Urteil des LAG Düsseldorf vom 30.01.2009

LArbG Düsseldorf: neues vorbringen, materielle rechtskraft, verschlechterung des gesundheitszustandes, anspruch auf beschäftigung, arbeitsgericht, juristische person, eigenes verschulden, mobbing

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Schlagworte:
Normen:
Sachgebiet:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 9 Sa 1695/07
30.01.2009
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
9. Kammer
Urteil
9 Sa 1695/07
Arbeitsgericht Oberhausen, 3 Ca 360/07
materielle Rechtskraft, Ersatz materieller und immaterieller Schäden
§ 322 Abs. 1 ZPO; §§ 81 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB IX, 280 Abs. 1 S. 1 BGB
Arbeitsrecht
1. Die materielle Rechtskraft eines Urteils, durch das ein Antrag auf
Zahlung eines Schmerzensgeldes abgewiesen wurde, steht der
Zulässigkeit einer Feststellungsklage, mit der der Ersatz zukünftiger
immaterieller Schäden, die aus dem selben Schadensereignis herrühren,
verlangt wird, nicht entgegen. 2. Ist dem Arbeitgeber ein ärztliches Attest
bekannt, aus dem hervorgeht, dass die Arbeitsfähigkeit nur bei
"definiertem Arbeitsanfall" aufrechterhalten werden kann, kann der
schwerbehinderte Arbeitnehmer Ersatz der materiellen und immateriellen
Schäden verlangen, wenn er infolge Übertragung zusätzlicher
Arbeitsaufgaben (erneut) arbeitsunfähig erkrankt.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 15.08.2007 - 3 Ca
360/07 - wird teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger sämtliche zukünftigen
materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen hat, die darauf
beruhen, dass die Beklagte ihm im Jahr 2006 die Aufgabe übertragen
hat, wiederkehrende Prüfungen im Bereich von Sonderbauten
durchzuführen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu ¾ und die Beklagte zu
¼.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Die Parteien streiten über Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche des Klägers.
Der Kläger ist Architekt. Er wurde seit Januar 1995 als technischer Sachverständiger im
Bauordnungsamt der Beklagten beschäftigt.
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Der Kläger befindet sich seit 1997 in psychologischer Behandlung. Er wurde mehrfach
auch stationär behandelt. Gemäß Bescheid vom November 2004 ist er wegen einer
psychischen Erkrankung schwerbehindert. Der Kläger führt seine psychische Erkrankung
auf wiederholte "Mobbing-Handlungen" seiner Vorgesetzten zurück.
Im Jahr 1996 stritten der Kläger und sein Vorgesetzter, Herr S., darüber, ob Beschwerden
über die Arbeitsweise des Klägers berechtigt seien. Nachdem der Kläger einen ihm von
seinem ehemaligen Vorgesetzten versprochenen Stellplatz für seinen Pkw nicht erhalten
hatte, setzte er ab 1998 seinen Pkw nicht mehr bei der Wahrnehmung von
Außendienstterminen ein. Der Amtsleiter, der deshalb dem Personalamt mitgeteilt hatte,
der Kläger sei aus seiner Sicht im Bauordnungsamt nicht länger tragbar, wurde daraufhin
belehrt, dass der Kläger nicht verpflichtet sei, sein eigenes Kfz einzusetzen. Ab 1999 war
der Kläger für einen Bezirk zuständig, in dem erheblich mehr Fallzahlen als in den übrigen
Bezirken anfielen, bis er schließlich sein Sachgebiet vollständig mit dem einer Kollegin
tauschen konnte. Mit Schreiben vom 09.05.2001 beschwerte sich der Kläger u. a. beim
Personalrat darüber, dass Herr S. sich während eines Beratungsgesprächs mit einer alten
Dame mit der Kollegin, mit der er das Dienstzimmer teile, unterhalten habe.
Der Kläger beantragte schließlich mehrfach ein Einzelbüro, zuletzt am 20.02.2004. Nach
Schaffung eines Service-Center-Bauen wurde ihm ein Arbeitsplatz in diesem Bereich in
einem Großraumbüro zugewiesen. Mit einem am 15.10.2004 bei dem Arbeitsgericht
Oberhausen eingegangenen Schriftsatz erhob der Kläger Klage mit dem Antrag, die
Beklagte zu verurteilen, ihm ein geeignetes Einzelbüro zur Verfügung zu stellen. Mit einem
weiteren Schriftsatz vom 07.03.2005 legte der Kläger u. a. ein ärztliches Attest des
Internisten Dr. H.-I. vom 27.09.2004 vor. Darin werden als Dauerdiagnosen angegeben:
"1.Angst und depressive Störungen mit akuter schubweise verlaufender und
fortschreitender Chronifizierung,
2.Neurasthenie,
3.generalisierte-besonders kardiale und gastrale Somatisierungsstörung."
