Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 26.10.2006
LArbG Berlin-Brandenburg: vergütung, nichteinhaltung der frist, tarifvertrag, berufsausbildung, bewährung, qualifikation, anerkennung, pflegepersonal, arbeitsgericht, arbeitsamt
1
2
3
4
5
6
Gericht:
LArbG Berlin-
Brandenburg 21.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
21 Sa 20/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 Abs 1 TVG, § 611 Abs 1 BGB
MTV Pro Seniore
Tenor
1) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom
26.10.2006 - 65 Ca 10725/06 - teilweise abgeändert und die Klage vollumfänglich
abgewiesen.
2) Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über Vergütungsdifferenzansprüche
für den Zeitraum Januar 2005 bis April 2006 und in diesem Zusammenhang über die
tarifliche Eingruppierung der Klägerin.
Die am 6. Juni 1964 geborene, zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Klägerin ist seit dem
4. Oktober 2000 bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte – eine gemeinnützige
GmbH - gehört zur P. S. Unternehmensgruppe mit Verwaltungssitz in Saarbrücken,
welche bundesweit über 100 Seniorenresidenzen betreibt. Im schriftlich niedergelegten
Arbeitsvertrag der Parteien heißt es u.a. (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die
Anlage K 1 zur Klageschrift = Bl. 33 bis 36 d.A. Bezug genommen):
Daneben existiert ein standardisiertes, von beiden Vertragsparteien (undatiert)
unterzeichnetes „Anforderungsprofil für Altenpflegehelfer(in) mit staatlicher
Anerkennung“, in welchem über der namentlichen Nennung der Klägerin unter Ziffer 1.
als Bezeichnung aufgeführt ist: „Altenpflegehelfer(in)“. In diesem Anforderungsprofil ist
u.a. das Aufgabengebiet eines/einer Altenpflegehelfer/in näher beschrieben (auf die
Anlage K 23 zum Schriftsatz der Klägerin vom 14. August 2006 = Bl. 134 bis 136 d.A.
wird verwiesen). Die Klägerin ist in Berlin-F. in der Residenz „Am M.“ (einem
Altenpflegeheim) zuletzt zu einem Bruttogehalt i.H.v. 1.562,58 € nebst Zulagen bei einer
40-Stunden-Woche entsprechend des Anforderungsprofils tätig.
Am 24. September 2004 schlossen die P. S. Consulting und Conception für
Senioreneinrichtungen AG und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di einen
zum 1. Oktober 2004 (in einzelnen Vergütungsbestimmungen zum 1. Januar 2005) in
Kraft tretenden Manteltarifvertrag (künftig: MTV) sowie einen zum 1. Januar 2005 in Kraft
tretenden Vergütungstarifvertrag Nr. 1 zum Manteltarifvertrag (künftig: VTV). Der MTV
enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:
1.Dieser Tarifvertrag findet Anwendung in den in der Anlage A zu diesem
Tarifvertrag genannten Einrichtungen.
2.Dieser Tarifvertrag gilt persönlich für Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis
stehen und Mitglied der vertragsschließenden Gewerkschaft sind. Mit Inkrafttreten
des Tarifvertrages werden entsprechende Arbeitsverträge abgeschlossen.
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
1.Die Eingruppierung der Arbeitnehmer richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen
der Vergütungsordnung (Anlage B). Der Arbeitnehmer erhält Vergütung nach der
Vergütungsgruppe, in der er eingruppiert ist.
2.Der Arbeitnehmer ist in die Vergütungsgruppe eingruppiert, deren
Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende
Tätigkeit entspricht.
1.Die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist
von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
2.Für den gleichen Tatbestand reicht die einmalige Geltendmachung fällig
gewordener Ansprüche aus, um die Ausschlussfrist auch für später aus dem
gleichen Rechtsgrund fällig werdende Ansprüche unwirksam zu machen.
Die Anlage A zum MTV ist zwischen ver.di und – ausweislich des Wortlauts – „der P. S.
Consulting und Conception für Senioreneinrichtungen AG handelnd für die nachstehend
aufgeführten Seniorenheimbetriebsgesellschaften“ geschlossen; in ihr ist u.a. die
Residenz „Am M.“ in Berlin-F. und die Beklagte als deren
Seniorenheimbetriebsgesellschaft aufgeführt.
In der Anlage B zum MTV sind Vergütungsgruppen u.a. für das Pflegepersonal
(bezeichnet mit „Ap I bis Ap XIII“) geregelt. Die Vergütungsgruppen stellen z.T. auf
Bewährungszeiten ab; so sind beispielsweise unter Ap II, Fallgruppe 1
„Altenpflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit“ und unter Ap III, Fallgruppe 1
„Altenpflegehelferinnen nach zweijähriger Bewährung in VG Ap II, FG 1“ aufgeführt.
Die Beklagte zahlte der Klägerin auch nach dem 1. Januar 2005 das Gehalt auf der
bisher vereinbarten vertraglichen Grundlage. Die Klägerin wandte sich mit Schreiben
vom 13. Juni 2005 an die Beklagte und führte dort u.a. aus (wegen des vollständigen
Wortlauts wird auf die Anlage K 3 zur Klageschrift = Bl. 38 d.A. verwiesen):
Zuvor hatte der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat im Zusammenhang mit
seinem Beteiligungsrecht bei Eingruppierungen, im Zuge dessen die Beklagte eine
beabsichtigte Eingruppierung der Klägerin entsprechend der „Gruppe/Stufe nach MTV:
AP I/3“ mitgeteilt hatte, unter dem Datum vom 2. Juni 2005 schriftlich darauf verwiesen,
dass er die Klägerin „in die Stufe AP III/3 einstufe“, weil sie „eine 5jährige Bewährung
hinter sich habe“ (auf die Anlage K 4 zur Klage = Bl. 39 d.A. wird Bezug genommen).
Mit am 7. Juni 2006 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangener Klage und am 20. Juni
2006 erhobener Klageerweiterung hat die Klägerin ihr Eingruppierungsbegehren im Wege
der Feststellungsklage weiter verfolgt und daneben für den Zeitraum Januar 2005 bis
April 2006 die Zahlungen der monatlichen Differenzen zwischen der gewährten und der
ihrer Auffassung nach zu zahlenden Vergütung nach Vergütungsgruppe Ap III Anlage B
zum MTV nebst Zinsen unter Berücksichtigung einzelner Fehltage wegen Erkrankung
eines Kindes verlangt. Hinsichtlich der Berechnung der (der Höhe nach unstreitigen)
Differenzansprüche wird auf Seite 5 des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 202 d.A.) und auf
die Klageschrift sowie den Klageerweiterungsschriftsatz (Bl. 7 bis 16 d.A. und 66/67 d.A.)
