Urteil des LAG Düsseldorf vom 23.11.2007

LArbG Düsseldorf: vergütung, nebentätigkeit, zivildienst, treu und glauben, freiwillige leistung, geschäftsführer, zdg, handball, arbeitsgericht, arbeitsentgelt

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 9 Sa 1339/07
Datum:
23.11.2007
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 Sa 1339/07
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Essen, 1 Ca 704/07
Schlagworte:
Zivildienst, Sonderzahlung, Anspruch auf Nebentätigkeit
Normen:
§§ 78 ZDG, 1 ArbPlSchG, 33 ZDG, 133, 157, 242 BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Ergibt die Auslegung einer Vereinbarung über die Zahlung einer
Aufstiegsprämie an einen Handballspieler, dass es sich um eine
Erfolgsprämie handelt, hat der Handballspieler Anspruch auf die
Aufstiegsprämie, wenn der Erfolg während des Zivildienstes des
Handballspielers eintritt.
2. Zum Anspruch auf Ausübung einer Nebentätigkeit während des
Zivildienstes auf Grund Vereinbarung, betrieblicher Übung oder nach
dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen
vom 14.06.2007 – 1 Ca 704/07 – wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Essen vom 14.06.2007 – 1 Ca 704/07 – wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte zu 22 % und
der Kläger zu 78 %.
4. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers und einen Anspruch des
Klägers auf Zahlung einer Aufstiegsprämie.
2
Die Beklagte ist eine Gesellschaft eines Turn- und Sportvereins. Der Kläger steht zu ihr
seit dem 01.07.2005 in einem Arbeitsverhältnis als Handballspieler. Er ist
Hochleistungssportler (Profi-Handballer).
3
Unter dem 05.01.2006 vereinbarten die Parteien einen für den Zeitraum vom 01.07.2006
4
bis 30.07.2007 befristeten Arbeitsvertrag, falls der Verein bis zum Ende der Saison
2005/06 nicht in die 2. Bundesliga aufsteigt, und für den Fall des Aufstiegs in die
2. Bundesliga ein Vertragsende zum 30.06.2008.
Im Arbeitsvertrag vom 05.01.2006 ist u. a. Folgendes vereinbart:
5
㤠2Pflichten des Spielers
6
Der Spieler verpflichtet sich, seine ganz Kraft und seine sportliche Leistungsfähigkeit
uneingeschränkt für die U. HSB GmbH einzusetzen, alles zu tun, um sie zu erhalten und
zu steigern und alles zu unterlassen, was ihm im Allgemeinen und im Besonderen vor
und bei Veranstaltungen der U. HSB GmbH abträglich sein könnte. Gemäß den
Grundsätzen ist der Spieler insbesondere verpflichtet:
7
a)an allen Vereinsspielen und Lehrgängen, am Training – sei es allgemein vorgesehen
oder sei es besonders angeordnet – an allen Spielerbesprechungen und sonstigen der
Spiel- und Wettkampfvorbereitung dienenden Veranstaltungen teilzunehmen. Dies gilt
auch, wenn ein Mitwirken als Spieler oder Ersatzspieler nicht in Betracht kommt;
8
b)sich im Falle einer berufsmäßigen Verletzung oder Erkrankung im Rahmen seiner
Tätigkeit als Handballspieler bei der U. HSB GmbH – hier in Zusammenarbeit mit den
vom Olympiastützpunkt Essen benannten Ärzten, vorrangig dem Team des
angrenzenden Alfried-Krupp-Krankenhauses Essen bzw. dem Bethesda Krankenhaus
Essen sowie dem niedergelassenen Arzt/Internist Dr. X., für das notwendige
Heilverfahren unverzüglich vorzustellen;
9
...
10
§ 4Pflichten der U. HSB GmbH
11
Vergütung
12
Spieljahr 2006/2007 (in der Regionalliga und der 2. Bundesliga):
13
ein monatliches Nettogehalt von 2.500,00 € (in Worten: zweitausendfünfhundert Euro)
14
Spieljahr 2007/2008 (in der 2. Bundesliga):
15
ein monatliches Nettogehalt von 2.500,00 € (in Worten: zweitausendfünfhundert Euro)
16
Spieljahr 2007/2008 (in der 1. Bundesliga):
17
ein monatliches Nettogehalt von 3.000,00 € (in Worten: dreitausend Euro)
18
Der Spieler erhält außerdem im Falle des Aufstiegs in die 1. Bundesliga während der
Vertragslaufzeit eine einmalige Aufstiegsprämie in Höhe von 5.000,00 € netto.
19
...
20
§ 9Vertragsbeginn und –ende
21
...
22
Bedingungen für die Wirksamkeit dieses Vertrages sind:
23
...
24
2. Nachweis der gesundheitlichen Eignung des Spielers als Leistungssportler. Hierfür
erforderliche Untersuchungen führt ein von der U. HSB GmbH benannter Arzt durch.
25
...“
26
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Arbeitsvertrag vom 05.01.2006 Bezug
genommen.
