Urteil des LAG Düsseldorf vom 12.06.2003

LArbG Düsseldorf: treu und glauben, kündigung zur unzeit, genehmigung, katholische kirche, bistum, unwirksamkeit der kündigung, begründung der kündigung, öffentliches recht, wiederverheiratung

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 5 Sa 1324/02
Datum:
12.06.2003
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 Sa 1324/02
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Duisburg, 5 Ca 429/02
Schlagworte:
Kirchlicher Genehmigungsvorbehalt für kirchliche Arbeitsverträge,
Kündigung eines Kirchenmusikers in der Probezeit
Normen:
§ 21 VermVerwG NRW, Art. 713 Synodalstatuten der Diözese Essen, §
242 BGB, § 1 KSchG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1) § 21 VermVerwG NRW stellt eine ausreichende
Ermächtigungsgrundlage für kirchliche Genehmigungsvorbehalte dar,
nach denen Arbeitsverträge kirchlicher Arbeitnehmer der Genehmigung
des zuständigen Bistums bedürfen. 2) Die Kündigung eines
Kirchenmusikers in der Wartezeit des § 1 KSchG ist nicht deshalb
rechtsmissbräuchlich i. S. d. § 242 BGB, weil sie wegen einer
Wiederverheiratung nach vorhergehender Scheidung des Mitarbeiters
erfolgt ist. Dies gilt auch dann, wenn er vor Arbeitsbeginn nicht
entsprechend der "Grundordnung der Katholischen Kirche für den
kirchlichen Dienst im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" befragt
worden ist.
Tenor:
1) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsge-
richts Duisburg vom 20.09.2002 - 5 Ca 429/02 - wird zurück-
gewiesen; die weitergehende Klage gemäß Antrag vom
06.01.2003 wird abgewiesen.
2) Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3) Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
T A T B E S T A N D :
1
Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob zwischen dem Kläger und den
Beklagten zu 1) und 2) ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist bzw. ob dies durch
eine Kündigung der Beklagten zu 1) und 2) rechtswirksam beendet wurde.
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Der am 07.03.1959 geborene Kläger wurde am 26.03.1983 mit einer damals knapp 19-
jährigen Frau getraut. Diese Ehe, aus der zwei Kinder hervorgingen, wurde später
wieder geschieden.
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Am 01.08.1994 heiratete der Kläger seine jetzige Ehefrau und ließ sich nach russisch-
orthodoxem Ritus auch kirchlich trauen. Der Kläger und seine Ehefrau haben drei
Kinder im Alter zwischen vier und acht Jahren.
4
Ab dem 15.07.1995 wurde der Kläger als Kirchenmusiker in St. N. I.in C. (Bistum B.)
zunächst befristet beschäftigt. Mit Vertrag vom 25./29.08.2000 (Bl. 38 ff. d. A.)
vereinbarten die damaligen Vertragsparteien eine unbefristete Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses mit einem Beschäftigungsumfang von 100 %.
5
Anfang des Jahres 2001 bewarb sich der Kläger aus persönlichen Gründen auf eine
Stelle als Kirchenmusiker bei den Beklagten zu 1) und 2). Unter dem 24.07.2001
schlossen der Kläger und die Beklagten zu 1) und 2) alsdann einen Anstellungsvertrag,
der folgende Eingangsformulierung enthält:
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Zwischen der kath. Kirchengemeinde St. C. in E.
7
vertreten durch den Kirchenvorstand (Dienstgeber)
8
und Herrn Q. T.
9
geb. am 07.03.1959, wohnhaft in Am T.weg 21, C. (Mitarbeiter/in)
10
wird vorbehaltlich der Genehmigung durch das Bischöfliche Generalvikariat
folgender Arbeitsvertrag geschlossen:
11
§ 1
12
13
Der Dienst in der katholischen Kirche erfordert vom Dienstgeber und
Mitarbeiter/in die Bereitschaft zu gemeinsam getragener Verantwortung und
vertrauensvoller Zusammenarbeit unter Beachtung der Eigenart, die sich aus
dem Auftrag der Kirche und ihrer besonderen Verfasstheit ergibt. Der Dienst in
der katholischen Kirche erfordert vom Mitarbeiter/in, dass er (sie) seine (ihre)
persönliche Lebensführung nach der Glaubens- und Sittenlehre und den
sonstigen Normen der katholischen Kirche einrichtet.
14
Wegen der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrages wird auf Blatt 5 ff. der Akten
verwiesen.
15
Die tatsächliche Einstellung und Beschäftigung des Klägers erfolgte am 01.08.2001.
Sein Bruttomonatsverdienst betrug zuletzt 2.443,07 €.
16
Bereits am 19.01.2001 hatte der Kläger mit Blick auf seine erste Ehe ein
Ehenichtigkeitsverfahren beim Bistum M. eingeleitet, das, soweit erkennbar, zurzeit
noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Mit Schreiben vom 26.01.2002, dem Kläger
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zugegangen am 30.01.2002, kündigten die Beklagten zu 1) und 2) das mit dem Kläger
bestehende Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 28.02.2002. Eine Genehmigung des
Anstellungsvertrages durch das Generalvikariat des beklagten Bistums (Beklagte zu 3)
lag zu dieser Zeit nicht vor und wurde auch in der Folgezeit nicht erteilt.
