Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 29.03.2017

LArbG Berlin-Brandenburg: tarifvertrag, wahrung der frist, schiedsvereinbarung, arbeitsgerichtsbarkeit, persönlicher geltungsbereich, akte, schiedsabrede, ausschluss, angehöriger, leiter

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Gericht:
LArbG Berlin-
Brandenburg 14.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
14 Sa 943/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 101 Abs 2 S 1 ArbGG, § 101
Abs 2 S 3 ArbGG, § 1 TVG
Normaltarifvertrag Bühne - Einrede der
Bühnenschiedsgerichtsbarkeit
Leitsatz
1. Bei dem Normaltarifvertrag Bühne handelt es sich um einen Tarifvertrag i. S. des § 101
Abs. 2 Satz 1 ArbGG, da der persönliche Geltungsbereich dieses Tarifvertrages überwiegend
Bühnenkünstler umfasst.
2. Eine einzelvertragliche Vereinbarung der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit gemäß § 101 Abs.
2 Satz 3 ArbGG setzt voraus, dass der Arbeitnehmer bei unterstellter Tarifbindung unter den
persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages gemäß § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG fiele.
Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitsaufnahme tatsächlich während des bestehenden
Arbeitsverhältnisses überwiegend oder ausdrücklich künstlerisch tätig wurde (Abgrenzung zu
BAG 06.08.1997 - 7 AZR 156/96, BAGE 86, 190).
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom
09.11.2006 - 1 Ca 284/06 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch darüber, ob das Arbeitsverhältnis des
Klägers aufgrund einer Befristung zum 31.07.2006 geendet hat und in diesem
Zusammenhang darüber, ob eine wirksame Bühnenschiedsgerichtsabrede getroffen
wurde.
Der Kläger schloss mit dem Land Brandenburg (dem ehemaligen Beklagten zu 1),
vertreten durch das Staatstheater C., am 15.06.2000 einen schriftlichen Dienstvertrag.
Gemäß § 1 des Vertrages wurde der Kläger als Mitglied des Staatstheaters C. in C. für
alle an der Einrichtung gepflegten Kunstgattungen als Theaterplastiker mit überwiegend
künstlerischer Tätigkeit eingestellt. In § 2 des Vertrages vereinbarten die
Vertragsparteien, dass das Dienstverhältnis für einen Teil der Spielzeit 1999/2000, die
Spielzeit 2000/2001 begründet wird und dass das Dienstverhältnis am 01.07.2000
beginnt und am 31.07.2001 endet. Gemäß § 8 des Vertrages bestimmt sich das
Dienstverhältnis nach dem Bühnentechniker-Tarifvertrag (BTT) vom 25.05.1961 und den
nach § 5 BTT anzuwendenden Vorschriften des Normaltarifvertrages Solo in den jeweils
geltenden Fassungen und den den BTT ändernden und ergänzenden oder an seine
Stelle tretenden Tarifverträgen sowie nach den sonstigen zwischen dem Deutschen
Bühnenverein - Bundesverband deutscher Theater und der Genossenschaft Deutscher
Bühnen-Angehöriger für die nach dem Bühnentechniker-Tarifvertrag Beschäftigten
vereinbarten Tarifverträgen. § 11 des Dienstvertrages lautet: „Über alle bürgerlichen
Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes entscheiden unter
Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit die nach Maßgabe der zwischen dem Deutschen
Bühnenverein-Bundesverband deutscher Theater und der Genossenschaft Deutscher
Bühnen-Angehöriger vereinbarten Bühnenschiedsgerichtsordnung eingesetzten
Bühnenschiedsgerichte.“ Der Dienstvertrag ist sowohl von dem Kläger als auch für das
Land Brandenburg, Staatstheater C., durch den Intendanten Herrn Ch. Sch. und den
Geschäftsführenden Direktor Herrn St. R. unterschrieben worden. In einem schriftlichen
Zusatz vom 09.10.2000 heißt es, dass die schriftliche Vereinbarung der Befristung im
Dienstvertrag auch die Verlängerung des Arbeitsvertrages durch die geltende, auch
arbeitsvertraglich vereinbarte tarifliche Verlängerungsklausel für den Fall, dass eine
Nichtverlängerungsmitteilung nicht ausgesprochen werde, umfasse. - Wegen des
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Nichtverlängerungsmitteilung nicht ausgesprochen werde, umfasse. - Wegen des
weiteren Inhalts des Dienstvertrages und des Zusatzes wird auf die sich bei der Akte
befindende Kopien Bezug genommen (Fotokopie Bl.10 bis 12 und Bl. 13 der Akte). -
Der Kläger war und ist nicht Mitglied der Genossenschaft Deutscher Bühnen-
Angehöriger. Er war seit 1996 Mitglied bei der ÖTV und ist nach Verschmelzung dieser
Gewerkschaft auf die Gewerkschaft Vereinte Dienstleistungen (ver.di) Mitglied dieser
Gewerkschaft.
Der Deutsche Bühnenverein - Bundesverband deutscher Theater - und die
Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger haben den Tarifvertrag über die
Bühnenschiedsgerichtsbarkeit - Bühnenschiedsgerichtsordnung (BSchGO) vom
01.10.1948, zuletzt geändert durch Änderungstarifvertrag vom 15.10.2002,
geschlossen. Es sind Bezirks-Bühnenschiedsgerichte und ein Bühnenoberschiedsgericht
eingerichtet.
In § 12 BTT war bestimmt, dass für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des §2
des Arbeitsgerichtsgesetzes zwischen dem Theaterveranstalter und dem Angestellten
unter Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit ausschließlich die von den
vertragsschließenden Parteien dieses Tarifvertrages nach Maßgabe der vereinbarten
Bühnenschiedsgerichtsordnung eingesetzten Schiedsgerichte zuständig sind.
Mit Wirkung zum 01.01.2003 trat der zwischen dem Deutschen Bühnenverein -
Bundesverband deutscher Theater - und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-
Angehöriger vereinbarte Normaltarifvertrag Bühne (NV Bühne) vom 15.10.2002 in Kraft,
gleichzeitig trat u.a. der BTT außer Kraft.
§ 1 NV Bühne Absätze 1 bis 3 lauten
Geltungsbereich
(1) Dieser Tarifvertrag gilt für Solomitglieder und Bühnentechniker sowie Opernchor- und
Tanzgruppenmitglieder (im Folgenden insgesamt als Mitglieder bezeichnet) an Bühnen
innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, die von einem Lande oder von einer
Gemeinde oder von mehreren Gemeinden oder von einem Gemeindeverband oder
mehreren Gemeindeverbänden ganz oder überwiegend rechtlich oder wirtschaftlich
getragen werden.
(2) Solomitglieder sind Einzeldarsteller einschließlich Kabarettisten und
Puppentheaterspielern, Dirigenten, Kapellmeister, Studienleiter, Repetitoren,
Orchestergeschäftsführer, Direktoren des künstlerischen Betriebs (insbesondere
Operndirektor, Ballettdirektor, Leiter der Kinder- und Jugendtheaters), Spielleiter
(Regisseure), Chordirektoren, Choreografen, Tanz-/Ballettmeister sowie Trainingsleiter,
Dramaturgen, Leiter des künstlerischen Betriebsbüros, Disponenten, Ausstattungsleiter,
Bühnenbildner, Kostümbildner und Lightdesigner, Inspizienten, Theaterpädagogen,
Schauspielmusiker, Referenten und Assistenten von Intendanten sowie des
künstlerischen Betriebs, Souffleure, Theaterfotografen und Grafiker, Pressereferenten
und Referenten für Öffentlichkeitsarbeit sowie Personen in ähnlicher Stellung.
(§) Bühnentechniker sind Technische Direktoren und technische Leiter, Vorstände der
Malsäle. Leiter des Beleuchtungswesens, Leiter der Bühnenplastikerwerkstätten, Leiter
des Kostümwesens, Leiter der Ausstattungswerkstätten, Chefmaskenbildner, Referenten
und Assistenten der Technischen Direktoren und technische Leiter, Tonmeister.
