Urteil des LAG Düsseldorf vom 25.08.2009

LArbG Düsseldorf (bag, kläger, arbeitnehmer, arbeitsverhältnis, vergütung, arbeitsvertrag, treu und glauben, mitarbeiter, leistung, zweck)

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 17 Sa 618/09
Datum:
25.08.2009
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
17. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
17 Sa 618/09
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Düsseldorf, 6 Ca 7714/08
Schlagworte:
Auslegung einer Vertragsklausel als konstitutive Zusage. Wirksamkeit
einer Betriebsvereinbarung über eine variable Erfolgsvergütung
(Bindungsklausel)
Normen:
§ 611 BGB, § 133 BGB, § 157 BGB, § 307 BGB, § 75 BetrVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Verweisungen im Arbeitsvertrag auf eine Betriebsvereinbarung sind
im Zweifel deklatorisch gemeint und begründen keinen eigenen
individualrvertraglichen Anspruch. 2. Auf Betriebsvereinbarungen finden
nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB die Vorschriften der § 305 ff. BGB keine
Anwendung. Bindungsklauseln in Betriebsvereinbarungen unterliegen
keiner Inhaltskontrolle. Dies gilt auch bei einer Bezugnahme auf die
Betriebsvereinbarung im Arbeitsvertrag.
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Düsseldorf vom 26.03.2009 - 6 Ca 7714/08 - wird kostenpflichtig
zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
T A T B E S T A N D
1
Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Zahlung einer variablen
Vergütung für das Geschäftsjahr 2007/2008.
2
Der Kläger wurde am 01.11.2004 bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrages vom
30.10.2004 als Kreditrisiko-Controller am Standort E. zu einem monatlichen Bruttogehalt
von 4.600,00 € und einer Ziel-VE für das erste Geschäftsjahr in Höhe von 5200,00 €
eingestellt. Zuletzt betrug das Bruttomonatsgehalt 5200,00 €.
3
Der Arbeitsvertrag (Bl. 113 ff d. A.) hat u.a. folgenden Inhalt:
4
5
"§ 3 Vergütung
6
Ihre Bezüge gliedern sich wie folgt:
7
Festgehalt
8
....
9
13. Monatsgehalt
10
....
11
Variable Erfolgsvergütung (VE)
12
Die nach Beendigung eines Geschäftsjahres von der Bank an Sie auszuzahlende
variable Erfolgsvergütung erfolgt gemäß der entsprechenden Betriebsvereinbarung
auf der Grundlage einer individuell festgelegten Zielgröße (Ziel-VE). In Ihrem Falle
setzen wir für das erste volle Geschäftsjahr Ihrer Tätigkeit eine Ziel-VE in Höhe von
EUR 5.200,-- (in Worten: Euro Fünftausendzweihundert) brutto fest. Bei einem
Eintritt im laufenden Geschäftsjahr erfolgt die Auszahlung der VE zeitanteilig.
13
…….
14
Abgeltung / Ausschluss
15
Mit der Zahlung der vereinbarten Bezüge ist die Leistung von Mehrarbeit
abgegolten. Die Abtretung oder Verpfändung von Vergütungsansprüchen ist
ausgeschlossen."
16
In der Betriebsvereinbarung "Variable Erfolgsvergütung" vom 25.02.2001 (Bl. 7- 15 d.
A.) heißt es u.a.:
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"§ 1 Gegenstand und Geltungsbereich
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Diese Vereinbarung löst die Betriebsvereinbarung vom 02.Mai 1996 ab. Sie gilt für
alle Mitarbeiter, sofern es nicht Auszubildende oder leitende Angestellte i.S.d. § 5
Abs. 3 BetrVG sind. Außerdem findet sie keine Anwendung auf Mitarbeiter mit
befristeten Arbeitsverträgen, deren Anstellung nicht auf Dauer angelegt ist.
19
.......
20
§ 8 Ausnahmen
21
Eine Ist-VE kommt nicht zur Auszahlung, wenn der Mitarbeiter unterjährig durch
Kündigung ausscheidet oder bis zum Auszahlungstag das Arbeitsverhältnis
gekündigt wird. Bei Austritt durch Erreichen der Altersgrenze oder Vorruhestand
sowie bei Mutterschutz-/Erziehungsurlaub und Erwerbsunfähigkeit kommt die Ist-
VE pro rata temporis zur Auszahlung.
22
Bei einer Versetzung des Mitarbeiters wird der Leistungsfaktor bis zum Zeitpunkt
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der Versetzung entsprechend der ggf. zeitanteiligen Zielerreichung festgelegt. Für
den neuen Aufgabenbereich des Mitarbeiters erfolgt eine neue Zielvereinbarung.
Aus den pro rata temporis festgelegten Leistungsfaktoren wird der
Durchschnittswert bei Ermittlung der Ist-VE berücksichtigt.
In Fällen unterjährigen Eintritts erfolgt die Zahlung der Ist-VE pro rata temporis
entsprechend der persönlichen Zielerreichung.
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§ 11 Schlussbestimmungen
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1. Sonstige tarifliche oder gesetzliche Regelungen bleiben von der
Betriebsvereinbarung unberührt. Sollten eine oder mehrere Bestimmungen dieser
Regelung ganz oder teilweise unwirksam oder undurchführbar sein oder werden,
so bleibt die Wirksamkeit dieser Betriebsvereinbarung im Übrigen davon unberührt.
Der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung gilt eine solche wirksame
oder undurchführbare Bestimmung, die den Willen, der diese Vereinbarung
schließenden Parteien am nächsten kommt. Gleiches gilt für den Fall einer Lücke
dieser Vereinbarung."
27
Das Geschäftsjahr der Beklagten läuft jeweils vom 01.04. bis zum 31.03. des
Folgejahres. Die variable Erfolgsvergütung ist fällig zum 15.07. des Folgejahres.
28
29
Mit Schreiben vom 12.06.2007 (Bl. 6 d. A.) teilte die Beklagte mit, dass der Kläger für
das Geschäftsjahr 2006/2007 eine variable Erfolgsvergütung in Höhe von 8150,00 €
brutto erhält. Die Ziel-VE für das Geschäftsjahr 2007/2008 wurde auf € 7.400,00 brutto
festgelegt.
