Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 02.04.2017

LArbG Berlin-Brandenburg: grundsatz der freien beweiswürdigung, quittung, geschäftsführer, zoll, beendigung, verfügungsgewalt, fahrzeug, stahl, zwangsvollstreckung, arbeitsgericht

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Gericht:
LArbG Berlin-
Brandenburg 25.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
25 Sa 1571/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 253 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 241 Abs
2 BGB, § 861 BGB, § 985 BGB, §
1007 Abs 1 BGB
Herausgabeanspruch - überlassene Arbeitsmittel - Bestimmtheit
des Klageantrages - Quittung - Fortdauer der tatsächlichen
Verfügungsgewalt oder des Besitzes
Leitsatz
1. In einem Herausgabeantrag müssen die Gegenstände, die herausverlangt werden, so
genau wie möglich bezeichnet werden. Die gattungsmäßige Bezeichnung der Gegenstände
ohne Angabe individualisierender Merkmale genügt regelmäßig nicht. Das gilt auch, wenn der
Arbeitgeber vom Arbeitnehmer gerichtlich die Herausgabe überlassener Arbeitsmittel
verlangt.
2. Stellt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine Quittung aus, dass er die dem
Arbeitnehmer bei Beginn des Arbeitsverhältnisses zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel
vollständig zurückerhalten hat, ist dies in der Regel ein ausreichender Beweis dafür, dass der
Arbeitnehmer die Arbeitsmittel auch tatsächlich zurückgegeben hat.
3. Hat das Arbeitsverhältnis nicht nur kurze Zeit bestanden, sondern mehrere Jahre
angedauert, kann bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne Weiteres davon
ausgegangen werden, dass sich die zu Beginn des Arbeitsverhältnisses überlassenen
Arbeitsmittel noch in der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Arbeitnehmers befinden. Dies
gilt erst recht, wenn die Arbeitsmittel auch für andere Arbeitnehmer zugänglich waren.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Senftenberg vom
23.04.2009 - 4 Ca 330/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Herausgabeansprüche der Klägerin sowie über
Schadensersatzansprüche im Fall der Nichtherausgabe nach Fristsetzung.
Der Beklagte war bei der Klägerin, die ein Handwerksgeschäft im Bereich Klempnerei,
Sanitär, Heizung und Lüftung betreibt, von Anfang September 2001 bis Ende Januar
2008 als Heizungsmonteur/Sanitärinstallateur beschäftigt.
Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses übergab die Klägerin dem Beklagten ein
Firmenfahrzeug mit Werkzeug und anderen Arbeitsmitteln. Um welche konkreten
Gegenstände es sich handelte, ist streitig. Während Arbeitsunfähigkeits- und
Urlaubszeiten hinterlegte der Beklagte die Fahrzeugschlüssel im Betrieb der Klägerin. Im
Jahr 2007 wurde das Fahrzeug durch ein anderes Fahrzeug ersetzt.
Im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses übergab der Beklagte
dem Geschäftsführer der Klägerin im Januar 2008 verschiedene Gegenstände. Unter
dem 11. Januar 2008 stellte ihm der Geschäftsführer hierüber eine Quittung mit
folgendem Wortlaut aus (Bl. 55 d. A.):
„Übergabe Werkzeug, Hilfsmittel, Bücher erfolgt, alles vollständig erhalten!“
Mit der Anfang Juni 2008 vor dem Arbeitsgericht Senftenberg erhobenen Klage hat die
Klägerin zunächst Ansprüche gegen den Beklagten wegen Konkurrenztätigkeit geltend
gemacht. Mit Klageerweiterung vom 30. Juli 2008 hat sie außerdem die Herausgabe von
insgesamt 62 Gegenständen verlangt. Zur Begründung der Klageerweiterung hat sie
ausgeführt, die herausverlangten Gegenstände hätten sich in dem dem Beklagten im
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ausgeführt, die herausverlangten Gegenstände hätten sich in dem dem Beklagten im
September 2001 übergebenen Fahrzeug befunden. Im Januar 2008 habe der Beklagte
lediglich zwei große Koffer, einen Bohrhammer, eine Bohrmaschine und eine Säbelsäge
zurückgegeben. Der Beklagte hat eingewandt, die herausverlangten Gegenstände habe
er allenfalls teilweise erhalten. Er habe bei der Arbeit im Wesentlichen eigenes Werkzeug
benutzt. Die Gegenstände, die er erhalten habe, habe er der Klägerin vollständig
zurückgegeben.