Mit seiner am 15.02.2002 beim Arbeitsgericht Duisburg anhängig gemachten Klage hat
der Kläger die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht, hilfsweise den
Abschluss eines wirksamen Arbeitsvertrages und die Genehmigung durch das beklagte
Bistum begehrt.
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Er hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass die streitbefangene Kündigung
treuwidrig sei und vor allen Dingen gegen das so genannte Willkürverbot verstieße.
Alleiniger Anlass für die Kündigung könne nur die Tatsache seiner Wiederverheiratung
gewesen sein. Hiernach sei er bei der Einstellung aber gar nicht gefragt worden; ihm sei
im übrigen auch nicht bekannt gewesen, dass dieser Umstand seine Kündigung hätte
auslösen können. Eine solche Kündigung stelle sich zudem als Fall einer unzulässigen
Rechtsausübung im Sinne des § 242 dar, zumal er seine Kinder nach katholischem
Glauben erziehe und inzwischen auch habe taufen lassen.
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Der Kläger hat weiter die Auffassung vertreten, durch die Kündigung werde er wegen
seines (Sexual-)Verhaltens diskriminiert, was zusätzlich einen Verstoß gegen Art. 1 und
2 GG bedeute. Schließlich sei zu beachten, dass er mehr als sechs Jahre in einer
katholischen Kirchengemeinde gearbeitet hätte, ohne dass die dort bekannte Tatsache
der Wiederverheiratung eine Rolle gespielt hätte. Auch in seiner jetzigen Position habe
niemand daran Anstoß genommen.
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Der Kläger hat beantragt,
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1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom
26.01.2002, dem Kläger persönlich ausgehändigt am 30.01.2002 nicht
aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht;
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hilfsweise,
23
die Beklagten zu 1) und 2) werden verurteilt, mit dem Kläger einen wirksamen
Arbeitsvertrag abzuschließen;
24
2. den Kläger einstweilen bis zur Rechtskraft weiter zu beschäftigen;
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3. das zu 3) beklagte Bistum zu verurteilen, den Arbeitsvertrag
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kirchenaufsichtlich zu genehmigen.
27
Die Beklagten haben beantragt,
28
die Klage abzuweisen.
29
Die Beklagten zu 1) und 2) haben darauf verwiesen, dass die Kündigung im Rahmen
der Wartezeit des § 1 KSchG ausgesprochen worden wäre und demgemäß keiner
Begründung bedürfe. Darüber hinaus sei aber vor allem festzuhalten, dass ein
Arbeitsverhältnis angesichts der fehlenden Genehmigung durch das beklagte Bistum
30
gar nicht rechtswirksam zustande gekommen wäre, so dass es der Kündigung gar nicht
bedurft hätte.
Mit Urteil vom 20.09.2002 hat die 5. Kammer des Arbeitsgerichts Duisburg - 5 Ca 429/02
- die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug
genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Kündigungsschutzklage sei
schon deshalb unbegründet, weil zwischen den Arbeitsvertragsparteien kein wirksames
Arbeitsverhältnis zustande gekommen wäre. Dies folge bereits aus der fehlenden
Genehmigung des beklagten Bistums.
31
Einen Anspruch auf Abschluss eines genehmigungsfreien Anstellungsverhältnisses
könne der Kläger nicht geltend machen, da dies, wenn überhaupt, ein Fehlverhalten der
Beklagten zu 1) und 2) voraussetzte, das aber erkennbar nicht vorliege. Auch ein
möglicher Verstoß gegen Art. 3 Abs. 5 der Grundordnung der katholischen Kirche für
den kirchlichen Dienst im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse könne den Anspruch
des Klägers auf Abschluss eines Anstellungsvertrages nicht begründen.
32
Schließlich stehe ihm auch nicht das Recht zu, vom beklagten Bistum die Genehmigung
des Arbeitsvertrages zu erlangen. Ein derartiger Anspruch scheitere daran, dass ein
Schuldverhältnis im Sinne des § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB n. F. zwischen dem Kläger und
dem beklagten Bistum nicht festgestellt werden könnte.
33
Der Kläger hat gegen das ihm am 09.10.2002 zugestellte Urteil mit einem am
11.10.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt
und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 09.01.2003 - mit
einem am 08.01.2003 eingegangenen Schriftsatz begründet.
34
Er wiederholt im Wesentlichen seinen Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug und
meint vor allem, dass der bischöfliche Genehmigungsvorbehalt ohne ausreichende
gesetzliche Grundlage sei und deshalb keine Rechtswirkungen zeitigen könnte.
Überdies sei die Genehmigung über Monate nicht erteilt und erst am Ende der Probezeit
endgültig verweigert worden; dies stelle erneut einen Verstoß gegen Treu und Glauben
im Sinne des § 242 BGB dar.
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Der Kläger erweitert darüber hinaus seine Klage und begehrt die Zahlung von
Schadensersatz in Höhe von 5.405,-- €. Er verweist hierzu auf Aufwendungen, die ihm
anlässlich seines Umzugs von C. nach E. entstanden seien. Wegen der Einzelheiten
der Schadenspositionen wird auf Blatt 101 und 189 der Akten verwiesen.