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Mit der am 17.12.2008 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage begehrt
der Kläger zuletzt noch eine variable Erfolgsvergütung in Höhe von 5.920,90 € brutto.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm gem. § 3 des Arbeitsvertrages in
Verbindung mit der Betriebsvereinbarung ein Anspruch auf die variable
Erfolgsvergütung zustehe. § 8 der Betriebsvereinbarung stünde dem nicht entgegen. Die
Regelung sei unwirksam. Sie verstoße gegen § 75 BetrVG, da sie eine unangemessene
lange Bindungsdauer enthalte. Sie differenziere auch nicht nach dem
Beendigungsgrund. Es sei auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
gegeben, da die Regelung auf eine rückwirkende Entgeltkürzung für Arbeitnehmer
wegen ihres bevorstehenden Ausscheidens
32
hinauslaufe.
33
Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, ihm 5.920,90 € zuzüglich 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
35
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, dass § 3 des Arbeitsvertrages lediglich einen
deklaratorischen Verweis auf die Regelungen der Betriebsvereinbarung beinhalte. Die
Voraussetzungen für die Zahlung seien nicht erfüllt. § 8 der Betriebsvereinbarung
verstoße weder gegen § 75 BetrVG noch gegen den arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz.
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Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage durch Urteil vom 26.03.2008 abgewiesen
und im Wesentlichen ausgeführt, dass die Auslegung des Arbeitsvertrages ergebe, dass
§ 3 lediglich eine Verweisung auf die entsprechende Betriebsvereinbarung enthalte. Die
Betriebsvereinbarung gelte gem. § 1 BV, § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG unmittelbar und
zwingend für den Kläger. Da die Regelung im Arbeitsvertrag insgesamt auf die
Betriebsvereinbarung Bezug nehme, spreche nichts für die Annahme einer konstitutiven
einzelvertraglichen Zusage. Dagegen spreche auch nicht die Regelung für das
Eintrittsjahr. Insoweit sei lediglich eine ergänzende Absprache getroffen worden. Dem
Kläger könne auch nicht gefolgt werden, dass es sich nicht um eine dynamische
Verweisung handele. Die Bezugnahme "entsprechende Betriebsvereinbarung" meine
die jeweils einschlägige. Auch die Umstände bei Vertragsschluss führten nicht zu einer
abweichenden Zusage. Selbst wenn man von einer konstitutiven Zusage einer
Erfolgsvergütung im Arbeitsvertrag ausgehe, führe dies nicht zu einer anderen
Beurteilung. Auch in diesem Fall gäbe es keinen Raum für eine Inhaltskontrolle des § 8
der Betriebsvereinbarung. Von der Inhaltskontrolle seien nur Regelungen erfasst, die
von Rechtsvorschriften abweichen (§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB). Rechtsvorschrift im Sinne
der Vorschrift sei auch eine Betriebsvereinbarung, wie sich unmittelbar aus § 310 Abs. 4
S. 3 BGB ergebe. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die variable
Erfolgsvergütung. Dem stehe § 8 Abs. 1 S. 1 der Betriebsvereinbarung entgegen, da das
Arbeitsverhältnis bis zum Auszahlungstag gekündigt worden sei. § 8 der
Betriebsvereinbarung sei wirksam. Die Vorschriften der §§ 305 ff BGB fänden keine
Anwendung. Ein Verstoß gegen § 75 BetrVG sei nicht gegeben. Die Betriebspartner
hätten bei Abschluss einer Betriebsvereinbarung einen weiten Ermessensspielraum.
Sie hätten allerdings den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz
zu beachten. Dies sei hier gegeben. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
sei anerkannt, dass Sonderzahlungen davon abhängig gemacht werden dürften, dass
das Arbeitsverhältnis beim Auszahlungstag überhaupt noch oder ungekündigt besteht.
Es sei auch grundsätzlich möglich, die freiwillige Zahlung daran anzuknüpfen, dass das
Arbeitsverhältnis über den Auszahlungstag hinaus innerhalb eines bestimmten
Zeitraums fortbesteht. Für die zulässige Bindungsdauer sei die Höhe der
Sonderzahlung maßgeblich. Solche Klauseln seien selbst dann zulässig, wenn der
Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Bindungsfrist nicht in
der Sphäre der Arbeitnehmer liege. Soweit der Kläger davon ausgehe, dass die
Grundsätze nicht zum Tragen kämen, weil die Vergütung einen Entgeltcharakter habe,
könne dem nicht gefolgt werden. Mit einer variablen Erfolgsvergütung könnten auch
andere Ziele, insbesondere die Schaffung von Anreizen für künftige Betriebstreue
verfolgt werden. Dies sei hier gegeben, wie sich aus der Stichtagsregelung und aus § 1
ergebe, wonach befristet Beschäftigte von der Zahlung ausgenommen worden seien. Es
sei auch kein Verstoß gegen höherrangiges Recht, namentlich Art. 2, 12 GG, gegeben.
Jede Stichtagsregelung binde den Arbeitnehmer und greife in die Berufsfreiheit ein. Es
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finde im Rahmen der Prüfung der Betriebsvereinbarung gerade keine Inhaltskontrolle
stand. Es sei nicht Aufgabe der Gerichte, die Interessenabwägung der Betriebspartner
zu überprüfen, soweit nicht der Rahmen des § 75 BetrVG überschritten werde.
Der Kläger hat gegen das am 27.04.2009 zugestellte Urteil mit dem am 04.05. 2009
beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 04.05.2009 Berufung
eingelegt und diese mit dem am 29.06.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen
Schriftsatz begründet.