27
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Handballmannschaft der Beklagten ab
der Saison 2007/08 in der 1. Handball-Bundesliga spielt.
28
Der Kläger erkrankte im März 2006 und wurde spielunfähig.
29
Mit Bescheid vom 15.08.2006 wurde er für die Zeit vom 02.01. bis 30.09.2007 zum
Zivildienst einberufen.
30
Ein Mitarbeiter der Beklagten unterstützte den Kläger bei der Suche nach einer
Einrichtung, in der er seinen Zivildienst absolvieren konnte. Per E-Mail vom 08.06.2006
teilte der Mitarbeiter dem Spielerberater des Klägers mit, der Kläger müsse sich
kurzfristig bei der Caritas Essen vorstellen und „die ganze Zivi-Zeit begleitet die Caritas
Essen positiv, damit E. auch seinen Job beim U. weiter gut erfüllen kann ...“.
31
Unter dem 22.09.2006 vereinbarten die Parteien, dass der Kläger aus gesundheitlichen
Gründen mit Wirkung vom 23.09. bis 31.12.2006 beurlaubt wird und während dieser Zeit
ein monatliches Bruttogehalt von 401,00 € und für September 2006 anteilig 107,00 €
erhält. Weiter heißt es in der Vereinbarung:
32
„Ab 01.01.07 tritt der am 01.07.06 geschlossene Arbeitsvertrag wieder in Kraft. Weitere
Absprachen wurden nicht getroffen.“
33
Am 02.01.2007 nahm der Kläger den Zivildienst in einer Einrichtung des
Caritasverbandes auf. Mit Schreiben vom 07.03.2007 erteilte ihm dieser rückwirkend ab
dem 02.01.2007 die Genehmigung zu einer Nebentätigkeit als Profi-Handballer in
seiner Freizeit bei der Beklagten im Umfang von 8 bis 10 Wochenstunden.
34
Bei der Beklagten ist der Handballspieler X. beschäftigt, der zur gleichen Zeit wie der
Kläger Zivildienst in einer Einrichtung des Caritasverbandes geleistet hat. Für den
Zeitraum vom 01.07.2006 bis 30.06.2007 hat die Beklagte mit Herrn X. einen
Anstellungsvertrag für geringfügig Beschäftigte mit einer durchschnittlichen
wöchentlichen Arbeitszeit von ca. 10 Stunden und einer monatlichen Vergütung von
400,00 € vereinbart. Unstreitig konnte Herr X. während seines Zivildienstes im Rahmen
einer Nebentätigkeit bei der Beklagten weiter zu der vereinbarten Vergütung tätig
werden. Im Jahr 2006 leisteten die Handballspieler S. und C. Zivildienst. Auch sie
wurden bei der Beklagten während des Zivildienstes gegen eine Vergütung, über deren
Höhe die Parteien streiten, beschäftigt.
35
Der Kläger erschien Anfang Januar 2007 zum Training, wurde aber zurückgewiesen.
Nach einer ärztlichen Bescheinigung des Herrn Dr. E. vom 03.01.2007 war der Kläger
zu diesem Zeitpunkt wieder arbeitsfähig. In einer weiteren Bescheinigung des Herrn Dr.
E. vom 09.01.2007 heißt es, der Kläger könne nach einer umfassenden sportärztlichen
Untersuchung wieder mit dem Training beginnen. Für Tätigkeiten mit durchschnittlichen
körperlichen Belastungen sei er wieder arbeitsfähig. Ein Einsatz im Profisport sei
allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu verantworten. Herr Dr. T. bescheinigte
dem Kläger am 15.03.2007, er sei intensiv internistisch und sportmedizinisch untersucht
worden, leide derzeit an keiner akuten Erkrankung und könne wieder leistungsbezogen
trainieren.
36
Am 25.10.2007 wurde der Kläger von einer Ärztin für Orthopädie des Alfried-Krupp-
Krankenhauses untersucht. In ihrem Bericht vom 30.10.2007 heißt es u. a., eine
Sporttauglichkeit des Klägers auf Hochleistungs- bzw. Profi-Niveau bestehe noch nicht.
Bei einem Mannschaftstraining würde der Kläger auf austrainierte Hochleistungssportler
treffen, die ihn wegen der eigenen zurzeit noch schlechten konditionellen und
muskulären Verfassung im Zweikampf erheblich verletzen könnten.
37
Der Kläger hat mit seiner am 20.02.2007 bei dem Arbeitsgericht Essen eingegangenen
Klage zunächst für Januar 2007 die nach dem Arbeitsvertrag vom 05.01.2006
vereinbarte Vergütung verlangt und seine Klage danach wiederholt erweitert.
38
Er hat behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe nach Vermittlung der
Zivildienststelle für ihn, den Kläger, am 29.09.2006 gegenüber seinem Spielerberater
erklärt: „So wie die Sache jetzt aussieht, haben wir E. ab dem 01.01.2007 wieder voll auf
der Gehaltsliste“. Er hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis mit der
Beklagten ruhe während seines Zivildienstes nicht. Die Vermittlung des
Caritasverbandes durch die Beklagte sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass
gewährleistet sein sollte, dass er, der Kläger, weiterhin am Training und am Spielbetrieb
teilnehme. Dabei sei vereinbart worden, dass er von einem Teil des Trainingsbetriebs
befreit werde. Er sei auch wieder voll einsatzfähig.
