Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 06.02.2008
LArbG Berlin-Brandenburg: squeeze out, anpassung, gesellschaft, wider besseres wissen, einvernehmliche regelung, beendigung, vergleich, handelsregister, verjährungsfrist, unverzüglich
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Gericht:
LArbG Berlin-
Brandenburg 15.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
15 Sa 974/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 317 Abs 1 BGB, § 319 Abs 1 S
1 BGB, § 319 Abs 1 S 2 BGB, §
123 Abs 1 BGB, Art 229 § 6 Abs
1 S 1 BGBEG
Anpassung der Optionsbedingungen bei einem Squeeze-out -
Wert der fiktiven Aktienoptionen - Anfechtung der Ausübung
des Optionsrechts wegen arglistiger Täuschung
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 06.02.2008
- 31 Ca 23729/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche aus fiktiven Aktienoptionsrechten, die der Kläger
im Jahre 2001 erhielt.
Der Kläger war von 1996 bis Anfang 2004 im Konzern der St. AG tätig.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten legte im Zusammenhang mit ihrem Börsengang
im Jahr 1999 für die Führungskräfte in ihrem Konzern ein Aktienoptionsprogramm auf.
Den ausgewählten Führungskräften wurde nach diesem Programm zusätzlich zu ihrer
sonstigen Vergütung Aktienoptionen gewährt. Nach dem Aktienoptionsprogramm
beinhalteten die Optionen kein Recht zum Erwerb der Aktien, sondern der
Optionsberechtigte konnte bei Ausübung des Optionsrechts nur eine Zahlung erhalten.
Der Ausübungsgewinn der „fiktiven Aktien“ hing dabei von der Entwicklung der realen
St.-Aktie im Vergleich zum Aktienindex MDAX ab. Die Beklagte stellte
Optionsbedingungen für Aktienoptionen im Rahmen des Aktienoptionsprogramms des
St. Konzerns auf. Nach den Optionsbedingungen erfolgte die Einräumung von Optionen
an die Führungskräfte schriftlich unter Übermittlung der Ergänzungskonditionen. Die
Optionen konnten nach den Optionsbedingungen frühestens nach zwei und spätestens
nach vier Jahren und zehn Monaten ausgeübt werden. §§ 5 und 6 der
Optionsbedingungen, Stand November 2001, lauten auszugsweise:
§ 5
Weitere Anpassungen aus wirtschaftlichen Gründen
(1) a) Sollte die St. AG andere als die in § 4 genannten Eigenkapitalmaßnahmen
vornehmen oder eine Umwandlung der St. AG stattfinden, so werden die
Optionsbedingungen in der Weise angepasst, dass der Optionsbegünstigte
wirtschaftlich den Aktionären der St. AG gleichgestellt ist.
b) „Umwandlung“ im Sinne dieses § 5 Absatz 1) ist (i) eine Verschmelzung der St.
AG im Wege der Aufnahme, wobei die St. AG nicht die übernehmende Gesellschaft
ist, oder im Wege der Neugründung, (ii) jeder sonstige Vorgang (z. B. eine Spaltung,
Vermögensübertragung,
Eingliederung
oder
Umstrukturierung
oder
ein
Formwechsel oder Aktienumtausch), durch den oder aufgrund dessen sämtliche
Aktien der St. AG endgültig untergehen, übertragen werden, zu übertragen sind
oder in ihrer Gattung oder Rechtsnatur verändert werden sowie (iii) jeder sonstige
Vorgang, der den vorstehend genannten Vorgängen wirtschaftlich gleichsteht.
(3) Eine Anpassung gemäß Absatz 1) oder 2) wird von der Ermittlungsstelle und der
Gesellschaft gemeinsam festgelegt und den Optionsbegünstigten durch die
Gesellschaft bekannt gemacht.
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§ 6
Ermittlungsstelle
(1) „Ermittlungsstelle“ ist die T. & B. KGaA. Die Gesellschaft wird dafür Sorge
tragen, dass für die gesamte Laufzeit der Optionen jederzeit eine Ermittlungsstelle
bestellt ist. Die Gesellschaft ist berechtigt, die Ermittlungsstelle aus wichtigem
Grund auszuwechseln. Endet die Tätigkeit der Ermittlungsstelle oder ist sie nicht
länger in der Lage oder bereit, diese Tätigkeit auszuüben, ist die Gesellschaft
verpflichtet, die Hauptniederlassung einer anderen, im Aktienoptionsgeschäft
tätigen führenden Bank an deren Stelle zu ernennen. Die Ermittlungsstelle ist zur
Niederlegung ihrer Aufgaben ohne vorherige Bestellung eines Nachfolgers nicht
berechtigt.
Die
Ernennung
einer
anderen
Ermittlungsstelle
ist
den
Optionsbegünstigten von der Gesellschaft unverzüglich bekannt zumachen.
(2) Alle von der Ermittlungsstelle für die in diesen Optionsbedingungen bestimmten
Zwecke abgegebenen Berechnungsangaben und Entscheidungen sind für die
Gesellschaft und die Optionsbegünstigten bindend, soweit kein offensichtlicher
Irrtum vorliegt. Den Optionsbegünstigten stehen gegen die Ermittlungsstelle keine
Ansprüche wegen der Art der Wahrnehmung oder der Nichtwahrnehmung der sich
aus
diesen
Optionsbedingungen
ergebenden
Rechte,
Pflichten
oder
Ermessensbefugnisse zu.“
Wegen des weiteren Inhalts der Optionsbedingungen, Stand November 2001, wird auf
die Anlage K 8 der Klageschrift vom 28.12.2006 (Blatt115ff der Akte) verwiesen.
Mit Schreiben vom November 2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, das
Aktienoptionsprogramm werde auch im Jahr 2001 durchgeführt. Der Kläger erhielt die
Ergänzungskonditionen für die Aktienoptionen von 2001/2006 (Fotokopie Blatt 124)
übermittelt, wonach ihm 3200 Optionen gewährt wurden, die einen damaligen Wert von
20.000,00 € hatten. Der anfängliche Basiskurs lag bei 24,38 €. Nach den
Ergänzungskonditionen war der erste Ausübungstag der 01. Juli 2003. Als ausgebende
Gesellschaft war dort die St. Stahl GmbH in Vertretung der Beklagten genannt. Ferner
erhielt der Kläger die Optionsbedingungen, Stand November 2001 (Fotokopie Blatt115 ff
der Akte). Der Kläger übte sein Optionsrecht für die zuvor im Jahr 2000 erhaltenen
Optionen im Juli 2002 aus.
