.12.2008 der eine Teil der Beschäftigung
der Klägerin wegen des Vertretungsfalles I. und im Rahmen des § 2 der weitere
zusätzliche Beschäftigungsteil wegen des Vertretungsfalles H. geregelt wäre, für
welchen, abgesehen von den unterschiedlichen Laufzeiten dieser Verträge, ansonsten
die gleichen Vertragsbedingungen gelten. Schließlich kommt grundsätzlich auch noch
in Betracht, auf die Summe der beiden hälftigen Stellenanteile abzustellen und damit ein
Vollzeitarbeitsverhältnis als vereinbart anzusehen, mit der sich dann wohl ergebenden
Konsequenz, dass für die Rechtswirksamkeit der Befristung dieses
Vollzeitarbeitsverhältnisses beide Befristungstatbestände (kumulativ) nach § 14 TzBfG
zulässig sein müssten.
Da der Vertrag vom 22.12.2008 und der Ergänzungsvertrag vom selben Tage keine
eindeutige Antwort auf die Frage geben, welche Fallkonstellation denn hier tatsächlich
gemeint war, bedürfen diese Verträge der Auslegung.
55
2.
56
a)Vorliegend geht es mithin um die Qualifizierung des Arbeitsverhältnisses als solches,
nicht um die Auslegung einer einzelnen Vertragsbedingung. Nach Auffassung der
Klägerin liegt ein befristetes Vollzeitarbeitsverhältnis vor (mit entsprechenden
Konsequenzen bei der Befristungskontrolle). Nach Auffassung der Beklagten liegt ein
befristetes Teilzeitarbeitsverhältnis vor mit befristeter Arbeitszeitaufstockung. Als dritte
Möglichkeit kommt ein zwei selbständige Stellenanteile beinhaltender, aber mit der
Klammer der gemeinsamen Arbeitsvertragsbedingungen zusammengefasster Vertrag in
Betracht.
57
Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu
und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist
vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind
jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen,
soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die
bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu
berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem
vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht
werdenden Ergebnis führt (BAG v. 18.05.2010 - 3 AZR 373/08 - NZA 2010, S. 935 ff.
m.w.N.).
58
b)Der Wortlaut der Verträge vom 22.12.2008 lässt die letzten beiden der in Ziffer 1.
genannten Möglichkeiten zu. In § 1 des Arbeitsvertrages ist von einer
Weiterbeschäftigung der Klägerin als "Teilzeitbeschäftigte" die Rede, obwohl sie, nimmt
man den Beschäftigungsumfang nach § 2 des Arbeitsvertrages hinzu, tatsächlich in
Vollzeit beschäftigt wird. Danach ging es dem beklagten Land mithin offensichtlich
darum, nicht einen einheitlichen Vollzeitarbeitsvertrag zu schließen - obwohl dies an
sich im Hinblick auf die rechtliche Ausgestaltung des Vertrages ohne Weiteres möglich
gewesen wäre - vielmehr sollten der Klägerin für die beiden unterschiedlichen
Vertretungstatbestände auch gesonderte Beschäftigungskontingente zugewiesen
59
werden - wie hier 2 hälftige Anteile einer Vollzeitbeschäftigung. Ein einleuchtender
Grund dafür, warum das beklagte Land insoweit nicht zwei selbständig zu bewertende
Beschäftigungsanteile innerhalb eines "Gesamtarbeitsvertrages" gemeint und gewollt
haben sollte, sondern eine Teilzeitgrundbefristung von 50 % einer Vollzeitkraft mit
bloßer Aufstockung der Arbeitszeit um weitere 50 % (und dies im gleichen Vertrag und
am gleichen Tage), ist nicht ersichtlich - sieht man einmal von der dem beklagten Land
nicht zu unterstellenden Absicht einer Umgehung europarechtlicher Vorgaben bzw.
