Urteil des LAG Düsseldorf vom 17.10.2007

LArbG Düsseldorf: aktiven, arbeitsgericht, kontingent, billigkeit, stromlieferung, gas, trennung, zusage, gleichbehandlung, zustellung

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 4 Sa 1279/06
Datum:
17.10.2007
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 Sa 1279/06
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Essen, 6 Ca 3173/06
Schlagworte:
Stromdeputat als Altersversorgung
Normen:
§ 1 I BetrAVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Stromdeputate stellen keine Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung nach der BV vom 21.08.1979 der VEW Dortmund dar.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen
vom 16.08.2006 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten darüber, ob die in einer Betriebsvereinbarung bei der
Rechtsvorgängerin der Beklagten geregelten Energiepreisvergünstigungen für Strom-,
Gas- und Fernwärmelieferungen an Mitarbeiter eine Leistung der betrieblichen
Altersversorgung darstellen, des Weiteren darüber, ob die Leistungen aus dieser
Betriebsvereinbarung durch eine bei der Beklagten geschlossenen
Rahmenbetriebsvereinbarung vom 26.11.2002 wirksam reduziert worden sind.
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Der Kläger war von August 1951 bis August 1982 bei der Vereinigte Elektrizitätswerke
Westfalen AG, Dortmund (VEW) als Diplom-Ingenieur und Betriebswirt beschäftigt.
Zuletzt war er Leiter der Öffentlichkeitsarbeit. Im Jahre 1982 wurde der Kläger
pensioniert. Neben seiner gesetzlichen Rente in Höhe von monatlich 1.398,62 € bezieht
der Kläger eine betriebliche Altersversorgung in Höhe von monatlich 3.538,96 €.
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Im Jahre 2002 fusionierte die VEW im Wege der Verschmelzung mit der S.. Die
Leistungen des Stromdeputates wurden von der Beklagten weitergeführt.
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Bei der VEW beruhten die verbilligten Stromleistungen auf einer Betriebsvereinbarung
vom 21.08.1979 (Bl. 58 ff. d. A.). Der Nachtstrom wurde ohne Begrenzung verbilligt
geliefert. Hinsichtlich des Tagstroms war ein verbilligtes Kontingent in Höhe von 12.000
kWh festgelegt. Die Betriebsvereinbarung galt gemäß Ziffer 5.1.1 und 5.1.2 für die aktiv
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Beschäftigten. Gemäß § 5.1.3 wurde ihr Anwendungsbereich auch auf die Pensionäre
erstreckt.
Nach der Verschmelzung beabsichtigte die Beklagte die Stromlieferung zu
vereinheitlichen.
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Mit Rundschreiben vom 01.10.2003 wurde der Kläger darüber informiert, dass aufgrund
einer ablösenden Betriebsvereinbarung sich die Leistungen geändert haben.
Hinsichtlich des verbilligten Tagstromes wurde das Kontingent auf 6.000 kWh
festgelegt. Bezüglich des verbilligten Nachtstromes wurde ein Kontingent in Höhe von
10.000 kWh eingeführt.
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Mit am 18.05.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz macht der Kläger die
verbilligte Stromlieferung für die Jahre 2004 und 2005 auf der Basis der früheren
Kontingente geltend. Hilfsweise berechnet er seine Klageforderung - vgl. Seite 2 des
Schriftsatzes vom 12.03.2007 in der Berufungsinstanz - so dass er die ersten
verbrauchten kWh auf das Kontingent verrechnete.
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Der Kläger hat hierzu dargelegt, dass es durch die Kürzung des Kontingentes in den
Jahren 2004 und 2005 für ihn zu einer Mehrbelastung in der genannten Höhe
gekommen sei, wie er anhand seiner Berechnungen dargestellt habe.