39
Der Kläger hat beantragt,
40
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.500,00 € netto zzgl. Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB aus einem Betrag
in Höhe von jeweils 2.500,00 € netto seit dem 01.02.2007, seit dem 01.03.2007, seit
dem 01.04.2007, seit dem 02.05.2007 und seit dem 01.06.2007 zu zahlen;
41
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 5.000,00 € netto zzgl. Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB seit dem
01.06.2007 zu zahlen;
42
3. die Beklagte zu verpflichten, während der Dauer des Zivildienstes des Klägers in der
Zeit vom 02.01.2007 bis zum 30.09.2007 die Gehaltszahlungen für die Monate Juni, Juli,
August und September 2007 in Höhe von jeweils 2.500,00 € netto pünktlich zu zahlen.
43
Die Beklagte hat beantragt,
44
die Klage abzuweisen.
45
Sie hat die behauptete Vereinbarung in Abrede gestellt und die Auffassung vertreten,
der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz finde keine Anwendung. Der
Vergütungsanspruch des Klägers scheitere auch daran, dass dieser nach wie vor
keinen Hochleistungssport betreiben dürfe.
46
Das Arbeitsgericht Essen hat die Beklagte durch Urteil vom 14.06.2007, auf dessen
Inhalt Bezug genommen wird, verurteilt, an den Kläger 5.000,00 € netto zuzüglich
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2007 zu
zahlen, und die Klage im Übrigen abgewiesen.
47
Gegen das ihr am 24.07.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am
06.08.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung
eingelegt und diese mit einem am 24.09.2007 bei dem Landesarbeitsgericht
eingegangenen Schriftsatz begründet.
48
Der Kläger hat gegen das ihm am 23.07.2007 zugestellte Urteil mit einem am
14.08.2007 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung
gleichzeitig begründet.
49
Er trägt ergänzend vor, die Beklagte hätte ihn nur von den Vormittags-
Trainingseinheiten am Dienstag und Mittwoch für jeweils zwei Stunden freistellen
müssen. Auch die Spieler X., C. und S. habe sie von Teilen des Trainingsbetriebs
freigestellt, soweit es zu Kollisionen mit dem Zivildienst gekommen sei.
50
Der Kläger beantragt,
51
das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 14.06.2007 – 1 Ca 704/07 – teilweise
abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 18.000,00 € netto nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.500,00 €
seit dem 01.02.2007, 01.03.2007, 01.04.2007, 02.05.2007, 01.06.2007 und 01.07.2007
sowie aus 3.000,00 € seit dem 01.08.2007 zu zahlen.
52
Die Beklagte beantragt
53
1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen;
54
2. das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 14.06.2007 – 1 Ca 704/07 – teilweise
abzuändern und die Klage auch insoweit abzuweisen, als die Beklagte zur Zahlung von
5.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 01.06.2007 verurteilt wurde.
55
Der Kläger beantragt,
56
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
57
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze und den
sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
58
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
59
Beide Berufungen sind zulässig (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG,
519, 520 Abs. 3 ZPO), jedoch unbegründet.
60
1.Die Klage ist in vollem Umfang zulässig.
61
Der Kläger begehrt im Berufungsverfahren die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung
einer monatlichen Vergütung von 2.500,00 € netto für den Zeitraum Januar bis Juni
2007 und einer weiteren Vergütung von 3.000,00 € netto für Juli 2007. Vor dem
Arbeitsgericht hat er für Juli 2007 lediglich eine Vergütung in Höhe von 2.500,00 € netto
verlangt. Die Klageerweiterung im Berufungsverfahren ist, auch wenn die Beklagte ihr
widersprochen hat, zulässig.
62
Nach § 533 ZPO, der auch im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren Anwendung
findet (§ 64 Abs. 6 ArbGG), ist eine Klageänderung im Berufungsverfahren nur zulässig,
wenn 1. der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und 2. die
Klageänderung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner
Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde
zu legen hat. Änderungen des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 und 3 ZPO sind auch in
der Berufungsinstanz nicht als Klageänderung anzusehen; § 533 ZPO findet auf sie
keine Anwendung (BGH vom 19.03.2004, NJW 2004, S. 2152).
63
Nach § 264 Nr. 2 ZPO ist es als eine Änderung der Klage u. a. nicht anzusehen, wenn
ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache erweitert wird. Da
schon im Verfahren vor dem Arbeitsgericht von den Parteien vorgetragen worden ist,
dass die Handballmannschaft der Beklagten ab der Saison 2007/08 in der 1. Handball-
Bundesliga spielt, ergab sich schon aus dem erstinstanzlichen Vorbringen, dass die
Vergütung des Klägers gemäß § 4 des Arbeitsvertrages 3.000,00 € netto beträgt. Damit
gilt die Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung.