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Der Kläger ist der Auffassung, dass sich ein Anspruch bereits aus § 3 des
Arbeitsvertrages ergebe, da es sich um eine konstitutive Inbezugnahme handele. Die
Parteien hätten individuelle Zielvereinbarungen getroffen. Aufgrund der konstitutiven
Inbezugnahme fänden die Maßstäbe des § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB unmittelbar
Anwendung. Als individualvertragliche oder arbeitsvertraglich in Bezug genommene
Klausel habe § 8 keinen Bestand, da es keinen sach-lichen Grund für eine
Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern mit gekündigtem Arbeitsverhältnis gebe. Der
betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sei verletzt. Die
vorliegende Erfolgsvergütung sei reines Entgelt und sollte die Leistung für die
Vergangenheit belohnen. Dies ergebe sich aus der Präambel der Vereinbarung. Es
werde erwartet, dass eine Mobilisierung aller Potenziale der Mitarbeiter/innen dadurch
erreicht wird, dass hervorragende Leistungen auch entsprechend honoriert werden. Die
Ausführungen der Beklagten, das auch die Betriebstreue belohnt werden sollte, seien
falsch. Das gehe an der Realität vorbei. Dies ergebe sich auch nicht aus der
Formulierung der Betriebsvereinbarung. Die Betriebsvereinbarung verstoße auch gegen
die in Art. 2, 12 GG geschützte Berufsfreiheit, da die Bindungsdauer zu lang sei. Der
Kläger sei noch neun Monate nach Beendigung des Geschäftsjahres an den Betrieb
gebunden. Dies sei angesichts seines Arbeitseinkommens zu lang. Es würden auch
Arbeitnehmer durch die Betriebsvereinbarung von einer Kündigung abgehalten, die gar
keine Erfolgsbeteiligung verlangen könnten.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.03.2009, AZ.: 6 Ca 7714/08) wird
aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Euro 5920,90 zuzüglich 5%
Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen
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Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Berufung bereits unzulässig sei, da sie sich
nicht mit den Urteilsgründen im Einzelnen auseinander setzt. Sie sei jedenfalls
unbegründet. Der Arbeitsvertrag enthalte keine konstitutive Zusage einer variablen
Vergütung. § 3 des Arbeitsvertrages verweise nur deklaratorisch auf die bei der
Beklagten existierende Betriebsvereinbarung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht
aus der Formulierung. Bereits der Wortlaut spreche dafür, dass die Vertragsparteien
gerade nicht eine von der Betriebsvereinbarung losgelöste eigenständige Regelung
schaffen wollten. Für einen deklaratorischen Verweis spreche zudem, dass der Kläger
unabhängig von der Formulierung anspruchsberechtigt gewesen wäre. Denn die
Betriebsvereinbarung gelte gemäß § 1 für alle Mitarbeiter. An keiner Stelle werde ein
Wille erkennbar, einen eigenen arbeitsvertraglichen Anspruch schaffen zu wollen. Die
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Verweisung stelle auch keinen Verstoß gegen das AGB-Recht dar. Die Verweisung sei
eindeutig. Es ergebe sich auch kein Anspruch aus der Betriebsvereinbarung, da nach §
8 der Betriebsvereinbarung eine Ist-VE nicht zur Auszahlung komme, wenn der
Mitarbeiter unterjährig durch Kündigung ausscheide oder bis zum Auszahlungstag das
Arbeitsverhältnis gekündigt werde. Diese Voraussetzung sei aufgrund der Kündigung
des Klägers zum 31.03.2008 erfüllt. Es ergebe sich auch keine Unwirksamkeit von § 8
der Betriebsvereinbarung nach den Vorschriften der §§ 307 ff BGB, da die Vorschriften
nach § 310 Abs. 4 S. 1 BGB auf Betriebsvereinbarungen nicht anzuwenden seien. Der
nur vorzunehmenden Rechtskontrolle nach § 75 BetrVG halte die Betriebsvereinbarung
stand. Stichtagsklauseln seien allgemeinen anerkannt. Der Arbeitgeber könne mit
Jahressonderzahlungen unterschiedliche Zwecke verfolgen. Sie könne ausschließlich
im Bezugszeitraum erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich honorieren. Sie könne aber
auch vergangenheits- und zukunftsbezogene Elemente miteinander verknüpfen und die
Belohnung bisheriger Betriebstreue bezwecken und dem Anreiz künftiger Betriebstreue
dienen. Dies sei hier gegeben. Die Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer noch am
Auszahlungstag in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen müsse, führe nicht zu
einer unbilligen Schlechterstellung des Klägers. Angesichts der Höhe der in Aussicht
gestellten Sonderzahlung und der vorausgesetzten Bindungsdauer an das
Arbeitsverhältnis sei keine Unangemessenheit zu erkennen. Es sei zu beachten, dass
eine Stichtagsklausel weniger belastend sei als eine Rückzahlungsklausel. Ein
Zeitraum von fünf Monaten zwischen Bezugszeitraum und Auszahlungszeitraum sei
unschädlich. Es sei zu beachten, dass die Bindungsklausel in einer
Betriebsvereinbarung enthalten sei. Eine Inhaltskontrolle nach den Vorschriften §§ 305
ff BGB finde nicht statt. Betriebsvereinbarungen unterlägen nur einer Billigkeitskontrolle.
Hierbei sei zu berücksichtigen, dass Maßstab der Kontrolle die Verpflichtung der
Organe sei, dem Wohl des Betriebes und seiner Arbeitnehmer unter Berücksichtigung
des Gemeinwohls zu dienen. Innerhalb dieser Verpflichtung hätten sie den billigen
Ausgleich zwischen Interessen der Belegschaft und dem Betrieb zu suchen. Die
richterliche Billigkeitskontrolle beziehe sich auf den Inhalt der getroffenen Regelung.
Gemessen an den Grundsätzen erweise sich die Stichtagsregelung, die an den
Auszahlungszeitpunkt der variablen Vergütung im Juli anknüpfe, während der
Bezugszeitraum erst mit dem 31.03. ende, als zulässig.
Dem Kläger sei eine variable Vergütung von 7.400 € brutto in Aussicht gestellt worden.
Der Kläger hätte lediglich auf eine Kündigungsmöglichkeit am 30.06 verzichten müssen.
Darüber hinaus sei die Auszahlung lediglich um 3,5 Monate nach Ablauf des
Bezugszeitraums verschoben worden. Bei der Beurteilung der Billigkeit der Regelung
sei zudem zu berücksichtigen, dass sich die Kontrolle auf die Norm als solche (abstrakte
Billigkeitskontrolle), nicht hingegen auf die Auswirkungen auf die einzelnen
Arbeitsverhältnisse erstrecke. Unerheblich sei deswegen die individuell begründete
Kündigungsfrist und die sich daraus ergebende Bindungsdauer. Unter Berücksichtigung
dieser Umstände sei die Regelung nicht zu beanstanden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhaltes sowie des
widerstreitenden Sachvortrags und der unterschiedlichen Rechtsauffassungen der
Parteien wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten
gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie Protokolle der mündlichen
Verhandlungen und den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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I. Die Berufung ist zulässig.
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Sie ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des
Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Ziffer b ArbGG) sowie in gesetzlicher
Form und Frist eingelegt i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz
2 ArbGG, § 519 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) und innerhalb der Frist (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und
Satz 2 ArbGG) ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG)
begründet worden.