Oberinspektoren und Inspektoren, Theater- und Kostümmaler, Beleuchtungsmeister und
Beleuchter, Bühnenplastiker (Kascheure), Maskenbildner, Requisitenmeister und
Requisiteure, Gewandmeister, Bühnenmeister, Veranstaltungstechniker und Personen in
ähnlicher Stellung sind Bühnentechniker im Sinne dieses Tarifvertrages, wenn mit ihnen
im Arbeitsvertrag vereinbart wird, dass sie überwiegend künstlerisch tätig sind.“
§ 53 NV Bühne lautet:
Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes
zwischen den Arbeitsvertragsparteien sind unter Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit
ausschließlich die von den vertragsschließenden Parteien dieses Tarifvertrages nach
Maßgabe der vereinbarten Bühnenschiedsgerichtsordnung eingesetzten Schiedsgerichte
zuständig sind.
Der Kläger arbeitete über den 31.07.2001 hinaus am Staatstheater C.. Sein
Bruttomonatsentgelt betrug zuletzt 2.352,00 €.
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Durch das Gesetz über die Errichtung einer Brandenburgischen Kulturstiftung C.
(KultStG) vom 29.06.2004, das am 07.07.2004 in Kraft trat, wurde die Beklagte
(ehemalige Beklagte zu 2) durch das Land Brandenburg errichtet. In § 12 KultStG ist
bestimmt, dass mit Inkrafttreten dieses Gesetzes die Arbeits- und
Ausbildungsverhältnisse der beim Staatstheater C. und den Brandenburgischen
Kunstsammlungen C. Beschäftigten mit allen Rechten und Pflichten auf die Beklagte
übergeht. Der Kläger widersprach mit Schreiben, das das Land Brandenburg im Juli 2004
erhielt, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte. Wegen des genauen
Wortlautes dieses Schreibens wird auf die sich bei der Akte befindende Kopie (Fotokopie
Bl.14 der Akte) Bezug genommen.
Am 06.10.2005 fand zwischen dem Kläger und Vertretern der Beklagten ein
Anhörungsgespräch statt. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 24.10.2005
mit, dass sein Vertrag mit dem Staatstheater nicht über den 31.07.2006 verlängert
werde. Auf den Inhalt des Schreibens wird im Übrigen verwiesen (Fotokopie Bl.15 der
Akte).
Mit seiner am Arbeitsgericht Cottbus am 15.02.2006 eingegangenen und gegen das
Land Brandenburg als Beklagten zu 1 und gegen die Beklagte als Beklagte zu 2
gerichteten Klage hat der Kläger mit dem Hauptantrag die Feststellung beantragt, dass
sein Arbeitsverhältnis nach wie vor zu dem Land Brandenburg besteht sowie
festzustellen, dass dieses Arbeitsverhältnis unbefristet ist und nicht durch Befristung
zum Spielzeitende am 31.07.2006 enden wird. Hilfsweise für den Fall, dass das
Arbeitsgericht seiner Auffassung zum Widerspruchsrecht nicht folgen sollte, hat er mit
dem Erstantrag gegenüber der Beklagten die Unwirksamkeit einer Befristungsabrede
des Arbeitsvertrages mit dem Endzeitpunkt 31.07.2006 sowie die Unwirksamkeit der von
der Beklagten ausgesprochenen Nichtverlängerungsmitteilung geltend gemacht wird.
Die Klage ist dem Land Brandenburg am 23.02.2006 und der Beklagten am 21.02.2006
zugestellt worden. Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage im Wesentlichen
ausgeführt: Er habe als Theaterplastiker nach den detaillierten Vorgaben des
Bühnenbildners/Bühnenbildnerin Teile des Bühnenbildes herzustellen gehabt. Er sei nicht
überwiegend künstlerisch tätig geworden, es handele sich um rein handwerkliche
Tätigkeiten. Die Übernahme des Staatstheaters C. durch die Beklagte stelle einen
rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB dar. Daher habe ihm
ein Widerspruchsrecht nach § 613 a Abs.6 BGB zugestanden, welches er wirksam
ausgeübt habe. Daher bestehe sein Arbeitsverhältnis nach wie vor zu dem Land
Brandenburg. Sein Arbeitsverhältnis sei unbefristet, da kein sachlicher Grund für eine
Befristungsabrede vorliege. Der Kläger hat ferner die gemäß §§ 60 ff LPersVG
erforderliche Beteiligung des zuständigen Personalrats mit Nichtwissen bestritten. Die
Schiedseinrede nach § 102 ArbGG könne nicht wirksam erhoben werden, da er kein
Bühnenkünstler sei. Dabei sei der konkrete Inhalt seiner Tätigkeit maßgebend. Es könne
auch nicht der These gefolgt werden, wonach der Geltungsbereich des NV Bühne
überwiegend Bühnenkünstler umfasse. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen sei nicht
ausreichend dargelegt worden. Da er Mitglied der Gewerkschaft ver.di sei, finde der BAT-
O originär auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung. Ferner fehle es an der Einhaltung der
gesetzlichen Schriftform für die Schiedsgerichtseinrede.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass er in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu dem Beklagten zu
1 steht;
hilfsweise, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers weder durch die
Nichtverlängerungsmitteilung der Beklagten zu 2 vom 24.10.2005 noch aufgrund
Befristung des Arbeitsvertrages zum 31.07.2006 geendet hat.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben geltend gemacht, die Klageerhebung vor dem Arbeitsgericht
Cottbus sei wegen der wirksamen Schiedsvereinbarung der Arbeitsvertragsparteien
unzulässig. Das Land Brandenburg hat ferner vorgetragen, Theaterplastiker würden
verschiedenste Teile des Bühnenbildes anfertigen, diese Teile des Bühnenbildes seien
zweifelsfrei Kunstwerke.
Das Arbeitsgericht Cottbus hat mit Urteil vom 09.11.2006 - 1 Ca 284/06 - die Klage
abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei unzulässig.
Denn die Parteien des Dienstvertrages vom 15.06.2000 hätten wirksam für alle
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Denn die Parteien des Dienstvertrages vom 15.06.2000 hätten wirksam für alle
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2 ArbGG die Arbeitsgerichtsbarkeit
ausgeschlossen und die Zuständigkeit der nach Maßgabe der vereinbarten
Bühnenschiedsordnung eingesetzten Bühnenschiedsgerichte vereinbart. Das
Arbeitsverhältnis richte sich nach der arbeitsvertraglichen Bezugnahme nach dem NV
Bühne, da dieser Tarifvertrag die Nachfolgeregelung des BTT sei. Der NV Bühne sei ein
Tarifvertrag i.S. des § 101 Abs. 2 ArbGG, denn er umfasse überwiegend Bühnenkünstler.
Unabhängig davon, ob dies auch auf die Bühnentechniker zutreffe, zählten jedenfalls die
Solisten sowie Chor- und Tanzgruppenmitglieder zu den Bühnenkünstlern. Der Kläger
gehöre einer Berufsgruppe an, für die eine einzelvertragliche Schiedsvereinbarung
zulässig sei. Denn die Arbeitsvertragsparteien hätten in dem Dienstvertrag eine
überwiegende künstlerische Tätigkeit vereinbart. Es komme nicht darauf an, ob der
Kläger nach dem maßgebenden Inhalt seiner tatsächlichen Beschäftigung künstlerische
Aufgaben zu erfüllen gehabt habe. Denn § 1 Abs. 2 und 3 NV Bühne fingiere die
Zugehörigkeit des Klägers zum künstlerischen Personal. § 1 Abs. 3 Satz 2 NV Bühne (wie
auch § 2 Satz 3 BTT) und auch die Regelung in Nr. 1 Abs. 3 der Sonderregelung SR II k
BAT-O würden keine widerlegbare Vermutung enthalten, sondern seien tarifliche
Fiktionen. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.08.1997 sei nicht
einschlägig. Die erforderliche Schriftform sei eingehalten, da das Arbeitsverhältnis sich
jeweils um ein Jahr verlängert habe und die jeweiligen Verlängerungen keines erneuten
Vertragsabschlusses bedurft hätten.
Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen
Urteils, Bl. 118 bis 121 der Akte, verwiesen.