Der Aktienkurs der Beklagten lag am 26. Juni 2002 bei 26,29 €. Am 3. Juli 2002
veröffentlichte eine Konzerntochter der D. B. AG ein Übernahmeangebot in Höhe von
32,75 € pro Aktie und kündigte bereits an, die Aktien verbleibender Minderheitsaktionäre
übernehmen zu wollen (sog. Squeeze-out). Das ermittelte Mindestangebot belief sich
auf 32,16 € pro Aktie. Die gemäß § 6 der Optionsbedingungen eingeschaltete
Ermittlungsstelle teilte der Beklagten mit Schreiben vom 6. Juni 2002 (vgl. K 11, Bl. 125
ff.) mit, welche Auswirkungen die mehrheitliche Übernahme auf das
Aktienoptionsprogramm aus ihrer Sicht haben würde und benannte für den Fall des
Squeeze-out die „Squeeze-out-Abfindung“ als „fairen Ausübungskurs“ für eine
außerordentliche Ausübung des Optionsrechts. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 65,4
% der Aktien der Beklagten in den Händen der E.. AG, die restlichen 34,6 % waren
gestreut.
Im August 2002 wurden die Optionsbedingungen im Zuge des Übernahmeangebots
angepasst, es wurde den Optionsberechtigten durch Hinzufügung eines § 8 a die
Möglichkeit gegeben, ihre Optionen innerhalb von 12 Monaten nach einem
Kontrollwechsel auszuüben (vgl. Anlage K 11, Bl. 128f d. A.).
Nach Bekanntgabe des Übernahmeangebotes durch die D. B. AG stieg der
börsennotierte Aktienkurs auf 32,75 € pro Aktie, wo er bis Dezember 2002 verblieb. Zum
Ende der letzten Annahmefrist im Oktober 2002 besaß die D. B. AG 99,71 % des
Grundkapitals der Beklagten. Im Oktober 2002 wurde den Optionsberechtigten ein
Angebot übermittelt, die Aktienoptionen vorzeitig zu einem Übernahmepreis von 32,75 €
auszuüben. Davon machten ca. 42 % der Begünstigten Gebrauch, nicht jedoch der
Kläger hinsichtlich der Tranche 2001.
Auf der Hauptversammlung der Beklagten am 17. Februar 2003 wurde die Übertragung
der noch im Streubesitz befindlichen Aktien auf die Mehrheitsaktionärin zu einer
Barabfindung von 40,38 € pro Aktie beschlossen. Dieser Wert war zuvor von der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. als die nach § 327 a Abs. 1 Aktiengesetz als
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Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. als die nach § 327 a Abs. 1 Aktiengesetz als
Gegenleistung festzusetzende Barabfindung ermittelt worden. Nach der Bekanntgabe
dieses Wertes stieg der Aktienkurs auf ca. 40,00 € an. In der Folgezeit leiteten
Minderheitsaktionäre ein Anfechtungsverfahren gegen den Squeeze-out-Beschluss vor
dem Landgericht D. und ein Spruchverfahren über die Höhe der festgesetzten
Barabfindung vor dem Landgericht Dü. ein.
Mit Schreiben vom 15. April 2004 (tatsächliches Datum des Schreibens 15. April 2003)
(vgl. K 16, Bl. 135f d. A.), das von den Vorstandsmitgliedern Dr. M. und Dr. R., nicht
jedoch von dem dritten Vorstandsmitglied M.-F. unterzeichnet war, teilte die Beklagte
dem Kläger mit, am 17. Februar 2003 sei die Übertragung der noch im Streubesitz
befindlichen Aktien auf die Mehrheitsaktionärin beschlossen worden (sog. Squeeze-out).
In dem Schreiben heißt es weiter:
„St. und die D. B. gehen davon aus, dass der Squeeze-out – ungeachtet der
zwischenzeitlich erhobenen Anfechtungsklagen – alsbald durch Eintragung in das
Handelsregister wirksam wird. Spätestens mit der Übertragung der Aktien endet auch
das virtuelle Optionsprogramm der St. AG. Für diese Situation sehen die
Optionsbedingungen eine Anpassung der Optionsrechte vor.
Vor diesem Hintergrund hat die Gesellschaft von der Ermittlungsstelle HSBC T. & B.
KGaA die folgenden Werte ermitteln lassen: …
Tranche festgelegter
Ablösungswert
der Optionen
Wert der Option
auf Grundlage
der Optionsbedingungen
zum 31. 3. 2003
1999
€ 32,00
€ 29,21
2000
€ 28,33
€ 25,60
2001
€ 26,44
€ 23,26
Die festgelegten Werte liegen damit über dem jeweiligen aktuellen Wert der
Optionsrechte und deutlich über dem Wert, zu dem seit Sommer vergangenen Jahres
die außerordentliche Ausübung der Optionsrechte möglich ist. Die Festlegung erfolgte
für die Vorstandsmitglieder durch den Aufsichtsrat der Gesellschaft zu denselben
Konditionen.