Vermeidung der Befristungskontrolle für jeden der beiden Befristungstatbestände nach §
14 TzBfG ab. Gegen eine bloße Arbeitszeitaufstockung spricht im Übrigen auch, dass
bei beiden Befristungstatbeständen der aus § 14 Abs. 1 TzBfG entlehnte Begriff des
"Vorliegen eines sachlichen Grundes" gebraucht und der jeweilige sachliche Grund
angegeben wird.
Aufschlussreich ist hier auch die Entwicklung der Vertragsgestaltung seit Beginn der
Tätigkeit der Klägerin bei dem beklagten Land:
60
Nach dem ersten Arbeitsvertrag wurde die Klägerin noch als vollzeitbeschäftigte
Angestellte eingestellt, wobei ihre Arbeitszeit jeweils zu ½ zwei verschiedenen
Aushilfsstellen zugeordnet wurde. Danach folgte ein Vertrag zur Änderung dieses
Vertrages, mit dem sie nunmehr nur noch mit der Hälfte einer Vollzeitbeschäftigung
weiterbeschäftigt wurde und weitere "Änderungsverträge", mit denen die Laufzeit dieses
Vertrages jeweils befristet verlängert wurde. Noch während der Laufzeit dieser
verlängerten Verträge erhielt die Klägerin im Wege eines eigenständigen
Arbeitsvertrages eine weitere befristete Beschäftigung im Umfang von ¼ der Arbeitszeit
einer Vollzeitkraft, der seinerseits im Wege eines eigenständigen
Abänderungsvertrages geändert wurde. Diese Praxis der arbeitsvertragsmäßig im
Wesentlichen getrennten Behandlung verschiedener Vertretungsfälle wurde in der
Folgezeit beibehalten. Anders als im ersten Arbeitsvertrag, der eine - zwei
verschiedenen Stellen zugeordnete - Vollzeitbeschäftigung der Klägerin beinhaltete,
wurden unter dem 15.08.2000 und 07.03.2001 in einem einheitlichen Vertrag zwei
gesondert ausgewiesene Beschäftigungen in einem Teilzeitumfang von jeweils ½ einer
Vollzeitkraft vereinbart, welche sich nach dem Vertragsinhalt als selbständige und
eindeutig als "gleichrangig" zu sehende Vertragsbestandteile ausnahmen. Erstmals mit
Vertrag vom 06.04.2005 wurde eine andere Vertragsgestaltung gewählt, die indes am
Vorliegen zweier selbständiger vom jeweiligen Vertretungsfall abhängiger
Vertragsbestandteile keinen Zweifel ließen, war dort doch in § 1 ein hälftiger
Beschäftigungsanteil wegen der Vertretung der Regierungsangestellten Schubert
vereinbart und in § 2 eine zusätzliche Beschäftigung wegen der befristeten Vertretung
der Regierungsangestellten E.. Erstmals mit dem am 23.12.2005 geschlossenen Vertrag
taucht sodann der Begriff "Ergänzungsvertrag" auf, mit dem die Beschäftigungszeit zur
Vertretung der Regierungsangestellten E. über den 31.12.2005 hinaus verlängert wird.
An der Systematik der Vertragsgestaltung hat sich bis dahin aber nichts geändert.
61
Im Wesentlichen anders verhält es sich demgegenüber mit dem Ergänzungsvertrag vom
20.12.2007, mit dem eindeutig nur die Arbeitszeit des Arbeitsvertrages vom 15.08.2007
befristet aufgestockt wurde.