Bezug genommen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei seit dem 1. Januar 2005 nach
Vergütungsgruppe Ap III Anlage B zum MTV zu vergüten, denn sie sei entsprechend des
dort geregelten Tarifmerkmals Altenpflegehelferin nach zweijähriger Bewährung in der
Ausgangsvergütungsgruppe Ap II, Fallgruppe 1 Anlage B zum MTV. Unter Verweis auf
das Anforderungsprofil hat sie gemeint, die tariflichen Eingruppierungsmerkmale zu
erfüllen. Bei der Bewährungszeit sei ihre Tätigkeit als Altenpflegehelferin vor dem 1.
Januar 2005 berücksichtigungsfähig. Die Klägerin hat behauptet, staatlich anerkannte
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
Januar 2005 berücksichtigungsfähig. Die Klägerin hat behauptet, staatlich anerkannte
Altenpflegehelferin sowie seit dem 1. Oktober 2004 durchgängig Mitglied der Vereinten
Dienstleistungsgewerkschaft zu sein. Letzteres sei durch Kopien des gewerkschaftlichen
Begrüßungsschreibens vom 28. Oktober 2004 sowie des entsprechenden
Mitgliedsausweises belegt.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
1. festzustellen, dass die Klägerin seit dem 01.01.2005 nach Vergütungsgruppe
AP III der Anlage B – Pflegepersonal – zum MTV zwischen der P. S. Consulting
und Conception für Senioreneinrichtungen AG und der Vereinte
Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vom 24.09.2004 zu vergüten ist,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 485,07 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.02.2005 zu
zahlen,
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 485,07 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.03.2005 zu
zahlen,
4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 453,78 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2005 zu
zahlen,
5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 485,07 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.05.2005 zu
zahlen,
6. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 485,07 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.06.2005 zu
zahlen,
7. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 485,07 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.08.2005 zu
zahlen,
8. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 485,07 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.09.2005 zu
zahlen,
9. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 485,07 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.10.2005 zu
zahlen,
10. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 485,07 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.11.2005
zu zahlen,
11. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 485,07 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.12.2005
zu zahlen,
12. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 485,07 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2006
zu zahlen,
13. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 359,02 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2006
zu zahlen,
14. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 398,45 € brutto nebst Zinsen in
32
33
34
35
36
37
38
14. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 398,45 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.03.2006
zu zahlen,
15. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 485,07 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2006
zu zahlen,
16. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 485,07 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2005
zu zahlen,
17. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 485,07 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.05.2006
zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dies wie folgt begründet: Die Klägerin
habe nicht schlüssig vorgetragen, dass sie die tariflichen Voraussetzung für eine
Eingruppierung in der Ausgangsvergütungsgruppe Ap II Anlage B zum MTV
(„Altenpflegehelferin mit entsprechender Tätigkeit“) erfülle. Darüber hinaus seien die vor
Inkrafttreten des MTV absolvierten Beschäftigungszeiten der Klägerin nicht als
Bewährungszeit im tariflichen Sinne zu berücksichtigen. Im Übrigen sei der MTV aus
diversen Gründen nicht anwendbar.
Mit Urteil vom 26. Oktober 2006, auf dessen Tatbestand wegen weiterer Einzelheiten des
erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht der
Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte für den Zeitraum Januar 2005 bis April
2006 zu Zahlungen der monatlichen Entgeltdifferenzen auf der Grundlage einer
tariflichen Vergütung der Klägerin nach Vergütungsgruppe Ap II Anlage B zum MTV
(Betriebszugehörigkeitsstufe 3: Grundvergütung 1.165,14 € zuzügl. Ortszuschlag 722,81
€ zuzügl. allgemeine Zulage 84,15 €) in Höhe von jeweils 409,52 € brutto (für die Monate
März 2005, Januar 2006 und Februar 2006 in Höhe von 383,09 € brutto, 303,81 € brutto
bzw. 318,40 € brutto) nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im
Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin sei als Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft
ebenso wie die Beklagte an den MTV und den VTV gebunden. Aufgrund des zur Akte
gereichten Begrüßungsschreibens von ver.di (Bl. 119 d.A.) und der Vorlage des
Mitgliedsausweises in der mündlichen Verhandlung am 26. Oktober 2006 (Bl. 195 i.V.m.
Bl. 120 d.A.) sei davon auszugehen, dass die Klägerin zumindest am 1. Oktober 2004
Gewerkschaftsmitglied gewesen und somit tarifgebunden (und sei es mittlerweile kraft
Nachbindung bei einem etwaigen Gewerkschaftsaustritt) sei. Die Klägerin sei
„Altenpflegehelferin mit entsprechender Tätigkeit“ im Sinne der
Eingruppierungsvorschrift. Dass sie entgegen der schriftsätzlichen Ankündigung im
Termin zur mündlichen Verhandlung keine Ausbildungsurkunde mit staatlicher
Anerkennung vorgelegt habe, sei unerheblich, weil die Vergütungsgruppe Ap II Anlage B
zum MTV keine Ausbildungsvoraussetzung enthalte und daher auch ungelernte
Altenpflegehelferinnen entsprechend zu vergüten seien. Die weitergehenden
Zahlungsforderungen sowie den Feststellungsantrag hat das Arbeitsgericht mit der
Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe bislang mangels erforderlicher zweijähriger
Bewährungszeit noch keine Vergütung nach Vergütungsgruppe Ap III Anlage B zum MTV
zu.
Gegen das ihr am 12. Dezember 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 3.
Januar 2007 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangenem Schriftsatz
Berufung eingelegt und diese mit am 12. Februar 2007 bei Gericht eingegangenem
Schriftsatz begründet.
Unter Vertiefung des erstinstanzlichen Sachvortrags vertritt die Beklagte die Auffassung,
der Anwendung des MTV und der diesen ergänzenden Verträge auf das Arbeitsverhältnis
stehe die tarifliche Geltungsbereichsregelung (§ 1 Ziffer 2 Satz 2 MTV) entgegen, nach
welcher „mit Inkrafttreten des Tarifvertrages … entsprechende Arbeitsverträge“
geschlossen würden. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien bedeute dies, dass
tarifliche Ansprüche erst dann begründet seien, wenn alle Voraussetzungen - mithin
auch die neuen Arbeitsverträge - vorliegen würden. Im Hinblick auf die in den
Unternehmen der P. S. Gruppe unüberschaubare Vielzahl und Vielfältigkeit von
arbeitsvertraglichen Regelungen sei Ziel der Tarifverhandlungen die Vereinheitlichung
der Arbeits- und Vergütungsbedingungen und nicht die Schaffung eines durch das
Günstigkeitsprinzip „aufstockbaren“ Mindestmaßes an Arbeitsbedingungen gewesen.