Weiter führt der Arzt in der Bescheinigung aus:
"Aufgrund einer mehrjährigen hausärztlichen Betreuung sehe ich mittlerweile einen
schweren progredient-chronifizierenden Krankheitsprozess, der erfahrungsgemäß
langfristig durchaus zu chron. organischen Erkrankung (z. B. Magen-Herz) führen kann.
Diese Einschätzung wurde auch fachärztlich psychiatrisch während einer stationären
Reha.Behandlung in einer psychiatrisch/psychosoma-
tischen Klinik vom 28.07. - 08.09.2004 festgestellt. …"
Nach anfänglicher Weigerung ließ sich der Kläger nun auch amtsärztlich untersuchen. Mit
Schreiben vom 24.03.2005 wurde der Beklagten folgende "Zusammenfassung und
Beurteilung" der Untersuchung mitgeteilt:
"Aus medizinisch psychiatrischer Sicht liegt bei Herrn Q. eine schizoid narzisstische
Persönlichkeitsstörung mit aktuellen Anpassungsstörungen mit Angst und Depressionen
sowie Somatisierungsstörung vor. Unter dieser Situation kam es in der Vergangenheit des
Herrn Q. zu mehrfachen akuten Symptomentwicklungen im Sinne der
Somatisierungsstörung bzw. der Entwicklung einer Depression. Zum jetzigen Zeitpunkt
stellt sich die Situation für Herrn Q. so dar, dass unter idealtypischen Bedingungen
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(Erlangung eines Einzelbüros) bei definiertem Arbeitsanfall eine Arbeitsfähigkeit
aufrechterhalten werden kann. Sollte diesem nicht entsprochen werden können, ist eine
deutliche Verschlechterung der Symptomatik mit erneuter Symptomentwicklung absehbar.
Unter den oben genannten Bedingungen ist jedoch zumindest für einen jetzt absehbaren
Zeitraum eine Arbeitsfähigkeit meines Erachtens noch aufrechthaltbar."
Am 15.06.2005 einigten sich die Parteien vor dem Arbeitsgericht Oberhausen, dass die
Beklagte dem Kläger nach Rückkehr aus einer Rehabilitation ein Einzelbüro zur Verfügung
stellt.
Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt bereits seit Juni 2004 krankheitsbedingt
arbeitsunfähig. Im Oktober 2005 nahm er seine Tätigkeit bei der Beklagten wieder auf. Der
Amtsleiter verfügte zunächst, der Kläger solle bis auf weiteres nur Innendienst erledigen.
Mit Anwaltsschreiben vom 24.11.2005 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihn
vertragsgemäß zu beschäftigen. Daraufhin wurde bestimmt, dass der Kläger ab dem
01.01.2006 die bisherigen Aufgaben der Kollegin S. aus dem Bereich Sonderbau
übernimmt. Die Beschränkung auf den Innendienst wurde aufgehoben. Der von Frau S.
übernommene Bereich betraf die Genehmigung von Sonderbauten für Schulen.
Im Februar 2006 erklärte der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers diesem, er solle auch
die wiederkehrenden Prüfungen für die Schulen übernehmen und übergab ihm eine Liste
mit zu prüfenden Schulen. Der Kläger forderte eine schriftliche Anweisung, die ihm
handschriftlich mit Datum vom 09.02.2006 erteilt wurde. Er führte zwei wiederkehrende
Prüfungen durch. Ab April 2006 bis April 2007 war er erneut arbeitsunfähig krank. Danach
arbeitete er wieder. Wiederkehrende Prüfungen im Bereich Schulen musste er nicht mehr
erledigen.
Nach Angaben des Klägers ist sein Krankheitszustand inzwischen chronifiziert. Zurzeit ist
er wieder arbeitsunfähig krank.
Die vorliegende Klage ist am 26.02.2007 bei dem Arbeitsgericht Oberhausen eingegangen.