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Er hat die Auffassung vertreten, dass seine Ansprüche durch eine nachfolgende
Betriebsvereinbarung nicht mehr hätten eingeschränkt werden können, da der
Betriebsrat nicht dafür zuständig sei, Rechte und Pflichten derjenigen Mitarbeiter zu
modifizieren, die bereits aus dem aktiven Arbeitsverhältnis ausgeschieden und in den
Ruhestand eingetreten sind.
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Das Stromdeputat stelle gemäß § 1 Abs. 1 BetrAVG eine Leistung der betrieblichen
Altersversorgung dar. Dies habe zu Folge, dass es nach dem allgemeinen dreistufigen
Prüfungsschema für die Einschränkung von Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung darauf ankomme, dass um so gewichtigere Rechtfertigungsgründe
erforderlich seien, je stärker in den geschützten Besitzstand eingegriffen werde. Solche
Gründe seien hier nicht ersichtlich. Für die Annahme einer betrieblichen
Altersversorgung spreche, dass die verbilligte Stromlieferung auch für die
Hinterbliebenen der Pensionäre gilt. Dies sei für eine normale Entgeltleistung sehr
ungewöhnlich.
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Unmaßgeblich sei, dass das Stormdeputat und die betriebliche Altersversorgung bei der
Beklagten auf unterschiedliche Regelungswerke beruhen. Eine einheitliche
Regelungsquelle sei nicht erforderlich. § 1 Abs. 1 BetrAVG setze auch nicht voraus,
dass es sich um eine Leistung handeln müsse, die den aktiven Arbeitnehmern verwehrt
werde. Schließlich sei für die Annahme einer Leistung der betrieblichen
Altersversorgung nicht erforderlich, dass sich ihre Höhe nach der Dauer der
Betriebszugehörigkeit richtet.
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Selbst wenn hier aber keine Lösung der betrieblichen Altersversorgung vorliegen sollte,
so sei die bisherige Betriebsvereinbarung nicht ordnungsgemäß durch eine neue
Betriebsvereinbarung abgelöst worden. Der Arbeitgeber könne auch dann nicht
schrankenlos in die Besitzstände der Arbeitnehmer eingreifen. Es ergebe sich ein
weitere Vertrauensschutz aus den Grundsätzen der Billigkeit. Der Arbeitgeber habe
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darzulegen, dass der Eingriff den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahre.
Entsprechende Gründe könne die Beklagte aber nicht anführen.
Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.691,32 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2006 zu zahlen.
15
die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass nicht in die geschützten Besitzstände des
Klägers durch die Betriebsvereinbarung eingegriffen worden sei. Das von dem Kläger
angeführte dreistufige Prüfungsschema finde hier keine Anwendung, da das
Stromdeputat keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung darstelle. Die
Betriebsrente und das Stromdeputat würden unabhängig von einander gewährt. Das
Stromdeputat sei zu keinem Zeitpunkt im Zusammenhang mit den Bestimmungen über
die betriebliche Altersversorgung geregelt worden. Die verbilligten Stromleistungen
würden lediglich über den Kreis der aktiv Beschäftigten nach der Pensionierung auch
den in Ruhestand getretenen Arbeitnehmern weitergewährt werden. Der den Leistungen
der betrieblichen Altersversorgung innewohnende Versorgungszweck lasse sich nicht
bejahen, wenn Deputatsleistungen gleichermaßen an Aktive und Ruheständler
erbraucht werden, denn die Leistungen aus betrieblicher Altersversorgung würden
gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG voraussetzen, dass sie durch den Eintritt eines
biologischen Ereignisses ausgelöst würden. Die Gewährung des Stromdeputates
erfolge demgegenüber allein in dem Sinne einer Beibehaltung von Naturalleistungen für
Aktive und auch für Ruheständler. Dies ergebe sich insbesondere aus 5.1.3 der
Betriebsvereinbarung der VEW AG vom 21.08.1979.