39
40
41
42
43
44
45
46
47
Günstigkeitsprinzip „aufstockbaren“ Mindestmaßes an Arbeitsbedingungen gewesen.
Der Abschluss neuer Arbeitsverträge sei mithin Geschäftsgrundlage für die
Umsetzbarkeit des gesamten Tarifvertrags. Eine Abstimmung einheitlicher
Arbeitsvertragstexte mit ver.di sei trotz zahlreicher Versuche der Unternehmensgruppe
gescheitert; derzeit finde demzufolge bundesweit keine Bezahlung nach dem
Tarifvertrag statt. Darüber hinaus seien bereits vor Umsetzung des MTV
Auslegungsschwierigkeiten bekannt geworden, bezüglich derer die Tarifvertragsparteien
noch nachverhandelten. Ungeachtet dessen habe die Klägerin die Voraussetzungen für
die begehrte und die ihr arbeitsgerichtlich zugesprochene Eingruppierung nicht
substantiiert vorgetragen. Insbesondere erfülle die Klägerin das personenbezogene
Merkmal einer ausgebildeten Altenpflegehelferin nicht. Allein die Angabe im
Arbeitsvertrag genüge nicht zum Nachweis der Qualifikation als Altenpflegehelferin; eine
solche setze - je nach im Einzelnen näher dargestellten länderspezifischen
Besonderheiten - eine mindestens einjährige Ausbildung in Vollzeit voraus. Außerdem
seien die tätigkeitsbezogenen Anforderungen der der Klägerin vom Arbeitgericht
zugesprochenen Vergütungsgruppe nicht schlüssig dargetan. Die Klägerin habe ihre
arbeitsvertragliche Tätigkeit weder im Einzelnen präzise vorgetragen noch belegt, dass
sie diese in mindestens der Hälfte der geschuldeten Arbeitszeit erbringe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26.10.2006 – 65 Ca 10725/06 –
teilweise abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils vertritt die Klägerin den Standpunkt, der
Abschluss neuer Arbeitsverträge sei keine Bedingung für das Wirksamwerden der
Tarifregelungen. Die arbeitsgerichtlich zugesprochene Vergütung stehe ihr zu, weil sie
am 4. Oktober 2000 von der Beklagten als Altenpflegehelferin eingestellt worden sei, seit
diesem Zeitpunkt auf der Grundlage des ihr ausgehändigten Anforderungsprofils für
Altenpflegehelfer(innen) mit staatlicher Anerkennung arbeite und in der Zeit vom 11.
März 2004 bis zum 22. Juni 2004 erfolgreich an einer berufsbegleitenden
Basisqualifikation für HauspflegerInnen und PflegehelferInnen (auf die Anlage BB 2 zur
Berufungserwiderung = Bl. 251 d.A. wird verwiesen) teilgenommen habe. Eine der
Altenpflegehelferin zumindest entsprechende Qualifikation habe sie durch ihre
langjährige Tätigkeit in diesem Bereich erworben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz
wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die
Erklärungen zu Protokoll der mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2007 (Bl. 257 d.A.)
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
Hinsichtlich der teilweisen Klageabweisung (Feststellungsbegehren und Vergütung nach
Ap III Anlage B zum MTV) ist das arbeitsgerichtliche Urteil von der insoweit beschwerten
Klägerin nicht angegriffen worden. Auf die zulässige Berufung der Beklagten ist das
angefochtene Urteil abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2b ArbGG statthaft
sowie frist- und formgerecht i.S.v. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO
eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht keine Vergütung nach
Vergütungsgruppe Ap II Anlage B zum MTV zu. Zwar gelten die tariflichen Vorschriften
für das Arbeitsverhältnis. Auch übt die Klägerin Altenpflegehelferinnentätigkeiten im
eingruppierungsrelevanten Umfang aus. Sie verfügt jedoch nicht über die als
personenbezogenes Tätigkeitsmerkmal zu verstehende berufliche Qualifikation einer
Altenpflegehelferin. Vergütung nach einer niedrigeren Vergütungsgruppe vermag der
Klägerin nicht zugesprochen zu werden; diesbezüglich sind etwaige Zahlungsansprüche
im streitbefangenen Zeitraum aufgrund der von Amts wegen zu beachtenden
48
49
50
51
52
im streitbefangenen Zeitraum aufgrund der von Amts wegen zu beachtenden
tarifvertraglichen Ausschlussfrist ausgeschlossen.
1.
TVG gelten die Rechtsnormen eines Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die
Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend zwischen den
beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Dies
ist vorliegend der Fall.
a.
der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist (§ 3
Abs. 1 TVG).
aa.
abschließenden Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft. Ihre Gewerkschaftszugehörigkeit
zum Zeitpunkt des Abschlusses der Tarifverträge am 24. September 2004 ist durch
Vorlage des entsprechenden Mitgliedsausweises im erstinstanzlichen Termin zur
mündlichen Verhandlung nachgewiesen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass
die Mitgliedschaft vor Abschluss des MTV und des VTV wieder beendet worden ist, zumal
die Klägerin ergänzend auf die Kopie eines gewerkschaftlichen Begrüßungsschreibens
vom 28. Oktober 2004 verwiesen hat. Ferner hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend
argumentiert, dass selbst bei einem etwaigen, mittlerweile erfolgten
Gewerkschaftsaustritt der Klägerin die Tarifbestimmungen bis zum Ende des
Tarifvertrags unmittelbar und zwingend weiter gelten würden (§ 3 Abs. 3 TVG); an diesen
Nachbindungszeitraum schließt sich die Nachwirkung der Tarifregelungen gem. § 4 Abs.