Der Bestimmung der Optionswerte lagen folgende Erwägungen zugrunde:
(i) Als Referenzwert für den Sonderfall des Squeeze-out gilt die zu Gunsten der noch
vorhandenen Minderheitsaktionäre festgelegte Barabfindung in Höhe von 39,85 EUR
zzgl. der Dividende für das Geschäftsjahr 2002 in Höhe von 0,53 EUR, insgesamt also
40,38 EUR. Diese Barabfindung wurde von der P. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,
F. gutachterlich ermittelt. Die Angemessenheit dieser Barabfindung wurde von S. &
Partner OHG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft H., als gerichtlich bestelltem
sachverständigem Prüfer bestätigt. Etwaige nachträgliche Erhöhungen der Barabfindung,
z. B. im Zusammenhang mit der Abwehr von Anfechtungsklagen oder im Rahmen eines
durch einzelne Aktionäre angestrengten Spruchverfahrens, bleiben für die Zwecke der
Wertermittlung unberücksichtigt. Der Referenzwert von 40,38 EUR liegt deutlich über
dem Preis von 32,75 EUR, den die D. B. AG im Rahmen des Übernahmeangebots pro
Aktie gezahlt hat und zu dem 99,71 % der Aktionäre ihre Aktien veräußert haben. Eine
Ablösung auf der Basis von 40,38 EUR liegt ferner weit über dem, was die
Optionsbegünstigten bei einer normalen – d. h. um Übernahmeangebot und Squeeze-
out bereinigten – Entwicklung des Aktienkurses erhalten hätten.
(ii) Was den zweiten wertbestimmenden Faktor – die Indexierung des Basispreises
durch den MDAX – angeht, so wurde der Berechnungszeitraum für den Sechsmonats-
Durchschnittswert zu Gunsten der Optionsberechtigten bis zum 31. März 2003 erstreckt.
Die Gesellschaft bietet Ihnen an, ihre Optionen zu den oben dargestellten
Bedingungen ab sofort auszuüben. Sie brauchen also nicht abzuwarten, bis der
Squeeze-out tatsächlich eingetragen ist. Im Fall der Ausübung werden Ihnen die
nunmehr festgelegten Beträge unverzüglich mit der Gehaltszahlung ausgezahlt werden.
Sollten Sie diese vorgezogene Ausübungsmöglichkeit nutzen wollen, senden Sie bitte die
beiliegende Erklärung möglichst umgehend per Post oder Telefax zurück.
Vorstand und Aufsichtsrat sind der Auffassung, dass die Anpassung des
Optionsprogramms in der vorstehend beschriebenen Weise eine angemessene und faire
Lösung darstellt.
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Lösung darstellt.
Für etwaige Fragen steht Ihnen Herr V. L. …zur Verfügung….“
Die D. B. AG schloss in dem vor dem Landgericht D. geführten Anfechtungsverfahren
am 9. Mai 2003 einen Vergleich, wonach sie einen Aktienwert von mindestens 52,00 €
mit Drittwirkung für alle Minderheitsaktionäre anerkannte und sich verpflichtete, die
Differenz zu einem im Spruchverfahren ermittelten Aktienwert nachzuzahlen. Daraufhin
wurden am 9. Mai 2003 sämtliche Aktien auf die D. B. AG übertragen und der Squeeze-
out im Handelsregister eingetragen. Der börsennotierte Aktienkurs belief sich zu diesem
Zeitpunkt auf 46,00 € pro Aktie. Mit den Anfechtungsklägern waren jedenfalls seit Anfang
April 2003 Vergleichsgespräche geführt worden.
Nach der Eintragung des Squeeze-out im Handelsregister richtete die Beklagte an die
Optionsinhaber eine E-Mail vom 13. Mai 2003 (Fotokopie Blatt 613 der Akte) und teilte
mit, der Squeeze-out sei am 9. Mai 2003 durch Eintragung in das Handelsregister
wirksam geworden, die Notierung der St.-Aktie sei eingestellt und damit auch das
virtuelle Optionsprogramm beendet. Ferner wurde in der E-Mail ausgeführt, dass die
Ablösung der Optionen, soweit diese noch nicht ausgeübt worden seien, zum Wert von
26,44 € für die Tranche 2001 erfolge. Eine Ausübung des Optionsrechts sei nicht
notwendig. Die Beklagte zahlte entsprechend der E-Mail vom 13. Mai 2003 an alle
Optionsberechtigten, die ihre Optionen noch nicht ausgeübt hatten, für die Optionen aus
der Tranche 2001 einen Ablösungsbetrag von 26,44 € pro Aktienoption.
Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 13. Mai 2003 (vgl. K 17, Bl. 137 d. A.) die
Annahme des Angebotes vom 15.4.2003. Er erhielt daraufhin eine Gesamtauszahlung in
Höhe von 84.608,00 EUR brutto.
Mehrere Optionsberechtigte, u.a. auch das Vorstandsmitglied Herr M.-F., forderten die
Beklagte anschließend auf, ihre Optionen auf Basis eines Aktienwertes von mindestens
52,00 € pro Aktie abzurechnen und ihnen für den Fall, dass in dem Spruchverfahren vor
dem Landgericht ein höherer Wert für die Barabfindung der Aktie als 52,00 € festgesetzt
werde, die Differenz zwischen diesem Betrag und den 52,00 € zusätzlich zu zahlen.
Mit Schreiben vom 27. Dezember 2006 (vgl. Bl. 146 ff. d. A.) erklärte der Kläger die
Anfechtung der Ausübung seiner Optionen wegen arglistiger Täuschung und forderte die
Beklagte auf, die Optionen zum sog. Squeeze-out-Wert auf der Grundlage des vor dem
Landgericht D. am 9. Mai 2003 geschlossen Vergleichs abzurechnen.
Mit seiner am 29.12.2006 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und der Beklagten
am 8. Januar 2007 zugestellten Klage hat der Kläger die Zahlung von 38.016,00 €,
nämlich die Berechnung seiner Aktienoptionen auf der Basis eines Wertes von 52,00 €
pro Aktie, sowie unter dem Vorbehalt, dass im Spruchverfahren vor dem Landgericht Dü.
eine Barabfindung für die Aktie der Beklagten von mehr als 52,00 EUR je Aktie
festgesetzt wird, Abrechnung und Zahlung auf Basis des dort festgesetzten Betrages,
verlangt.
Der Kläger hat im Wesentlichen vorgetragen; die Beklagte habe ihn mit Schreiben vom
15. April 2003 arglistig getäuscht, um ihn zu einer vorgezogenen Ausübung seiner
Optionen zu bewegen. Die im Schreiben des Vorstandes der Beklagten als
„angemessen und fair“ dargestellte Möglichkeit, die Optionen vorzeitig auszuüben, sei
nur ein scheinbares Entgegenkommen der Beklagten gewesen. Er habe nicht gewusst,
dass das Vorstandsmitglied M.-F. sich geweigert habe, das Schreiben zu unterschreiben,
weil er nicht beabsichtigt habe, sich an der beabsichtigen Irreführung der Mitarbeiter zu
beteiligen und weil er auch nicht daran gedacht habe, seine Optionen vorzeitig
auszuüben. Das Vorstandsmitglied Dr. R. habe in dem Wissen, dass der Vergleich mit
den Anfechtungsklägern und damit eine erhebliche Wertsteigerung bevorstand,
unterschrieben, aber seine eigenen Optionen nicht ausgeübt. Die drei
Vorstandsmitglieder seien davon ausgegangen, dass der Wert der Optionen vom
Squeeze-out-Wert der Aktie bestimmt werde und nicht vom Übernahmeangebot der
Bahn in Höhe von 40,38 €. Er selbst habe erst im September 2006 von einem Kollegen
erfahren, dass bei der Abrechnung der Optionen Unregelmäßigkeiten aufgetreten seien
und sei erst von seinem Prozessbevollmächtigten daraufhin über die Anfechtungsgründe
unterrichtet worden.
Der Kläger meint, er habe als Optionsinhaber bei unveränderten Optionsbedingungen
einen Anspruch auf Abrechnung der Optionen auf der Basis des sog. Squeeze-out-Werts
von mindestens 52,00 € pro Aktie. Die Optionsbedingungen würden weder eine
Abfindung noch ein Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten vorsehen. Eine
Bekanntmachung gemäß § 5 (3) der Optionsbedingungen gebe es nicht. Die Beklagte
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Bekanntmachung gemäß § 5 (3) der Optionsbedingungen gebe es nicht. Die Beklagte
habe sich erstmals im April 2004 auf eine angebliche Bekanntmachung berufen. Die
Entscheidung, zur Ablösung der Optionen auf der Basis von 40,38 Euro je Aktie sei ohne
die Ermittlungsstelle getroffen worden. Eine Anpassung habe wegen des Gebots der
wirtschaftlichen Gleichstellung mit den Aktionären nur im Bezug auf die Aktionäre
erfolgen können, die zur Zeit der Anpassung noch Aktien gehalten hätten. Daher sei der
in dem Vergleich vom 9. Mai 2003 festgelegte Wert auch für die Optionsinhaber
maßgebend.
Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen: Seit Ende März, Anfang April 2003 hätten
Abstimmungsgespräche über die Höhe der Barzahlung, mit der die Optionsrechte
abgelöst werden sollten, zwischen dem zuständigen Präsidialausschuss des
Aufsichtsrats und der Ermittlungsstelle stattgefunden. Die Ermittlungsstelle habe den
festgelegten Referenzwert in Höhe von 40,38 EUR für sachgerecht gehalten. Der
Vorstand der Beklagten habe am 11. April 2003 einstimmig mündlich der Festlegung der
Ablösungswerte im Rahmen der Beendigung des Aktienoptionsprogramms zugestimmt
und diesen Beschluss in das Ergebnisprotokoll der Vorstandssitzung vom 28. April 2003
(vgl. B 10, Bl. 393f d. A.) aufgenommen. Das Präsidium des Aufsichtsrats habe am 11.
April 2003 ebenfalls einstimmig zugestimmt und das Musterschreiben vom 15. April
2003 gebilligt (vgl. B 11, Bl. 395 ff. d. A.). Dem Kläger seien seit spätestens Ende 2003
sämtliche für den Squeeze-out und die Beendigung des Aktienoptionsprogramms
maßgeblichen Umstände bekannt gewesen. Eine Täuschungshandlung liege nicht vor,
zudem habe der Kläger die Anfechtungsfrist nicht eingehalten.
Selbst wenn der Kläger seine Ausübungserklärung erfolgreich angefochten habe,
bestehe kein Nachzahlungsanspruch, da das Aktienoptionsprogramm im April, Mai 2003
auf Basis des Referenzwertes von 40,38 EUR rechtmäßig beendet worden sei. Bei der
Anpassung der Optionsbedingungen handle es sich um eine Leistungsbestimmung i.S.v.
§§ 317, 319 BGB. Die Barablösung sei gemeinsam mit der Ermittlungsstelle als
neutralem Dritten unter sachgerechter Berücksichtigung aller Umstände weitestgehend
zu Gunsten der Optionsinhaber festgelegt worden. Ferner hat sich die Beklagte auf
Verjährung und Verwirkung berufen.
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 6.2.2008 die Klage abgewiesen. Das
Übernahmeverfahren durch die B. AG führe zu einer Beendigung des
Optionsprogramms. Der Kläger sei fair behandelt worden. Ein Anfechtungsgrund habe
nicht bestanden.
Gegen dieses, seinem Prozessbevollmächtigten am 23. April 2008 zugestellte Urteil
richtet sich die am 21. Mai 2008 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
eingegangene und nach Verlängerung bis zum 15. Juli 2008 an diesem Tage begründete
Berufung des Klägers.
Der Kläger, der seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt, behauptet, in den
Vergleichverhandlungen mit den Anfechtungsklägern seien auch die Kosten des
erhöhten Aufwandes für die Optionen besprochen worden. Dies habe der
Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 06. Juni 2007 vor dem Landesarbeitsgericht
Berlin-Brandenburg bestätigt und das ergebe sich auch aus dem Wortlaut über die
Bekanntmachung über den gerichtlichen Vergleich vom 9. Mai 2003. Der Entwurf für den
Vergleich mit den Anfechtungsklägern habe am 8. April 2003 vorgelegen und sei am 22.
April 2003 überarbeitet worden und habe den Beteiligten in der überarbeiteten Fassung
am 25. April 2003 vorgelegen. Er habe bei Erhalt des Schreibens vom 15. April 2003
nicht gewusst, dass die grundsätzliche Einigung über eine wesentlich erhöhte
Barabfindung je Aktie unmittelbar erzielt worden sei und der Abschluss des Vergleichs
unmittelbar bevorgestanden habe. Durch das Schreiben hätten die Optionsinhaber
bewegt werden sollen, die Optionen auszuüben, bevor der für den Squeeze-out
vereinbarte Preis der Aktie von 52,00 € habe bekannt werden können. Die Beklagte habe
ihn getäuscht, weil sie ihm wider besseres Wissen suggeriert habe, sie komme ihm durch
die Einräumung der vorzeitigen Ausübungsmöglichkeit des Optionsrechts entgegen. In
Wirklichkeit habe sie ihm die ihr schon bekannte Werterhöhung seiner Optionen
vorhalten wollen. Er habe bislang Äußerungen seines Vorstandes und des Aufsichtsrates
nie als reklamehafte Anpreisungen ohne Tatsachenkern verstanden. Er habe das
Aprilschreiben Ernst genommen und als wirkliche Meinung des Vorstandes akzeptiert.
Hätte er die wahre Meinung von zwei der drei Vorstandsmitglieder der Beklagten
gekannt, wäre er auf die vorgeschlagene Lösung nicht eingegangen. Auch ein formell
ordnungsgemäßer Beschluss des Vorstandes könne eine Täuschungshandlung
darstellen. Die Beklagte habe ihn nicht über den Stand der Vergleichsverhandlungen zu
informieren gebraucht, sie habe es aber nicht zu ihrem finanziellen Vorteil ausnutzen
dürfen, dass er davon keine Kenntnis gehabt habe. Die wirksame Anfechtung habe seine
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dürfen, dass er davon keine Kenntnis gehabt habe. Die wirksame Anfechtung habe seine
Ausübungserklärung vom 27. April 2003 beseitigt. Daher habe er Anspruch auf Zahlung
des Betrages, der sich bei Zugrundelegung des Squeeze-out-Wertes ergebe. Dieser
Wert betrage 52,00 € pro Akte und erhöhe sich, wenn das Landgericht Dü. im noch
anhängigen Spruchverfahren einen höheren Betrag festsetze. Weder die
Optionsbedingungen noch die Ergänzungskonditionen würden eine Beendigung des
Aktienoptionsprogramms vorsehen. Die Beklagte habe jedenfalls nicht die
Wertberechnung der bereits gewährten Optionen einseitig verändern dürfen. Das Gericht
könne auch nicht mit seinen eigenen Vorstellungen die von den Optionsbedingungen
gebotene gleichberechtigte Mitwirkung des Bankhauses T. ersetzen. Die Auffassung des
Bankhauses T. zur wirtschaftlichen Gleichbehandlung im Falle des Squeeze-out ergebe
sich deutlich aus dem Schreiben vom 6. Juni 2002, danach sei der Squeeze-out-Wert der
maßgebliche Wert. Die Aktienoptionen müssten wie echte Aktien behandelt werden,
auch bei echten Aktien hätte die Beklagte nicht durch einseitige Erklärung einen
niedrigeren Wert festsetzen dürfen. In dem Geschäftsbericht sei der Wert von 40,38 €
lediglich in der Erläuterung der Bilanz erwähnt worden und beziehe sich auf die Höhe der
Rückstellungen. Im Februar 2003 sei dies der tatsächlich maßgebende Squeeze-out-
Wert gewesen. Die Beklagte sei damals durchaus von weiteren Erhöhungen
ausgegangen.
Der Kläger beantragt,
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 6. Februar 2008 – 31 Ca 23729/06 –
wird abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 38.016,00 € brutto zu zahlen, nebst
Zinsen auf den Nettobetrag in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 9.Mai
2003.
3.1 Unter dem Vorbehalt, dass im Spruchverfahren vor dem Landgericht Dü. –
40 O 118/03 – eine Barabfindung für die Aktie der Beklagten von mehr als 52,00 Euro
festgesetzt wird, die Beklagte zu verurteilen,
a) für den Kläger den Wert der ihm im Rahmen des Aktienoptionsprogramms der
Beklagten gewährten 3.200 Aktienoptionen der Tranche 2001 auf der Basis der
festgesetzten Barabfindung und des Berechnungszeitraums vom 1. November 2002 bis
zum 30. April 2003 ermitteln zu lassen,
b) dem Kläger diesen Wert mitzuteilen und
c) an den Kläger brutto den Differenzbetrag zu zahlen, der sich ergibt, nachdem
vom gemäß a) für den Kläger ermittelten Betrag
- der im Mai 2003 für seine Aktienoptionen abgerechnete Bruttobetrag und
- der ihm auf den Antrag gemäß Ziffer 1. zugesprochene Bruttobetrag
abgezogen worden sind, zuzüglich Zinsen auf den Netto-Differenzbetrag in Höhe
von 5 % über dem Basiszinnsatz seit dem 9.Mai 2003.
3.2 Hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte für den Fall, dass im
Spruchverfahren vor dem Landgericht Dü. – 40 O 118/03 – eine Barabfindung für die
Aktie der Beklagten von mehr als 52,00 Euro festgesetzt wird, verpflichtet ist,
a) für den Kläger den Wert der ihm im Rahmen des Aktienoptionsprogramms der
Beklagten gewährten 3.200 Aktienoptionen der Tranche 2001 auf der Basis der
festgesetzten Barabfindung und des Berechnungszeitraums vom 1. November 2002 bis
zum 30. April 2003 ermitteln zu lassen,
b) dem Kläger diesen Wert mitzuteilen und
c) an den Kläger brutto den Differenzbetrag zu zahlen, der sich ergibt, nachdem
vom gemäß a) für den Kläger ermittelten Betrag
a. der im Mai 2003 für seine Aktienoptionen abgerechnete Bruttobetrag und
b. der ihm auf den Antrag gemäß Ziffer 1. zugesprochene Bruttobetrag
abgezogen worden sind, zuzüglich Zinsen auf den Netto-Differenzbetrag in Höhe
von 5 % über dem Basiszinnsatz seit dem 9.Mai 2003.
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Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Der Kläger stelle den Ablauf
der Vergleichverhandlungen zwischen der D. B. AG und den Anfechtungsklägern im April
2003 falsch dar. Ob alle Anfechtungskläger dem Vergleich tatsächlich beitreten würden,
habe sich erst unmittelbar vor dem tatsächlichen Vergleichsschluss am 9. Mai 2003
geklärt. Da in dem Schreiben vom 15. April 2003 klar festgelegt worden sei, dass
Erhöhungen der Barabfindung im Rahmen von Anfechtungsklagen keine Auswirkungen
auf die Optionsberechtigten hätten, habe die D. B. AG auch nicht mit den
Anfechtungsklägern kooperiert, um die Auswirkungen des Vergleichs auf den Wert der
Optionen zu verschleiern. Es sei auch unzutreffend, dass die Vorstandsmitglieder M.-F.
und Dr. R. die Abfindungsentscheidung nicht mitgetragen hätten. Die Beklagte
wiederholt und vertieft im Übrigen ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Entscheidungsgründe
I.
Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist form- und
fristgerecht im Sinne von §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet
worden.
II.
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das
Arbeitsgericht Berlin die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen
Gesichtspunkt eine höhere Zahlung pro fiktive Aktienoption als die erhaltenen 26,44
Euro zu, denn ein höherer Referenzwert als die von der Beklagten zugrunde gelegten
40,38 pro Aktienoption ergibt sich nicht. Daher ist der Anspruch des Klägers erfüllt (§ 362
BGB). Im Übrigen wären die Ansprüche auch verjährt.
Mit Beendigung des Squeeze-out am 9. Mai 2003 waren die Optionsbedingungen
anzupassen und die vom Kläger noch gehaltenen Optionen aus dem Jahre 2001
auszuzahlen (1.1). Es kann offen bleiben, ob durch die Mitteilung vom 15. April 2003
wirksam die Optionsbedingungen geändert wurden. War dies nicht der Fall (1.2), dann
wären nach §§ 317, 319 I 2 BGB die Optionsbedingungen durch das Gericht anzupassen
(1.2.1). Ein höherer Referenzwert als 40,38 Euro wäre hierbei nicht festzusetzen (1.2.2).
Wenn die Änderungen mit Schreiben vom 15. April 2003 wirksam wären, dann kann der
Kläger auf keinen Fall mehr verlangen (1.3). Auf das Schreiben des Klägers vom 13. Mai
2003 und seine Anfechtungserklärung kommt es nicht an (1.4). Auch wären mögliche
Ansprüche verjährt (1.5). Doch auch wenn man mit dem Kläger der Ansicht folgen wollte,
wonach eine Anfechtung seiner Erklärung vom 13. Mai 2003 notwendig ist (2.), kann
nicht festgestellt werden, dass ein Anfechtungsgrund vorliegt (2.1). Selbst wenn er
vorläge, führt dies zu keinem anderen Ergebnis (2.2). Im Übrigen wären die Ansprüche
auch dann verjährt (2.3).
1.
Mai 2003 mussten gemäß § 5 der Optionsbedingungen diese zwingend angepasst
werden. Unter keiner Konstellation ergibt sich hierbei ein höherer Referenzwert pro
Aktienoption als 40,38 Euro.
1.1
diese anzupassen. Als Umwandlung gilt insbesondere, wenn sämtliche Aktien der St. AG
endgültig untergehen, übertragen werden, zu übertragen sind oder in ihrer Gattung oder
Rechtsnatur verändert werden sowie jeder sonstige Vorgang, der den vorstehende
genannten Vorgängen wirtschaftlich gleichsteht. Hierzu zählt auch das Squeeze-out, da
nunmehr Aktien der St. AG nicht mehr bestehen.
Nach § 5 Abs. 1 a der Optionsbedingungen müssen diese so angepasst werden, dass
der Optionsbegünstigte - hier also der Kläger - wirtschaftlich den Aktionären der St. AG
gleichgestellt ist. Eine solche Anpassung erfolgt nach § 5 Abs. 3 der Optionsbedingungen
gemeinsam durch die Ermittlungsstelle und die Gesellschaft.
1.2
die notwendige Anpassung der Optionsbedingungen nicht, jedenfalls nicht rechtswirksam
erfolgt ist, dann ist die Anpassung durch das Gericht vorzunehmen. Hierbei kann kein
höherer Wert als 40,38 Euro pro Aktie angenommen werden.
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1.2.1
Dritten erfolgen, dann sind nicht § 315 f. BGB, sondern die §§ 317 ff. anwendbar
(Palandt-Grüneberg, 67. Auflage, § 317 BGB Rn 2 a; MüKo-Gottwald, 4. Auflage, § 315 Rn
4; Erman-Hager § 317 BGB Rn 2; BAGE 21, 305, 310).
Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da die notwendigen Anpassungen nach § 5 Abs.
3 der Optionsbedingungen durch die St. AG gemeinsam mit der Ermittlungsstelle, also
der T. § B. KGaA, zu erfolgen hat.
Nach § 319 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. ist die Bestimmung der Leistung durch Urteil
vorzunehmen, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er
sie verzögert. Hierbei steht dem Nichtkönnen gleich, wenn die Bestimmung durch
mehrere erfolgen soll, die erforderliche Übereinstimmung aber nicht zustande kam
(BAGE 21, 305, 311).
Entsprechend der hiesigen Annahme ist zu unterstellen, dass die Beklagte und die
Ermittlungsstelle zumindest nicht bis zum 9. Mai 2003 einvernehmlich eine Anpassung
vorgenommen haben.
1.2.2
Maßstab des § 317 Abs. 1 BGB entsprechend, muss also billiges Ermessen
berücksichtigen.
Hierbei ist zum einen zu beachten, dass § 5 Abs. 1 a der Optionsbedingungen vorsehen,
dass der Optionsbegünstigte wirtschaftlich den Aktionären der St.aktien gleichzustellen
ist. Schon vom Wortlaut ist aber nicht zu folgern, dass hierbei ausschließlich der gerade
aktuell erzielbare Preis pro Aktie zugrunde zu legen ist. Nach der Präambel der
Optionsbedingungen soll gerade erreicht werden, langfristig wirksame Entscheidungen
von Führungskräften zu fördern. Auch das Bundesarbeitsgericht sieht in Aktienoptionen
eine besondere Form der erfolgsorientierten, langfristig verhaltenssteuernden Vergütung
(BAG vom 28.05.2008 - 10 AZR 351/07 - NZA 2008, 1066, 1071, Rn 31). Die langfristige
Wirkung wird mehrfach betont, wobei diese Grundsätze auch für fiktive Aktienoptionen
gelten (BAG a.a.O. Rn 37). Auch die virtuellen Aktienoptionen sollen eine sich im
Aktienkurz widerspiegelnde Wertsteigerung bezwecken (a.a.O.). Im Falle des Squeeze-
out kann der Wert der Aktienoption jedoch nicht nach dem letzten möglichen Zeitpunkt,
also der Eintragung des Squeeze-out, berechnet werden. Das Squeeze-out ist vielmehr
als einheitlicher Vorgang einer Umwandlungsmaßnahme zu bewerten. Dieses
Gesamtgeschehen beginnt mit der Veröffentlichung des Übernahmeangebots im Juli
2002 und endet mit der Eintragung des Squeeze-out (so auch Landgericht Berlin vom
21.09.2006 - 30 O 85/06 - Anlage B 13, 405, 415). Dann ist jedoch als Referenz für die
Anpassung des Optionsprogramms die Gesamtheit der Aktionäre zu betrachten und
nicht nur die letzten verbliebenen 0,29 % der Aktieninhaber. Die Minderheitsaktionäre,
die sich einem Squeeze-out entgegenstellen, können allein dadurch, dass sie das
Verfahren verzögern, den Preis für ihre Aktien in die Höhe treiben. Dies hat einen stark
spekulativen Charakter und bildet den Wert des Unternehmens nicht adäquat ab. Es ist
vielmehr sachgerecht und entspricht auch der Billigkeit, den Referenzkurs der St.aktien
heranzuziehen, der sich unter Marktbedingungen an der Börse gebildet hatte. Dem
Übernahmeangebot der Beklagten mit 32,75 Euro pro Aktie waren 99,71 % der
Aktionäre gefolgt, so dass dieser Kurz offensichtlich attraktiv war. Daher sind die
nunmehr angesetzten 40,38 Euro keinesfalls zu niedrig (so auch das Landgericht Berlin
a.a.O.). Auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg geht in seiner rechtskräftigen
Entscheidung vom 23.01.2007 - 12 Sa 1698/06 - davon aus, dass der Börsenkurz durch
die Bekanntgabe von Übernahmevorhaben und insbesondere durch die Bekanntgabe
der zu erwartenden Abfindung nachhaltig beeinflusst wird. Er wird dann durch
Abfindungsspekulationen geprägt, was nicht dem maßgeblichen Leitbild einer Bewertung
des Unternehmens entspricht, an dem der Aktionär beteiligt ist (Anlage B 16 = 572,
582, S. 11). Insofern wird der Wert der Aktie durch Umstände beeinflusst, die mit dem im
üblichen Börsenhandel maßgeblichen Unternehmenswert nichts mehr zu tun haben.
All dies rechtfertigt es, zum Zeitpunkt des Squeeze-out nicht auf den Preis der Aktien
abzustellen, den die sich sträubenden Minderheiten erzielt haben oder möglicherweise
noch erzielen werden. Es muss nicht entschieden werden, ob möglicherweise der
Referenzkurs von 32,75 Euro auch angemessen wäre. Der Kurs von 40,38 Euro ist es auf
jeden Fall.
1.3
niedergelegten Bedingungen wirksam auch den Fall des Squeeze-out regeln, dann sind
diese Regelungen nach §§ 319 BGB nur auf grobe Unbilligkeit zu überprüfen. Dies ist
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diese Regelungen nach §§ 319 BGB nur auf grobe Unbilligkeit zu überprüfen. Dies ist
nicht der Fall, da der Referenzwert von 40,38 Euro selbst dem Maßstab des billigen
Ermessens entspricht.
1.4
Stichtag vom 9. Mai 2003 abzurechnen waren, kommt es nicht darauf an, dass der
Kläger mit Schreiben vom 13. Mai 2003 ausdrücklich noch ein Ausübungsrecht geltend
gemacht hat.
1.5
begann mit dem 31.12.2003 und endete mit dem 31.12.2005. Die Klage ist hingegen
fast ein Jahr später eingereicht worden.
Artikel 292 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 EGBGB ist auch auf solche Ansprüche
anzuwenden, die sich aus einem vor dem 1. Januar 2002 geschlossenen
Schuldverhältnis ergeben, selbst wenn die Ansprüche erst nach diesem Tag entstanden
sind (BGH vom 26.10.2005 - XIII ZR 359/04 - NJW 2006, 44). Diese Voraussetzungen sind
hier gegeben, da das Schuldverhältnis hinsichtlich der Aktienoptionen des Jahres 2001 in
diesem Jahr begründet worden ist, der Anspruch auf Einlösung sich aber erst im Jahre
2003 ergab.
Ist die Verjährungsfrist nach neuem Recht länger als nach altem Recht, so gilt die Frist
nach altem Recht (Artikel 229 § 6 Abs. 3 EGBGB). Nach neuem Verjährungsrecht
verjähren die möglichen vertraglichen Ansprüche mit der regelmäßigen Verjährungsfrist
von drei Jahren (§ 195 BGB n.F.). Nach dem alten Verjährungsrecht galten
Optionsansprüche als Arbeitsentgelt (BAG vom 28.05.2008 a.a.O. Rn 30). Insofern galt
eine zweijährige Verjährungsfrist (§ 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB a.F.). Dies hat zur Folge, dass
die alte Verjährungsfrist von zwei Jahren anzuwenden ist.
Entstanden ist ein Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden
kann. Hierbei ist nicht erforderlich, dass der Berechtigte den Anspruch beziffern kann,
vielmehr genügt die Möglichkeit, Stufen- oder Feststellungsklage zu erheben. Hätte die
Beklagte nicht von sich aus mit dem Maientgelt im Jahre 2003 die
Aktienoptionsansprüche abgerechnet, so hätte zumindest der Kläger in diesem Jahr
Klage erheben können. Damit lief die Verjährungsfrist am 31. Dezember 2005 ab. Der
Kläger hat jedoch erst im Jahre 2006 Klage eingereicht, so dass der Verjährungseinwand
der Beklagten durchgreift.
2.
vom 13. Mai 2003 eine Ablösung der Optionsrechte aus dem Jahre 2001 zustande
gekommen ist, so ist doch nicht ersichtlich, dass ein Anfechtungsgrund besteht (2.1), so
dass von einer Vereinbarung auf Basis des Schreibens der Beklagen vom 15. April 2003
auszugehen ist. Doch selbst wenn ein Anfechtungsgrund vorhanden wäre, kann der
Kläger nicht verlangen, dass pro Aktienoption ein höherer Referenzwert als 40,38 Euro zu
zahlen (2.2). Darüber hinaus wären auch in diesem Fall mögliche Ansprüche verjährt
(2.3).
2.1
beseitigen, weil er der Ansicht ist, bei Abgabe dieser Willenserklärung arglistig getäuscht
worden zu sein (§ 123 Abs. 1 BGB). Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht gegeben.
Der Kläger ist insofern der Ansicht, mit dem Schreiben vom 15. April 2003 hätte die
Beklagte nur angeboten, die Optionsbedingungen vorfristig auszuüben. Durch dieses
Schreiben sei nicht eine Festlegung für den Fall erfolgt, dass es tatsächlich zu dem
Squeeze-out kommt. Alle Führungskräfte und insbesondere auch er selbst seien davon
ausgegangen, dass im Falle des Squeeze-out der Aktienwert durchaus hätte höher
liegen können. Auch die Beklagte habe dies gewusst, da sie den Minderheitsaktionären
zu diesem Zeitpunkt schon die Zahlung von 52 Euro pro Aktie angeboten habe. Die
Arglist der Beklagten habe darin gelegen, möglichst viele Führungskräfte zur Ausübung
ihres Optionsrechts bewegen zu wollen, um an diese später nicht die Optionen auf Basis
des höheren Aktienwerts abrechnen zu müssen (S. 9 ff. des Schriftsatzes vom
27.04.2007 [Bl. 456 ff. d. A.]).
Diesem Ansatzpunkt kann schon deswegen nicht gefolgt werden, weil die Beklagte im
Schreiben vom 15.04.2004 auch die Bedingungen im Falle des durchgeführten Squeeze-
out festgelegt hat. Dies ergibt sich schon aus dem Betreff des Anschreibens. Dort wird
mitgeteilt, dass das Aktionsprogramm für Führungskräfte beendet wird. Auch im ersten
Absatz wird darüber informiert, dass das Squeeze-out beschlossen worden sei und
alsbald durch Eintragung in das Handelsregister wirksam werde. Spätestens mit diesem
Zeitpunkt ende das virtuelle Optionsprogramm. Für diese Situation gingen die
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Zeitpunkt ende das virtuelle Optionsprogramm. Für diese Situation gingen die
Optionsbedingungen von einer Anpassung der Optionsrechte aus. Die Beklagte hat
insofern mehr als deutlich gemacht, dass die Beendigung des Aktienoptionsprogramms
unmittelbar bevorstehe. Es wird dann darüber informiert, dass „vor diesem Hintergrund“
die Gesellschaft von der Ermittlungsstelle die notwendigen Werte habe ermitteln lassen.
Im Rahmen der angestellten Erwägungen wird darauf verwiesen, dass eine etwaige
nachträgliche Erhöhung der Barabfindung, z. B. im Zusammenhang mit der Abwehr von
Anfechtungsklagen oder im Rahmen eines durch einzelne Aktionäre angestrengten
Spruchverfahrens, für die Zwecke der Wertermittlung unberücksichtigt blieben. Hätte
man die Führungskräfte nur darüber informieren wollen, zu welchem momentanen Wert
sie bei einer vorzeitigen Ausübung des Optionsrechts ihre Optionen abgerechnet werden
sollten, dann hätte es eines derartigen Hinweises auf mögliche Unwägbarkeiten der
Zukunft nicht bedurft. Deswegen konnten die Führungskräfte dem Schreiben vom 15.
April 2004 nicht nur entnehmen, zu welchem Wert sie vorzeitig ihre Optionen ausüben
konnten, sondern welcher Wert auch bei einem Squeeze-out und einem sich länger
hinziehenden Anfechtungs- und/oder Spruchverfahren erzielen würden. Hierfür spricht
auch, dass die Beklagte alle Führungskräfte nach den Grundsätzen der Mitteilung im
Schreiben vom 15.04.2004 behandelt hat, selbst wenn diese nicht bis zum 9. Mai 2003
ihr Optionsrecht wahrgenommen haben. Wenn das Schreiben vom 15. April 2004 jedoch
derart eindeutig auszulegen ist, dann konnte bei dem Kläger ein Irrtum nicht erregt
werden.
2.2
ausgesprochene Anfechtung nicht zu einem anderen Ergebnis.
Die Anfechtung würde allenfalls dazu führen, dass eine einvernehmliche Regelung auf
der Basis des Schreibens vom 15. April 2004 beseitig wird. Dies bedeutet jedoch nicht,
dass der Kläger nunmehr wirtschaftlich so zu stellen wäre, wie die letzten verbleibenden
Minderheitsaktionäre. Es gelten vielmehr die Grundsätze, die zuvor unter 1.2 dargestellt
wurden. Eine vom Gericht vorzunehmende Anpassung der Optionsbedingungen würde
danach ebenfalls nicht zu einem höheren Wert als 40,38 Euro pro Aktie führen.
2.3
Selbst nach einer erfolgreichen Anfechtung wären die Optionsbedingungen nach den §§
317 ff. BGB anzupassen. Nach § 318 Abs. 2 Satz 2 muss eine Anfechtung unverzüglich
erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis
erlangt hat. Insofern ist § 123 Abs. 2 BGB unanwendbar.
Der Kläger hat nach eigenem Vorbringen aufgrund eines Beratungsgespräches mit
seinem Prozessbevollmächtigten im September oder Oktober 2006 von dem
vermeintlichen Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten. Die Einreichung der Klage erst Ende
Dezember 2006 ist demnach nicht mehr unverzüglich.
III.
Der Kläger hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 ZPO).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor. Auf die Möglichkeit
der Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen.
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