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Durch die neue Betriebsvereinbarung habe auch in die Ansprüche der bereits
ausgeschiedenen Pensionäre eingegriffen werden können. Der Anspruch aus der
Betriebsvereinbarung vom 21.08.1979 wandle sich in einem schuldrechtlichen
Anspruch um, der eine Jeweiligkeitsklausel in dem Sinne beinhalte, dass eine spätere
Kollektivrechtliche Regelung für die aktive Belegschaft auch für die Pensionäre
entsprechend gelte.
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Die von dem Kläger angeführte Billigkeitskontrolle stehe der neuen
Betriebsvereinbarung nicht entgegen, da die Ansprüche auf Deputatstrom nicht beseitigt
sondern lediglich vereinheitlicht worden seien. Die Beklagte verletzte mit der neuen
Betriebsvereinbarung auch nicht ihre Vertragstreue, da hier lediglich nach dem
Ablösungs- und Zeitkollisionsprinzip eine Betriebsvereinbarung durch eine andere
ersetzt werde.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die
Gesamtbetriebsvereinbarung vom 23.11.2002 habe die Betriebsvereinbarung vom
21.08.1979 auch bezüglich der Betriebsrentner abgelöst. Das durch die
Rechtsvorgängerin der Beklagten gewährte Stromdeputat stelle keine Leistung der
betrieblichen Altersversorgung dar. Die zum 01.01.2003 Gesamtbetriebsvereinbarung
verletzte nicht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und verstoße nicht gegen den
Vertrauensschutzgedanken. Mit der einheitlichen Regelung des Stromdeputates für die
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aktiv Beschäftigten und für die Betriebsrentner habe der Arbeitgeber gerade nach außen
verdeutlicht, dass er sowohl die aktiv Beschäftigten, als auch die Betriebsrentner
hinsichtlich des Stromdeputates immer gleich behandeln wolle.
Mit der zulässigen Berufung verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
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Er macht insbesondere geltend, dass vorliegend eine Leistung der betrieblichen
Altersversorgung in Frage stehe, wie dies insbesondere in der Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichtes vom 12.12.2006 - 3 AZR 475/05 - zum Ausdruck gekommen sei.
Selbst wenn man jedoch dieser Auffassung nicht folge, könne die Beklagte in der
geschlossenen Gesamtbetriebsvereinbarung nicht rechtswirksam unterschiedliche
Leistungen für aktive Arbeitnehmer und Betriebsrentner gewähren.
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Er beantragt,
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unter Abänderung des am 16.08.2006 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts
Essen die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.691,32 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2006 zu
zahlen,
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hilfsweise,
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die Beklagte zur Zahlung von 1.274,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie rügt zunächst, dass die Höhe der Klageforderung seitens des Klägers nach wie vor
nicht substantiiert dargestellt worden sei, so dass sie hierzu mangels
Nachvollziehbarkeit keine Stellung nehmen könne.
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Des Weiteren hält sie unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens an ihrer
Auffassung fest, dass vorliegend es sich bei dem Deputatstrom, den der Kläger beziehe,
nicht um eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetztes
handle. Unabhängig hiervon sei die Neuregelung in der Gesamtbetriebsvereinbarung
rechtswirksam, weil die Deputatmengen für Aktive und Ruheständler unterschiedlich
hoch hätten festgelegt werden können aus den von ihr im Einzelnen dargestellten
Gründen. Die Neuregelung knüpfe sachgerecht an einen typisierten Höchstverbrauch
von typisierten Haushalten an. Ein schutzwürdiges Vertrauen der ehemals
Beschäftigten der Rechtsvorgängerin der Beklagten dahingehend, dass ihnen dauerhaft
die gleichen Stromdeputatmengen wie aktiven Beschäftigten eingeräumt würden,
besteht nicht. Eine typisierende Unterscheidung zu den aktiven Arbeitnehmern -
Zugrundelegung eines Vierpersonenhaushalts - und Betriebsrentnern - Zugrundelegung
eines Zweipersonenhaushaltes - sei zulässig.
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Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil des
Arbeitsgerichtes und die dort gemachten Ausführungen in den Entscheidungsgründen
sowie den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
33
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
34
I.