62
Der hier in Rede stehende Vertrag vom 22.12.2008 lehnt sich wiederum noch sehr eng
an die vorherige Vertragsgestaltungspraxis an, in der die beabsichtigte
befristungsrechtliche Selbständigkeit der verschiedenen mit der Klägerin vereinbarten
Teilzeitbeschäftigungskontingente zum Ausdruck kam, so dass die Klägerin insofern
63
dann auch davon ausgehen konnte, dass mit dem Arbeitsvertrag vom 22.12.2008 von
dieser Art der bisherigen Vertragsgestaltung nicht abgewichen werden sollte - dies
umso weniger, als mit dem vorhergehenden Ergänzungsvertrag in aller Deutlichkeit der
Wille zu einer bloß befristeten Aufstockung der Arbeitszeit zum Ausdruck gebracht
worden war, und zumindest diese Deutlichkeit dann auch hier zu erwarten gewesen
wäre, tatsächlich aber nicht gegeben ist.
c)Der Ergänzungsvertrag vom 22.12.2008 zum Arbeitsvertrag vom gleichen Tage, mit
der die in § 2 dieses Arbeitsvertrages vereinbarte, bis zum 02.06.2009 laufende
Befristung bis zum 02.09.2009 verlängert wurde, steht der hier vertretenen Auslegung
zweier in einem einheitlichen Arbeitsvertrag aufgenommener Beschäftigungsanteile mit
entsprechend selbständig zugeordneten und zu überprüfenden Befristungstatbeständen
nicht entgegen. Es erschließt sich schon nicht, warum die "richtige" Befristungsdauer bis
zum 02.09.2009 nicht von vornherein in § 2 des Arbeitsvertrages vom 22.12.2008
aufgenommen wurde, sondern für diese eigens noch ein "Ergänzungsvertrag" gemacht
wurde. Anders als bei der nachträglichen, zeitlich Monate später vereinbarten befristeten
Aufstockung der Arbeitszeit im Ergänzungsvertrag vom 20.12.2007 kann es sich bei
dem Ergänzungsvertrag vom 22.12.2008 mangels Erkennbarkeit sonstiger
einleuchtender Gründe nur um eine Korrektur der in § 2 des Arbeitsvertrages vom
selben Tage aufgenommen Laufzeit handeln - sieht man auch hier von der dem
beklagten Land nicht zu unterstellenden Absicht einer Umgehung europarechtlicher
Vorgaben bzw. Vermeidung der Befristungskontrolle für jeden der beiden
Befristungstatbestände nach § 14 TzBfG ab.
64
d)Selbst wenn das beklagte Land meinen sollte, dass als zumindest gleichwertiges
Auslegungsergebnis die von ihr vertretene Version der Grundbefristung mit befristeter
Arbeitszeitaufstockung Geltung beanspruchen könne, könnte sich die Klägerin hier zu
ihren Gunsten auf die Unklarheitsregelung aus § 310 Abs. 3 Nr. 2 i.V. mit § 305 c Abs. 2
BGB berufen.
65
e)Allein der Version der Klägerin, dass ein Vollzeitarbeitsverhältnis zustande
gekommen sei, welches dann nach ihrer Meinung wohl bei Unwirksamkeit auch nur
einer der beiden Befristungstatbestände als Vollzeitarbeitsverhältnis fortgeführt werden
müsste, kann unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gefolgt werden. Aus den
vorherigen Ausführungen folgt, dass es dem beklagten Land erkennbar darum ging, die
einzelnen Befristungstatbestände und Vertretungsfälle und die darauf entfallenden
Stundenkontingente gesondert zu behandeln und zu begründen und nicht einen mit
zwei Befristungstatbeständen kumulativ zu begründenden Vollzeitbeitsplatz zu schaffen.
66
II.Die Befristungen im Arbeitsvertrag bzw. Ergänzungsvertrag vom 22.12.2008 sind
unwirksam, da sie nicht durch einen sachlichen Grund i.S. des § 14 TzBfG gerechtfertigt
sind.
67
1.Die Befristungen sind nicht nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG zulässig.
68
a)Nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines
Arbeitsvertrages vor, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die
haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind und er entsprechend
beschäftigt wird. Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG erfordert nach der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. so z.B.: BAG v. 22.04.2009 - 7 AZR
743/07) die Vergütung des Arbeitnehmers aus Haushaltsmitteln, die mit einer konkreten
69
Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung versehen sind.