Mit Schriftsatz vom 24.04.2007 hat der Kläger die Klage erweitert auf die Feststellung
zukünftiger materieller und immaterieller Schäden. Er hat zuletzt beantragt,
1.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes
Schmerzensgeld/Entschädigung zu zahlen, welches der Höhe nach in das Ermessen des
Gerichts gestellt wird;
2.festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger auch sämtliche zukünftigen materiellen und
immateriellen Schäden zu ersetzen hat, welche auf den streitgegenständlichen Mobbing-
Handlungen beruhen, soweit dem Klageantrag zu Ziffer 1. stattgegeben wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Oberhausen hat durch Urteil vom 15.08.2007, auf dessen Inhalt Bezug
genommen wird, die Klage abgewiesen.
Gegen das ihm am 07.09.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am Montag, den
08.10.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt
und diese mit einem am 07.11.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen
Schriftsatz begründet.
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Im Verhandlungstermin am 18.01.2008 hat der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 15.08.2007
- 3 Ca 360/07 - aufzuheben und
1.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes
Schmerzensgeld/Entschädigung zu zahlen, welches der Höhe nach in das Ermessen des
Gerichts gestellt wird,
2.festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger auch sämtliche zukünftigen materiellen und
immateriellen Schäden zu ersetzen hat, welche auf den streitgegenständlichen Mobbing-
Handlungen beruhen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Landesarbeitsgericht hat durch Teilurteil vom 15.02.2008 die Berufung des Klägers
gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen zurückgewiesen, soweit das
Arbeitsgericht den Antrag zu 1) abgewiesen hat. Auf den Inhalt des Urteils wird Bezug
genommen.
Nachdem der Kläger durch das Berufungsgericht darauf hingewiesen wurde, dass der
Antrag zu 2) nicht hinreichend bestimmt sein dürfte, hat er im Verhandlungstermin am
30.01.2009 beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 15.08.2007
- 3 Ca 360/07 - abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger sämtliche
zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen hat, die darauf beruhen,
dass die Beklagte
1.ihm in den Jahren 1995/1996 keinen Dienstparkplatz zur Verfügung gestellt hat;
2.ihm im Schreiben vom 11.03.1996 vorgeworfen hat, Vorgänge zu lange liegen zu lassen,
weshalb es schon vermehrt Beschwerden aus der Bürgerschaft gegeben habe;
3.ihn in den Jahren 2000 - 2002 aufgrund der von ihm zu erledigenden Fallzahlen mit
Arbeit überlastet hat;
4.ihm erst nach Erhebung einer Klage vor dem Arbeitsgericht Oberhausen ein Einzelbüro
zur Verfügung gestellt hat;
5.im Jahr 2005 angeordnet hat, dass er keine Außendiensttätigkeiten wahrnimmt;
6.ihm im Jahr 2006 die Aufgabe übertragen hat, wiederkehrende Prüfungen im Bereich von
Sonderbauten durchzuführen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung auch hinsichtlich des Antrags zu 2. zurückzuweisen.
Nach Erörterung hat der Kläger die Berufung teilweise zurückgenommen.
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Er beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 15.08.2007 - 3 Ca 360/07 - teilweise
abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger sämtliche zukünftigen
materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen hat, die darauf beruhen, dass die
Beklagte ihm im Jahr 2006 die Aufgabe übertragen hat, wiederkehrende Prüfungen im
Bereich von Sonderbauten durchzuführen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung auch insoweit zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt - unbestritten - vor, die mit dem Bereich "wiederkehrende Prüfungen"
befasste Mitarbeiterin sei ausgelastet gewesen. Dies sei der Grund gewesen, weshalb der
unmittelbare Vorgesetzte des Klägers diesem die wiederkehrenden Prüfungen für Schulen
übertragen habe. Anschließend habe der Vorgesetzte diesen Aufgabenbereich selbst
wahrgenommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze und den sonstigen
Akteninhalt Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.
1.Nachdem der mit dem Antrag zu 2) zuletzt vom Kläger noch geltend gemachte Anspruch
zur Endentscheidung reif ist, hatte das Berufungsgericht
hierüber durch Schlussurteil zu entscheiden.