5 TVG an. Die Beklagte hat die Tarifgebundenheit der Klägerin in der Berufungsinstanz
auch nicht mehr in Abrede gestellt und das arbeitsgerichtliche Urteil insoweit nicht
angegriffen.
bb.
hat die Tarifverträge zwar nicht als einzelne Arbeitgeberin (§ 2 Abs. 1 TVG) verhandelt
und unterzeichnet. Sie ist aber dennoch gebunden, weil die P. S. Consulting und
Conception für Senioreneinrichtungen AG u.a. für die Beklagte „handelnd“ die
Tarifverträge geschlossen hat, wie sich dem Eingangswortlaut der Anlage A zum MTV
entnehmen lässt. Entsprechend ist die Beklagte als eine der
Seniorenheimbetriebsgesellschaften (und Trägerin weiterer im Einzelnen genannter
Residenzen) in der Anlage A zum MTV aufgeführt. Beim Abschluss von Tarifverträgen ist
– wie bei jeglichen privatrechtlichen Verträgen - rechtsgeschäftliche Vertretung möglich
und zulässig; dies gilt auch für den Fall der Vertretung mehrerer Unternehmen durch ein
drittes Unternehmen (hierzu: Däubler/Reim, TVG, 2. Aufl., § 1 Rn. 120). Im Übrigen dürfte
die P. S. Consulting und Conception für Senioreneinrichtungen AG die Tarifverträge –
ohne dass dies seitens der Beklagten im Prozess explizit offen gelegt worden wäre – als
Muttergesellschaft der in der Anlage A zum MTV aufgeführten Tochtergesellschaften
geschlossen haben; jedenfalls war nach den eigenen Beklagtenausführungen in der
Berufungsbegründung gerade die Vereinheitlichung der in der Unternehmensgruppe
anzutreffenden Vielfalt an Arbeits- und Vergütungsbedingungen Ziel der
Tarifvertragsverhandlungen. Insoweit liegt die Annahme eines konzerneinheitlichen
Tarifwerks mit der Konzernobergesellschaft für die in der Anlage A zum MTV
aufgeführten Konzernunternehmen nahe, für welches es keiner gesonderten
Verhandlungs- und Abschlussvollmacht bedarf. Analog der Regelung in § 2 Abs. 2 TVG
kann die Konzernobergesellschaft nämlich wie eine Spitzenorganisation als
Tarifvertragspartei auftreten (Däubler/Peter, a.a.O., § 2 Rn. 96). Seitens der Beklagten
wird deren Tarifgebundenheit schließlich rechtlich auch nicht angezweifelt.
b.
dem Vortrag der Beklagten derzeit noch Nachverhandlungen gem. § 26a MTV über
aufgetretene Auslegungsschwierigkeiten führen (wogegen allerdings zum Zeitpunkt der
Berufungsverhandlung die gerichtsbekannte Tatsache der Kündigungen des MTV zum
31. Dezember 2006 sowie des VTV zum 31. Oktober 2006 durch den Vorstand der P. S.
Consulting und Conception für Senioreneinrichtungen AG sprechen dürften). Solange
diese Verhandlungen nicht zum Abschluss einer klarstellenden oder korrigierenden
tariflichen Vereinbarung geführt haben, ist der Tarifinhalt von den Gerichten für
Arbeitssachen mit den Methoden der Gesetzesauslegung (dazu z.B. BAG 28. Juli 1999 -
4 AZR 295/97 - AP TVG § 4 Verdienstsicherung Nr. 14, zu 3. a. der Gründe ) zu ermitteln
(LAG Berlin-Brandenburg 19. Januar 2007 - 6 Sa 1443/06 - juris-Recherche; Revision
eingelegt und beim BAG anhängig unter dem Az. 4 AZR 106/07). Die Einigkeit der
Tarifvertragsparteien dahingehend, dass bei Auslegungsschwierigkeiten zwischen ihnen
mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung verhandelt werden muss, besagt nicht,
dass Meinungsverschiedenheiten zur Nichtgeltung des Tarifvertrages führen, sondern
53
54
55
56
57
dass Meinungsverschiedenheiten zur Nichtgeltung des Tarifvertrages führen, sondern
setzt vielmehr die Geltung des Tarifvertrages voraus (LAG Düsseldorf 12. Dezember
2006 - 6 Sa 943/06 - juris-Recherche; Revision eingelegt und anhängig beim BAG unter
dem Az. 4 AZR 117/07).
c.
beabsichtigten bundesweiten Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen in den
verschiedenen Senioreneinrichtungen erst mit (Neu-)Abschluss eines Arbeitsvertrags
mit dem jeweiligen Arbeitnehmer zur Anwendung kommen sollen und dieser insofern
Geschäftsgrundlage für die Umsetzbarkeit der tariflichen Regelung gewesen sei, vermag
sich die Berufungskammer nicht anzuschließen.
aa.
Bedingung“ geregelt. Weder Wortlaut noch Tarifüblichkeit geben für eine derartige
Auslegung etwas her (ebenso für den selben Tarifvertrag: LAG Berlin-Brandenburg 23.
Januar 2007 - 12 Sa 1431/06, 12 Sa 1918/06, 12 Sa 1431/06, 12 Sa 1918/06 - juris-
Recherche; Revision eingelegt und anhängig beim BAG unter dem Az. 4 AZR 133/07;
LAG Schleswig-Holstein 27. Februar 2007 - 2 Sa 462/06 - juris-Recherche; Revision
eingelegt und anhängig beim BAG unter dem Az. 5 AZR 227/07; LAG Düsseldorf 12.
Dezember 2006, a.a.O.).
Nach § 27 MTV tritt der Tarifvertrag zum 1. Oktober 2004 - hinsichtlich einzelner
Bestimmungen zum 1. Januar 2005 - in Kraft. Zwar heißt es in § 1 Abs. 2 Satz 2 MTV:
„Mit Inkrafttreten des Tarifvertrages werden entsprechende Arbeitsverträge
abgeschlossen“. Damit wird aber nur eine entsprechende Verpflichtung zur
Dokumentation begründet. Hätte der (Neu-)Abschluss eines Arbeitsvertrags
Vorraussetzung für die Geltung des MTV sein sollen, hätte sich eine andere Formulierung
angeboten, z.B.: „Mit (Neu-)Abschluss eines jeweiligen Arbeitsvertrags tritt der
Tarifvertrag in Kraft.“ (LAG Schleswig-Holstein 28. März 2007 - 3 Sa 463/06 - juris-
Recherche; Revision nicht zugelassen). Diese - oder eine ähnliche - Formulierung haben
die Tarifvertragsparteien aber gerade nicht gewählt. Unter § 27 Abs. 2 Satz 2 MTV heißt
es - im Gegenteil - eindeutig, dass „bis zu diesem Zeitpunkt“ (meint: den Zeitpunkt des
Inkrafttretens des Tarifvertrags) „die entsprechenden, für den einzelnen Arbeitnehmer
geltenden, einzelvertraglichen und tarifvertraglichen Regelungen in Kraft bleiben.“
Der Umstand, dass unternehmensübergreifend keine Bezahlung nach dem MTV und
dem VTV stattfindet und die Mitarbeiter auf der Grundlage der bisherigen vertraglichen
Regelungen vergütet werden, führt als einseitige Maßnahme der jeweiligen
Vertragsarbeitgeber selbstredend nicht dazu, dass der MTV nicht gilt. Anderenfalls hätte
es jeder tarifgebundene Arbeitgeber gegenüber den organisierten Arbeitnehmern in der
Hand, durch die grundsätzliche Nichtanwendung eines geschlossenen, in Kraft
getretenen und nach dem Geltungsbereich einschlägigen Tarifvertrags dessen
gesetzlich festgelegte normative Wirkung zu umgehen (LAG Berlin-Brandenburg 12.