Die für die Vergütung des befristet eingestellten Arbeitnehmers verfügbaren
Haushaltsmittel müssen für eine Aufgabe von nur vorübergehender Dauer vorgesehen
sein.
b)Insoweit ist zwischen den Parteien streitig, was genau unter den "verfügbaren
Haushaltsmitteln", aus denen die Vergütung des befristet eingestellten Arbeitnehmers
erfolgen soll, zu verstehen ist.
70
Das beklagte Land geht insofern mit dem Landesarbeitsgericht I. (Urteil v. 10.12.2009 -
11 Sa 1123/09) davon aus, dass es auf die konkrete Höhe der Bezüge nicht ankomme.
Nach den maßgeblichen Grundsätzen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung dürften
freie und besetzbare Stellen mit einer Arbeitnehmerin/mit einem Arbeitnehmer der
vergleichbaren oder einer niedrigeren Entgeltgruppe besetzt werden.
Haushaltsrechtliche Vergleichbarkeiten bestünden dabei bei Stellen innerhalb
derselben Entgeltgruppe und darüber hinaus dann, wenn die Besetzung mit einem
Tarifbeschäftigten einer niedrigeren Entgeltgruppe erfolge. Die Besoldungsgruppe A9
entspreche der Vergütungsgruppe V b BAT, mithin der Entgeltgruppe 9 TV-L, so dass
die Klägerin aus der vorübergehend freien Vergütung der Beamtin I. unter
Berücksichtigung der Grundsätze der Haushalts- und Wirtschaftsführung ohne Weiteres
habe beschäftigt werden können.
71
Die Klägerin ist demgegenüber der Ansicht, dass eine abstrakt haushaltsrechtliche
Vergleichbarkeit nicht ausreichend sein könne. Vielmehr komme es auf die
tatsächlichen Zahlenverhältnisse an. Es sei konkret festzustellen, in welcher konkreten
Höhe freie Mittel vorhanden seien, um danach beurteilen zu können, ob diese Mittel für
die Vergütung der Vertretungskraft ausreichend bemessen seien. Darüber hinaus ist die
Klägerin der Ansicht, dass die buchhalterische Nachverfolgung der Mittelverwendung
für die Vergütung der Vertretungskraft möglich sein müsse und es nicht ausreiche, dass
die Vergütung aus dem von dem Finanzministerium zur Verfügung gestellten
Gesamttopf genommen werde.
72
c)Nach Auffassung der Kammer ist der Klägerin darin zu folgen, dass es auf die
tatsächlich zur Verfügung stehenden Mittel, die durch die vorübergehende Abwesenheit
eines Stelleninhabers freigeworden sind, ankommt, sowie darauf, ob diese Mittel zur
Vergütung der Vertretungskraft ausreichen. Verzichtbar erscheint der Kammer dabei
lediglich die Berücksichtigung von Zahlungen aufgrund persönlicher Besonderheiten
(wie z.B. Familienstand, Anzahl der Kinder etc.), da diese von den jeweiligen
persönlichen Umständen abhängen, Veränderungen unterliegen können und somit
nicht sicher kalkulierbar sind. Auch ist es nach Auffassung der Kammer nicht
erforderlich, dass buchungstechnisch nachvollziehbar dokumentiert sein muss, dass die
Vertretungskraft zulasten eines bestimmten Kontos und dort eigens ausgewiesener
freigewordener Mittel vergütet wird. Eine "Entnahme" der Mittel aus einem Gesamttopf
genügt, sofern sichergestellt ist, dass diesem Topf nicht mehr entnommen wird, als die
für eine bestimmte Stelle freigewordenen Mitteln hergeben. Dies erfordert einen
Vergleich zwischen der generell (ohne individuelle Besonderheiten) für die Besetzung
einer Stelle mit einer bestimmten Wertigkeit tatsächlich benötigten Mittel mit den
tatsächlich wegen Nichtbeanspruchung einer Stelle freigewordenen Mitteln. Dies ist,
wie die Klägerin zu Recht herausstellt, innerhalb eines Vergütungssystems nach dem
BAT oder TV-L etc. unproblematisch, da sich der zur Verfügung stehende Betrag schon
aus der Vergütungsgruppe ergibt. Auch bei einem Vergleich zwischen Vergütungen
73
verschiedener Vergütungssysteme, wie es bei der Beamtenbesoldung und der