Gegen dieses, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 05.04.2007 zugestellte
Urteil richtet sich die am Montag, dem 07.05.2007, beim Landesarbeitsgericht Berlin-
Brandenburg eingegangene und, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum
05.07.2007 verlängert worden war, mit Schriftsatz vom 05.07.2007, beim
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 05.07.2007 eingegangen, begründete
Berufung der Klägers mit der er zunächst die arbeitsgerichtlich gestellten Haupt- und
Hilfsanträge verfolgt hat. Mit Schriftsatz vom 06.09.2007 hat er die Berufung gegen das
Land Brandenburg zurückgenommen und lediglich den Hilfsantrag nunmehr als
unbedingten Antrag gegenüber der Beklagten aufrechterhalten.
Der Kläger behauptet, seine Aufgabe sei es gewesen, nach den detaillierten Vorgaben
des Bühnenbildners/der Bühnenbildnerin Teile des Bühnenbildes herzustellen. Dabei
handele es sich um rein handwerkliche Tätigkeiten, welche den Zweck gehabt hätten, die
benötigten Teile des Bühnenbildes so herzustellen, dass sie den gemachten Vorgaben
entsprechen würden. Die Weisungen der Bühnenbildner seien essentiell und als
Vorgaben für ihn bindend. Dass er nach den Vorgaben der Bühnenbildner zu arbeiten
habe, habe die Beklagte auch in dem Zwischenzeugnis vom 15.06.2005 ausdrücklich
bescheinigt. Er habe handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt, mit denen er die - ganz
überwiegend überaus detaillierten - Weisungen des Bühnenbildners realisiert habe. Dazu
gehöre ein hohes Maß an handwerklichem Können und Erfahrung, er sei jedoch nicht
überwiegend künstlerisch tätig geworden. - Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers
zu der von ihm ausgeübten Tätigkeit wird auf die Berufungsbegründung vom 05.07.2007,
Seiten 11 bis 27, und auf die von ihm als Anlagen K 1 bis K 23 zur Berufungsbegründung
eingereichten Unterlagen Bezug genommen (Bl. 150 bis 236 der Akte).
Der Kläger meint, eine wirksame Schiedsgerichtsabrede sei nicht getroffen worden. Das
Arbeitsgericht habe nicht ohne weitere Feststellungen davon ausgehen dürfen, dass der
NV Bühne ein Tarifvertrag i.S. des § 102 Abs. 2 Satz 1 ArbGG sei. Nach der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts komme es darauf an, dass er tatsächlich
überwiegend künstlerisch tätig geworden sei. Der BTT sei nicht günstiger als der BAT-O.
Ferner fehle es an einer schriftlichen Vereinbarung der Schiedsabrede, eine solche sei
lediglich in dem für die Zeit bis zum 31.07.2001 befristeten Dienstvertrag enthalten
gewesen, nicht aber mehr den späteren befristeten Verträgen.
Die Nichtverlängerungsmitteilung sei unwirksam, da er sich nicht in einem wirksam
befristeten Vertrag befunden habe. Denn es würden die erforderliche Schriftform und der
sachliche Grund fehlen.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Cottbus vom 09.11.2006 - 1 Ca
284/06 - festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers weder durch die
Nichtverlängerungsmitteilung der Beklagten vom 24.10.2005 noch aufgrund Befristung
des Arbeitsvertrages zum 31.07.2006 geendet hat.
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Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist der Ansicht, dass der
Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitsachen nicht eröffnet sei. Es liege ein
Anwendungsfall des § 102 ArbGG vor.
Die Beklagte trägt weiter vor, der Kläger habe in dem Gespräch am 06.10.2005 selbst
geäußert, dass die Fertigung eines Bühnenbildes sehr subjektiv sei und er sich
gewünscht habe, dass die jeweils verantwortlichen Personen mehr Einfluss genommen
hätten. Die Tätigkeit eines Bühnenplastikers sei eher dem künstlerischen Bereich als
dem handwerklichen Bereich zuzuordnen. Der Kläger habe einen Gestaltungsspielraum
bei der Umsetzung der Vorgaben gehabt, den er selbst habe ausfüllen können. - Wegen
des weiteren Vortrages der Beklagten zu den einzelnen „Projekten“ des Klägers wird auf
die Berufungserwiderung vom 01.08.2007, Seiten 10 bis 14 (Bl. 273 bis 277 der Akte),
verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand der
angefochtenen Entscheidung und die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts ist zulässig. Sie ist gemäß
§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne von
§§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, 64 Abs.6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und
begründet worden.
Die Berufung und die Berufungsbegründung gingen innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1
ArbGG beim Landesarbeitsgericht ein. Mit der Berufung griff der Kläger das Urteil des
Arbeitsgerichts, mit dem sowohl die gegen das Land Brandenburg als auch die gegen
die Beklagte gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen wurde, insgesamt und
uneingeschränkt an. Durch die Antragsstellung in der ersten Instanz hat der Kläger zwar
deutlich gemacht, dass er die Klageanträge gegen die Beklagte nur hilfsweise für den
Fall stellt, dass das Gericht der Auffassung ist, sein Arbeitsverhältnis würde nicht mehr
gegenüber dem Land Brandenburg bestehen. Damit handelte es sich um einen Fall der
eventuellen subjektiven Klagehäufung, die nach herrschender Meinung unzulässig ist
(vgl. insbes. RAG 16, 24, 25; RGZ 58, 248, 249 f.; BAG 31.03.1993 - 2 AZR 467/92 BAGE
73, 30-42; BGH 25.09.1972 - II ZR 28/69 - LM § 1914 BGB Nr. 1 = NJW 1972, 2302, zu II
der Gründe; BGH 17.10.1973 - IV ZR 68/73 - VersR 1974, 194; LG Berlin 14.09.1957 - 10
O 72/57 - NJW 1958, 833, mit zustimmender Anmerkung von Habscheid;
Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Albers, ZPO, 50. Aufl., § 59 Anm. 2; Blomeyer,
Zivilprozeßrecht, 2. Aufl., § 108 I 1; Kion, Eventualverhältnisse im Zivilprozeß, 1971, S. 82
ff.; MünchKomm-Schilken, ZPO, § 59 Rz 11; Schellhammer, Zivilprozeßrecht, 5. Aufl., Rz
60 und 1254; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., vor § 59 Rz 3; Wieczorek, ZPO, 2. Aufl.,
§ 59 Anm. A II a 2; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., §§ 59, 60 Rz 10; Zöller/Stephan,
ZPO, 26. Aufl., § 253 Rz 1). Dennoch wurde auch durch die unzulässige Klage gegenüber
der Beklagten ein Prozessrechtsverhältnis in der ersten Instanz begründet (vgl. BAG
31.03.1993 - 2 AZR 467/92 aaO. - zu der Wahrung der Frist nach §§ 4, 13 KSchG bei
einer eventuellen subjektiven Klagehäufung; a.A. LAG Düsseldorf 19.12.2002 - 7 Sa
1181/02). Demnach war von dem klageabweisenden Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus
auch das Prozessrechtsverhältnis gegenüber der Beklagten umfasst. Dieses Urteil griff
der Kläger fristgerecht mit seiner uneingeschränkten Berufung vom 07.05.2007 an.
II.