Februar 2007 - 10 Sa 1867/06 - juris-Recherche; LAG Baden-Württemberg 10. November
2006 - 18 Sa 35/06 - juris-Recherche; Revision eingelegt und anhängig beim BAG unter
dem Az. 4 AZR 1058/06).
bb.
Bedingung eines entsprechenden Arbeitsvertragsabschlusses würden zum anderen wohl
grundsätzliche Bedenken begegnen. Die Tarifvertragsparteien haben in schriftlicher
Form gemäß § 1 Abs. 2 TVG einen Tarifvertrag geschlossen, der Inhalt, Abschluss und
Beendigung von Arbeitsverhältnissen gemäß § 1 Abs. 1 TVG regelt. Die Rechtsnormen
des Tarifvertrags gelten nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend zwischen den
beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallen.
Aus dieser unmittelbaren, gesetzlich angeordneten Geltung eines Tarifvertrages ergibt
sich zugleich, dass es zum „Wirksamwerden“ eines Tarifvertrags gerade keiner
„Umsetzung“ auf arbeitsvertraglicher Ebene bedarf. Eine vom gesetzlich angeordneten
Geltungsbefehl abweichende tarifliche Bestimmung (auch wenn sie im Gewand einer
Geltungsbereichsregelung oder Bestimmung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens daher
kommt) wäre aus Sicht der Berufungskammer jedenfalls nicht selbstverständlich. Denn
die Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien findet ihre Grenze in entgegenstehendem
Gesetzesrecht, das seinerseits mit Art. 9 Abs. 3 GG in Einklang stehen muss (BAG 31.
Juli 2002 - 7 AZR 140/01 - BAGE 102, 65). Durch eine Bedingung der Tarifgeltung erst bei
Transformation in die einzelnen Arbeitsverträge wird die Ebene des normativ wirkenden
Tarifvertrags in wohl unzulässiger Weise verlassen. Es findet ein Wechsel der
Rechtsquellen statt und zwingende Schranken des Tarifvertragsrechts werden
überschritten (vgl. zu all dem [im Hinblick auf ein rechtswidriges Streikziel]: BAG 10.
Dezember 2002 - 1 AZR 96/02 - BAGE 104, 155, zu B.I.3.b.aa. der Gründe).
58
59
60
61
62
63
d.
Beklagte folgt dies aus § 1 Abs. 1 MTV i.V.m. der Anlage A zum MTV; für die Klägerin aus
§ 1 Abs. 2 Satz 1 MTV.
2.
MTV verlangen, weil sie die entsprechende persönliche Voraussetzung nicht erfüllt.
a.
Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlage B). Hierbei ist der Arbeitnehmer in
der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die der gesamten von
ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht, wobei es dafür nach
Absatz 2 genügt, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für
sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer
Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Der Abschnitt „Pflegepersonal“
der Anlage B zum MTV hat - soweit hier von Interesse - folgenden Wortlaut:
b.
der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin dies schlüssig dargelegt. Sie ist unstreitig
in einem Altenpflegeheim eingesetzt. Des Weiteren hat die Klägerin auf das
standardisierte „Anforderungsprofil für Altenpflegehelfer(in) mit staatlicher
Anerkennung“ verwiesen und ausgeführt, dass sie entsprechend dieses Profils tätig sei.
Dies wurde von der Beklagten nicht substantiiert in Abrede gestellt; insbesondere hat sie
nicht behauptet, dass die auszuübenden Tätigkeiten der Klägerin andere als die im
Anforderungsprofil beschriebenen sind. Soweit sie meint, die Klägerin habe nicht
dargestellt, dass die Altenpflegehelferintätigkeit i.S.v. § 12 Abs. 2 Sätze 1 und 2 MTV
mindestens 50 % der Arbeitszeit ausmache, verkennt sie, dass es sich bei der
gesamten auszuübenden Tätigkeit um einen einheitlichen Arbeitsvorgang handelt.
Aufgabe der Altenpflegehelfer/innen ist es, die Altenpflegefachkräfte in der Aufgabe der
Beratung, Betreuung, Versorgung und Pflege alter Menschen zu unterstützen und
bestimmte Aufgaben mit zu erledigen. Neben Tätigkeiten wie Arbeiten im
Zusammenhang mit Mahlzeiten, Reinigungstätigkeiten, An- und Auskleiden und
Hilfestellung bei der Körperpflege haben sich die Altenpflegehelfer/innen auch um die
medizinischen Hilfsmittel zu kümmern (BAG 17. Mai 2001 - 8 AZR 277/00 - ZTR 2001,
510 m.w.N.; zust. Anm. Rossbruch PflR 2004, 365). Diese - im Anforderungsprofil von der
Beklagten selbst näher angeführten - Betreuungs-, Versorgungs- und Pflegeaufgaben
lassen sich nicht in mehrere selbständige Arbeitsvorgänge aufspalten. Denn die
verschiedenen Tätigkeiten zielen insgesamt auf ein einheitliches Arbeitsergebnis,
nämlich die Förderung und Erhaltung der körperlichen, geistigen und seelischen
Gesundheit der zu betreuenden und zu versorgenden alten Menschen (BAG 17. Mai
2001, a.a.O.). Dementsprechend wird in der Rechtsprechung auch bezüglich der -
insoweit vergleichbaren - Tätigkeit einer Krankenschwester bzw. eines Krankenpflegers
(nunmehr: Kranken- und Gesundheitspfleger/in) oder Krankenpflegehelfers (nunmehr
auch: Gesundheits- und Krankenpflegehelfer/in) von einem einheitlichen Arbeitsvorgang
ausgegangen (z.B. BAG 10. Juli 1996 - 4 AZR 134/95 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 214;
BAG 26. Oktober 1994 - 4 AZR 843/93 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 187; vgl. auch LAG
Berlin 5. Dezember 2006 - 3 Sa 1367/06, 3 Sa 1458/06, 3 Sa 1367/06, 3 Sa 1458/06 –
juris-Recherche m.w.N.; Revision eingelegt und beim BAG anhängig unter dem Az. 4 AZR
180/07).