Angestelltenvergütung nach BAT oder TV-L der Fall ist, reicht das Abstellen auf
Besoldungs- und Vergütungsgruppen dann aus, wenn deren (abstrakte) Wertigkeiten so
weit auseinanderliegen, dass sich auch ohne konkrete Berechnung die Aussage treffen
lässt, dass die freigewordenen Mittel in jedem Fall über den benötigten Mitteln liegen
müssen oder umgekehrt, dass sie in keinem Falle ausreichend sein können. Bei einer
nah beieinanderliegend oder als identisch anzusehenden abstrakten Wertigkeit der zu
vergleichenden Beamtenstelle mit einer Angestelltenposition ist demgegenüber auf die
konkreten Mittel, die benötigt werden und die konkret zur Verfügung stehenden Mittel
abzustellen, andernfalls dem Umstand, dass der öffentliche Arbeitgeber keine
Verpflichtungen eingehen darf, die haushaltsrechtlich nicht gedeckt sind, nicht
Rechnung getragen werden könnte. Nach dem von bloßen Wertigkeitszuordnungen
ausgehenden Berechnungssystem der Beklagten stellt sich das Erfordernis, dass
ausreichende Mittel zur Vergütung der Vertretungskraft tatsächlich zur Verfügung stehen
müssen, genau genommen als "nicht so ganz ernst zu nehmen" dar, was unter anderem
auch im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht gerechtfertigt sein
kann.
d)Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien in der letzten mündlichen
Verhandlung am 09.09.2010 waren weder die Bezüge der Frau I. noch die der Frau H.
ausreichend, um die Vergütung der Klägerin - einschließlich der insoweit angefallenen
Arbeitgeberanteile - aus dem Jahre 2009 damit zu bestreiten. Bezüglich des
Stellenanteils der Frau H. war dies bereits nach dem schriftsätzlichen Vorbringen und
den Betragsangaben des beklagten Landes im Schriftsatz vom 23.08.2010 unstreitig.
Bei Frau I. gelangt das beklagte Land nur dann zu einer ausreichenden Deckung, wenn
man die Arbeitgeberanteile bei der Vergütung der Klägerin außer Betracht lässt
und/oder die Bezüge der Frau I. um einen fiktiven 30%-igen Versorgungszuschlag
erhöht. Beides ist indes nach Auffassung der Kammer nicht möglich, da dies nicht die
tatsächliche Kostenlast und Mittelverfügbarkeit widerspiegelt. Von daher können die an
eine Haushaltsmittelbefristung zu stellenden Anforderungen hier nicht als erfüllt
angesehen werden, wobei dahingestellt bleiben kann, ob es zulässig ist, wie
beklagtenseits vertreten, die (unterschiedlich hohen) Mittel aus zwei Stellenanteilen
zusammenzurechnen, um damit einen haushaltsrechtlichen Befristungsgrund auch für
denjenigen Stellenanteil zu begründen, bei dem er - in isolierter Betrachtungsweise - an
sich nicht gegeben wäre.
74
2.Auch der Befristungsgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 S. 2 Ziff. 3 TzBfG ist
vorliegend nicht gegeben.
75
a)Der Sachgrund der Vertretung setzt einen Kausalzusammenhang zwischen dem
zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters voraus. Die
Anforderungen an die Darlegung des Kausalzusammenhangs durch den Arbeitgeber
richten sich dabei nach der Form der Vertretung. In den Fällen der unmittelbaren
Vertretung hat der Arbeitgeber darzulegen, dass der Vertreter nach dem Arbeitsvertrag
mit Aufgaben betraut worden ist, die zuvor dem vorübergehend abwesenden
Arbeitnehmer übertragen waren. Wird die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen
Arbeitnehmers nicht von dem Vertreter, sondern einem anderen Arbeitnehmer oder
mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt (mittelbare Vertretung), hat der Arbeitgeber
zum Nachweis des Kausalzusammenhanges grundsätzlich die Vertretungskette
zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen (vgl. so z.B. BAG v.