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II. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage
abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der
variablen Vergütung in Höhe von 5.920,90 € brutto für das Geschäftsjahr 2007/2008.
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1. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf den Arbeitsvertrag stützen. Der
Arbeitsvertrag enthält keine individuelle Zusage auf Gewährung der variablen
Vergütung.
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a) Im Arbeitsvertrag ist zwar unter der Überschrift Vergütung in § 3 neben dem
monatlichen Festgehalt das 13. Monatsgehalt und die variable Erfolgsvergütung (VE)
aufgeführt. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Regelung aber keine konstitutive
arbeitsvertragliche Zusage in der Weise entnommen, dass dem Kläger jährlich,
unabhängig von den Bestimmungen der zwischen der Beklagten und dem
Gesamtbetriebsrat vereinbarten Betriebsvereinbarung eine variable Vergütung zustehen
sollte.
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aa) Dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrages. Der Inhalt von Willenserklärungen
ist nach den §§ 133, 157 BGB objektiv unter Berücksichtigung der Umstände des
Einzelfalles nach der Sicht des Empfängers zu bestimmen. Der in
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der auszulegenden Erklärung verkörperte rechtlich maßgebliche Wille ist zu ermitteln.
Lässt sich dabei ein übereinstimmender Wille der Parteien feststellen, so ist dieser
allein maßgeblich, auch wenn er in einer Vereinbarung nur einen unvollkommenen oder
gar keinen Ausdruck gefunden hat. Das übereinstimmend Gewollte hat Vorrang vor dem
insoweit falsch oder nicht ausdrücklich Erklärten. Kann eine solche Feststellung nicht
getroffen werden, so sind die jeweiligen Erklärungen der Vertragsparteien jeweils aus
der Sicht des Erklärungsempfängers so auszulegen, wie er sie nach Treu und Glauben
unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte und musste. Bei der
Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen,
die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner
Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war, die
Entstehungsgeschichte, das Verhalten der Parteien vor und nach Vertragsschluss, der
Zweck einer Abmachung und die gegebene Interessenlage (BAG Urteil v. 03.05. 2006 -
10 AZR 310/05 - EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 18; BAG Urteil v.
24.09.2003 - 10 AZR 34/03 - NZA 2004, 149-152 = EzA BGB 2002 § 133 Nr. 3; BAG
Urteil v. 26.09.2002
57
- 6 AZR 434/00 - EzA BBiG § 10 Nr. 6; BAG Urteil v. 12.06.2002 - 10 AZR 323/01 - EzA
BetrVG 1972 § 112 Nr. 110) .
58
bb) Enthält der Vertrag allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB, die
von der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen gleichlautend verwendet und dem
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Arbeitnehmer bei Vertragsschluss gestellt wurden, so sind diese nach ihrem objektiven
Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständlichen und
redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise
beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die
Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen
Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen ist (BAG Urteil v. 24.10.2007 - 10
AZR 825/06 - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 26 m.w.N.; BAG Urteil v. 31.08.2005 - 5 AZR
50045/04 - AP ArbZG § 6 Nr.8). Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des
typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen
Vertragspartners.
Der Verwender ist demgemäß verpflichtet, die Rechte und Pflichten des
Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen; sie müssen so
gestaltet sein, dass der nicht rechtskundige Durchschnittsarbeitnehmer die
benachteiligende Wirkung ohne Einholung von Rechtsrat erkennen kann (Reinecke BB
2005, 378/379).
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cc) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergeben sich weder aus dem Wortlaut
noch aus dem Gesamtzusammenhang und den Begleitumständen ausreichende
Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger konstitutiv die variable Vergütung zugesagt
werden sollte.
61
1) Bei der Regelung in § 3 "variable Erfolgsvergütung" handelt es sich allerdings um
eine allgemeine Geschäftsbedingung i. S. d. § 305 Abs. 1 S.1 BGB. Auch
Vertragsbedingungen, die vor ihrer Verwendung kollektivrechtlich ausgehandelt worden
sind, gehören dazu (BAG Urteil v. 21.04.2007 - 6 AZR 622/06 - EzA § 113 InsO Nr. 19
m.w.N.).
62
2) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG Urteil v. 12.03.2008 - 10
AZR 256/07 - NV; BAG Urteil v. 27.09.2000 - 7 AZR 390/99 EzA § 1 BeschFG 1985 Nr.
20 BAG 24.09.2003 - 10 AZR 34/03 - NZA 2004, 149-152 ; EzA BGB 2002 § 133 Nr. 3)
sind Verweisungen im Arbeitsvertrag auf ohnehin anwendbare gesetzliche, tarifliche
oder betriebsverfassungsrechtliche Vorschriften im Zweifel deklaratorisch gemeint. Die
Arbeitsvertragsparteien
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wollen in der Regel durch die Verweisung auf ohnehin geltende kollektive Regelungen
keinen eigenständigen individualvertraglichen Geltungsgrund für diese Regelungen
schaffen. Sie bringen regelmäßig durch eine solche Verweisung nur zum Ausdruck,
dass nicht sämtliche für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen Bestimmungen im Text des
Arbeitsvertrags wiedergegeben, sondern darüber hinaus in den genannten kollektiven
Vereinbarungen enthalten sind (BAG 18.11.2003 - 1 AZR 604/02 - BAGE 108, 299,
302). Die Verweisungsklausel stellt dann schon kein Rechtsgeschäft dar. Ihr liegen
keine Willenserklärungen zu Grunde, durch die Rechtsfolgen bewirkt werden sollen. Es
handelt sich um einen bloßen rechtlichen Hinweis (BAG 18.11.2003 - 1 AZR 604/02 -
a.a.O.).
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3) Es liegen keine ausreichenden Umstände vor, die hier zu einer andern Beurteilung
führen. Die Betriebsvereinbarung fand auch ohne die Verweisung im Arbeitsvertrag auf
den Kläger (vgl. § 1 BV) Anwendung. Der Kläger war weder Auszubildender noch
leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG war. Er war auch nicht aufgrund
eines befristeten Arbeitsvertrages beschäftigt. Mit dem Verweis im Arbeitsvertrag
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bringen die Parteien auch hier folglich nur zum Ausdruck, dass nicht alle für das
Arbeitsverhältnis maßgeblichen Bestimmungen im Arbeitsvertrag festgelegt sind,
sondern auch die Regelungen einer Betriebsvereinbarung zur Anwendung kommen.
4) Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, dass die Parteien für das Eintrittsjahr eine
spezielle Regelung und für die Folgezeit jeweils individuelle Zielvereinbarungen
getroffen haben, führt das nicht weiter. Das Arbeitsgericht weist zu Recht darauf hin,
dass die Vereinbarung für das Eintrittsjahr nur als ergänzende Absprache zu verstanden
werden kann. Mit den jährlichen Zielvereinbarungen haben die Parteien nur der
Betriebsvereinbarung Rechnung tragen. Unter § 3 Zielvereinbarungen heißt es, "einmal
jährlich vereinbaren Führungskraft und Mitarbeiter etwa drei bis fünf Ziele für das
anstehende Geschäftsjahr. Die vereinbarten Ziele werden im
Zielvereinbarungsgespräch schriftlich (siehe Anlage 1) dokumentiert…. Die Verweisung
ist ansonsten auch nicht unklar. Die variable Erfolgsvergütung ist zwar unter der
Überschrift Vergütung aufgeführt. Dies reicht aber nicht aus, um von einer konstitutiven
Regelung auszugehen. Die Erwähnung der variablen Erfolgsvergütung unter § 3
Vergütung weist lediglich darauf hin, dass die Vergütungsansprüche zusammengefasst
dargestellt werden sollten. Das § 3 BV nicht ausdrücklich auf die jeweils geltende
Betriebsvereinbarung Bezug nimmt, spricht auch nicht für die Auffassung des Klägers.
Die Formulierung, "gemäß der entsprechenden Betriebsvereinbarung", bringt
ausreichend zum Ausdruck, dass die jeweils nach § 77 Abs. 4 S.1 BetrVG unmittelbar
und zwingend geltende Betriebsvereinbarung zur Anwendung kommen soll.
66
2. Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf die Betriebsvereinbarung vom
20.02.2001 stützen. Die Berufungskammer folgt insoweit den Ausführungen des
Arbeitsgerichts.
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a) Die Voraussetzungen für die Auszahlung der variablen Erfolgsvergütung sind nicht
erfüllt. Gemäß § 8 der Betriebsvereinbarung kommt eine Ist-VE nicht
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zur Auszahlung, wenn der Mitarbeiter unterjährig durch Kündigung ausscheidet oder bis
zum Auszahlungstag das Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Dies ist hier gegeben. Die
variable Vergütung wird im Juli des folgenden Geschäftsjahres gezahlt. Zu diesem
Zeitpunkt war der Kläger bereits ausgeschieden. Er hat das Arbeitsverhältnis zum
31.03.2008 gekündigt.
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b) Die Betriebsvereinbarung ist auch nicht rechtsunwirksam.
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aa) Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 8 Abs. 1 der Betriebsvereinbarung nicht
gemäß §§ 307 ff BGB unwirksam. Nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB finden die Vorschriften
der §§ 305 ff. BGB auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen keine
Anwendung. Nach § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB stehen solche Kollektivregelungen
Rechtsvorschriften i.S.v. § 307 Abs. 3 BGB gleich. (BAG, Urteil v. 01.02.2006 - 5 AZR
187/05 - EzA BGB 2002 § 308 Nr. 1 m.w.N.). Die Betriebsvereinbarung gilt gemäß § 77
Abs.3 BetrVG unmittelbar und zwingend. Daher unterliegen auch in einer Vielzahl von
Fällen formularmäßig verwendete Klauseln in Arbeitsverträgen, die auf eine solche
Kollektivregelung Bezug nehmen oder mit ihr übereinstimmen und lediglich deren
gesamten Inhalt wiedergeben, nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB (BT-
Drucks. 14/6857 S. 54; BAG Urteil v. 25.04.2007 - 6 AZR 622/06 - EzA § 113 InsO Nr.
19; BAG Urteil v. 27.07. 2005 - 7 AZR 486/04 - BAGE 115, 274; BAG Urteil v.12.09.
2006 - 9 AZR 675/05 - AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 176 = EzA BGB 2002 § 310
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Nr. 4) . Bei den in § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB genannten kollektivrechtlichen
Vereinbarungen besteht kein Bedürfnis auf Schutz durch Regelungen der allgemeinen
Geschäftsbedingungen. Es wird unterstellt, dass diese Schutzfunktion durch die
Tarifvertragsparteien bzw. Betriebspartner wahrgenommen wurde (vorliegend beim
Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans BAG v. 25.04.2007 a.a.O.).
bb) Etwas anderes kann gelten, wenn die Betriebsvereinbarung nur auf Grund einer
Bezugnahme im Arbeitsvertrag Anwendung findet (die Bereichsausnahme des § 310
Abs. 4 Satz 1 BGB gilt in diesem Fall nicht, so Richardi, BetrVG 11. Auflage 2008, § 77
Rdnr 134; Rieble /Schul RdA 2006, 339, 349 ff.). Dies ist hier aber nicht gegeben. Wie
ausgeführt, handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um eine
konstitutive sondern lediglich um eine deklaratorische Verweisung. Die
Betriebsvereinbarung kommt auch ohne die Verweisung auf das Arbeitsverhältnis des
Klägers zur Anwendung. Im Arbeitsvertrag wird zudem auf die gesamte
Betriebsvereinbarung verwiesen.
72
c) Die Betriebsvereinbarung verstößt auch nicht wegen § 75 BetrVG.
73
aa) Die Betriebsparteien haben, soweit § 77 Abs. 3 BetrVG nicht eingreift, eine
umfassende Kompetenz zur Regelung von formellen und materiellen
Arbeitsbedingungen (BAG Urteil v. 19.02.2008 - 1 AZR 1004/06 - EzA § 112 BetrVG
2001 Nr. 26; BAG Urteil v. 12.12.2006 - 1 AZR 96/06 - , NZA 2007, 453; grundlegend
BAG Urteil v. 07.11. 1989 - GS 3/85, NZA 1990, 816; auch BVerfG, 23.4. 1986, NJW
1987, 827; Fitting, BetrVG, 24. Aufl. 2008, § 88 Rn. 1, 2). Bei der Ausgestaltung der
Betriebsvereinbarung steht den Betriebspartnern ein weiter Ermessensspielraum zu
(BAG 19.02.08 a. a. O). Sie haben allerdings die Grundsätze von Recht und Billigkeit,
insbesondere den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des
§ 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu beachten, dem wiederum der allgemeine Gleichheitssatz
des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von
Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige
Gruppenbildung auszuschließen. Dabei verstößt eine sachverhaltsbezogene
Ungleichbehandlung erst dann gegen den Gleichheitssatz, wenn sie willkürlich ist, weil
sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Bei einer
personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz bereits dann verletzt,
wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten
anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von
solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung
rechtfertigen könnten. Die Übergänge zwischen sachverhaltsbezogenen und
personenbezogenen Differenzierungen sind bisweilen fließend. Insbesondere kann
eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von
Personengruppen bewirken (BAG Urteil v. 22.03.2005 - 1 AZR 49/04 -, EzA § 75 BetrVG