36
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 20.09.2002 - 5 Ca 429/02 -
abzuändern und der Klage stattzugeben,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger und
Berufungskläger Schadensersatz in Höhe von 5.405,-- € zu zahlen.
39
Die Beklagten beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
41
Die Beklagten zu 1) und 2) sowie das beklagte Bistum verteidigen das
arbeitsgerichtliche Urteil. Die Beklagten zu 1) und 2) verweisen zur Begründung der
Kündigung erneut auf den Probezeitcharakter des Arbeitsverhältnisses und meinen
darüber hinaus, dass der Kläger durch seine zweite Ehe gegen Grundsätze der
katholischen Sittenlehre verstoßen hätte. Dann aber sei es nicht willkürlich, dies zum
Anlass einer Kündigung zu nehmen.
42
Das beklagte Bistum hält den Genehmigungsvorbehalt für rechtlich wirksam und
verweist hierzu vor allem auf § 21 VermVerwG NRW i. V. m. Art. 713 der
Synodalstatuten der Diözese Essen. in der Fassung vom 19.09.2002, wonach der
Abschluss von Dienst- und Arbeitsverträgen der schriftlichen Genehmigung der
bischöflichen Behörde bedürfen.
43
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Urkunden und der zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
45
I.
46
Die Berufung ist zulässig.
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Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des
Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Ziffer b ArbGG) sowie form- und
fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519, 520
ZPO).
48
II.
49
In der Sache selbst hatte das Rechtsmittel indessen keinen Erfolg.
50
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist mindestens durch die Kündigung der Beklagten
zu 1) und 2) vom 26.01.2002 zum 28.02.2002 beendet worden, weil die Kündigung
weder gegen § 242 BGB noch andere Rechtsgrundsätze verstößt. Der von ihm geltend
gemachte Schadensersatzanspruch steht dem Kläger nicht zu wie auch die geltend
gemachten Ansprüche auf tatsächliche Weiterbeschäftigung, auf Abschluss eines
genehmigungsfreien Anstellungsvertrages und/oder die Genehmigung durch das
beklagte Bistum.
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1. In Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts ist zunächst davon
auszugehen, dass die vom Kläger angestrengte Kündigungsschutzklage schon deshalb
unbegründet ist, weil zum Zeitpunkt der Kündigung kein wirksames
Anstellungsverhältnis vorlag. Es fehlte hierzu die nach dem Vertrag erforderliche
Genehmigung des beklagten Bistums.
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Nach herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung hat die katholische Kirche
als Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 der
Weimarer Verfassung eine eigene Rechtssetzungskompetenz zur selbstständigen
Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten. Hierzu gehört auch die Regelung ihrer
kirchlichen Organisation einschließlich des Vertretungsrechts und der
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Vermögensverwaltung. In diesem Sinne ist weiter anerkannt, dass die katholische
Kirche in der Lage ist, kirchliche Genehmigungsvorbehalte für bestimmte Handlungen
oder Verträge vorzusehen, die nicht nur im kirchlichen, sondern auch im säkularen
Rechtsverkehr Wirksamkeit entfalten. Es handelt sich hierbei um ein gesetzliches
Verbot im Sinne des § 134 BGB, welches im Interesse einer geordneten Verwaltung des
kirchlich-öffentlichen Zwecken dienenden Kirchenvermögens die Vertretungsmacht des
Organs der kirchlichen Teilgliederung entsprechend einschränkt (OLG Braunschweig,
Beschluss vom 25.06.1991 - 2 W 19/91 - NJW-RR 1992, 440; KG Berlin, Urteil vom
14.11.2000 - 15 U 9368/99 - IBR 2001, 674; LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom
18.01.2000 - 11 Sa 100/99 - ZMV 2000, 140; Bayerisches OLG, Beschluss vom
05.10.1989 - 3 Z 114/89 - NJW-RR 1990, 476; Zilles/ Kämper, Kirchengemeinden als
Körperschaften im Rechtsverkehr, NVwZ 1994, 109, m. w. N.).
Liegt die kirchliche Genehmigung zu dem genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäft
nicht vor, ist das Geschäft zunächst schwebend unwirksam. Wird sie endgültig
verweigert, ist der genehmigungspflichtige Vertrag nicht zustande gekommen bzw.
endgültig rechtsunwirksam geworden (vgl. auch hierzu: LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom
18.01.2000, a. a. O.; Bayerisches OLG, Beschluss vom 05.10.1989, a. a. O.). Zwischen
den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ist unstreitig, dass die Genehmigung durch
das beklagte Bistum bis zum Ausspruch der streitbefangenen Kündigung nicht erteilt
war und in der Folgezeit auch endgültig verweigert worden ist. Demgemäß muss davon
ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der Kündigung ein Arbeitsverhältnis
zwischen den Parteien nicht bestand, so dass sich die Kündigungsschutzklage schon
deshalb als unbegründet erweist.
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1.2 Demgegenüber kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass es im Land
Nordrhein-Westfalen an einer ausreichenden rechtlichen Grundlage für den
bischöflichen Genehmigungsvorbehalt fehlt.