64
Vergütungsansprüche für August und September 2007 hat der Kläger im
Berufungsverfahren nicht mehr geltend gemacht.
65
Der auf die Aufstiegsprämie gerichtete Zahlungsantrag des Klägers ist ebenfalls
zulässig.
66
2.Insoweit ist die Klage auch begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger
gemäß § 4 des Arbeitsvertrages wegen des Aufstiegs der Handballmannschaft in die 1.
Handball-Bundesliga die zugesagte Aufstiegsprämie in Höhe von 5.000,00 € netto zu
zahlen.
67
a)Dem Anspruch des Klägers steht nicht entgegen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen
den Parteien nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 ZDG i. V. m. § 1 Abs. 1 ArbPlSchG in der Zeit vom
02.01.2007 bis 30.09.2007 geruht hat. Nach § 1 Abs. 1 ArbPlSchG ruht das
Arbeitsverhältnis während des Wehrdienstes, wenn ein Arbeitnehmer zum
Grundwehrdienst oder zu einer Wehrübung einberufen wird. Wird ein Arbeitnehmer zum
Zivildienst einberufen, findet § 1 Abs. 1 ArbPlSchG nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 ZDG
entsprechende Anwendung. Die Bestimmung des Ruhens des Arbeitsverhältnisses hat
zur Folge, dass die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis entfallen. Die
Betriebszugehörigkeit bleibt dagegen erhalten (BAG vom 29.03.1974, AP Nr. 2 zu § 19
BetrVG 1972).
68
Auch einzelne Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis können trotz des Ruhens
des Arbeitsverhältnisses bestehen bleiben. Dies ergibt sich mittelbar aus § 4 Abs. 1
ArbPlSchG, nach dem der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf
Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat, den der Arbeitnehmer Wehrdienst
leistet, kürzen kann, sowie aus § 3 ArbPlSchG, nach dem das Ruhen des
Arbeitsverhältnisses die Verpflichtung zur Überlassung von Wohnraum unberührt lässt
(Abs. 1), der Arbeitnehmer hierfür jedoch eine Entschädigung zu zahlen hat, wenn die
Überlassung des Wohnraumes einen Teil des Arbeitsentgelts bildet (Abs. 3) und
Sachbezüge auf Verlangen weiterzugewähren sind (Abs. 4). Nebenverpflichtungen wie
die Verschwiegenheitspflicht oder das Wettbewerbsverbot sind daher auch während
des Wehrdienstes oder Zivildienstes einzuhalten (Thiel in ErfK, 7. Aufl., § 1 ArbPlSchG,
Rdn. 6). Das Wahlrecht zum Betrieb haben auch Arbeitnehmer, die Wehrdienst oder
Zivildienst leisten (BAG vom 29.03.1974, a.a.O.).
69
Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Sonderzahlung zugesagt, folgt somit nicht
allein daraus, dass der Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt, zu dem die Sonderzahlung fällig
ist, Wehrdienst oder Zivildienst leistet, dass er keinen Anspruch auf die Sonderzahlung
hat. Maßgeblich ist vielmehr der Inhalt der Vereinbarung, ob sie also dahingehend
auszulegen ist, dass die Sonderzahlung während des Wehrdienstes entfällt oder
gekürzt werden kann (ebenso Sahmer/Busemann, Arbeitsplatzschutzgesetz, E § 1 Rdn.
7 ff.). Ergibt etwa die Auslegung einer Vereinbarung, dass eine Sonderzahlung reinen
Entgeltcharakter hat und mit ihr kein anderer Zweck verfolgt wird als die Entlohnung
tatsächlicher Arbeitsleistung, besteht für die Zeit, in der das Arbeitsverhältnis ruht, kein
Zahlungsanspruch (hierzu für den Erziehungsurlaub: BAG vom 22.10.1997 –
10 AZR 44/07 – Juris; BAG vom 19.04.1995, AP Nr. 173 zu § 611 BGB Gratifikation).
70
Die von den Parteien vereinbarte Leistung einer Aufstiegsprämie für den Fall des
Aufstiegs in die 1. Bundesliga ist nicht daran geknüpft, dass der Spieler während eines
bestimmten Zeitraums in der Handballmannschaft der Beklagten gespielt haben muss.
Dies ist weder ausdrücklich geregelt noch ist aus sonstigen Umständen ersichtlich, dass
die Beklagte den Willen hatte, die Aufstiegsprämie lediglich als Gegenleistung für
erbrachte Spielleistungen des Klägers zu gewähren. Da die Aufstiegsprämie schon zur
Zeit des Abschlusses des Arbeitsvertrages versprochen wurde, hätte die Beklagte,
wenn ein solcher Wille bestanden hätte, auch lediglich eine anteilige Kürzung für die
Zeit des Ruhens des Arbeitsverhältnisses vereinbaren können. Das Fehlen einer
Kürzungsvereinbarung spricht daher ebenfalls dafür, dass die Aufstiegsprämie keinen
reinen Entgeltcharakter hat.