Mit Teilurteil vom 23. April 2009, auf dessen Tatbestand wegen des weiteren
erstinstanzlichen Vorbringens verweisen wird (Bl. 115 - 117 d. A.), hat das Arbeitsgericht
die Klage im Hinblick auf das Herausgabeverlangen abgewiesen und zur Begründung im
Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe schon den Besitz des Beklagten an den
herausverlangten Sachen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht
unter Beweis gestellt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die
Entscheidungsgründe Bezug genommen (Bl. 117 - 118 d. A.).
Gegen dieses der Klägerin am 26. Juni 2009 zugestellte Teilurteil richtet sich die am 27.
Juli 2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung der Klägerin, welche sie
nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. September 2009 mit am
23. September 2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet
hat.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Herausgabeverlangen bis auf
zwei Gegenstände, eine Flachfeile und einen Schlüssel zum Hauptgebäude der Firma V.,
weiter. Darüber hinaus begehrt sie Schadensersatz für den Fall der Nichtherausgabe
binnen einer vom Gericht festzusetzenden Frist.
Die Klägerin meint, bei einem einmal erlangten Besitz sei dessen Fortdauer zu
vermuten. Das Arbeitsgericht habe deshalb über die Übergabe der Gegenstände im
September 2001 durch den erstinstanzlich benannten Zeugen Beweis erheben müssen.
Die Quittung vom 11. Januar 2008 stehe dem Herausgabeverlangen nicht entgegen, weil
dieser nicht zu entnehmen sei, welche konkreten Gegenstände übergeben worden seien.
Ferner behauptet sie, es sei zu befürchten, dass sich der Beklagte der Herausgabe im
Fall einer Verurteilung entziehen werde, indem er die Gegenstände entweder an Dritte
weitergebe oder sie in dem von ihm selbst betriebenen Gewerbebetrieb benutze und die
Werkzeuge dadurch irreparabel abnutze und beschädige. Der angegebene Wert der
einzelnen Gegenstände entspreche dem Zeitwert. Die Werkzeuge seien bei Übergabe
neuwertig gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Teilurteil des Arbeitsgerichts Senftenberg - 4 Ca 330/08 - vom 23. April 2009,
aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin folgende Gegenstände
herauszugeben, dem Beklagten zur Herausgabe der nachfolgenden Gegenstände eine
Frist von vier Wochen ab Rechtskraft des Urteils zu setzen, nach deren Ablauf die
Klägerin die Leistung ablehnt und nach fruchtlosem Fristablauf die nachfolgend
aufgeführten den jeweiligen Gegenständen zugeordneten Summen nebst fünf
Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Fristablauf zu zahlen:
-
ein HILTI Trockenbauschrauber SD 45/Serien-Nr. 31054;
Wert: 280,00 EUR
-
ein Ölbrenner der Fa. Elco-Klöckner Blaubrenner Vectron;
Wert 350,00 EUR
-
ein Armaturenschlüssel Chrom-Vanadium Stahl
L = 300 mm, Spannbereich bis 80 mm mit Messingschutzbacken;
Wert: 20,00 EUR
-
ein Armaturenschlüssel Chrom-Vanadium Stahl
L = 280 mm. Spannbereich bis 50 mm mit Kunststoffschutzbacken;
Wert: 15,00 EUR
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ein Rollgabelschlüssel 18 mm;
Wert: 5,00 EUR
-
ein Rollgabelschlüssel 23 mm;
Wert: 5,00 EUR
-
ein Rollgabelschlüssel 27 mm;
Wert: 5,00 EUR
-
ein Rollgabelschlüssel 33 mm;
Wert: 10,00 EUR
-
ein Kunststoffwerkzeugkasten;
Wert: 20,00 EUR
-
ein Leder-Montagewerkzeugkoffer;
Wert: 30,00 EUR
-