35
Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen, auf die ausdrücklich Bezug
genommen wird, die Klage abgewiesen.
36
II.
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Ergänzend hierzu und zu den Einwänden der Berufung ist festzustellen:
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1. Entgegen der seitens der Berufung vertretenen Rechtsauffassung handelt es sich
auch unter Berücksichtigung der in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom
12.12.2006 - 3 AZR 475/05 - vertretenen Rechtsauffassung im vorliegenden Streitfall bei
den Energiepreisvergünstigungen für Strom-, Gas- und Fernwärmelieferung an
Mitarbeiter gemäß der Betriebsvereinbarung vom 21.08.1979 (Bl. 58 ff. d. A.) um keine
Leistung der betrieblichen Altersversorgung.
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a) Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Bundesarbeitsgericht in dieser
Entscheidung nicht festgestellt, ob ein Deputat eine Leistung der betrieblichen
Altersversorgung stets darstellt, sondern allein herausgestellt, dass ein Deputat eine
Leistung der betrieblichen Altersversorgung darstellen kann. Das Bundesarbeitsgericht
stellt dies unter RZ 69 der Entscheidungsgründe heraus, wenn es dort ausführt, dass der
Leistungsbegriff des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG auch Sach- und Nutzleistungen,
insbesondere Deputate erfasst und in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung
vom 11.08.1991 - 3 AZR 395/80 - verweist. Im Übrigen ist das BAG in dem von ihm
entschiedenen Fall davon ausgegangen, dass es aufgrund der dort genannten
Regelungen bei dem Strombezug um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung
gegangen ist (vgl. Rz. 5, 14, 15 des Urteils).
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b) Ist danach insoweit entscheidend, ob der hier zugesagte Strombezug eine Leistung
der betrieblichen Altersversorgung darstellt oder nicht, ist mit der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichtes (vgl. dazu insbesondere BAG vom 11.08.1981 - 3 AZR 395/80 -,
BAG vom 30.10.1980 - 3 AZR 805/79 - betreffend Gewinnbeteiligungen und BAG vom
13.05.1997 - 1 AZR 75/97 - ) davon auszugehen, dass Voraussetzung einer
betrieblichen Altersversorgung ist, dass eine Zusage des Arbeitgebers aus Anlass des
Arbeitsverhältnisses vorliegt, diese Zusage einem Versorgungszweck dient und die
Leistungspflicht durch ein biologisches Ereignis ausgelöst worden ist. Hierbei hat das
Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 28.01.1986 - 3 AZR 312/84 - herausgestellt, dass das
kennzeichnende Merkmal der betrieblichen Altersversorgung ihr Zweck ist, d. h. die
Versorgung des Arbeitnehmers nach dessen Ausscheiden aus dem Beruf oder aus dem
Erwerbsleben zu sichern.
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c) Geht man von diesen Grundsätzen im Streitfall aus, ist zunächst herauszustellen,
dass die Regelungen über die betriebliche Altersversorgung im Streitfall bei der
Rechtsvorgängerin der Beklagten in einer anderen Betriebsvereinbarung enthalten sind
als die hier in Frage stehenden Energiepreisvergünstigungen, die in einer hierauf
bezogenen gesonderten Betriebsvereinbarung im Einzelnen festgelegt worden sind.
Bereits vom äußeren Erscheinungsbild her ist daher seitens der Rechtsvorgängerin der
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Beklagten eine Trennung zwischen Versorgungsleistung und sonstigen Leistungen,
auch an ehemalige Mitarbeiter, vorgenommen worden.