71
Die vertraglichen Anspruchsvoraussetzungen sind mithin nicht in der Weise
ausgestaltet, dass der Zivildienst des Klägers zum vollständigen oder teilweisen Wegfall
des Anspruchs auf die Aufstiegsprämie führt. Es genügt vielmehr, dass der für die
Prämienzahlung vorausgesetzte Erfolg, der Aufstieg in die 1. Bundesliga während der
Vertragslaufzeit, eingetreten ist. Auf den Beitrag des Klägers zu diesem Erfolg kommt es
nicht an.
72
b)Dies gilt auch im Hinblick auf seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit ab März
2006. Nach der Rechtsprechung des BAG entsteht zwar kein Anspruch auf eine
Sonderzuwendung für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, in denen kein Anspruch auf
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG besteht, wenn
es sich um eine arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlung handelt (BAG vom
21.03.2001, AP Nr. 1 zu § 4 b EFZG). Die Auslegung der Vereinbarung über die
73
Aufstiegsprämie ergibt jedoch, dass diese nicht als Sonderzahlung mit reinem
Entgeltcharakter ausgestaltet ist, da ein derartiger Wille der Beklagten nicht erkennbar
ist. Eine Kürzungsvereinbarung für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit (§ 4 a Satz 1 EFZG)
haben die Parteien ebenfalls nicht getroffen.
c)Zinsen in der geltend gemachten Höhe kann der Kläger ab dem 01.06.2007 gemäß
§§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1, 247 BGB verlangen. Diesem Anspruch ist die
Beklagte nicht entgegengetreten.
74
3.Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
75
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger für die Monate Januar bis Juli 2007 aus
dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges (§ 615 BGB) das vereinbarte Arbeitsentgelt
zu zahlen, da die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis während des
Zivildienstes des Klägers geruht haben, eine Vereinbarung über eine Tätigkeit des
Klägers für die Beklagte während des Zivildienstes nicht zustande gekommen ist und
die Beklagte auch nicht aufgrund betrieblicher Übung oder des arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet war, den Kläger während des Zivildienstes
zu der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung zu beschäftigen.
76
a)Der Kläger hat keinen Anspruch auf das nach § 4 des Arbeitsvertrages vom
05.01.2006 vereinbarte Arbeitsentgelt in Höhe von 2.500,0 € netto bzw. 3.000,00 € netto
für die Dauer seines Zivildienstes, da infolge des nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 ZDG i. V. m. § 1
Abs. 1 ArbPlSchG bestimmten Ruhens seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten
deren Hauptleistungspflicht und damit deren Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts als
Gegenleistung für die Spielleistung des Klägers entfallen ist. Die Beklagte konnte daher
aufgrund des Arbeitsvertrages vom 05.01.2006 nicht in Annahmeverzug geraten.
77
b)Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf das nach § 4 des Arbeitsvertrages vom
05.01.2006 vereinbarte Arbeitsentgelt, weil die Parteien vereinbart haben, dass er
während seines Zivildienstes für die Beklagte tätig wird und dafür die nach dem
Arbeitsvertrag vom 05.01.2006 vereinbarte Vergütung erhält. Nach § 33 Abs. 1 ZDG
bedarf der Zivildienstleistende zur Ausübung einer Nebentätigkeit der Genehmigung,
die nur versagt werden darf, wenn die Nebentätigkeit die Dienstleistung gefährdet oder
den dienstlichen Erfordernissen zuwider läuft. Die Vereinbarung einer Nebentätigkeit für
die Dauer des Zivildienstes bei Fortzahlung des bisherigen Arbeitsentgelts (oder auch
einer geänderten Vergütung) war daher zulässig.
78
Aus dem unstreitigen Vorbringen der Parteien sowie dem bestrittenen Vorbringen des
Klägers ergibt sich jedoch nicht, dass zwischen ihnen eine Vereinbarung über eine
Nebentätigkeit des Klägers während seines Zivildienstes zustande gekommen ist. Der
Zusatzvereinbarung vom 22.09.2006 lässt sich eine solche Vereinbarung nicht
entnehmen. Aus dem Wortlaut der Klausel, ab 01.01.2007 trete der am 01.07.2006
geschlossene Arbeitsvertrag wieder in Kraft, kann nicht geschlossen werden, dass das
Arbeitsverhältnis während des Zivildienstes auf der Basis einer Nebentätigkeit bei
Fortzahlung des vereinbarten Arbeitsentgelts fortgesetzt werden soll. Zum Ausdruck
gebracht wird damit lediglich, dass die für die Zeit vom 23.09. bis 31.12.2006
vereinbarten Sonderregelungen ab dem 01.01.2007 nicht mehr gelten, sondern sich ab
diesem Zeitpunkt der Inhalt des Arbeitsverhältnisses wieder nach dem Arbeitsvertrag
vom 05.01.2006 richtet. Das kraft Gesetzes eintretende Ruhen des Arbeitsverhältnisses
mit dem Beginn des Zivildienstes am 02.01.2007 bleibt somit von der Vereinbarung
79
unberührt und wird durch sie nicht ausgeschlossen.