2001 Nr. 2; BAG Urteil v. 27.05.2004 - 6 AZR 129/03 - EzA GG Art. 3 Nr. 101).
74
bb) Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen
rechtfertigenden Sachgrunds ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG
Urteil v. 06. 11. 2007 - 1 AZR 960/06 - EzA § 112 BetrVG 2001 Nr. 25). Gewährt der
Arbeitgeber auf Grund einer abstrakten Regelung eine freiwillige Leistung nach einem
erkennbar generalisierenden Prinzip und legt er gemäß dem mit der Leistung verfolgten
Zweck die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistung fest, darf er einzelne
Arbeitnehmer von der Leistung nur ausnehmen, wenn dies sachlichen Kriterien
entspricht (BAG Urteil v. 28.03.2007 -10 AZR 261/06 - EzA § 611 BGB 2002
75
Gratifikation, Prämie Nr. 21; BAG Urteil v. 27.05.2004 - 6 AZR 129/03 - BAGE 111, 8).
Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber deshalb die
Anspruchsvoraussetzungen so abgrenzen, dass ein Teil der Arbeitnehmer von der
Vergünstigung nicht sachwidrig oder willkürlich ausgeschlossen wird (BAG Urteil v.
08.03. 1995 - 10 AZR 208/94 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 184 = EzA BGB § 611
Gratifikation, Prämie Nr. 131). Eine sachfremde Benachteiligung einzelner Arbeitnehmer
liegt nicht vor, wenn sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter
Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, diesen Arbeitnehmern die den anderen
Arbeitnehmern gewährte Leistung vorzuenthalten. Die Zweckbestimmung einer
Sonderzahlung ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG
Urteil v. 10.01.1991 - 6 AZR 205/89 - BAGE 67, 1, 5) vorrangig aus den tatsächlichen
und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung
abhängig gemacht wird. Die Bezeichnung ist nicht maßgeblich. Sie kann allenfalls als
ein zusätzliches Indiz, nicht jedoch als ausschlaggebendes oder gar alleiniges Merkmal
für einen bestimmten Zweck herangezogen werden (BAG 13.06.1991 - 6 AZR 421/89 -
EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 86).
cc) Hier geht es um eine zusätzliche Jahresleistung. Mit Jahressonderzahlungen
können unterschiedliche Zwecke verbunden werden. Die Sonderzahlung kann
ausschließlich die im Bezugszeitraum erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich honorieren.
Hat sie nur diesen Zweck, entsteht der Anspruch auf sie bereits im Laufe des
Bezugszeitraums entsprechend der zurückgelegten Zeitdauer und Arbeitsleistung und
wird lediglich zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig.
76
Die Sonderleistung kann aber auch vergangenheits- und zukunftsbezogene Elemente
miteinander verknüpfen und sowohl die Belohnung bisheriger Dienste und erwiesener
Betriebstreue bezwecken, als auch als Anreiz für künftige Betriebstreue dienen (BAG
Urteil v. 28.03.2007 - 10 AZR 261/06 - a. a. O; BAG Urteil v. 07.12.1989 - 6 AZR 324/88 -
BAGE 63, 385; 18.03. 1981 - 5 AZR 952/78 - EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie
Nr. 70). Bei solchen Sondervergütungen wird die Belohnung künftiger Betriebstreue in
der Regel dadurch
77
sichergestellt, dass der Anspruch auf die Sonderzahlung den Fortbestand des
Arbeitsverhältnisses über einen Stichtag hinaus bis zum Ende eines dem Arbeitnehmer
noch zumutbaren Bindungszeitraums voraussetzt und der Arbeitnehmer die
Sondervergütung zurückzuzahlen hat, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der
Bindungsdauer endet. Die Sonderzahlung darf davon abhängig gemacht werden, dass
das Arbeitsverhältnis am Auszahlungstag überhaupt noch oder noch ungekündigt
besteht (BAG Urteil v. 04.05.1999 - 10 AZR 417/98 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 214
= EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 155; BAG Urteil v. 08.03.1995 - 10 AZR
208/94 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 184 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie
Nr. 131).
78
dd) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es auch
grundsätzlich möglich, dass der Arbeitgeber den Anspruch auf eine freiwillige
79
Sonderzahlung daran knüpft, dass das Arbeitsverhältnis über den Auszahlungszeitpunkt
hinaus innerhalb eines bestimmten Zeitraumes fortbesteht, wobei für die zulässige
Bindungsdauer die Höhe der Sonderzahlung maßgeblich ist (BAG Urteil v. 24.10.2007 -
10 AZR 825/06 - EzA § 307 BGB 2002 Nr 26; BAG Urteil 28.03.2007 - 10 AZR 261/06 -
a. a. O; BAG Urteil v. 28.04. 2004 -10 AZR 356/03 - BAGE 110, 244; 21.05.2003 -
80
10 AZR 390/02 - BAGE 106, 159). Solche Klauseln sind selbst dann zulässig, wenn der
Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Bindungsfrist nicht in
der Sphäre des Arbeitnehmers liegt (BAG Urteil v. 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 - a.a.O.
m.w.N.).
ee) Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze, die vom
Bundesarbeitsgericht für einzelvertraglich vereinbarte Sonderzahlungen entwickelt
worden sind, kann im vorliegenden Fall keine sachfremde Schlechterstellung des
Klägers festgestellt werden.