Dieser äußerlichen Trennung entspricht die Zielsetzung der Betriebsvereinbarung
21.08.1979, die mit Energiepreisvergünstigungen für Strom-, Gas- und
Fernwärmelieferungen an Mitarbeiter überschrieben worden ist: Sie richtet sich also
ihrer Zielsetzung nach an Mitarbeiter, d. h. Beschäftigte der Rechtsvorgängerin der
Beklagten. Es wird dann lediglich durch die Regelung in Ziffer 5.1.3 der
Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung auf Pensionäre, die während ihrer aktiven
Dienstzeit ständig Vollbeschäftigte im Sinne des MTV waren und weiterhin ihren
Wohnsitz innerhalb der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlins haben,
erstreckt. Durch die Ausdehnung dieses Anwendungsbereiches sollte also die hier
gewährten Leistungen auch Betriebsrentnern zugute kommen und zwar in dem
Umfange, wie sie aktiven Arbeitnehmern zusteht. Erkennbarer Sinn dieser
Betriebsvereinbarung ist daher allein, aktive Beschäftigte und Ruheständler
gleichzustellen, ohne die hier zugesagten Leistungen zugleich in Form einer
Altersversorgung den Ruheständlern in der Weise zugute kommen zu lassen, dass sie
dann auch nur unter den Voraussetzungen des BetrAVG, das zum Zeitpunkt des
Abschlusses dieser Betriebsvereinbarung bereits in Kraft getreten war, hätten
widerrufen bzw. eingeschränkt werden können.
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Aus dieser vorgehend dargelegten Zielsetzung der hier abgeschlossenen
Betriebsvereinbarung folgt zugleich, dass sie gerade nicht bestimmt ist durch ein
biologisches Ereignis, sondern allein durch die Erwägung, die hier geregelten
Leistungen für aktive Mitarbeiter auch den Betriebsrentnern unter den dargestellten
Voraussetzungen zukommen zu lassen. Damit konnte zugleich - anders als bei
Zusagen, die erkennbar mit der Zielsetzung erfolgten, sie den Ruheständlern als Teil
der betrieblichen Altersversorgung zukommen zu lassen - im Streitfall überhaupt nicht
ein Vertrauen des Klägers darauf entstehen, er werde bei Eintritt in den Ruhestand
besser behandelt als aktiv Beschäftigte. Ihm wurde eine allgemeine Sozialleistung
zugesagt, wie sie in der hier genannten Betriebsvereinbarung geregelt wurde. Gerade
durch die Regelung in Ziffer 6 der Betriebsvereinbarung, wonach sie durch eine andere
Betriebsvereinbarung ersetzt werden konnte, wird deutlich, dass sie seitens der
Betriebspartner gerade nicht als Regelung aufgefasst wurde und werden sollte, die der
betrieblichen Altersversorgung der Betriebsrentner dient.
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2. Die mit Wirkung zum 01.01.2003 abgeschlossene Gesamtbetriebsvereinbarung hat
die Betriebsvereinbarung vom 21.08.1979 wirksam abgelöst.
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Im Anschluss an die Erwägungen des Arbeitsgerichtes sei insoweit noch einmal
herausgestellt
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a) Die hier abgeschlossene Rahmenbetriebsvereinbarung zur Vereinheitlichung und
Harmonisierung der bestehenden unterschiedlichen Deputatregelung unter Einhaltung
des bestehenden Dotierungsrahmens entsprechen den Grundsätzen der Billigkeit,
insbesondere der Gleichbehandlung. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte -
wie im Einzelnen im Termin vor dem Landesarbeitsgericht am 17.10.2007 erörtert wurde
- im Wege einer typisierenden Betrachtung eine unterschiedliche Regelung für die
Betriebsrentner und aktive Beschäftigte vornimmt. Die neue Regelung gewährt für
Aktive ein 100 % Rabattkontingent für 8.400 kWh Haushalts- bzw. Tagstrom und 12.000
kWh Nachtstrom ausgerichtet an einem Vierpersonenhaushalt, für Ruheständler wird -
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ausgerichtet an einem Zweipersonenhaushalt - ein Haushalts- und
Tagesstromkontingent von 6.000 kWh und ein Nachtstromkontingent von 6.000 kWh
jeweils mit 100 % Rabattierrung festgelegt. Diese typisierende Betrachtung ist unter dem
Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht zu beanstanden, weil sie dem
Erfahrungssatz Rechnung trägt, dass Betriebsrentner in der Regel in einem
Zweipersonenhaushalt leben und daher zwangsläufig einen geringeren Stromverbrauch