Auch aus der E-Mail vom 08.06.2006 ergibt sich nicht, dass zwischen den Parteien eine
Vereinbarung über eine Nebentätigkeit des Klägers während seines Zivildienstes
zustande gekommen ist. Zu diesem Zeitpunkt stand noch nicht einmal fest, dass der
Kläger den Zivildienst in einer Einrichtung des Caritasverbandes in Essen leisten
würde. Die Beklagte hatte daher keine Veranlassung, schon zu diesem Zeitpunkt mit
dem Kläger zu vereinbaren, dass und zu welchen Bedingungen er nach Beginn seines
Zivildienstes für sie tätig wird. Deutlich wird allerdings aus dem Inhalt der E-Mail, dass
bei der Beklagten die Absicht bestand, mit dem Kläger eine Nebentätigkeit für die Zeit
seines Zivildienstes zu vereinbaren. Eine vertragliche Bindung ist durch die Erklärungen
des Mitarbeiters der Beklagten, der die E-Mail verfasst hat, jedoch nicht eingetreten.
Ohnehin war dieser nicht bevollmächtigt, rechtsgeschäftliche Willenserklärungen für die
Beklagte abzugeben (§ 164 BGB). Das ist zwischen den Parteien unstreitig.
80
Selbst wenn es zutrifft, dass der Geschäftsführer der Beklagten am 29.09.2006
gegenüber dem Spielerberater des Klägers erklärt hat: „So wie die Sache jetzt aussieht,
haben wir E. ab dem 01.01.2007 wieder voll auf der Gehaltsliste“ kann schließlich auch
aus dieser Äußerung nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass eine
Vereinbarung zwischen den Parteien über eine Nebentätigkeit des Klägers während
seines Zivildienstes zustande gekommen ist. Zwar bestätigt eine solche Äußerung, dass
auch der Geschäftsführer der Beklagten die Absicht hatte, mit dem Kläger eine
Nebentätigkeit zu vereinbaren. Ein Wille, sich schon zu diesem Zeitpunkt vertraglich zu
binden, geht aus ihr indessen nicht ohne Weiteres hervor. Vielmehr kann die einleitende
Erklärung: „So wie die Sache jetzt aussieht“ so gemeint gewesen sein, dass der
Geschäftsführer der Beklagten Änderungen nicht ausschließen wollte.
81
Weitere Tatsachen, insbesondere in welchem Zusammenhang und unter welchen
Umständen die Äußerung getätigt wurde, hat der Kläger nicht vorgetragen. Damit kann
dahingestellt bleiben, ob der Geschäftsführer der Beklagten die Erklärung überhaupt
abgegeben hat. Denn auch wenn dies zutrifft, genügt der dargelegte Inhalt nicht, um aus
ihr eine vertragliche Zusage der Beklagten zu entnehmen. Denkbar ist auch, dass ihr
Geschäftsführer erst zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden wollte, ob und in welcher
Weise eine Vereinbarung mit dem Kläger über eine Nebentätigkeit während des
Zivildienstes getroffen wird.
82
c)Auch aufgrund betrieblicher Übung ist die Beklagte nicht verpflichtet, an den Kläger für
Januar bis Juli 2007 die geltend gemachte Vergütung zu zahlen. Nach ständiger
Rechtsprechung des BAG ist unter einer betrieblichen Übung die regelmäßige
Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen
die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf
Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten
des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend
angenommen wird, erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen
Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der
Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger das Verhalten des
Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände
(§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte (BAG vom 18.04.2007, AP Nr. 54 zu § 1
TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag m. w. N.).
83
Inhalt einer betrieblichen Übung kann jeder Gegenstand sein, der arbeitsvertraglich
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geregelt werden kann (BAG vom 13.06.2007, AP Nr. 78 zu § 242 BGB Betriebliche
Übung). Damit kann ein Arbeitgeber auch zum Angebot einer Nebentätigkeit bei
Weitergewährung der bisherigen Vergütung während des Zivildienstes des
Arbeitnehmers aufgrund betrieblicher Übung verpflichtet sein. Eine betriebliche Übung
mit einem solchen Inhalt ist bei der Beklagten aber nicht entstanden. Denn die bei ihr
beschäftigten Spieler konnten aus ihrem Verhalten nicht schließen, sie wolle jedem
Zivildienstleistenden – unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalles –
einen Anspruch auf eine Nebentätigkeit und Zahlung der bisherigen Vergütung
einräumen.