24.05.2006 - 7 AZR 640/05 - m.w.N.). Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer
76
Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt ausgeübt hat,
besteht der erforderliche Kausalzusammenhang, wenn der Arbeitgeber rechtlich und
tatsächlich in der Lage wäre, dem Vertretenen die Aufgaben des Vertreters zuzuweisen.
Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber nach dem Arbeitsvertrag berechtigt wäre, dem
vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Weiterarbeit oder nach
seiner Rückkehr nicht dessen bisherige Tätigkeit, sondern den Aufgabenbereich des
Vertreters zuzuweisen (BAG v. 20.01.2010 - 7 AZR 542/08 - m.w.N.; BAG v. 25.03.2009
- 7 AZR 34/08 - m.w.N.).
b)Weder eine unmittelbare Vertretung noch eine mittelbare Vertretungskette hat das
beklagte Land dargetan. Das beklagte Land stellt ab auf die zuletzt genannte Variante
der nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts insgesamt möglichen
Vertretungsformen. Bei dieser Vertretungsform ist zwar nicht grundsätzlich
ausgeschlossen, dass ein Vertreter mehrere Stammkräfte vertritt, so z.B., wenn eine in
Vollzeit beschäftigte Vertretungskraft ein bestimmtes Aufgabengebiet abdeckt, dieser
Vertretungskraft zwei zu vertretende Teilzeitkräfte gedanklich zugeordnet werden, und
dieses Aufgabengebiet bei deren Rückkehr problemlos aufgeteilt und nunmehr diesen
zwei Teilzeitkräften jeweils zur anteiligen Wahrnehmung zugewiesen werden kann.
Auch ist denkbar, dass die Aufgaben mehrerer in Teilzeit beschäftigter Vertreter einer
einzigen in Vollzeit beschäftigten Stammkraft gedanklich zugeordnet werden, so z.B.,
wenn der Aufgabenbereich von zwei Teilzeitvertretungskräften problemlos zu einem
Vollzeitarbeitsplatz zusammengeführt werden kann, welcher der zu vertretenden
Vollzeitkraft im Falle ihrer Rückkehr vom Arbeitgeber dann zulässigerweise zugewiesen
werden könnte. Die Besonderheit des hier vorliegenden Falles besteht darin, dass
mehrere Vollzeit- oder auch Teilzeitarbeitsplätze gedanklich mehreren zu vertretenden
Stammkräften zu einem insoweit jeweils festgelegten Anteil zugeordnet werden, wie im
Falle der Klägerin, die mit der Hälfte ihrer Arbeitszeit Frau I. und der anderen Hälfte Frau
H. vertritt, wobei Frau I. mit einem weiteren Viertel von Frau K. vertreten wird und das
restliche Viertel auf Frau S.-Q. entfällt. Die andere Hälfte der Arbeitszeit zur Vertretung
von Frau H. entfällt zu je ¼ auf die Mitarbeiterinnen K. und S.-Q.. Letztere vertritt mit der
Hälfte ihrer Arbeitszeit außerdem Frau E., die von Frau L. zu einem weiteren hälftigen
Anteil vertreten wird.