Die Klage gegen die Beklagte ist nicht deshalb unzulässig, weil es sich um eine
eventuelle subjektive Klagehäufung gehandelt hat. Der Kläger hat auch in der
Berufungsbegründung vom 05.07.2007 zum Ausdruck gebracht, dass er die Hilfsanträge
gegenüber der Beklagten nur für den Fall stellt, dass das Landesarbeitsgericht von
einem unwirksamen Widerspruch gegen den Betriebsübergang ausgeht. Mit Schriftsatz
vom 06.09.2007 hat er aber die Berufung gegenüber dem Land Brandenburg
zurückgenommen und erklärt, der bisherige Hilfsantrag werde als unbedingter Antrag
aufrechterhalten. Entsprechend hat er in der mündlichen Verhandlung seinen Antrag
gestellt. Da durch die Einlegung der uneingeschränkten Berufung vom 07.05.2007 in der
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gestellt. Da durch die Einlegung der uneingeschränkten Berufung vom 07.05.2007 in der
Berufungsinstanz auch ein Prozessrechtsverhältnis gegenüber der Beklagten zustande
gekommen war, stellt die Änderung des Hilfsantrages in den Hauptantrag keinen
gewillkürten Parteiwechsel dar. Die Änderung der hilfsweisen Klage in eine unbedingte
Klage ist von einem gewillkürten Parteiwechsel zu unterscheiden. Ein gewillkürter
Parteiwechsel liegt vor, wenn die Beklagte ausgetauscht wird (vgl. BAG 31.03.1993 - 2
AZR 467/92 aaO). Ein Austausch auf der Beklagtenseite fand hier nicht statt, da auch
durch die Berufung und die Berufungsbegründung nicht nur ein Prozessrechtsverhältnis
mit dem Land Brandenburg, sondern auch ein Prozessrechtsverhältnis mit der
Beklagten zustande kam.
III.
Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.
Die Klage ist gemäß § 102 Abs. 1 ArbGG als unzulässig abzuweisen. Denn die Beklagte
hat sich in zulässiger Weise gemäß § 102 Abs. 1 ArbGG auf den Schiedsabrede gemäß §
101 Abs. 2 ArbGG berufen. Die Parteien haben eine wirksame Schiedsabrede gemäß §
101 Abs. 2 ArbGG getroffen. Die Voraussetzungen des § 102 Abs. 2 ArbGG liegen nicht
vor.
1. Wie sich aus dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ergibt, hat auch die
Beklagte in der ersten Instanz die Einrede der Schiedsabrede erhoben. Sie hat diese
Einrede in der zweiten Instanz wiederholt.
2. Das mit dem Land Brandenburg begründete Arbeitsverhältnis des Klägers ging
gemäß §12 KultStG auf die Beklagte über und zwar mit allen Rechten und Pflichten.
Demnach bestimmte sich auch das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der
Beklagten nach den Regelungen des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15.06.2000.
Es handelt sich bei § 12 KultStG um einen gesetzlich angeordneten Übergang der
Arbeitsverhältnisse. Die Voraussetzungen des § 613 a BGB liegen nicht vor. Denn der
Betrieb des Staatstheaters C. ist nicht insgesamt durch Rechtsgeschäft auf die Beklagte
übergegangen. Das Gesetz über die Errichtung einer Brandenburgischen Kulturstiftung
C. in Verbindung mit dem Finanzierungsabkommen gemäß § 4 dieses Gesetztes, bei
dem es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen der Beklagten und dem
Land Brandenburg handelt, ordneten die Übertragung von Vermögensgegenständen
und die Übertragung der sonstigen Rechte und Pflichten auf die Beklagte an, wobei
wesentliche Betriebsmittel, nämlich die im Eigentum des Landes Brandenburg
stehenden Vermögensgegenstände, direkt durch Gesetz übertragen wurden. Soweit im
Finanzierungsabkommen die rechtsgeschäftliche Übertragung weiterer Gegenstände
geregelt ist, handelt es sich bei diesen Gegenständen nicht um solche, die allein den
Betrieb des Staatstheaters C. ausmachen, die also prägend sind für die wirtschaftliche
Einheit. Daher kann die teilweise rechtsgeschäftliche Übertragung allein dieser
Vermögensgegenstände nicht zur Anwendung des § 613 a BGB führen (vgl. dazu auch
Schiedsspruch des Bezirksbühnenschiedsgerichts Berlin vom 28.10.2005 - BSchG 3/05).
Ein Widerspruchsrecht i.S. des § 613 a Abs. 6 BGB für die Arbeitnehmer sieht das
KultStG nicht vor. Eine analoge Anwendung des § 613 a Abs. 6 BGB scheidet aus, weil es
an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Ein Widerspruchsrecht ist auch nicht aus
verfassungsrechtlichen Gründen zu gewähren (vgl. BAG 08.05.2001 - 9 AZR 95/00 -
BAGE 97, 361-373).
Durch die Rücknahme der Berufung gegenüber dem Land Brandenburg hat der Kläger
im Übrigen nunmehr zum Ausdruck gebracht, dass auch er nicht mehr an seiner
Auffassung festhält, sein Arbeitsverhältnis sei nicht auf die Beklagte übergegangen.
Vorsorglich ist anzumerken, dass die Berufung des Klägers ebenfalls keinen Erfolg haben
kann, wenn dem Kläger ein Widerspruchsrecht zugestanden und er dieses wirksam
ausgeübt hätte. Denn dann ist der gegen die Beklagte gerichtete Feststellungsantrag
jedenfalls unbegründet, weil zwischen den Parteien in diesem Fall kein Arbeitsverhältnis
bestanden hätte. Der Kläger hatte nämlich durch sein Schreiben vom Juli 2004 deutlich
zum Ausdruck gebracht, dass in seiner Weiterarbeit am Staatstheater C. nicht sein
rechtsgeschäftlicher Wille zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses gesehen werden
dürfe.
3. Bestandteil des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses sind
aufgrund der Bestimmung in § 12 KultStG u.a. die in dem schriftlichen Vertrag vom
15.06.2000, abgeschlossen zwischen dem Kläger und dem Land Brandenburg,
enthaltenen Regelungen in § 8 und § 11 dieses Vertrages, nämlich die Anwendung des
BTT und die diesen ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge und die
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BTT und die diesen ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge und die
Schiedsabrede. Denn diese Bestimmungen galten zwischen dem Kläger und dem Land
Brandenburg im Zeitpunkt des gesetzlich angeordneten Übergangs des
Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Beklagte am 07.07.2004 und sind zwischen den
Parteien später nicht geändert worden.
Nach § 8 des Dienstvertrages war der Tarifvertrag über die Mitteilungspflicht (TVM) vom
23.11.1971 in seiner jeweiligen Fassung als den BTT ergänzender Tarifvertrag auf das
Arbeitsverhältnis des Klägers anzuwenden. In § 2 Abs. 1 TVM ist bestimmt, dass sich ein
für mindestens ein Jahr abgeschlossener Arbeitsvertrag zu den gleichen Bedingungen
um ein Jahr verlängert, es sei denn eine Partei teilt der anderen bis zum 31.Oktober der
Spielzeit, mit deren Ablauf der Arbeitsvertrag endet, schriftlich mit, dass sie nicht
beabsichtigt, den Arbeitsvertrag zu verlängern. Nach Auffassung des
Bundesarbeitsgerichts haben die Tarifvertragsparteien mit der
Nichtverlängerungsmitteilung abweichend von sonstigen rechtsgeschäftlichen
Grundsätzen bestimmt, unter welchen Voraussetzungen vom Vorliegen der zum
Abschluss von Anschlussverträgen notwendigen Willenserklärungen auszugehen ist.
Danach kommt dem Schweigen einer Partei eine rechtsgestaltende Bedeutung zu. Die
damit verbundene Fiktion muss durch die Abgabe einer Willenserklärung entkräftet
werden (BAG 3.11.1999 - 7 AZR 898/98 - AP Nr 54 zu § 611 BGB
Bühnenengagementsvertrag, 23.10.1991 - 7 AZR 56/91 - BAGE 69, 1 = AP Nr. 45 zu §
611 BGB Bühnenengagementsvertrag).
Da weder das Land Brandenburg noch der Kläger bis zum Übergang des
Arbeitsverhältnisses die Nichtverlängerungsmitteilungen erklärt hatten, verlängerte sich
das Vertragsverhältnis kraft tariflich fingierter Willenserklärungen jeweils um ein Jahr zu
den gleichen Bedingungen.
Seit Inkrafttreten des NV Bühne am 01.01.2003 ist dieser Tarifvertrag auf das
Arbeitsverhältnis des Klägers anzuwenden. Denn dieser Tarifvertrag ist an Stelle des BTT
getreten. In § 69 Abs. 2 NV Bühne ist für Bühnentechniker eine § 2 Abs. 1 TVM
entsprechende Regelung enthalten, so dass auch seit der Anwendung des NV Bühne auf
das Arbeitsverhältnis sich dieses jeweils aufgrund der fingierten Willenserklärungen
gemäß § 69 Abs. 2 NV Bühne zu den gleichen Bedingungen um jeweils ein Jahr
verlängerte.