Die Anforderungen an den Erklärungswert eines Verhaltens des Arbeitgebers
bestimmen sich nach der Art des Verhaltens, das eine betriebliche Übung begründen
soll (BAG vom 13.06.2007, a.a.O.). Unstreitig hat die Beklagte im Jahr 2006 zwei
Spielern und im Jahr 2007 einem Spieler eine Nebentätigkeit bei ihr ermöglicht. Dass
sie sich dadurch für die Zukunft individualrechtlich binden wollte, konnte der Kläger aber
schon deshalb nicht annehmen, weil erst nach Erteilung der
Nebentätigkeitsgenehmigung durch die Zivildienststelle feststeht, in welchem zeitlichen
Umfang der Spieler für die Nebentätigkeit zur Verfügung steht und die Beklagte auch
erst dann und nach Kenntnis der Einzelheiten über die zeitliche Inanspruchnahme durch
den Zivildienst beurteilen kann, ob ein Einsatz des Spielers während des Zivildienstes
überhaupt sinnvoll ist. Auch hinsichtlich der Höhe der Vergütung für die Nebentätigkeit
ist zu bedenken, dass sich das Arbeitsentgelt grundsätzlich danach bemisst, welche
Leistungen der Spieler jeweils erbringt. Deshalb kann die dreimalige Vereinbarung
einer Nebentätigkeit mit einer unveränderten Vergütung nicht den Schluss darauf
rechtfertigen, dass die Beklagte in Zukunft unabhängig von Art und Umfang der
Leistungen eines Spielers während der Nebentätigkeit stets die bisherige Vergütung
weitergewähren wollte. Für einen solchen Bindungswillen fehlen hinreichende
Anhaltspunkte.
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d)Kann der Kläger damit seinen Zahlungsanspruch nicht auf eine vertragliche
Grundlage stützen, kommt noch in Betracht, dass die Beklagte ihm zum Ersatz des
Schadens verpflichtet ist, den er dadurch erlitten hat, dass sie ihm keine Nebentätigkeit
für die Zeit des Zivildienstes bei Fortzahlung der bisherigen Vergütung angeboten hat.
Zwar hat der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit keinen Antrag gestellt, der darauf
gerichtet ist, zwischen den Parteien einen Vertragsschluss mit Rechtskraft des
stattgebenden Urteils gemäß § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO herbeizuführen (vgl. hierzu BAG
vom 23.01.2007, AP Nr. 8 zu § 2 ATG; BAG vom 16.05.2007, AP Nr. 14 zu § 1 KSchG
1969 Wiedereinstellung m. w. N.). Hatte er aber einen Anspruch darauf, dass die
Beklagte aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses ihm
eine Nebentätigkeit bei Fortzahlung der nach dem Arbeitsvertrag vom 05.01.2006
vereinbarten Vergütung anbietet, kann das Unterlassen des Angebots einen
Schadensersatzanspruch in Höhe der entgangenen Vergütung auslösen (§ 280 Abs. 1
BGB).
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e)Der Auffassung des Klägers, die Beklagte sei aufgrund des arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet gewesen, ihm eine Nebentätigkeit zu
diesen Bedingungen anzubieten, vermag das Berufungsgericht indessen nicht zu
folgen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die sachfremde
Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in
vergleichbarer Lage ebenso wie die sachfremde Differenzierung zwischen
Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Unzulässig ist sowohl die willkürliche
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Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch eine
sachfremde Gruppenbildung. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die
unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also bei einer am
Gleichheitsgedanken orientierten Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich
anzusehen ist. Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur
eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell vereinbarte Löhne
und Gehälter Vorrang hat. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch dann ein,
wenn der Arbeitgeber Leistungen aufgrund einer generellen Regelung gewährt,
insbesondere, wenn er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Von einer
solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen
(BAG vom 06.06.2007, EzA § 4 TVG Luftfahrt Nr. 15; BAG vom 14.03.2007, AP Nr. 204
zu § 242 BGB Gleichbehandlung m. w. N.).
Gewährt der Arbeitgeber aufgrund einer abstrakten Regelung eine freiwillige Leistung
nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip und legt er gemäß dem mit der
Leistung verfolgten Zweck die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistung fest, darf er
einzelne Arbeitnehmer von der Leistung nur ausnehmen, wenn dies sachlichen Kriterien
entspricht. Arbeitnehmer werden dann nicht sachfremd benachteiligt, wenn sich nach
dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände
rechtfertigen, diesen Arbeitnehmern die den anderen Arbeitnehmern gewährte Leistung
vorzuenthalten. Ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht
gerechtfertigt, kann der benachteiligte Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der
begünstigten Arbeitnehmer behandelt zu werden (BAG vom 28.03.2007, AP Nr. 265 zu
§ 611 BGB Gratifikation). Werden einzelne Arbeitnehmer jedoch unabhängig von
abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen besser gestellt, können sich
andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen,
weil es am notwendigen kollektiven Bezug als Anknüpfungspunkt dafür fehlt, einer
Ungleichbehandlung entgegenzuwirken (BAG vom 29.09.2004, AP Nr. 192 zu § 242
BGB Gleichbehandlung).
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In Anwendung dieser Grundsätze bejaht die Berufungskammer zunächst die Geltung
des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes für den vorliegenden Streitfall.