55
Nach § 21 VermVerwG kann die bischöfliche Behörde nach Benehmen mit der
Staatsbehörde Anweisungen über die Geschäftsführung erteilen und Wahlordnungen
erlassen. Gemäß Abs. 2 der genannten Vorschrift bestimmt die Geschäftsanweisung, in
welchen Fällen ein Beschluss erst durch die Genehmigung der bischöflichen Behörde
rechtsgültig wird. Nach der Bekanntmachung zur Ausführung des Gesetzes über die
Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens vom 24.07.1924 vom 10.12.1996 und
der dortigen Ziffer 1 h bedürfen Rechtsgeschäfte wie der Abschluss und vertragliche
Änderungen von Dienst- und Arbeitsverträgen zu ihrer Rechtsgültigkeit der schriftlichen
Genehmigung der bischöflichen Behörde. Gleiches ergibt sich aus Art. 713 der
Synodalstatuten der Diözese Essen in der Fassung vom 19.09.2002 (vgl. hierzu Bl. 136
d. A.). Hieraus wird in Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend gefolgert, dass
auf der Grundlage des § 21 Abs. 2 VermVerwG die Kirchen in Nordrhein-Westfalen
rechtlich in der Lage sind, wirksame Genehmigungsvorbehalte festzulegen, die mit
Außenwirkung versehen sind und vor kirchenaufsichtlicher Genehmigung die
angesprochenen, genehmigungsbedürftigen Verträge schwebend unwirksam machen
(vgl. hierzu etwa: OLG Hamm, Urteil vom 16.11.1987 - 17 U 72/87 - MDR 1988, 860;
ArbG Bochum, Urteil vom 13.05.1993 - 3 Ca 2629/92 - NJW-RR 1993, 1143).
56
Demgegenüber hat der Kläger nicht hinreichend deutlich machen können, weshalb er
von einer fehlenden Rechtsgrundlage ausgeht. Soweit er sich auf eine mögliche
Verfassungswidrigkeit des Vermögensverwaltungsgesetzes bzw. des ehemaligen
Preußischen Gesetzes über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens vom
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24.10.1924 beruft, wird dies in Literatur und Rechtsprechung durchaus diskutiert.
Allgemein besteht indessen Übereinstimmung, dass die Vorschriften des Preußischen
Gesetzes bzw. des Vermögensverwaltungsgesetzes NRW mindestens als
Gewohnheitsrecht Bestand haben und damit wirksame Rechtsgrundlage auch für die
angesprochenen Genehmigungsvorbehalte sind (vgl. hierzu: Marks in Handbuch des
Staatskirchenrechts in der Bundesrepublik Deutschland, Band 2, 1975, 133 f;
Zilles/Kämper, a. a. O., Seite 110).
Insgesamt bleibt deshalb zusammenfassend festzustellen, dass der auf § 21 Abs. 2
VermVerwG NRW beruhende Genehmigungsvorbehalt im Anstellungsvertrag des
Klägers keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.
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1.3 Die Nichterteilung der Genehmigung durch das beklagte Bistum erweist sich
entgegen der Auffassung des Klägers als frei von Rechtsfehlern.
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Die erkennende Kammer hat bereits Zweifel, ob die Arbeitsgerichte mit Blick auf Art. 140
GG und Art. 137 Weimarer Verfassung überhaupt in der Lage sind, die Motivation der
bischöflichen Genehmigungsbehörde mit Blick auf die Nichterteilung der Genehmigung
rechtlich zu prüfen und zu werten. Darüber hinaus bestehen auch Zweifel, ob die
staatlichen Gerichte in der Lage sind, bei einer - hier unterstellten - rechtswidrigen
Nichterteilung diese zu ersetzen und damit dem an sich genehmigungspflichtigen
Vertrag Wirksamkeit zu verleihen.
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Die aufgeworfenen Rechtsfragen bedürfen im Ergebnis aber keiner abschließenden
Beantwortung, weil die Nichterteilung der Genehmigung durch das beklagte Bistum im
vorliegenden Fall nicht unter Verstoß gegen übergeordnete Rechtsgrundsätze zustande
gekommen ist.
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1.3.1 Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass die Berücksichtigung seiner
Wiederverheiratung diskriminierend ist und seine verfassungsrechtlichen
Rechtspositionen aus Art. 1 und 2 GG verletzt, kann dieser Rechtsauffassung nicht
gefolgt werden. Zur Begründung wird auf die ausführlichen Ausführungen unter Ziffer 2
des Urteils verwiesen.
62
1.3.2 Die Nichterteilung der Genehmigung bleibt auch angesichts der Tatsache
unbedenklich, dass sie erst kurz vor Ablauf der Probzeit zutage getreten ist. Dieses
Verhalten des beklagten Bistums stellt sich nicht als widersprüchlich oder willkürlich im
Sinne des § 242 BGB dar.