Vorsorglich wird angemerkt, dass das Arbeitsverhältnis auch dann zu den Bedingungen
des Arbeitsvertrages vom 15.06.2000, also auch mit den Regelungen in den §§ 8 und 11
des Vertrages, mit der Beklagten bestehen würde, wenn eine Befristung des
Arbeitsverhältnisses unwirksam gewesen sein sollte und das Arbeitsverhältnis
fortgesetzt worden wäre. Denn sowohl aus § 15 Abs. 5 TzBfG als auch aus § 16 TzBfG
ergibt sich, dass bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Fristablauf hinaus
bzw. bei unwirksamer Befristung das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen
weiter besteht.
4. Die Voraussetzungen nach § 101 Abs.2 ArbGG liegen vor. Bestandteil des zwischen
den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages ist die einzelvertraglich vereinbarte
Anwendung eines Tarifvertrages i.S. des § 101 Abs. 2 Satz 1, nämlich des NV Bühne,
unter dessen Geltungsbereich der Kläger bei Tarifbindung fallen würde und ferner eine
ausdrückliche und schriftliche Vereinbarung i.S. des § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, dass
über alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis unter Ausschluss
der Arbeitsgerichtsbarkeit die nach Maßgabe der zwischen dem Deutschen
Bühnenverein-Bundesverband deutscher Theater und der Genossenschaft Deutscher
Bühnen-Angehöriger vereinbarten Bühnenschiedsgerichtsordnung eingesetzten
Bühnenschiedsgerichte entscheiden.
4.1 Der NV Bühne ist ein Tarifvertrag i.S. des § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG.
4.1.1 Die Tarifvertragsparteien des NV Bühne haben in § 53 NV Bühne die
Bühnenschiedsgerichtsbarkeit vereinbart. Sie haben festgelegt, dass für alle
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2 ArbGG zwischen den
Arbeitsvertragsparteien unter Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit ausschließlich die
von den vertragsschließenden Parteien dieses Tarifvertrages nach Maßgabe der
vereinbarten Bühnenschiedsgerichtsordnungen eingesetzten Schiedsgerichte zuständig
sind.
4.1.2 Es handelt sich bei dem NV Bühne um einen Tarifvertrag i.S. des § 101 Abs. 2 Satz
1 ArbGG, denn der persönliche Geltungsbereich des Tarifvertrages umfasst überwiegend
Bühnenkünstler.
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Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut müssen vom persönlichen Geltungsbereich des
Tarifvertrages nicht ausschließlich Bühnenkünstler umfasst sein, sondern lediglich
überwiegend. Dies bedeutet, dass die Tarifvertragsparteien auch die Arbeitsverhältnisse
von sonstigem Personal, das nicht künstlerisch tätig ist, durch den Tarifvertrag wirksam
der Schiedsklausel unterwerfen können, wenn nur im Übrigen vom persönlichen
Geltungsbereich überwiegend Bühnenkünstler umfasst werden (so auch ArbGV-Schunk,
2. Aufl. § 101 ArbGG, Rn. 33; ErfK/Koch, 7. Aufl. § 101 ArbGG Rn 3).
Soweit in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.08.1997 - 7AZR156/96 -
BAGE 86, 190-194 ausgeführt wird „Als einfacher Tontechniker ist der Kläger keiner
Berufsgruppe zuzuordnen, für die der BTT wegen künstlerischer oder überwiegend
künstlerischer Tätigkeit den Vorrang der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit wirksam regeln
könnte“ und dies dahin zu verstehen sein sollte, dass nach Auffassung des
Bundesarbeitsgerichts die Tarifvertragsparteien in einem Tarifvertrag nur dann wirksam
eine Schiedsvereinbarung treffen können, wenn unter den Geltungsbereich des
Tarifvertrages ausschließlich Personen mit künstlerischer oder mit überwiegend
künstlerischer Tätigkeit fallen (so wohl auch Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge,
ArbGG, 5.Aufl. § 101 Rn 20), steht dies im Widerspruch zu dem Gesetzeswortlaut, da
danach der persönliche Geltungsbereich des Tarifvertrages nur überwiegend die dort
genannten Berufsgruppen umfassen muss (so auch ARbGV-Schunk aaO). In der
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.08.1997 - 7 AZR 156/96 - sind
allerdings auch keine näheren Ausführungen zur Bedeutung des Wortes „überwiegend“
in §101 Abs. 2 Satz 1 BGB enthalten, insbesondere wird nicht zum Ausdruck gebracht,
dass dieses Wort als bedeutungslos angesehen wird.
Da im Hinblick auf die Bestimmungen in §§ 102 ff ArbGG keine verfassungsmäßigen
Bedenken an einer Vereinbarung der Schiedsgerichtsbarkeit unter Ausschluss der
Arbeitsgerichtsbarkeit auch für Personen, die nicht unter die in § 101 Abs. 2 Satz 1
ArbGG genannten Berufsgruppen fallen, bestehen, wenn nur der persönliche
Geltungsbereich des Tarifvertrages, der auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist,
überwiegend die genannten Berufsgruppen umfasst, geht die Kammer davon aus, dass
vom persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages i.S. des § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG
nur überwiegend und nicht ausschließlich Bühnenkünstler umfasst werden müssen. Dies
ist bei dem NV Bühne der Fall. Die unter § 1 Geltungsbereich aufgeführten Arbeitnehmer
sind ganz überwiegend als Bühnenkünstler anzusehen.
a) Dabei ist dem Kläger zwar dahin Recht zu geben, dass für die Feststellung des
Merkmals „überwiegend“ nicht ausschließlich nur die Anzahl der aufgeführten
Berufsbezeichnungen maßgebend sein kann. Allerdings bedarf es zur Feststellung, ob
der NV Bühne ein Tarifvertrag i.S. des § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ist, auch nicht der
Überprüfung von einzelnen Arbeitsverhältnissen.
b) Bei dem NV Bühne handelt es sich deshalb um einen Tarifvertrag, dessen
persönlicher Geltungsbereich überwiegend Bühnenkünstler umfasst, weil in § 1 deutlich
überwiegend Berufsbezeichnungen aufgeführt werden, die sowohl nach der allgemeinen
Verkehrsanschauung aber auch nach dem geschichtlich gewachsenen
Begriffsverständnis des "Bühnenkünstlers" als solche anzusehen sind und weil gerade
diese Personengruppen an den in § 1 NV Bühne genannten Bühnen im Verhältnis zu den
Personen, die im § 1 NV Bühne aufgezählt und bei denen u.U. zweifelhaft sein könnte, ob
sie als Bühnenkünstler anzusehen sind (z.B. Pressereferenten), überwiegend beschäftigt
werden.
aa) Als Bühnenkünstler werden jedenfalls solche Personen angesehen, die durch ihre
Tätigkeit an der Erarbeitung und Umsetzung der künstlerischen Konzeption eines Werkes
unmittelbar mitarbeiten. Sie üben dadurch eine künstlerische Tätigkeit aus. Sie wirken
entweder direkt an der Aufführung eines Stückes mit, wie Einzeldarsteller, Kapellmeister
oder Souffleure, oder sie gestalten das aufzuführende Stück bereits im Vorfeld der
Vorstellung und überwachen die konzeptionsgemäße Umsetzung. Demnach zählen
ohne Zweifel zu den Bühnenkünstlern die Opernchor- und Tanzgruppenmitglieder, ferner
die Einzeldarsteller einschließlich der Kabarettisten und Puppentheaterspielern. Genauso
zählen die Direktoren des künstlerischen Betriebes, die Dirigenten, Kapellmeister,
Studienleiter, Repetitoren, die Spielleiter, Chordirektoren, Choreografen, Tanz- und
Ballettmeister sowie Trainingsleiter, Dramaturgen, Ausstattungsleiter, Bühnenbildner,
Kostümbildner, Lightdesigner, Inspizienten, Schauspielmusiker zu den Bühnenkünstlern,
weil sie an der Erarbeitung und Umsetzung von künstlerischen Konzeptionen mitarbeiten
(siehe auch BAG 16.11.1995 - 6 AZR 229/95 - AP Nr 49 zu § 611 BGB
Bühnenengagementsvertrag).