Ferner verfängt der Hinweis der Beklagten auf § 5 des Arbeitsvertrags (Möglichkeit der
Zuweisung anderer zumutbarer Arbeiten) nicht. Mit der Unterzeichnung des
Anforderungsprofils haben die Parteien die von der Klägerin arbeitsvertraglich
geschuldeten Leistungen für beide Seiten verbindlich festgelegt. Die Klägerin schuldet
64
65
66
67
geschuldeten Leistungen für beide Seiten verbindlich festgelegt. Die Klägerin schuldet
mithin arbeitsvertraglich die Tätigkeit einer Altenpflegehelferin; die Beklagte behauptet
nicht einmal, dass sie der Klägerin andere Aufgaben als die im Anforderungsprofil
bezeichneten übertragen habe.
c.
Auffassung der Berufungskammer sind „Altenpflegehelferinnen“ im Sinne der Anlage B -
Pflegepersonal - zum MTV (nur) entsprechend ausgebildete Arbeitnehmerinnen. Es ist
eine Bezeichnung im Sinne eines Ausbildungsberufs gemeint. Dies ergibt die Auslegung
der tariflichen Eingruppierungsvorschriften.
aa.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen
geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der
maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei
nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu
berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat.
Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser
Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der
Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies
zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen
ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des
Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die
Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel
gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten,
zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr. z.B. BAG 27. April
2006 - 6 AZR 437/05 - AP BAT § 29 Nr. 19; BAG 30. Mai 2001 - 4 AZR 269/00 - BAGE 98,
35; BAG 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - BAGE 111, 204).
bb.
offensichtlich an eine qualifikations- bzw. ausbildungsbezogene Berufsbezeichnung an.
Eine Stichwortsuche im „BERUFENET“ (online-Informationen der Bundesagentur für
Arbeit) ergibt, dass die Erwerbstätigkeit als Altenpflegehelfer/in „in der Regel eine
abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt“ (http://berufenet.arbeitsamt.de;
Recherchestand: 30. April 2007). Entsprechend wird bei den Berufen in der Altenpflege
zwischen Ausbildungsberufen (hierzu zählen Altenpflegehelfer/innen und
Altenpfleger/innen) und Berufen ohne geregelte Ausbildung (Helfer/in-Altenpflege)
unterschieden (http://berufenet.arbeitsamt.de/berufe/-simpleSearch.do;
Recherchestand: 30. April 2007).
Desgleichen lässt der Gesamtzusammenhang der Eingruppierungsvorschriften auf einen
Regelungswillen der Tarifvertragsparteien schließen, mit „Altenpflegehelferinnen“ eine
entsprechende Qualifikationsbezeichnung zu meinen. Zum einen folgt dies aus der in
der Vorbemerkung Nr. 4 Anlage B zum MTV/Pflegepersonal geregelten Gleichstellung
von Krankenpflegerhelferinnen mit Altenpflegehelferinnen. Krankenpflegehelfer/in ist in
der Bundesrepublik Deutschland eine gängige - an eine bestimmte Ausbildung und
Erlaubniserteilung anknüpfende - Berufsbezeichnung. Die Bezeichnung wurde bereits im
Krankenpflegegesetz vom 20. September 1965 (KrPflG 1965) mit Erlaubnisvorbehalt
versehen (vgl. § 14a Abs. 1 KrPflG 1965: „Wer die Krankenpflegehilfe unter der
Bezeichnung 'Krankenpflegehelferin' oder 'Krankenpflegehelfer' ausüben will, bedarf der
Erlaubnis.“). Ebenso war im von 1985 bis 2003 geltenden Gesetz über die Berufe in der
Krankenpflege (KrPflG 1985 = BGBl. I 1985, 893) die Krankenpflegehelferausbildung
bundesweit einheitlich geregelt und die entsprechende Berufsbezeichnung geschützt
(vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3 KrPflG 1985). Als zum 1. Januar 2004 das neue Gesetz über die
Berufe in der Krankenpflege in Kraft trat (KrPflG 2004 = BGBl I 2003, 1442), war der Beruf
„Krankenpflegehelfer/in“ dort zwar nicht mehr aufgeführt (vgl. § 1 Abs. 1 KrPflG 2004).
Seither ist die Berufsbezeichnung als Krankenpflegehelfer/in oder als Gesundheits- und
Krankenpflegehelfer/in aber aufgrund landesrechtlicher Vorschriften regelmäßig mit
Erlaubnisvorbehalt versehen (z.B. § 22 der baden-württembergischen Ausbildungs- und
Prüfungsordnung Gesundheits- und Krankenpflegehilfe v. 17.02.2005 [BW.GBl. S. 274]).
Zum anderen haben die Tarifvertragsparteien unter der Vergütungsgruppe Ap IV
(Fallgruppe 2) Anlage B zum MTV bei Altenpflegehelferinnen nach vierjähriger Bewährung
in der jeweiligen Fallgruppe auf eine mindestens andauernde sechsjährige Berufstätigkeit
„nach Erlangung der staatlichen Erlaubnis“ abgestellt. Dies deutet auf das Verlangen
einer absolvierten Ausbildung hin. Zwar unterfällt die Berufsausbildung in der
Altenpflegehilfe der Regelungskompetenz der Bundesländer (die im ursprünglichen
AltPflG vom 17. November 2000 [BGBl. I S. 1513] enthaltenen Ausbildungsvorschriften
zur Altenpflegehilfe hat das BVerfG aufgrund der insoweit nicht bestehenden
Gesetzgebungskompetenz des Bundes für nichtig erklärt: BVerfG 24. Oktober 2002 – 1
68
69
70
Gesetzgebungskompetenz des Bundes für nichtig erklärt: BVerfG 24. Oktober 2002 – 1
BvF 1/01 - NJW 2003, 41) und nicht in allen Ländern ist eine Erlaubniserteilung zum
Führen der Berufsbezeichnung „Altenpflegehelferin“ vorgesehen (soweit ersichtlich
existiert z.B. in Berlin keine solche Vorschrift). Bei entsprechender Regelung knüpft die
Erlaubniserteilung aber prinzipiell an eine erfolgreiche Ausbildung als Altenpflegehelfer/in
an (eine Übersicht der Landesgesetze findet sich unter dem Stichwort
„Altenpflegehelfer/in“ bei http://berufenet.arbeitsamt.de/Link: Rechtliche Regelungen).
Da die Vergütungsgruppe Ap IV Anlage B zum MTV auf die Altenpflegehelferinnen der
Ausgangsvergütungsgruppen Bezug nimmt, lässt sich nur der Schluss ziehen, dass auch
in den niedrigeren Vergütungsgruppen „Altenpflegehelferinnen“ solche mit der
entsprechenden Ausbildung – als Voraussetzung für eine staatliche Erlaubniserteilung -
sind. Anders macht die nur im Wege des Bewährungsaufstiegs zu „erreichende“
Fallgruppe 2 von Vergütungsgruppe Ap IV Anlage B zum MTV kaum Sinn.