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Mit Abschluss des Arbeitsvertrages war dem Kläger bereits im Einleitungssatz klar
bekannt gemacht worden, dass der Anstellungsvertrag vorbehaltlich der Genehmigung
durch das bischöfliche Generalvikariat geschlossen wurde. Ihm war deshalb von Anfang
an klar, dass er zumindest bis zum Ablauf der vereinbarten Probezeit damit rechnen
musste, dass die Genehmigung nicht erteilt werden würde. Er konnte sich demgemäß
nicht, wie von ihm vorgetragen, darauf verlassen, dass er sich mit Abschluss des
Anstellungsvertrages in einer gesicherten Rechtsposition befand, die von dritter Seite
nicht mehr gestört werden konnte. Demgegenüber dient die gesetzlich vorgesehene
Genehmigung der bischöflichen Aufsichtsbehörde dazu, die kirchliche Teilgliederung
vor unbedachten und nicht im kirchlich-öffentlichen Interesse liegenden
Rechtshandlungen ihrer Organe zu bewahren. Gegenüber diesem entscheidenden
Gesichtspunkt muss der Gedanke einer Berufung auf Treu und Glauben in den
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Beziehungen der Vertragsparteien zueinander zurücktreten. Es kann eben nicht
hingenommen werden, durch Berücksichtigung von Treu und Glauben ein Ergebnis
herbeizuführen oder zu belassen, dass die vom kirchlichen Gesetzgeber mit der
Wahrung seiner kirchlich-öffentlichen Interessen beauftragte Aufsichtsbehörde
missbilligt. Gerade weil der Gesetzgeber mit dem Kirchenvermögensverwaltungsgesetz
für seinen Bereich in zulässiger Weise weltlich wirksames öffentliches Recht gesetzt
hat, ist dieses Recht mit kirchlichen Rechtsträgern im Rechtsverkehr genauso zu
beachten, wie ein weltliches Recht (OLG Braunschweig, Beschluss vom 25.06.1991, a.
a. O.). Dies gilt nach Auffassung der erkennenden Kammer dann aber umso mehr, wenn
der Kläger über den Genehmigungsvorbehalt ausdrücklich unterrichtet war und er sich
zudem noch in einer sowieso rechtlich weitestgehend ungesicherten Position, nämlich
in der Probezeit, befand.
2. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten von einem nicht rechtswirksamen
Genehmigungsvorbehalt ausgeht, kann dies der Klage des Klägers nicht zum Erfolg
verhelfen. Für diesen Fall bleibt festzuhalten, dass die Kündigung der Beklagten zu 1)
und 2) vom 26.01.2002 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 28.02.2002
rechtswirksam beendet hat.
65
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Vorschrift des § 242
BGB auf Kündigungen neben § 1 KSchG nur in beschränktem Umfang anwendbar. Das
Kündigungsschutzgesetz hat die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes
von Treu und Glauben konkretisiert und abschließend geregelt, soweit es um den
Bestandsschutz und das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines
Arbeitsplatzes geht. Umstände, die im Rahmen des § 1 KSchG zu würdigen sind und
die Kündigung als sozial ungerechtfertigt erscheinen lassen können, kommen als
Verstöße gegen Treu und Glauben nicht in Betracht. Eine Kündigung verstößt vielmehr
dann gegen § 242 BGB und ist nichtig, wenn sie aus Gründen, die von § 1 KSchG nicht
erfasst sind, Treu und Glauben verletzt. Dies gilt jedenfalls für eine Kündigung, auf die
wegen Nichterfüllung der sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG das
Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, weil sonst für diese Fälle über § 242
BGB der kraft Gesetzes ausgeschlossene Kündigungsschutz doch gewährt werden und
außerdem die Möglichkeit des Arbeitgebers eingeschränkt würde, die Eignung des
Arbeitnehmers für die geschuldete Tätigkeit in seinem Betrieb während der gesetzlichen
Probezeit zu überprüfen (BAG, Urteil vom 05.04.2001 - 2 AZR 185/00 - AP Nr. 13 zu §
242 BGB Kündigung).
66
Welche Anforderungen sich aus Treu und Glauben ergeben, lässt sich dabei nur unter
Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles entscheiden. Typische Tatbestände
der treuwidrigen Kündigung sind neben einem widersprüchlichen Verhalten des
Arbeitgebers, dem Ausspruch der Kündigung in verletzender Form, Kündigungen eines
Arbeitnehmers, die ihn diskriminieren sowie der Ausspruch einer Kündigung zur Unzeit
(BAG, Urteil vom 05.04.2001, a. a. O.; BAG, Urteil vom 01.07.1999 - 2 AZR 926/98 - AP
Nr. 10 zu § 242 BGB Kündigung). Auch nach dem Sachvortrag des Klägers in der
Berufungsinstanz kann nicht davon ausgegangen werden, dass hiernach die Kündigung
der Beklagten zu 1) und 2) gegen § 242 BGB verstößt; eine Treuwidrigkeit im Sinne der
vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Tatbestände liegt nicht vor.
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2.1 Dies gilt zunächst, soweit sich der Kläger auf die Kündigung kurz vor Ablauf der
sechsmonatigen Wartezeit des § 1 KSchG beruft. Nicht jede zur Unzeit ausgesprochene
Arbeitgeberkündigung ist als rechtsunwirksam anzusehen. Darüber hinaus kann der
68
Kündigungszeitpunkt für sich allein auch im Arbeitsverhältnis nicht zur Unwirksamkeit
der Kündigung nach § 242 BGB führen. Es müssen vielmehr weitere Umstände
hinzukommen, die die Kündigung zur Unzeit in die Nähe der ungehörigen Kündigung
rücken. Darüber hinaus muss eine Beeinträchtigung berechtigter Interessen des
Kündigungsgegners, insbesondere auf Achtung seiner Persönlichkeit vorliegen (vgl.
auch hierzu BAG, Urteil vom 05.04.2001, a. a. O.). Der Kläger hat, was den
Kündigungstermin anbetrifft, keinerlei Umstände vorgetragen, aus denen sich eine
Missbilligung des arbeitgeberseitigen Verhaltens im Sinne einer Ungehörigkeit ableiten
ließen.