2. a)Mit dem Antrag zu 2) hat der Kläger die Klage in der Berufungsinstanz erweitert. Da er
vor dem Arbeitsgericht den Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte ihm Ersatz für
zukünftige materielle und immaterielle Schäden zu leisten hat, nur für den Fall des
Obsiegens mit dem Antrag zu 1) gestellt und das Arbeitsgericht diesen Antrag abgewiesen
hat, ist der Feststellungsantrag in der ersten Instanz nicht zur Entscheidung angefallen. In
der Berufungsbegründungsschrift hat der Kläger den Antrag erneut und als Hauptantrag
gestellt. Darin liegt eine Klageerweiterung.
b)Es handelt sich um eine zulässige nachträgliche Klagehäufung. Nach § 533 ZPO, der
auch im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren Anwendung findet (§ 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG), ist eine Klageänderung in der Berufungsinstanz nur zulässig, wenn 1. der Gegner
einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und 2. diese auf Tatsachen gestützt
werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die
Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Die nachträgliche Klagehäufung
(§ 260 ZPO) ist wie eine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO zu behandeln
(BAG vom 12.09.2006, AP Nr. 1 zu § 611 BGB Personalakte; BGH vom 27.09.2006, NJW
2007, Seite 2414). Die Voraussetzungen des § 264 ZPO sind nicht erfüllt. Nach dem allein
in Betracht kommenden § 264 Nr. 2 ZPO ist es als Änderung der Klage nicht anzusehen,
wenn der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert
oder beschränkt wird. Erfasst sind damit Erweiterungen und Beschränkungen des
Klageantrags, die den bisherigen Streitgegenstand nicht durch einen anderen ersetzen,
sondern nur quantitativ oder qualitativ modifizieren (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 264
Rdnr. 3).
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Rdnr. 3).
Mit dem Antrag zu 2) wird ein weiterer Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt.
Soweit der Kläger den Ersatz zukünftiger materieller Schäden begehrt, folgt dies schon
daraus, dass er mit dem Antrag zu 1. lediglich ein Schmerzensgeld bzw. eine
Entschädigung, also den Ersatz eines immateriellen Schadens, verlangt hat. Aber auch
soweit der Kläger mit dem Antrag zu 2) den Ersatz zukünftiger immaterieller Schäden
begehrt, handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand. Denn der Klagegrund ist nicht
identisch. Die Ersatzpflicht für zukünftige immaterielle Schäden hängt davon ab, ob dem
Kläger in der Zukunft immaterielle Schäden entstehen, während der mit dem Antrag zu 1)
verfolgte Ersatzanspruch wegen bereits eingetretener immaterieller Schäden geltend
gemacht wurde.
Die Zulassung der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz ist sachdienlich.
Sachdienlichkeit i. S. d. §§ 533, 263 ZPO liegt vor, wenn der bisherige Prozessstoff als
Entscheidungsgrundlage verwertbar bleibt und durch die Zulassung der Klagehäufung ein
neuer Prozess vermieden wird (BAG vom 12.09.2006, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind
erfüllt. Der Kläger stützt den Antrag zu 2) auf dieselben Tatsachenbehauptungen wie den
Antrag zu 1).
Darüber hinaus sind auch die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO erfüllt. Ob und
inwieweit eine Klageänderung nach § 533 Nr. 2 ZPO zulässig ist, richtet sich im
arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren nicht nach § 529 i. V. m. § 531 ZPO, sondern nach
der Spezialregelung des § 67 ArbGG (BAG vom 25.01.2005, AP Nr. 22 zu § 1 AEntG).
Ihrem Wortlaut nach befasst sich diese Vorschrift mit Vorbringen, hinsichtlich dessen die
Verspätungsregeln erster Instanz eingreifen. Wurde danach Vorbringen im ersten
Rechtszug zu Recht zurückgewiesen, verbleibt es dabei auch im Berufungsrechtszug.
Ansonsten ist die Verwertung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel zulässig, soweit
dadurch der Rechtsstreit nicht verzögert wird (§ 67 Abs. 2 bis 4 ArbGG). Neues Vorbringen
in der zweiten Instanz, das unstreitig bleibt, ist danach zu berücksichtigen, weil seine
Berücksichtigung nicht zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen kann (BAG vom
25.01.2005, a.a.O.).
Nach diesen Grundsätzen sind die zur Begründung des Antrags zu 2) im
Berufungsverfahren vom Kläger erstmals vorgetragenen Tatsachen zu berücksichtigen,
soweit die Beklagte sie nicht substantiiert bestritten hat und sie damit als unstreitig zu
behandeln sind (§ 138 ZPO). Dieses Tatsachenvorbringen und das erstinstanzliche
Vorbringen zur Klage, das ohne weiteres berücksichtigungsfähig ist, ermöglichen bereits
eine Entscheidung über den Klageantrag zu 2) in seiner zuletzt gestellten Fassung. Eine
Verzögerung des Rechtsstreits tritt durch die Zulassung mithin nicht ein.