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bb) Auch die unter § 1 Abs. 3 Satz 1 NV Bühne aufgezählten Personen sind
Bühnenkünstler. Denn auch diese sind verantwortlich für die Erarbeitung und Umsetzung
von künstlerischen Konzeptionen (z.B. für den Chefmaskenbildner BAG 10.12.1992 - 2
AZR 340/92 - n.v.).
cc) Aber auch die unter § 1 Abs. 3 Satz 2 NV Bühne aufgezählten Personen zählen zu
den Bühnenkünstlern i.S. des § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, wenn ihnen eine überwiegend
künstlerische Tätigkeit obliegt. Technisches Personal kann zwar dann nicht zu den
Bühnenkünstlern gerechnet werden, wenn es ausschließlich Arbeiten nach konkreten
Weisungen auszuführen hat und keinerlei gestalterischer Spielraum verbleibt. Bei allen in
§ 1 Abs. 3 Satz 2 NV Bühne aufgeführten Berufsbezeichnungen ist aber von der Art der
Tätigkeit nicht von vornherein die Wahrnehmung eines gestalterischen Spielraums
ausgeschlossen. Im Gegenteil verbleiben selbst bei umfangreichen Vorgaben oft
mehrere Möglichkeiten hinsichtlich der konkreten Ausführung, so dass auch ein
gestalterischer Spielraum und damit eine Einflussnahme auf die künstlerische
Konzeption gegeben ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Abgrenzung zwischen
künstlerischer und nicht künstlerischer Tätigkeit gerade im Bereich der unter § 1 Abs. 3
Satz 2 NV Bühne aufgeführten Berufstätigkeiten durchaus fließend und der Kunstbegriff
sehr weitgehend ist.
dd) Da unter den persönlichen Geltungsbereich des NV Bühne auch nur solche Personen
fallen, die die dort genannten Voraussetzungen erfüllen, nämlich z.B. Einzeldarsteller,
Mitglied der Tanzgruppe oder Chefmaskenbildner sind, bedarf es entgegen der Ansicht
des Klägers keiner Darlegung, welche Beschäftigten tatsächlich unter den
Geltungsbereich fallen. Dies gilt auch für die in § 1 Abs. 3 Satz 2 NV Bühne genannten
Personen. Von dem persönlichen Geltungsbereich des NV Bühne sind die in § 1 Abs. 3
Satz 2 genannten Personen nach der tariflichen Regelung nur dann umfasst, wenn mit
ihnen im Arbeitsvertrag vereinbart wird, dass sie überwiegend künstlerisch tätig sind.
Diese Personen haben einen arbeitsvertraglichen Anspruch, überwiegend künstlerisch
eingesetzt zu werden und der Arbeitgeber ist entsprechend verpflichtet, diesen
Personen auch bei der Ausführung der Arbeiten einen Gestaltungsspielraum
einzuräumen. Nach der arbeitsvertraglichen Gestaltung besteht damit eine
Einflussnahmemöglichkeit dieser Personen hinsichtlich der Erarbeitung oder der
Umsetzung einer künstlerischen Konzeption. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarung
ist aber im Regelfall davon auszugehen, dass diesen Personen auch überwiegend eine
künstlerische Tätigkeit obliegt, so dass es sich bei ihnen um Bühnenkünstler i.S. des §
101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG handelt.
Unerheblich ist, dass vom Geltungsbereich auch Personen in ähnlicher Stellung umfasst
sind. Durch die Aufzählung der konkreten Berufsbezeichnungen ist sichergestellt, dass
als Personen in ähnlicher Stellung auch nur solche Personen anzusehen sind, die
ebenfalls an der Erarbeitung und Umsetzung von künstlerischen Konzeptionen
mitarbeiten.
Da die in § 1 NV Bühne aufgezählten Personengruppen, bei denen zweifelhaft sein
könnte, ob sie als Bühnenkünstler anzusehen sind, nämlich z.B. der Pressereferent oder
der Referent für Öffentlichkeitsarbeit, nur vereinzelt an den in § 1 NV Bühne genannten
Bühnen tätig werden, umfasst der NV Bühne in seinem persönlichen Geltungsbereich
überwiegend Bühnenkünstler.
c) Im Übrigen ist anzumerken, dass das Bundesarbeitsgericht z.B in der Entscheidung
vom 10.12.1992 - 2 AZR 340/92 - (n.v.) davon ausgegangen ist, dass der BTT, dessen
Regelungen zum persönlichen Geltungsbereich in § 2 BTT durchaus vergleichbar mit den
Regelungen in § 1 Abs. 3 NV Bühne sind, ein Tarifvertrag im Sinn des § 101 Abs. 2 Satz 1
ArbGG gewesen ist und es sich ohne Zweifel bei den in § 1 Abs. 1 NV Bühne genannten
Opernchor- und Tanzgruppenmitgliedern ausschließlich und auch bei den in § 1 Abs. 2
NV Bühne aufgeführten Personengruppen fast ausschließlich um Bühnenkünstler
handelt.
4.2. Die Schiedsabrede ist für den Kläger allerdings nicht bereits gemäß § 101 Abs. 2
Satz 1 und Satz 2 ArbGG verbindlich. Denn dieser Tarifvertrag findet nicht gemäß § 4
Abs. 1 Satz 1 TVG auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, weil der Kläger nicht Mitglied
der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger ist. In dem zwischen den Parteien
geltenden Arbeitsvertrag ist aber wirksam nach § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG die
Zuständigkeit der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit und der damit verbundene Ausschluss
der Arbeitsgerichtsbarkeit vereinbart worden.
4.2.1 Nach § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG kann sich eine in einem Tarifvertrag nach § 101
Abs. 2 Satz 1 ArbGG ausdrücklich vereinbarte Schiedsklausel auch durch eine
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Abs. 2 Satz 1 ArbGG ausdrücklich vereinbarte Schiedsklausel auch durch eine
einzelvertragliche schriftliche Vereinbarung auf andere als tarifgebundene
Arbeitsvertragsparteien erstrecken. Dazu muss sich das jeweilige Arbeitsverhältnis aus
anderen Gründen als denen der Tarifbindung nach diesem Tarifvertrag richten. Das
erfordert es, dass wesentliche Teile des Tarifvertrags oder der Tarifvertrag selbst durch
eine einzelvertragliche Bezugnahme das Arbeitsverhältnis gestalten (BAG 06.08.1997 -
7 AZR 156/96 aa0 m.w.N.; BAG 31.10.1963 - 5 AZR 283/62 - BAGE 15, 87, 92 ff. = AP Nr.
11 zu § 101 ArbGG 1953; vom 10.12.1992 - 2 AZR 340/92 - n.v.). Diese Voraussetzung
ist vorliegend durch die in § 8 des Arbeitsvertrages enthaltene Regelung erfüllt. Denn
dort ist vereinbart worden, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem BTT bzw. nach dem
diesen ersetzenden Tarifvertrag, also den NV Bühne, bestimmt.
4.2.2 Eine einzelvertragliche Bezugnahme einer tariflichen Schiedsvereinbarung ist
jedoch nur bei solchen Arbeitsverhältnissen möglich, für die § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG
die tarifvertragliche Vereinbarung einer Schiedsklausel erlaubt. Das folgt aus der
Systematik des Arbeitsgerichtsgesetzes. Das Arbeitsgerichtsgesetz geht grundsätzlich
von der Unzulässigkeit von Schiedsverträgen aus (§ 4 ArbGG). Ausnahmen davon lässt §
101 ArbGG nur für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien nach
Maßgabe des § 101 Abs. 1 ArbGG und für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus tariflich
geregelten Arbeitsverhältnissen bestimmter Berufsgruppen zu, § 101 Abs. 2 Satz 1
ArbGG. Die in § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG eröffnete Möglichkeit der einzelvertraglichen
Vereinbarung einer Schiedsklausel geht nicht weiter als die entsprechende
Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien. Sie ist demnach nur für solche
Arbeitsverhältnisse statthaft, bei denen nach § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG auch bei
Tarifbindung der Vorrang der Schiedsgerichtsbarkeit hätte vereinbart werden können.