haben. In gleicher Weise ist nicht zu beanstanden, wenn vor diesem Hintergrund der
Vereinheitlichung im Wege der typisierenden Betrachtung bei aktiven Arbeitnehmern
unabhängig vom Einzelfall ein Vierpersonenhaushalt zugrundegelegt wird. Diese
Regelung entspricht auch der Billigkeit, weil - unabhängig von dieser typisierenden
Betrachtung - bei der Rabattierrung berücksichtigt worden ist, dass der Normalverbrauch
aller Privatkunden 3.700 kWh Haushalts- bzw. Tagstrom im Kalenderjahr beträgt und
der Durchschnittsverbrauch der Deputatsberechtigten bei etwa 5.500 kWh Haushalts-
bzw. Tagstrom im Kalenderjahr liegt, so dass unter diesem Gesichtspunkt - dies hat die
Beklagte im Schriftsatz vom 02.02.2007, dort Seite 8 unbestritten dargelegt - Mengen
von etwa 6.000 kWh als Gratisdeputat für Haushalts- bzw. Tagstrom und 10.000 kWh als
Nachtstrom selbst einen mehr als hohen Normalverbrauch abdecken. Damit hat die
Beklagte zugleich dem Umstand Rechnung getragen, dass aktive Arbeitnehmer bzw.
Betriebsrentner ihren Haushalt häufig auf Stromversorgung umgestellt hatten, so dass
sie insoweit über dem Normalverbrauch aller Privatkunden liegen. Wird dann aber vor
diesem Hintergrund in der Betriebsvereinbarung festgelegt, dass noch Mengen von
etwa 9.000 kWh Haushalts- und Tagstrom und nahezu 14.000 kWh eine Ersparnis für
die Bezugsberechtigten bedeuten und erst darüber hinausgehende weitere Mengen zu
Belastungen führen, kann dies nach Auffassung der Kammer nicht beanstandet werden.
b) Zusammenfassend lässt sich daher auch insoweit feststellen, dass die hier
getroffenen Regelungen in der Betriebsvereinbarung vom 26.11.2002 sowohl die
Interessen der aktiven Arbeitnehmer als auch die Interessen der Ruheständler in
angemessener Weise - und zwar auch im Verhältnis zueinander - berücksichtigen.
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3. Steht daher dem Kläger bereits dem Grunde nach kein Anspruch auf die hier mit dem
Haupt- und dem Hilfsantrag begehrten Beträge zu, bedurfte es keiner weiteren
Auseinandersetzung mehr zu der Frage, ob der Kläger - wie die Beklagte bestreitet - die
Forderungen der Höhe nach nachvollziehbar dargestellte hat. Dies ist nach Auffassung
der Kammer allerdings schon deshalb der Fall, weil es Sache der Beklagten gewesen
wäre, durch eigene Berechnungen darzustellen, aus welchen Gründen die seitens des
Klägers angegebenen Berechnungen und die Grundlagen hierzu unzutreffend gewesen
sein sollen.
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III.
50
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Kammer hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache
für den Kläger zugelassen.
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R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G
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Gegen dieses Urteil kann von dem Kläger
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REVISION
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eingelegt werden.
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Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
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Die Revision muss
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innerhalb einer Notfrist von einem Monat
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nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim
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Bundesarbeitsgericht,
61
Hugo-Preuß-Platz 1,
62
99084 Erfurt,
63
Fax: (0361) 2636 - 2000
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eingelegt werden.
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Die Revision ist gleichzeitig oder
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innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils
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schriftlich zu begründen.
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Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem
deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
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gez.: Dr. Peter gez.: Dr. Offermanns gez.: Lauer
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