Die Vertagung des Berufungsverfahrens wegen des Antrags zu 2) nach dem
Verhandlungstermin am 18.01.2008 beruht nicht darauf, dass das Berufungsgericht neues
Vorbringen entgegen § 533 Nr. 2 ZPO i. V. m. § 67 ArbGG zugelassen hat. Vielmehr ist das
Berufungsgericht zum damaligen Zeitpunkt davon ausgegangen, dass der Kläger den
Antrag zu 2) vor dem Arbeitsgericht als Hauptantrag gestellt hat, weil aus dem Tatbestand
des erstinstanzlichen Urteils nicht hervorging, dass der Antrag zu 2) als uneigentlicher
Hilfsantrag gestellt war. Die Berichtigung des Tatbestands auf Antrag der Beklagten ist erst
zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.
3.Der Antrag zu 2) ist in der zuletzt gestellten Fassung zulässig.
a)Er bedarf allerdings der Auslegung. Bei Zweifeln hat das Gericht den erklärten Willen zu
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erforschen, wie er aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage
hervorgeht (BAG vom 19.02.2008, AP Nr. 69 zu Art. 33 Abs. 2 GG). Es ist zweifelhaft,
welche Schäden mit dem Begriff "zukünftige Schäden" nach dem Willen des Klägers von
dem Antrag erfasst sind. Er hat sich hierzu nicht ausdrücklich erklärt. Aus seiner
Interessenlage ergibt sich jedoch, dass als "zukünftige Schäden" alle Schäden in den
Antrag einbezogen sind, die er nach Beendigung seiner bis April 2007 dauernden
Erkrankung und der Zustellung des klageerweiternden Schriftsatzes vom 24.04.2007 bei
der Beklagten (§ 166 ZPO) oder des tatsächlichen Zugangs (§ 189 ZPO) erlitten hat und in
Zukunft noch erleidet. Denn zum Zeitpunkt des Eingangs des klageerweiternden
Schriftsatzes bei dem Arbeitsgericht Oberhausen war die bis April 2007 dauernde
Krankheitsphase abgeschlossen oder jedenfalls war ihr Ende absehbar. Die Einbeziehung
zukünftiger Schäden in die Klage konnte daher nur den Sinn und Zweck haben, solche
Schäden zu berücksichtigen, die bei einer etwaigen weiteren Erkrankung zu einem
späteren Zeitpunkt eintreten. Eine Leistungsklage konnte also noch nicht erhoben werden.
Der Antrag zu 2) ist daher so auszulegen, dass die Feststellung einer
Schadensersatzpflicht der Beklagten für alle materiellen und immateriellen Schäden
begehrt wird, die der Kläger nach dem Zeitpunkt erlitten hat oder noch erleidet, zu dem sein
klageerweiternder Schriftsatz vom 24.04.2007 der Beklagten zugegangen ist, jedoch ohne
Berücksichtigung der bis April 2007 dauernden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit.
Bei Zugrundelegung dieser Auslegung ist der Antrag zu 2) hinreichend bestimmt (§ 253
Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Nachdem der Kläger die den Schadensersatzanspruch begründenden
Tatsachen im Antrag konkretisiert und einen Teil des Antrags zurückgenommen hat, ist
auch klar umrissen, wegen welcher Handlung die Schadensersatzpflicht der Beklagten
festgestellt werden soll.
b)Der Antrag zu 2) ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Gegenstand einer
Feststellungsklage können auch einzelne Ansprüche sein, also auch ein Anspruch auf
Ersatz materieller und immaterieller Schäden. Ebenso ist das Feststellungsinteresse des
Klägers zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des BAG und des BGH liegt das rechtliche
Interesse an der alsbaldigen Feststellung bereits dann vor, wenn der Schadenseintritt
möglich ist, auch wenn Art und Umfang sowie der Zeitpunkt des Eintritts noch ungewiss
sind. Das Feststellungsinteresse ist nur zu verneinen, wenn aus der Sicht des
Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund gegeben ist, mit dem Eintritt eines
Schadens wenigstens zu rechnen (BAG vom 13.02.2007, AP Nr. 19 zu § 823 BGB; BGH
vom 09.01.2007, NJW-RR 2007, S. 601). Danach besteht das Feststellungsinteresse. Denn
aus dem Attest des Hausarztes Dr. H.-I. vom 27.09.2004 geht hervor, dass die psychische
Erkrankung des Klägers andauern und sich verschlimmern und darüber hinaus zu
organischen Gesundheitsbeeinträchtigungen führen kann.