ein Doppelmaulschlüsselsatz 21-teilig von 6 - 50 mm aus Chrom
Vanadium;
Wert: 40,00 EUR
-
ein Steckschrauben-Montageschlüssel für Gewinde M 6 - M 12 und
Vierkant mit Umsteck-Knarre;
Wert: 40,00 EUR
-
ein Kreuzschlüssel DBGM;
Wert: 5,00 EUR
-
ein Satz Rohrsteckschlüssel von 6 - 23 mm 16-teilig;
Wert: 25,00 EUR
-
ein Satz Steckschlüsselgarnitur im Kasten bestehend aus Sechskant 14-
teilig, Imbus 5-teilig, Schlitz 3-teilig und Kreuzschlitz 3-teilig;
Wert: 40,-- EUR
-
ein Satz Sechskant Stiftschlüssel Brinko 3 - 12 mm, L = 200 mm, 7-teilig;
Wert: 25,00 EUR
-
ein Satz Mechaniker Steckschlüssel Brinko 4 - 13 mm, L = 250 mm, 20-
teilig;
Wert: 60,00 EUR
-
eine Abisolierzange;
Wert: 10,00 EUR
-
eine Kombizange;
Wert: 10,00 EUR
-
eine Mechanikerzange gerade;
Wert: 15,00 EUR
-
eine Mechanikerzange gekröpft;
Wert: 15,00 EUR
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eine Rohrzange 1 Zoll;
Wert: 10,00 EUR
-
eine Rohrzange 1 ½ Zoll;
Wert: 30,00 EUR
-
eine Rohrzange 2 Zoll;
Wert: 50,00 EUR
-
ein Rohrabschneider 3 - 35;
Wert: 80,00 EUR
-
ein Rohrabschneider 1/8 - 2 Zoll;
Wert: 100,00 EUR
-
eine Kunststoffrohrschere bis 35;
Wert: 10,00 EUR
-
eine Syphonzange;
Wert: 10,00 EUR
-
ein Stufenschlüssel mit Umsteckknarre und 2 x Sätze 3/8 - ½ Zoll und ½ -
1 Zoll;
Wert: 80,00 EUR
-
zwei Wasserpumpenzangen;
Wert: 10,00 EUR
-
ein Ventilhalter für Standventile;
Wert: 5,00 EUR
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eine Blechschere;
Wert: 3,00 EUR
-
eine Idealschere;
Wert: 3,00 EUR
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ein Blechlocher 1 1/8 Zoll;
Wert: 10,00 EUR
-
ein Blechlocher 1 ¼ Zoll;
Wert: 20,00 EUR
-
ein Stufenbohrer 12,5 - 37 mm;
Wert: 40,00 EUR
-
ein Spiralbohrersatz;
Wert: 10,00 EUR
-
ein Handmeißel;
Wert: 2,00 EUR
-
ein Schlosserhammer;
Wert: 5,00 EUR
-
ein Fäustel;
Wert: 8,00 EUR
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eine Drahtbürste;
Wert: 1,00 EUR
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eine Metallsäge;
Wert: 5,00 EUR
-
eine Universalsäge;
Wert: 5,00 EUR
-
ein Spannungsprüfer bis 250 V;
Wert: 5,00 EUR
-
eine Wasserwaage L = 500 mm;
Wert: 5,00 EUR
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eine Wasserwaage L = 1000 mm;
Wert: 10,00 EUR
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- eine Wasserwaage L = 2000 mm;
Wert 15,00 EUR
-
ein Gipsspachtel;
Wert: 2,00 EUR
-
eine Putzkelle;
Wert: 2,00 EUR
-
ein Malerspachtel;
Wert: 2,00 EUR
-
ein Universalmesser;
Wert: 1,00 EUR
-
eine Gipsmulde;
Wert: 1,00 EUR
-
zwei Pinsel flach/rund;
Wert: 1,00 EUR
- eine Schutzbrille;
Wert: 1,00 EUR
-
ein Paar Arbeitshandschuhe;
Wert: 1,00 EUR
-
zwei Arbeitsanzüge der Farbe rot;
Wert: 10,00 EUR
-
eine Silikonpistole HILTI;
Wert: 10,00 EUR.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er hält die Klage nach wie vor für
unschlüssig. Selbst wenn er die von der Klägerin genannten Gegenstände seinerzeit
tatsächlich erhalten haben sollte, könne er nach so langer Zeit nichts über deren
Verbleib sagen, weil er hierüber nichts wisse. Außerdem wäre es schon sehr
verwunderlich, wenn dem Geschäftsführer der Klägerin bei Übergabe der Werkzeuge und
sonstigen Arbeitsmittel und der Ausstellung der Quittung am 11. Januar 2008 nicht
aufgefallen wäre, wenn tatsächlich all diese Gegenstände gefehlt hätten. Merkwürdig sei
auch, dass er dies erst mehr als sechs Monate nach der Übergabe bemerkt haben wolle.
Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die
Berufungsbegründungsschrift vom 23. September 2009 (Bl. 154 - 164 d. A.) und auf die
Berufungsbeantwortungsschrift vom 2. November 2009 (Bl. 174 - 178 d. A.) Bezug
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Berufungsbeantwortungsschrift vom 2. November 2009 (Bl. 174 - 178 d. A.) Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist nach §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthaft und form-
und fristgerecht i. S. v. § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1
und 3 ZPO eingelegt und begründet worden. Sie ist daher zulässig.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Herausgabeklage zu
Recht abgewiesen. Die Klage ist überwiegend schon unzulässig. Im Übrigen ist sie
unbegründet.
1. Die Klage ist mangels hinreichender Bestimmtheit des Klageantrages i. S. d. § 253
Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig, soweit sie sich nicht auf folgende acht näher bezeichnete
Gegenstände bezieht:
- ein HILTI Trockenbauschrauber SD 45/Serien-Nr. 31054;
- ein Ölbrenner der Fa. Elco-Klöckner Blaubrenner Vectron;
- ein Armaturenschlüssel Chrom-Vanadium Stahl, L = 300 mm, Spannbereich bis 80
mm mit Messingschutzbacken;
- ein Armaturenschlüssel Chrom-Vanadium Stahl, L = 280 mm. Spannbereich bis 50
mm mit Kunststoffschutzbacken;
- ein Doppelmaulschlüsselsatz 21-teilig von 6 - 50 mm aus Chrom Vanadium;
- ein Satz Steckschlüsselgarnitur im Kasten bestehend aus Sechskant 14-teilig,
Imbus 5-teilig, Schlitz 3-teilig und Kreuzschlitz 3-teilig;
- ein Satz Sechskant Stiftschlüssel Brinko 3 - 12 mm, L = 200 mm, 7-teilig;
- ein Satz Mechaniker Steckschlüssel Brinko 4 - 13 mm, L = 250 mm, 20-teilig.
a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben der bestimmten Angabe
des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs auch einen bestimmten
Antrag enthalten, damit der Streitgegenstand abgrenzbar und die Entscheidung einer
möglicherweise erforderlich werdenden Zwangsvollstreckung zugänglich ist. Gemessen
daran ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen
Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen
Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen
Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines
Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten
abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung
des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Danach müssen in einem
Herausgabeantrag die Gegenstände, deren Herausgabe verlangt wird, so genau wie
möglich bezeichnet werden, damit sie im Falle der Zwangsvollstreckung identifizierbar
sind. Soweit sich Unsicherheiten hinsichtlich der Identifizierbarkeit der Gegenstände nicht
vermeiden lassen, sind diese im Sinne eines wirksamen Rechtsschutzes hinzunehmen
(BGH vom 28.11.2002 - I ZR 168/00 -, NJW 2003 668 m. w. N.; vgl. auch BAG vom
15.04.2009 - 3 AZB 93/08 - EzA § 253 ZPO 2002 Nr. 2 zu den Anforderungen an die
Bestimmtheit eines Weiterbeschäftigungsantrages).
b) Diesen Anforderungen genügt der Klageantrag hinsichtlich der oben genannten
Gegenstände, weil diese - wenn auch nicht vollkommen eindeutig - jedoch zumindest so
genau beschreiben sind, dass eine Verwechslungsgefahr weitgehend ausgeschlossen ist.