2.2 Die streitbefangene Kündigung ist auch nicht deshalb wegen Verstoßes gegen §
242 BGB oder wegen einer Verletzung der Grundrechte des Klägers aus Art. 1 und 2
GG rechtsunwirksam, weil sie wegen der bekannt gewordenen Wiederverheiratung des
Klägers erfolgt ist.
69
Wie bereits ausgeführt genießen die Kirchen das mit Verfassungsrang ausgestattete
Recht, in den Schranken der für alle geltenden Gesetze den kirchlichen Dienst nach
ihrem Selbstverständnis zu regeln und die spezifischen Obliegenheiten kirchlicher
Arbeitnehmer verbindlich zu machen (vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 31.01.2001 - 1
BvR 619/92 - NZA 2001, 717). Hieraus folgt, dass die Kirchen auch dann, wenn sie den
kirchlichen Dienst auf der Grundlage von Arbeitsverträgen gestalten, hierbei dass
besondere Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft aller ihrer Mitarbeiter zugrunde
legen. Dazu gehört auch die Befugnis der Kirche, den ihr angehörenden Arbeitnehmern
die Beachtung jedenfalls der tragenden Grundsätze der kirchlichen Glaubens- und
Sittenlehre aufzuerlegen und deren Beachtung zu verlangen. Sie haben insbesondere
kraft ihres verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht die Möglichkeit,
die von ihrer Sendung her gebotenen Loyalitätsobliegenheiten der im kirchlichen Dienst
Tätigen, an der Verkündung teilhabenden Arbeitnehmer festzulegen. Der kirchliche
Arbeitgeber kann darauf bestehen, dass die für ihn handelnden Personen jene
Grundsätze, die sie gegenüber Dritten darstellen sollen, auch selbst beachten. Der
Arbeitnehmer, der durch seine vertragliche Arbeitsleistung Funktionen der Kirche
wahrnimmt und an der Erfüllung ihres Auftrags mitwirkt, macht sich für die
Wahrnehmung der von ihm arbeitsvertraglich übernommenen Aufgaben ungeeignet,
wenn er seine Lebensführung nicht so einrichtet, dass sie den grundlegenden Gesetzen
der Kirche entspricht (BAG, Urteil vom 25.05.1988 - 7 AZR 506/87 - AP Nr. 36 zu Art.
140 GG, m. w. N.).
70
Nach Art. 5 Abs. 2 der Grundordnung der katholischen Kirche für den kirchlichen Dienst
im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse ist der Abschluss einer nach dem
Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe ein
Loyalitätsverstoß, der mit Blick auf eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen
als schwerwiegend angesehen wird. Genau diesen Verstoß hat der Kläger mit seiner
Wiederverheiratung aber begangen und damit den Anlass für eine Kündigung gegeben,
die im Rahmen der von der Kirche gesteckten Vorgaben nicht zu beanstanden ist. Sie
mag zwar, für sich allein betrachtet, einen Verstoß gegen Art. 1 und 2 GG zur Folge
haben, weil das Recht des Klägers auf freie Gestaltung seiner Persönlichkeit und sein
Recht auf Beachtung der Menschenwürde tangiert sind. Dem steht indessen das
ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestaltete Recht der Kirchen gegenüber, den
kirchlichen Dienst nach ihrem Selbstverständnis zu regeln und die spezifischen
Obliegenheiten kirchlicher Arbeitnehmer verbindlich festzulegen. Im Rahmen der
danach gebotenen Güterabwägung ist dem zuletzt genannten Recht eindeutig der
71
Vorrang einzuräumen, zumal, was wiederholt betont werden muss, der Kläger die
sechsmonatige Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes noch nicht erfüllt hatte und
sich deshalb in einer noch nicht gesicherten Rechtsposition befand.
2.3.1 Entgegen der Auffassung des Klägers haben sich die Beklagten zu 1) und 2) durch
ihr Verhalten in der Vergangenheit auch nicht selbst gebunden, so dass sich der
Ausspruch der Kündigung als unzulässige Rechtsausübung darstellen könnte.
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Hat sich ein Arbeitgeber selbst gebunden, bei bestimmten Verhaltensverstößen vor
Ausspruch einer Kündigung zunächst mit dem Arbeitnehmer ein klärendes Gespräch zu
führen, so verstößt eine Kündigung, die der Arbeitgeber ausspricht, ohne ein solches
Gespräch zu führen, regelmäßig gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und ist
deshalb sozialwidrig. Art. 5 Abs. 1 der Grundordnung der katholischen Kirche für den
kirchlichen Dienst im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 22.09.1993, wonach
bei Verstößen gegen Loyalitätsobliegenheiten vor Ausspruch einer Kündigung mit der
kirchlichen Mitarbeiterin bzw. mit dem kirchlichen Mitarbeiter ein Beratungsgespräch
oder ein klärendes Gespräch zu führen ist, enthält eine solche bindende
Verfahrensnorm (BAG, Urteil vom 16.09.1999 - 2 AZR 712/98 - DB 2000, 147).