Eine Umstellung auf eine Leistungsklage für den Zeitraum bis zur Entscheidung des
Berufungsgerichts war nicht notwendig. Grundsätzlich hat eine Leistungsklage zwar
Vorrang vor der Feststellungsklage, wenn der Anspruch beziffert werden kann. Da aber der
Antrag zu 2) weiterhin jedenfalls teilweise zukunftsbezogen ist, ist der Kläger nicht
gezwungen, ihn hinsichtlich des in der Vergangenheit liegenden Zeitraums in einen
Leistungs- und bezogen auf die Zukunft in einen Feststellungsantrag zu spalten (BAG vom
18.04.2007, AP Nr. 53 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag).
c)Der Antrag zu 2) ist nicht deshalb unzulässig, weil über ihn schon durch das Teilurteil des
Berufungsgerichts vom 15.02.2008 rechtskräftig entschieden wurde. Soweit der Kläger den
Ersatz zukünftiger materieller Schäden begehrt, folgt dies bereits daraus, dass er mit
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seinem Antrag zu 1) lediglich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines
Schmerzensgeldes bzw. einer Entschädigung geltend gemacht hat. Das Berufungsgericht
hat den Antrag dahin ausgelegt, dass er damit eine Entschädigung wegen eines
immateriellen Schadens verlangt hat. Soweit der Kläger mit dem Antrag zu 2)
Schadensersatz für materielle Schäden begehrt, liegt mithin ein anderer Streitgegenstand
vor.
Dasselbe trifft aber auch für den Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden zu. Nach der
Rechtsprechung des BGH gebietet es der Grundsatz der Einheitlichkeit des
Schmerzensgeldes zwar, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruchs
aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände
unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu
bemessen (BGH vom 14.02.2006, NJW-RR 2006, S. 712; BGH vom 20.01.2004, NJW
2004, S. 1243). Grundlage für einen Anspruch auf ein weiteres Schmerzensgeld können
aber solche Verletzungsfolgen sein, die zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht eingetreten
waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, mit denen also nicht oder nicht
ersichtlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung
des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben müssen. Sie werden von der vom Gericht
ausgesprochenen Rechtsfolge nicht umfasst (BGH vom 14.02.2006, a.a.O.).
Für den vorliegenden Streitfall bedeutet dies, dass die rechtskräftige Abweisung des
Antrags zu 1) dem Anspruch des Klägers auf Schadensersatz für zukünftige immaterielle
Schäden nicht entgegensteht. Denn die Entwicklung der Erkrankung des Klägers war zu
dem Zeitpunkt, zu dem er den Feststellungsantrag klageweise geltend gemacht hat,
zumindest nicht in der konkreten Ausprägung erkennbar und ist es auch derzeit hinsichtlich
der weiteren Zukunft nicht. Hiervon ist jedenfalls auszugehen, da weder der Kläger noch
die Beklagte Tatsachen vorgetragen haben, aus denen hervorgeht, dass zur Zeit der
Erweiterung der Klage absehbar war, wie sich der Gesundheitszustand des Klägers
entwickelt. Auch hinsichtlich der weiteren Zukunft stehen die Einzelheiten der
Krankheitsentwicklung noch nicht fest. Das rechtskräftige Teilurteil vom 15.02.2008 umfasst
daher nicht diejenigen Schadensfolgen, die nach dem Zeitpunkt des Zugangs des
klageerweiternden Schriftsatzes vom 24.04.2007 bei der Beklagten eingetreten sind und in
Zukunft möglicherweise noch eintreten werden. Das Teilurteil vom 15.02.2008 hindert das
Berufungsgericht mithin nicht an einer erneuten gerichtlichen Entscheidung.
II.