77
c)Zu berücksichtigen ist in einem Fall, wie dem vorliegenden, dass der Aufgabenbereich
des Vertreters dem Vertretenen bei dessen Rückkehr nicht so ohne Weiteres
zugewiesen werden könnte - im Falle der Klägerin müsste bei einer Rückkehr der Frau
I. der gesamte bisherige Aufgabenbereich der Klägerin irgendwie halbiert werden - so
z.B. zeitlich oder inhaltlich durch Herausnahme einzelner Aufgaben. Bei den
Mitarbeiterinnen K. und S.-Q. hätte Gleiches im Hinblick auf deren ¼-Stellenanteil, die
diesen zur Vertretung der Frau I. zugewiesen sind, zu geschehen. Diese aus drei
Stellenanteilen entnommenen Aufgaben müssten sodann zu einer neuen, für die
Mitarbeiterin I. zu schaffenden Stelle zusammengefasst werden, wobei darauf zu achten
ist, dass ein amtsangemessener Dienstposten entsteht. Gleiches gilt für die Rückkehr
der Frau H., bei der die Stellenanteile entsprechend vergeben worden sind.
78
d)Zu berücksichtigen ist weiter, dass die restlichen Stellenanteile, die nach einer
Herauslösung von Stellenanteilen im zuvor beschriebenen Sinne zur Schaffung eines
Arbeitsplatzes bei Rückkehr der insoweit vertretenen Vollzeitkraft übrig bleiben,
ihrerseits den insoweit zusätzlich vertretenen Stammkräften zugewiesen und zu einem
vergütungsgruppenangemessenen neuen Arbeitsplatz zusammengefasst werden
mussten.
79
Da die Wertigkeiten bei den Vergütungs- bzw. Besoldungsgruppen der vertretenen
Stammkräfte unterschiedlich sind, ist es bei diesem "Vertretungsgeflecht" bereits
rechnerisch schwierig festzustellen, ob man für die jeweils vertretenen Stammkräfte bei
deren Rückkehr aus den einzelnen Stellenanteilen der Vertreter einen
vergütungsgruppen- bzw. amtsangemessenen Arbeitsplatz bzw. Dienstposten schaffen
könnte, ohne damit dann jeweils den zusätzlich vertretenen Kräften die Möglichkeit zu
deren vergütungsgruppen- bzw. amtsangemessenen Beschäftigung im Falle ihrer
Rückkehr zu nehmen.
80
Zu berücksichtigen ist weiter, dass der hier je nach Vergütungsgruppe maximal oder
minimal mögliche Anteil an leichten bzw. schwierigen Tätigkeiten nichts darüber
aussagt, in welchem Umfang innerhalb dieser Spanne das Aufgabengebiet des
Vertreters tatsächlich schwierige bzw. leichte Tätigkeiten umfasst, die dem Vertretenen
im Falle seiner Rückkehr dann zur Wahrnehmung durch ihn übertragen bzw. unter
mehreren Vertretenen aufgeteilt werden könnten.
81
Das hier in Rede stehende "Vertretungsgeflecht" ist genau genommen nicht mehr als
die Zuweisung zwei oder dreifach gesplitteter freier Stellenkontingente auf dem Papier,
nicht aber ein Vertretungsfall, wie er vom Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) für den Fall
bejaht wird, dass der befristet beschäftigte Mitarbeiter einen Aufgabenbereich
wahrnimmt, den der vertretene Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt wahrgenommen hat, der
ihm indes bei seiner Rückkehr rechtlich und tatsächlich zugewiesen werden könnte.
82
Der Berufung der Klägerin konnte nach alledem der Erfolg nicht versagt bleiben.
83
II.Die Kosten des Rechtsstreits hat das beklagte Land nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.
84
III.Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 ArbGG zuzulassen.
85
RECHTSMITTELBELEHRUNG
86
Gegen dieses Urteil kann vonder beklagten Partei
87
R E V I S I O N
88
eingelegt werden.
89
Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
90
Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
91
Bundesarbeitsgericht
92
Hugo-Preuß-Platz 1
93
99084 Erfurt
94
Fax: 0361-2636 2000
95
eingelegt werden.
96
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
97
Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als
Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
98
1.Rechtsanwälte,
99
2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse
solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse
mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
100
3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in
Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person
ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer
Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer
Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die
Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
101
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift
unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
102
Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
103
* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
104
(Dr. Stoltenberg)(Mager)(Schemberg)
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