73
Selbst wenn man die vom Bundesarbeitsgericht für Art. 5 Abs. 1 der Grundordnung
aufgestellten Rechtsgrundsätze auf die vorliegende Fallkonstellation übertragen wollte,
so führt dies nicht zu dem vom Kläger gewünschten Ergebnis.
74
Zunächst ist erneut darauf zu verweisen, dass die Rechtsfolge der vom
Bundesarbeitsgericht angenommenen Selbstbindung im dort entschiedenen Fall zur
Sozialwidrigkeit der Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG führte. Wie bereits oben
deutlich gemacht, kann eine solche Sozialwidrigkeit ohne Hinzutreten weiterer
Umstände nicht gleichzeitig einen Fall des § 242 BGB begründen und die Kündigung
treuwidrig machen.
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Zum anderen erweist sich die vom Bundesarbeitsgericht (a. a. O.) entschiedene
Fallsituation aber auch als mit der hier in Streit stehenden nicht vergleichbar. Der Kläger
beruft sich zur Begründung seiner entgegengesetzten Rechtsauffassung vor allen
Dingen auf Art. 3 Abs. 5 der Grundordnung , wonach der kirchliche Dienstgeber vor
Abschluss des Arbeitsvertrages durch Befragung und Aufklärung der Bewerberinnen
und Bewerber sicherzustellen hat, dass sie die für sie nach dem Arbeitsvertrag
geltenden Loyalitätsobliegenheiten erfüllen. Es erscheint bereits fraglich, ob aus dieser
Verpflichtung, die vor Einstellung des Arbeitnehmers zu erfüllen ist, eine Beschränkung
für eine ganz andere Maßnahme, nämlich die Kündigung, abzuleiten ist. Dies könnte
nach Auffassung der erkennenden Kammer nur dann der Fall sein, wenn die Beklagten
zu 1) und 2) bei Abschluss des Arbeitsvertrages bewusst und gewollt oder sonst wie
verwerflich die ihnen nach Art. 3 Abs. 5 der Grundordnung auferlegten Fragen
unterlassen hätten. Auch nach dem Sachvortrag des Klägers ist aber nicht deutlich
geworden, ob die nach seiner Behauptung unterbliebenen Fragen auf reine
Nachlässigkeit zurückzuführen sind oder aus einer anderen Motivation der Beklagten zu
1) und 2) nicht erfolgten.
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Hinzu kommt, dass die in Art. 5 Abs. 2 statuierte Loyalitätsobliegenheit eines
Arbeitnehmers im kirchlichen Dienst allgemein bekannt ist, so dass sich der Kläger auch
ohne entsprechende Hinweise oder Fragen darüber klar sein musste, dass er die ihm
nach der Grundordnung zu erfüllenden Loyalitätsvorgaben tatsächlich auch zu erfüllen
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hatte, um sein Arbeitsverhältnis zu erhalten. Der Kläger war zum Zeitpunkt des Antritts
des Anstellungsverhältnisses bei dem Beklagten zu 1) und 2) bereits mehrere Jahre im
kirchlichen Dienst und demgemäß mit den Besonderheiten und den Gepflogenheiten
der katholischen Kirche als Arbeitgeber bestens vertraut. Er hatte zudem bereits im
Januar 2001 eine Ehenichtigkeitsklage angestrengt und war sich demgemäß erkennbar
bewusst, dass ohne Annullierung der ersten Ehe in einem Arbeitsverhältnis mit dem
Beklagten zu 1) und 2) Schwierigkeiten auftauchen könnten. Hieraus folgt gleichzeitig,
dass die Kammer seiner Behauptung, er sei sich über die Konsequenzen seiner
Wiederverheiratung nicht bewusst gewesen, nicht zu folgen vermag.
Insgesamt kann deshalb auch das Unterlassen der Befragung und Aufklärung im Sinne
des Art. 3 Abs. 5 der Grundordnung keine Bindung für eine spätere Kündigung des
Arbeitsverhältnisses hervorrufen; die Kündigung selbst stellt dann aber auf keinen Fall
der unzulässigen Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB dar.
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2.3.2 Ähnliches gilt im Wesentlichen, soweit sich der Kläger auf weitere Umstände
beruft, aus denen er einen Verstoß gegen das Willkürverbot und das Verbot der
unzulässigen Rechtsausübung ableiten will.
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Sein Hinweis auf seine vorherige Tätigkeit im Bereich des Bistums B. ist hierfür
ungeeignet. Selbst wenn er bei seinem Vorarbeitgeber unbeanstandet und trotz
Kenntnis seiner Wiederverheiratung gearbeitet haben sollte, begründet dies keine
Verpflichtung der Beklagten, diese Tatsache ebenfalls zu akzeptieren.