Denn die Beklagte hat drei Spielern während ihres Zivildienstes eine
Weiterbeschäftigung bei ihr ermöglicht. Sie hat nicht dargelegt, dass es sich um
Einzelfälle handele und andere Spieler während des Zivildienstes nicht von ihr
weiterbeschäftigt wurden. Auch im Fall des Klägers bestand bei ihr, wie aus der E-Mail
vom 08.06.2006 hervorgeht, ursprünglich die Absicht, ihn während des Zivildienstes zu
beschäftigen. Die Beklagte hat den Spielern X., S. und C. auch deren bisherige
Vergütung weitergewährt. Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Was die Vergütung
der Spieler S. und C. betrifft, streiten sie zwar über die Höhe der während des
Zivildienstes diesen Spielern gewährten Vergütung, nicht aber darüber, dass die
bisherige Vergütung weiterhin gezahlt wurde. Damit liegt ein kollektiver Tatbestand vor.
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wäre nur dann nicht zu Gunsten des
Klägers anwendbar, wenn dessen Tätigkeit bei der Beklagten mit der der drei weiteren
Spieler nicht vergleichbar ist. Dies beurteilt sich danach, welche Zwecke die Beklagte
mit dem Angebot einer Nebenbeschäftigung während des Zivildienstes verfolgt.
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Es oblag ihr, im vorliegenden Rechtsstreit vorzutragen, welche Voraussetzungen ein
Spieler erfüllen muss, um in den Genuss einer Nebenbeschäftigung während des
Zivildienstes zu gelangen. Sie hat jedoch lediglich dargelegt, der Kläger sei mit dem
Spieler X. nicht vergleichbar, weil dieser als geringfügig Beschäftigter nur 10 Stunden
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mit einer Vergütung von monatlich 400,00 € im Amateurbereich spiele, und mit den
Spielern S. und C. nicht, weil diese ebenfalls nur Amateurspieler gewesen seien,
monatlich nur 650,00 € bzw. 600,00 € verdient und nur an Wochenenden gespielt
hätten. Hieraus lässt sich nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die
Beklagte ihren Spielern eine Nebenbeschäftigung während des Zivildienstes bei
Fortzahlung der bisherigen Vergütung anbietet. Die Beklagte hat auch nicht behauptet,
nach dem Zweck ihrer Regelung seien Profispieler ausgenommen. Hiergegen spricht
überdies schon der Umstand, dass auch der Kläger nach den ursprünglichen
Planungen bei der Beklagten während des Zivildienstes weiterbeschäftigt werden sollte.
Ergibt sich damit, dass Profispieler wie der Kläger zur Gruppe der Spieler gehören, die
von der Regelung erfasst werden, hat die Beklagte den arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz allerdings dennoch nicht verletzt, wenn sie billigenswerte
Gründe dafür hatte, den Kläger nicht zu seiner bisherigen Vergütung im Rahmen der
ihm vom Caritasverband genehmigten Nebentätigkeit zu beschäftigen. Solche Gründe
bestanden nach Auffassung der Berufungskammer, weil nach mehrmonatiger
Spielunfähigkeit des Klägers zu Beginn des Zivildienstes und während dessen
gesamter Dauer objektiv zweifelhaft war, ob der Kläger in vollem Umfang als Profi-
Handballspieler einsatzfähig war. Seine Sporttauglichkeit im Profi-Handball verneinen
nicht nur der ärztliche Bericht vom 30.10.2007 und die Bescheinigung des Herrn Dr. E.
vom 09.01.2007. Auch aus der Bescheinigung des Herrn Dr. T. vom 15.03.2007 ergibt
sich lediglich die Aussage, dass der Kläger wieder leistungsbezogen trainieren kann.
Eine Stellungnahme zu seiner Sporttauglichkeit im Profi-Handball enthält selbst dieses
Attest nicht.
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Damit konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass sie den Kläger in vollem
Umfang, wenn auch ggf. in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt, mit den vertraglich
vereinbarten Aufgaben beschäftigen kann. Da der Kläger bei der Beklagten unstreitig
als Profi-Handballer spielte, gehört ein Einsatz in diesem Bereich zu der von ihm nach
dem Arbeitsvertrag vom 05.01.2006 geschuldeten Arbeitsleistung. Bestanden aber
Zweifel, ob er insoweit eingesetzt werden kann, erscheint es auch nicht unangemessen,
dass die Beklagte ihm die vereinbarte Gegenleistung nicht fortzahlen wollte und davon
abgesehen hat, ihm die Nebenbeschäftigung zu der bisherigen Vergütung anzubieten.
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4.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 97 Abs. 1, 92 Abs. 1
ZPO.
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Die Zulassung der Revision für beide Parteien beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
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R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G
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Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien
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REVISION
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eingelegt werden.
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Die Revision muss
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innerhalb einer Notfrist von einem Monat
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nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim
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Bundesarbeitsgericht,
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Hugo-Preuß-Platz 1,
103
99084 Erfurt,
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Fax: (0361) 2636 - 2000
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eingelegt werden.
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Die Revision ist gleichzeitig oder
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innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils
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schriftlich zu begründen.
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Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem
deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
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Heinlein Zelenka Hartmann
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