1.Der Antrag zu 2) ist begründet.
a)Die Beklagte hat dem Kläger etwaige materielle Schäden zu ersetzen, die er nach der
klageweise Geltendmachung des Anspruchs auf Ersatz zukünftiger materieller Schäden
dadurch erlitten hat oder noch erleidet, dass sie ihm durch einen Erfüllungsgehilfen Anfang
des Jahres 2006 die Aufgabe übertragen hat, wiederkehrende Prüfungen im Bereich von
Sonderbauten durchzuführen. Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem
Schuldverhältnis, kann der Gläubiger nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB Ersatz des hierdurch
entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nach § 280 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht, wenn der
Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Ein Verschulden der Personen,
denen er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, hat der Schuldner nach § 278
Satz 1 BGB in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Der
Schadensersatzanspruch des Klägers besteht, weil seine Beschäftigung mit
wiederkehrenden Prüfungen pflichtwidrig war und die Pflichtverletzung von der Beklagten
zu vertreten ist.
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Nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX haben die schwerbehinderten Menschen gegenüber
ihren Arbeitgebern Anspruch auf Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und
Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können, unter Berücksichtigung
der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Damit haben
schwerbehinderte Menschen im bestehenden Arbeitsverhältnis einen klagbaren Anspruch
darauf, im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten so beschäftigt zu werden, dass sie
entsprechend ihrer Vorbildung und ihrem Gesundheitszustand ihre Fähigkeiten und
Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können (BAG vom 03.12.2002,
AP Nr. 2 zu § 81 SGB IX).
Diesen Anspruch hat der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers verletzt. Die Übergabe
einer Liste mit zu prüfenden Schulen, verbunden mit der Aufforderung, diese Aufgabe zu
erledigen, konnte vom Kläger nur unter der Gefahr, dass er erneut arbeitsunfähig erkrankt,
ausgeführt werden. Das ergibt sich aus der amtsärztlichen "Zusammenfassung und
Beurteilung" vom 24.03.2005, nach der der Amtsarzt erklärt hat, die Arbeitsfähigkeit des
Klägers könne nur bei Zuweisung eines Einzelbüros und bei definiertem Arbeitsanfall
aufrechterhalten werden. Nachdem dem Kläger das Aufgabengebiet seiner Kollegin, Frau
S., übertragen wurde, oblag ihm bereits die Erledigung eines bestimmten, umrissenen
Arbeitsgebiets, nämlich die Genehmigung von Sonderbauten für Schulen. Die Weisung an
den Kläger, darüber hinaus die Prüfung von Schulen zu übernehmen, hatte daher die
Übertragung zusätzlicher Aufgaben zum Inhalt. Die vom Amtsarzt für notwendig gehaltene
Einsatzbeschränkung - Übertragung eines Aufgabenbereichs mit "definiertem Arbeitsanfall"
- wurde bei dieser Anordnung nicht beachtet. Die Zuweisung von Aufgaben aus einem
weiteren Arbeitsgebiet führte bei dem Kläger zu einer Erweiterung des Arbeitsanfalls, die
nach dem Inhalt des amtsärztlichen Attests gerade vermieden werden sollte. Damit hatte
die Übertragung von wiederkehrenden Prüfungen von Schulen zur Folge, dass der Kläger
entgegen § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX nicht mehr unter Berücksichtigung seines
Gesundheitszustands beschäftigt wurde.
Die pflichtwidrige Weisung hat auch einen Gesundheitsschaden bei dem Kläger
herbeigeführt. Zivilrechtlich wird nicht danach unterschieden, ob dann, wenn ein Schaden
auf mehreren Ursachen beruht, einzelne Ursachen wesentlicher sind als andere. Das gilt
grundsätzlich auch, wenn eine Ursache für sich allein den Schaden nicht herbeigeführt hat,
es dazu vielmehr des Hinzutretens weiterer Ursachen im Sinne einer kumulativen
Gesamtkausalität bedurfte (BGH vom 15.11.2007, DB 2008, S. 178). Nach diesen
Grundsätzen kann festgestellt werden, dass die Erkrankung des Klägers ab April 2006
zumindest auch darauf beruht, dass ihm von seinem unmittelbaren Vorgesetzten die
Weisung erteilt wurde, wiederkehrende Prüfungen von Schulen zu erledigen. Denn der
Kläger hat im Verhandlungstermin am 18.01.2008 und deutlicher noch im Schriftsatz vom
04.03.2008 dargelegt, dass durch die Übertragung der Zusatzaufgabe letztlich sein weiterer
Rückfall provoziert wurde, weil es dadurch zu einer Doppelbelastung gekommen sei. Die
Beklagte hat zwar stets in Abrede gestellt, dass die Erkrankung des Klägers auf "Mobbing-
Handlungen" von Vorgesetzten beruht. Nicht bestritten hat sie jedoch, dass die Erkrankung
des Klägers ab April 2006 zumindest auch dadurch herbeigeführt wurde, dass ihm
zusätzlich wiederkehrende Prüfungen übertragen wurden.
Die Pflichtverletzung hat die Beklagte zu vertreten. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob
dem unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers der Inhalt der "Zusammenfassung und
Beurteilung" des Amtsarztes vom 24.03.2005 bekannt war. Denn war er ihm bekannt, lag
bei ihm zumindest Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 2 BGB) vor, weil aus dem amtsärztlichen
Attest hinreichend deutlich wird, dass eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes
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des Klägers drohte, wenn seine Beschäftigung nicht in einem Einzelbüro bei definiertem
Arbeitsanfall erfolgt. War ihm der Inhalt der Ausführungen des Amtsarztes dagegen nicht
bekannt, lag ein Organisationsverschulden anderer Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen der
Beklagten vor, denn die Beklagte war nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX verpflichtet, auf
den Gesundheitszustand des Klägers bei seiner Beschäftigung Rücksicht zu nehmen,
womit es ihr auch oblag, ärztliche Hinweise auf gesundheitliche Einsatzbeschränkungen
den Vorgesetzten des Klägers mitzuteilen. Die Beklagte war zudem nach § 84 Abs. 2 SGB
IX verpflichtet, nach der Wiederaufnahme der Arbeit durch den Kläger im Oktober 2005 ein
betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Nach dem Vorbringen der
Parteien kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie dieser Verpflichtung
nachgekommen ist.
Für etwaige zukünftige materielle Schäden, die aus der Verletzung des
Beschäftigungsanspruchs des Klägers resultieren, hat die Beklagte mithin aufzukommen.
Da der Schadensersatzanspruch bereits nach §§ 280 Abs. 1, 278 Satz 1 BGB i. V. m. § 81
Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX besteht, kann dahingestellt bleiben, ob die "Mobbing-Vorwürfe"
des Klägers berechtigt sind und der Anspruch auch unter dem Gesichtspunkt der
Persönlichkeitsverletzung und aus unerlaubter Handlung begründet ist.
b)Der Ersatzanspruch des Klägers erstreckt sich auch auf etwaige zukünftige immaterielle
Schäden. Denn nach § 253 Abs. 2 BGB kann wegen des Schadens, der nicht
Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden, wenn wegen
einer Verletzung der Gesundheit Schadensersatz zu leisten ist.
c)Der Ersatzanspruch ist nicht nach §§ 70 Satz 1 BAT, 37 Satz 1 TVöD (VKA) verfallen.
Wird im Wege der unbezifferten Feststellungsklage geltend gemacht, dass der Arbeitgeber
für zukünftige Schäden als Folge eines Gesundheitsschadens haftet, kommt vor Eintritt
dieser Schäden ein Verfall des Schadensersatzanspruchs nach diesen tarifvertraglichen
Bestimmungen nicht in Betracht. Danach beginnt die sechsmonatige Ausschlussfrist ab
Fälligkeit. Die Fälligkeit tritt nach der Rechtsprechung des BAG bei Schadensersatzan-
sprüchen nicht ein, bevor der Schaden für den Gläubiger feststellbar ist und geltend
gemacht werden kann (BAG vom 25.10.2007, AP Nr. 6 zu § 611 BGB Mobbing). Zu dem
Zeitpunkt, als der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 24.04.2007 den Ersatz zukünftiger
Schäden geltend gemacht hat, konnte er noch keinen bezifferten Zahlungsantrag stellen.
Falls zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung wegen der erneuten
krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers bereits ein Teilanspruch bezifferbar
war, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass die tarifvertragliche Ausschlussfrist bereits
abgelaufen ist.
2.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 92 Abs. 1 ZPO. Zu
berücksichtigen war dabei, dass der Kläger mit dem Antrag zu 1) nicht erfolgreich war und
einen Teil des Antrags zu 2) zurückgenommen hat (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
Die Revision wurde nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.
RECHTSMITTELBELEHRUNG
Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
R E V I S I O N
eingelegt werden.
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Für die klagende Partei ist kein Rechtsmittel gegeben.
Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
Bundesarbeitsgericht
Hugo-Preuß-Platz 1
99084 Erfurt
Fax: 0361 2636 2000
eingelegt werden.
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als
Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1.Rechtsanwälte,
2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher
Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit
vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr.
2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die
Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder eines
anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung
entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der
Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift
unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
HeinleinHebelKöchling