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Auch der Umstand, dass er zum Zeitpunkt der Kündigung eine Ehenichtigkeitsklage
eingeleitet hatte, stellt kein Verbot für die Beklagten zu 1) und 2) dar, von der Kündigung
Abstand zu nehmen. Den Beklagten zu 1) und 2) war vor allen Dingen nicht zumutbar,
den Verlauf und das Ergebnis der Ehenichtigkeitsklage abzuwarten. Die Beklagten zu
1) und 2) durften mit Blick auf den Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit des § 1 KSchG
die Entscheidung treffen, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu beenden, bevor er
Kündigungsschutz erwarb. Anderenfalls wäre eine Beendigung des
Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger, je nach Ausgang des Ehenichtigkeitsverfahrens,
ungleich schwieriger oder zumindest unsicherer geworden. Diese Unsicherheit
brauchten die Beklagten zu 1) und 2) nicht in Kauf nehmen.
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Auch der Hinweis des Klägers, dass er inzwischen katholisch getraut sei und seine
Kinder im Sinne der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erzieht, hilft ihm nicht
weiter. Hierbei handelt es sich um normale Obliegenheiten, die nach Art. 4 der
Grundordnung von jedem kirchlichen Mitarbeiter erwartet werden, sofern er katholischen
Glaubens ist.
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2.4 Schließlich sind auch die weiteren, vom Kläger geschilderten Umstände und Folgen
der Kündigung nicht geeignet, sie im Nachhinein als treuwidrig und damit nichtig
anzusehen. Dies gilt vor allem für die Tatsache, dass der Kläger sein geschütztes und
unbefristetes Arbeitsverhältnis im Bereich des Bistums B. aufgegeben hat und dass er
darüber hinaus einen auch finanziell aufwändigen Umzug nach E. durchführte. Wie
jeder andere Arbeitnehmer handelte er hier vor Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit
des § 1 KSchG mit dem Risiko, dass er die Probezeit nicht überstehen würde. Wenn er
sich jedoch in Ansehung dieser Probezeit zu den risikobehafteten Maßnahmen
entschloss, so begründet dies nicht das Verbot für die Beklagten zu 1) und 2), das
Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu kündigen. Hinweise darauf, dass die Beklagten zu
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1) und 2) den Kläger durch unlauteres oder verwerfliches Verhalten zur Aufgabe seines
gesicherten Arbeitsverhältnisses und zum Umzug nach E. bestimmt haben könnten,
liegen demgegenüber nicht vor.
3. Auch der mit der Klageerweiterung geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht
dem Kläger im Ergebnis nicht zu.
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Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagten zu 1) und 2) oder gar das beklagte Bistum
überhaupt ein Verhalten an den Tag gelegt haben, das zu einer Haftung etwa aus den
Grundsätzen der c. i. c. führen kann. Dem Kläger ist es schon in beiden Instanzen nicht
gelungen, substantiiert darzulegen und unter Beweis zu stellen, welche Schäden er
durch das Verhalten der Beklagten erlitten hat.
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In seiner Berufungsbegründungsschrift vom 06.01.2003 hat er zunächst ohne jegliche
Spezifizierung, ohne Nachweis oder Beweisantritt einzelne Schadenspositionen
aufgeführt, die im Zusammenhang mit seinem Umzug standen, und sie mit insgesamt
5.405,-- € bewertet. Diese Darlegungen sind so unspezifiziert und nicht konkretisiert
geblieben, dass sie insgesamt als unschlüssig bezeichnet werden müssen.
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Dies gilt, unabhängig von der Frage der Verspätung, auch für die im Schriftsatz vom
11.06.2003 aufgeführte Schadensposition von 5.966,90 € für den Umzug von C. nach
E.. Der Kläger bezieht sich hierbei auf einen Kostenvoranschlag einer Spedition und
weist darüber hinaus selbst darauf hin, dass der Umzug ohne Möbelspedition
durchgeführt worden sei. Er macht indessen keine Angaben zur Art, zur Höhe und zum
Umfang der tatsächlich angefallenen Kosten, die durch die Vergütung von Bekannten
und die Anmietung von Lkws entstanden sein sollen. Dann aber war es der
erkennenden Kammer selbst unter Beachtung des § 287 ZPO in keiner Weise möglich,
einen etwaigen Schaden des Klägers festzustellen oder auch nur zu schätzen.
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4. Aus dem oben unter Ziffer 1 und 2 Gesagten ergibt sich schließlich, dass die
weiterhin geltend gemachten Ansprüche des Klägers auf tatsächliche Beschäftigung,
auf Abschluss eines genehmigungsfreien Arbeitsvertrages und auf eine Genehmigung
durch das beklagte Bistum ebenfalls nicht bestehen. Zur Begründung wird darüber
hinaus auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts im erstinstanzlichen Urteil
verwiesen, denen sich die Berufungskammer in vollem Umfang anschließt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 ZPO.
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Die Kammer hat eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache bejaht und die
Revision für den Kläger zugelassen.
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RECHTSMITTELBELEHRUNG
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Gegen dieses Urteil kann vom Kläger
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REVISION
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eingelegt werden.
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Für die Beklagten ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
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Die Revision muss
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innerhalb einer Notfrist von einem Monat
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nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim
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Bundesarbeitsgericht,
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Hugo-Preuß-Platz 1,
100
99084 Erfurt,
101
Fax: (0361) 2636 - 2000
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eingelegt werden.
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Die Revision ist gleichzeitig oder
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innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils
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schriftlich zu begründen.
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Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem
deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
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gez.: Göttling gez.: Behrend gez.: Pikos
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