81
1) Entgegen der Auffassung des Klägers erschöpft sich hier der Zweck der Zahlung der
variablen Erfolgsvergütung nicht in der zusätzlichen Honorierung der vergangenen
Arbeitsleistung. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus den Regelungen der
Betriebsvereinbarung. Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters
wie Gesetze auszulegen. (BAG Urteil v. 10.02.2009 - 1AZR 767/07 - juris.de; BAG Urteil
v. 26.08.2008.2008 - 1 AZR 346/07 - Rn. 21, NZA 2009, 161) . Auszugehen ist danach
vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem
Wortsinn sind darüber hinaus der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen
beabsichtigte Zweck der Regelung zu berücksichtigen, sofern sie im Regelungswerk
ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist außerdem auf den
Gesamtzusammenhang der Regelung. Dieser kann Anhaltspunkte für den wirklichen
Willen der Betriebsparteien bieten. Bleiben im Einzelfall weiterhin Zweifel, können die
Gerichte auf weitere Kriterien zurückgreifen, etwa die Entstehungsgeschichte und die
bisherige Anwendung der Regelung in der Praxis. Auch die Praktikabilität denkbarer
Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung
der Vorzug, die zu einer sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und
gesetzeskonformen Regelung führt (BAG 13.12.2005 - 1 AZR 551/04 - EzA BetrVG
2001 § 112 Nr. 16).
82
2) Ausgehend von diesen Auslegungsgrundsätzen beschränkt sich der Zweck der
Leistung nicht nur auf die Honorierung der vergangenen Arbeitsleistung. Die
83
vorliegende Betriebsvereinbarung enthält nicht nur Regelungen über die Bewertung und
Berechnung der variablen Erfolgsvergütung, sondern auch die Voraussetzungen unter
denen die IST-VE nicht zur Auszahlung kommt. In § 1 der Betriebsvereinbarung ist
bereits festgelegt, dass die Betriebsvereinbarung etwa keine Anwendung auf Mitarbeiter
mit befristeten Arbeitsverträgen findet, deren Anstellung nicht auf Dauer angelegt ist.
Dies weist bereits darauf hin, dass die Betriebspartner den erfassen wollen, der auf
Dauer bei der Beklagten beschäftigt und damit an die Beklagte gebunden ist. Die
Vergütung wird an zwei anspruchsbegründende Voraussetzungen geknüpft. Erste
Voraussetzung ist die Erfüllung der Zielvorgabe. Weitere Voraussetzung ist, dass der
Mitarbeiter weder durch Kündigung unterjährig ausscheidet, noch dass das
Arbeitsverhältnis vor dem Auszahlungstag gekündigt wird. Aus der Regelung dieser
zweiten Voraussetzung ergibt sich nach Auffassung der Berufungskammer offenkundig,
dass der Zweck der Leistung auch darin besteht, künftige Betriebstreue zu belohnen.
Wenn man der Auffassung des Klägers folgen würde, hätten die Regelungen in §§ 1, 8
BV keinen Sinn. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die
Betriebspartner eine Regelung in der Betriebsvereinbarung aufnehmen, die keine
Bedeutung haben soll. Der Zweck der variablen Erfolgsvergütung, die Mitarbeiter an das
Unternehmen auch für die Zukunft zu binden und zu motivieren und damit künftige
Betriebstreue zu belohnen, konnte im Falle des ausgeschiedenen Klägers nicht mehr
84
erreicht werden. Der Kläger ist folglich nicht aus sachfremden Gründen von dem
Anspruch auf Zahlung der Erfolgsvergütung ausgeschlossen worden.
3) Nach Auffassung der Berufungskammer ist die Stichtagsregelung auch nicht in Bezug
auf die Bindungsdauer willkürlich und damit unzulässig, obwohl sie für den Kläger dazu
führt, dass er erst vier Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres von seinem
Kündigungsrecht Gebrauch machen konnte, ohne seinen Anspruch auf die variable
Erfolgsvergütung zu verlieren.
85
Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Bindungsklausel sind die Dauer der Bindung,
die Höhe der Sonderzahlung und auch das Auslassen von Kündigungsmöglichkeiten
von Bedeutung. Das Bundesarbeitsgericht hat zu einzelvertraglichen Regelungen (BAG
Urteil v. 28.03.2007 - 10 AZR 261/06 - EzA
86
§ 611 BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 21 m.w.N.; vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz,
Urteil v. 24.04.2008 - 11 Sa 87/08 - ) Grenzwerte für die Zulässigkeit von
Stichtagsklausel und Rückzahlungsklauseln entwickelt. So kann ein Arbeitnehmer,
dessen Zuwendung ein zweifaches Monatsgehalt nicht erreicht, an eine
Rückzahlungsklausel jedenfalls dann nicht über den 30.06. des folgenden Jahres
gebunden werden, wenn er bis dahin mehrere Kündigungsmöglichkeiten hatte (BAG,
24.10.2007 - 10 AZR 825/06 - AP Nr. 32 zu § 307 BGB m.w.N.).
87
Da die Bindungsklausel im vorliegenden Fall in einer Betriebsvereinbarung enthalten
ist, kommt hier wegen § 310 Abs. 4 S. 1 BGB keine Inhaltskontrolle gem. §§ 305 BGB,
sondern ein anderer Maßstab zum Tragen. Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts (BAG Urteil v. 09.12.1981 - 5 AZR 549/79 - EzA § 112 BetrVG
1972 Nr. 24; BAG, Urteil vom 17.02.1981 - 1 AZR 290/78 - AP Nr. 11 zu § 112 BetrVG
1972 m w. N.) unterliegen Betriebsvereinbarungen der Kontrolle zur Übereinstimmung
mit Verfassung, Gesetzesrecht und guten Sitten, sowie der Billigkeitskontrolle, wie sie in
§ 75 BetrVG beschrieben ist. Maßstab der Kontrolle ist die Verpflichtung der
Betriebsorgane, dem Wohl des Betriebes und seiner Arbeitnehmer unter
Berücksichtigung des Gemeinwohls zu dienen. Innerhalb dieser Verpflichtung haben sie
den billigen Ausgleich zwischen den Interessen der Belegschaft und dem Betrieb sowie
den Ausgleich zwischen den verschiedenen Teilen der Belegschaft zu suchen (BAG
Urteil v. 11.06.1975 - 5 AZR 217/74 - EzA § 77 BetrVG 1972 Nr.1). Die gerichtliche
Billigkeitskontrolle bezieht sich auf den Inhalt der getroffenen Regelungen selbst. Es
geht darum, ob die von den Betriebspartnern vereinbarte Regelung in sich der Billigkeit
entspricht oder ob einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen in unbilliger Weise
benachteiligt werden (BAG 17.02.1981 -1 AZR 290/78 - AP Nr. 11 zu § 112 BetrVG
1972; vgl. hierzu auch Rolfs, Die Inhaltskontrolle arbeitsrechtlicher Individual- und
Betriebsvereinbarungen RdA 2006, 349, wonach ein unterschiedlicher
Prüfungsmaßstab für Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen nicht mit § 310 Abs. 4 S.
1 BGB zu vereinbaren ist). Es geht um die Norm als solche (abstrakte
Billigkeitskontrolle), nicht hingegen auf deren Auswirkung auf die einzelnen
Arbeitsverhältnisse (BAG Urteil v. 20.11.1987 - 2 AZR 284/86 - EzA § 620 BGB
Altersgrenze Nr. 1; konkrete Billigkeitskontrolle).
88
Dies haben die Betriebspartner nach Auffassung der Berufungskammer mit der
vorliegenden Regelung beachtet, wobei dahinstehen kann, ob ein unterschied-licher
Prüfungsmaßstab für Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen mit § 310 Abs. 4 S. 1
BGB zu vereinbaren ist.. Die Regelung verstößt nicht gegen Art. 2, 12 GG. Wie
89
ausgeführt, bezweckt die variable Erfolgsvergütung die Mitarbeiter auch in Zukunft an
das Unternehmen zu binden. Es handelt sich um eine generelle Regelung für alle
Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich fallen. Die konkrete Höhe der
Jahressonderzahlung ist in der Betriebsvereinbarung nicht festgelegt, sondern nur,
welche Berechnungsgrößen zu berücksichtigen sind. Sie wird nicht nur durch die
individuelle Ziel-VE, sondern auch durch die Ergebnisse des Konzerns bestimmt (§ 6
BV). Je höher die Verantwortung des Mitarbeiters, je größer ist der Anteil der Ziel-VE an
der Gesamtvergütung (§ 2 BV Abs. 2). Die Stichtagsregelung knüpft sowohl an das
Geschäftsjahr, das im vorliegenden Fall erst am 01.04 des Jahres beginnt und am
31.03. des Folgejahres endet, als auch den Auszahlungszeitpunkt am 15.07. des
Folgejahres an. Die Bindungsfrist nach dem Auszahlungszeitpunkt richtet sich nach der
vereinbarten Kündigungsfrist. Die Regelung orientiert sich mithin mit der Bindung des
Arbeitnehmers an das Unternehmen über den Auszahlungszeitraum hinaus am Zweck
der Leistung. Bei dem Arbeitnehmer, der zu diesem Zeitpunkt bereits gekündigt hat,
kann der Regelungszweck nicht erreicht werden.
Es kann auch nicht die Zeitspanne zwischen dem Ablauf des Geschäftsjahres und der
Auszahlung für die Berechnung und Auszahlung der Ziel-VE insoweit nicht als unbillig
lang angesehen werden. Es ist zu berücksichtigen, dass erst nach Ablauf des
Geschäftsjahres die Berechnungsfaktoren (individuelle Zielvorgabe und die Ergebnisse
des Konzerns) für die tatsächliche Höhe der variablen Vergütung zu ermitteln sind. Das
die Regelung für den Kläger trotz einer Erfolgsvergütung unter zwei Monatsgehältern zu
einer Bindung bis zum 31.12. des Jahres führt, führt nicht zu einer anderen Beurteilung.
Stichtagsregelungen sind für die Schaffung von Ansprüchen vielfach üblich. Sie sind
nicht deshalb unzulässig, weil sie im Einzelfall zu Härten führen (zu Stichtagsregelung
in Sozialplänen, BAG 24. Januar 1996 - 10 AZR 155/95 - EzA BetrVG 1972 § 112 Nr.
83; 5. Oktober 2000 - 1 AZR 48/00 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 141).
Stichtagsregelungen sind Ausdruck einer gebotenen pauschalierten Betrachtung und
aus Gründen der Praktikabilität ungeachtet der damit verbundenen Härten zur
Abgrenzung des begünstigten Personenkreises gerechtfertigt, wenn sich die Wahl der
Stichtagsregelung am gegebenen Sachverhalt orientiert und demnach vertretbar ist
(BAG Urteil v. 12.12.2007 - 10 AZR 24/07 -EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr.
16 unter Hinweis auf BAG, 25.06.2003 - 4 AZR 405/02 - EzA Art 3 GG Nr. 99). Dies ist
hier beachtet worden. Der Kläger muss in der Zeit zwischen Ablauf des
Bezugszeitraums und dem Auszahlungstermin lediglich eine Kündigungsmöglichkeit
am 30.06. des Jahres auslassen, um seinen Anspruch zu erhalten. Dies ist nach
Auffassung der Berufungskammer nicht zu beanstanden. Im Übrigen ergibt sich die
Bindung bis zum 31.12. des Jahres aufgrund der speziellen Kündigungsfrist des
Klägers. Die Betriebsvereinbarung gilt gemäß § 1 für alle Arbeitnehmer, mit Ausnahme
von Auszubildenden, leitenden Angestellten und befristet Beschäftigten, also auch für
Arbeitnehmer mit eventuell gesetzlicher Kündigungsfrist. Für diese Personen ergibt sich
ein erheblich kürzerer Bindungszeitraum. Das Interesse der Belegschaft, eine
zusätzliche variable Erfolgsvergütung zu erhalten und andererseits das Interesse des
Arbeitgebers einen Anreiz für zukünftige Betriebstreue und Motivation zu schaffen, ist
mit der Stichtagsregelung ausreichend abgewogen.
90
Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg und war zurückzuweisen.
91
III. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger als unterlegene Partei nach
92
§ 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
93
IV. Die Kammer hat den entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätz- liche
Bedeutung beigemessen und daher gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 ArbGG für den
Kläger die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.
94
RECHTSMITTELBELEHRUNG
95
Gegen dieses Urteil kann von dem Kläger
96
R E V I S I O N
97
eingelegt werden.
98
Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
99
Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
100
Bundesarbeitsgericht
101
Hugo-Preuß-Platz 1
102
99084 Erfurt
103
Fax: 0361 2636 2000
104
eingelegt werden.
105
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
106
Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als
Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
107
1.Rechtsanwälte,
108
2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse
solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder
Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
109
3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer
der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person
ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser
Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit
vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die
Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
110
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift
unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
111
Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
112
* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
113
gez.: Jansen gez.: Winkels gez.: Frey
114