Die übrigen Gegenstände sind hingegen nur der Gattung und teilweise der Größe nach
bezeichnet, so dass sie im Fall eine Zwangsvollstreckung nicht oder kaum identifizierbar
sind. Dass dies unvermeidlich ist bzw. es der Klägerin nicht möglich oder unzumutbar
war, nähere Angaben zum Hersteller, der Form, der Größe, dem Material, der Farbe oder
sonstigen Besonderheiten zu machen, durch diese sich die jeweiligen Gegenstände von
anderen Gegenständen der gleichen Art unterscheiden lassen, ist nicht ersichtlich und
hat die Klägerin auch nicht vorgetragen.
2. Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet. Ein Anspruch der Klägerin gegen
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2. Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet. Ein Anspruch der Klägerin gegen
den Beklagten auf Herausgabe der Gegenstände besteht nicht. Der Anspruch ergibt sich
weder aus vertraglicher Nebenpflicht i. S. d. § 241 Abs. 2 BGB, noch aus § 861, § 985
oder § 1007 Abs. 1 BGB.
Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin die Gegenstände dem Beklagten bei Beginn
des Arbeitsverhältnisses zusammen mit dem Firmenfahrzeug tatsächlich überlassen
hat. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den Gegenständen um das
Eigentum der Klägerin handelt und ob sich diese je in ihrem Besitz befunden haben und
dieser ihr durch den Beklagten entzogen worden ist.
a) Die Klage ist schon deshalb unbegründet, weil der Beklagte durch die Vorlage der
Quittung vom 11. Januar 2008 i. S. d. § 286 ZPO den Beweis erbracht hat, dass er
sämtliche bei Beginn des Arbeitsverhältnisses überlassenen und noch vorhandenen
Gegenstände der Klägerin zurückgegeben hat.
Zwar erbringt eine Quittung i. S. d. § 368 BGB, wie hier das vom Geschäftsführer der
Klägerin am 11. Januar 2008 unterzeichnete Schriftstück, nach § 416 ZPO zunächst nur
den vollen Beweis dafür, dass der Aussteller das in ihr enthaltene Empfangsbekenntnis
tatsächlich abgegeben hat. Hinsichtlich der materiellen Beweiskraft gilt der Grundsatz
der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO. Dabei stellt das in der Quittung enthaltene
Empfangsbekenntnis im Sinne eines außergerichtlichen Geständnisses in der Regel ein
ausreichendes Indiz dafür dar, dass das Empfangsbekenntnis auch den Tatsachen
entspricht. Dieses zu erschüttern, obliegt der Gläubigerin (siehe zum Ganzen Palandt-
Grüneberg, § 368 Rn. 4; MüKo BGB-Wenzel, § 368 Rn. 5; Staudinger-Olzen, § 368 Rn. 7 f.,
jeweils m. w. N.; vgl. auch LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 03.02.2005 - 1 Sa 404/04
-, juris und LAG Hamm vom 25.02.2004 - 18 Sa 1594/03 -, juris).
Danach ist durch die Quittung vom 11. Januar 2008 der materielle Beweis erbracht, dass
der Geschäftsführer der Klägerin von dem Beklagten sämtliche, dem Beklagten
überlassene Werkzeuge, Hilfsmittel und Bücher zurückerhalten hat. Dagegen spricht
auch nicht, dass in dem Schriftstück die zurückgegebenen Gegenstände nur der
Gattung nach benannt und nicht im Einzelnen aufgeführt worden sind. Denn der
Geschäftsführer der Klägerin hat dem Beklagten mit der Quittung bescheinigt, dass er
die gattungsmäßig bezeichneten Gegenstände vollständig erhalten hat. Irgendwelche
Gründe, weshalb der Geschäftsführer dem Beklagten die Quittung ausgestellt haben
sollte, obwohl die darin enthaltene Erklärung nicht zutreffend ist, hat die Klägerin nicht
genannt. In Anbetracht der großen Zahl der Gegenstände, die nach den Behauptungen
der Klägerin fehlen sollen, spricht auch nichts dafür, dass der Geschäftsführer bei
Ausstellung der Quittung einzelne nicht zurückgegebene Gegenstände übersehen hat.