Für das gefundene Auslegungsergebnis spricht ein Vergleich mit den für andere
Beschäftigtengruppen geltenden Eingruppierungsvorschriften der Anlage B zum MTV. So
wird bei den Regelungen für die Sozialarbeiter/Sozialpädagogen unterschieden zwischen
„Beschäftigungstherapeuten mit staatlicher Anerkennung“ (Ausgangsvergütungsgruppe
VII Anlage B zum MTV) und „Angestellten in der Tätigkeit von
Beschäftigungstherapeuten“ (Ausgangsvergütungsgruppe VIII Anlage B zum MTV).
Hätten die Tarifvertragsparteien bei den Altenpflegehelferinnen keine berufsbezogene
Qualifikation gemeint, hätte sich ebenso angeboten, zwischen „Altenpflegehelferinnen
mit entsprechender Tätigkeit“ und „Angestellten in der Tätigkeit von
Altenpflegehelferinnen“ zu differenzieren; dies ist nicht geschehen.
Ein Vergleich mit der Vergütungsordnung für die im öffentlichen Dienst beschäftigten
Pflegekräfte (Abschnitt A der Anlage 1b zum BAT) gebietet keine andere Sichtweise.
Zwar wird in den dort geregelten Vergütungsgruppen explizit zwischen
„Altenpflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit“ und „Altenpflegehelferinnen mit
mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit“
unterschieden (vgl. VergGr. Kr I, Fg. 2 und VergGr. Kr. II, Fg. 5 Abschnitt A Anlage 1b zum
BAT). Das Unterbleiben einer Differenzierung zwischen „ausgebildeten“ und
„ungelernten“ Altenpflegehelferinnen im MTV besagt jedoch nicht zwingend, dass die
hiesigen Tarifvertragsparteien keine ausbildungsbezogene Berufsbezeichnung gemeint
haben. Es kann nämlich auch bedeuten (und hierfür spricht insbesondere die
Fallgruppenregelung 2 in Vergütungsgruppe Ap IV Anlage B zum MTV), dass eine
Trennung nach „Gelernten“ und „Ungelernten“ aus der Sicht der Tarifvertragsparteien
überflüssig war, weil mit „Altenpflegehelferinnen“ sowieso nur diejenigen Beschäftigten
mit der entsprechender Berufsausbildung (konkret: mit einer entsprechend erteilten
staatlichen Erlaubnis) gemeint sind.
cc.
Vergütungsgruppe Ap II, Fallgruppe 1 Anlage B zum MTV. Die tariflich erforderliche
Berufsausbildung lässt sich allein der arbeitsvertraglichen Bezeichnung der Klägerin „als
Altenpflegehelferin“ nicht entnehmen, zumal der Arbeitsvertrag vor Inkrafttreten des
MTV geschlossen worden ist. Die Klägerin hat eine Ausbildung als Altenpflegehelferin
nicht nachgewiesen und insbesondere - entgegen der erstinstanzlichen Ankündigung -
auch in der Berufungsinstanz keine „Ausbildungsurkunde mit staatlicher Anerkennung“
vorgelegt, sondern auf ausdrückliche Nachfrage in der Berufungsverhandlung allein auf
das Zertifikat über ihre erfolgreiche Teilnahme an der ca. drei Monate dauernden
Basisqualifikation für HauspflegerInnen und PflegehelferInnen (Anlage BB 2 zur
Berufungsbeantwortung = Bl. 251 d.A.) verwiesen. Dieses qualifiziert die Klägerin
sicherlich als Pflegehelferin. Der Ausbildungsgang Altenpflegehelfer/in als landesrechtlich
geregelte schulische Ausbildung an Berufsfachschulen oder Fachschulen dauert jedoch
in Vollzeit mindestens 1 Jahr (vgl. z.B. § 2 Abs. 2 der in Hamburg geltenden Verordnung
über die Berufsausbildung in der Altenpflege v. 24.07.2001 [HmbGVBl. I S. 233] oder § 2
Abs. 1 Unterabs. 2 und 3 der in Baden-Württemberg geltenden Ausbildungs- und
Prüfungsordnung des Sozialministeriums an Berufsfachschulen für Altenpflege v.
23.05.1995, neu erlassen am 06.11.2002 ([GABl.BW. S. 786]). In Schleswig-Holstein (vgl.
§ Ziff. 2.3 Vorläufige Neuregelung der Ausbildung in der Altenpflegehilfe v. 17.04.2002
[Amtsbl. Schl.-H. S. 235]) und Mecklenburg-Vorpommern (vgl. § 2 Abs. 3 Abschn. B der
Verordnung über den Beruf der Kranken- und Altenpflegehelferin und des Kranken- und
Altenpflegehelfers v. 16.08.2004 [GVOBl. M-V S. 403]) dauert die Ausbildung 1 1/2 Jahre.
Findet die Ausbildung in berufsbegleitender Form statt, beläuft sich ihre Dauer je nach
Bundesland oder Bildungsträger auf bis zu 3 Jahre (vgl. die Zusammenstellung bei
http://berufenet.arbeitsamt.de/Link: Rechtliche Regelungen). Die Klägerin kann daher im
Kontext ihrer streitigen Berufsausbildung als Altenpflegehelferin nicht auf eine
Qualifikation als Pflegehelferin Bezug nehmen, zumal die Eingruppierungsvorschriften
zwischen diesen beiden Beschäftigtengruppen unterscheiden.
71
72
73
74
75
76
dd.
tatsächlichen Ausübung von Altenpflegehelfertätigkeiten eine der Berufsausbildung
entsprechende Qualifikation erlangt hat. Ihr diesbezüglicher Einwand verfängt indes
nicht, weil es bei den Altenpflegehelferinnen an Anhaltspunkten für eine tariflich gewollte
Eingruppierung der „Ungelernten“ wie „Gelernte“ - etwa als „sonstige Angestellten, die
aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten
ausüben“ (vgl. z.B. VergGr. IIa bis Vb Anlage B zum MTV) - fehlt. Die
Eingruppierungsvorschriften für Altenpflegehelferinnen sind zwar für diejenigen
Beschäftigten, die ohne Altenpflegerhelferausbildung entsprechende Tätigkeiten
ausüben, „misslich“. Jedoch liegt keine Tariflücke vor, bei der die Gerichte für
Arbeitssachen die Tarifbestimmungen ergänzen könnten. Das Bundesarbeitsgericht
unterscheidet in ständiger Rechtsprechung zwischen bewussten und unbewussten
Tariflücken. Nur unbewusste Tariflücken können geschlossen werden (vgl. BAG 14. April
1999 - 4 AZR 189/98 - BAGE 91, 163, zu 6.b. der Gründe m.w.N.). Einziger Aspekt für
eine den Tarifvertragsparteien nicht bewusste Tariflücke könnte die Erwähnung der
staatlichen Erlaubnis für Altenpflegehelferinnen in Vergütungsgruppe Ap IV Anlage B
zum MTV sein. Eine solche war nämlich bundesweit nur in der ursprünglichen - durch
bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung für nichtig erklärten - Fassung des
Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege vom 17. November 2000 vorgesehen (vgl. §
1 Nr. 2 AltPflG a.F.: „Die Berufsbezeichnungen 'Altenpflegehelferin' oder
'Altenpflegehelfer' dürfen nur Personen führen, denen die Erlaubnis dazu erteilt worden
ist.“) und ist derzeit - wie bereits ausgeführt - nicht in allen Bundesländern geregelt.