§101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG ermöglicht nur, die fehlende Tarifbindung durch
einzelvertragliche Bezugnahme zu ersetzen (ErfK/Koch 7. Aufl. § 101 ArbGG Rn. 3; vgl.
aber auch BAG 06.08.1997 - 7 AZR 156/96 aaO, LAG Köln 24.05.2007 - 10 Sa 593/06).
Eine weitergehende Einschränkung für die einzelvertragliche Vereinbarung der
Schiedsgerichtsbarkeit ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Bei Tarifbindung, also wenn die Arbeitsvertragsparteien Mitglieder der
Tarifvertragsparteien wären, die den NV Bühne abgeschlossen haben, würde der Kläger
unter den persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallen, nämlich nach § 1
Abs. 3 Satz 2 NV. Da der persönliche Geltungsbereich des NV Bühne überwiegend
Bühnenkünstler umfasst (siehe die Ausführungen unter III. 4.1.2) und daher die
Tarifvertragsparteien wirksam in § 53 NV Bühne die Schiedsvereinbarung treffen
konnten, gilt diese Bestimmung aufgrund der einzelvertraglichen Vereinbarung der
Anwendung des NV Bühne auch für das Arbeitsverhältnis der Parteien. Die weitere
Voraussetzung, nämlich die ausdrückliche und schriftliche Vereinbarung der
Schiedsvereinbarung, liegt ebenfalls vor (dazu unter III. 4.2.3).
a) Der Kläger - würde bei Tarifbindung - unter den persönlichen Geltungsbereich des § 1
NV Bühne fallen, denn er ist Bühnentechniker i.S. des § 1 Abs. 1 NV Bühne und bei dem
Staatstheater C. handelt es sich um eine Bühne i.S. dieser Vorschrift. Nach § 1 Abs. 3
Satz 2 NV Bühne sind u.a. Bühnenplastiker (Kascheure) Bühnentechniker im Sinne
dieses Tarifvertrages, wenn mit ihnen im Arbeitsvertrag vereinbart ist, dass sie
überwiegend künstlerisch tätig sind.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Denn der Kläger ist Theaterplastiker, dies entspricht
dem Begriff Bühnenplastiker (Kascheur) und in seinem Arbeitsvertrag ist mit ihm
vereinbart worden, dass er überwiegend künstlerisch tätig wird. In § 1 des
Arbeitsvertrages ist nämlich bestimmt, dass der Kläger als Theaterplastiker mit
überwiegend künstlerischer Tätigkeit eingestellt wird.
aa) Tarifverträge sind wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist dementsprechend
zunächst vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Darüber hinaus
kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Von
besonderer Bedeutung sind ferner der Sinn und Zweck der Regelung. Der tatsächliche
Wille der Tarifvertragsparteien ist zu berücksichtigen, soweit er in dem Regelungswerk
seinen Niederschlag gefunden hat. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug,
die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und
gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG 20.06.2007 - 10 AZR 291/06 -
n.v. m.w.N.)
bb) Nach dem Wortlaut und nach dem Sinn und Zweck der tariflichen Regelung kommt
es für die Feststellung, ob die Personen, die die in § 1 Abs. 3 Satz 2 NV Bühne
genannten Berufstätigkeiten ausüben (also z.B. für Bühnenplastiker), Bühnentechniker
i.S. des § 1 Abs. 1 NV Bühne sind, nicht darauf an, ob diese Personen in der praktischen
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i.S. des § 1 Abs. 1 NV Bühne sind, nicht darauf an, ob diese Personen in der praktischen
Durchführung ihres Arbeitsverhältnisses tatsächlich ständig überwiegend künstlerisch
tätig sind. Maßgebend ist nach dem eindeutigen Wortlaut vielmehr allein, dass mit ihnen
im Arbeitsvertrag vereinbart worden ist, dass sie überwiegend künstlerisch tätig sind.
Durch diese Regelung wird durch die Tarifvertragsparteien sichergestellt, dass als
Bühnentechniker nur eine solche Personen anzusehen ist, die arbeitsvertraglich einen
Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Zuweisung von überwiegend künstlerischer
Tätigkeit hat, während der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Bühnentechniker auch mit
einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit zu betrauen. Vor diesem Hintergrund kann
die tarifliche Regelung auch nicht als reine Fiktion, also reine Unterstellung, angesehen
werden (das Bühnenoberschiedsgericht hat in seiner Entscheidung vom 08.03.2006 -
BOSch 13/03, auszugsweise abgedruckt in Bolwin/Sponer, Bühnentarifrecht, Band 1, AI 1
b, § 1 Kommentierung NV Bühne, Rn. 109, § 1 Abs. 3 NV Bühne als unwiderlegliche
Fiktion ausgelegt). Auch der Sinn und Zweck der tariflichen Regelung spricht dafür, dass
es für die Bestimmung, wer Bühnentechniker i.S. des § 1 Abs. 3 NV Bühne ist, nicht auf
die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, sondern auf die
arbeitsvertraglichen Vereinbarungen über den Beschäftigungsanspruch ankommt. Denn
die Grenzziehung zwischen künstlerischer und nicht künstlerischer Tätigkeit ist oftmals
schwierig. Die Geltung des Tarifvertrages soll aber bereits bei Beginn des
Arbeitsverhältnisses feststellbar sein. Würde allein auf die tatsächliche Durchführung des
Vertragsverhältnisses abgestellt, würde letztlich ein nicht vertragsgemäßer Einsatz über
die Anwendung des Tarifvertrages entscheiden.
b) Demnach kommt es nach § 1 Abs. 3 NV Bühne maßgeblich auf die vertragliche
Vereinbarung im Arbeitsvertrag an. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs bzw. der
rechtsmissbräuchlichen Gestaltung des Arbeitsvertrages ist aber nicht ausgeschlossen.
Wird in dem Arbeitsvertrag zwar festgelegt, dass der Bühnentechniker überwiegend
künstlerisch tätig werden soll, entsprach dies aber von vornherein nicht dem
rechtsgeschäftlichen Willen der Parteien, so ist dieser Umstand beachtlich mit der Folge,
dass der Arbeitnehmer nicht unter den Geltungsbereich des NV Bühne fällt und auch
eine Schiedsabrede nach § 101 Abs.2 Satz 3 ArbGG nicht wirksam vereinbart werden
kann. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer gar nicht mit einer der in § 1 Abs. 3 Satz 2
NV Bühne aufgeführten Berufstätigkeit beschäftigt wird.
Der Kläger hat keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die gewählte
Vertragsgestaltung von Beginn an rechtsmissbräuchlich gewesen ist bzw. dass die
Vertragsparteien von vornherein nicht den rechtsgeschäftlichen Willen hatten, den
Kläger als Theaterplastiker mit überwiegend künstlerischer Tätigkeit zu beschäftigen. Der
Kläger nahm die typischen Aufgaben eines Theaterplastikers wahr. Da die
Vertragsparteien die überwiegende künstlerische Tätigkeit vereinbart hatten, kommt es
nicht darauf an, ob der Kläger während der Vertragslaufzeit tatsächlich durchgehend
überwiegend künstlerisch tätig wurde. Der Kläger hat im Übrigen selbst bei den von ihm
dargestellten Arbeiten, die sich auch nur auf Teile des Vertragszeitraums beziehen, nicht
jeweils detailliert dargelegt, dass ihm bei sämtlichen dieser Objekte alle Details der
Durchführung im Einzelnen vorgegeben wurden und ihm daher keinerlei gestalterischer
Spielraum für die Umsetzung verblieb (z.B. bei der Herstellung der Künstlerpuppen und
bei der Herstellung der Sandhaufen). Unerheblich ist, dass der Kläger zeitlich
überwiegend mit handwerklichen Mitteln und Methoden arbeitete. Denn eine
künstlerische Tätigkeit wird nicht dadurch definiert, mit welchen Arbeitsmethoden und
Werkstoffen gearbeitet wird, sondern ob ein Gestaltungsspielraum, sei es bei der Wahl
der Stoffe, der Form oder bei der Konzeption, besteht.
c) Wie bereits ausgeführt, kommt es für die Wirksamkeit der einzelvertraglichen
Vereinbarung der Schiedsklausel nach § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG nicht darauf an, ob der
Arbeitnehmer, mit dem diese Vereinbarung getroffen wurde, nach der konkreten
Durchführung seines Arbeitsverhältnisses oder überhaupt als Bühnenkünstler
beschäftigt wurde/wird (so aber wohl BAG 06.08.1997 - 7 AZR 156/96 - aaO,
Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG 5.Aufl. § 101 Rn 27), sondern nur
darauf, ob die Arbeitsvertragsparteien die Anwendung eines Tarifvertrages i.S. des § 101
Abs. 2 Satz 1 ArbGG auf ihr Arbeitsverhältnis vereinbart haben und ob der Arbeitnehmer
bei Tarifbindung unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fiele. Da nach § 101
Abs. 2 Satz 1 ArbGG die Tarifvertragsparteien in einem Tarifvertrag auch wirksam eine
Schiedsabrede vereinbaren können, wenn unter den Geltungsbereich nur überwiegend,
aber nicht ausschließlich Bühnenkünstler fallen, kann über § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG
auch einzelvertraglich wirksam die Schiedsvereinbarung getroffen werden, wenn die
Arbeitsvertragsparteien die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren und der
Arbeitnehmer - bei unterstellter Gewerkschaftszugehörigkeit -unter den persönlichen
Geltungsbereich fallen würde, ohne dass er selber Bühnenkünstler sein muss.
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Bezogen auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.07.1997 - 7 AZR
156/96 - (aaO) ist noch anzumerken, dass dieser Entscheidung, wie das Arbeitsgericht
zutreffend ausgeführt hat, ein anderer Sachverhalt zugrunde lag. Denn der dortige
Kläger wäre auch bei Tarifbindung tatsächlich nicht unter den persönlichen
Geltungsbereich des BTT in der damaligen Fassung gefallen. Denn dort waren weder in §
2 Abs. 1 BTT noch in § 2 Abs. 2 BTT die Tonassistenten aufgeführt.
d) Der einzelvertraglichen Vereinbarung der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit steht auch
nicht § 4 Abs. 1 TVG entgegen. Denn der BAT-O findet auf das Arbeitsverhältnis des
Klägers keine Anwendung. In der Sonderregelung für Angestellte an Theatern und
Bühnen (SR 2 k BAT-O) ist in Nr. 1 und 2 - Geltungsbereich - unter Absatz 2 bestimmt,
dass unter diesen Tarifvertrag, nämlich den BAT-O, u.a. Kascheure (Theaterplastiker)
nicht fallen, wenn sie überwiegend künstlerisch tätig sind. Nach Absatz 2 Satz 2 gilt der
Angestellte als überwiegend künstlerisch tätig, wenn im Arbeitsvertrag vereinbart ist,
dass er überwiegend eine künstlerische Tätigkeit auszuüben hat.
Nach Wortlaut und Sinn und Zweck der tariflichen Vorschrift sind u.a. Theaterplastiker
bereits dann vom Geltungsbereich des BAT-O ausgenommen, wenn sie als
Theaterplastiker beschäftigt werden und mit ihnen im Arbeitsvertrag vereinbart worden
ist, dass sie überwiegend künstlerisch tätig sind. Nach der ausdrücklichen Formulierung
kommt es nicht auf die tatsächliche konkrete Durchführung des Vertragsverhältnisses
an. Auch durch diese Regelungen sollen die bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten
zwischen künstlerischer und nicht künstlerischer Tätigkeit vermieden werden und
sichergestellt werden, dass schon bei Vertragsschluss feststeht, ob das Arbeitsverhältnis
unter den BAT-O fällt oder nicht .
Da der Kläger als Theaterplastiker eingestellt wurde und in seinem Arbeitsvertrag
vereinbart war, dass er überwiegend künstlerisch tätig wurde, findet der BAT-O keine
Anwendung auf sein Arbeitsverhältnis.
4.2.3 Die gemäß § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG erforderliche ausdrückliche und schriftliche
Vereinbarung der Schiedsgerichtsabrede ist getroffen worden, in dem die damaligen
Vertragsparteien in dem schriftlichen Vertrag vom 15.06.2000 unter § 11 ausdrücklich
vereinbart haben, dass über alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2
ArbGG unter Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit die nach Maßgabe der zwischen dem
Deutschen Bühnenverein - Bundesverband deutscher Theater und der Genossenschaft
Deutscher Bühnen-Angehöriger vereinbarten Bühnenschiedsgerichtsordnung
eingesetzten Bühnenschiedsgerichte entscheiden.
Wie bereits ausgeführt, ist trotz der mehrmaligen Verlängerungen des
Vertragsverhältnisses wegen nicht erfolgter Nichtverlängerungsmitteilungen nach dem
TVM bzw. seit Inkrafttreten des NV Bühne nach § 69 NV Bühne das Vertragsverhältnis zu
den bestehenden Bedingungen verlängert worden. Bestandteil des im Jahr 2005
bestehenden Arbeitsverhältnisses war daher weiter die Regelung in § 11 des
Arbeitsvertrages. Da nach der tariflichen Regelung bei Nichterfolgen der
Nichtverlängerungsmitteilung die Willenserklärungen zur Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen für ein weiteres Jahr fingiert werden,
also nicht tatsächlich jeweils entsprechende Willenserklärungen von den Parteien
abgegeben werden müssen, bedurfte es keiner erneuten schriftlichen Fixierung der
Schiedsvereinbarung, sondern die in dem ursprünglichen Arbeitsvertrag enthaltene
Schriftform genügt weiterhin dem Schriftformerfordernis i.S. des § 101 Abs. 2 Satz 3
ArbGG (vgl. zum Schriftformerfordernis hinsichtlich der Befristungsabrede
Bühnenbezirksschiedsgericht Hamburg 21.01.2002 BschG 21/01 und
Bühnenbezirkschiedsgericht Berlin 12.04.2002 BschG 13/01 LAG-E § 14 TzBfG Nr. 6
jeweils m.w.N.).
Auch das Bundesarbeitsgericht ist z.B. in der Entscheidung vom 31.05.2000 - 7 AZR
909/98 - (n.v.) davon ausgegangen, dass die Parteien wirksam gemäß § 101 Abs. 2 Satz
3 ArbGG die Schiedsvereinbarung getroffen haben. In diesem Fall hatten die Parteien
einen für die Zeit vom 01.07.1991 bis zum 31.07.1994 befristeten Arbeitsvertrag
geschlossen, der in § 9 die Schiedsvereinbarung enthielt. Das Arbeitsverhältnis wurde
über den 31.07.1994 fortgesetzt, ohne dass es zu einem neuen schriftlichen
Vertragsschluss gekommen war. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts galt daher
die Bestimmung in § 9 des Arbeitsvertrages vom 12.12.1991 fort. Das
Bundesarbeitsgericht hielt die dort getroffene Schiedsvereinbarung auch im
„Verlängerungszeitraum“ für wirksam, ohne die nach § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG
geforderte Schriftform zu problematisieren.
Die gleichen Grundsätze gelten, wenn das Arbeitsverhältnis gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG
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Die gleichen Grundsätze gelten, wenn das Arbeitsverhältnis gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG
bzw. 16 TzBfG fortgesetzt worden wäre. Denn auch hier würde der ursprüngliche
Vertragsinhalt weiter gelten mit der Folge, dass die Schriftform weiterhin gewahrt ist.
5. Die Voraussetzungen des § 102 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 97, 516 Abs. 3
ZPO. Der Kläger und Berufungskläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu
tragen, da er gegenüber dem Beklagten zu 1 die Berufung zurückgenommen hat und im
Übrigen mit seinem Rechtsmittel erfolglos blieb.
V.
Die Revision wurde gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 ArbGG zugelassen.
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