Schließlich gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsführer die
Quittung bereits ausgestellt hatte, bevor die Übergabe tatsächlich erfolgt war.
b) Aber auch dann, wenn man die Quittung nicht als ausreichenden Beweis für die
vollständige Rückgabe der dem Kläger überlassenen Werkzeuge und sonstigen
Arbeitsmittel ansieht, ist ein Herausgabeanspruch nicht gegeben, weil die Beklagte nicht
dargelegt hat, dass sich die Gegenstände bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses
tatsächlich in der Verfügungsgewalt des Beklagten befanden und sich nunmehr in
seinem Besitz befinden. Allein der Hinweis darauf, dass bei einem erlangten Besitz bzw.
bei einer erlangten tatsächlichen Verfügungsgewalt die Fortdauer zu vermuten sei,
genügte insoweit nicht.
Ein Arbeitnehmer, dem vom Arbeitgeber Arbeitsmittel überlassen werden, erwirbt in der
Regel keinen Eigen- oder Fremdbesitz sondern lediglich die tatsächliche
Verfügungsgewalt und ist deshalb nach § 855 BGB grundsätzlich als Besitzdiener
anzusehen (BAG vom 17.09.1998 - 8 AZR 175/97 -, AP Nr. 2 zu § 611 BGB
Mankohaftung; vom 02.12.1999 - 8 AZR 386/98 -, AP Nr. 3 zu § 611 BGB Mankohaftung).
Zum Besitzer wird er nur dann, wenn er die ihm überlassenen und noch vorhandenen
Arbeitsmittel bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtswidrig nicht an den
Arbeitgeber herausgibt, sondern diese in Eigenbesitz nimmt (vgl. LAG Berlin vom
26.05.1986 – 9 Sa 24/86 -, NJW 1986, 2528). Dies darzulegen und zu beweisen hätte der
Klägerin oblegen (vgl. Palandt-Bassenge, § 861 Rn. 6; Staudinger-Bund, § 861 Rn. 11).
Davon, dass sich die Gegenstände, sofern sie dem Beklagten zu Beginn des
Arbeitsverhältnisses im September 2001 tatsächlich übergeben worden sein sollten,
zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch in seiner tatsächlichen
Verfügungsgewalt befanden und er diese in Eigenbesitz genommen hat, kann schon
deshalb nicht ausgegangen werden, weil die behauptete Übergabe der Gegenstände bei
Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits mehr als sieben Jahre zurücklag, es sich bei
den Gegenständen teilweise um Verbrauchsgegenstände handelt, bei denen
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den Gegenständen teilweise um Verbrauchsgegenstände handelt, bei denen
höchstunwahrscheinlich ist, dass diese die Dauer von mehr als sieben Jahren überlebt
haben, und der Beklagte die Schlüssel zu dem Firmenfahrzeug während Krankheits- und
Urlaubszeiten im Betrieb der Klägerin hinterlegt hatte, so dass die darin enthaltenen
Gegenstände auch für andere zugänglich waren. Hinzukommt, dass das Fahrzeug im
Jahr 2007 durch ein anderes Fahrzeug ersetzt worden ist und die Klägerin nicht dargelegt
hat, dass und welche Gegenstände aus dem ursprünglichen Firmenfahrzeug seinerzeit in
das neue Firmenfahrzeug verbracht worden sind.
3. Nach alledem war die Berufung der Klägerin gegen das angefochtene Urteil
zurückzuweisen.
III.
Über den Antrag auf Fristsetzung nach § 255 ZPO sowie den Schadensersatzantrag war
nicht zu entscheiden, weil es sich der Sache nach erkennbar um eine Art uneigentliche
Hilfsanträge handelt, die nur für den Fall des Obsiegens mit dem Herausgabeantrag
gestellt sind (vgl. Germelmann in Germelmann u. a., ArbGG, § 61 Rn. 32 zur
vergleichbaren Konstellation nach § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG).
IV.
Nach § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO hat die Klägerin die Kosten ihres erfolglos
eingelegten Rechtsmittels zu tragen.
V.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2
ArbGG liegen nicht vor.
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