Dass aber bei einem Tarifvertragsabschluss am 24. September 2004 eine vom BVerfG
bereits mit Entscheidung vom 24. Oktober 2002 (Az. 1 BvF 1/01, NJW 2003, 41) für
nichtig erklärte Gesetzeslage zugrunde gelegt worden ist, kann den Tarifvertragsparteien
nicht - jedenfalls nicht ohne weitere Anhaltspunkte - unterstellt werden.
3.
Vergütungsgruppe Ap II (Fallgruppe 1) Anlage B zum MTV nicht, vermag ihr keine
Vergütung nach der einzig noch in Frage kommenden Vergütungsgruppe Ap I Anlage B
zum MTV (bzw. im Wege des Bewährungsaufstiegs nach Ap II [Fallgruppe 2])
zugesprochen zu werden. Ein diesbezüglicher, etwaiger Anspruch der Klägerin im
streitgegenständlichen Anspruchszeitraum ist gemäß § 25 MTV verfallen.
a.
Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
Die Versäumung der 6-Monats-Frist führt zum Verlust der Ansprüche aus dem
Arbeitsverhältnis. Zwar lässt sich § 25 MTV eine solche Rechtsfolgenregelung nicht
explizit entnehmen. Der diesbezügliche Regelungswille der Tarifvertragsparteien wird
aber durch die Verwendung des tarifüblichen Terminus „Ausschlussfrist“ hinreichend
deutlich. Im Übrigen reicht nach § 25 Abs. 2 MTV die einmalige Geltendmachung aus,
um die „Ausschlussfrist auch für später aus dem gleichen Rechtsgrund fällig werdenden
Ansprüche unwirksam zu machen“. Mithin soll der Ausschlussfrist durchaus die
rechtliche Wirkung eines Anspruchsverlustes bei Fristversäumung zukommen (LAG
Berlin-Brandenburg 19. Januar 2007 - 6 Sa 1443/06 - juris-Recherche, zu 1.2.4. der
Gründe; Revision eingelegt und beim BAG anhängig unter dem Az. 4 AZR 106/07).
b.
eingewandt hat. Die Einhaltung tariflicher Ausschlussfristen ist eine materiell-rechtliche
Voraussetzung für das Bestehen des behaupteten Anspruchs. Daraus folgt, dass die
Nichteinhaltung der Frist - anders als die Verjährung einer Forderung - eine „von Amts
wegen“ zu beachten Einwendung ist, auf die sich der Schuldner nicht berufen muss (BAG
25. Januar 2006 - 4 AZR 622/04 - EzA § 4 TVG Einzelhandel Nr. 55, zu III.2.b. der Gründe
m.w.N.).
c.
III/3 Anlage B zum MTV vom 13. Juni 2005 hat die Klägerin die tarifliche Ausschlussfrist für
Ansprüche nach den Vergütungsgruppen Ap I oder Ap II (Fallgruppe 2) Anlage B zum
MTV nicht gewahrt.
aa.
zur Erfüllung eines bestimmten Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss
unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer näher bestimmten
Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht (BAG 10. Dezember 1997 - 4 AZR 228/96 -
AP BAT §§ 22, 23 Nr. 234). Macht ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung nach
einer bestimmten Vergütungsgruppe innerhalb einer tariflichen Ausschlussfrist
gegenüber seinem Arbeitgeber geltend und verlangt er nicht zugleich hilfsweise
Vergütung nach einer anderen, niedrigeren Vergütungsgruppe, wahrt er die tarifliche
77
78
79
Vergütung nach einer anderen, niedrigeren Vergütungsgruppe, wahrt er die tarifliche
Ausschlussfrist für den Anspruch auf Vergütung nach der niedrigeren Vergütungsgruppe
jedenfalls dann nicht, wenn die Begründetheit des Anspruchs nach der höheren
Vergütungsgruppe nicht denknotwendig die Erfüllung der Voraussetzungen der
niedrigeren Vergütungsgruppe voraussetzt (BAG 3. August 2005 - 10 AZR 559/04 - EzA
§ 4 TVG Bewachungsgewerbe Nr. 3; BAG 16. April 1997 - 4 AZR 653/95 - AP ArbGG 1979
§ 72 Nr. 35; BAG 13. November 1996 - 4 AZR 747/94 - ZTR 1997, 174).
bb.
Fallgruppenbewährungsaufstieg für Altenpflegehelferinnen in der Ap II Anlage B zum
MTV. Als solche nimmt sie nicht auf die Vergütungsgruppe Ap I Anlage B zum MTV
Bezug und setzt somit gerade nicht denknotwendig die Erfüllung der Voraussetzungen
der niedrigeren - für die Klägerin u.U. zutreffenden - Vergütungsgruppe voraus. Allenfalls
mag angenommen werden, dass sich die Geltendmachung der Vergütung nach Ap III
Anlage B zum MTV zugleich auch auf eine solche nach der
Ausgangsvergütungsfallgruppe Ap II (Fallgruppe 1) Anlage B zum MTV erstreckt. Die
Klägerin ist jedoch keine Altenpflegehelferin im Tarifsinne. Ein Verlangen der Vergütung
nach Vergütungsgruppe Ap II (Fallgruppe 2) Anlage B zum MTV ist dem allein auf die
Vergütungsgruppe Ap III Anlage B zum MTV gerichteten Begehren nicht zu entnehmen.
III.
Die Klägerin hat als unterlegene Partei gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des
Rechtsstreits zu tragen.
B.
Die Revision ist für die Klägerin zugelassen worden. Der entscheidungserheblichen
Rechtsfrage (Auslegung tariflicher Eingruppierungsvorschriften des MTV) kommt
grundsätzliche Bedeutung zu (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum